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Juli 2020 Gebet für den Frieden M E D I U M ANTWORTEN AUF DAS WOHER UND WOHIN DES MENSCHEN AUS GEISTCHRISTLICHER SICHT 103 2?? MEDIUM 103 2

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  • Juli 2020

    Gebet für den Frieden

    M E D I U M ANTWORTEN AUF DAS WOHER UND WOHIN DES MENSCHEN AUS GEISTCHRISTLICHER SICHT

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    Einführung Es gibt zu viel Krieg auf dieser Erde – Friedensgebete sind nötig,

    genauso nötig wie während des 30-jährigen Krieges, wie während der beiden Weltkriege. Auch die kaum durchschaubare Situation der Corona-Krise lässt bewusst werden, wie dringend wir auf Hilfe von oben angewiesen sind. Die Geistchristliche Gemeinschaft empfiehlt, jeweils am Mittwoch von 20.00 bis 20.30 Uhr eine halbe Stunde diese Gedanken zu pflegen. Wenn wir uns vorstellen, von den Häusern unserer Mitglieder steige jeweils ein feiner Lichtstrahl nach oben, so ergibt sich ein Netz, das in Deutschland und der Schweiz und vielleicht auch anderswo wie eine Glocke in die Höhe strebt.

    «Was für den irdischen Leib die Speise ist, ist für die Seele das Gebet». So begann Lene die Meditation am 20. Februar 1963, ein besonders eindrucksvoller Text. «Im Gebete lobt und preist man Gott, den Schöpfer. Man dankt ihm, man klagt ihm, man bittet ihn wiederum». Doch sollten die Klagen nicht im Zentrum stehen, denn Gott weiss um unsere Probleme und Sorgen. «Anders ist es, wenn man um den Frieden für die Allgemeinheit bittet, für den Nächsten betet».1

    Das Montagsgebet in der Nikolaikirche Leipzig, das schliesslich zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes im Osten Deutschlands und zum Fall der Mauer führte, bleibt als eindrückliche Manifestation einer friedlichen Revolution in Erinnerung. Auch wenn es in diesem Fall zweifellos die Menge der Teilnehmer war, die den Machthabern ihre Macht streitig machte, ist auch das Friedensgebet eines einzelnen Menschen ein wichtiger Baustein. Wie Josef und Lene mehrfach betonen, werden diese Gebete von der Geisteswelt gleichsam eingesammelt und nach oben getragen.

    Einige Texte und Bilder zum Thema Frieden sind hier versammelt. Am Schluss dieses Heftes – das ist wohl der wichtigste Gedanke – steht eine ganz konkrete Schilderung, wie wir uns vorstellen sollen, dass Gott den Frieden auf Erden ins Werk setzen kann.

    1 Meditationen 1960–1963, S. 332.

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    Das Feuer des Friedens In der letzten der sechs Meditationen, die Lene im Jahr 1955 als

    Anleitung zum Meditieren gesprochen hat, wird das Feuer des Friedens geschildert.1 Es wird von uns verlangt, zur Entfaltung des Friedensfeuers beizutragen. Damit man das überhaupt kann, müsse aber jedes diesen Frieden zuerst «selbst besitzen; denn wer nichts hat, kann nichts geben». Deutlich werden wir gemahnt, diesen Frieden in uns und unsrer Umgebung aufzubauen, den «göttlichen Frieden» zu pflegen. Lene betont den eigenen Willen. «Ich will diesen göttlichen Frieden erreichen! Ich will diesen göttlichen Frieden in mir bewahren! Ich will den Frieden um mich fühlen!» Das Wunderbare dabei ist, dass es um eine Art Tauschhandel geht: ich gebe meinen Willen hinein, der Funke springt über, das Feuer lodert auf – und nun kann ich mich am Feuer wärmen und reinigen. «Indem jetzt das Feuer vor dir so gewaltig geworden ist, kann es dich reinigen – geistig und körperlich. Denn du hilfst so zugleich am Heilsplan Gottes mit».

    Die Aufforderung an sich selbst «Ich will!» ist auch in weiteren Meditationen zu finden. Lene rät beispielsweise sich vorzunehmen: «Ich will jeden Tag beten, ich will!». Oder: «Versucht, euer Denken und Wollen auf das Höchste auszurichten».2 Dies macht uns bewusst, wieviel unserem freien Willen anheim gegeben ist.

    «Was der Mensch aus innerster Überzeugung aus seinem Herzen heraus gibt, ist nicht verloren, weder auf der irdischen noch in der für euch unsichtbaren Welt. Wenn nämlich dort eine Seele nach Gott verlangt und den Weg zu ihm sucht, wenn sie Gebete spricht, wenn sie demütig wird, wird sie mit einem ganz anderen Licht umgeben werden. Denn ich möchte sagen, das Licht ist es, das ein jedes Geistwesen und einen jeden Menschen zeichnet in seinem Verhältnis zu Gott. Wie viele hellsehende Menschen konnten doch schon den Glanz oder die Düsterheit von Menschen und Wesen wahrnehmen.

    Und so, meine lieben Freunde, möchte ich euch doch bitten, weiterzufahren im Gebet für den Frieden der Welt, wie ihr es bis jetzt getan habt, und zu beten für die armen Seelen. Denn eines möchte ich euch sagen, von euch muss das Öl doppelt soviel zählen, doppelt soviel sollt ihr geben können für die Welt, denn ihr habt schon so viele Kenntnisse und eure Liebe ist groß. Also wird von euch aus

    1 Meditationen 1954–1959, S. 74 — 28 Meditationen (Hinz), S. 57. 2 Meditationswoche 1973, S. 93.

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    dem gemäß getragen werden. Und es ist gut, wenn ihr immer dafür sorgt, dass das Verhältnis immer so bleibt von Gott zu euch. Oder versucht, es immer noch mehr zu verbessern, noch mehr zu verschönern; denn ihr helft nämlich damit nicht nur euch allein, ihr helft der ganzen Welt.»1

    Die Weihnachtsbotschaft Die Hirten auf dem Felde sahen ein himmlisches Licht, hörten

    wunderbare Musik und vernahmen eine Stimme: «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen guten Willens». Der lateinische Text «Gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus bonae voluntatis» wird zwar meist anders übersetzt. Anknüpfend an Lenes «Ich will!» ist aber durchaus denkbar, dass dieser innere Wille gemeint ist. Wenn wir diesen Text in Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe hören, so hat das «Gloria» mit den Trompeten ein festliches, auf das Lob Gottes gerichtetes Gepräge, nach dem Umschwung zum «et in terra pax» steigt aber die Musik, leiser, verhaltener, aus tiefer Lage allmählich aufwärts.

