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1 Praxis – Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW - 23.01.2018 Prof. Dr. Dorothee Schaffner, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 1 «Leaving Care» aus Sicht von jungen Erwachsenen im Übergang in die selbstständige Lebensführung – Erkenntnisse für die Vorbereitung im Heim und die Nachbetreuung http://www.weltverschwoerung.de/neuzugaenge-uservorstellung/24781-stillem-gedenken- 15-print.html in der Schweiz bestehen ähnliche Risiken des sozialen Ausschlusses wie im internationalen Kontext (vgl. Gabriel/Stohler 2008, 2012). niedrige Schulbildung, tiefe oder fehlende Berufsbildungsabschlüsse Schwierigkeiten eine Erwerbsarbeit zu finden und zu halten (insbesondere für Gruppen von Migranten/innen) Finanzielle Schwierigkeiten, Armut (Hohe Sozialhilfeabhängigkeit) Schwierigkeiten Wohnungen zu finden und zu halten Schlechte medizinische Versorgung (hohe Sterblichkeitsrate) hohes Level an Straftaten und Haftstrafen Soziale Isolation Unterschiede nach Geschlecht, ethnische Herkunft Veränderung im Übergang in Erwerbsarbeit und selbständige Lebensführung Seit Anfang der 1990-er Jahre haben sich die Übergänge in Erwerbsarbeit stark verändert. (Wandel von Arbeit und Berufsbildung) Studien zu Wohn- und Lebensformen und dem Auszugsverhalten von jungen Erwachsenen können den internationalen Trend des späteren Auszugs auch für die Schweiz bestätigen. (Höpflinger, 2008) Für einen Teil der Jugendlichen sind die Übergänge länger, diskontinuierlicher und riskanter geworden. entlang von Gender, Nationalität, sozialer Herkunft, Bildungsstand bestehen unterschiedliche Chancenstrukturen (vgl. Übergangs- und Jugendforschung) Jugendliche müssen mehr Umwege in Kauf nehmen und bildungsbezogene und berufliche Übergänge vermehrt selbst koordinieren (Bergmann et al. 2011; Meyer 2003). Hierbei sind sie auf bedarfsgerechte Unterstützung angewiesen. Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 3 Age of Leaving Care‘ - Gesetzliche Bestimmungen zum Austritt Jugendstraf- bestimmungen JStG (Bund) Kindesschutz- bestimmungen ZGB (Bund) Fachdienste: Sozialdienste u. Kinder- und Jugenddienste (Kantonales Recht) Sonderschulung (Kant. Recht) Invaliden-versicherung IV (Bundes- und Kant. Bestimmungen) Anlass Delinquenz Kindeswohl- gefährdung Unterstützungs- bedarf Beeinträchtigung, besondere Förder- und oder Erziehungsbedarf Altersgrenze für Leistungsbezug 25 Jahre 1 18 Jahre 18 Jahre (variierend) (ggf. länger wenn bes. Gründe vorliegen) 20 Jahre (Sonderschulung) IV kennt keine Altersgrenze Quelle: Internationale Arbeitsgemeinschaft für Jugendfragen IAGJ 2014 1 2015 wurde das Alter der Beendigung der Massnahmen im JStG von 22 auf 25 Jahre raufgesetzt. Praxis Tagung HSA FHNW 23.01.2018 [email protected]

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Page 1: m in der Schweiz bestehen ähnliche Risiken des sozialen … › wordpress › wp... · 2018-02-15 · berufliche Übergänge vermehrt selbst koordinieren (Bergmann et al. 2011; Meyer

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Praxis – Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW - 23.01.2018

Prof. Dr. Dorothee Schaffner, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 1

«Leaving Care» aus Sicht von jungen Erwachsenen im Übergang in die selbstständige

Lebensführung – Erkenntnisse für die Vorbereitung im Heim und die Nachbetreuung

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in der Schweiz bestehen ähnliche Risiken des sozialen Ausschlusses wie im internationalen Kontext (vgl. Gabriel/Stohler 2008, 2012).

