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PETER CINCOTTI On The Moon 06024 9824924 Reinhören leicht gemacht JazzLink heißt unser neuer Service für alle, die kurz in ein neues Album reinhören wollen. Einfach den JazzLink unter dem entsprechenden Artikel merken und auf unserer Website in das Formular eintippen. Den Real-Player vorausgesetzt, startet die Hörprobe ganz von allein. www.jazzecho.de Pendant zu Norah Jones gilt, erscheint jetzt sein neues Studioalbum „On The Moon“. „Beim ersten Album sind wir ins Studio gegangen und wussten, dass wir ein straightes Jazzalbum aufnehmen wol- len. Nach drei Tagen waren wir fertig“, erzählt er. „Diesmal haben wir uns drei Monate Zeit gelassen. Da war Platz für alle möglichen Experimente. Ich wusste schon, dass meine eigenen Songs im Mittelpunkt dieses Albums stehen sollten. Deshalb wollte ich Standards wie „St. Louis Blues“ oder „Bali Ha’i“ so spielen, als hätte ich sie selbst geschrieben. Oder zumindest so, als würde ich die Original- versionen nicht kennen. Ich wollte die Geschichte dieser Songs ausradieren.“ Auch diesen letzten Satz könnte man ihm anlasten, hätte er ihn nicht ohne jegliche Ironie in der Stimme gesagt. „Es sind wirklich sehr unterschiedliche Songs und Arrangements und Instrumentationen auf diesem Album“, meint er. „‚Cherokee‘ ist ein ziemlich straightes Jazzinstrumental, beim ‚St. Louis Blues‘ ist sogar Hip-Hop im Groove, der Song ‚On The Moon‘ ist eine Popballade. Es sind verschiedene Genres, aber ich sehe die Verbindung.“ Und überhaupt. „Es war eines der großen Missverständnisse im Zusammenhang mit meinem ersten Album, dass ich ein straighter Jazztyp bin. Kaum jemand merkte der Musik auf diesem Album an, mit was für unterschiedlichen Ein- flüssen ich aufgewachsen bin. Ich bin in Manhattan geboren und aufgewachsen! Ich bin zu Rockkonzerten im Madison Square Garden gegangen und dann zu Broadwayshows, in Blues- und Jazzclubs. Es war immer eine Mischung. Obwohl ich natürlich auch ziemlich eindeutige Phasen hatte. Im Moment steht in mei- ner Plattensammlung Eminem neben Miles Davis und Joni Mitchell. Es ist wie ein geschmacklicher Zickzacklauf.“ Wieder lacht er einmal laut in Richtung Fenster, lehnt sich dann breitbeinig und zufrieden zurück und sucht Augenkon- takt. „Obwohl ich es selbst nicht mehr so sehe“, führt er seinen Gedanken fort. „Vor fünf Jahren dachte ich manchmal: Wie komme ich eigentlich dazu, diese unterschiedlichen Sachen zu mögen? Aber je mehr Musik ich höre, umso mehr fallen mir die Verbindungen zwischen all diesen Leuten auf, die ich früher nicht im selben Atemzug genannt hätte. Ich höre Phrasierungen bei Eminem, die mir auch im Jazz auffallen. Je mehr man weiß, umso mehr verschwimmen die Grenzen.“ Wie fast jeder Musiker, dem man erst ein Etikett zuteilt, um sich dann zu beschwe- ren, dass er diesem nicht gerecht werden würde, hält Peter Cincotti nichts von mu- sikalischer Kategorisierung. Immer wieder erwähnt er Eminem oder dieses sehr spannende Queen-Album, das er jetzt gerade hört, dazu Maroon 5 oder Sting und natürlich Miles. „Was ist aus der Musik geworden?“, fragt er irgendwann allen Ernstes. „Stand sie nicht mal für das, was man mit Worten allein nicht ausdrü- cken konnte? Wenn Leute mich fragen, wie ich meinen Sound beschreiben wür- de, habe ich ein Problem. Ich habe ein neues Album gemacht, mit einigen sehr persönlichen, eigenen Stücken und sehr persönlich arrangierten Standards. Hört es euch an und findet heraus, ob es euch gefällt oder nicht. Wozu braucht man da ein Etikett?“ Am liebsten wäre es Peter Cincotti na- türlich, auch wenn er es nicht wortwört- lich so ausspricht, wenn er eines Tages als einer dieser genreübergreifenden Künst- ler gelten würde, die, wie seine Idole Ray Charles oder Stevie Wonder, mit ihrem eigenen Namen für ihre eigene Musik stehen. Bis es so weit ist, lotet er neben all seinen musikalischen Ambitionen auch noch seine schauspielerischen Möglich- keiten aus. Nach einem kurzen Auftritt in „Spiderman 2“ stand er neulich in Berlin in einer Hauptrolle für Kevin Spaceys Filmbiografie von Sänger Bobby Darin vor der Kamera. „Ich war fast drei Mona- te lang immer wieder in Babelsberg. Und habe dabei das komplette Gegenteil von meinem Musikerdasein kennen gelernt“, gesteht er lachend. „Beim Film sitzt man hauptsächlich herum und wartet, bis das nächste Set eingerichtet und ausgeleuch- tet ist. Obwohl ich es damals manchmal ganz schön langweilig fand, und es kaum abwarten konnte, endlich wieder auf Tour zu sein, würde ich mir diese Ruhe in meinem eigenen Wohnwagen jetzt manchmal wünschen. Aber man kann eben nicht alles haben.“ Er legt die Stirn in Falten und ergänzt, schwer zu sagen, ob ernsthaft oder ironisch: „Oder doch?“ JazzLink: cincotti E s ist schon seltsam, hier zu sitzen und darüber zu reden, wie sich mein Leben verändert hat“, sinniert Peter Cincotti an einem warmen Herbst- tag in Berlin. „Seit eineinhalb Jahren bin ich immer unterwegs, jeden Tag in einer anderen Stadt. Aber man gewöhnt sich dran: aufstehen, reisen, Soundcheck, vielleicht ein kurzes Nickerchen, duschen, zum Gig oder Interview und ab ins Bett. Und am nächsten Tag von neuem. Dabei kann ich mich noch sehr gut daran erin- nern, als es mir knapp vorkam, wenn ich nur drei Wochen Zeit hatte, mich neben dem Studium auf einen Auftritt vorzube- reiten.“ Er lacht in Richtung Fenster, aber doch in sich hinein. Und anscheinend weniger über den Lauf der Dinge als über sein persönliches Glück. Mit einer nervö- sen Geste schiebt er sich die Hemdsärmel zum Ellenbogen und fährt sich dann mit der rechten Hand durch die Haare. „Jetzt kann ich das alles im Schlaf“, sagt er und sieht sein Gegenüber zum ersten Mal richtig an. „Und genau darum geht es ja: Dass man immer wieder etwas findet, das dem Publikum und einem selbst den Auftritt interessant macht. Das klappt im- mer noch: Ich langweile mich bei meinen eigenen Shows nie.“ Den letzten Satz könnte man dem 21-jährigen Pianisten und Sänger mit ein wenig weniger Ironie in der Stimme als komplimentfischende Untertreibung auslegen. Wer ihn live erlebt hat, schreibt Beifall. „Sensationell“ fand ihn etwa die „Daily News“, „The real deal“ urteilte der „Boston Globe“ und „Vanity Fair“ betitelte ihn gar als „Jazz Wunderkind“. Kollegen von Harry Connick Jr., der ihn schon mit sieben für ein Gastfeature zu sich auf die Bühne hol- te, über seinen langjährigen Lehrer Ellis Marsalis bis zu seinem Produzenten Phil Ramone, loben seine musikalische Ernst- haftigkeit, seine technische Reife und swingende Spielfreude. Auch hierzulande sorgte der smarte Jüngling schon im Zu- sammenhang mit seinem ersten Album für einigen Wirbel. Nach einigen goldenen Schallplatten in den USA, wo man ihn als Hoffnungsträ- ger des neuen „Rat Pack“ feiert, und vor allem in Frankreich, wo er als männliches Peterchens Mondfahrt Auf dem Mond ist die Welt noch in Ordnung. Mit „On The Moon“ präsentiert sich der singende Pianist PETER CINCOTTI als insgeheimer Agent zwischen Jazz und Pop. Intro Classics Details Call & Response Porträt Planet Jazz Feedback X-Mix Jetzt neu Auch diesmal ab Seite 2: die inte- ressantesten Neuveröffentlichun- gen, unter anderem von Tryg- ve Seim, Jamie Cullum, Ste- phan Micus und dem Vienna Art Orchestra. Nur einmal im Jahr gibt es den JazzEcho-Jahresrückblick, den Sie ab Seite 2 am unteren Seitenrand finden und der alle wichtigen CDs des Jahres noch einmal vorstellt. Wieder da Ab Seite 4 verwöhnen wir Sie diesmal gleich auf zwei Seiten mit den interessantesten Wiederver- öffentlichungen. Dazu gehören die kompletten Jam-Sessions von Verve-Gründer Norman Granz, 15 CD-Veröffentlichungen der legendären LP-Serie „Free America“, fünf echte Sternstunden des Jazz auf SACD und einiges mehr. Darf’s ein Detail mehr sein? Diesmal auf zwei Seiten ab Seite 6: ein beliebter JazzEcho-Standard für Verleger von Jazz-Enzyklopädien und alle anderen, für die auch kleine Informationen große Bedeutung haben; alle Musiker, alle Tracks und vieles weitere Lesenswerte über alle Titel, die im Heft vorgestellt werden, und einige mehr, für die keine Zeit oder kein Platz mehr war. Nach Paris, der Mucke wegen Diesmal im JazzEcho-In- terview: Terry Callier und Madeleine Peyroux, zwei Amerikaner mit großer Lie- be zur Stadt der Liebe, auf Seite 8. Even Cowgirls Get The Jazz Die einstige Country- und Westerndiva Linda Ronstadt hat sich – nach einem dreijährigen Flirt in den frühen 80er Jahren – nun ernsthaft in den Jazz ver- guckt. Auf Seite 9 erzählt sie im JazzEcho-Porträt, warum sie sich im Jazz genauso zu Hause fühlt wie am Broadway, beim Squaredance oder im Kreise einer Mariachi-Band. Verfeindete Vogelspinnen Aus herstellungstechnischen Grün- den diesmal auf Seite 12: die große Presseschau im JazzEcho. Toprezensenten nationaler Toptitel besprechen Topveröffentlichungen internationaler Toptalente. Dies- mal mit von der Partie sind Jan Garbarek, Khaled, Ex- Undergroundstar und Neu- Pianosolist Gonzales und MPS Jazz ReWorks. Schmutziger Tango Wie groß das Spektrum dessen ist, was man noch Jazz nennen darf oder noch Jazz nennen muss, zeigen die neuen Veröffent- lichungen auf zwei Seiten ab Seite 10. Der afrikanische Afrobeat- Generalerbe Femi Kuti trifft hier auf die New Yorker Brazilian Girls, der Brasilianer Chico Buarque auf den Amerikaner Joe Sample – und das ist noch längst nicht alles. Merry X-Mix! Neben Lesestoff diesmal mit gro- ßem Adventskalender. Einfach die letzte Seite aufschlagen, ins Inter- net gehen und jeden Tag eine CD gewinnen. world’s best-sounding newspaper Ausgabe 4 Jahrgang 7 Winter 2004 „Hat je ein Journalist Ella Fitzgerald gefragt, warum sie nicht ihre eigenen Songs schreibt?“ Linda Ronstadt – das Porträt: Seite 9 Aktuelle News, Tourdaten und Neuerscheinungen jeden Freitag neu unter http://www.jazzecho.de Felix Fast Universal Jazz Improvisieren, zu Deutsch: etwas aus dem Stegreif machen, kann einen be- kanntlich oft weiter bringen als starr an Plänen festzuhalten. Heute mehr denn je und in der Jazzwelt allemal, einer Welt, die, seien wir ehrlich, irgendwie paradox ist: Während das Gros der Jazzalben immer noch aus Leidenschaft veröffentlicht wird und nur an Fans ver- kauft, hält das Wort Jazz immer erfolg- reicher als Marketingbegriff für andere Musikgenres (und Autos) her. In Krisen- zeiten der Musikindustrie verkauft Jazz dann aber von Jahr zu Jahr mehr Tonträ- ger, bis in den Multiplatinbereich. Jazz wurde seit dem Siegeszug der Popmusik in den 60er Jahren immer wieder totgesagt und ist als Musikform heute bestimmt trotzdem vitaler als so manche Senioren-Rockshow. Die Vokal- jazz-Renaissance, die ausgerechnet die ausgewiesene Rockdiva Linda Ronstadt mit einläutete, als sie Anfang der 80er Jahre mit mehreren beachtlichen Jazzal- ben überraschte, ist heute auf ihrem Höhepunkt. Mit jungen Künstlern wie Madeleine Peyroux aus den USA oder Jamie Cullum aus Großbritannien haben sich Jazz und Popmusik wieder so an- genähert wie zur kommerziellen Glanzzeit des Jazz in den 50er Jahren. Vielleicht spiegeln alle diese Überra- schungen im Jazz das wider, was ihn eigentlich spieltechnisch ausmacht und am Leben erhält: Improvisation. Da, wo andere Genres früher oder später ins Stocken geraten sind, konnte Jazz immer aus dem unerschöpflichen Potenzial der „instant composition“ schöpfen. Der legendäre Verve-Gründer Norman Granz war in den 40er Jahren vom künstleri- schen Freiheitsdrang der Jam-Sessions geradezu besessen. Wie ein wahnsinniger Schachspieler stellte er verschiedenste Kombinationen von Musikern im Studio auf. ECM-Künstler Stephan Micus reist vor jedem seiner Alben um die Welt, gräbt verschollene Instrumente aus, sucht deren letzte Virtuosen auf und nimmt bei ihnen Unterricht. Die Brazilian Girls haben auf Verve-Forecast eine eklekti- sche Elektronikplatte veröffentlicht, die für Puristen nicht auf einem Jazzlabel erscheinen dürfte. Aber der Aufschrei des Antijazz schallte ja bereits durch die Ära von Bird und Diz, bezeichnenderweise immer genau dann, wenn sich eine neue Generation Musiker von den ausgetrete- nen Pfaden entfernte und wieder anfing zu improvisieren. Heute ist Jazz mehr ein Kulminationspunkt aktueller Musikent- wicklungen als ein klar definierter Stil. Die Musik des unfertigen Menschen im 21. Jahrhundert. Das Leben ist eine Baustelle, und Jazz ist Improvisation. Improvisationstalent Soundcheck Lebenslinie PETER CINCOTTI 1983 Am 11. Juli kommt Peter Cincotti in New York, im Park-Avenue-Appartement seiner Eltern, zur Welt. 1987 Nachdem er sein Spielzeug- klavier, ein Geschenk seiner Oma, ein Jahr lang intensiv bearbeitet hat, bekommt er seinen ersten Unterricht an einem richtigen Klavier. 1990 Nach etlichen Stunden, un- ter anderen bei Wyntons Vater Ellis Marsalis, be- geistert Peter auf seinem ersten Live-Auftritt das Publikum bei einem Harry- Connick-jr.-Konzert. 1999 Peter beginnt zu sin- gen und geht mit Harry Connick jr. auf Tournee. 2003 Sein Debütalbum „Peter Cincotti“, produziert von Phil Ramone, erreicht schon wenige Wochen nach Veröffentlichung in Frank- reich, Japan und den USA Goldstatus. 2004 „On The Moon“ erscheint; der vielseitig begabte Charmeur spielt außerdem eine tragende Rolle in Ke- vin Spaceys Film „Beyond The Sea“ über den Sänger Bobby Darin, der 2005 in unsere Kinos kommt. Madeleine Peyroux

Madeleine Peyroux Peterchens Mondfahrtstatic.universal-music.de/asset_new/155343/195/download/JazzEch… · Westerndiva Linda Ronstadt hat sich – nach einem dreijährigen Flirt

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PETER CINCOTTIOn The Moon06024 9824924

Reinhören leicht gemacht

JazzLink heißt unser neuer Service für alle, die kurz in ein neues Album reinhören wollen. Einfach den JazzLink unter dem entsprechenden Artikel merken und auf unserer Website in das Formular eintippen. Den Real-Player vorausgesetzt, startet die Hörprobe ganz von allein. www.jazzecho.de

Pendant zu Norah Jones gilt, erscheint jetzt sein neues Studioalbum „On The Moon“. „Beim ersten Album sind wir ins Studio gegangen und wussten, dass wir ein straightes Jazzalbum aufnehmen wol-len. Nach drei Tagen waren wir fertig“, erzählt er. „Diesmal haben wir uns drei Monate Zeit gelassen. Da war Platz für alle möglichen Experimente. Ich wusste schon, dass meine eigenen Songs im Mittelpunkt dieses Albums stehen sollten. Deshalb wollte ich Standards wie „St. Louis Blues“ oder „Bali Ha’i“ so spielen, als hätte ich sie selbst geschrieben. Oder zumindest so, als würde ich die Original-versionen nicht kennen. Ich wollte die Geschichte dieser Songs ausradieren.“ Auch diesen letzten Satz könnte man ihm anlasten, hätte er ihn nicht ohne jegliche Ironie in der Stimme gesagt. „Es sind wirklich sehr unterschiedliche Songs und Arrangements und Instrumentationen auf diesem Album“, meint er. „‚Cherokee‘ ist ein ziemlich straightes Jazzinstrumental, beim ‚St. Louis Blues‘ ist sogar Hip-Hop im Groove, der Song ‚On The Moon‘ ist eine Popballade. Es sind verschiedene Genres, aber ich sehe die Verbindung.“ Und überhaupt. „Es war eines der großen Missverständnisse im Zusammenhang mit meinem ersten Album, dass ich ein straighter Jazztyp bin. Kaum jemand merkte der Musik auf diesem Album an, mit was für unterschiedlichen Ein-flüssen ich aufgewachsen bin. Ich bin in Manhattan geboren und aufgewachsen! Ich bin zu Rockkonzerten im Madison Square Garden gegangen und dann zu Broadwayshows, in Blues- und Jazzclubs. Es war immer eine Mischung. Obwohl ich natürlich auch ziemlich eindeutige Phasen hatte. Im Moment steht in mei-ner Plattensammlung Eminem neben Miles Davis und Joni Mitchell. Es ist wie ein geschmacklicher Zickzacklauf.“ Wieder lacht er einmal laut in Richtung Fenster, lehnt sich dann breitbeinig und zufrieden zurück und sucht Augenkon-takt. „Obwohl ich es selbst nicht mehr so sehe“, führt er seinen Gedanken fort. „Vor fünf Jahren dachte ich manchmal: Wie komme ich eigentlich dazu, diese unterschiedlichen Sachen zu mögen?

Aber je mehr Musik ich höre, umso mehr fallen mir die Verbindungen zwischen all diesen Leuten auf, die ich früher nicht im selben Atemzug genannt hätte. Ich höre Phrasierungen bei Eminem, die mir auch im Jazz auffallen. Je mehr man weiß, umso mehr verschwimmen die Grenzen.“ Wie fast jeder Musiker, dem man erst ein Etikett zuteilt, um sich dann zu beschwe-ren, dass er diesem nicht gerecht werden würde, hält Peter Cincotti nichts von mu-sikalischer Kategorisierung. Immer wieder erwähnt er Eminem oder dieses sehr spannende Queen-Album, das er jetzt gerade hört, dazu Maroon 5 oder Sting und natürlich Miles. „Was ist aus der Musik geworden?“, fragt er irgendwann allen Ernstes. „Stand sie nicht mal für das, was man mit Worten allein nicht ausdrü-cken konnte? Wenn Leute mich fragen, wie ich meinen Sound beschreiben wür-de, habe ich ein Problem. Ich habe ein neues Album gemacht, mit einigen sehr persönlichen, eigenen Stücken und sehr persönlich arrangierten Standards. Hört es euch an und findet heraus, ob es euch gefällt oder nicht. Wozu braucht man da ein Etikett?“

Am liebsten wäre es Peter Cincotti na-türlich, auch wenn er es nicht wortwört-lich so ausspricht, wenn er eines Tages als einer dieser genreübergreifenden Künst-ler gelten würde, die, wie seine Idole Ray Charles oder Stevie Wonder, mit ihrem eigenen Namen für ihre eigene Musik stehen. Bis es so weit ist, lotet er neben all seinen musikalischen Ambitionen auch noch seine schauspielerischen Möglich-keiten aus. Nach einem kurzen Auftritt in „Spiderman 2“ stand er neulich in Berlin in einer Hauptrolle für Kevin Spaceys Filmbiografie von Sänger Bobby Darin vor der Kamera. „Ich war fast drei Mona-te lang immer wieder in Babelsberg. Und habe dabei das komplette Gegenteil von meinem Musikerdasein kennen gelernt“, gesteht er lachend. „Beim Film sitzt man hauptsächlich herum und wartet, bis das nächste Set eingerichtet und ausgeleuch-tet ist. Obwohl ich es damals manchmal ganz schön langweilig fand, und es kaum abwarten konnte, endlich wieder auf Tour zu sein, würde ich mir diese Ruhe in meinem eigenen Wohnwagen jetzt manchmal wünschen. Aber man kann eben nicht alles haben.“ Er legt die Stirn in Falten und ergänzt, schwer zu sagen, ob ernsthaft oder ironisch: „Oder doch?“

JazzLink: cincotti

Es ist schon seltsam, hier zu sitzen und darüber zu reden, wie sich mein Leben verändert hat“, sinniert

Peter Cincotti an einem warmen Herbst-tag in Berlin. „Seit eineinhalb Jahren bin ich immer unterwegs, jeden Tag in einer anderen Stadt. Aber man gewöhnt sich dran: aufstehen, reisen, Soundcheck, vielleicht ein kurzes Nickerchen, duschen, zum Gig oder Interview und ab ins Bett. Und am nächsten Tag von neuem. Dabei kann ich mich noch sehr gut daran erin-nern, als es mir knapp vorkam, wenn ich nur drei Wochen Zeit hatte, mich neben dem Studium auf einen Auftritt vorzube-reiten.“ Er lacht in Richtung Fenster, aber doch in sich hinein. Und anscheinend weniger über den Lauf der Dinge als über sein persönliches Glück. Mit einer nervö-sen Geste schiebt er sich die Hemdsärmel zum Ellenbogen und fährt sich dann mit der rechten Hand durch die Haare. „Jetzt kann ich das alles im Schlaf“, sagt er und sieht sein Gegenüber zum ersten Mal richtig an. „Und genau darum geht es ja: Dass man immer wieder etwas findet, das dem Publikum und einem selbst den Auftritt interessant macht. Das klappt im-mer noch: Ich langweile mich bei meinen eigenen Shows nie.“ Den letzten Satz könnte man dem 21-jährigen Pianisten und Sänger mit ein wenig weniger Ironie in der Stimme als komplimentfischende Untertreibung auslegen. Wer ihn live erlebt hat, schreibt Beifall. „Sensationell“ fand ihn etwa die „Daily News“, „The real deal“ urteilte der „Boston Globe“ und „Vanity Fair“ betitelte ihn gar als „Jazz Wunderkind“. Kollegen von Harry Connick Jr., der ihn schon mit sieben für ein Gastfeature zu sich auf die Bühne hol-te, über seinen langjährigen Lehrer Ellis Marsalis bis zu seinem Produzenten Phil Ramone, loben seine musikalische Ernst-haftigkeit, seine technische Reife und swingende Spielfreude. Auch hierzulande sorgte der smarte Jüngling schon im Zu-sammenhang mit seinem ersten Album für einigen Wirbel.

Nach einigen goldenen Schallplatten in den USA, wo man ihn als Hoffnungsträ-ger des neuen „Rat Pack“ feiert, und vor allem in Frankreich, wo er als männliches

Peterchens MondfahrtAuf dem Mond ist die Welt noch in Ordnung. Mit „On The Moon“ präsentiert sich der singende

Pianist PETER CINCOTTI als insgeheimer Agent zwischen Jazz und Pop.

Intro Classics Details Call & Response Porträt Planet Jazz Feedback X-Mix

JetztneuAuch diesmal ab Seite 2: die inte-ressantesten Neuveröffentlichun-gen, unter anderem von Tryg-ve Seim, Jamie Cullum, Ste-phan Micus und dem Vienna Art Orchestra.Nur einmal im Jahr gibt es den Jazz Echo-Jahresrückblick, den Sie ab Seite 2 am unteren Seitenrand finden und der alle wichtigen CDs des Jahres noch einmal vorstellt.

Wieder daAb Seite 4 verwöhnen wir Sie diesmal gleich auf zwei Seiten mit den interessantesten Wiederver-öffentlichungen. Dazu gehören die kompletten Jam-Sessions von Verve-Gründer Norman Granz, 15 CD-Veröffentlichungen der legendären LP-Serie „Free America“, fünf echte Sternstunden des Jazz auf SACD und einiges mehr.

Darf’s ein Detail mehr sein?Diesmal auf zwei Seiten ab Seite 6: ein beliebter JazzEcho-Standard für Verleger von Jazz-Enzyklopädien und alle anderen, für die auch kleine Informationen große Bedeutung haben; alle Musiker, alle Tracks und vieles weitere Lesenswerte über alle Titel, die im Heft vorgestellt werden, und einige mehr, für die keine Zeit oder kein Platz mehr war.

Nach Paris, der Mucke wegen

Diesmal im JazzEcho- In-ter view: Terry Callier und Madeleine Peyroux, zwei Amerikaner mit großer Lie-be zur Stadt der Liebe, auf Seite 8.

Even Cowgirls Get The JazzDie einstige Country- und Westerndiva Linda Ronstadt hat sich – nach einem dreijährigen Flirt in den frühen 80er Jahren – nun ernsthaft in den Jazz ver-guckt. Auf Seite 9 erzählt sie im JazzEcho-Porträt, warum sie sich im Jazz genauso zu Hause fühlt wie am Broadway, beim Squaredance oder im Kreise einer Mariachi-Band.

Verfeindete VogelspinnenAus herstellungstechnischen Grün-den diesmal auf Seite 12: die große Presseschau im JazzEcho. Toprezensenten nationaler Toptitel besprechen Topveröffentlichungen internationaler Toptalente. Dies-mal mit von der Partie sind Jan Garbarek, Khaled, Ex-Undergroundstar und Neu-Pianosolist Gonzales und MPS Jazz ReWorks.

Schmutziger TangoWie groß das Spektrum dessen ist, was man noch Jazz nennen darf oder noch Jazz nennen muss, zeigen die neuen Veröf fent-lichungen auf zwei Seiten ab Seite 10. Der afrikanische Afrobeat-Generalerbe Femi Kuti trifft hier auf die New Yorker Brazilian Girls, der Brasilianer Chico Buar que auf den Amerikaner Joe Sample – und das ist noch längst nicht alles.