    Josef und Lene nehmen auf diese Friedensbotschaft oft Bezug. Besonders in den christlichen Festzeiten wird auf geistiger Seite immer wieder die Verheissung des Friedens wiederholt. «So wie nun [in der Weihnachtszeit] die Menschen sich freuen, freut sich auch der Himmel. Aus Dankbarkeit steigen die Engel des Himmels in Gruppen hernieder. Sie schweben teils über Städte und Dörfer, und teils setzen sie sich nieder zur irdischen Erde und singen und musizieren. Sie verkünden die Botschaft noch im gleichen Sinne wie dazumal: ‘Friede den Menschen!’».2

    Schon am 19. November 1949, kurz nach Beginn der medialen Tätigkeit von Beatrice Brunner, sagte Josef: «Ich möchte euch in dieser Stunde auf die bevorstehende Friedenszeit vorbereiten. […] Ich möchte euch Worte des Friedens erklären – ich möchte mit euch Frieden haben. Ich möchte in dir Frieden sehen, in deinem Herzen. Ich möchte den Frieden sehen um dich; ich möchte den Frieden sehen auf dieser ganzen Erde».3 Und ein Monat später gibt er das

    1 Josef am 27.10.1951, veröffentlicht in GW 44/1951, S. 4 2 Meditationen 1954–1959, S. 330. 3 Botschaften, Bd. 1, S. 153.

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    Bild von einem Lichterbaum, in dem viele Male die Worte «Friede sei mit euch!» eingeschrieben sind.

    Lene schildert sogar, wie ein Mensch in der Meditation diese weihnächtliche Begebenheit visionär wieder erleben durfte. Er erlebt das weite Feld mit den Hirten, schaut das himmlische Licht und hört die wundersame Musik. Die Hirten machen sich auf den Weg. «Herrliches Licht begleitet sie, zeigt ihnen den Weg. Ein Stern Gottes strahlt so wundersam – beleuchtet sind Felder und Hügel […] Die Hirten gelangen dorthin, wo das Licht in mächtigem Glanz auf eine bestimmte Stätte weist. Dort muss das Kindlein sein, denn ganz klar deutet das Licht auf einen Stall […]. Die Hirten knien nieder und beten das Kindlein an». Auch der meditierende Mensch kniet im Geiste nieder und betet: «Friede auf Erden, Friede den Menschen, […] Friede wünsche ich mir, Friede wünsche ich der Welt».1

    Frieden gebe ich euch Nicht nur in der Ankündigung der Geburt Christi, sondern auch in den

    Worten, die Jesus Christus im Lauf der drei Jahre seiner öffentlichen Tätigkeit gesprochen hat, spielt der Friede eine wichtige Rolle. Im 14. Kapitel des Johannes-Evangeliums, einer Art Fragestunde der Jünger an ihren Meister, steht diese zentrale Aussage. «Frieden hinterlasse ich euch, Frieden gebe ich euch», oder, wie die Zürcher Bibel übersetzt: «Frieden lasse ich euch zurück, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht einen Frieden, wie die Welt gibt, gebe ich euch». Josef ergänzt dazu: «einen Frieden für die Zukunft, für die Ewigkeit, einen Frieden mit Ewigkeitswert».2

    Im Eröffnungsvortrag der Meditationswoche 1977 stellte Lene die Frage, wie wir dieses Wort verstehen sollen angesichts der Gewalt, des Unfriedens in unserer Welt. «Was Christus gesprochen hat, meinte er im geistigen Sinne». Was Lene so oft von ihren eigenen Worten sagt, gilt auch für die Aussagen von Jesus: Er redete «im besonderen den Geist des Menschen an. Er wandte sich an das Inwendige des Menschen, an das, was ihn lebendig macht – eben an den Geist». Frieden für Alle hat Christus gebracht

    1 28 Meditationen (Hinz), S. 68. 2 GW 1978, S. 199.

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    durch sein wunderbares Ausharren am Kreuz, das den nachfolgenden Sieg über Luzifer ermöglichte. Lene: «Mit den Worten: ‘Frieden hinterlasse ich euch, Frieden gebe ich euch’ meinte er den geistigen Frieden der Ewigkeit – des Aufstiegs».

    Oder etwas anders ausgedrückt: «Mit den Worten ‘Frieden den Menschen auf Erden’ wurde der Menschheit offenbart, dass der Himmel geöffnet werden sollte – dass aber ein jeder Mensch auf dieser Welt den Sinn seines eigenen Daseins kennen muss. Keiner darf meinen, sein Leben sei sinnlos. Wüssten alle Menschen um diesen Sinn, käme es nicht zu Selbstmorden. So manches geschähe dann nicht».1

    Die Hochzeit der Merisàna Der Wunsch nach Frieden hat die Menschen seit jeher bewegt. Eine

    Sage aus den Dolomiten – einer gebirgigen und zugleich lieblichen Alpenwelt – überliefert eine eindrückliche Schilderung. Sie sei deshalb als Ganzes mitgeteilt.

    Von Falzàrego gegen Cortina zieht sich das Costeàna-Tal. Da wechseln Wald und Weide, und ob dem zarten Wipfelsaum regungsloser Lärchen steigen die plattigen Wände der Tofàna breit und wuchtig in den Himmel auf. Von der anderen Talseite aber grüsst die feingegliederte Croda da Lago mit ihren schlanken Türmen über tiefe, tannenverdunkelte Schluchten geheimnisvoll herüber. Es ist hier eine der schönsten Stellen in den ganzen Dolomiten: frei schweift der Blick bis zu der scharfgeschnittenen Kante der Lastòy del Formin, jener verzauberten Hochfläche, von der einst die Lastoyères herabgestiegen sind, und aus den Waldgründen weht es und raunt es wie eine sinnende Erinnerung an längst verschollene Wunder.