• niedrige Schulbildung, tiefe oder fehlende Berufsbildungsabschlüsse

• Schwierigkeiten eine Erwerbsarbeit zu finden und zu halten

(insbesondere für Gruppen von Migranten/innen)

• Finanzielle Schwierigkeiten, Armut (Hohe Sozialhilfeabhängigkeit)

• Schwierigkeiten Wohnungen zu finden und zu halten

• Schlechte medizinische Versorgung (hohe Sterblichkeitsrate)

• hohes Level an Straftaten und Haftstrafen

• Soziale Isolation

➢ Unterschiede nach Geschlecht, ethnische Herkunft

Veränderung im Übergang in Erwerbsarbeit und selbständige Lebensführung

• Seit Anfang der 1990-er Jahre haben sich die Übergänge in Erwerbsarbeit stark

verändert. (Wandel von Arbeit und Berufsbildung)

• Studien zu Wohn- und Lebensformen und dem Auszugsverhalten von jungen

Erwachsenen können den internationalen Trend des späteren Auszugs auch für die

Schweiz bestätigen. (Höpflinger, 2008)

• Für einen Teil der Jugendlichen sind die Übergänge länger, diskontinuierlicher und

riskanter geworden. entlang von Gender, Nationalität, sozialer Herkunft,

Bildungsstand bestehen unterschiedliche Chancenstrukturen (vgl. Übergangs- und

Jugendforschung)

• Jugendliche müssen mehr Umwege in Kauf nehmen und bildungsbezogene und

berufliche Übergänge vermehrt selbst koordinieren (Bergmann et al. 2011; Meyer

2003). Hierbei sind sie auf bedarfsgerechte Unterstützung angewiesen.

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 3

‚Age of Leaving Care‘ - Gesetzliche Bestimmungen zum Austritt

Jugendstraf-

bestimmungen

JStG (Bund)

Kindesschutz-

bestimmungen

ZGB (Bund)

Fachdienste:

Sozialdienste u.

Kinder- und

Jugenddienste (Kantonales Recht)

Sonderschulung (Kant.

Recht)

Invaliden-versicherung

IV (Bundes- und Kant. Bestimmungen)

Anlass Delinquenz Kindeswohl-

gefährdung

Unterstützungs-

bedarf

Beeinträchtigung,

besondere Förder- und

oder Erziehungsbedarf

Altersgrenze für

Leistungsbezug

25 Jahre1 18 Jahre 18 Jahre (variierend)

(ggf. länger wenn

bes. Gründe vorliegen)

20 Jahre

(Sonderschulung)

IV kennt keine

Altersgrenze

Quelle: Internationale Arbeitsgemeinschaft für Jugendfragen IAGJ 2014

12015 wurde das Alter der Beendigung der Massnahmen im JStG von 22 auf 25 Jahre raufgesetzt.

Praxis Tagung HSA FHNW 23.01.2018 [email protected]

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‘mündig sein per Gesetz’ aber ‘noch nicht Erwachsen sein’

• Care Leaver müssen den Übergang meist früher, schneller, definitiver bzw. weniger

reversibel bewältigen als ihre Peers (Messmer 2013: 424).

• Gleichzeitig fehlen ihnen häufig die finanziellen und sozialen Ressourcen, um

verspätete Ausbildungsphasen oder Such- und Orientierungsphasen in den

Bereichen Wohnen und Arbeit zu bewältigen (Schaffner 2007).

• Care Leaver haben zwar grundsätzlich Zugang zu Nachbetreuungsangeboten. Aber

insgesamt scheinen die Unterstützungsangebote nicht genügend auf die Bedarfe der

CL abgestimmt. Zudem ist der Zugang zu Hilfen hochschwellig, fragmentiert und

unübersichtlich. Die Vergabe von Hilfen ist eher zufällig bzw. nicht selbstverständlich

(Abhängig von Kanton, Region, Fachstellen)

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Praxis – Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW - 23.01.2018

«Ja gross vorbereitet wirst du ja nicht, (..) schlussendlich

werfen sie dich einfach raus und du bist nachher alleine» (Läber 2017)

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 6

Before Leaving Care – Vorbereitung auf ….

Die Standards «Quality4Children» (2008) - basierend auf Kinderrechtskonvention – beschreiben qualitative Standards für die Fremdunterbringung von Kindern – unter anderem auch für den Austrittsprozess und die Nachbetreuung

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 7

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‚Before Leaving Care‘ - Vorbereitung auf den Austritt

a. Vorbereitung auf den Austritt und Anschlusslösungen

b) Vorbereitung auf Übergang in soziale, kulturelle und berufliche

Selbstständigkeit, auf die gesellschaftlichen Anforderungen und

insbesondere „auf Ungewissheit “ (Treptow 2009)

Plattform Fremdplatzierung 24.01.2017 [email protected]

