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Macht und Ohnmacht der Bundesbank Review by: Fritz Neumark FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 33, H. 1 (1974), pp. 148-151 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40911116 . Accessed: 13/06/2014 09:24 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.79.52 on Fri, 13 Jun 2014 09:24:04 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Macht und Ohnmacht der Bundesbank

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Macht und Ohnmacht der BundesbankReview by: Fritz NeumarkFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 33, H. 1 (1974), pp. 148-151Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40911116 .

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Macht und Ohnmacht der Bundesbank *

von

F. Neumark

Der Herausgeber betont in seiner Einführung (S. 4), „politische Autono- mie und stabilitätsfolitische Effizienz (seien) ... die beiden hauptsächlichen Ebenen des Machtproblems (sc. der Bundesbank), so wie es heute in der Bundesrepublik diskutiert wird". Dementsprechend wird im ersten Teil des vorliegenden Sammelbandes ,,Die Bundesbank als politisch-institutionelle Macht" behandelt, während der zweite - etwa die Hälfte des Buches aus- machende - ,, Handlungsmacht und Handlungsohnmacht der Bundesbank", der dritte „Bestrebungen zur Keform des monetären Instrumentariums" untersucht. Daß die beiden eingangs erwähnten Phänomene, auch wenn sie sich theoretisch scheiden lassen, in der Wirklichkeit in engen wechselseitigen Beziehungen stehen, geht aus verschiedenen Beiträgen deutlich hervor; das bedeutet freilich nicht, daß nun stabilitätspolitische Effizienz der Noten- bankpolitik nur bei Bestehen (vollständiger) politischer Autonomie möglich ist1.

1. Die Frage der Zweckmäßigkeit oder gar Notwendigkeit einer mög- lichst umfassenden Autonomie der Bundesbank wird bekanntlich schon seit ein, zwei Jahrzehnten diskutiert; sie ist neuerdings wieder aktuell geworden durch die Ausarbeitung eines Eeferentenentwurfs, der eine erhebliche Er- weiterung des geld- und kreditpolitischen Instrumentariums der Bank vor- sieht2. H.- J.Arndt vertritt in seinem Beitrag (S. 15-35) die Auffassung, der offensichtlich auch die Bundesregierung zuneigt, daß im Zeitalter einer ,, reinen Kreditwährung" eine unbegrenzte Zentralbankautonomie nicht mehr zu rechtfertigen sei. Er bezeichnet die durch das Bundesbankgesetz 1957 ge-

* Zu Dieter Duwendag (Hrsg.): Macht und Ohnmacht der Bundesbank. „Wirt- schaft Aktuell". Athenäum Verlag. Frankfurt/M. 1973. 230 Seiten.

1 Siehe Duwendag, aaO., S. 6, und F. Neumark: Die komparative Bedeutung von Geld- und Fiskalpolitik für die Verwirklichung wirtschaftlicher Stabilität, Tübingen 1973, S. 15. 2 Vgl. die Wiedergabe dieses Entwurfs in dem hier zur Diskussion stehenden Bande, S. 217 ff., sowie die kritische Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, abgedruckt in dem von diesem heraus- gegebenen Sammelband „Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten von 1949 bis 1973", Tübingen 1974, S. 571 ff.

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schaffene Autonomie als eine „planlose", die er durch eine „plangebundene Autonomie" ersetzen will. Dabei wird wiederholt Bezug genommen auf das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967. Es ist mir jedoch beim besten Willen nicht gelungen, eine hinreichend exakte Vorstellung von dem zu ge- winnen, was denn nun der Verfasser unter ,, plangebundener Autonomie" ver- steht. Daß viele die Bundesbank heute außer auf die - ja äußerst vage formulierte - Aufgabe einer „Sicherung der Währung" (§ 3 des Bundesbank- gesetzes) auch auf die übrigen Ziele des § 1 StWG verpflichten wollen1, ist bis zur Banalität begreiflich, aber damit hat man die (von Arndt durchaus gesehene) Möglichkeit schwerer, auch politischer Konflikte zwischen Regie- rung und Bank doch nicht beseitigt! Daß die Bundesbank nicht von sich aus etwa eine größere, angeblich oder tatsächlich der Wiederherstellung an- nähernder Geldwertstabilität dienende Arbeitslosigkeit herbeiführen kann oder auch nur wollen könnte, wird man ebenso unterstellen dürfen wie das Faktum, daß Inflationsbekämpfung auf ihrer Prioritätenskala einen höheren Rang einnimmt als bei den meisten Regierungen.