    Die herrlichste Aussicht hat man von einem kleinen Weidehügel, auf dem eine verfallene Hütte steht; das ist der «Casòn dai Caài»; jenen Weidehügel aber nannte man früher «Col de Merisàna». Nicht weit davon strömt der «Ru de ra Vèrdzhines» (der Jungfrauenbach) vom Tofànagebirge herunter, und alte Ampezzaner wussten zu erzählen, dass

    1 GW 1979/1, S. 2.

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    dieser Bach so heisse, weil in ihm Wasserjungfrauen wohnten. Im Sommer kamen sie gerne auf den «Col de Merisàna» herüber und verbrachten da die Mittagszeit. Alle trugen hellfarbige Gewänder und es war eine Freude, sie im Glanz des Mittagslichtes über die Waldwiesen wandeln zu sehen. Seitdem man aber den «Casòn dai Caài» gebaut hat [und noch mehr seit da viele Bergbahnen und Skilifte stehen] sind sie verschwunden.

    Diese Wald- und Wasserjungfrauen hatten einst eine Königin, welche Merisàna hiess. Merisàna besass alles, was sie sich wünschen konnte: Gräser und Blumen, Sträucher und Bäume verneigten sich vor ihr und horchten auf ihr Wort, die Wellen legten sich, wenn sie ans Ufer trat, und von dem rosenroten Monte Cristallo bis hin zu den blauen Bergen der Duranni war ihr die Landschaft untertan. Trotzdem vermochte Merisàna nicht froh zu werden, denn wenn auch ihr selbst nichts fehlte, so trauerte sie doch darüber, dass so viele Lebewesen unglücklich seien und dass alle Schmerzen leiden müssten. Aber sie fand keine Möglichkeit, dies zu ändern und niemand wusste ihr einen Rat zu geben.

    Da geschah es, dass der «Réy de Ràyes» (der Strahlenkönig), der weit hinter dem Antelào ein grosses und glänzendes Reich besass – es geschah eines Morgens, dass dieser fremde König ins Costeàna-Tal heraufkam und bei dem Ru de ra Vèrdzhines Rast hielt. Als er das Wasser betrachtete, erschaute er für einen Augenblick die schöne Merisàna. Er war darob ausserordentlich erfreut und verwundert; doch glaubte er, nur ein Bild gesehen zu haben, denn er wusste nichts von den Wasserjungfrauen, die in den Fluten zu leben vermögen. Also ging er weiter und kehrte schliesslich wieder in sein Reich zurück. Da gab es viele entzückende Mädchen, aber keines wollte ihm gefallen; er dachte, sie seien wohl schön und edel, aber es fehle ihnen jener Ausdruck von unbedingter Güte und Milde, wie er ihn bei Merisàna wahrgenommen und empfunden hatte. Ein Jahr verging und der Strahlenkönig konnte Merisàna nicht vergessen. Eines Abends besuchte er den König der Lastoyères auf den Platten von Formin. Und sie sprachen über Merisàna. Da sagte der König der Lastoyères: «Du kommst in unsere Gegend immer des Morgens oder des Abends; komme doch einmal in der Mittagszeit, und du wirst Merisàna sehen können, wie sie über die Waldwiesen wandelt».

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    Also hatte der Strahlenkönig erfahren, dass Merisàna ein wirkliches, lebendes Wesen war, und diese Kunde machte ihn glücklich. Es dauerte nicht lange, so hatte er sie wiedergesehen und mit ihr gesprochen. Und am siebenten Tag in der Mittagszeit warb er um ihre Hand. Merisàna entgegnete, sie könne nicht «nein» sagen, aber es sei ihr auch unmöglich, sich auf die Hochzeit zu freuen. «Bevor ich Hochzeit halte», sprach sie, «müssen alle Lebewesen froh werden; da darf kein Mann fluchen, kein Weib klagen, kein Kind weinen, kein Tier stöhnen; alle müssen sich beglückt fühlen – Das erringe mir und dann will ich dein sein!»

    Da ging der Strahlenkönig fort und war in grosser Sorge; denn wenn er auch viel Macht besass und weithin wirken konnte, so zweifelte er doch sehr daran, ob es ihm gelingen würde, alle Lebewesen froh zu machen. Er befragte seine weisen Räte, aber auch diese meinten, die Sache sei gänzlich aussichtslos. So kam es, dass der Strahlenkönig nach vielen vergeblichen Bemühungen endlich wieder zu Merisàna zurückkehrte und sie bat, sie möge von ihrer Bedingung Abstand nehmen oder sie wenigstens einschränken, denn in jenem Umfang sei sie unerfüllbar. Merisàna gab nach und verlangte nur noch, dass an dem Tage ihrer Hochzeit alle Lebewesen froh sein müssten.

    Da ging der Strahlenkönig wieder fort und war in grosser Sorge; denn ein ganzer Tag schien ihm sehr viel, und auch diese Bedingung hielt er für unerfüllbar. Genau so dachten seine Räte: «Einen ganzen Tag!» riefen sie, «das ist unmöglich!» Also begab sich der König wieder zu Merisàna und machte ihr begreiflich, dass auch die zweite Bedingung sich nicht erfüllen lasse. Darob wurde nun Merisàna sehr traurig: «Nicht einmal einen Tag!» seufzte sie, «und ich hatte gemeint, das wäre das mindeste». Aber schliesslich gab sie wieder nach und begnügte sich mit der Mittagszeit. «Die Mittagszeit», sagte sie, «ist meine liebste Stunde; in der Mittagszeit wollen wir uns trauen lassen und um diese Zeit sollen alle glücklich sein: Menschen und Tiere, Bäume und Gräser».