Fremdbetreuung

a) Selbständige Lebensführung

b) Anschlusslösungen

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Lernen des Schulheimalltags - Innenorientierung

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 9

Vorbereitung auf Übergänge aus einem Sonderschulheim aus Sichtehemaliger Heimjugendlicher

„Ja groß vorbereitet wirst du ja nicht, du machst dein Schulzeug, nachhersozusagen, wirst du rausgeworfen, du lernst das was im Schulheim derAlltag ist, du lernst dort die Arbeitsabläufe und so, wenn du auf Gruppe Cbist lernst du waschen, machen und tun und nachher wirst du einfachrausgeworfen, sie schauen zwar, dass du eine Lehre hast, aberschlussendlich werfen sie dich einfach raus und du bist nachher alleine oder(...)“ (M/Z. 906-910) (Läber 2015)

„(...) also hier muss man wirklich gar nichts selber überlegen, wirklich nurfunktionieren und wenn man dann wieder zu Hause ist oder weiß nicht wo,ist es dann wieder anders, ja.“ (S/Z: 9-12)

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Wenig Raum für jugendkulturelle Erfahrungen oder Erfahrungen mit sich

Lernen für‘s Leben im Heim aus Sicht von ehemaligen

Heimjugendlichen

„Während dem Heim ist man sehr eingeschränkt, also wirklich sehr behütet

und ähm möglichst nicht an diese Themen heranlassen, so kam mir das vor

und dann im Nachhinein ist es halt, man hat seine Erfahrungen gemacht, (…).“

(Pe/Z.380-382/385-387).

Aus ihrer Sicht sei es für die eigene Entwicklung wichtig zu experimentieren,

um einen „normalen Umgang“ mit diesen Themen zu finden und eigene

Schlüsse für ihr Leben ziehen zu können. Daher plädiert bspw. Luca dafür, dass

man als Kind „Scheiße bauen“ können muss, „dann lernt man daraus und dann

macht man es auch nicht (…)“ (L/Z. 125-128).

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 10

Ausgewählte Ergebnisse zur Vorbereitung der Leaving Care aus dem Sonderschulheimkontext (ein Beispiel)

• Vorbereitung auf soziale und berufliche Integration (normative Zielsetzung und

Legitimation für das Handeln, unklare Vorstellungen, was darunter verstanden wird)

• Vorbereitung auf das Leben danach, auf die Verselbständigung (Kochen, Putzen,

Waschen, Umgang mit Geld, Sozial-/Selbstkompetenzen u.a.) – (Tendenz der

Innenorientierung, auf funktionierenden Gruppenalltag

• wenig Raum für das Üben von Selbständigkeit,

• Fokus auf Vorbereitung auf die Berufswahl, Vermittlung in Berufsbildung und

Begleitung der Ausbildung (formale Bildung als Orientierung)

• Vorbereitung auf den Austritt und den Übergang in andere Wohn-/Lebens- und

Ausbildungs-/Arbeitssituationen

• Übergang statt nur Austritt denken! (Austrittsorientierung vs. Übergangsorientierung)

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Praxis – Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW - 23.01.2018

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 12

Aging out – After Care

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‘Aging out’ – Was kommt nach dem Jugendhilfesystem?

Grundversorgung durch soziale Sicherheitssysteme

• Nachbetreuung begrenzt, wenig

systematisch – kein Zurück

• Komplexes, vielgestaltiges

Unterstützungssystem

• Fehlendes Wissen bzgl.

Rechtsansprüchen, Angeboten

• Fragmentierte Unterstützung –

Fallführung unklar

• Hochschwellig im Zugang

• Oft lange Dauer bis Hilfe greift

Plattform Fremdplatzierung 24.01.2017 [email protected] 13

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Beispiel für die Varianz von Angebotstypen (Internetrecherche im Kanton Zürich 2014)

• „teilbetreutes und begleitetes Wohnen“

• „eigenständiges Wohnen mit Begleitoption“

• (stundenweise) „individuelle sozialpädagogische Begleitung“

• „vorübergehendes Wohnen“

• „sozialpädagogisches Wohntraining“

• „Finanzberatung“ und „Alltagsberatung“

• Pilotprojekte wie „Nachbetreuung – Nachhaltigkeit von Erziehungs- und Bildungsmassnahmen“ (vgl. Internationale Arbeitsgemeinschaft für Jugendfragen IAGJ 2014)

• (Bildungsbezogene Begleitung – Case Management Berufsbildung)

Es ist bislang wenig bekannt über die Wirkung der Angebote und den Bedarf der jungen Menschen

Plattform Fremdplatzierung 24.01.2017 [email protected] 14

‘After Care’ - Praxis der Nachbetreuung (Zusammenfassung)

• Nachbetreuungskonzept als Kriterium für die Anerkennung der Heime vom BJ seit 2008 (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD et al. 2008: 14).