Merry X-Mix! Neben Lesestoff diesmal mit gro-ßem Adventskalender. Einfach die letzte Seite auf schlagen, ins Inter-net gehen und jeden Tag eine CD gewinnen.

world’s best-sounding newspaper

Ausgabe 4Jahrgang 7Winter 2004

„Hat je ein Journalist Ella Fitzgerald gefragt, warum sie nicht ihre eigenen Songs schreibt?“Linda Ronstadt – das Porträt: Seite 9

Aktuelle News, Tourdaten und Neuerscheinungen jeden Freitag neu unter http://www.jazzecho.de

Felix FastUniversal Jazz

Improvisieren, zu Deutsch: etwas aus dem Stegreif machen, kann einen be-kanntlich oft weiter bringen als starr an Plänen festzuhalten. Heute mehr denn je und in der Jazzwelt allemal, einer Welt, die, seien wir ehrlich, irgendwie paradox ist: Während das Gros der Jazzalben immer noch aus Leidenschaft veröffentlicht wird und nur an Fans ver-kauft, hält das Wort Jazz immer erfolg-reicher als Marketingbegriff für andere Musikgenres (und Autos) her. In Krisen-zeiten der Musikindustrie verkauft Jazz

dann aber von Jahr zu Jahr mehr Tonträ-ger, bis in den Multiplatinbereich.

Jazz wurde seit dem Siegeszug der Popmusik in den 60er Jahren immer wieder totgesagt und ist als Musikform heute bestimmt trotzdem vitaler als so manche Senioren-Rockshow. Die Vokal-jazz- Renaissance, die ausgerechnet die ausgewiesene Rockdiva Linda Ronstadt mit einläutete, als sie Anfang der 80er Jahre mit mehreren beachtlichen Jazzal-ben überraschte, ist heute auf ihrem Höhepunkt. Mit jungen Künstlern wie

Madeleine Peyroux aus den USA oder Jamie Cullum aus Großbritannien haben sich Jazz und Popmusik wieder so an-genähert wie zur kommerziellen Glanzzeit des Jazz in den 50er Jahren.

Vielleicht spiegeln alle diese Überra-schungen im Jazz das wider, was ihn eigentlich spieltechnisch ausmacht und am Leben erhält: Improvisation. Da, wo andere Genres früher oder später ins Stocken geraten sind, konnte Jazz immer aus dem unerschöpflichen Potenzial der „instant composition“ schöpfen. Der

legendäre Verve-Gründer Norman Granz war in den 40er Jahren vom künstleri-schen Freiheitsdrang der Jam-Sessions geradezu besessen. Wie ein wahnsinniger Schachspieler stellte er verschiedenste Kombinationen von Musikern im Studio auf. ECM-Künstler Stephan Micus reist vor jedem seiner Alben um die Welt, gräbt verschollene Instrumente aus, sucht deren letzte Virtuosen auf und nimmt bei ihnen Unterricht. Die Brazilian Girls haben auf Verve-Forecast eine eklekti-sche Elektronikplatte veröffentlicht, die

für Puristen nicht auf einem Jazzlabel erscheinen dürfte. Aber der Aufschrei des Antijazz schallte ja bereits durch die Ära von Bird und Diz, bezeichnenderweise immer genau dann, wenn sich eine neue Generation Musiker von den ausgetrete-nen Pfaden entfernte und wieder anfing zu improvisieren. Heute ist Jazz mehr ein Kulminationspunkt aktueller Musikent-wicklungen als ein klar definierter Stil. Die Musik des unfertigen Menschen im 21. Jahrhundert. Das Leben ist eine Baustelle, und Jazz ist Improvisation.

ImprovisationstalentSoundcheck

Lebenslinie PETER CINCOTTI

1983

Am 11. Juli kommt Peter

Cincotti in New York, im

Park-Avenue-Appartement

seiner Eltern, zur Welt.

1987

Nachdem er sein Spielzeug-

klavier, ein Geschenk seiner

Oma, ein Jahr lang intensiv

bearbeitet hat, bekommt

er seinen ersten Unterricht

an einem richtigen Klavier.

1990

Nach etlichen Stunden, un-

ter anderen bei Wyntons

Vater Ellis Marsalis, be-

geistert Peter auf seinem

ersten Live-Auftritt das

Publikum bei einem Harry-

Connick-jr.-Konzert.

1999

Peter beginnt zu sin-

gen und geht mit Harry

Connick jr. auf Tournee.

2003

Sein Debütalbum „Peter

Cincotti“, produziert von

Phil Ramone, erreicht

schon wenige Wochen nach

Veröffentlichung in Frank-

reich, Japan und den USA

Goldstatus.

2004

„On The Moon“ erscheint;

der vielseitig begabte

Charmeur spielt außerdem

eine tragende Rolle in Ke-

vin Spaceys Film „Beyond

The Sea“ über den Sänger

Bobby Darin, der 2005 in

unsere Kinos kommt.

Neben Lesestoff diesmal mit gro-

Madeleine Peyroux

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2004Pianist FRANK CHASTENIER zeigte auf „For You“, wie man sich auch mitleisen Tönen sehr viel Gehör verschaffen kann.

Mit einem späten, aber dafür umso be-geisterter gefeierten Debütalbum sorgte der 36-jährige Pianist Frank Chastenier in der deutschen Jazzszene für Schlag-zeilen. „For You“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie man sich mit leisen, unauf-dringlichen Tönen sehr viel Gehör ver-schaffen kann. „Dass der langgediente Musiker der WDR-Bigband erst jetzt mit einem eigenen Album an die Öffent-lichkeit tritt, erstaunt allerdings schon ein wenig“, formulierte es die „Syker Zeitung“. „Hat man dann aber die ers-ten Stücke von ‚For You‘ gehört, kann man sich über die Geduld des Pianisten nur freuen. Solch mutig unspektakuläre Intimität braucht Zeit und Reife. Der

Musiker wirft seine ganze Erfahrung in die Waagschale, um jegliche Oberfläch-lichkeit und effektreiche Inszenierung zu vermeiden.“ – „Romatik pur. Mit diesen zwei Worten ist (fast) alles gesagt zu Frank Chasteniers Liebeserklärung ‚For You‘“, meinte „Audio“. „Begleitet von Bass und Drums, gibt sich der Pianist der WDR-Bigband den Melodien hin – und dies fernab vom Kitsch: etwa in seinen auch klanglich raffiniert ausba-lancierten Variationen von Grönemeyers ‚Mensch‘ oder Hildegard Knefs ‚Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen‘.“ Die „Jazzthetik“ nannte „For You“ so-gar „das vielleicht wichtigste deutsche Jazzalbum seit zehn Jahren“.

F E B R U A R

Seite 2 Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Intro

Warum heute tun, was man auf morgen verschieben kann? JAMIE CULLUM

Geschichten vom faulen Dynamo Zeitloses Entertainment an historischem Ort: Die DVD „JAMIE CULLUM – Live At Blenheim Palace“ dokumentiert die einzigartige Live-Show des singenden Piano-Superstars.

Der Palast von Blenheim steht im britischen Woodstock, et-wa acht Meilen von Oxford entfernt. Es ist ein riesenhafter,

turmreicher Bau, der einzige in England, der als „Weltkulturerbe“ gilt. Man hat von dort einen herrlichen Blick über eine weite, grüne Hügel- und Seenlandschaft. Etwas mit Namen Blenheim ist allerdings nicht in Sicht. John Churchill, daraufhin erster „Duke of Marlborough“, bekam den Landstrich und einen dort zu errich-tenden Palast dereinst von seiner dank-baren Königin Anne geschenkt, weil er ihr am 13. August 1704 die Schlacht bei Höchstädt gegen die Franzosen gewon-nen hatte. Und zwar in der Nähe eines bayrischen Donaudörfchens namens Blindheim. Was tatsächlich im Angelsäch-sischen ein wenig wie „Blenheim“ klingt und im Palastnamen sowieso besser als vielleicht „Palace of Höchstädt“. Oder etwa „Blindheim Palace“. Historiker kennen das Marlborough’sche Gemäuer – übrigens fertiggestellt aus der eigenen Schatulle des Duke, nachdem der bei der Königin in Ungnade gefallen war – auch als Geburtsort von Winston Churchill. Bri-tische Musikliebhaber feiern den Palasthof seit kurzem als einen der schönsten und beeindruckendsten Open-Air-Konzert-plätze des vereinigten Königreichs. Zur Eröffnung der Reihe „Live At Blenheim Palace“, die in diesem Jahr überhaupt zum ersten Mal veranstaltet wurde, gab Jamie Cullum dort, wie er selbst meint, „vielleicht das denkwürdigste Konzert meines Lebens“. Glücklicherweise wurde der gesamte Abend für eine jetzt erschei-nende DVD mitgeschnitten.

Jamie Cullum betritt die Bühne mit einem Glas Rotwein in der Hand. Lachen mischt sich unter den Applaus, als er den Tausenden von Fans zuprostet. Im nächs-ten Moment tauscht er das Glas gegen ein Mikrophon und beginnt zu singen. Das Intro zu „I Get A Kick Out Of You“. A cappella, na-türlich. Das

JAMIE CULLUMLive At Blenheim Palace986 7534

Trygve Seims Solodebüt „Different Rivers“ war eines der herausra-genden Newcomer-Jazzalben der

letzten Jahre. Die internationale Presse jubelte, die deutsche ehrte ihn mit dem Jahrespreis der Deutschen Schallplat-tenkritik. Heute könnte den 33-Jährigen Norweger die Kehrseite des Ruhmes einholen: die hohen Ansprüche von Fans, Medien und vom Künstler selbst an das „schwierige zweite Album“. Seim wurde vor drei Jahren von den Medien als Star des jungen norwegischen Jazz ausgeru-fen. „Der ECM-Sound ist meine Ästhetik“, schreibt er selbstbewusst im Presseheft zu „Sangam“, das ihn zur zentralen Figur der „zweiten Generation norwegischer Musiker“ erklärt. Die zweite Generation der „leisen musikalischen Revolution“, die ECM in den 70ern und 80ern unter-nahm. Und diese Revolution frisst nicht ihre Kinder. Auch wenn Seim nach seinem überraschenden Erfolg mit dem Klischee

Der letzte nordische Schrei

Das schwierige zweite Album gemeistert: TRYGVE SEIM

TRYGVE SEIMSangam00440 0381222

Wie alle skandinavischen Saxophonisten wird auch TRYGVE SEIM mit Jan

Garbarek verglichen. Nicht ganz zu

Unrecht, aber auch nicht ganz zu Recht.

des Jan-Garbarek-Nachfolgers zu kämpfen hatte. Auf „Sangam“ erinnern nun weite Strecken mehr an zeitgenössische Musik von Görecki und Pärt als an Garbareks ECM-Jazz der frühen 80er Jahre. Der „nordische Schrei“ ist ein Teil von Seims Repertoire, mehr aber auch nicht. Stilerweiternd hat sich auf seiner zweiten CD die Besetzung Frode Haltlis am Ak-kordeon ausgewirkt, eines Improvisators zwischen Jazz, Avantgarde und der Folk-tradition Norwegens. Ebenso ein Genre-Grenzgänger ist der Cellist Morten Han-nisdal, Mitglied des Cikada Quartetts (mit dem Trygve Seim und seine Band The Source vor einigen Jahren ein Album pro-duzierten). Starker Solist des Albums mit einigen überwältigenden Momenten ist der Trompeter Arve Henriksen. Seims Ar-rangements heben jedoch immer wieder die Trennung zwischen Solisten und Be-gleitung auf, sein Ineinanderblenden der verschiedenen Stimmen des Ensembles

VIENNA ART ORCHESTRABig Band Poesie06024 9867710

Paraphrasierungen und Zitate gehörten ja schon immer zu den üblichen

Mitteln des Komponierens. Was aber entsteht, wenn der Bigbandleader Mathias Rüegg sprachliche Zitate berühmter amerikanischer Bigbandleader zu musikalischen Instrumen-talstücken umschreibt? Me-tasemantische Synergien? Oder einfach interessante Bigbandmusik, inspiriert diesmal durch die Lebensphi-losophie von Männern, deren Hipness kein Lebensstil, sondern eine „Tatsache des Lebens“ war, wie es Cannonball Ad-derley einmal ausdrückte – wieder ein Zitat. Man könnte hier all diese großen markanten Sätze von Don Ellis, Sun Ra, Quincy Jones, Gil Evans, Thad Jones, Lio-nel Hampton oder Stan Kenton anführen, aber das wäre so gemein, wie jemandem das Ende eines Films zu erzählen, bevor er ihn gesehen hat. Und spannend sind die zwölf neuen Titel auf dem Album „Big Band Poesie“ des Vienna Art Orchestras allemal. Rüeggs Kompositionen leben

Große Leader, große WorteMathias Rüegg und sein VIENNA ART ORCHESTRA zitie-ren im wörtlichen Sinne die amerikanischen Bigbandleader.

durch zusätzliche elektronische Elemente jenseits jeglicher Hall-of-Fame-Nostalgie. Er achtete darauf, dass sein „Flaggschiff des europäischen Jazz“, offizieller Kul-turbotschafter Österreichs, noch genug avantgardistisches Wiener Blut verströmt.

Gast auf dem neuen Album ist der brasilianische Gitarrist und Perkussion-ist Alegre Corrêa, der dem mittlerweile schon klassischen Sound des Vienna Art Orchestra neue Farben verleiht, die hochkarätigen Solisten auf poetische Weise dazu auffordert, andere Wege zu beschreiten. „Big Band Poesie“, erschie-

Publikum harrt in erwartungsvoller Span-nung aus, um in Begeisterung auszubre-chen, als auch der Rest der Band einsetzt. Die Stimmung ist gut, sehr gut sogar. Kaum zu steigern, denkt man. Von we-gen. Langsam, aber sicher, gekonnt und kontinuierlich, baut der „Zirkuszwerg“ (Jamie über Jamie) an diesem Abend die Stimmung auf. Er macht „Frontin‘“, sein gern gehörtes Cover des Hip-Hop-Hits der Neptunes, zum ausgiebigen Jazz-Jam. Er zeigt auf einen kleinen Orientteppich, der direkt vor seinem Gesangsmikro liegt. „Britney Spears hat in ihrer Liveshow Schlangen und Lesben“, sagt er. „Ich ha-be nur diesen alten Teppich von meiner Oma.“ Er singt „God Only Knows“ von den Beach Boys in einem Eleanor-Rigby-artigen Arrangement für Streichquartett. Jamie, der selbst angeblich nichts so gut kann, wie faul zu sein, stellt seine neue „Hymne der Faulen“ vor, „Why Do Today What You Can Do Tomorrow?“, einen schönen Singer/Songwriter-Song zur ei-genen Gitarrenbegleitung. Ein Mädchen aus dem Publikum ruft: „I love you.“ Er entgegnet: „I love you too, Mum!“ Natürlich spielt er bei „Next Year Baby“ ein perfektes Perkussion-Solo auf seinem Flügel und geht später zu „Singing In The Rain“ durchs Publikum. Fast zwei Stunden lang gibt der Wuschelkopf im Bulldog-gen-T-Shirt wirklich alles. Unterstützt von seiner Band mit Geoff Gascoyne, den Jamie auch als Arrangeur und Orga-n i s a t o r l o b t , am

Bass und Sebastiaan de Kromm am Schlagzeug. Dazu kommen Barnaby Di-ckinson an der Posaune, der Trompeter John Hoare, Saxophonist Ben Castle, Gitarrist Malcolm MacFarlane, und das British Session Orchestra. In bester Ton-qualität aufgezeichnet und mit acht Ka-meras gefilmt, die sich erstaunlicherweise nie in die Quere kommen.

Zwischen den Konzertsequenzen dieser DVD finden sich sechs filmische Features, von „A Love Supreme“ bis „Plymouth Concert“, die den kleinen Mann hinter dieser großartigen Musik beleuchten. In Interviews und Backstage-Reportagen erfährt man alles Mögliche und Un-mögliche. Einmal bezeichnet er sich als „Jazz-Prostituierte“ und erklärt: „Meine Musik ist kein purer Jazz. Sie kommt aus einer Pop-Perspektive. Es ist populäre Musik. Und Jazz hat seinen Platz in der populären Musik.“ Später begründet er seine Liebe zum Jazz mit seiner eigenen Experimentierfreudigkeit, und erzählt im-

mer wieder, wie er mit seiner Ver-sion von „Smells Like Teen Spirit“ Mädchen verführt hat. Es gibt

Berichte über seine US-Tour und seinen ersten Auftritt beim Glastonbury

Festival im Jahre 2000. Außerdem gesteht Jamie Cullum seine Faszination mit der „Beat Generation“, besonders Jack Kerou-ac und dessen Roman „Unterwegs“, und unterzeichnet freudig erregt die T-Shirts seiner weiblichen Fans, besonders eines

mit der „It Ain’t Necessarily So“-zitierenden Aufschrift: „Jamie is

small … but oh my!“. Es macht Spaß, dem mittlerweile welt-weit erfolgreichen Entertainer zuzusehen. Er ist sympathisch und wirkt absolut ehrlich und

echt, egal ob hinter oder auf der Bühne. „Ich habe immer nur um

der Musik willen Musik gemacht und mich dabei nie um eine mögliche Karriere gekümmert“, sagt er irgendwann auf dieser DVD. „Das war wahrscheinlich

die beste Art, mich auf mei-ne Karriere vorzubereiten.“

JazzLink: cullum

lässt Vergleiche mit der Arbeit von Gil Evans aus den 50er Jahren zu. Unterstützt wird Trygve Seim dabei auch von einem Streicherensemble, das von Christian Eggen geleitet wird. Mit dem Albumtitel, Sanskrit für „Zusammenfließen“, artiku-liert Trygve Seim, dass er sich auch von außermusikalischen Ideen hat inspirieren lassen. So atmosphärisch und eingängig es auch ist, erschließt doch jedes wieder-holte Anhören von „Sangam“ ungeahnte, bewegende Tiefen seines neuen Nordens. Herausragend wie auf seinem Debüt, ist Trygve Seim zwar kein unbeschriebenes Blatt mehr, aber er hat noch lange nicht sein Blatt verspielt. JazzLink: seim

nen im 28. Jahr der Gründung des Vienna Art Orchestra, wurde im Herbst auf einer großen Europa- und Südamerika-Tournee präsentiert. Wer die Chance hatte, Rüegg kürzlich mit seinem Ensemble im Berliner Tipi oder der Essener Philharmonie zu er-leben, wird empfunden haben, wie indi- viduell die neuen Titel auf die Solisten zu-geschnitten worden sind. Herausragend und verblüffend auf der CD ist die Inter-pretation des Zitats: „Unsicherheit ist das Geheimnis ewiger Jugend“, die bei Rüegg zu einer elegischen Bestandsaufnahme der heutigen konsumistischen Welt aus-holt, einer Welt, die sich sarkastisch zur Gewalt bekennt. Das lyrische Ich dieses Songs, gesungen von Anna Lauvergnac, ist ein quer denkender Charakter, der die-se Welt nicht für ein Auto oder schönes Outfit hinnehmen will. Rüegg gibt einem genug Anstöße, sich in den Inhalt einzel-ner Sätze beim Anhören der Titel seines Albums zu vertiefen. Sie erzählen dem Hörer aus diesen Sätzen ganze Geschich-ten. Am Ende sind das keine Zitate mehr, sondern eigene Geschichten, und das ist vielleicht das Faszinierendste an dieser CD. JazzLink: vao

Das VIENNA ART ORCHESTRA beim Zitat

FRANK CHASTENIER

WAS WAR LOS IM JAHR 2004? DER JAZZECHO-JAHRESRÜCKBLICK VERRÄT’S, MONAT FÜR MONAT:

2004Nach fünf Jahren Pause meldete sich PACO DE LUCÍA mit einem Album zurück, das nicht wenige Kritiker für sein bestes halten.

Sein letztes Album „Luzia“ hatte der in Mexiko lebende andalusische Gitar-renvirtuose Paco de Lucía 1999 kurz nach dem Tod seiner Mutter Luzia fertig gestellt und dieser gewidmet. Danach zog sich der Künstler, der von jeher ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter hatte, fünf Jahre lang zurück, um den Schmerz zu verarbeiten und über das Leben zu reflektieren. Erst Anfang 2004 ließ er wieder von sich hören: „Cositas Buenas“, für das er kürzlich einen Latin Grammy erhielt, präsentierte den gereiften Paco – wie Detlev Bork in „Stereoplay“ schrieb – „weicher, lyrischer“ und „orientiert sich dabei stärker am traditionellen Fla-

menco als zuletzt“. Alexander Schmitz bezeichnete es im „JazzPodium“ gar als „ein Wunder, ein großes Wunder“ und schrieb: „Fünf Jahre schöpferische Stille, dann die Eruption eines Vulkans. Dies ist ein Naturschauspiel und höchste Kunst zugleich, intellektuell auf eine Ebene ge-schoben, die jedem anderen Flamencis-ten, ob orthodox oder nicht, ein Buch mit sieben Siegeln bleiben muss: Paco de Lucía (56), inzwischen vollbärtig, ist wieder da, und wirklich: Er kommt wie ein Sturm. Sein ‚neuer‘ Flamenco […] ist von oft nahezu unerträglicher Intensi-tät, komplex wie nie, suggestiv wie nie, aber auch – kein Widerspruch – so dicht an der andalusischen Seele wie nie.“

PACO DE LUCÍA

J A N U A R

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ANJA LECHNER,VASSILIS TSABROPOULUSChants, Hymns And Dances06024 9819613

Seite 3Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Intro

Klänge ferner LänderSchier endlose Melodien säuselt das Cello, das Klavier setzt exotische Akkorde wie Erinnerungen an die Klänge ferner Länder: Keine zwei Sekunden hört man „Chants, Hymns and Dances“, und schon fühlt man sich wie im fernen Orient. Das liegt natürlich an der Musik von George Ivanovitch Gurdjieff, der um 1900 jahre-lang durch Asien und den Orient reiste auf der Suche nach den ewigen Wurzeln der Musik. Was er gefunden und in den eige-nen Stücken verarbeitet hat, klingt mal nach byzantinischen Chorälen, mal nach den Tänzen seiner kaukasischen Heimat – aber immer nimmt es einen sofort ge-Katalog?

Als besonderen Service für alle JazzEcho-Leser haben wir einen begrenzten Vorrat des Univer-sal-Jazzkatalogs 2004/2005 er-gattern können. Er enthält alle zurzeit verfügbaren Titel aller Universal-Jazz-Label. Um Ihr Exemplar zu erhalten, schicken Sie bitte 2,20 Euro in losen Briefmarken (ohne Umschlag) mit Ihrer Adresse an folgende Anschrift. Der Versand erfolgt in der Reihenfolge der Bestel-lungen.

Bitte schreiben Sie an:

UNIVERSAL JAZZ „JAZZKATALOG“ STRALAUER ALLEE 1 10245 BERLIN

Im japanischen Zen-Buddhismus gibt es unzählige Koans, rätselhafte Sätze, über die ein ganzes Leben lang medi-

tiert wird: „Wie sahst du vor der Geburt deiner Eltern aus?“ oder „Wie klingt das Klatschen einer einzelnen Hand?“ Koans stellen dem rationalen Denken Fallen, und vielleicht sind sie von manchen Westlern gerade deswegen so begeistert aufgenommen worden. 1977, als der Buddhismus im Westen noch sehr viel unbekannter war als heute, veröffentlich-te der Komponist, Multiinstrumentalist und Klangsucher Stephan Micus ein viel beachtetes Album mit dem Titel „Koan“. Dem unerschöpflichen Rätsel des Lebens ist er nun auf seiner neusten CD „Life“, einer Komposition aus 10 Teilen, erneut musikalisch nachgegangen. „Die Heraus-forderung war, in einer Komposition ein Rätsel aufzugeben“, erklärt Micus sein Album, ohne es damit rational erklären zu wollen. Ein „symmetrisches“ Rätsel, dessen „Antwort am Anfang und Ende der Komposition gleich ist. Um es zu lösen, entwickelt sich die Komposition vom Komplexen zum Einfachen. Der erste längere Teil, ‚Narration One And The Master’s Question‘, ist komplexer als alles andere, das ich bisher geschrie-ben habe“, schildert Micus. „Das finale Stück ‚The Master’s Answer‘ besteht nur noch aus Solostimme. Diese Entwicklung zur Einfachheit bedeutet eine Art von Evolution für mich, wie sie sich auch in den Lebenserfahrungen vieler Menschen widerspiegelt, die sich auf spirituelle Pfa-de begeben. Daher habe ich das Album ‚Life‘ genannt.“ Stephan Micus ist ein musikalischer Marco Polo und ein musi-kologischer Bernhard Grzimek. Wie die Kenner seiner bisherigen 15 CDs auf ECM erraten, hat ihn auch hier seine sprich-wörtliche Wanderlust gepackt, vor allem in den Orient: nach Indien, Tibet, Burma, Thailand und Japan. Zweieinhalb Jahre nach seinem letzten Album „Towards The Wind“ folgt Micus mit seiner Adaption von fremden Klangschalen, Mundorgeln oder Blechflöten jener musikalischen Sinn-suche, die ihn so eigen- und einzigartig gemacht hat, und die hier mit der Zither seiner Heimat Bayern nach Hause findet. Gäbe es Orden für die Rettung bedrohter Instrumente, Micus hätte schon etliche. Auf „Life“ macht er dem Hörer zwei ge-rade von ihm neu entdeckte Instrumente zugänglich: Die „Maung“, ein Set von 40 gestimmten Bronze-Gongs aus Burma, und die „Bagana“, eine altertümliche

Vergessene SaitenAuf seinem neuen Album „Life“gibt STEPHAN MICUS nicht nur Rätsel auf, sondern entdeckt auch fast ausgestorbene Instrumente neu.