    Da ging zum dritten Male der Strahlenkönig fort. Aber diesmal war er nicht mehr in Sorge, denn er hoffte, die Bedingung erfüllen zu können. Und so geschah es auch. Bald erhielten Menschen und Tiere, Bäume und Gräser Kunde davon, dass an dem bevorstehenden Hochzeitstage des Strahlenkönigs und seiner Braut um die Mittagszeit jeglicher Schmerz, ja selbst das geringste Unbehagen aufgehoben sein würde. Des freuten sich

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    alle und in lauten Lobeserhebungen priesen sie die milde und gütige Merisàna. Auch sprachen sie davon, wie sie ihre Dankbarkeit zum Ausdruck bringen könnten, und sie beschlossen, dass die Pflanzen ihre schönsten Blumen bereithalten, die Menschen und die Tiere aber grosse Sträusse binden und sie der Merisàna am Hochzeitstage bringen sollten. An diesem Tage gab es nun so viele Sträusse, dass Merisàna und ihre Dienerinnen fast keinen Platz mehr dafür hatten. Es waren aber ein paar zauberkundige Zwerge aus dem Wald Amarìda herübergekommen; diese staunten über die vielen Sträusse und meinten, man könne einen Baum daraus machen; sie gingen auch sofort ans Werk und schufen die Lärche. Es zeigte sich aber bald, dass sie nicht lebensfähig war, denn sie fing an zu welken. Da sagte Merisàna, sie wolle ihren Brautschleier opfern, damit der neue Baum leben könne. Und sie umhüllte ihn mit ihrem Brautschleier, der aus einem feinen lichtgrünen Gewebe bestand. Sofort begann die Lärche zu spriessen und zu grünen; der Schleier aber wuchs in sie hinein.

    Über die Eigenschaften des neuen Baumes verwunderten sich alle Hochzeitsgäste. In der Tat ist die Lärche der seltsamste aller Bäume; zunächst erscheint sie als Nadelbaum, aber ihre Nadeln sind nicht immer grün wie die der übrigen Nadelbäume, sondern sie vergilben im Herbst und fallen ab, genau wie die Blätter der Laubbäume. Das kommt davon, weil die Lärche aus den Zweigen und Blättern der verschiedenen Pflanzen zusammengesetzt worden ist. Wenn aber die Lärche im Frühjahr zu erwachen beginnt, so sieht sie aus wie ein grüner Hauch und man erkennt an ihren Zweigspitzen ganz deutlich das Gewebe des Brautschleiers.

    Dieser merkwürdige Baum entstand am Hochzeitstage der Merisàna und wurde ihr geweiht. Auf der Sonnenseite des Costeàna-Tales, bei dem Weidehügel gegenüber der prangenden Croda da Lago, stellte man die erste Lärche auf, und in ihrem durchsichtigen, milden Schatten, der nicht blendende Helligkeit und nicht düsteres Dunkel ist – in diesem sanften Schatten, der alle Wonnen des Waldes und der Mittagsruhe atmet, erfolgte die Trauung des Strahlenkönigs mit der schönen Merisàna. Und es war ein Glanz in den Lüften, wie man solchen noch nie gesehen, und eine Seligkeit über Tal und Gebirge und ein Sommerjubel ohnegleichen auf den hohen Häuptern der Dolomiten. Denn alle Wesen fühlten mit

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    und der erhabene Friede der Mittagszeit war feierlich erfüllt von dem tausendfach sich regenden dankbaren Gedenken.

    Ungezählte Jahre sind seitdem verflossen, aber noch immer wissen die Hirten von der Hochzeit der Merisàna und von der Freude, welche damals allen Lebewesen geworden war. Diese Freude wirkt noch fort: wer heute in der hehren Stille des Sommermittags unter lichten Lärchen wandelt und staunend emporblickt zu den farbigen Felsen der Dolomiten, der empfindet noch gleich einem Wunder, gleich einer elfenhaft streichelnden Hand die Erinnerung an die milde und gütig Merisàna.1

    Aus geistchristlicher Sicht enthält dieser Text manche bedenkenswerte

    Züge. Zunächst einmal die Existenz von «Wasserjungfrauen» oder Feen oder Naturgeister. Sie lieben die Schönheit der Natur, sie sind traurig über die Leiden der Menschen. Sie wünschen diese Leiden aufzulösen, doch scheint dies nicht möglich. «Nicht einmal ein Tag», seufzt Merisàna. Die Aufhebung jeglichen Schmerzes zur Mittagszeit können wir uns als Einfluss von Scharen guter Geister vorstellen, die in höherem Auftrag diese gesegnete Stunde ermöglichen. Zu einer solchen Situation gibt es sogar eine Schilderung von Lene. Es handelt sich um eine Frau, die vorgeburtlich die Aufgabe übernommen hatte, zwei belasteten Geistwesen zu helfen, indem sie als Mutter die beiden als taubstumme Kinder bekam. Sie hatte «einen festen Glauben und grosses Vertrauen auf Gott»; sie war aber selber kränklich und ihre Kräfte reichten kaum. «Nun sollte ihr aber die geistige Unterstützung zuteil werden, und so kamen sie jeweils, ihre geistigen Geschwister, und gaben ihr gerade so viel Kraft, dass sie ihren Aufgaben nachkommen konnte. Von ihrem leiblichen Leiden wurde sie nicht befreit; sie wurde nicht ganz gesund, körperlich war sie immer müde. So viel Kraft aber wurde ihr doch gegeben, dass sie ihre Aufgaben erfüllen und ihr Leid ertragen konnte. Es war den Geistern Gottes erlaubt, sie aufzusuchen und zu trösten. Aber auch der fromme und Gott bejahende Mensch vermag nicht immer zu erfühlen, wer alles sich um ihn bemüht, wer zu ihm spricht. Solche Menschen erleben aber oftmals einige angenehme Stunden, vielleicht auch nur Minuten, wo ihr Gemüt plötzlich aufgehellt wird, wo sie frohen Mutes und voller Freude sind, wenn sie auch glauben, keine Ursache dazu zu haben. Es

    1 Dolomiten-Sagen, S. 242–245.

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    geschieht durch das Zuführen von göttlicher Kraft, ohne dass sie von diesem Vorgang etwas ahnen».1

    «Mein Baum» Die Erzählung von Merisàna erinnert an ein Schilderung von Lene, in

    der ein Baum eine wichtige Rolle spielt. Lene führt uns in einen geistigen Wald mit herrlich duftenden Bäumen; in der Meditation sollst Du nun «Deinen Baum» suchen, den Baum, mit dem Du schon in manchen Erdenleben Verbindung hattest. Dein Schutzengel streicht an ihm auf und nieder – Harz strömt aus und wird nun aufbewahrt in einer kostbaren Schale.