• Gegenwärtig kein einheitliches konzeptionelles Verständnis der Leistungen «Nachbetreuung»

• Nachbetreuung erfolgt oft noch ohne klare rechtliche und finanzielle Grundlagen

• Aufgrund der fehlenden strukturellen Einbettung ist der Zugang zu Leistungen insgesamt von zufälligen Konstellationen abhängig (Schaffner/Rein 2015)

• Unklar ist, welche Massnahmen tatsächlich wem, unter welchen Bedingungen und mit welchen Kosten und Effekten angeboten werden (Aeberhard/Stohler 2008: 77)

• Erste kantonale Bestrebungen «Nachbetreuung» in Gesetzen/Verordnungen/Leistungskatalogen aufzunehmen (BS, BL, ZH, BE)

Plattform Fremdplatzierung 24.01.2017 [email protected] 15

Praxis – Tagung der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW - 23.01.2018

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 16

Erleben des Übergangs in die selbständige Lebensführung bei ehemaligen CL

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(…) jetzt stehe ich da, ich arbeite, ich habe meinen Job, ich habe meine Kollegen, ich bin kein Absturz geworden, wie die Hälfte vom Sonderschulheim auch, und irgendwie so (2) (…) ist ein langer Weg gewesen und ein strenger Weg.(C16; Abs. 91–92)

(…) ich habe einen Weg mit Abzweigungen gemacht, bin aber am Ziel angekommen, habe ein bisschen länger gebraucht als andere, die geradeaus haben laufen können.(C16; Abs. 118)

Verzögerte, verlängerte Bildungsprozesse

Praxis Tagung HSA FHNW [email protected]

Lernen selbständig zu sein

« ..selbständig ist man, wenn man sich selbst ernähren kann, ohne

dass man auf fremde Hilfe angewiesen ist. Wenn man selber genug

fit ist, zu wissen, wann geht man ins Bett und sich selber einen Tages

…Tagesrhythmus erstellen kann und so weiter und so fort. Wenn man

selber einfach mit beiden Beinen im Leben steht. (…) Aber es bleibt

nach wie vor immer ausbaufähig, weil man nach wie vor von Minute

zu Minute, etwas lernt (…) die Lernfähigkeit im Selbständig-Sein.»

(Jan 27J./1222-1228)

« ich würde sagen, ich bin jetzt zu 80 % selbständig» (Amir 23J)

Praxis Tagung HSA FHNW [email protected] 18

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7).

Unterstützung durch andere wichtig - Beziehungsfähigkeit

AM: Kochen. Roni hat mir ein Kochbuch geschenkt. Kochen habe ichgelernt, also mit Roni, er hat mir auch geholfen.

A: mhm

AM: Ja, eben. So wie mit Budget umgehen. Budget umgehen. Billigeinkaufen. Ich habe dann so ein Dings gemacht, so wie.. Wie einÄmtli(plan). So dass ich (weiss), wann was machen. (Amir, 23, Iran) (Funck

2017)

Praxis Tagung HSA FHNW [email protected] 19

Zusammenfassung wichtiger Aspekte

• Sich kennen lernen, für sich sorgen lernen, für sich entscheiden,

sich lernend erfahren, (Selbstkompetenzen)

• Selbständigkeit erlernt man im Tun, im Leben (Erfahren,

Reflektieren)

• Erforderlich sind soziale Kontakte, die in diesem Prozess

unterstützen, raten, bestätigen, zeigen, Anerkennung bieten

(Sozialkompetenzen)

• trotz Autonomiebestreben ist die Fähigkeit Hilfe anzunehmen und

zu organisieren zentral (Systemkompetenz)

• Autonomie/Selbständigkeit ist mehr als Alltagsversorgung

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Entwicklung von Kompetenzen einer selbständigen Lebens-

führung

Es geht in den Hilfen zur Erziehung um die Entwicklung von

Kompetenzen einer selbständigen Lebensführung (Meyer 2013: 6)

… während dem Heimaufenthalt (12-16J. /16-20J)