Mann mit Bagana: STEPHAN MICUS

STEPHAN MICUSLife06024 9818811

1A EP von RH

Hat Kraft: ROY HARGROVE

THE RH FACTORStrength EP06024 9863348

Die sechs Stücke der „Strength EP“ sind bisher unveröffent-lichte Aufnahmen der „Hard Groove“-Sessions von Roy Hargroves THE RH FACTOR. Und eine gute Dreiviertel-stunde zukunftsweisender Partymusik.

an den Tracks zum nächsten Album arbei-ten, diese „Strength EP“. Darauf gibt es immerhin einige der „übrig gebliebenen“ Aufnahmen zu hören. Das afrobeatende „Rich Man’s Welfare“, schon im Titel ein Tribut an Fela Kuti. Den Jamband-Jazz-funk von „Bop Drop“, ein kraftstrotzen-des Improvisationsfeuerwerk mit besten Live-Qualitäten. Den entspannt span-nenden Souljazz von „Strength“. Sowie ein grandioses Cover des Eddie-Harris-Klassikers „Listen Here“. Dazu kommen zwei Produktionen des „Soulfeast“-Teams von Brian Bacchus und Joe Claussell: der treibende Groove von „For Fun“, eigent-lich ein Remix des „Common Free Style“, unter anderem mit Vocals des britischen Soulstars Omar, und das zehnminütige Discofunkjuwel „Universe“, irgendwo in der Schnittmenge von Roy Ayers Ubiquity und „Oneness Of Juju“, mit Leadvocals von Roy Hargrove selbst. Die Stärke von „Strength“ liegt sicher darin, wie eigen-ständig diese sechs Stücke für sich stehen und wie nahtlos sie an die Musik von „Hard Groove“ anknüpfen. Was dem ei-nen Fortsetzung ist, macht dem anderen vielleicht erst Appetit auf Roy Hargrove und seinen RH Factor. JazzLink: factor

ZUM TOD VON HANS GEORG BRUNNER-SCHWER

Innerhalb von nur vier Jahren hat die deutsche Jazzszene ihre beiden wohl bedeutends-ten Impresarios verloren: Nach Joachim Ernst Berendts Unfalltod im Februar 2000 starb Hans Georg Brunner-Schwer in seiner Heimatstadt Villingen an den Folgen eines Auto-unfalls. Wie Berendt wurde auch Brunner-Schwer 77 Jahre alt. Die deutsche und inter-nationale Jazzgeschichte prägte der Industriellen- und Musikersohn vor allem von 1958 bis 1983, als er auf den beiden Plattenlabels SABA und MPS neben etlichen anderen Musikeinspielungen der verschiedensten Gattungen auch über 500 Alben mit hochka-rätiger und richtungsweisender Jazz- und Weltmusik veröffentlichte. Selbst nachdem er sich offiziell aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, stand Brunner-Schwer Universal Jazz bei den liebevollen MPS-Wiederveröffentlichungen auf CD mit Rat, Tat und anste-ckendem Enthusiasmus zur Verfügung. Zwar hatte Brunner-Schwer das Startkapital für seine Unternehmungen im Jazz geerbt (weshalb er scherzhaft auch „Millionen-Schwer“ genannt wurde), seine überragenden Fähigkeiten als Tontechniker und Musikproduzent musste er sich aber wie jeder andere hart erarbeiten. Unter Jazzmusikern genoss Brunner-Schwer, der die englische Sprache nur leidlich beherrschte, auch in Amerika einen hervorragenden Ruf: Sie schätzten ihn nicht nur als Produktionspartner, sondern auch als großzügigen Gastgeber und vor-urteilslosen Freund. Die Redaktion trauert mit Jazzfans und -musikern in aller Welt um eine große Persönlichkeit und einen echten Pioniergeist.

Jazz is the teacher, funk is the preacher“, wie es James „Blood“ Ulmer formulierte. Kaum ein Jazzer der mo-

dernen Schule, von Dizzy Gillespie, über Herbie Hancock bis Miles Davis, der seine Lehre nicht auch mal mit einer Lektion in Funk gepredigt hätte. Roy Hargrove, vielleicht der innovativste und charis-matischste Musiker der neuen Jazzge-neration, hat diesem Kanon mit seinem im Sommer letzten Jahres erschienenen Album „Hard Groove“ ein eindrucksvolles Exempel hinzugefügt.

Gemeinsam mit Freunden wie D’Angelo und Erykah Badu, denen er oft genug die Hornparts eingeblasen hatte, und Kollegen von Q-Tip und Common, über Karl Denson, Cornell Dupree und Steve Coleman bis zu den „Soulaquar-ians“ James Poyser und Pino Palladino entstand ein Meilenstein des modernen Funk. Ein groovendes Wunderwerk und unfehlbares Partyprogramm mit allerlei funkverwandten Ingredienzen von Afro-beat, über Hip-Hop bis Soul. Oder, wie es der Aufkleber auf der CD stolz verkün-dete, „eine organische musikalische Stra-ßenparty an der Ecke von Hip-Hop und Bop“. Doch von den 25 dafür aufgenom-menen Songs – eigentlich war das Album als Doppel-CD geplant – erschienen schließlich nur 14. Was, so fragten sich bald schon über 100.000 „Hard Groove“-Käufer, würde mit den übrigen elf ge-schehen? Die Antwort gibt jetzt, während Roy Hargrove und sein Kollektiv noch immer auf Tour sind und trotzdem schon

fangen. Nach Gurdjieffs Tod geriet seine Musik in Vergessenheit, bis Keith Jarrett sie mit seinem Album „Sacred Hymns of G. I. Gurdjieff“ einem größeren Publikum vorstellte. Nun widmen sich Anja Lechner und Vassilis Tsabropoulos mit viel Engage-ment Gurdjieffs Andenken. Die deutsche Cellistin und der griechische Pianist und Komponist betonen die offenen Kompo-nenten der Musik. Improvisation ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Einspielung, die nahezu ohne Tonschnitte auskommt. Gerahmt von den „Chants From A Holy Book“ interpretieren die beiden elf Minia-turen des Meisters und fünf Ergänzungen

äthiopische Leier, die traditionell von den Sängern der äthiopischen orthodoxen Kirche, einer urchristlichen Sekte, gespielt wurde, um Gebet und Meditation zu begleiten, und von daher nie besonders an die Öffentlichkeit drang. Mythologisch die „Harfe Davids“, kam die Bagana vor Jahrtausenden von Israel nach Äthiopien. Heute ist sie vom Aussterben bedroht. „Im Januar 2000 fuhr ich nach Addis Abeba, um dort die Bagana beim Meis-termusiker Alemu Aga zu lernen“, erzählt Micus. „Die Bagana hat zehn Saiten, aber es werden nur fünf davon benutzt, was ich sehr merkwürdig fand. Als ich meinen Lehrer nach den anderen fünf Saiten frag-te, sagte er achselzuckend, dass man ver-gessen hatte, wie diese zu stimmen wä-ren. Also modifizierte ich das Instrument

Der 2001 verstorbene Schlagzeuger Billy Higgins hat in über 50 Karrierejah-ren nie das Scheinwerferlicht gesucht, sondern stets im Hintergrund agiert. Deshalb erschienen unter seinem Na-men nur wenige Aufnahmen. Die letzte machte er kurz vor seinem Tod im Duo mit dem Saxophonisten Charles Lloyd, und sie entpuppte sich als ein ganz besonderes musikalisches Vermächtnis. „Zwei alte Kämpen des Jazz, die sich völlig freispielen, ohne jemals Free Jazz zu zelebrieren“, brachte es die „Jazz-thetik“ in einem zweiseitigen Artikel auf den Punkt: „Charles Lloyd und Billy Hig-gins haben auf zwei CDs ein Opus ge-schaffen, das so schwer zu bewerten ist,

weil es nichts Vergleichbares gibt. Lloyd ist längst nicht nur Holzbläser, sondern spielt auch Bass, Klavier und Perkussion. Higgins ist längst nicht nur Trommler und Perkussionist, sondern bedient ein ganzes Arsenal an herkömmlichen und exotischen Saiteninstrumenten. Beide singen. Ihre Musik ist tief und seicht zugleich. Oft merkt man als Hörer selbst nicht, ob man in der abgrundtiefen Spiritualität ertrinkt oder sich von der Oberflächenspannung tragen lässt. Sie inszenieren ein Theater der Klänge und Rhythmen, ähnlich den frühen Aufnah-men des Art Ensemble of Chicago, nur ungleich entspannter. Ihr einziges Pro-gramm sind sie selbst.“

2004Die hohe Kunst des Duospiels führten CHARLES LLOYD & BILLY HIGGINS auf dem Doppelalbum „Which Way Is East“ vor.

M Ä R Z

Die Entdeckung des Jahres war zwei-fellos der britische Pianist und Sänger Jamie Cullum, der mit seinem dritten Album „Twentysomething“ alte wie junge und weibliche wie männliche Jazzfans und -kritiker bezauberte. „Spöt-ter werden den Engländer vielleicht vorschnell als Milchbubi abtun – und damit einen heißen Newcomer verpas-sen“, meinte „Audio“. „Wenn der zarte Twen die Stimme erhebt, traut man seinen Ohren kaum: Sonor, souverän, charmant und teils lasziv interpretiert Jamie Cullum Bar-Songs, strahlt rotz-frech relaxten Jazz-Appeal aus. Er singt auch mal markanten Crossover-Pop oder covert Kultgrößen wie Jeff Buckley.

Und der Klang verwöhnt mit Luftigkeit, Atmosphäre, Akkuratesse.“ Auch Willi Andresen war in „HiFi & Records“ voll des Lobes: „Cullum verfügt auch über ein großes Potential an musikalischen Ideen und handwerklichen Fähigkeiten. Seine Kenntnisse von historischem Jazz und modernem Rock sind bemerkens-wert und bilden die kreative Klammer seines live in den Londoner Mayfair Studios produzierten Albums ‚Twenty-something‘. […] Hier swingt und rockt es gleichermaßen. Jamie Cullum ist zum Glück nicht der ‚junge Typ mit den al-ten Songs‘, sondern der junge Typ, der es drauf hat, Klassiker neu zu beleben und eigenes Material klasse zu spielen.“

2004Mit seinem peppigen Album „Twentysomething“ entzückte der britische Shootingstar JAMIE CULLUM selbst eingefleischte Jazzkritiker.

A P R I L

CHARLES LLOYD

und benutzte alle zehn Saiten in einer neuen Stimmung.“ Mit 16 unternahm er seine erste Reise in den Orient. Micus’ aktuelle Komposition, aufgenommen zwischen 2001 und 2004 auf Mallorca, verfolgt die Rundreise eines Mönchs, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Der Mönch kommt am Ende genau dort an, wo er aufbrach und erkennt, dass die Antwort auf sein Rätsel die ganze Zeit über da war. Bereichert hat ihn die Reise allemal. JazzLink: micus

aus Tsabropoulos’ Feder als Zyklus feinsin-niger Klanggestalten, die die innere Kraft der Lieder zu erforschen suchen. Und das gelingt ihnen, denn sie konzentrieren sich ganz auf die Musik, ohne den philoso-phischen Anhang extensiv mit einzube-ziehen. Ein stilvolles Widmungsalbum an einen fast vergessenen Sonderling der europäischen Kulturgeschichte.

George Ivanovitch Gurdjieff (ca. 1877–1949) stammte aus Alexandropol im südlichen Transkaukasus. Sein Vater war Grieche, die Mutter Armenierin, der Junge vielseitig begabt. Also wurde er in die orthodoxe Kirche geschickt, wo er auf eine Priesterschaft und ein Leben als Arzt vorbereitet wurde. Auf eigene Faust führte Gurdjieff spirituelle Studien durch, die 1922 in Fontainebleau zur Gründung seines „Instituts für die harmonische Entwicklung des Menschen“ führten, das sich aufgrund seiner unkonventionellen Lehrmethoden als Anziehungspunkt für unterschiedlichste europäische Intellektu-elle entwickelte. Zu Gurdjieffs Lehrinhalten gehörten vor allem drei Dinge: die Ideen (mündliche wie niedergeschriebene), Be-wegung und Musik. Letztere entwickelte er oft spontan aus dem Moment heraus. Vor allem in dem Komponisten Thomas de Hartmann und dessen Frau Olga, die sich von 1917 bis 1930 als seine Schüler betrachteten, fand er tatkräftige Unter-stützung. JazzLink: lechner

Auf Gurdjieffs Spuren: ANJA LECHNER und VASSILIS TSABROPOULOS

Am 14.10.2004 kam der legendäre MPS-Gründer, Toningenieur und Produzent Hans Georg Brunner-Schwer ums Leben

JAMIE CULLUM

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Seite 4 Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Classics

Die 26-jährige TORUN ERIKSEN ist die neueste Stimmentdeckung, die es aus Norwegen zu vermelden gibt.

Wie „Stereoplay“ richtig erkannte, setzt sich Torun Eriksen „mit Gospel- und Soul-Facetten, betont durch delikat-sparsame Arrangements, selbstbewusst von etablierten norwegischen Kolle-ginnen wie Silje Nergaard und Rebek-ka Bakken ab“. Das „WOM-Journal“ nannte „Glittercard“ „ein wirkliches brillantes Debüt“ und schrieb: „Lang-sam löst sich Bugge Wesseltofts Label vom dominierenden Elektro-Jazz. Nach Sidsel Endresen präsentiert der Norwe-ger mit der zauberhaften 26-jährigen Torun Eriksen eine weitere tolle Stimme. Im Fall Torun Eriksen ist das Etikett Jazz eher eine Beschränkung, schließlich ist sie ebenso souverän im Soul und R’n’B.

Immer intensiv, mit Verneigungen vor Aretha Franklin und Nina Simone, singt die Osloerin – ausschließlich von akus-tischen Instrumenten begleitet – weich und enorm emotional.“ Und in „Ars!“ stand zu lesen: „Musik zwischen Jazz, Soul und 70er-Pop-Discostyle – eine ungewöhnliche Mischung, das steht schon fest. Die Atmosphäre ist getra-gen, um nicht zu sagen, reserviert. Die traditionellen Grooves wurden traditio-nell aufgenommen, alles passt perfekt zusammen. Auch die verrückte Stilviel-falt ist in sich ganz und gar harmonisch. Mainstream und skandinavische Jazzele-mente, Rhythm & Blues, ein wenig Folk, ein bisschen Schlager, Funkmomente.“

2004J U N I

Aktivist und Verve-Gründer: NORMAN GRANZ

Der Granz vergangener TageLegenden ranken sich zahlreich um Verve-Gründer NORMAN GRANZ. Einige der schönsten gibt es jetzt endlich auf CD: Die legendären Jam-Sessions.

Das Innere seines Kopfes ist eine riesige Jam-Session“, sagte der Pianist Jimmy Rowles einmal über

Norman Granz. Lange bevor Granz sein bahnbrechendes Label Verve gründete, hatte er bereits sein Faible für die rohe Essenz des Jazz entwickelt. Bereits als Student der UCLA war Granz vom Jazz „hinter den Kulissen“ fasziniert. Er liebte Jam-Sessions und Gigs, die nicht für das reguläre Nachtclub-Publikum gedacht waren, wo Improvisation und Virtuosität zählten, das, was Duke Ellington einmal mit einem „Ritterturnier“ verglich. Diese Ritterturniere waren „oft komisch und eine Möglichkeit, großartige Musik zu hören“, kommentierte Granz ein halbes Jahrhundert später. Aber sie sollten schon damals seine Haltung zur Musik und seine Meinung über Musiker für immer bestim-men. Im afroamerikanischen Blatt „The Crisis“ schrieb er 1947: „Wie in einer ech-ten Demokratie zählt [in der Jam-Session] einzig und allein das Können. Jazz ist wahrhaft die Musik des demokratischen Amerika.“ Bald schon nahm er einen ak-tiven Posten in dieser Demokratie ein. Mit Hilfe des lokalen Jazz-Entrepreneurs Billy Berg organisierte Granz im Juni 1942, an einem Sonntagnachmittag, seine erste Jam-Session mit Lester Young, dessen Bruder Lee und dem Nat Cole Trio. Als kurz darauf die Musikergewerkschaft von Los Angeles die Nachtclubbesitzer der Stadt dazu zwang, einen Tag in der Woche zu schließen, entstand für Granz eine Lücke, in der er seine Jam-Sessions systematisch vorantreiben konnte. In halb privatem Rahmen organisierte er seine in kurzer Zeit populären Events. Den Club-besitzern legte er Tanzverbot während der Veranstaltungen auf und zwang sie ebenfalls dazu, die Rassentrennung in ihren Clubs aufzuheben – und zwar gene-rell und nicht nur an den Jam-Abenden. Ansonsten arbeitete er nicht mit ihnen. „Es gibt niemand in der Geschichte des Jazz“, erklärte Clark Terry, „der Jazzmu-sikern mehr Respekt entgegenbringt als Norman Granz“, dessen furchtloses Auf-treten im damaligen Jim-Crow-Amerika in die Mythensammlung des Jazz eingegan-

gen ist. Aus seinen Sessions im 331 Club oder im Trouville entstand das Konzept von Granz’ berühmten „Jazz At The Phil-harmonic“-Abenden. Die nun erstmals auf fünf CDs versammelten „Complete Norman Granz Jam Sessions“ stehen mit JATP in enger Verbindung, denn Granz produzierte diese Jam-Sessions zu Beginn oder Ende der JATP-Tourneen im Studio. Das Programm bestand in der Regel aus Blues und Standards, später auch einem Balladen-Medley. Granz verstand es, Bebop- und Swingmusiker auf spannen-de Weise miteinander zu kombinieren. Manchmal ergänzten sie sich harmonisch (etwa auf der „Count Basie Jam Session“), auf anderen Dates traten sie regelrecht gegeneinander an (wie auf der „Lionel Hampton Jam Session“). Granz segnete in der Regel den ersten Take ab, er glaub-te, die „besten Musiker der Welt sollten es auf Anhieb richtig hinkriegen“, wie Bassist Ray Brown belustigt wiedergab. Norman Granz war in vielerlei Hinsicht ein Erneuerer: Er popularisierte nicht nur die Jam-Session, sondern auch die Live-Aufnahme. Noch 1946, als sich in den etablierten Plattenfirmen niemand mit so etwas die Finger verbrennen wollte, verbündete er sich mit dem später be-kannten Produzenten Moses Asch und setzte mit seiner Hilfe 150.000 LPs der Volume 1 von „Jazz At The Philharmonic“ ab. Gleichzeitig hatte er oft auch Glück: Die Erfindung der 12"-LP befriedigte sein Bedürfnis nach ungekürzten Fassungen. Granz erfand die Jam-Session nicht neu, aber er verhalf ihr zu einem weltweiten Publikum. Die vorliegenden, in einer liebevoll verpackten 5-CD-Box erstmals komplett kompilierten historischen Studi-oaufnahmen bieten die seltene Gelegen-heit, die größten Namen im Jazz Seite an Seite zu erleben, in Rittertournieren inspi-rierter Verbundenheit. JazzLink: granz

2004Eine der größten Überraschungen des Jahres gelang DIANA KRALL mit ihrem Album „The Girl In The Other Room“.

Von einigen Jazzjournalisten schon längst in der übergroßen und doch überquellenden Schublade mit der Aufschrift „Gediegene Interpretin alt-bekannter Jazzstandards“ abgelegt, vollzog Diana Krall auf ihrem neuen Album „The Girl In The Other Room“ einen Imagewechsel, der sogar etliche ihrer vormals heftigen Kritiker zu re-gelrechten Begeisterungsausbrüchen über die frisch gebackene Ehefrau des musikalischen Multitalents Elvis Costello hinriss. „Diana Krall kann sich nun nach mehreren Alben mit Schmuse-Swing aus fremder Feder auf das Wesentliche konzentrieren und selbst Songs schreiben“, bilanzierte

etwa Ralf Dombrowski in der Zeitschrift „Stereoplay“. „Krall hat es nicht mehr nötig zu säuseln, sie kann ihre Stim-me wirken lassen und führt sie von brüchig bluesigem Empfinden bis zu raffiniert phrasiertem Erzählen. Sie hat pianistisch einiges dazugelernt und klingt stellenweise wie eine Schülerin von Mose Allison. Die überwiegend eigenen Lieder sind raffiniert gestaltete Reflexionen der Lebensumstände eines Menschen um die vierzig, musikalisch in eine anspruchsvolle, zugleich an-sprechende Jazz-Pop-Form verpackt. Und ein paar Coverversionen – wie Joni Mitchells ‚Black Crow‘ – zeugen von stilsicherer Interpretationskunst.“

M A I

DIANA KRALL TORUN ERIKSEN

Peggy Lee und Anita O’Day sind ge-wissermaßen Schneeweißchen und Rosenrot des gesungenen Jazz der

50er: Peggy Lee, das liebe Mädchen Nor-ma Egström aus der Kleinstadt in Dakota, das nach Hollywood ging, um Karriere zu machen, später Gedichte und Drehbü-cher schrieb und 1955 für einen Oscar nominiert wurde. Anita O’Day dagegen die flamboyante Femme fatale aus Chica-go, wahnsinnig talentiert, aber Freundin harter Drogen, die jeden Bebop-Schlag-zeuger an die Wand scatten konnte. O’Days Stärke waren Uptempo-Songs, und mit ihren Gesangsmuskeln schaffte sie sich Respekt auch in der Fraktion der Hard-Bop-Hardliner. Lee war dafür eine Meisterin der dahingehauchten Ballade und der dramatischen Pause. Joni Mit-chell liebte Lees frühes Album „Black Coffee“, das allgemein zu den besten Vokaljazz-LPs aller Zeiten gerechnet wird und so zeitlos schön konzipiert ist wie Jim Jarmuschs aktueller Film „Coffee and Cigarettes“.

Vor 1953 galt Peggy Lee als Popsän-gerin und Star in der Band von Benny Goodman, aber ihrem ersten Album wollte sie eine intime, jazzige Atmos-phäre verleihen. Unterstützt wurde sie darin von Deccas Hausproduzent Milt Gabler, der bereits verschiedene Platten mit klassischen Songs und kleinen Bands gemacht hatte, etwa mit Lee Wiley und Billie Holiday. „Black Coffee“ wurde 1953 in New York aufgenommen, erschien erstmals auf 10"-LP mit acht Songs und war derart erfolgreich, dass Decca Peggy Lee drei Jahre darauf darum bat, das Album auf das neue 12"-LP-Format zu erweitern. 1956 nahm Lee also eine

VARIOUS ARTISTSComplete Norman Granz Jam Sessions5 CDs 06024 9863460

Verve Mistress EditionZwei neue Veröffentlichungen der Serie „Verve Master Edition“ präsentieren zwei Heroinnen des Jazzgesangs: PEGGY LEE und ANITA O’DAY.

zusätzliche Session auf, diesmal in Los Angeles und mit einer anderen Band. Ihr Hauptbegleiter auf der New-York-Session ist Pete Candoli an der Trompete; in Los Angeles war es Stella Castellucci an der Harfe. Die nunmehr zwölf Titel des spä-teren Albums klingen jedoch aus einem Guss, auch Lees Gesang schwingt im selben Timbre. In der Zeit, in der Anita O’Day ihr zweites Album mit Billy May aufnahm, war sie eine Trendsetterin im Vokaljazz geworden und verkaufte so viele Platten wie Frank Sinatra und Ella Fitzgerald. Anita O’Day und Billy May hatten bereits ein erfolgreiches Album mit Cole-Porter-Songs veröffentlicht. Die „Jezebel des Jazz“ und der korpulente dauergrinsende Produzent aus Pittsburgh begeisterten 1960 dann die Jazzwelt mit Bop-Bearbeitungen von Rodgers und Hart. Sie sind erfrischend unsentimental, voller Witz und Chuzpe. Billy May konnte Anitas Überholspur-Gesang adäquat ar-rangieren, seine Streicher rissen sich bei ihr zusammen. Zwei epochale Wiederver-öffentlichungen der Verve Master Edition; so unterschiedlich sie auch klingen, man braucht einfach beide.