    Lene sagte zu den Anwesenden: «Es sind einige unter euch, die eine geistige Verbindung zu diesem oder jenem Baum haben; in ihren verschiedenen Leben auf Erden sind sie mit ihm in Berührung gekommen. Diese Bäume, die hier in feinstofflicher Art sind, sind auch in eurer Welt zu finden». So kann man sich fragen: Könnte nicht die Lärche «mein Baum» sein? Oder für einen anderen Menschen die Eiche? Oder der Flieder?

    Dein Schutzengel hat das Harz für dich aufbewahrt und gibt nun den Rat: «Tauche deine Hand hinein und benetze deine Stirn mit dieser Kraft, die dir gehört. Benetze auch deine Augen. Vielleicht sind sie krank, dann bestreiche sie damit. Führe die Hand damit auch über das ganze Gesicht, über die Ohren, bis zum Nacken. Tauche sie von neuem in diese feine Kraft. Vielleicht hast du kranke, geschwollene Hände, dann reibe sie».

    Nicht nur mit Bäumen – so führt Lene weiter aus – auch mit Steinen, mit Schiffen und natürlich mit Menschen können wir seit vielen Leben verbunden sein. Die Meditation klingt mit folgenden Worten aus: «Wenn du traurig bist und voller Sorge und Ungeduld, wenn du nicht vermagst, deine Gedanken zu erheben, so rate ich dir, sprich nur die Worte: ‘Friede meiner Seele – Friede meiner Seele!’». Diesen Wunsch wollen wir um den ganzen Erdball herum senden: «Friede allen Seelen in Ost und West, Nord und Süd, überall!».

    1 Meditationen 1954–1959, S. 116f. – 28 Meditationen (Hinz), S. 91–93.

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    «Ein Wort von Dir genügt» – Der Wille des Menschen Am ersten Abend der Meditationswoche 1961 mahnte Lene die

    Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sie mögen in dieser Besinnungswoche «für den Frieden wirken». Hier wird klar, unmissverständlich ausgesprochen: «Herr, ein Wort von Dir genügt, um der Menschheit den Frieden zu geben».1 Wir sollten nie daran zweifeln, dass Gott die Macht hat, den Frieden herbeizuführen; doch wird in diesem Text wieder gesagt, dass wir bei uns selbst anfangen müssen. Wenn wir bitten: «Im Namen Deines Sohnes flehe ich: lass Frieden werden unter den Menschen», so ist eine Erfüllung sozusagen an eine Bedingung geknüpft. Die Menschheit sollte ein entsprechend grosses Quantum an innerem Frieden, an Glauben, an Gottverbundenheit, in die Waagschale werfen können, um eine Erfüllung dieser Bitte erwarten zu können.

    Im Folgenden kommt mehrfach der meines Erachtens besonders wichtige Friedenstext aus der Meditationswoche 1962 zur Sprache. Zwar hat Gott die Macht, der ganzen Erde Frieden zu verschaffen, «gleichwohl wird er die Gesetze nicht umstossen, die Er gemacht hat. Er hat den Menschen den freien Willen gegeben. Das steht im Gesetz».2 Lene weist darauf hin, dass es immer Kriege gegeben hat, obwohl die Menschen beteten. «Daraus könnt ihr entnehmen, dass eben des Menschen Entscheidung von grosser Bedeutung ist. Jene, die solche Entscheidungen treffen, sind ja nicht edlen Wesens. Sie handeln unter der Eingebung und dem Antrieb der niederen Geisterwelt. Denn das Niedere will besiegen, will besitzen, will regieren – das Niedere … Das Niedere sucht sich jene Menschen aus, welche günstige Werkzeuge für es sind, um sie mit Kraft zu erfüllen, damit sie herrschen, damit sie fordern, damit sie unterdrücken. Dazu geben die Niederen ihnen die Kraft …». Bei diesen Überlegungen sollte auch immer präsent sein, dass die Erde als Erziehungs- und Läuterungsort geschaffen wurde. Es geht nicht darum, dass Gott durch Lichterscheinungen oder Erdbeben den Frieden erzwingt; wir sind aufgerufen, uns darum zu bemühen! Was können wir

    1 Meditationswochen 1961–1963, S. 24. 2 Meditationswochen 1961–1963, S. 253.

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    tun? Wir können «Wächter des Verstandes» aufbieten, um den Frieden zu schützen. «Es ist eine Notwendigkeit, dass jeder Mensch seiner Seele eine Wache verschafft. Wächter gibt es in der Schöpfung Gottes überall, und auch vor eurer Seele sollen zum Schutze Wächter stehen». Später in diesem Text wird betont, dass auch über ganze Länder und Völker Wächter gesetzt sind. «Ihr, liebe Geschwister, die ihr in diesem Land [in der Schweiz] oder in angrenzenden Ländern wohnt, dürft euch glücklich schätzen, dass Wächter des Verstandes und vielleicht auch ein wenig Wächter der Wahrheit es ermöglichen, dass man dafür besorgt ist, den Frieden zu wahren und zu sichern […]. So, wie im kleinen der Einzelmensch zum Schutze seiner Seele dieses Wächters des Verstandes bedarf, brauchen jene führenden Menschen Wächter des Verstandes zum Schutze des Friedens».1

    Die Bitte um kämpfende Engel

    Wenn Lene von dem Schutz spricht, den die hohe Geisteswelt uns

    spendet, so verbindet sie damit die Aufforderung zum Gebet. Im genannten Friedenstext von 1962 heisst es klipp und klar: «Wenn Geister Gottes sie [die Politiker] umstehen, kann der Welt nichts geschehen. Aber Gott lässt sie nicht umsonst hinsenden – man muss ihn darum bitten!»