L.Poullain spricht sich in seinem Beitrag (S. 36-53) für eine „demokrati- sche Autonomie" aus. Auch hier wird nicht ganz deutlich, worauf der Autor nun eigentlich hinaus will. Anpassung des Status der Bundesbank an ein „verändertes Demokratieverständnis" (S. 51) klingt zwar recht „modern", aber der Satz müßte doch wohl etwas präzisiert werden, ebenso wie die Empfehlung, „einer - auch personell - unabhängigen Exekutive sollte eine parlamentarische Kontrolle nachgeschaltet werden", da das, im Gegensatz zu Poullains Ansicht, keineswegs „eine klare Sache" ist. Zuzustimmen ist ihm dagegen, wenn er die - im Referentenentwurf vorgesehenen - ursprüng- lich von der Bundesbank selbst gewünschten neuen Instrumente als „Gefahr für die Autonomie der Notenbank" bezeichnet (S. 49).

2. Den zweiten Teil des Bandes leitet eine Abhandlung von R.Pohl über „Konfliktentschärfung durch Verstetigung" ein (S. 55-81). Hier wird eine nütz- liche Analyse der Ziele heutiger Notenbankpolitik geboten. Auf S. 63 wird die zutreffende These aufgestellt, daß die vielfach empfohlene Arbeitsteilung zwischen Staat und Notenbank im Hinblick auf bestimmte Ziele „theo- retisch bestechend" sei, aber „in der Realität auf große Hindernisse" stoße. Im übrigen spielt in diesem Aufsatz bereits das Indikatorproblem eine Rolle, das auch in verschiedenen anderen Beiträgen behandelt wird. Was freilich die Ausführungen S. 74 ff. noch mit dem Thema des Buchs zu tun haben, ist nicht ersichtlich.

Eine ganze Reihe von Beiträgen setzt sich explicite oder doch implicite - wie könnte es anders sein! - mit der „neuen" Lehre der „Monetaristen" aus- einander, wie sie seit einiger Zeit von den USA auch nach der Bundesrepu- blik exportiert wird. Im allgemeinen überwiegt die Skepsis gegenüber der Lehre selbst und den daraus gezogenen (fiskal- und) geldpolitischen Konse- quenzen. Das gilt etwa für den ausgezeichneten kleinen Beitrag von E.Dürr über „gelungene Durchkreuzung der restriktiven Geldpolitik" (S. 84-96),

1 Siehe dazu auch die Bemerkungen in dem Beitrag von K.-H.Ketterer, S. 210.

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der anhand der deutschen Verhältnisse die Ursachen der mangelhaften Wirkung der Geldpolitik auf die Geldmenge untersucht1 und dabei (S. 94 f.) zu dem Ergebnis gelangt, daß die Entwicklung des Sozialprodukts ,, nicht allein auf die Entwicklung der Geldmenge zurückgeführt werden (könne) " und infolgedessen ,,die Kontrolle der Geldmenge zur Konjunktursteuerung nicht aus(reiche)". An einem speziellen Beispiel: dem Lieferantenkredit, zeigt in dem folgenden Beitrag V. Timmermann (S. 97-118) „Anzeichen für gegenläufiges Verhalten in einzelnen Branchen'' auf. Dabei ist der Nachdruck bei den sorg- fältig formulierten Ergebnissen der ökonometrischen Untersuchungen auf das ,,in einzelnen Branchen" zu legen, denn ein eindeutiges (generelles) Urteil darüber, ob die Bundesbank mit ihren kreditpolitischen Maßnahmen auch den Lieferantenkredit zwischen den Unternehmen erreicht hat, läßt sich nicht fällen.

B.Strumpel befaßt sich in seiner Studie mit „Zins-, Erwartungs- und Vermögenseffekten der Kreditpolitik" (S. 119-131). Er möchte den Einfluß von der Zentralbank ergriffener Maßnahmen auf die privaten Haushalte skizzie- ren. Schon aus Raumgründen vermögen die Darlegungen nicht viel zu bieten, und warum - angesichts des Titels des Bandes - gerade auf die doch eindeutig fiskalpolitische amerikanische Steuererhöhung von 1968 so relativ ausführlich eingegangen wird, ist ebenso wenig zu verstehen wie der Sinn von Ausdrücken wie dem ,, spektakulären Verfall des Konsumklimas" (S. 127), dem „pro- gnostischen Scheitern" kurzfristiger ökonometrischer Modelle (S. 129) u.dgl. mehr.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die einer Untersuchung des Ver- hältnisses von Notenbankpolitik und Staatsaktivität gewidmete vorzügliche Studie von K.-H. Hansmeyer und K.Machscheidt mit dem Titel „Die Free- Rider-Position der Finanzpolitik" (S. 132-148). Dank einer Kombination finanzwirtschaftlicher und politologisch-soziologischer Überlegungen gelangen die Autoren zu einer einleuchtenden Analyse der Motive und Konsequenzen einer Fiskalpolitik, die zwar, in Übereinstimmung mit der Notenbank, dem Postulat größtmöglicher Geldwertstabilität einen Lippendienst abstattet, faktisch aber (vor allem restriktive) Maßnahmen der Geldpolitik „unterläuft". Am interessantesten scheint mir die Darstellung der „Ausweichreaktionen der Finanzpolitik" (S. 139 ff.) zu sein. Hier wird u.a. auf die neuere „Auf- lockerung des Haushaltsgrundsatzes der temporalen Spezialität" (Ver- pflichtungsermächtigungen!), Verstöße gegen die Budgettransparenz und insbesondere auf die zutreffend als bewußtes Konterkarieren einer noten- bankpolitischen Restriktionspolitik gekennzeichneten Subventionen hinge- wiesen.