PEGGY LEEBlack Coffee06024 9863193

ART FARMER/BENNY GOLSONThe Complete Argo/Mercury Jazztet Sessions06024 9863826

ANITA O’DAYSwings Rodgers And Hart06024 9862103

ART ENSEMBLE OF CHICAGO Certain Blacks 00440 0678482 (3)

Free (Jazz) AmericaIm Oktober wurde in New York das House of Swing eröffnet. Die von Wynton Marsalis geleitete Jazz-Institution soll den Eingang des Jazz in die amerikanische Hochkultur markieren. Marsalis, der für den Neubau fast 130 Millionen Dollar Spendengelder eingesammelt hat, ließ jedoch unmissverständlich durchblicken, dass bei Free Jazz und Avantgarde der Spaß für ihn aufhöre. Schon in den 90er Jahren geriet der Trompeter-Kurator in die Kritik, weil er sich trotzig weigerte, Künst-ler wie Cecil Taylor für seine Konzerte im New Yorker Lincoln Center zu buchen. Doch Marsalis ist nicht allein. Auch der Filmemacher Ken Burns lässt Avantgarde und Free Jazz in seiner viel beachteten 19-stündigen Fernsehdokumentation „Jazz“ ausdrücklich weg. Sie scheinen den neuen Gralshütern der plötzlich entdeckten amerikanischen Hochkul-tur auch heute noch nicht so recht ins Konzept zu passen. Die kompromisslose, revolutionäre Haltung jener Musiker nach John Coltrane und Ornette Coleman hielt

Jazztett komplett„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Art Farmer denke“, sagt der 75-jährige Saxophonist Dr. Benny Golson. „Er war nicht nur einer meiner besten Freunde. Er war auch der Meister der Ballade. Niemand kam an ihn heran, weder Miles noch Clifford oder Dizzy! Wenn man etwas über die Ballade lernen will, sollte man sich Art Farmer anhö-ren.“

Alles, was Art Farmer und Benny Golson mit ihrem Jazztet und als Lea-der eigener Ensembles in den Jahren 1960–62 für die Labels Argo, Mercury und Cadet eingespielt haben, erscheint jetzt in einer Box bei Mosaic Records. Auf 95 Tracks lässt sich die Evolution des zwar kurzlebigen, aber dennoch enorm einflussreichen Jazztet und seiner Musi-ker verfolgen. Von der ersten Besetzung im Februar 1960 auf dem Album „Meet The Jazztet“, über fünf Alben und zwei komplette Besetzungswechsel bis zur wunderbaren letzten Session „Another Git Together“ von 1962 sind alle Ori-

den gesellschaftlichen Bedingungen im Amerika der 60er Jahre einen Spiegel vor. Free Jazz, das New Thing, New Jazz oder Avantgarde waren künstlerisches Echo der Politik von Black Panthers, Freedom Riders und desillusionierten Vietnam veteranen. Die Schreie aus dem Saxophon Archie Shepps gaben der Frus-tration derjenigen eine Stimme, denen Folksongs auf die Dauer zu zahm klan-gen. Die modernistischen Performances und Happenings des Art Ensemble of Chi-cago brachten den Jazz zurück zu seinen eigentlichen Wurzeln: Europa und Afrika. Anthony Braxton spannte den Bogen zwischen Zufallskompositionen, serieller Musik und Multimedia. Free Jazz drang in die Tiefen von Klang als solchem vor, erforschte Klang um seiner selbst willen. Viele Musiker dieser Bewegung entflohen den für sie unerträglichen Bedingun-gen daheim ins europäische Exil. Der Geist von Hoffnung und Träumen, der Aufbruch zu neuen Ufern musikalischen Genies, ist nun auf 15 wiederveröffent-

lichten LPs der „Free America“-Serie nachzuhören. LPs, die noch nie auf CD erschienen sind; einige von ihnen waren so vergriffen, dass sie in den Diskografien des All Music Guides im Internet vollstän-dig fehlen. 15 Spuren eines essenziellen Moments in der afroamerikanischen Mu-sik. Musik, die Grafikdesigner, bildende Künstler und Filmemacher unseres Jahr-hunderts in ihren Arbeiten reflektieren. Musik zum Anhören, zum Erkennen und Meditieren. Vielleicht ist sie tatsächlich zu frei für einen Tempel der Hochkultur oder eine TV-Doku. Um es mit Gil Scott-Heron zu sagen: „The revolution will not be televised.“ Aber sie ist anzuhören, auf 15 Wiederveröffentlichungen in aufwän-digen, künstlerisch designten Digipaks.

ginalaufnahmen enthalten. Zusätzlich gibt es je drei Albumsessions der Leader Golson und Farmer aus derselben Zeit zu hören. Der Jazzhistoriker Michael Cuscu-na, der maßgeblich für die Veröffentli-chungen von Mosaic verantwortlich ist, meint in seinem Begleittext, man könne die „Kreuzung des Jazztet“ im Sinne der Navigation dazu nutzen, den Jazz der frühen 60er Jahre zu lokalisieren. „Die Co-Leader [gemeint ist neben Art und Benny auch deren zeitweiliger Partner Curtis Fuller, d. Red.] haben davon profi-tiert, die frühesten Bebopper persönlich gehört und gekannt zu haben. Sie ga-ben ihrer großen Liebe zum Blues eine Stimme. Wurden immer wieder von den Hard-Boppern in New York engagiert. Es gab tatsächlich nichts, was sie verpasst hätten. Zusätzlich dazu, dass sie im Zentrum einer Organisation standen, die die wichtigsten Themen und sich entwi-ckelnden Traditionen des Jazz zu etwas völlig Neuem und Originellem zusam-menbrachte, hatten Trompeter Farmer

und Saxophonist Golson in ihrer kleinen Band auch eine einzigartige Plattform für Golsons inspirierte Kompositionen.“ Auf den sieben CDs der neuen Box finden sich natürlich auch Klassiker wie „Along Came Betty“, „Blues March“, „I Remem-ber Clifford“, „Whisper Not“ und „Killer Joe“, Letzterer mit einer gesprochenen Einleitung des Komponisten. Dabei ist Golson seine Klassiker ein wenig leid, vor allem, weil er noch immer genötigt wird, sie zu spielen oder aufzunehmen. („Killer Joe“ findet sich auch auf Golsons aktuellem Album.) Sie könnten einen auch vergessen lassen, dass Golson nach wie vor arrangiert, produziert und kom-poniert. Was ihn antreibt? „Ein kreativer Mensch ist nie zufrieden.“

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Classics

Ihr Audio war natürlich schon immer super: SHIRLEY HORN

Fünfmal Super

Der Name ist selbsterklärend: die Super Audio CD ist eine Com-pact Disc mit besserem Klang. Bei der Kodierung wird DSD

(Direct Stream Digital) verwendet, was im Vergleich mit der bei CDs eingesetz-ten PCM-Methode nicht nur eine höhere Samplingfrequenz und eine größere Frequenzbandbreite bedeutet, sondern auch einen deutlich erweiterten Dyna-mikumfang von über 120 dB. Auf einer SACD können dabei bis zu 109 Minuten Zweikanalton oder bis zu 80 Minuten Mehrkanalton aufgezeichnet werden. Als Chet Baker 1965 „Baker’s Holiday“ bei Limelight aufnahm, waren Tribut-alben noch nicht üblich. Dabei ist die Umsetzung hier so ungewöhnlich, wie die Lebensläufe von Chet und Lady Day ähnlich sind. Mit Richard Davis am Bass, Connie Kay am Schlagzeug, Hank Jones

am Piano, Everett Barksdale an der Gitar-re und einer fünfköpfigen Hornsection, unter anderen mit Seldon Powell am Saxophon, spielt und singt Chet Baker zehn Standards aus dem Repertoire von Billie in sanft swingenden oder einfach nur sanften Arrangements. Das Impulse-Album „John Coltrane And Johnny Hartman“ von 1963 muss auf jeder einsamen Insel zu finden sein, so oft kommt es auf den entsprechen-den Listen vor. Sicherlich gibt es kaum ein Jazzalbum, kaum eine Balladenplatte überhaupt, die dermaßen seelen- und an-spruchsvoll Liebe, Lust und Leidenschaft preist. Das legendäre Coltrane Quartet mit McCoy Tyner, Jimmy Garrison und Elvin Jones ist hier zum ersten und einzi-gen Mal mit einem Sänger zu hören. Und zwar mit Coltranes absoluter Lieblings-stimme, dem Bariton Johnny Hartman.

Als Joe Henderson 1992 „Lush Life“, sein Album mit Kompositionen von Duke Ellingtons rechter Hand Billy Strayhorn, veröffentlichte, wurde das als „Come-back“ gefeiert. Dabei hatte der damals 55-jährige Saxophonist seit den frühen 60er Jahren kontinuierlich gearbeitet. Nur eben nicht mit Sidemen wie diesen: Wynton Marsalis, Stephen Scott, Chris-tian McBride und Gregory Hutchinson beflügelten den Althelden auf Titeln wie „Isfahan“, „Blood Count“ oder „Johnny Come Lately“ zu improvisatorischen Hö-henflügen. Mit „Here’s To Life“ erfüllte sich Shirley Horn 1992 ihren lang gehegten Traum, einmal ein Album „with strings“ mit dem Komponisten und Arrangeur Johnny Mandel aufzunehmen. Die in jeder Hinsicht zeitlose Sängerin und Pia-nistin nahm die elf eleganten Songs mit

HERBIE HANCOCKGershwin’s WorldSurround Sound SACD06024 9861006

SHIRLEY HORNHere’s To LifeSurround Sound SACD 06024 9862158

JOE HENDERSONLush LifeSurround Sound SACD 06024 9861007

CHET BAKERBaker’s HolidayStereo-SACD 06024 9863506

JOHN COLTRANE, JOHNNY HARTMANJohn Coltrane And Johnny HartmanStereo-SACD 06024 9860778

ihrem Trio mit Charles Ables am Bass und Steve Williams am Schlagzeug, 43 Strei-chern, zwei Harfenistinnen, jeder Menge Blasinstrumenten, Perkussion, Vibraphon und zwei Gastauftritten von Wynton Mar-salis an der Trompete auf. Erst auf SACD lässt sich dieses Meisterwerk in der über-wältigenden Klangvielfalt genießen. „Das Werk eines Genies des 20. Jahrhunderts – von einem anderen neu erfunden. Innovativ, mutig und schön.“ So lobte 1998 ein Aufkleber Herbie Hancocks Album „Gershwin’s World“. Mit Gästen wie der Sopranistin Kathleen Battle und den Popstars Stevie Wonder und Joni Mitchell, dazu Jazzlegenden von Chick Corea, über Wayne Shorter bis Ed-die Henderson und Junglöwen wie Kenny Garrett und James Carter, dazu einigen afrikanischen Perkussionisten und dem Orpheus Chamber Orchestra machte sich

Hancock über neun Gershwin-Standards und einige einflussreiche Werke von W.C. Handy bis Maurice Ravel her. Die Inter-pretationen haben Bestand, vor allem im nie da gewesenen Super Audio.

Alle Details zu diesen SACDs auf www.jazzecho.de

Zum fünften Geburtstag der SACD im Oktober 2004 waren weltweit bereits 2410 Titel in diesem verbesserten Klangverfahren veröffentlicht. Hier kommen fünf Jazzklassiker dazu.

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Seite 6 Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Details

ROY HARGROVE & THE RH FACTORStrength EPVerve 06024 9863348 (EP)

MUSIKER: Roy Hargrove: trumpet, flugelhorn, arrangements & background vocals, Omar: vocals, Keith Anderson alias DNK & Jacques „Brother Jacques“ Szwarcbart: saxes, James Poyser, Bobby Sparks & Bernard Wright: keyboards, „Spanky“ Chalmers Alford: guitars, Pino Palladino & Reggie Washington: basses, Willie Jones III & Jason „JT“ Thomas: drums

SONGS: Rich Man’s Welfare / Bob Drop / Strength / Listen Here / For Fun / Universe

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Neuveröffentlichungen

VIENNA ART ORCHESTRABig Band PoesieEmArcy 06024 9867710

MUSIKER: Anna Lauvergnac: voice, Thorsten Benkenstein, Matthieu Michel, Thomas Gansch & Jörg Engels: trumpets, Adrian Mears: trombone & didgeridoo, Robert Bachner & Christian Muthspiel: trombones, Ed Partyka: bass trombone & tuba, Klaus Dickbauer: alto sax, clarinets & flute, Florian Bramböck: alto sax & bass clarinet, Harry Sokal: tenor & soprano saxes, Andy Scherrer: tenor sax, Herwig Gradischnig: baritone sax & bass clarinet, Alegre Corrêa: guitar & percussion, Martin Koller: guitar & electronics, Georg Breinschmid: bass, Mario Gonzi: drums, Mathias Rüegg: conduction, all compositions & arrangements

SONGS: We Take Pride In Being Able To Play The Shit Out / Everything Has Its Own Time / Music Is Music, That’s It / The Music Is Like A Journey / Writing For Big Bands Is Like Going Home / Insecurity Is The Secret Of Eternal Youth / Music Is A Very Personal Thing, Strictly Individual / If The Blues Was Whiskey, I Would Stay Drunk All The Time / We Get Our Kicks From Playing / There Is Nothing To Me. It’s Just The Band / I Sincerely Believe In Jazz / I Helped To Kill The Dance Business

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PETER CINCOTTIOn The MoonEmArcy/Concord 06024 9824924

MUSIKER: Peter Cincotti: vocals, piano & arrangements, Scott Kreitzer: tenor sax, Brad Leali: alto & tenor saxes, Gary Smulyan: baritone sax, Barry Danielian: trumpet, Wycliffe Gordon: trombone, Sam Yahel: Hammond B3 organ, Jeff Mironov: guitars, William Galison: harmonica, Barak Mori: basses, Mark McLean: drums, percussion & arrangements, Kenny Washington: drums, Bashiri Johnson: percussion, Rob Mathes & Rob Mounsey: string & horn arrangements & conduction, Elena Barere: concert master

SONGS: St. Louis Blues / Some Kind Of Wonderful / I Love Paris / On The Moon / Bali Ha’i / He’s Watching / Raise The Roof / The Girl For Me Tonight / You Don’t Know Me / I’d Rather Be With You / Up On The Roof / Cherokee

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LINDA RONSTADTHummin’ To MyselfVerve 06024 9860521

MUSIKER: Linda Ronstadt: vocals, Jim Horn, David „Fathead“ Newman & Bob Sheppard: tenor saxes, Dan Block: clarinet, Steve Bernstein, Jon-Erik Kellso & Bob Summers: trumpets, Roy Hargrove & Mike Haynes: flugelhorn, Warren Bernhardt, Alan Broadbent: piano, Larry Koonse & Bob Mann: guitars, Trey Henry & Christian McBride: basses, Peter Erskine & Lewis Nash: drums, Armen Arnassian & Eugene Drucker: violins, John Catchings, Roberta Cooper & Alexander Zhiroff: cellos, Alan Broadbent: arrangements

SONGS: Never Will I Marry / Miss Otis Regrets / I Fall In Love Too Easily / I’ve Never Been In Love Before / Tell Him I Said Hello / Get Out Of Town / Hummin‘ To Myself / Blue Prelude / I’ll Be Seeing You / Cry Me A River / Day Dream

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Boxen & Reissues

BRAZILIAN GIRLSBrazilian GirlsVerve Forecast 06024 9863413

MUSIKER: Sabina Sciubba: vocals, Didi Gutman: keyboards & programming, Jesse Murphy: bass, Aaron Johnston: drums & percussion u.a.

SONGS: Homme / Don‘t Stop / Lazy Lover / Sirènes de la fête / Corner Stone (Drunkenstone) / Long / Pussy / Die Gedanken sind frei / All We Have / Dance Till The Morning / Me gustas quando callas / Ships In The Night

Veröffentlichung: 10.01.2005Mehr zu dieser CD auf Seite 10.

VARIOUS ARTISTSThe Complete Norman Granz Jam SessionsVerve 06024 9863460 (5 CDs)

MUSIKER: Harry Edison, Roy Eldridge, Dizzy Gillespie & Charlie Shavers: trumpet, Bill Harris: trombone, Benny Carter, Johnny Hodges, Charlie Parker & Willie Smith: alto saxes, Stan Getz, Wardell Gray, Illinois Jacquet, Flip Phillips & Ben Webster: tenor saxes, Buddy DeFranco: clarinet, Count Basie: piano & organ, Oscar Peterson & Arnold Ross: pianos, Lionel Hampton: vibraphone, Herb Ellis, Freddie Green & Barney Kessel: guitars, Ray Brown & John Simmons: basses, Louie Bellson, J.C. Heard & Buddy Rich: drums

SONGS: Jam Blues / Ballad Medley: All The Things You Are – Dearly Beloved – The Nearness Of You – I’ll Get By – Everything Happens To Me – The Man I Love – What’s New? – Someone To Watch Over Me – Isn’t It Romantic? / What Is This Thing Called Love? / Funky Blues / Apple Jam / Ballad Medley: Indian Summer – Willow Weep For Me – If I Had You – (I Don’t Stand) A Ghost Of A Chance With You – Love Walked In – Body And Soul – Nancy (With The Laughing Face) – I Hadn’t Anyone Till You / Oh, Lady, Be Good! / Blues For The Count / Jamming For Clef / Rose Room / Stompin’ At The Savoy (Part 1) / Stompin’ At The Savoy (Part 2) / Blue Lou / Just You, Just Me / Jam Blues / Ballad Medley: Tenderly – I’ve Got The World On A String – What’s New? – I Got It Bad And That Ain’t Good – Don’t Blame Me – Imagination – Someone To Watch Over Me – Body And Soul – She’s Funny That Way / Funky Blues / Lullaby In Rhythm

Aufnahmedatum: 1952 bis 1954

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ART FARMER/BENNY GOLSON JAZZTETThe Complete Argo/ Mercury Jazztet SessionsArgo/Mercury 06024 9863826 (7 CDs)

MUSIKER: Art Farmer: trumpet & flugelhorn, Ray Copeland, Rolf Ericson, Bernie Glow, Freddie Hubbard, Ernie Royal, Paul Serrano, Clark Terry, Nick Travis & Snooky Young: trumpets, Jimmy Cleveland, Bill Elton, Curtis Fuller, Urbie Green, Tom McIntosh, Tommy Mitchell & Grachan Moncur III: trombones, Paul Faulise & Tony Studd: bass trombones, Ray Alonge, Jimmy Buffington, Bob Northern & Willie Ruff: French horns, Benny Golson & Hal McKusick: tenor saxes, Sol Schlinger & Sahib Shihab: baritone saxes, Danny Bank, Ray Beckenstein, Phil Bodner, Walt Levinsky, Romeo Penque, Stan Webb & Phil Woods: reeds, Tommy Flanagan, Wynton Kelly, Harold Mabern, McCoy Tyner & Cedar Walton: pianos, Barry Galbraith & Jim Hall: guitars, Ron Carter, Paul Chambers, George Duvivier, Addison Farmer, Herbie Lewis & Tommy Williams: basses, Jimmy Cobb, Albert „Tootie“ Heath, Lex Humphries, Roy McCurdy, Charlie Persip & Arthur Taylor: drums, Ray Barretto & Willie Rodriguez: percussion, Oliver Nelson: arrangements & conduction, John Lewis: arrangements

SONGS: Serenata / It Ain’t Necessarily So / Avalon / I Remember Clifford / Blues March / It’s All Right With Me / Park Ave-nue Petite / Mox Nix / Easy Living / Killer Joe / The Cool One/ Blues On Down / Hi-Fly / My Funny Valentine / Wonder Why / Con Alma / Lament / Bean Bag / Five Spot After Dark / Bel / Milano / Django / New York 19 / 2 Degrees East, 3 Degrees West / Odds Against Tomorrow / Junc-tion / Farmer’s Market / Darn That Dream / Shutterbug / ’Round Midnight / A November Afternoon / Tonk / Rue Prevail / Richie’s Dilemma / Whisper Not / Tonk (45 Take) / Just In Time / Ruby My Dear / In Love In Vain / Sonny’s Back / Sonny’s Back (45 Take) / Space Station / Domino / Another Git Together / Along Came Betty / This Nearly Was Mine / Reggie / Anoth-er Git Together (45 Take) / So Beats My Heart For You / Goodbye Old Girl / Who Cares? / Out Of The Past / Younger Than Springtime / The Best Thing For You Is Me / I’m A Fool To Want You / That Old Devil Called Love / Punsu / The Day After / Lullaby Of The Leaves / Kayin’ / Tonk / Blue Room / Change Partners / Nobody’s Heart / How Am I To Know? / The Mas-querade Is Over / Dear Kathy / Three Lit-tle Words / Turning Point / Stella By Star-light / Alone Together / Sock Cha / Mad About The Boy / Just By Myself / Shades Of Stein / My Romance / Just In Time / You’re My Thrill / My Heart Belongs To Daddy / The Best Thing For You Is Me / Impromtune / Little Karin / Swing It / I Fall In Love Too Easily / Out Of This World / The Touch / Time / Street Of Dreams / Rain Check / Rue Prevail / The Sweetest Sounds / My Romance / Fly Me To The Moon / Naima / Ruby

Aufnahmedatum: 1960 bis 1962

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ANDRÉS SEGOVIAThe Great MasterDeutsche Grammophon 474 961-2 (2 CDs)

MUSIKER: Andrés Segovia: classical guitar, Riccardo Brengola & Mario Benve-nuti: violins, Giovanni Leone: viola, Lino Filippini: cello, Mario Castelnuovo-Tedes-co, Heitor Villa-Lobos, Federico Moreno Torroba, Oscar Esplá, Antonio Lauro, Manuel Ponce, Alessandro Scarlatti, Luis de Milan, Robert de Visée, Luis de Nar-váez, John Dowland, Domenico Scarlatti, Silvius Leopold Weiss, Georg Friedrich Händel & Alexander Tansman: composi-tions

SONGS: Platero And I, Op. 190: Platero – Melancolia – Angelus – Golondrinas – La arrulladora / Quintet For Guitar And Strings, Op. 143 / Etudes (12) For Guitar, W 235: No. 8 In C Sharp Minor – Etude In E Minor / Characteristic Pieces (6) For Guitar: No. 5, Albada / Sonatina For Gui-tar In A Major /Levantinas: No 1 / Levan-tinas: No. 2 / Valses (4) Venezolanos For Guitar: No. 3, Natalia / Criolla / Canción popular gallega / Sonatina Meridional: Allegretto „Canción y paisage“ / Pream-bulo And Allegro Vivo For Keyboard / Lib-ro de musica de vihuela de mano intitula-do „El maestro“: Pavana No. 6 In D Major – Pavana No. 5 / Suite For Guitar No. 9 In D Minor: Passacaille / Mille regretz „La canción del emperador“ / Diferencias sobre „Guardame las vacas“ / Lachrimae Or Seaven Teares: Captaine Piper His Galiard / Allemande / Preambulo And Allegro Vivo / Suite For Guitar In A Minor: Gavotte / Sonata For Harpsichord In A Major, K 391 / Fantasia For Lute In C Major / Prelude For Guitar In B Minor / Balletto For Guitar / Gigue For Guitar / Suite For Keyboard In G Minor, HWV453: 2nd Movement, Entree / Gavotte For Harpsichord In G Major, HWV 491 / Minuet In G Major, HWV 530 / Suite In Modo Polonico / Preludes (6) For Guitar / Piezas (4) For Guitar: Valse

Es gibt kaum einen Musiker, der sein Instrument so geprägt hat, wie Andrés Segovia, der allgemein als Erfinder der klassischen Gitarre gilt. 1893 im südspa-nischen Linares geboren, machte er es sich zur Lebensaufgabe, das einstige Bau-erninstrument in jeden Konzertsaal und jede Musikschule der Welt zu bringen. Segovias Technik, die nicht nur die Fin-gerspitzen, sondern die gesamte rechte Hand einsetzte, lernten in seinen Gitar-renkursen und -schulen Generationen von Musikern, darunter Alirio Diaz, Oscar Ghiglia und John Williams. Als Segovia im Juni 1987 starb, hatte er weit über 75 Jahre Bühnenerfahrung und dutzende Schallplatten aufgenommen. Umso erstaunlicher ist es, dass einige sei-ner besten Aufnahmen nie auf CD zu bekommen waren oder gar nicht erst erschienen sind. Die Doppel-CD „The Great Master“ schließt große Lücken. Das gesamte Repertoire der Veröffentlichung erscheint zum ersten Mal bei der Deut-schen Grammophon. Wo einzelne Titel früher schon von Segovia eingespielt zu haben waren, wurden für diese CD ande-re Aufnahmen ausgewählt. Insgesamt über eine Stunde Material erscheint über-haupt zum ersten Mal auf CD. Auch die Materialauswahl wird diesem großen Gitarristen gerecht: Mit vielen der Komponisten war Segovia befreundet und einige der Kompositionen gehen auf seine Anregungen zurück.

ANITA O’DAYSwings Rodgers And HartVerve Master Edition 06024 9862103

MUSIKER: Anita O’Day: vocals, Pete Candoli, Conrad Gozzo & Uan Ransey: trumpets, Murray McEachern, Ed Kusby, Tommy Pederson, Bill Schaeffer & Tommy Shepard: trombones, Ted Nash & Wilbur Schwartz: alto saxes, Justin Gordon & Fred Fallensby: tenor saxes, Chuck Gentry: baritone sax, Joe Castro: piano, Al Hendrickson: guitar, Ralph Pena: bass guitar, Stan Levey & Irv Cottler: drums, Billy May: arrangements & conduction, unknown strings

SONGS: Johnny One Note / Little Girl Blue / Falling In Love With Love / Bewitched, Bothered, And Bewildered / I Could Write A Book / Have You Met Miss Jones? / Lover / It Never Entered My Mind / Ten Cents A Dance / I’ve Got Five Dollars / To Keep My Love Alive / Spring Is Here

Aufnahmedatum: 1960

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PEGGY LEEBlack CoffeeVerve Master Edition 06024 9863193

MUSIKER: Peggy Lee: vocals, Pete Candoli: trumpet, Jimmy Rowles & Lou Levy: pianos, Bill Pitman: guitar, Larry Bunker: vibraphone, drums & percussion, Stella Castellucci: harp, Max Wayne: acoustic bass guitar, Buddy Clark: bass guitar, Ed Shaughnessy: drums

SONGS: Black Coffee / I’ve Got You Under My Skin / Easy Living / My Heart Belongs To Daddy / It Ain’t Necessarily So / Gee, Baby Ain‘t I Good To You? / A Woman Alone With The Blues / I Didn’t Know What Time It Was / When The World Was Young (Ah, The Apple Trees) / Love Me Or Leave Me / You’re My Thrill / There’s A Small Hotel

Aufnahmedatum: 1953

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JAMIE CULLUMLive At Blenheim PalaceUniversal 986 7534 (DVD)

MUSIKER: Jamie Cullum: piano, vocals, Geoff Gascoyne: double bass, Sebastian De Kromm: drums, Malcolm Macfarlane: guitars, John Hoare: trumpet, Ben Castle: saxophone, Barnaby Dickinson: trom-bone, London Session Orchestra featur-ing Gavyn Wright, Jacky Shave, Bruce White, Dave Daniels: strings

SONGS: I Get A Kick Out Of You / Frontin / Twentysomething / All At Sea / Old Devil Moon / God Only Knows / What A Difference A Day Made / Why Do Today What You Can Do Tomorrow / Next Year Baby / Wind Cries Mary / Lover You Should Have Come Over / High And Dry – Singin In The Rain / These Are The Days / I Could Have Danced All Night / But For Now

Extras: Busking In San Francisco / Live UK Festival Footage / I Wanna Be A Popstar / All At Sea Video / These Are The Days Video / Wind Cries Mary Video / Making The Wind Cries Mary Video

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VARIOUS ARTISTSThe Motorcycle Diaries OSTDeutsche Grammophon 00289 4775019

MUSIKER: Gustavo Santaolalla: guitars, guitarron, ronroco, charango, caja, pipes, percussion, vibes, flutes, bass, Don Markese: flutes, Braulio Barrera: cajón, Javier Casalla: violin, Anibal Kerpel: vibes

SONGS: Apertura / Lago frías / Chipi chipi / Montana / Sendero / Procesión / Jardín / La partida / La muerte de la poderosa / Lima / La salida de lima / Zambita / Qué rico el mambo / Circulo en el río / Amazonas / Cabalgando / Leyendo en el hospital / El cruce /Partida del leprosario / De usuahia a la quiaca / Revolución caliente / Al otro lado del río: Jorge Drexler: guitar, programming, vocals, Jeff Eckels: bass, Carina Voly: cello, John Vriesacker: violin, Ana Laan: background vocals, Ben Sidran: piano, Leo Sidran: percussion, programming, piano

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FEMI KUTIBest Of Femi KutiBarclay 06024 9822324

MUSIKER: Femi Anikulapo-Kuti: alto saxophone, vocals, Shade Alalade, Olusoladegbin Anikulapo-Kuti, Yeni Anikulapo-Kuti, Funke Anikulapo-Kuti: vocals, Adeyinka Osindeinde, Oluwagbemiga Oyetegbe: tenor saxophone, Oluwaseyi Clegg: baritone saxophone, Olufemi Fadipe: guitar, Gbenga Laleye: trumpet, Tiwalade Ogunlowo: trombone, Olayinka Oluwole: keyboards, Muyiwa Oke, Tosin Aribisala, Samuel Aina: drums, Gbenga Obisesan, Olusegun Damisa, Samson Olawale: percussion, Oluwaseyi Clegg: flute

SONGS: Truth Don Die / Beng Beng Beng / What Will Tomorrow Bring / Sorry Sorry / Scatta Head / Do Your Best / Walk On The Right Side / Traitors Of Africa / ’97 / Fight To Win / Missing Link / Stop AIDS

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NYLONDie MixeBoutique 06024 9868563 1 (Maxi-Vinyl)

MUSIKER UND SONGS: Im 80. Stockwerk – perlonisiert von Morane / Feuerzeug – Static Remix, Remix and additional production by Hanno Leichtmann / Im 80. Stockwerk – Elektro Lassi Remix by Illvibe and Dirk Berger, gemischt von Stefan Rogall

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JOE SAMPLESoul ShadowsGRP 06024 9862775

MUSIKER: Joe Sample: piano solo

SONGS: How You Gonna Keep ‘Em Down On The Farm? / Ain’t Misbehavin’ / Avalon / Soul Shadows / I Got Rhythm / I Got It Bad And That Ain’t Good / Spellbound / It’s A Sin To Tell A Lie / The Entertainer / Shreveport Stomp / Embraceable You / Jitterbug Waltz

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Page 7: Madeleine Peyroux Peterchens Mondfahrtstatic.universal-music.de/asset_new/155343/195/download/JazzEch… · Westerndiva Linda Ronstadt hat sich – nach einem dreijährigen Flirt

Seite 7Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Details

Weihnachts-CDs

WILL DOWNINGChristmas, Love And YouGRP 06024 9862666

MUSIKER: Will Downing: vocals, Gerald Albright & David Sanborn: alto saxes, Kirk Whalum: tenor sax, Najee: flute, Jabba: vocals, Chris „Big Dog“ Davis, Rex Rideout & Joe Sample: keyboards, Ira Siegel: guitars, Tollak Ollestad: harmonica, Carl Carter, Melvin Davis, Ronnie Garrett, Anthony Jackson & Dwayne „Smitty“ Smith: basses, Charley Drayton, Mike White & Buddy Williams: drums, Bashiri Johnson: percussion, u.v.a.