    Von Anfang an durchzieht diese Aufforderung die Vorträge Josefs. Auch im Alltag lässt sich eine solche Bitte leicht integrieren – wenn man daran denkt! «Immer wieder sollt ihr für den Frieden bitten. Ihr braucht dazu nicht lange Gebete zu sprechen, das habt ihr mit kurzen Worten gesagt. Eine jede Seele von euch soll doch jeden Tag nur einmal einen Gedanken an den Frieden fassen, Gott die Ehre geben, ihm danken für den Frieden, so gut es euch möglich ist, sei es wenn ihr eine Wanderung macht oder wenn ihr des morgens aufsteht. Einmal des Tages einen Gedanken an Gott fassen und ihn bitten, dass der Friede weiterhin erhalten bleibe. Diese kleinen, kurzen Gedanken genügen schon. Und dann betet ein Vaterunser oder Unser-Vater, in ihm ist alles enthalten. Mit diesen auch nur kurzen Gedanken an Gott verbindet ihr euch mit der geistigen Welt. Gott erkennt all jene Seelen, die ihre Augen zu ihm erheben,

    1 Meditationswoche 1973, S. 153–156

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    für den Frieden bitten, ihn loben und preisen. Er sieht sie alle und wird ihnen seinen Segen geben.»1

    Im zentralen Text aus der Meditationswoche 1962 beschreibt Lene dann

    direkt, wie wir uns die Umsetzung unserer Bitten vorstellen können.2 Zunächst aber geht es nochmals um den Einfluss der niederen Geisterwelt. Die niedere Geisterwelt «umwirbt jene Menschen, die herrschsüchtig, machtgierig sind und andere unterdrücken wollen. Solche Menschen sind ihre willigen Werkzeuge». Einmal mehr wird ins Zentrum gestellt, wie wichtig der freie Wille des Menschen ist; jede und jeder von uns wird umworben von dunklen und von hellen Geistwesen. Vor die Entscheidung, welcher Seite wir Gehör schenken wollen, sind wir täglich gestellt.

    Wie oben schon gesagt: Gott hätte die Macht, die irdischen Kriege zu beenden. Aber Er hat den Menschen (wie auch den Geistwesen) den freien Willen gegeben; dies ist Gesetz. Und «die Gesetze, die Er gemacht hat, wird er nicht umstossen». Es gibt aber einen anderen Weg – und dieser Weg scheint mir das Zentrum in Lenes Worten von 1962 zu sein: die niederen Einflüsse können von geistiger Seite bekämpft werden. «Jene Menschen der Macht dürfen keine Nahrung, keine Inspiration, keine Kraft mehr von den niederen Geistern bekommen». Um solche Hilfe sollen wir Gott und die gute Geisterwelt bitten; wir sollen darum beten, dass kämpfende Engel aufgeboten werden. Diese Engel können die schlechten Einflüsse von jenen Menschen abwenden, die politische Entscheidungsgewalt ausüben. «Die kämpfenden Geister müssen versuchen, die niedere Geisterwelt in Schach zu halten. […] Sie kämpfen mit flammendem Schwert und haben Gewalt über die niedere Welt. Nur ihrer wenige braucht es, um jene zurückzuschlagen».

    Nach den Gebeten unzähliger Menschen, in die auch Engel miteinstimmen, vermeldet Lene ganz kurz : «Gott willigte ein. Man hat kämpfende Engel Gottes in die Nähe solcher Menschen entsandt». Die Ordnungen dieser höchsten Ebenen sind ja für uns nicht durchschaubar. Wie im vorangehenden Abschnitt ausgeführt, geht es immer um eine

    1 Josef bei einer Fragenbeantwortung, veröffentlicht in GW50/1951, S. 8 2 Meditationswochen 1961–1963, S. 250–260.

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    Balance zwischen hoher Hilfe und der Entscheidung des Menschen. Weiter geht die Erzählung: «Gott aber findet, dass der freie Wille des Menschen wieder zum Ausdruck kommen muss. Daher werden die Streiterengel nach einer gewissen Zeit zurückgezogen. Doch werden sie erneut gehen, wenn sie Befehl von oben erhalten».

    Lene versetzt uns dann in die höchst mögliche Ebene des Gebets. «Was liegt für solches Bitten am nächsten? Wen kann man in dieser Lage herbeirufen? Es ist Jesus Christus. Ihn kann man herbeiflehen, und das heisst: in Seinem Namen soll man bitten – innig bitten. Ihn darf man im Geiste anflehen: «Du, unser göttlicher Bruder, der Du so viel für uns getan hast, der Du immer für den Frieden gekämpft hast – hilf Du!» «Christus soll man bitten: ‘Sorge Du dafür, denn in unserer Macht liegt der Friede nicht …’. Ja, in deiner Hand liegt es nicht, über den Frieden dieser Welt zu entscheiden. Aber du kannst vielleicht dank deiner früher erworbenen Verdienste oder aufgrund derer, die du dir in diesem Leben errungen hast, zu Ihm flehen: ‘Bitte, bitte erhalte uns den Frieden! Denn in Deinem Namen gehe ich jetzt zum Vater, und ich will dem Vater sagen: Du hast mir den Frieden versprochen. Und ich will den Frieden nicht nur für mich selbst und meine Umgebung, ich will Frieden für die ganze Welt, für alle Völker! Jetzt gehe ich in Deinem Namen – begleite Du mich zum Vater!’ Und im Geiste gehe dann, gehe zu Ihm, zum Vater, und sprich zu Ihm: ‘Ich komme zu Dir im Namen Jesu Christi, und ich flehe innigst um den Frieden dieser Welt. O lass Du uns in Frieden leben! Gib allen die Kraft, das Gute zu fördern! Tue es, o gütiger Vater, denn gewaltig ist Deine Heiligkeit und Deine Barmherzigkeit. Wir verlassen uns auf Deine Güte. Wir bauen auf Dich, wir bauen auf den Erlöser, und so bauen wir auf den Frieden!’ Und ihr lobt im Geiste Gott für seine Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Ihr neigt im Geiste euer Haupt und sprecht: ‘Dein Wille geschehe, wie Du willst, im Himmel und auf Erden!’ Immer wieder tue das, und bete im Namen aller Völker dieser Erde – doch tue es im Namen Jesu Christi. Und Gott – Er schaut gnädig auf jene nieder, die wirklich um den Frieden beten. In Seiner Macht liegt es, und so wird er die Seinen aus der kämpfenden Legion entsenden und die niedere Welt zurücktreiben. Und Jene werden in ihrem Denken, in ihrem Handeln gelähmt. Die Menschen aber, die Gott anflehten, werden stark werden und Sieger über die Bösen».