… bei der Vorbereitung auf Austritt und Übergang

… bei der Nachbetreuung

Praxis Tagung HSA FHNW [email protected] 21

Autonomie, Mündigkeit und Selbstbestimmung (Kötters, Krüger, Brake 1996, 1000; zitiert

in Roenbauer 2013)

Die Autoren verbinden Autonomie, Mündigkeit und Selbstbestimmung zu

einem umfassenden Konzept und unterscheiden:

• praktische Verselbständigung

• Soziale Verselbständigung, welche die Ablösung von der

Herkunftsfamilie/Jugendhilfe umfasst

• Kognitive Verselbständigung, in der die biografische Selbst-reflexion, die

Entwicklung eines persönlichen Zukunftsentwurfes oder die

Positionierung des Ichs in der Gesellschaft stattfindet,

Praxis Tagung HSA FHNW [email protected] 22

Empfehlungen/Recomandations – Anforderungen an Angebote

1. Anerkennung des Unterschieds zwischen Statuswechsel «Volljährigkeit» und Übergangsstatus «Erwachsen-werden» (Capelier 2015)

2. Stationären Einrichtungen müssen sich «systematischer und bewusster als bisher mit dieser Herausforderung auseinander-setzen.» (Langmeyer, 2010).

3. Nachbetreuung ist wichtig! Überprüfung der Angebote in Bezug auf Kohärenz, Verlaufsdynamik, Übergänge, Vermeidung von Systembedingten Brüchen (Capelier2015) – Sensibilisierung der IV, SH, ALV für Anliegen der Care Leaver

4. Hilfen müssen die Autonomie der JE gewährleisten, sie unterstützen in ihrem Handeln. Sie müssen bedarfsorientiert, flexible sein und Hängepartien und Selbsterfahrungsphasen ermöglichen - «Fehler zugestehen»

5. Niederschwelliger Ort des Austausches, der Beratung, Unterstützung (Ort der Ressource, des Austausches) (Capelier 2015) (Care Leaver Netzwerk?)

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Literatur

Capelier, F. (2015). L'accompagnement vers l'autonomie der "jeune majeurs". Rapport d'étude. ONED - Observatoire

National de l'Enfance en Danger. al la demande du ministère en charge de la famille URL:

http://www.onpe.gouv.fr/system/files/publication/20150126_jm_web.pdf.

Funck, J. (2017). "Wie gesagt, Familie kannst du dir nicht aussuchen, Kollegen schon." Eine qualitative Studie zur Bedeutung

und Funktion persönlicher Beziehungen bei der Gestaltung von Übergängen aus Sicht von Careleavern. MA-Thesis. (M.A.

Soziale Arbeit), Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz, Olten.

Läber, M. (2015). Übergänge vom Schulheim in die neue Lebens- und Ausbildungssituation. Entstandardisierung von

Lebensläufen - individuelle Bewältigungs- und Gestaltungsanforderungen. MA Thesis. (unveröffentlicht). (MA SA),

Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz, Olten.

Rein, A.; Schaffner, D. (2017-2019) Partizipatives Forschungs- und Entwicklungsprojekt «Care Leaver erforschen Leaving

Care». (erste Erfahrungsberichte)

Rosenbauer, N. (2013). Übergänge in ein selbständiges Leben. Herausforderungen in der Gestaltung und Unterstützung von

Verselbständigungsprozessen in Erziehungshilfen. In: Forum Erziehungshilfen. Junge Volljährige. 19. Jg. (1). Weinheim:

Beltz Juventa

Schaffner, D./Rein, A. (2015). Strukturelle Rahmung der Statuspassage Leaving Care in der Schweiz - Sondierung in einem

unübersichtlichen Feld. In: Journal of the Swiss Association of Social Work. (16.14). S. 9-26.

Schaffner, D., & Läber, M. (2017). Es muss mehr sein als Erziehung zur Anpassung und Unterordnung. Zeitschrift für

Sozialpädagogik (ISSN 1610-2339)(Ausgabe 04, Jahr 2017), 415 – 433.

Schaffner, D. (2017). Übergänge von Care Leavers – auch ein Thema in der Schweiz? Referat anlässlich der Plattform

Fachtagung Fremdunterbringung – Übergangsbegleitung: roots to grow and wings to fly. S. 14. URL:

http://www.integras.ch/de/sozial-sonderpaedagogik/tagungen/plattform-fremdplatzierung [Zugriffsdatum: 1.03.2017].

Praxis-Tagung HSA FHNW [email protected] 24