SONGS: The Little Drummer Boy / Christmas, Love And You / The First Noël / Christmas Time Is Here / White Christmas / All I Want For Christmas Is You / Love On Christmas Morning / Have Yourself A Little Christmas / Christmas Time After Time / The Christmas Song

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RAMSEY LEWISSounds Of ChristmasVerve (LPR) 06024 9862778

MUSIKER: Ramsey Lewis: piano, Eldee Young: bass guitar, Redd Holt: drums, Sol Bobrou, David Chausow, Leonard Chausow, Oscar Chausow, Karl Fruh, Irving Kaplan, Harold Kupper, Abe Meltzer, Emil Podsada & Theodore Silavin: strings

SONGS: Merry Christmas Baby / Winter Wonderland / Santa Claus Is Coming To Town / Christmas Blues / Here Comes Santa Claus / The Sound Of Christmas / The Christmas Song / God Rest Ye Merry Gentlemen / Sleigh Ride / What Are You Doing New Year’s Eve?

Aufnahmedatum: 1961

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ANJA LECHNER & VASSILIS TSABROPOULOSChants, Hymns And Dances / Music By George Ivanovich Gurdjieff & Thomas de HartmannECM 06024 9819613

MUSIKER: Anja Lechner: cello & arrangements, Vassilis Tsabropoulos: piano & arrangements

SONGS: Chant From A Holy Book / Bayaty / Prayer / Duduki / Interlude I: Trois morceaux après des hymnes byzantins / I / II / III / Dance / Chant / Interlude II / Assyrian Women Mourners / Armenian Song / (No. 11) / Woman’s Prayer / Chant From A Holy Book, Variation 1

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TRYGVE SEIMSangamECM 00440 0381222

MUSIKER: Trygve Seim: tenor & soprano saxes, Håvard Lund: clarinet & bass clarinet, Nils Jansen: bass sax & contra-bass clarinet, Arve Henriksen: trumpet, Øyvind Brække & Helge Sunde: trombones, Tone Reichelt: French horn, Lars Andreas Haug: tuba, Frode Haltli: accordion, Morten Hannisdal: cello, Per Odd-var Johansen: drums, string ensemble conducted by Christian Eggen

SONGS: Sangam / Dansante / Beginning An Ending / Himmelrand i tidevand, Part I / Himmelrand i tidevand, Part II / Himmelrand i tidevand, Part III / Himmelrand i tidevand, Part IV / Trio / Prayer

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STEPHAN MICUSLifeECM 06024 9818811

MUSIKER: Stephan Micus: bagana, Balinese & Burmese gongs, Bavarian zither, bowed bagana, dilruba, dondon, kyeezee, maung, nay, sho, Thai singing bowls, Tibetan chimes & cymbals, tin whistle & voice

SONGS: Narration One And The Master’s Question / The Temple / Narration Two / The Monk’s Answer / Narration Three / The Master’s Anger / Narration Four / The Monk’s Question / The Sky / The Master’s Answer

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ECM

SUSANNA AND THE MAGICAL ORCHESTRAList Of Lights And BuoysRune Grammofon 06024 9823775

MUSIKER: Susanna Karolina Wallumrød: vocals, Morten Qvenild: harmonium & autoharp, Andreas Mjøs: vibraphone, guitar, timpani, programming & additional electronics

SONGS: Who Am I? / Jolene / Turn The Pages / Friend / Hello / Believer / Sweet Devil / Baby / Time / Distance Blues And Theory / Go

Hinter Susanna And The Magical Orchestra stecken die 24-jährige Sängerin Susanna Wallumrød, die jüngere Schwester des ECM-Pianisten Christian Wallumrød, und der 25-jährige Keyboarder Morten Qvenild, der bis vor kurzem Mitglied der hippen Jazz-Rock-Band Jaga Jazzist war. Unterstützt wurden die Sängerin und ihr magisches Ein-Mann-Orchester bei der Einspielung ihres Debüt-albums von dem Multiinstrumentalisten und Produzenten Andreas Mjøs, der mit Qvenild schon bei Jaga Jazzist zusammenspielte. Ihre Musik ist äußerst introvertiert, spartanisch und melancholisch und wurde in Rezensionen schon des Öfteren mit der von Björk, Tom Waits und Sidsel Endresen verglichen. Neben gelungenen Coverversionen von Leonard Bernsteins „Who Am I?“ und Dolly Partons „Jolene“ präsentieren Susanna und Morten neun eigene Kompositionen, die allesamt unterstreichen, dass sie eine für ihr Alter ungewöhnliche Reife als Songwriter besitzen.

ARVE HENRIKSENChiaroscuroRune Grammofon 06024 9823761

MUSIKER: Arve Henriksen: trumpet, vocal & electronics, Jan Bang: live sampling & samples, Audun Kleive: drums & percussion

SONGS: Opening Image / Bird’s-Eye-View / Chiaro / Holography / Blue Silk / Parallel Action / Circled Take / Scuro / Time Lapse / Ending Image

Für die Realisierung seines zweiten Soloalbums „Chiaroscuro“ tat sich der norwegische Trompeter Arve Henriksen mit Schlagzeuger Audun Kleive und dem Klangkünstler Jan Bang zusammen. Kleive kennt man nicht nur durch seine eigenen Aufnahmen für Bugge Wesseltofts Label Jazzland Recordings, sondern auch durch seine ECM-Einspielungen mit Terje Rypdal, während Bang vor allem durch die Kooperation mit Nils Petter Molvær, Bugge Wesseltoft und Ketil Bjørnstad ins Rampenlicht rückte. Das Trio erschafft musikalische Soundscapes, in denen die Klänge der Trompete den natürlichen Mittelpunkt bilden. Aber es gibt auch Platz für die wortlosen Vokalisen, mit denen Henriksen schon auf einigen Supersilent-Aufnahmen verblüffte. „Chiaroscuro“ dürfte Fans von Ambient Music genauso ansprechen wie eingefleischte Jazzhörer oder Freunde so genannter Weltmusik.

Rune Grammofon

NARA LEÃOMuse Of Bossa Nova – The Very Best Of Nara LeãoEmArcy 06024 9824811 9

SONGS: Além do horizonte / Telefone / Odara / Desafinado / A banda / Opinião / Águas de março / Corcovado / O barquinho / 14 anos / Noite dos mascarados / Debaixo dos caracóis dos seus cabelos / Acender as velas / Lindonéia / Promessas de você / Consolação / João e Maria / Wave / Olê, olá / Sabe você / Insensatez / Minha namorada / Penas do tiê / Marcha da quarta-feira de cinzas / Nana

Aufnahmedatum: 1962 bis 1985

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CHICO BUARQUESixty Years On – FavouritesEmArcy 06024 9824349 7

SONGS: A banda / Roda viva / Apesar de você / Madalena foi pro mar / Almanaque / Feijoada completa / Trocando em miudos / Samba de Orly / Sonho de um carnaval / Noite dos mascarados / Sem fantasia / Tatuagem / Tanto mar / Bye, Bye Brasil / Atrás da porta / Você não entende nada / Cotadiano / Filosofia / Bárbara / Bastidores / Olê, olá / João e Maria / Vai passar / Pedro pedreiro

Aufnahmedatum: 1966 bis 1984

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Brasil

SÉRGIO MENDESThe Swinger From Rio – FavouritesEmArcy 06024 9824791 4

SONGS: Chove chuva / Mas, que nada / País tropical / Wave / One Note Samba – Spanish Flea / Night And Day / The Fool On The Hill / The Look Of Love / Ela é carioca / Desafinado / Pretty World / Watch What Happens / Look Around / Like A Lover / Só tinha de ser com você / Puzzle Of Hearts / Never Gonna Let You Go / Outra vez / Trilhos urbanos / Pro-messa de pescador / The Frog / Tristeza de nós dois / Bim bom / Só danço samba

Aufnahmedatum: 1962 bis 1996

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Jazz In ParisSeit es ihn gibt, war Jazz der Pulsschlag der Pariser Kulturszene. Vier prächtige Boxen im LP-Format mit je drei CDs und einem schweren Booklet zeichnen die Geschichte der Stadt und ihrer Musik nach. Veröffentlichung: 06.12.2004

VARIOUS ARTISTSJazz In Paris – VOL. I CHAMPS-ÉLYSÉES 1917–1949 981 255-3 (3 CDs)

VARIOUS ARTISTSJazz In Paris – VOL. II MONTMARTRE 1924–1939 981 255-7 (3 CDs)

VARIOUS ARTISTSJazz In Paris – VOL. III SAINT-GERMAIN-DES-PRÉS 1946–1956 981 256-5 (3 CDs) VARIOUS ARTISTSJazz In Paris – VOL. IIII RIVE GAUCHE, RIVE DROITE 1956–1959 981 256-1 (3 CDs)

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LAURA FYGIThe Very Best Time Of The Year06024 9868590

Musiker: Laura Fygi: vocals / Rob Pronk: arrangements

Songs: Have Yourself A Merry Little Christmas / The Christmas Waltz / What Are You Doing New Year‘s Eve? / Sleigh Ride / The Very Best Time Of Year / Winter Wonderland / Christmas Morning / Once A Year Miracle / A Song For Christmas / Merry Christmas, Darling / Christmas Time Is Here / The Christmas Song / Noël a Paris

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Seite 8 Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Call & Response

Verträumt, verliebt: MADELEINE PEYROUX

Terry Callier: Wir haben echt Glück, dass wir überhaupt miteinander sprechen. Noch vor einer halben Stunde war die gesamte Telefonanlage hier im Hotel in London kaputt. Und von den drei Telefo-nen in diesem Zimmer funktioniert auch jetzt erst nur eines. Madeleine Peyroux: Und doch klingt es bei mir hier im Hotel in Vancouver, als wärst du nebenan. Wunder der Technik!Callier: Ich sage es dir. Das ist auch etwas, was mir an deiner CD gefällt. Dass da viele akustische Instrumente im Spiel sind. Wenn man einstöpselt und verkabelt und anzapft, hat man immer ein Problem, wenn der Strom ausfällt. Ich sage meinen Musikern immer, man muss sich so frei wie möglich von der Technik machen. Und wenn es irgend möglich ist, versuche ich mit allen Musikern gleichzeitig aufzunehmen. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als ich das Glück hatte, mit Charles Stepney für Chess in Chicago zu arbeiten. Er glaubte fest an dieses Prinzip. Wenn er mit einem Streichorchester und einer Bigband und Perkussionisten und Sängern und all dem aufnahm, dann wollte er all diese Musiker zur selben Zeit im Studio haben. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich zum ersten Mal vor so einem Ensemble im Studio stand und anfing zu singen. Es war unglaublich. Peyroux: Mich würde interessieren, was du denkst, was sich musikalisch in den letzten Jahren besonders verändert hat. Als ich in Brooklyn aufwuchs, waren zwar Madonna und Michael Jackson in den Charts, aber zu Hause hörten wir nur Sachen aus den 30ern und 40ern. Für mich zählten wohl immer weniger die Hits als die Leute, die diese Musik zu dem machen, was sie ist.Callier: Stimmt. Und Menschen sind „Folk“ und deshalb ist alle Musik „Folk Music“. (beide lachen) Ich versuche inzwischen so weit zurückzuhören, wie es Aufnahmen gibt. Anfang des Jahres habe ich einige Aufnahmen von Louis Armstrongs Hot Five und Hot Seven bekommen. Da sind Sachen dabei, die er damals gespielt hat, die noch heute keiner so spielen kann. Man kommt einfach nicht gegen diese Gefühle an. Und wenn solche unglaublichen Gefühle im Spiel sind, wird

die Musik dazu nie veraltet sein. Ich hatte eine Chance, mir deine CD anzuhören. Es gab mal eine Band in Frankreich, Hot Club de France, mit diesem Gitarristen Django Reinhardt, und daran erinnert sie mich sehr. Obwohl sie absolut nicht „retro“ ist. Außerdem gibt es da eine Erinnerung an Billie Holiday in deiner Stimme. Ich weiß nicht, ob dir das bewusst ist und wie viel du von ihr gehört hast. Aber es gibt ganz bestimmt eine spirituelle Verbindung zwischen euch. Ich selbst habe auf einigen Stücken meiner neuen CD versucht, wie Billie Holiday zu klingen. Besonders auf „Blues For Billie Holiday“ habe ich versucht, Phrasen so zu formen, wie es Billie getan hat. Sie war eine Phrasenfor-merin erster Klasse. Viele Sänger können bestimmte Noten an einem besonderen Ort platzieren, aber ihr gelang das mit kompletten Phrasen. Und das macht den Unterschied.Peyroux: Billie wird oft unterschätzt, denke ich. Ich habe gerade mit jemandem über Frank Sinatra gesprochen, der ja selbst meinte, er hätte alles davon gelernt, dass er immer wieder Billie Holiday gehört hat. Frank habe ich nicht so viel gehört, aber Billie natürlich sehr viel. Auch schon damals, als ich noch in Paris lebte und Straßenmusik gemacht habe. Wir haben auch viel Django gehört und sogar einen Song gespielt, mit dem er einen Hit hatte: „Back In Nagasaki“. Ach ja, Paris. Das ist irgendwie immer noch eine Art neutraler Boden, besonders für Intellektuelle und Künstler aus aller Welt.Callier: Ich wünschte mir manchmal, dass ich das gesamte Frühjahr in Paris verbringen könnte. Von Februar bis Mai. Ich denke, das würde mir sehr gut tun und mir auch dabei helfen, einige der Dinge zu Papier zu bringen, die mir auf der Seele liegen. Paris hat diese besondere kreative Atmosphäre, besonders im Frühjahr.Peyroux: Hast du als Songwriter angefan-gen oder immer schon selbst gesungen?Callier: Ich habe eigentlich immer schon beides gemacht. Von 1970 bis 1976 habe ich mit einer Gruppe gearbeitet, die sich Chicago Songwriters Workshop nannte und vom R’n’B-Sänger Jerry Butler gesponsort wurde. Wir haben damals

hundert Dollar die Woche verdient und meine Miete waren damals hundert Dollar im Monat. Da habe ich aber auch schon selbst gesungen und Platten aufgenom-men. Aber der Workshop gab mir eine enorme Freiheit. Zum Beispiel, Auftritte abzulehnen, die zu schlecht bezahlt wa-ren. Abgesehen davon glaube ich, dass jeder Mensch Erfahrungen macht, über die er schreiben will. Besonders Sänger. Je mehr man schreibt, umso leichter wird es. Nein, das nehme ich zurück: Je mehr man schreibt, umso mehr kann man schreiben.

Es ist nie leicht. Aber so ist das Leben. Ich habe Anfang der 80er einen Job als Computerprogrammierer angenommen, um meine Tochter ernähren zu können. Damals dachte ich noch, dass ich das wohl ein paar Jahrzehnte machen würde, dann eine goldene Armbanduhr und eine nette Rente bekäme und damit ein wenig um die Welt reisen würde. Naja, um die Welt reise ich jetzt schon…Peyroux: Aber ohne Rente! Du hast wirk-lich absichtlich mit der Musik aufgehört?Callier: Ja, und zwar mehr als einmal. Aber das war die längste Zeit. Meine Tochter kam ja nach Chicago, um bei mir zu sein. Wenn ich weiter mein Geld in der Musikwelt hätte verdienen wollen, hätte ich viel reisen müssen – und wäre viel zu selten zu Hause bei ihr gewesen. Ich hatte

einen Teilzeitjob als Computeroperator und meine Mutter, die damals noch lebte, ließ uns bei sich wohnen. Ich fing dann an, mich als Programmierer ausbilden zu lassen und so hielten wir alles zusammen.JazzEcho: Sie haben den Job aber auch noch ziemlich lange behalten, oder?Callier: Stimmt. Sogar nach meinem Comeback. Ich war bei Verve unter Vertrag und behielt meinen Tagesjob. Es ist wirklich komisch, allerdings überhaupt nicht lustig, dass in dem Moment, als wir an dem zweiten Album für Verve arbei-teten, mein Vertrag aufgelöst wurde. Im selben Jahr kam es zu einigen Kürzungen im Computerdepartment der Universität von Chicago, wo ich arbeitete, und meine ganze Abteilung wurde entlassen. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Man hört immer wieder diese Geschichten von Leuten, die nur ein paar Gehaltsschecks von der Obdachlosigkeit entfernt sind. Und genau so ging es mir damals. Dann erlaubte der Schöpfer, dass die Musik wieder in mein Leben kam, und jetzt bin ich sogar wieder bei Universal unter Vertrag. Es ist schon ein sehr inter-essanter Prozess. Ich sehe mir das immer wieder von allen möglichen Seiten an, um herauszufinden, was da los war.Peyroux: Was hältst du von der Musik heutzutage? Callier: Als ich 1995 oder 1996 zum ersten Mal bei Verve unter Vertrag war, stand es noch im Raum, ob ich vielleicht meine alten Songs neu aufnehmen sollte. Oder ein paar alte und ein paar neue. Am Ende überzeugte ich sie, dass es eher neue Sachen sein sollten. Dann meinten sie: „Es hat sich viel verändert, seit du 1983 zum letzten Mal im Studio warst.“ Das hat mich echt verunsichert. Kann ich das noch? Als ich im Studio ankam, merkte ich schnell, dass das Einzige, was sich wirklich geändert hatte, war, dass da mehr Computer herumstanden.Peyroux: Und die hattest du ja nun ausgiebig studiert!Callier: Stimmt. Aber die Basiselemente waren immer noch dieselben: Man musste immer noch einen Song singen und die Musik spielen. Man musste immer noch einen Weg finden, wie man sich als Performer durch das Mikrofon auf das Me-dium brachte, egal ob es jetzt ein Acetat oder Protools war. Wann hast du denn angefangen aufzunehmen, Madeleine?Peyroux: Das war wohl so 1996. Ich war vorher Straßenmusikerin, in Paris und

überall in Europa. Irgendwann bekam ich dann einen Plattenvertrag. Und hatte viel Spaß mit der ersten Platte, die ja eher unerwartet sehr erfolgreich war, und auch auf Tour. Bis ich nach etwa einem Jahr völlig ausgebrannt war. Beim zweiten Album, das nie zustande kam, hatten wir mehr Geld, aber weniger Ideen. Und auf einmal konnte ich dann im Studio nicht mehr richtig singen. Es hat ein paar Jahre gedauert und einen Produzenten wie Larry Klein gebraucht, dass ich mich wieder mit dem Gedanken anfreunden konnte, ins Studio zu gehen.Callier: Auf deinem neuen Album ist ein für mich persönlich sehr interessanter Song, „J’ai deux amours“. Als ich den das erste Mal gehört habe, muss ich 6 oder 7 gewesen sein. Eine Frau namens Josephine Baker hat ihn damals gesungen. Sie trat in Chicago auf und meine Mutter bestand darauf, dass wir zusammen hingehen. Ich hatte ja keine Wahl: „Komm T., zieh dich an. Wir gehen aus!“ Mich hat das echt umgehauen, den Song jetzt wieder zu hören, weil ich ihn seit damals nicht gehört habe.Peyroux: Ich kann es nicht glauben! Callier: Madeleine, danke für dieses Ge-spräch, obwohl wir uns immer noch nicht persönlich kennen. Ich bin froh, dass die Leute hier im Hotel die Telefone rechtzeitig repariert haben.Peyroux: Es hat funktioniert. Against all odds, trotz der widrigen Umstände.Callier: (singt die Phil-Collins-Filmmelodie: „Against All Odds“) Jetzt im Nachhinein machen sich alle über Phil Collins lustig. Natürlich ist er ein sehr einfacher Songwriter und es gibt da nicht besonders viele Wortspiele in seinen Texten. Aber die Songs, wie eben „Against All Odds“, die er gut geschrieben hat, und die, die er gut gesungen hat, wie „Separate Lives“, gehören mit zum Besten, was es gibt. Besser geht es nicht. Peyroux: Ja, stimmt. Man behält seine Melodien im Ohr. Manchmal habe ich ihn nicht so zu schätzen gewusst, vielleicht hat mir die Tiefe gefehlt.Callier: Vieles war „Earcandy“. Aber diese beiden Songs waren echt gut. Ich habe ihn in Paris live gesehen und damit hat er das Publikum wirklich restlos begeistert.Peyroux: Vielen Dank, Terry! Es war wirklich eine großartige Gelegenheit. Es gibt wirklich eine Menge, was ich jetzt erst einmal verdauen muss. Wir sehen uns dann, spätestens im Frühjahr in Paris.

Nach Paris, der Mucke wegenMADELEINE PEYROUX und TERRY CALLIER: Zwei Amerikaner mit französischen Namen, die beide Paris-Fans sind, entdecken weitere überraschende Gemeinsamkeiten.

MADELEINE PEYROUX

1974 Madeleine Peyroux kommt in Athens, Georgia, zur Welt.

1988 Mit der mittlerweile geschiede - nen Mutter zieht sie nach Paris.

1990 Mit der Straßenmusikkapelle The Lost Wandering Blues & Jazz Band geht sie auf Tour durch europäische Fußgängerzonen und Marktplätze.

1995 Mit eben 21 bekommt sie einen Plattenvertrag bei Atlantic. Das Album „Dreamland“, unter anderem mit James Carter und Cyrus Chestnut, wird im Jahr darauf ein enormer Erfolg.

1996 Nach 200.000 verkauften „Dreamland“-CDs und Auf- tritten im Vorprogramm von Cesária Évora, Sarah McLachlan und Nina Simone, wird sie auf- grund von Umstrukturierungen bei Atlantic aus ihrem Vertrag entlassen.

2004 Mit „Careless Love“, ihrem wun- derschönen Album mit außeror- dentlich eigenartigen Versionen selten gehörter Swing-, Blues- und Countrysongs, meldet sie sich zurück.

Man nennt sie „die Stimme der gebro-chenen Herzen“ und vergleicht sie mit Billie Holiday und Bessie Smith. Mit ihrem Debütalbum „Dreamland“ eroberte die ehemalige Straßenmu-sikerin Madeleine Peyroux 1996 auf Anhieb die Herzen der Fans. Jetzt, einige vergebliche Aufnahmeversuche, jede Menge erfolgreicher Auftritte, etwa beim „Montreux Jazz Festival“ oder dem „Lilith Fair“, und acht Jahre ohne Plattenvertrag später, überrascht sie mit ihrem großartigen Zweitling „Careless Love“. Natürlich klingt ihre Stimme darauf immer noch tieftraurig verrucht und hochgradig verletzt. Die zwölf Songs, die sie mit Produzent Larry Klein, Gitarrist Dean Parks, Organist Larry Goldings, Trompeter Lee Thornburg in Los Angeles aufgenommen hat, stam-men allerdings nicht nur von Althelden wie Hank Williams oder W.C. Handy, sondern auch von Leonard Cohen und Bob Dylan. Ein Stück, ihr (Anti-)Motto „Don’t Wait Too Long“, hat sie sogar selbst, zusammen mit Norah Jones’ Hitschreiber Jesse Harris, komponiert.

MADELEINE PEYROUXCareless Love06024 9823583

TERRY CALLIER

1946 Terrence Orlando Callier kommt in Chicago, Illinois, zur Welt.

1962 Der Freund von Jerry Butler, Curtis Mayfi eld und Ramsey Lewis unterschreibt seinen ersten Vertrag bei Chess, geht aber auf Drängen seiner Mutter nicht auf Tour, sondern zur Schule.

1965 Sein Debütalbum „The New Folk Sound Of Terry Callier“ erscheint mit drei Jahren Verzögerung, weil der Produzent mit den Master- bändern durchgebrannt war.

1971 Als Mitglied des Chicago Song- writers Workshop schreibt er unter anderem für das Hitalbum „Freedom Means“ der Dells und nimmt auch unter eigenem Namen auf Cadet auf.

1997 Nach einer Pause, in der er als Programmierer arbeitet, feiert der in der britischen Acid-Jazz- Szene legendäre Musiker mit dem Album „Time Peace“ ein grandioses Comeback.

2004 Mit „Lookin’ Out“ meldet sich Callier, nach zwei Alben bei Mr. Bongo und Gastauftritten, unter anderem bei 4hero und JJ Mil- teau, bei Universal zurück.

Terry Callier ist der beliebteste Singer/ Songwriter der jazzbewussten Soul-freunde. Der „All Music Guide“ nennt ihn einen „folk-jazz mystic“, dessen „kathartische, tief spirituelle Musik sich jeder Genrezuordnung entzieht“. Mit „Ordinary Joe“, „Occasional Rain“ oder „What Color Is Love?“ aus den 70ern, aber auch mit seinen diversen Alben der letzten sieben Jahre hat er sich in alle Herzen gesungen. Seine schönen Melo-dien und sanften Gesänge inspirierten nicht nur 4hero, Paul Weller oder Galli-ano, sondern jeden, der sie hört. 1997 verschaffte ihm Gilles Peterson den Plat-tenvertrag für sein grandioses Come-back „Time Peace“. Danach nahm er noch ein weiteres Album bei Verve und zwei bei Mr. Bongo auf, sang auf Alben von Beth Orton, Koop, 4hero und JJ Milteau. Seine drei Alben auf Cadet aus den frühen und die beiden auf Elek-tra aus den späten 70ern sind, ebenso wie etliche bisher unveröffentlichte Live- Sessions, mittlerweile auch auf CD erhältlich. Sein neues Album „Lookin’ Out“ hat der Chicagoer in England und den USA aufgenommen.

TERRY CALLIERLookin’ Out06024 98234402

Erst verschollen, jetzt endlich wieder bei Verve: TERRY CALLIER

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Seite 9Ausgabe 4 • Jahrgang 7

Porträt

Even Cowgirls Get The JazzDie ehemalige Country-Ikone LINDA RONSTADT hat nach fast 20 Jahren wieder ein Jazzalbum veröffentlicht – und das ist auch gut für uns.

15. Juli 1946 Linda Ronstadt kommt in der Nähe von Tucson in Arizona zur Welt.

1964 Auf der Arizona State University trifft Ronstadt den Gitarristen Bob Kimmel, mit dem sie nach Los Angeles zieht und die Band The Stone Poneys gründet, die zur füh-rende Attraktion der kalifornischen Folkbewegung wird.