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    Erhörte Gebete

    Vielleicht zweifelt die eine Leserin oder der andere Leser an der

    Wirksamkeit von Gebeten. Kürzlich wurde in der Tagespresse der Nordwestschweiz von einer Erscheinung im Zweiten Weltkrieg berichtet; es gibt heute noch Menschen, die diese Hand am Himmel gesehen haben. Nach der Schilderung von Till Arend Mohr: «General Guisan, der Oberbefehlshaber der Schweizer Armee pflegte stets früh aufzustehen. Sein erster Gedanke war, wie er selbst bezeugte: ‘Was kann ich heute für unsere Heimat Gutes tun? Ich knie und bete mit zertanen Armen das Vater unser. Etwas Besseres fällt mir nicht ein. So taten die alten Eidgenossen vor der Schlacht, so tue ich es jeden Tag’. Und was geschah in dieser Zeit höchster Bedrohung? Am Abend des 13. Mai 1940 erschien in der Nähe von Liestal vor den Augen der Talbewohner und zahlreicher dort stationierter Soldaten eine grosse, leuchtende Hand am Himmel. Prof. Hans Felix Pfenninger, der damals Offizier war, musste diese Erscheinung vor General Guisan mit Eid beschwören. Und hohe Offiziere der Armee Hitlers bezeugten auf der anderen Seite, dass sie zwei leuchtende, erhobene, abwehrende Arme am Himmel gesehen hätten. Von einem Angriff auf die Schweiz wurde fürderhin abgesehen».1

    Noch ein Beispiel, wie höhere Mächte den Menschen vor Schaden

    bewahren können. Eine Missionarin und ihre Begleiterin hatten eine weite Wegstrecke zu gehen, um eine Summe Geldes in Empfang zu nehmen, die auf ihren Namen an eine Bank gesandt worden war. Doch überraschte sie die Nacht, bevor sie ihr Haus wieder erreichten. So befahlen sie sich dem Schutz Gottes an und legten sich am Abhang eines Hügels schlafen, um den Weg am anderen Morgen fortzusetzen. Einige Wochen später wurde die Missionarin von einem Mann angesprochen, der zur Behandlung ins Spital gekommen war. «Ich habe sie schon gesehen». «Nein, das glaube ich nicht», gab die Missionarin zur Antwort. «Doch gewiss!» beharrte der Mann: «Sie schliefen vor ein paar Wochen am Abhang eines Hügels. Einige von uns hatten Sie in der Bank gesehen

    1 Mohr (2011), S. 331.

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    und folgten Ihnen in der Absicht, Sie zu berauben, wenn es dunkel würde, aber wir wagten es nicht wegen der Soldaten». Die Missionarin lachte: «Es waren doch keine Soldaten bei uns, lieber Freund». Der Bandit blieb hartnäckig: «Doch, es waren Soldaten da, wir zählten sie, es waren ihrer sechzehn und sie hatten Schwerter». Die Missionarin liess dem Mann seinen Glauben.

    Als sie später im Heimaturlaub weilte, erzählte sie die Geschichte. Da trat ein Freund auf sie zu und fragte: «Was war das für ein Tag, an dem Sie an jenem Abhang schliefen?» Die Missionarin fand das Datum in ihrem Tagebuch und der Fragesteller verglich es mit den Daten in seinem Notizbuch. «An jenem Abend hatten wir unseren wöchentlichen Gebetskreis. Auch Ihr Name wurde genannt, und es waren unser sechzehn, die sich zusammengefunden hatten».1

    Von Mutter Teresa berichtet die Zürcher Therapeutin Ruth Birmele, die

    ihr persönlich begegnet ist: In Mutter Teresas Heim für Obdachlose war alles Geld und alle Nahrung ausgegangen. Sie betete drei Tage und drei Nächte auf den Knien zu Gott um Hilfe. Danach hörte sie im Speicher des Hauses ein ungewohntes Rumpeln; als sie Nachschau hielt, war der Speicher voll Korn. Die biblische Brotvermehrung kann auch heute stattfinden, wenn wirklich gebetet und geglaubt wird. Welche Aktivität auf der geistigen Seite dazu erforderlich ist, beschreibt Lene beim ersten Wunder Jesu, der Hochzeit zu Kana. Zwar gab Jesus «erst zur Antwort: ‘Meine Zeit ist noch nicht gekommen’ (Johannes 2, 4) – doch dann sah er seine Geistgeschwister, die ihm ein Zeichen gaben und ihn ermunterten, indem sie zu ihm sagten: ‘Tue es!’ Da legte er seine Hände zum Segen über das Wasser, das er in die Krüge hatte füllen lassen, und so wurde aus Wasser Wein […]. Viele, viele Jenseitsgeister waren ihm dabei behilflich …».2

    «Wichtig ist dabei auch, dass ihr euch vor der Zukunft nicht ängstigen dürft, weil die Stürme sich wieder legen werden. […] Damit will ich freilich nicht behaupten, alle Gefahren seien behoben. Denn noch vielerorts lebt man im Unfrieden, und vielerorts kämpfen Menschen gegen Menschen».

    1 Mohr (2011), S. 166f. 2 Meditationswoche 1963, S. 430.

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    Dazu nochmals Mutter Teresa, wie Ruth Birmele es rapportiert. Als Teresa gefragt wurde, ob sie sich nicht ängstige, in die Seuchengebiete der Slums zu gehen, war ihre Antwort: «Nein, ich gehe mit Gott».

    Ephides hat dies ganz plastisch in ein kurzes Gedicht gefasst:

    Fürchtet euch nie!

    Furcht bindet,

    und was ihr fürchtet, findet den Weg zu euch.

    Denken ist Tun,

    ist Rufen auf springt mit flinken Hufen

    das Schicksalsross.

    Nun trägt es dich Zu deiner Qual,

    zum Glück – nach deiner Wahl. Drum glaub an Glück.