W.Hankel vertritt in seinem Beitrag „Mehr Stabilität durch eine Offen- marktyolitik mit Jedermann" (S. 149-159) seine bekannte These, daß dem modernen Inflationsproblem „mit unserer traditionellen, an den nationalen Grenzen endenden Geld- und Kreditpolitik überhaupt nicht mehr beizu- kommen" sei (S. 157). Solange eine grundlegende Reform des Weltwäh-

1 Siehe daneben etwa die Bemerkungen von Neubauer (S. 173) und Kelter er (S. 194).

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rungssystems nicht erreichbar sei, bliebe als Weg nur eine Ausdehnung und Intensivierung der Offenmarktpolitik, die s.E. in der Lage wäre, das Pro- blem der maßlosen Geldexpansion zu lösen.

3. Den letzten Teil des Bandes bilden zwei relativ umfangreiche Abhand- lungen.

W . Neubauers Beitrag behandelt , .Organisationsprinzipien im Wider- streit" und trägt - im Anschluß an die bekannte ,, klassische" Arbeit von Lutz - den Untertitel „Das Grundproblem der Geld Verfassung heute" (S. 164-185). Der Verfasser gibt einen guten Überblick über den Pluralismus der Geldschöpfungskanäle im allgemeinen, die Lage der Geld- und Kredit- politik in der Bundesrepublik im besonderen, sieht - mit Recht - als „Grund- übel" die „unkontrollierbare Zentralbankgeldschöpfung" an und empfiehlt (daher), „das Aktivgeschäft der Banken an einem viel kürzeren Zügel zufüh- ren, als das bisher praktiziert wurde" (S. 178), wofür er technische Möglich- keiten aufzeigt. Bemerkenswerterweise spricht sich Neubauer (in mehr oder minder scharfem Gegensatz zu den ersten zwei Beiträgen des vorliegenden Werkes) nicht nur für eine Beibehaltung der bestehenden Unabhängigkeit der Bundesbank aus, sondern sogar für die verfassungsrechtliche Verankerung dieser Autonomie (S. 169).

K.-H.Ketterers Abhandlung ist überschrieben ,, Zwischen Geldbasis und Kreditstopp" (S. 186-212). Nach einer kurzen Überprüfung der monetaristi- schen Hypothesen anhand der bundesrepublikanischen Verhältnisse gelangt der Verfasser zu dem Schluß, daß „die empirische Evidenz" den Monetaris- mus „nicht in einem solchen Maße bestätigt, wie es nötig wäre, um eine Re- form der Bundesbankpolitik auf dem (sie) Konzept der Geldmengentheoreti- ker zu gründen" ; die Geldmenge sei „nicht die einzige und keinesfalls die ent- scheidende Determinante der Sozialproduktsentwicklung" (S. 194). An- schließend werden einige Reform vorschlage diskutiert. Die dank dem früher erwähnten Referentenentwurf gegenwärtig lebhaft erörterten neuen Instru- mente Aktivzuwachsreserve und Kreditplafondierung werden (ähnlich wie auch von Neubauer S. 180) als zwar effizient, aber doch mit vielen Mängeln behaftet angesehen (S. 204) ; statt dessen spricht sich Ketterer eher für den von C.Köhler empfohlenen „Liquiditätsreservesatz" aus1.

Als Ganzes macht der vorliegende Band dem Titel der Reihe, in der er erschienen ist: „Wirtschaft Aktuell", nach Form und Inhalt Ehre. Er gibt einen guten, meist auch für den Nichttheoretiker verständlichen Überblick über die verschiedenen, ökonomisch wie politisch bedeutsamen Aspekte eines Problemkomplexes, dessen gegenwärtig besonders ausgeprägte Aktuali- tät auch in den nächsten Jahren sich wenn überhaupt, so nicht wesentlich verringern dürfte.

1 Im Interesse besserer Lesbarkeit hätte der Verfasser besser auf gewisse, schwer verständliche und als solche überflüssige Fremdwörter verzichtet, wie etwa die Kommentierung „in abbreviativer Form", das „Evaluieren", die „extensive Legitimation" von Nebenbedingungen u. dgl. mehr.

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