1971 Ihr drittes Album „Linda Ronstadt“ nimmt sie mit Musikern der späteren Eagles auf. Linda singt dort Songs von Jackson Browne und Neil Young.

1974 Ronstadts fünftes Album „Heart Like A Wheel“ erreicht die Spitze der „Billboard“-Charts, verkauft sich über zwei Millionen Mal und macht sie zum Superstar.

1982 Ronstadt tritt in der Broadway- Produktion „The Pirates of Penzance“ von Gilbert & Sullivan auf.

1983–86 Gemeinsam mit dem überragenden Arrangeur Nelson Riddle, den sie aus dem Ruhestand holt, leitet Linda Ronstadt auf drei LPs die Renais-sance des Vokaljazz in der Popmusik ein.

1987 Ronstadt nimmt mit dem „Trio“- Album an der Seite von Dolly Parton und Emmylou Harris erneut eine Country-LP auf.

2004 Ihre CD „Hummin‘ To Myself“ erscheint bei Verve.

LINDA RONSTADTHummin’ To Myself06024 9860521

Wer hätte so ein amerikani-sches Drama besser ins-zenieren können als Linda Ronstadt in Las Vegas? Im

Juli trat die Sängerin dort im Luxushotel Aladdin vor 4500 Zuschauern auf. Als sie den Song „Desperado“, ihre erste Zuga-be, US-Filmemacher Michael Moore wid-mete, ihn einen „großen amerikanischen Patrioten“ nannte und das Publikum auf-forderte, Moores Film „Fahrenheit 9/11“ zu sehen, brach ein Chaos im Saal aus. Es gab Buhrufe, Zuschauer stürmten zum Ausgang, andere rissen Konzertplakate ab oder warfen Cocktails in die Luft. Dabei war Linda Ronstadts Verhalten, das ge-samte Dilemma voraussehbar gewesen. Schon eine Woche vor ihrem spektakulä-ren Auftritt gab Ronstadt der „Las Vegas Review“ ein Interview, in dem sie bekun-dete, die Stadt zu hassen und seit einiger Zeit den Song „Desperado“ auf ihren Konzerten Michael Moore zu widmen. Schon in den späten 70er Jahren war Ronstadts Verhältnis mit dem kaliforni-schen Demokraten (und Arnie-Antagonis-ten) Jerry Brown kein Geheimnis. Warum also die Aufregung?

Möglicherweise, weil das amerikani-sche Publikum in Linda Ronstadt „nur“ ei-ne Entertainerin sieht, und ein Entertainer soll gefälligst unterhalten und nicht seine Meinung kundtun. Dann besteht min-destens die Hälfte der Zuhörer von Linda Ronstadt aus Country-Rock-Fans, die im Laufe ihres Lebens sicherlich mehrere Ex-emplare von Ronstadts Multiplatinalbum „Heart Like A Wheel“(1974) durchgespielt haben. Auch dieses Klischee wollte die mittlerweile 58-Jährige nicht mehr bedie-nen, als sie mit dem Baltimore Symphony Orchestra antrat und ihr Repertoire aus Sinatra-Standards vortrug, das sie in den

80er Jahren mit dem sagenumwobenen Arrangeur Nelson Riddle auf drei LPs ver-öffentlichte. Darüber hinaus scheint ihre Rückkehr zum Rock mit Ronstadts gerade erschienener Verve-CD „Hummin’ To My-self“ nicht so absehbar.

Ein Team der Superlative

Viele Jazzfans werden seit jenen drei LPs, die sie zwischen 1983 und 1986 mit Nelson Riddle aufnahm, Linda Ronstadt für sich entdeckt haben. Es war ein Team der Superlative: Eine der umsatzstärksten Rockdiven aller Zeiten (50 Millionen Alben, sieben Grammys) interpretierte Arrangements des verehrtesten und viel-seitigsten Komponisten und Arrangeurs der Nachkriegszeit, dessen bekannteste Phase sicherlich seine Zusammenarbeit mit Frank Sinatra auf dem Capitol-Label war. Die Zusammenarbeit Ronstadt/Riddle darf als Präzedenzfall aller späteren Neo-Jazzvokalisten betrachtet werden, die eigentlich aus dem Pop kamen: von Natalie Cole und Harry Connick jr. über Rod Stewart bis hin zu Robbie Williams und Sheryl Crow. „Nelson Riddle gefiel die Tatsache, dass seine Musik ein Come-back durch eine Rocksängerin erlebte“, vertraute Linda Ronstadt 1998 der aus-tralischen Journalistin Debbie Krüger an. „In den 60er Jahren hatte Rock die Musik von Frank Sinatra und Nelson Riddle auf geradezu brutale Weise verdrängt. Es war eine Genugtuung für ihn, dass sie ausge-rechnet durch mich aus den Fahrstühlen gerettet wurde.“

Unlängst unterschrieb Linda Ronstadt einen Vertrag über zwei Alben mit dem führenden amerikanischen Jazzlabel Verve Records. Gerade ist ihre neue CD „Hum-min’ To Myself“ erschienen. Produziert

wurde sie von John Boylan und Lindas langjährigem Freund und Mentor George Massenburg. Ein neues Jazzalbum von Linda Ronstadt, das sich aber von den LPs mit Nelson Riddle in der Instrumentie-rung abhebt, nicht so orchestral wie diese ist. Die elf Titel von „Hummin’ To Myself“ sind mit vergleichbar kleinen Ensembles aus vier bis acht Musikern eingespielt worden, unter anderen von Alan Broad-bent, Christian McBride, Peter Erskine, Le-wis Nash und Roy Hargrove. Ihren Hang zum Broadway-Material der 30er und 40er hat Linda Ronstadt jedoch auch auf diesem Album ausgelebt. Der Titelsong, geschrieben von Monty Siegel, gehörte zum Repertoire von Connee Boswell, einer der bedeutendsten Jazzsängerinnen der 30er. „Blue Prelude“ kennt man in der Version von Bing Crosby, und Duke Ellington schrieb „Day Dream“. „Never Will I Marry“ und „I’ve Never Been In Love Before“ schrieb in den 30er Jahren der Broadway-Komponist Frank Loesser. „I Fall In Love Too Easily“ ist heute viel-leicht in der Version von Chet Baker am bekanntesten. Mit „Tell Him I Said Hello“ debütierte die junge Betty Carter.

Sie habe „eine große Affinität für alles, das in den ersten 30 Jahren dieses (des 20., d. Red.) Jahrhunderts geschrieben wurde“, gab Frau Ronstadt zu Protokoll. „Manchmal habe ich die Sängerinnen beneidet, die das Glück hatten, als Erste diese Songs zu singen, gleich nachdem sie aus der Feder des Komponisten geflos-sen waren. Ich ging immer wieder über die Charts und mir kommen noch heute diese Songs so ausgefeilt vor. Man kann ihnen einfach nichts hinzufügen, und man kann sie einfach nicht ignorieren.“

Als Linda im Juli 1985 (motiviert vom Erfolg der ersten beiden Riddle-LPs) auf

dem Cover von „Down Beat“ landete, beschrieb sie Steve Bloom dort nicht unironisch als eine Lady, die oft Worte wie „Gee!“ und „Gosh!“ in ihre Sätze ein-flocht. Immerhin war Linda Ronstadt in den frühen 70ern das Pin-up-Girl der kali-fornischen Rockmafia gewesen und hatte das „American Songbook“ als Musik für Spießer abgetan, so ganz schien dies der Jazzjournalist nicht vergessen zu haben. Ronstadt ihrerseits ließ keinen Zweifel da-ran aufkommen, dass sie sich in keinster Weise als Jazzsängerin verstünde, sondern als Balladensängerin. Dass sie es liebte, „ein Bad in den Noten zu nehmen“. Für diese Ehrlichkeit hat sie Anerkennung verdient, ebenso für ihren Ausspruch: „Man muss nicht originell sein, es reicht, authentisch zu sein.“ Authentisch ist Linda Ronstadt in ihrer gesamten einzig-artigen Karriere geblieben, egal ob mit Folk, Country, Rock, Broadway, Jazz, New Wave oder mexikanischer Musik. Kaum eine andere Sängerin wird nach ihr noch gleichzeitig Grammys in den Kategorien Rock, Pop, Country und Latin gewinnen. Geboren 1946, wuchs Linda Ronstadt auf einer Ranch in Arizona auf. In ihren Adern fließt mexikanisches, englisches, deut-sches und holländisches Blut. Während Lindas Mutter eine Vorliebe für Oper, Broadway und Jazz hatte, stand ihr Vater, ein Mexikaner, für Cumbia, Mariachi und Ranchero. (Später widmete Linda die Nelson-Riddle-Trilogie ihrer Mutter und nahm für ihren Vater drei hispanische LPs, insbesondere „Canciones de mi Padre“, auf.) Und natürlich lief Country im Ra-dio, mehr Frequenzen als die Stationen XWEF und KOMA bekam man in Arizo-na nicht rein. Zu Beginn ihrer Karriere erzählte Linda dem „Rolling Stone“, wie elementar die Musik in ihrer Jugend im

amerikanischen Südwesten war: „Sie half dir beim Abwaschen, brachte dich durch die einsamen Abende in der ländlichen Abgeschiedenheit, durch das Begräbnis der Großmutter, oder wenn sich mal wieder jemand selbst den Arm mit einem Gewehr abgeschossen hatte.“

Bürgerliches Leben? Keine Chance

Einige der Interviews, die Ronstadt in den späten 60ern, frühen 70ern gab, sind ko-misch und erstaunlich. Solche Interviews würden heute Prankster-Popstars wie Peaches und Gonzales geben: Mit zwei Jahren hätte sie sich entschieden, Sänge-rin zu werden. Sie würde ihre eigene Mu-sik zwar nicht besonders mögen, hätte aber keine Wahl, weil sie eine „unreguläre Person“ sei und keine Chance hätte, ein bürgerliches Leben zu führen. Ronstadt beendete weder High School noch Col-lege. Wenn sie nicht hätte singen kön-nen, wäre sie Putzfrau geworden, sagte sie. Eines war die junge Linda sicherlich auch – bildschön. Als 18-Jährige folgte sie ihrer Bestimmung nach Los Angeles und trat dort in eine Folkgruppe namens The Stone Poneys ein, mit der sie bis 1968, als sie ihre Solokarriere startete, ein, zwei kleine Hits hatte. Ihr Solodebüt „Hand Sown … Home Grown“ mit der Single „You’re No Good“ brachte Linda dann für den Rest der Dekade ins Rampenlicht einer frühen Alternative-Country-Szene, die Gegenpol der bombastischen Psy-chedelic-Rock-Bewegung jener Zeit war. Aber auch wenn sie neben Jackson Brow-ne, den Eagles und Neil Young zu den Stars der kalifornischen Rockszene der 70er zählte, gab sie 25 Jahre später zu, im Herzen nie zu so ganz zu dieser Kultur gehört zu haben. „Rock’n’Roll war nicht

ich, Rock’n’Roll war die Kultur, in der ich lebte, in die ich hineingeboren wurde.“Später sang sie deswegen in den Broad-waystücken „Pirates of Penzance“ und „La bohème“, sprang ins kalte Wasser des Jazz, nahm Musik mit Philipp Glass, Aaron Neville und Randy Newmans „Faust“-LP auf, produzierte ein Album mit einem Glas-Harmonium und eine Song-Samm-lung für ihre Kinder. Sie konnte das alles, weil sie das Talent und den Stimmumfang dazu hatte und weil sie sich ausschließlich immer als Interpretin verstanden hat. „Seit den 70er Jahren gibt es diesen Anspruch, ein Singer/Songwriter sein zu müssen, aber das war nicht immer so“, erklärte sie. „Nehmen wir die 50er, Ella Fitzgerald. Hat sie jemals ein Journalist gefragt, warum sie nicht eigene Songs schreibt?“ An Ella hat Linda immer be-wundert, dass sie in ihren Interpretatio-nen an der Melodie bleibt, ohne daran zu kleben. „Sie etabliert immer zunächst, was der Komponist wollte, bevor sie davon abhebt, sie respektiert die Songs, und das ist schön, weil diese Songs ein-fach sehr, sehr gut geschrieben sind.“ Durch ihre gesamte Karriere hindurch hat sich Ronstadt „in ein traditionelles Genre versetzt und versucht, so vollständig wie nur möglich zu erfüllen, was dieses Genre fordert“. Auch mit ihrem neuen Album möchte sie den Jazz der 30er und 40er so interpretieren, wie er eigentlich geschrie-ben wurde. „‚Sing the ink‘, wie man so schön sagt.“ JazzLink: ronstadt

LINDA RONSTADT, Ex-Country-Ikone

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Planet Jazz

NYLON schafft Konsens

Nylon auf Vinyl

An der Band Nylon scheiden sich die Geister. Angeblich. Erst neulich wieder ge-stand ein Rezensent der Hamburger „Sze-ne“: „Manchmal, wenn die Luft rein ist, lege ich heimlich die CD von Nylon aus Berlin ein.“ Aha. Damit jetzt auch dieje-nigen, die angeblich nie in irgendwelchen Trendcafés oder Kaufhausumkleiden zu finden sind, aber trotzdem genau wissen, dass Nylon dort rauf und runter läuft, ganz offen und unheimlich in den Genuss dieser charmanten Elektroversionen Krug’schen, Knef’schen und sonst wie schlagernden Kulturgutes kommen, gibt es aktuell diese Remix-Maxi. „Im 80. Stockwerk“, ein Hit von Hildegard, findet sich darauf gleich zweimal: eigenartig und fusion-discotaug-

NYLONDie Mixe 06024 98685631

New York reicht bis nach Rio: BRAZILIAN GIRLS

Schmutziger TangoDie Band BRAZILIAN GIRLS kommt nicht aus Brasilien und hat Mädchen nur im Singular. Surreal und abgründig ist denn auch die Musik.

Sind die aus Rio?“, fragt der ältere Mann vor dem Ticketschalter, und der Ticketverkäufer vom Nublu-Club

in Downtown New York rollt an diesem Abend mal wieder mit den Augen: Die Brazilian Girls sind nicht aus Rio, und sind nicht mal Girls – bis auf die Sängerin Sabina Sciubba, deren laszive Noncha-lance sie sofort als (Wahl-) New Yorkerin entlarvt – ist sie die „neue Grace Jones“? Lange war aus der Stadt am Hudson nichts ähnlich Innovatives gekommen. Brazilian Girls verbänden die elegante Verführung mit der Unaufhaltsamkeit des Dance Beats, schrieb unlängst die „Vogue“ über das Quartett, das Anfang 2005 sein titelloses Debüt auf dem Ver-ve-Sublabel Forecast veröffentlicht. Ihr absurder Name kontrastiert mit dem inte-ressanten und grundsoliden Background der vier New Yorker Musiker: Sängerin Sciubba ist auf den Soloalben des Bas-sisten Matthew Garrison zu hören. 2002 veröffentlichte sie gemeinsam mit dem italienischen Gitarristen Antonio Forcione, der als der „Jimi Hendrix der Akustikgitar-re“ bezeichnet wird, das jazzig-folkige Duoalbum „Meet Me In London“, das glänzende Kritiken erhielt. Verblüffend ist, wie Sabina Sciubba ihre stimmliche Per-sönlichkeit zu ändern versteht: von mäd-chenhaft kokett, über kühl und abgeklärt

bis hin zum Vamp. Der aus Buenos Aires stammende Keyboarder Didi Gutman ist musikalischer Leiter von Bebel Gilbertos Band, hat aber auch schon mit Roy Ayers, Lil’ Louie Vega und Latin-Popstar Pauli-na Rubio zusammengearbeitet und am bahnbrechenden Tango-Nuevo-Album „Bajo fondo Tango Club“ mitproduziert. Bassist Jesse Murphy ist in Jazzkreisen vor allem durch die „Überjam“-Sessions mit John Scofield bekannt. Schlagzeuger Aaron Johnston wiederum spielte bereits mit dem New-Age-Musiker Mike Mar-shall, aber auch mit Bluegrass-Star Tony Furtado, Omar Sosa, Pete Escovedo und Harry Belafonte. Die Brazilian Girls be-gegneten einander vergangenes Jahr in jenem New Yorker Nublu-Club, der heute das sein könnte, was Minton’s Playhouse für das New York der 40er oder das CBGB in den 70ern war: die Brutstätte der Avantgarde. „Ein Kollektiv“, rühmt Didi die Homebase der Brazilian Girls, „eine Kommune, in der Musiker, DJs, Poeten, Maler und andere Lebenskünstler Ideen austauschen. Im Nublu waren wir in der Lage, ohne Einschränkungen und Erwar-tungen zu experimentieren.“ Wären die Brazilian Girls ein Gemälde, wäre es von Dalí, wären sie ein Film – Scorsese. Sur-realistisch und abgründig ist zum Beispiel ihre schmutzige Tangoversion des mittel-

alterlichen Bauernliedes „Die Gedanken sind frei“. Sciubba singt auf dem Album auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch – nein, nicht auf Portugiesisch. Ihre Single „Homme“ erschien letztes Jahr auf der CD „Waxpoetic/Nublu Sessions“. Ein an-derer Track der Brazilian Girls, „Lazy Lover“, wurde von Matthew Herbert zur Club-Single remixed. Angesichts der unterschiedlichen Lebensläufe und musikalischen Backgrounds der Bandmitglieder ist der postmoderne Ek-lektizismus der Brazilian Girls nicht weiter verwunderlich. Überraschend ist aller-dings, dass ihr Debütalbum unglaublich homogen klingt und ungeachtet der mit-unter recht avantgardistischen Untertöne (bis hin zur Atonalität) zweifellos Pop-musik ist. Popmusik, die gleichzeitig so intelligent und eingängig klingt wie etwa die von Talking Heads oder Moloko. „Alle lieben die Brazilian Girls“, sagt der Ticket-verkäufer vom Nublu, und der muss es wissen. JazzLink: girls

BRAZILIAN GIRLSBrazilian Girls06024 9863413Veröffentlichung: 10.01.05

Sohn einer Legende zu sein, ist schwer. Vor allem, wenn man auch

noch in deren Fußstapfen tritt. Neben Ravi Coltrane oder John Carter Cash wird auch Femi Kuti hin und wieder den Segen seines

Übervaters als Fluch empfunden haben. „Eine große Herausforde-

rung, an der ich mich messen muss“, benannte dies der nigerianische Sänger und Sa-

xophonist noch zu Lebzeiten Fela Kutis.

Femi, vidi, vici!

FEMI KUTI, Sohn der Afrobeat-Legende Fela

Kuti, zeigt mit seinem neuen Sampler, dass er mit dem schweren Erbe

sinnvoll umgeht.

FEMI KUTIBest Of Femi Kuti06024 9822324

„Wer denn nicht?“, antwortete Sérgio Mendes einmal auf die Frage, welcher Jazzmusiker wohl von der Musik seiner brasilianischen Heimat beeinflusst wurde. Er wusste, wovon er sprach. Schließlich gehörte der klassische Pianist aus der Stadt Niterói an der Guanabarabucht, direkt gegenüber von Rio de Janeiro, zur ersten Welle brasilianischer Musiker, die die Bos-sa Nova nach Nordamerika schwappen

SÉRGIO MENDES The Swinger From Rio – Favourites 06024 9824791 4

ließen. Schon im Dezember 1962 nahm er mit seinem Bossa Rio Sextet ein Album mit Cannonball Adderley in New York auf, spielte bald mit Dizzy Gillespie, Stan Getz, Charlie Byrd und Herbie Mann. Mitte der 60er, inzwischen hatte er seine Familie nach Kalifornien geholt, war er oft an der Seite von Art Farmer, Phil Woods und Hubert Laws zu hören. Hauptsäch-lich aber brasilianisierte er zu dieser Zeit mit seinen verschiedenen Hitbands, vor allem auf Herb Alperts Independentlabel A&M Records, zeitgenössischen Pop. Das Debüt album von Sérgio Mendes & Brasil ’66, einer neu besetzten Version der we-

The Boy From Niterói

FEMI KUTI, Generalerbe

SÉRGIO MENDES: Der Swinger

1981 stieg Femi in Felas Band Egypt 80 ein. Drei Jahre später wurde Kuti senior kurz vor Antritt einer US-Tournee in La-gos verhaftet, und der 22-jährige Femi musste ohne den Vater ins Flugzeug steigen, unvorbereitet die Rolle des Bandleaders und Afrobeat-Gottes ausfül-len. Etwas abgeschreckt von der „larger than life“-Persönlichkeit Felas gründete Femi nach dieser Tournee seine eigene Band, Positive Force, die den Sound sei-nes Vaters adaptierte, jedoch verkürzte, vereinfachte und modernisierte. Da, wo Fela afrikanische Rhythmen mit dem Funk von James Brown und Sly Stone auf 45-minütigen Tracks verschmilzt, sind die Referenzpunkte in Femis Musik tradi-tionelle nigerianische Genres wie Apala und Sakara, verbunden mit den US-Hel-den der 90er: den Neptunes und Roots. Mit diesem persönlichen musikalischen Stil wurde Femi Kuti auf den vier LPs, die von ihm zwischen 1995 und 2002 erschienen, dennoch den politischen Erwartungen gerecht, die Panafrikanisten an ihn, den Erben des Afrobeat-Throns, nach dem Tod Felas 1997 richteten. „Afrobeat ist kein Entertainment“, hatte Fela einmal postuliert. „Afrobeat ist eine Waffe“, setzte Femi noch einen drauf und

Einen nachhaltigen Beweis dafür, dass der aufregendste und beste Jazz immer noch live dargeboten wird, liefert JOHN SCOFIELDs Album „EnRoute“.

John Scofield gilt als das Chamäleon unter den Jazzgitarristen. Nach den funky groovenden Alben der letzten Jahre, mit denen er reihenweise jün-gere Musikhörer eroberte, widmete er sich auf seinem Live-Album „EnRoute“ wieder einmal ganz dem lupenreinen Jazz. „Die Frage nach einem Jazzmusi-ker mit drei Buchstaben, der nicht nur Gitarristenherzen höher schlagen lässt, ist schnell beantwortet: Sco.“, meinte Angela Ballhorn in der österreichischen „Jazzzeit“. „Hauptsächlich auf der ‚Überjam‘-Grooveschiene unterwegs, lebt er doch alle zwei, drei Alben seine Jazzseele aus. ‚EnRoute‘ dokumentiert ein grandioses Konzert eines grandio-

sen Trios im Blue Note NY. Der Gitarrist hatte sich langjährige Weggefährten eingeladen, den E-Bassisten Steve Swal-low und den Drummer Bill Stewart. Die drei spielen sich durch modernisierte schnelle Bebop-Tunes, interaktionsrei-che Vamps über einen Akkord oder mal durch Passagen mit höllisch vielen Har-monien. ‚EnRoute‘ besticht durch die Musikalität der drei Ausnahmemusiker, die mit weit offenen Ohren spielen und ihre Mitmusiker zu Höchstleistungen anspornen. Zudem kann man Sco mit unverwechselbarem Sound und Spiel ohne viel Effektkram erleben. Und sein musikalischer Witz – egal bei welchen Projekten – ist sowieso unschlagbar.“

2004J U L IEinen ungewöhnlichen Seitensprung riskierte der Brasilianer CAETANO VELOSO mit „A Foreign Sound“, seinem ersten Album in englischer Sprache.

Seit den späten 60er Jahren schon wollte Caetano Veloso ein Album mit englischsprachigen Songs aufnehmen. Jetzt ist „A Foreign Sound“ endlich Wirk-lichkeit geworden. „Caetano Veloso, ein Weltklasse-Musiker hat sich also auf ein knappes Doppel-Dutzend Standards und Klassiker der Pop- und Jazzmusik gestürzt“, schrieb www.sound.de. „Bei vielen geht so etwas peinlich schnell ins Auge, bei Caetano jedoch wird auch je-de noch so abgedroschene Schmonzette zu einer würdevollen und erstaunlich gut konsumierbaren Kostbarkeit. […] Aber Veloso wäre nicht Veloso, wenn er nicht hier und da einige Kuckuckseier bereithielte. Das dickste der Güteklas-

se A ist sicher ‚Come As You Are‘. Gut verpackt zwischen Ellington und Morris Albert gerät der Nirvana-Kulter zu einem wohltemperierten, aber durchaus im Curt’schen Sinne gehaltenen dramatur-gischen Aufhorcher. Und auch eine eher muffelige Bob-Dylan-Nummer erfreut sich dank einer mit kleinen Break beat-Einschüben und Scratchings gespickten Überarbeitung bester Gesundheit. Es ist schon eigentümlich: Caetano Veloso kann anpacken, was er will. Unter seinen Fingern verwandelt sich scheinbar alles zu Gold. Seiner milden Zunge wird man niemals überdrüssig und seinem Einfalls-reichtum und Einfühlungsvermögen sind scheinbar keine Grenzen gesetzt.“

2004A U G U S T

CAETANO VELOSOJOHN SCOFIELD (M.) TRIO

wetterte in Kuti’scher Konsequenz gegen Militärdiktatur, Global-Kolonialismus und Aids-Doppelmoral. Mit erfrischender Ironie und lebensfrohen Anzüglichkei-ten ähnlich derer Felas. Auf unzähligen Konzerten in Afrika (vor allem Felas Shri-ne-Club in Lagos), den USA und Europa und in seinen Kollaborationen mit Mos Def und Common hat er den Afrobeat in unser Jahrhundert geführt. Die auf der gerade erschienenen „Best Of Femi Kuti“ versammelten zwölf Titel sind ein Quer-schnitt seiner 1999 und 2002 auf Barclay veröffentlichten CDs „Shoki Shoki“ und „Fight To Win“: Siebzig mitreißende, afrodisierende M inuten seines Jazz, Hip-Hop, Funk, Salsa, Samba und House.

Femi, vidi, vici! Für Afrobeat-Nostalgiker wird der heute 42-Jährige wahrscheinlich immer zunächst der Sohn von Fela Kuti bleiben. Für die meisten leuchtet Felas Stern nicht zuletzt dank Femi weiterhin strahlend am Himmel.

niger erfolgreichen Brasil ’65, stieg, auch dank der Single „Mas que nada“, gleich auf Platz 5 der Popcharts ein. „Equinox“, das zweite Album, enthielt gleich drei Hits: „Night And Day“, „Chove chuva“ und „For Me“. Mit ihrem dritten Album „Look Around“ schafften sie es sogar in die Top 5 der US-Albumcharts. Vor allem Mendes’ Versionen des Beatles-Hits „Fool On The Hill“ und des soeben von Simon & Gar-funkel erfolgreich verpoppten Folksongs „Scarborough Fair“, im sanft orchestrier-ten Samba-Gewand und mit mehr als einem Hauch Bacharach und Mancini im Arrangement, sorgten für den Durch-

bruch. Die Euphorie dauerte bis Anfang der 70er und kippte dann in so komplette Ablehnung um, dass sich Mendes 1977 erst einmal ganz aus dem Rampenlicht hinter die Kulissen verzog. 1983 feierte er mit der LP „Sérgio Mendes“ ein Come-back: Das Album hielt sich beachtlich lang in den amerikanischen Top 40, die Single „Never Gonna Let You Go“ erreichte mit Platz 3 die höchste aller bisherigen Men-des-Platzierungen.