    Christus, der Friedefürst Das Wort «Friedefürst» ist seit dem Propheten Jesaja im Alten

    Testament ein Hoffnungsträger: «er heisst Wunderbar, Rat, Held, Ewig-Vater, Friedefürst» (Jesaja 9, 5–6). Im Alten Testament ist es vorausschauend auf Christus bezogen; Lene verwendet es im Blick auf unsere Heimkehr. Christi Ausspruch «Friede sei mit euch!» meint, das Böse möge weichen. «Wie bedeutsam sind doch diese seine Worte geblieben! Für alle Zeiten gelten sie – und werden doch gar nicht richtig verstanden. Sie bedeuten: den Frieden in der Seele, im Herzen haben, nicht zum Werkzeug dieser Dunkelwelt werden, sondern Werkzeug der Engel Gottes. Christus ist der Friedefürst. Er wird mit seinen Getreuen Luzifer sein Recht streitig machen».

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    […] So wird einem jeden, der in Christi Reich einkehrt, bewusst, dass man Ihm Bruder oder Schwester ist. Dass man um so grössere Rechte erhält, je mehr man sich Ihm, diesem Friedefürsten, genähert hat».

    Das Wort ist auch in ein Kirchenlied eingeflossen. Mit seiner lieblichen Melodie möge es diese Gedanken zusammenfassen. Man kann es hören als Schlusschoral der Kantate «Halt im Gedächtnis Jesum Christ» von Johann Sebastian Bach (BWV 67).

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    Recht große Not uns stößet an von Krieg und Ungemach,

    daraus uns niemand helfen kann denn du; drum führ die Sach.

    Dein’ Vater bitt, daß er ja nicht

    im Zorn mit uns verfahre!

    Gedenke, Herr, jetzt an dein Amt, daß du ein Friedefürst bist,

    und hilf uns gnädig allesamt jetzt und zu dieser Frist.

    Laß uns hinfort dein göttlich Wort

    im Fried noch länger schallen!

    Verdienet haben wir alles wohl und leidens mit Geduld;

    doch deine Gnad größer sein soll denn unsre Sünd und Schuld.

    Darum vergib nach deiner Lieb,

    die du fest zu uns trägst!

    JEAN-CLAUDE ZEHNDER

  • MEDIUM 103 23

    Quellen für dieses Heft

    Till Arend Mohr, Wie auf Flügeln des Adlers – Von guten Mächten sicher geführt, August von Goethe Literaturverlag, Frankfurt am Main, 2011

    Dolomiten-Sagen – Sagen und Überlieferungen, Märchen und

    Erzählungen der ladinischen und deutschen Dolomitenbewohner, gesammelt und bearbeitet von Karl Felix Wolf, Tyrolia-Verlag, Innsbruck, Wien, München 1957

    Botschaften aus dem Jenseits, Bd. 1, Zürich 1950 Meditationswochen 1961–1963, Zürich 1970 Meditationswoche 1973, Zürich 1974 Meditationen 1954–1959, Zürich 2005 Meditationen 1960–1963, Zürich 2012 (28) Meditationen, ausgewählt und zusammengestellt von Prof. Dr.

    Walther Hinz, Zürich 1967

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    Derzeit lieferbare Schriften der GCG

    MEDIUM ― Hefte 1 bis 103 — jeweils zwischen 24 und 36 Seiten. Preis pro Heft € /CHF 2.50

    Dalliard, Alfred: Lexikon der Geistchristlichen Lehre. 2. erweiterte Auflage (Schmidt) Neustadt/ Aisch 2016, 773 S., ISBN 978-3-87707-984-3. Preis €/CHF 30.—

    Dostal, Werner: Lebenssinn. Der Weg ist nicht das Ziel. (Schmidt) Neustadt/ Aisch 2005, 189 S., ISBN 3-87707-665-3. Preis €/CHF 9.—

    Lene, Eva Schiffer (Text), Edeltraut Lampel (Illustrationen): Lukas, komm doch endlich! Nacherzählung eines geistigen Erlebnisses. (Editions à la Carte) Zürich 2003, 32 S., ISBN 3-908730-71-6. Preis €/CHF 15,—

    Lene, Eva Schiffer (Text), Edeltraut Lampel (Illustrationen): Friederik, was malst du da? Nacherzählung eines geistigen Erlebnisses. (Editions à la Carte) Zürich 2004, 32 S., ISBN 3-908730-72-4., Preis €/CHF 15,— .

    Lene, Eva Schiffer (Text), Edeltraut Lampel (Illustrationen): Drei listige Gnomen. (Ifolor) Zürich 2011, 36 S., Preis €/CHF 15,—

    Lene, Eva Schiffer (Text), Elisabeth Heuberger (Illustrationen): Ayo kommt in eine neue Welt. Schöftland (Raffael), 40 S., ISBN 978-3-907974-58-2. Preis € 22,50/CHF 31,50.

    Livingston, Marjorie: Himmlische Reise. Neustadt/Aisch (Schmidt) 2008, 299 S., ISBN 978-3-87707-734-6. Preis €/CHF 12,—

    Owen, Reverend G. Vale: Jenseits des Erdschleiers. Band I: Die Tieflande des Himmels. Aus dem Englischen übertragen von Heidi und Martin Trüeb. (Schmidt) Neustadt/Aisch 2009, 176 S., ISBN 978-3-87707-770-2. Preis €/CHF 12.—

    Owen, Reverend G. Vale: Jenseits des Erdschleiers. Band II: Die Hochlande des Himmels. Aus dem Englischen übertragen von Werner Dostal. (Schmidt) Neustadt/Aisch 2012, 164 S., ISBN 978-3-87707-838-9. Preis €/CHF 12.—

    Owen, Reverend G. Vale: Jenseits des Erdschleiers, Band III: Der Dienst des Himmels. (Winterwork) Borsdorf 2013, 188 S., ISBN 978-3-86468-442-5. Preis €/CHF 12.—

    Owen, Reverend G. Vale: Jenseits des Erdschleiers, Band IV: Die Himmlischen Heerscharen. (Winterwork) Borsdorf 2015, 156 S., ISBN 978-3-86468-914-7. Preis €/CHF 12.—

    Owen, Reverend G. Vale: Jenseits des Erdschleiers, Band V: Die Kinder des Himmels. Die abgelegenen Himmel. (Winterwork) Borsdorf 2017, 262 S., ISBN 978-3-96014-272-0. Preis €/CHF 12.—

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