Sérgio Mendes sah sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, er habe die brasilianische Musik für das amerikanische Publikum verwässert. Aber egal, ob man

lich „perlonisiert von Morane“ und ent-spannt mit einigen Störgeräuschen und ei-nem säuselnden „Sweetheart“ versampelt im „Elektro Lassi Remix by Illvibe and Dirk Berger“. Spätestens beim clickigen „Static Remix“ von Feuerzeug, einem coolen Cul-ture Clash von 80s-Keyboardsounds mit der süffisant-sinnlichen Stimme von Niku Sebastian, kommen dann alle Kollegen zum Konsens.

seine Musik nun, wie seine meist japani-schen oder europäischen Fans, für Kultpop oder, wie viele harsche Kulturbewahrer, für Fahrstuhlmusik hält, den Erfolg kann man ihr nicht absprechen. Und wenn einen mal einer fragen sollte, wer denn wohl die Mu-sik von Sérgio Mendes möge, antwortet man am besten: „Wer denn nicht?“

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Planet Jazz

CHICO BUARQUE: Revoluzzer aus gutem Hause

Popstar und Menschenfresser

CHICO BUARQUE Sixty Years On – Favourites 06024 9824349 7

2004Mit „Accentuate The Positive“ löste AL JARREAU endlich sein vor einigen Jahren gegebenes Versprechen ein, wieder mal ein deutlich jazzigeres Album aufzunehmen.

Auch wenn der Jazz auf den Alben des 64-jährigen Sängers in der einen oder anderen Form stets präsent war, es über-wogen in den letzten 25 Jahren doch oft die Elemente des Rhythm’n’Blues, Pop oder Funk. Dass in seiner Brust jedoch nach wie vor die Seele eines richtigen Jazzers schlägt, beweist Al Jarreau auf seinem neuen Album. Die „Financial Times Deutschland“ meinte: „Besser kann man Haltung und Gesangsstil von Al Jarreau kaum zusammenfassen. Es scheint positiv auszugehen. Mit der Freude des Wiederentdeckers wiegt er sich in den alten Songs, schmiegt seine Stimme in die Melodien, lässt sie die Töne mal schmeicheln, um dann ihren

Klang wieder zuzuspitzen und mit voller Schärfe durch den Beat seiner Band zu schneiden. Der Mann hat Spaß und die Ausdrucksfreude der Musiker erschöpft sich nicht im Spielen von Jingles für Margarinereklame. Mit dem Organisten Larry Goldings, dem Gitarristen Anthony Wilson oder dem Rhythmusgespann Christian McBride und Peter Erskine kann nichts schiefgehen.“ Im „Doppelpunkt“ meinte Jürgen Parr: „Eine unglaubliche Stimme, die in jeder Stimmung – ob midtempo oder balladesk – durch ihre vielseitige Virtuosität besticht, subtil und einfühlsam, seine Scat-Ausflüge sind un-vergleichlich. […] Der zeitlose Klassiker einer großen Jazzstimme.“

S E P T E M B E R

AL JARREAU

Chico Buarque de Hollanda, 1944 in Rio geborener und später in São Paulo und Italien aufgewachsener

Architekturstudent aus gutem Hause, begeisterte schon mit Anfang 20 die Fans der Musica popular brasileira. Seine außergewöhnlich guten Texte und schö-nen Melodien, dazu diese warme, nasale Stimme und der elegante Gesang, ganz zu schweigen von seinem knabenhaft-knackigen Äußeren, komplett mit Un-schuldsblick und Schmollmund, machten ihn sofort zum Popstar. Doch er wollte mehr, vor allem ernst genommen und als „artista“ respektiert werden. Als ihn Ende der 60er Jahre Kollegen wie Gilberto Gil und Caetano Veloso anfeindeten, die hinter seinen vergleichbar traditionellen Sambaklängen eine entsprechend reak-tionäre politische Haltung vermuteten, schrieb er 1968 das Theaterstück „Roda Viva“, dessen Popstar-Protagonist von obsessiven Fans zerfleischt und verspeist wird. Besonders die Szene, in der die Schauspieler dem Publikum Happen des Kollegen anboten, auch wenn es sich aus praktischen Gründen tatsächlich nur um Hühnerfleisch handelte, brachte die Mili-tärdiktatur auf den Plan. Soldaten zerstör-ten die Bühne, schlugen die Schauspieler und nahmen den unruhestiftenden Ur-heber fest. Nach einem Exiljahr in Italien kehrte Buarque in seine immer noch mi-litärisch diktierte Heimat zurück. Nur um festzustellen, dass sich die meisten seiner

Es war einmal in Südamerika

Lass dich von der Welt verändern und du wirst die Welt verändern“, schrieb der 23-jährige Medizinstudent Ernes-

to Guevara de la Serna 1952 in sein Reise-tagebuch. Damals, während der achtmo-natigen Motorradreise mit seinem Freund Alberto Granado über achttausend Kilo-meter, quer durch Lateinamerika, konnte er kaum ahnen, dass dieser Eintrag irgend-wann internationales Interesse erregen würde. Doch aufgrund seiner „späteren Karriere als politisches Idol, revolutionärer Märtyrer und T-Shirt-Ikone“ („New York

VARIOUS ARTISTSMotorcycle Diaries Original Motion Picture Soundtrack00289 4775019

Times“) widmet man mittlerweile allem, was Che war, besondere Aufmerksamkeit. Vor über zehn Jahren schon wurden die in einem alten Rucksack entdeckten „Motor-cycle Diaries“ postum zum Bestseller. Jetzt hat sie der brasilianische Regisseur Walter Salles verfilmt, mit dem mexikanischen Herzensbrecher Gael García Bernal als Er-nesto und dem Argentinier Rodrigo de la Serna als Alberto. Sensibel, aber nicht ge-fühlsduselig, so dass der Film beim dies-jährigen Sundance Festival Standing Ova-tions bekam. Den Soundtrack zu dieser

filmischen Liebeserklärung an Lateiname-rika hat Gustavo Santaolalla, einst argenti-nischer Rockstar mit seiner Blues-Funk-La-tin-Grooveband Arco Iris, später Labelchef und mittlerweile berühmt durch Filmmu-sik zu „Amores Perros“ und „21 Gramm“, geschrieben und zusammengestellt. Sein abwechslungsreicher und interessanter Score zu „Motorcycle Diaries“ ist eine Mi-schung aus akustischen Gitarren und elek-trischen Rockriffs, aus Andenflöten, Ca-bron und vollem Orchester. Dass es dabei nicht zu klischeehaften Motiven, sondern

Für die Verfilmung von Ernesto „Che“ Guevaras „MOTORCYCLE DIARIES“ hat Gustavo Santaolalla einen schönen Soundtrack aus alter und neuer lateinamerikanischer Musik zusammengestellt.

Mit seinen traumhaften Versionen mexikanischer Balladen befindet sich CHARLIE HADEN auf bestem Wege zu seinem zweiten Latin-Jazz-Grammy.

Während der Lateinamerikaner Caetano Veloso auf seinem Album „A Foreign Sound“ nordamerikanische Jazzstan-dards interpretierte, ging der Nordame-rikaner Charlie Haden den umgekehrten Weg und spielte für „Land Of The Sun“ lateinamerikanische Klassiker ein. Be-sonders erfreulich ist, dass Haden dafür nicht noch einmal den ohnehin schon überstrapazierten Kanon der brasiliani-schen Bossa Nova plünderte, sondern sich Werke dreier hierzulande relativ unbekannter mexikanischer Komponis-ten auswählte. „Die lateinamerikanische Musik, die man in den USA hören kann, ist fast immer uptempo“, sagte Haden und sah sich nach anderen Stilrichtun-

gen um. „Für die Boleros auf der CD ‚Nocturne‘ gab’s 2001 den Latin-Jazz-Grammy. Jetzt spielt Charlie Haden Bal-laden des mexikanischen Komponisten José Sabre Marroquín (sowie jeweils ein Stück von Agustín Lara Aguirre del Pino und Armando Manzanero, d. Red.)“, berichtete Sven Thielmann in der Zeitschrift „Stereoplay“. „Dabei webt er diskrete Bass-Muster in die luftig-leichten Piano-Percussion-Teppiche von Gonzalo Rubalcaba und Ignácio Berroa. Für Farben sorgen neben Tenorsax-Ass Joe Lovano junge Gäste mit Trompete, Flöte, Altsax und Gitarre. Diese Klänge sind zum Heulen schön und doch so prickelnd wie guter Champagner.“

2004O K T O B E R

CHARLIE HADEN

zu einer Art panlateinamerikanischer Mu-sik kommt, ist sicherlich einer der Ver-dienste des einstigen Rockers. Immer wie-der lockert die CD zum Film die Instru-mentalthemen mit allerhand populären Souvenirs auf. „Chip chipi“ etwa, ein la-teinamerikanischer Pophit der 50er, wird von der Sängerin Maria Esther Zamora und ihrer Band auf angenehm authenti-sche Art und Weise interpretiert. „¡Qué rico el mambo!“ ist sogar in einer sehr schön aufbereiteten Originalversion von Perez Prado zu hören. Der schönste Song dieses Albums ist allerdings auch sein Aus-klang. „Al oltro lado del río“ heißt dieser heimliche Hit von Singer/Songwriter Jor-ge Drexler. Dem Filmthema vom präre-volutionären Medizinstudenten Gueva-ra entsprechend klingt dieser Soundtrack weniger revolutionär, dafür hoffnungsvoll und abenteuerlustig.

NARA LEÃOs Verdienst um die Bossa Nova wird heute erst richtig klar

Zu Lebzeiten fand Nara Leão weitaus mehr Anerkennung in Brasilien als in

den USA und Europa. Heute gilt sie neben Elis Regina und Maria Bethânia auch bei uns als eine der herausragenden Sän-gerinnnen Brasiliens der 60er und 70er. Leãos Aufnahmen erschlossen sich mit der Renaissance brasilianischer Popmu-sik in den 90ern auch einem größeren Publikum in Europa. Postum wurde ihrer Schlüsselrolle nicht nur innerhalb der Bossa Nova, sondern auch in der darauf folgenden Tropicália-Bewegung zunehm-ende Aufmerksamkeit gewidmet. Als Kind lebte Nara Leão in Rio, an der Avenida Nossa Senhora direkt an der Copacabana. Ihr Nachbar Roberto Menescal, mit dem sie sich schon damals anfreundete, erin-nert sich, dass Nara immer ziemlich weit für ihr Alter war. „Bei ihr in der Wohnung liefen Platten von Stan Kenton. Ich nahm Nara mit in die Musicals, die im Metro-Kino auf der Avenida Copacabana liefen. Einmal, als wir gerade ‚Singing In The Rain‘ gesehen hatten, regnete es draußen wirklich, und wir spielten die Szene auf der Straße nach.“ Die höhere Tochter, die in der Schule Spitznamen wie Schne-cke, Zwerg oder Greta Garbo über sich ergehen lassen musste, gründete in der Wohnung ihrer großzügigen Eltern eine Art Salon für die Bossa-Musiker. Die Jour-nalistin (Leão schrieb für die Tageszeitung „Última Hora“ aus Rio de Janeiro) avan-cierte so in den 50er Jahren zur „Muse der Bossa Nova“. Nicht wenige brasilianische

NARA LEÃOMuse Of Bossa Nova – The Very Best Of Nara Leão06024 9824811 9

Nachwuchskünstler verdankten Nara Leão ihre frühen Erfolge – zu den heute bekanntesten zählen Chico Buarque, Edu Lobo, Martinho da Vila, Paulinho da Viola, Fagner und Zé Keti. Als Sängerin und Gitarristin war sie stilprägend, für viele markiert ihr Debütalbum „Nara“ die Geburt der Musica popular brasileira. Für Carlos Lyra war sie eher eine Kameradin der Bossa Nova, und auch Ronaldo Bôs-coli scherzte, dass sie „die Gitarre wie ein Mann spielen konnte“. Zwischen 1964 und 1989, als sie mit nur 47 Jahren über-raschend starb, hat Nara Leão über 15 Soloalben veröffentlicht und auf etlichen LPs von João Gilberto, Luiz Eça, Ronaldo Bôscoli und Carlos Lyra mitgewirkt. Am meisten bestechen an ihren Aufnahmen die Authentizität und das Understate-ment, mit denen sie die Essenz des Genres perfekt verkörperte. An die Muse, Protest-sängerin und integrale Figur erinnert nun die CD „Muse Of Bossa Nova – The Very Best Of Nara Leão“. Sie enthält 25 von Nara Leão interpretierte Klassiker, die von ihren damaligen Schützlingen, aber auch von Meistern wie Tom Jobim, Caetano Veloso, Gilberto Gil, Roberto und Erasmo Carlos geschrieben wurden.

Die Muse spieltIn Brasilien galt NARA LEÃO als Muse der Bossa Nova. Als Musikerin fasziniert sie noch heute, 15 Jahre nach ihrem überraschenden Tod.

Zurück zu den Wurzeln

JOE SAMPLESoul Shadows06024 9862775

Seit über 40 Jahren zählt der Pianist und Komponist Joe Sample nicht nur zu den Innovatoren, sondern auch zu den Bestsellern des Jazz. Auf „Soul Shadows“, dem ersten reinen Piano-Soloalbum sei-ner gesamten Karriere, zollt er den gro-ßen amerikanischen Songschreibern des frühen 20. Jahrhunderts Tribut. Ihre Meis-terwerke haben Sample nachhaltig in sei-ner eigenen musikalischen Entwicklung beeinflusst und sind ihm bis heute eine nie versiegende Quelle der Inspiration.

Als Gründungsmitglied der einfluss-reichen Jazz-Funk-Band The Crusaders (die sich anfangs noch The Jazz Crusa-ders nannte) und Pionier des zeitgenös-sischen Jazzpianos kehrt Sample auf „Soul Shadows“ zu den Wurzeln von Jazz und Soul zurück, um – neben zwei älteren ei-

genen Stücken – auf sehr persönliche Wei-se frühe Jazzsongs von Scott Jop lin, Jelly Roll Morton, George Gershwin, Al Jolson, Duke Ellington und Fats Waller neu zu in-terpretieren. Es sind Klassiker des „Great American Songbook“: Joplins „The Enter-tainer“, Ellingtons „I Got It Bad And That Ain’t Good“, Gershwins „Em braceable You“ und „I Got Rhythm“, Wallers „Ain’t Misbehavin’“ und „Jitterbug Waltz“, Mor-tons „Shreveport Stomp“ sowie Jolsons „Avalon“. Aber Sample will mehr als ei-ne simple Wiederbelebung und Neuinter-pretierung der musikalischen Geschichte: er möchte, aus dem Blickwinkel eines In-siders, die Rolle des Pianisten in der ame-rikanischen Musik des 20. Jahrhunderts beleuchten und uns einen Einblick in des-sen Seele gewähren.

Das Herzstück dieser Songsammlung ist für ihn der von Walter Donaldson, Sam Lewis und Joe Young geschriebene Ope-ner „How You Gonna Keep ’Em Down On The Farm?“. Samples Vater hatte im

MOTORCYCLE DIARIES: Mit Che Guevara durch Lateinamerika

Ersten Weltkrieg gekämpft und erzähl-te seinem Sohn immer wieder Geschich-ten aus dieser Zeit. Besonders lebhaft er-innerte er sich an dieses Lied, das damals ein großer Hit für den heute wenig be-kannten James Reese Europe war. Europe war der erste wirkliche Jazz-Bigband-Lea-der. Als er 1919 von einem seiner Musiker auf der Bühne umgebracht wurde, titel-ten die Zeitungen am nächsten Tag: „The Jazz King Is Dead.“ Der Pianist Eubie Blake nannte ihn sehr viel später den „Martin Luther King der Musik“. Joe Sample wid-met diesem lange Zeit in Vergessenheit geratenen Jazzidol nun sein Album „Soul Shadows“. Es ist, wie Sample meint, eine längst überfällige Hommage.

Kollegen noch immer im Ausland befan-den und er kein einziges Wort singen durfte, das nicht im Vorwege sorgfältig zensiert worden war. Zwei Drittel seiner Songs fielen dieser Kontrolle in den 70er Jahren zum Opfer. Was übrig blieb, etwa auf dem Album „Construçao“, klang deutlich düsterer als seine jugendlichen Sambas und Bossa Novas. Doch Buarque ließ sich von den ständigen Repressalien eher anstacheln als unterkriegen. Mitte der 70er nahm er sogar Platten mit seinen neu-en Freunden Gilberto Gil und Caetano Ve-loso auf, begann bald, auch Soundtracks zu komponieren und einige, inzwischen nicht nur in der portugiesischsprachigen Welt berühmte, Theaterstücke und Romane zu verfassen. Die 24 Stücke aus seinen fast 20 Schaffensjahren für Philips und die brasili-anische PolyGram (1966–84), die jetzt zu seinem 60. Geburtstag auf der Compilation „Sixty Years On“ erscheinen, zeigen auch die musikalische Evolution dieses Popstars wider Willen. Chico Buarque hat seine hoch gesteckten künstlerischen Ziele letztendlich erreicht. Nur wenige Musiker seiner Ge-neration sind so lange schon so beliebt, erfolgreich und angesehen wie er.

Zu CHICO BUARQUES 60. Geburtstag erscheinen jetzt einige der schönsten Aufnahmen des singenden Poeten auf dem Best-of-Sampler „Sixty Years On“

JOE SAMPLE: die Seele des Pianisten

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Feedback

Weiterträumen Mit seiner altbekannten Gruppe ist JAN GARBAREK derzeit ausgiebig auf Tour. Auf dem aktuellen Album dagegen lässt er sich in neuem Kontext hören: mit der Bratschistin Kim Kashkashian und dem Drummer Manu Katché.

Der Opener klingt noch so, als wolle Garbarek die vielen Fans seiner Group auf vertrautem Terrain abholen, um sie sacht

in andere Klanggefilde zu entführen. „Natürlich wäre es interessant gewe-sen“, räumt er ein, „mal wieder ein Album mit meinem Quartett zu machen. Das vorige liegt ja ein paar Jahre zurück. Für dieses Projekt habe ich mir aber etwas anderes vorgestellt: wenig Bass – zumindest nicht in solistischer Form, wie bei Eberhard Weber, sondern bloß als Basis. Vom Schlagzeug wollte ich Patterns hören statt des offenen Spiels von Marilyn Mazur. Und ich wollte nicht das freie Piano, das Rainer Brüninghaus spielt. Auf dem ganzen Album kommt kaum ein Klavier vor, und wenn doch, dann spiele ich selbst Keyboards mit akustischem Klaviersound. Für solch kleine, simple Sachen brauchte ich kei-nen Pianisten. Tasteninstrumente wollte ich nur zur Farbgebung einsetzen.“

Elektronisch erzeugte Klänge und Rhythmen, endlos wiederholte Patterns und Akkordfolgen, versonnen gedrückte Klaviertöne – mit Keyboards, Sampler und Percussion, immer selbst gespielt, schafft Garbarek ein Fundament, über dem seine weiten Tenor- und So-

pranlinien sich emporschwingen wie hymnischer Gesang. Von jeher hat sein Saxophonton, insbesondere auf dem Tenor, einen Hang zum Feierlichen. Hier bestätigt der Titel des Albums diesen Eindruck: „In Praise Of Dreams“ – ein Lobgesang auf das Reich der Träume.

Doch diesmal sucht sich „Hymnen-sänger“ Garbarek mit Kim Kashkashians Viola einen „singenden“ Gegenpol. „Darin sehe ich den gemeinsamen Nenner zwischen ihrem und meinem Spiel. Ich interessiere mich eh mehr für Musiker, bei denen ich eine solche sang-liche Qualität höre, als für blendende Virtuosen. Das gilt auch für Manu Kat-ché. Dynamik und Aufbau seines Spiels fügen sich wunderbar in unseres ein. Auf seine Art singt auch er – auf dem Schlagzeug.“

Während Katché – in sechs von elf Stücken – die gesampelten oder geloop-ten Rhythmen federnd ausdifferenziert, treten Garbarek und Kashkashian in einen Dialog aus sangbaren Linien. Zu den komponierten und vorproduzierten Bratschenparts improvisiert Garbarek im Playback. Die beiden „Stimmen“ ant-worten, kommentieren, ergänzen einan-der, überlagern sich oder spinnen Ideen der jeweils anderen fort. „Mit zwei so

JAN GARBAREKIn Praise Of Dreams06024 9811068

unterschiedlich klingenden, aber ähn-lich eingesetzten Melodieinstrumenten wollte ich nicht ständig unisono spielen, sondern Möglichkeiten des Zusammen-spiels nutzen, bei denen die Stimmen mehr ineinander greifen.“

Das kann, je nach vorproduziertem Hintergrund, kammermusikalische Zü-ge annehmen („Without Visible Sign“) oder an Tango erinnern („Scene From Afar“). Beim Titelstück, das über eine simple Akkordfolge läuft, übt Garbarek sich in Zellteilung: Aus eins mach drei! So wird ein nicht verwendetes Aufnah-mefragment zur A-cappella-Miniatur für Sopran („If You Go Far Enough“), die bloße Akkordfolge ohne Melodie zur Schlussnummer („A Tale Begun“), das Titelstück selbst zum Leitmotiv. Und das ausgeblendete „open ending“ des Albums kann nur bedeuten: Die Träume gehen weiter.

Berthold KlostermannStereo 10/04

Nobelpreis für Weltmusik

Mit der arabischen Musik verhält es sich wie mit der arabischen Litera-

tur: Aufgrund der historischen Bindung an Frankreich finden die großen Namen aus dem Maghreb leichter Gehör als ih-re Kollegen aus dem Nahen Osten, der doch eigentlich als kultureller Nabel der arabischen Welt gilt. Der Größte von allen ist sicherlich Khaled, der „König des Raï“, wie der algerische Pop genannt wird. Mit Hits wie „Aicha“ brachte er den nordafri-kanischen Regionalstil auf weltweiten Expansionskurs und avancierte damit zu einem der größten Dritte-Welt-Stars nach

KHALEDYa-Rayi06024 9822938

Weltmeister KHALED

Bob Marley. Zuletzt aber schien es, als habe er sich in seinen Weltumarmungs-plänen verzettelt: Sein gleichzeitiges Liebäugeln mit House, Schlager-Schmalz und ägyptischen Streichorchestern wirkte am Schluss nur noch beliebig.

Auf „Ya-Rayi“, seinem ersten Lebens-zeichen nach vier Jahren, sieht man ihn nun vor einer altmodisch-floralen Mus-tertapete vom Cover lächeln: Monsieur Khaled und die Blumen von Oran. Der Retro-Look ist bewusst gewählt, denn das Album markiert eine Rückkehr zu den Ursprüngen: zu dem Sound aus den Ca-

Auch nach über 20 Jahren und 16 Alben setzen KEITH JARRETT und sein Standards-Trio noch neue Maßstäbe.

Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette bilden wohl das einzige Trio in der Welt, das ein ganzes Konzert mit immer neuen Interpretationen ein und desselben Songs bestreiten könnte. Mit „The Out-Of-Towners“, der Live-Aufnah-me eines Münchener Konzerts, übertraf das Trio einmal mehr sich selbst. Martin Lau schrieb in in „Jazz thing“: „Dieses Konzert liegt mit dem passenden Titel ‚The Out-Of-Towners‘ nun als Live-CD vor. Und einmal mehr zeigt der diven-hafte Pianist mit seinem sogenannten Standards-Trio, auf was für einem hohen Niveau klassischer Piano-Trio-Jazz heut-zutage gespielt werden kann. Obwohl das in München gezeigte Repertoire mit

seinem Mix aus Stücken aus dem Great American Songbook und komposito-risch daran angelehnten Originals nichts Neues bietet, ist das selbstsichere und intellektuell anregende, emotional aber überzeugende Zusammenspiel, wie es sich Jarrett, Peacock und DeJohnette im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte erar-beitet haben, auch heute noch einmalig und einzigartig auf dem Jazz-Circuit.“ Unmittelbar nach dem Konzert war Michael Naura schon in der „Zeit“ ins Schwärmen geraten: „Das Auditorium spürt die Einzigartigkeit dieser Nacht. Alle haben sich erhoben und applau-dieren frenetisch und rufen, schreien in Richtung Bühne.“

2004N O V E M B E R

KEITH JARRETT

MPS gibt seine Schätze frei

Frischzellenkur im Schwarzwald

Was andere können, kann MPS auch. Wenn renommierte amerikanische

Jazzlabels ihren Katalog von angesagten Producern, DJs und Remixern durchfors-ten lassen und ihnen die Perlen daraus zur zeitgemäßen Überarbeitung überlas-sen, brauchen die Rechtsnachfolger der einstigen „Musik Produktion Schwarz-wald“ nicht zurückzustehen. Immerhin baute MPS-Chef Hans Georg Brunner-Schwer in den 60er und 70er Jahren den stilistisch wohl vielseitigsten Jazzkatalog in Europa auf.

Dass in den MPS-Archiven ein Schatz an hippen Grooves schlummert, zeigte Acid-Jazz-Papst Gilles Peterson schon vor gut zehn Jahren im Rahmen seiner legendären Serie „Talkin’ Jazz“, für die er allerhand groovige Nummern aus-grub, die Musik selbst aber unangetastet ließ. Das war damals. Heute greift eine frechere Generation von DJs und Stu-

VARIOUS ARTISTSMPS Jazz Reworks06024 9817441

Die DJs von heute sind frecher und wagen sich auch an bisher Unantastbares heran – wie die Schätze aus den Archiven von MPS.

dio-Cracks schnipselnd, samplend und mixend in die Originale ein. Das Resultat nennt sich „MPS Jazz Reworks“.

Die Frischzellenkur geht schon mal so weit, dass die Vorlagen nicht mehr wie-derzuerkennen sind, etwa wenn die A-cappella-Version des Lennon/McCartney-Klassikers „Michelle“, gesungen von den Singers Unlimited, unter den Händen des französischen Duos Chateau Flight zu einem tanztauglichen Techno-Instru-mental mutiert. Dagegen lässt Matthew Herbert von einer Brasil-Nummer der Clarke-Boland Big Band deutlich mehr übrig. Schließlich ist er selbst Chef einer Big Band und geht daher wohl respekt-voller mit Europas einstmals bestem Jazzorchester um.

Ein internationales Remixer-Aufgebot nimmt sich so unterschiedliche Künstler wie Horst Jankowski oder George Duke, Peter Herbolzheimers RC&B oder das

Dave Pike Set vor. Wie dicht sie an den Vorlagen bleiben, lässt sich dann anhand der gleichzeitig erscheinenden Compila-tion „MPS Jazzworks“ ermessen. Sie ver-sammelt die Originale und gibt zugleich einen feinen Überblick über die Arbeit ei-ner Plattenfirma aus dem Schwarzwald, die mal internationale Maßstäbe setzte.

B. Klostermann, Stereo 10/04 JazzLink: reworks

Spielt auch Keyboard: JAN GARBAREK

Verfeindete Vogel-spinnen

GONZALESSolo Piano06024 9820795

Wer Gonzales schon immer mal nackt erleben wollte, sollte bei „Solo Pia-

no“ zugreifen. Unmissverständlicher for-muliert: Wer Gonzales’ vorlautes Prankster-Getue, sein Brusthaar-Posing, sein Gefasel vom dritten Ei im Schritt und die Jogging-Verkleidung, diese ganze Inszenierung also, diese billige Karikatur von HipHop,

schon immer eher als verzichtbar betrach-tete, dem wird „Solo Piano“ gefallen. Es ist ja nicht so, dass man bei Gonzales’ bishe-rigen Shows nicht bemerkt hätte, dass da ein begnadeter Pianist und Komponist auf der Bühne steht – nur gab es eben, nun ja, noch so viel anderes zu beachten. Vorbei, diese Zeiten. Paris hat den Mann zu Demut bekehrt, frei von alter Trash-Koketterie wid-met er sich nun seiner größten Liebe: dem Piano und dessen Tastatur. Nicht mehr als Schwarz und Weiß und doch pure Magie. Bei den „Solo Piano“-Shows projiziert eine über der Tastatur installierte Kamera das Agieren von Gonzales’ Händen auf eine Leinwand: „Piano Vision“. Eine Inszenie-rung ist das natürlich ebenfalls, nur fun-giert diesmal eben nicht Gonzales’ Ego als Hauptakteur, sondern lediglich seine Pran-ken. Sie streicheln die Tasten, stolpern über sie, kitzeln, drücken und peitschen sie, erinnern auf der Leinwand mal an das eis-kalte Händchen aus der „Addams Family“, mal an junge Kolibris, mal an verfeindete Vogelspinnen. Die so zu Gehör gebrachten Kompositionen klingen wie eine Kreuzung aus Bar-Jazz und Stummfilm-Untermalung, wie ein gemeinsames Kind von Erik Satie und Richard Clayderman (Letzterer minus Dauergrinsen), sie sind mal leicht und be-schwingt, dann wieder melancholisch und

Nackt: GONZALES

zu Tode betrübt, im Grunde genommen aber immer: wunderbar. Klar ist: Ohne die „King Of Berlin Underground“-Vorge-schichte, ohne den abgelegten „Über al-les“-Habitus, sprich: ohne die Mär des Ge-läutert-Seins, der Rückbesinnung auf pures Handwerk, würde man Gonzales dieses Album wahrscheinlich nicht so begeistert abkaufen. Aber weil es eben nicht Künstler xy, sondern er, der große Gonzo ist, der da plötzlich schweigt, hört man auf „Solo Piano“ keine dudelige Fahrstuhl-Muzak, sondern kriecht mit den Ohren neugierig zwischen die Klaviertasten, ergötzt sich an dem Klackern der Fingernägel auf ihrem Elfenbein und an ihrem leichten Schaben aneinander. Mit etwas Fantasie vernimmt man sogar noch das Schnauben einer gro-ßen Nase und das zarte Zerplatzen kleiner Schweißperlen auf den Tasten. Intime Mo-mente. Wie gesagt: So nackt war Gonzales noch nie. Und dabei – das sollte man noch dazu sagen – auch noch nie so ver-führerisch. Jan Kedves, Intro 09/04

JazzLink: gonzales

Mit „Solo Piano“ mausert sich der Star des Berliner Underground GONZALES zum Entertainer alter Schule.

fés, Casinos und Cabarets der algerischen Hafenstadt, in der auch der junge Khaled Hadj-Brahim einst seine Karriere begann, bevor er Ende der achtziger Jahre nach Frankreich und von dort aus zu neuen Ufern aufbrach.

Die leichtfüßig hingetupfte Piano-melodie, mit der das Album beginnt, setzt den Ton für das nostalgische Flair, welches das gesamte Werk umweht. Sie stammt vom jüdischen Pianisten Maurice El-Medioni, der in den Kaffeehäusern von Oran bereits in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf sei-nem Klavier arabisch-andalusische Töne mit frisch importierten Rumba- und Boogie-Rhythmen der amerikanischen Befreier zu einer neuen Melange kom-binierte.

Doch „Ya-Rayi“ ist mehr als nur eine Reise in die Vergangenheit. Vielmehr versucht Khaled sich hier an der Formulierung einer Quintessenz seiner Karriere. Souverän wechselt er zwischen mediterranen Chansons, traditionellen, schwer orientalischen Grooves und jenem bläsergestützten Disco-Funk, mit dem er in den neunziger Jahren reüssierte und für den hier wieder einmal der Rolling-Stones-Produzent Don Was verantwort-lich zeichnet. Unterstützt wird er dabei nicht nur von einer hochkarätigen Garde aus Raï- Veteranen und Studio-Routiniers. Erstmals legt der Sänger auch selbst Hand an und greift auf einigen Stücken zum Akkordeon oder der Bauchtanztrommel Darbuka. Gäbe es einen Nobelpreis für Weltmusik, so wie er für die Weltlitera-tur existiert – Khaled hätte ihn verdient.

Daniel Bax, Die Zeit, 14.10.04JazzLink: khaled

Mit seinem neuen Album „Ya-Rayi“ kehrt KHALED zu seinen algerischen Ursprüngen zurück.

Page 13: Madeleine Peyroux Peterchens Mondfahrtstatic.universal-music.de/asset_new/155343/195/download/JazzEch… · Westerndiva Linda Ronstadt hat sich – nach einem dreijährigen Flirt

Es war einmal in Brooklyn, New York. So oder ähnlich könnte die kleine, feine Geschichte des neuen Weih-

nachtsalbums „Christmas, Love And You“ von Will Downing beginnen. Schon als kleiner Junge sang er nämlich so inbrüns-tig wie ausgiebig Weihnachtslieder. „So lange ich mich erinnern kann, wurde bei uns an Weihnachten immer wieder der ‚Christmas Song‘ von Nat King Cole auf-gelegt“, blickt Downing zurück. „Und ich habe immer wieder mitgesungen. Eigent-lich ist das nicht nur eine meiner ersten, sondern vielleicht auch meine emotio-nalste Erinnerung an Weihnachten.“ Um diese Gefühle und Songs zu aktualisieren und sicherlich auch, um seiner Familie und seinen zahlreichen Fans ein zeitiges Festgeschenk zu bereiten, ging der Bari-ton-Crooner jetzt mit ein paar seiner bes-ten Freunde ins Studio. Unter der Ägide von Rex Rideout und mit Gästen wie den Saxophonisten David Sanborn, Kirk Wha-lum und Gerald Albright, dem Crusaders-Pianisten Joe Sample, Gitarrist Jonathan Butler und Najee an der Flöte nahm er

Will will dich zu Weihnachten!

zehn zarte Zelebrationen auf. Natürlich auch eine gelungen aufgefrischte Version des „Christmas Song“ sowie vom „First Noël“, der sich auch schon auf Coles Albumklassiker von 1963 fand. „Little Drummer Boy“, der „Parampapam-pam“-Song, findet sich in einer – je nach Geschmack – komplett ruinierten oder perfekt modernisierten Version mit leicht karibischem Hip-Hop-Beat und einem Chorus von Ragga-Toaster Jabba. „‚Little Drummer Boy‘ war der letzte Song, den wir für dieses Projekt aufnahmen“, erzählt Will Downing. „Der Text sprach nicht nur mich, sondern auch alle beteiligten Musiker extrem an. Wir unterhielten uns lange darüber, wie wir uns Jahr für Jahr fast umbringen, um die größten, besten und teuersten Geschenke zu finden. Und dann hört man sich diesen Song an, in dem sich ein kleiner Junge mit nichts als Liebe im Herzen und einer kleinen Trom-mel vor das Jesuskind kniet und sagt: ‚Ich habe zwar kein Geschenk. Aber darf ich dir etwas vorspielen?‘ Das lässt einen die-ses ganze Weihnachtsding in einem völlig

WILL DOWNINGChristmas, Love And You06024 9862666

Laura Is Coming To Town

Die holländische Jazzsängerin LAURA FYGI vereint auf „The Very Best Time Of Year“ ihre Vorliebe für brasilianische

Rhythmen und weihnachtliche Melodien.

Bei unseren niederländischen Nach-barn ist die Welt noch in Ordnung. Auch wegen der Rauschfreiheit und

der Unmengen an Käse, Fahrrädern und universitären Jazzprogrammen. Besonders aber wegen der dortigen Weihnachtstra-ditionen. Dort bekommen die Kinder ihre Geschenke nämlich schon am 5. Dezem-ber von einem sehr dünnen Weihnachts-mann, der im Vorleben türkischer Bischof war und jetzt den Sommer in Spanien verlebt, und seiner Entourage, sechs bis acht schwarzen Männern.

Vor diesem Hintergrund kann auch die Tatsache, dass Laura Fygi, einst Sängerin einer niederländischen Girlgroup und Ausziehhase im „Playboy“, die Weih-nachtslieder ihres Albums „The Very Best Time Of The Year“ mit brasilianischen Rhythmen schmückt, nur wenig ver-wundern. Dabei ist die Sache mit ihrer Frühkarriere und den Fotos für das Män-nermagazin so irreführend wie die Niko-lausereien bei David Sedaris. Schon 1993, auf ihrem Album „Bewitched“, sang Frau Fygi in Begleitung von Kollegen wie Phi-lip Catherine, Toots Thielemans, Johnny Griffin und Clark Terry ein bezauberndes Dutzend Jazzstandards. Im Jahr darauf ge-sellte sich auf ihrem entspannt brasiliani-schen Album „The Lady Wants To Know“ auch noch der Singer/Songwriter Michael Franks dazu.

Die CD „The Very Best Time Of The Year“ wird endlich auch hierzulande Fygi-Fans gewinnen. Die Mischung aus altbekannten amerikanischen Christmas-

LAURA FYGIThe Very Best Time Of The Year06024 9868590

Bringt die Weihnachtswelt in Ordnung: LAURA FYGI

Carols und eher unsaisonal temperierten Bossa-Nova-Rhythmen funktioniert bes-tens. „Es gibt so viele Weihnachtsalben, dass ich auf jeden Fall etwas ganz anderes machen wollte“, meint Laura Fygi. Arran-giert von Rob Pronk, bekannt als Chef des Metropole Orchestra, und produziert von Ruud Jacobs, der auch schon „Bewitched“ und „The Lady Wants To Know“ produ-ziert hatte, singt Laura Fygi auf diesem Album nicht nur „Winter Wonderland“ oder „Have Yourself A Merry Little Christ-mas“, sondern auch weniger bekannte Weihnachtslieder. „Für mich ist es das Wichtigste, dass mich ein Song persönlich anspricht“, erklärt sie. Einer ihrer Favoriten ist Mel Tormés „Christmas Song“, dessen Eingangsvers „Chestnuts roasting on an open fire“ auch dort, wo man sonst keine Kastanien über dem offenen Feuer röstet, zum kulturellen Allgemeingut gehört. „Ich habe diesen Song das erste Mal von Julie London gesungen gehört, nur mit Bass, Gitarre und ihrer Stimme“, erinnert sie sich. „Das klang so intim! Fast so, als würde sie einem die Worte direkt in die Ohren flüstern.“ Klingt, als könnte „The Very Best Time Of The Year“ zumindest die Weihnachtswelt wieder in Ordnung bringen. JazzLink: fygi

Das Cover von „Sound Of Christmas“ ist natürlich purer Sixties-Kitsch: ein gol-denes Weihnachtsglöckchen mit einem Türkis im Griff auf einem grünen Samt-kissen. Die Musik ist allerdings so unkit-schig, wie sie zum Fest der Liebe nur sein kann. Zumindest auf der ersten LP-Seite. Der studierte Konzertpianist Ramsey Em-manuel Lewis jr. nahm mit seinem Trio dieses erste Weihnachtsalbum schon im Oktober 1961, also fünf Jahre nach dem Debütalbum für Cadet und vier vor dem Welthit „The In-Crowd“, auf. Natürlich in den legendären Ter Mar Recording Studios in ihrer Heimat Chicago und mit der Mischung aus straighten Grooves, gefühlvollen, aber nicht überkandidelten Arrangements und klaren Melodien, die damals schon besonders in afroamerika-nischen Hochburgen wie der Chicagoer South Side oder natürlich dem New Yorker Stadtteil Harlem populär waren.

Schon beim Opener, einer grandios getragenen Version von Charles Browns Blueshit „Merry Christmas Baby“, wissen Ramsey und seine Mannen geschmack-voll zu begeistern. Eldee Young am Bass und Redd Holt am Schlagzeug halten Ramsey rhythmisch den Rücken frei, damit der sich auf seine schnörkellosen, ebenso souligen wie gospeligen Piano-linien konzentrieren kann. Soloexzesse haben da, wie immer bei Ramsey Lewis, keinen Platz, denn: „Niemand kann Art Tatum schlagen. Warum es versuchen?“ Auch durch das „Winter Wonderland“ swingen sich die drei gänzlich frostfrei, wobei sie in etwas über zwei Minuten mehr Spannung aufbauen als manch unbedarfter Entertainer in zwei Stunden. „Santa Claus Is Coming To Town“ redu-zieren sie anschließend auf ein entspann-tes Balladentempo. Auch Ramsey Lewis’ Eigenkomposition „Christmas Blues“,

Have Yourself A Ramsey Little Christmas

RAMSEY LEWISThe Sound Of Christmas06024 9862778

wieder zum ansteckenden Tanztempo an-gezogen, verzaubert dieses versierte Trio in Hochform zu unsentimentaler Weih-nachtsstimmung. Zu guter Letzt swingen sie auch noch den alten Ladenhüter „Here Comes Santa Claus“ so gekonnt, dass man darüber fast seine indiskutable Melodie vergisst.

Auf Seite 2, auf der CD also ab Track 6, kommt dann ein von Riley Hampton arrangiertes Streichorchester hinzu. Das erhöht, besonders auf „The Sound Of Christmas“, einem weiteren Lewis-Origi-nal, und den Klassikern „The Christmas Song“ und „Sleigh Ride“, durchaus den thematischen Bezug zum Coverkitsch. Die Ballade „What Are You Doing New Year’s Eve?“ ist dagegen nahezu dezent bestrichen. Und Lewis’ fantastisches Arrangement von „God Rest Ye Merry Gentlemen“ lässt mit seiner grandiosen Bassline und den dramatisch eingesetz-

ten Streichern sogar spätere Hits wie „Wade In The Water“ oder „Sun Godess“ erahnen. Wenn die Ramsey-Lewis-Fans allüberall auf dieser weiten Welt auch im kommenden Jahr immer schön artig sind, gibt es zum nächsten Weihnachtsfest dann vielleicht auch noch den Nachfol-ger „More Sounds Of Christmas“ von 1964 auf LPR-CD. Dessen Cover, mit den scheinheiligen drei Groovekönigen in Weihnachtsmannzipfelmützen hinter weißen Tannenzweigen, hat sogar noch größeren Kultcharakter. Ganz zu schwei-gen von der Musik.

JazzLink: ramsey

neuen Licht sehen.“ In eben diesem Licht machen auch die drei Originale dieses Albums, die Will Downing mit Mitglie-dern seiner Band geschrieben hat, noch mehr Sinn. Vor allem die beiden thema-tisch verwandten Romanzen „All I Want For Christmas Is You“ und „Christmas, Love And You“: „Ich fragte mich, was in Weihnachtsliedern bisher eher unterre-präsentiert war. Und versuche deshalb mit diesen Songs etwas mehr Romantik in das Fest der Liebe zu bringen“, gesteht der Sänger. Um sich bei den Aufnahmen mitten im Sommer in Weihnachtsstim-mung zu bringen, half ihm ein Studio ohne Außenfenster. „Ich musste nur die Augen schließen und an früher denken: Wir hatten eine wirklich sehr kleine Wohnung, aber die war besonders an Weihnachten immer voll mit Freunden und Familie. Und wir hatten immer eine wunderbare Zeit!“ JazzLink: downing

Soulsänger WILL DOWNING und seine instrumentalen Freunde von David Sanborn, über Jonathan Butler bis Joe Sample wollen nur drei Dinge: „Christmas, Love And You“.

Seite 13Ausgabe 4 • Jahrgang 7

X-Mix

Fröhliche Weihnachten

und viel Glück bei unserem

Advents- Gewinnspiel!

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PETER CINCOTTIOn The Moon

Track:

„St. Louis

Blues“

Vom Himmel hoch, da kommt Peter Cincotti her. Auf „On The Moon“ zeigt der 21-jährige Pianist und Sänger, dass er genau so gut „Cherokee“ swingt, wie er seine eigenen Popsongs singt.

3Rocklady Ronstadt entdeckte schon in den 80ern die Songbooks für sich. Jetzt folgt die jazzverliebte Fortsetzung: Auf „Hummin’ To Myself“ singt sie neue Standards, unter anderem mit Christian McBride und Roy Hargrove.

1

Seite 14 Ausgabe 4 • Jahrgang 7

X-Mix

Nach Redaktionsschluss+++ „Es wird Zeit für Badewanne, Rot-wein und die himmlische CD, auf der Gonzales Klavier spielt“, schrieb der „Stern“. Wenn die Haut dann durchge-weicht ist, kann man sich abtrocknen und den kanadischen Pianisten im Dezember live erleben (siehe Feedback und Tourda-ten) +++ Gut nachgemacht ist besser als schlecht ausgedacht. Die Vier von De-Phazz nennen ihr neues Werk „Natural Fake“. Ob tatsächlich mit Fälschungen gearbeitet wurde, ist im März 2005 zu erfahren +++ Zimmer mit Aussicht bei ECM: Das Album „I Have A Room Abo-ve Her“ von Paul Motian, Bill Frisell und Joe Lovano steht ins Haus +++ Den Boden für seine neue CD „The Ground“ bereitete Pianist Tord Gustavson bereits im vergangenen Januar, als er mit Harald Johnsen (Bass) und Jarle

Vespestad (Drums), seinen Kollegen aus Silje Nergaards Band, ins Studio ging. +++ Wayne Shorter feilt mit Brian Blade, Herbie Hancock und Dave Holland an einem neuen Longplayer, der im März erscheinen soll +++ Den kalten Winter wird die neue CD der in Wien lebenden norwegischen Gesangs-sirene Rebekka Bakken ausklingen lassen +++ Obwohl der Hamburger Mojo Club seine Pforten nur noch sporadisch öffnet, ist der Mojo-Spirit lebendig wie eh und je. Im Frühjahr erfreut ein neuer „Mojo Dancefloor Jazz“-Sampler das Herz aller Tanzwütigen +++ Ganz neues Terrain betritt im Februar Jazz-Lady Dee Dee Bridgewater, zumindest sprachlich, denn die Wahl-Französin singt auf ihrem Josephine-Baker-Tributalbum „J‘ai deux amours“ erstmals auf Französisch +++

FRANK CHASTENIER & WDR BIG BAND10.12.04 Köln, Philharmonie11.12.04 Bad Ems

GÖTZ ALSMANN23.11.04 Mannheim24.11.04 Darmstadt, Centralstation25.11.04 Darmstadt, Centralstation26.11.04 Wiesloch27.11.04 Merzig, Stadthalle29.11.04 Essen, Colosseum02.12.04 Warendorf09.12.04 Düsseldorf, Savoy Theater 10.12.04 Düsseldorf, Savoy Theater 11.12.04 Delbrück, Stadthalle12.12.04 Nordhorn14.12.04 Passau, Redoutensaal15.12.04 Regensburg, Kulturspeicher 16.12.04 München, Lustspielhaus 17.12.04 Detmold, Stadthalle

CARLA BLEY 21.11.04 Gütersloh, Stadthalle, Kleiner Saal 23.11.04 Essen, Philharmonie 25.11.04 Basel (CH)26.11.04 Dübendorf (CH)

TILL BRÖNNERSUPPORT: JOE SAMPLE 29.11.04 Berlin, Konzerthaus30.11.04 Potsdam, Nikolaisaal01.12.04 Nürnberg, Kultur-Café 02.12.04 Düsseldorf, Tonhalle 03.12.04 Dresden, Schlachthof04.12.04 Erfurt, HsD (ehem. Gewerkschaftshaus) 06.12.04 Bielefeld, Ringlokschuppen 07.12.04 Darmstadt, Centralstation 08.12.04 Aachen, Aula Carolina 09.12.04 Hamburg, Schauspielhaus 10.12.04 Bremen, Glocke11.12.04 Kiel, Halle 40013.12.04 Halle/S., Oper

Der JazzEcho-Konzertführer

SIDSEL ENDRESEN 03.12.04 Köln

GONZALES04.12.04 Hamburg, Schauspielhaus15.12.04 Heidelberg, Karlstorbahnhof16.12.04 Berlin, Apollosaal17.12.04 Köln, Stadtgarten18.12.04 Frankfurt, Mousonturm

JULIETTE GRECO 23.11.04 Dortmund, Konzerthaus 24.11.04 Frankfurt, Alte Oper

AL JARREAU 25.11.04 Saarbrücken, Garage27.11.04 Halle/Westf., Gerry-Weber-Center29.11.04 Freiburg, Konzerthaus 30.11.04 Friedrichshafen, Graf-Zeppelin-Haus

KHALED 22.11.04 Stuttgart, Theaterhaus 24.11.04 Genf (CH), Grand Casino 25.11.04 Zürich (CH), Volkshaus Zürich26.11.04 Frankfurt, Alte Oper27.11.04 Köln, Philharmonie

DIANA KRALL 23.11.04 Wien (A), Konzerthaus 24.11.04 Wien (A), Konzerthaus25.11.04 Salzburg (A), Salzburg Arena 02.12.04 München, Philharmonie 03.12.04 Frankfurt, Jahrhunderthalle 04.12.04 Essen, Grugahalle05.12.04 Hamburg, CCH Saal 1

MADELEINE PEYROUX09.12.04 Berlin, Quasimodo

Alle Angaben ohne Gewähr. Aktuelle Tournews freitags unter www.jazzecho.de

IMPRESSUM

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Herausgebers: Fax: (030) 52007-2597, E-Mail: [email protected]. Anzeigen: Runze & Casper Verlagsservice OHG,Linienstraße 214, 10119 Berlin, Tel.: (030) 28018-0, Fax: (030) 28018-400, E-Mail: [email protected]

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UNIVERSAL JAZZ, STRALAUER ALLEE 1, 10245 BERLIN

FotosClaude Gassian, Bruce Weber, Falk Weiß, Gabriela Conseco, Simon Fowler, Rocky Schenck, Jerome Albertini, Perry Hagopian u.a.

Druck Axel Springer AG, Ahrensburg

Komplette Händlerliste unter http://www.jazzecho.de

Advents-swingen und gewinnen!

Advents-swingen und

amours“ erstmals auf Französisch +++

Claude Gassian, Bruce Weber, Falk Weiß, Claude Gassian, Bruce Weber, Falk Weiß,

Der JazzEcho-Konzertführer

Der JazzEcho-Adventskalender: Statt Schokolade auf die Hüften gibt‘s hier guten Jazz auf die Ohren! Jeden Tag, vom 1. bis 24. Dezember, wartet unter www.jazzecho.de/adventskalender ein hörenswertes Album auf Sie, mal eine brandneue Veröffentlichung, mal ein Highlight des vergangenen Jahres. Ein voll ausgespielter Track als Real-Audio-Stream gibt einen Vorgeschmack auf die CD, die wir jeweils dreimal verlosen.

Hier entscheidet wirklich das Los! Sie müssen keine Fragen beantworten und keine Verpflichtungen eingehen. Schauen Sie einfach einmal am Tag vorbei, senden Sie uns Ihre Adresse und schon nehmen Sie an der Verlosung teil. Teil-nehmen können Sie den ganzen Tag, von 0:00 bis 24:00 Uhr. Die zu verlosende CD wechselt täglich. Die Gewinner werden innerhalb der nächsten drei Tage per E-Mail informiert und erhalten die CD postalisch zugestellt.

Wir wünschen viel Glück … und natürlich ein frohes Fest!

Alle Jamsessions, die Granz zwischen 1952 und 1954 produzierte, finden sich auf diesen 5 CDs. Mit Stars von Count Basie, über Charlie Parker bis Stan Getz. Ein herrliches Geschenk, nicht nur zu Weihnachten.

Frank Chastenier spricht uns mit dem Klavier aus der Seele. Mal im Trio, dann mit Streichorchester, tastet er sich „For You“ durch acht Songs, die schon immer Standards waren oder ab sofort solche setzen.

Track:

„Mensch“

FRANK CHASTENIERFor You11

Till Brönner weiß, was Frauen lieben. Wenn Sie noch kein Geschenk für eine bald bessere Freundin haben und die Auserwählte diese CD noch nicht kennt, heißt die Losung: „‚That Summer‘, bitte!“

55

Track:

„Antonio’s

Song“

TILL BRÖNNERThat Summer

1961 nahmen Pianist Ramsey Lewis und sein Trio für „The Sound Of Christmas“ allerhand neue und alte X-Mas-Klassiker auf. Wer „Wade In The Water“ mag, wird hierzu freudigst durch den Schnee stapfen.

THE RAMSEY LEWIS TRIOThe Sound Of Christmas

Track:

„Winter

Wonderland“

23

Auf „Land Of The Sun“ macht Charlie Haden erneut gemeinsame Sache mit dem Pianisten Gonzalo Rubalcaba. Mit zehn mexikanischen Balladen begeben sie sich auf die Spuren ihrer Grammy-gekrönten „Nocturnes“ von 2001.

CHARLIE HADENLand Of The Sun

Track:

„Nostalgia“

Track:

„Da bist du ja“

NYLONDie Liebe kommt

Die Berliner von Nylon kommen aus dem Umfeld des „Sonarkollektivs“. Weshalb ihre Versionen deutscher Chansons ebenso zeitlos wie elektro-nisch zeitgemäß klingen. „Die Liebe kommt“ und bleibt im Ohr.

12

„Strength“ ist das Bonuspaket zu RH Factors Soul-Funk-Hitalbum „Hard Groove“. Starker Stoff, mit einer Coverversion von Eddie Harris’ „Listen Here“ und fünf universellen Originalen.

THE RH FACTORStrength EP

Track:

„Strength“

VARIOUS ARTISTSThe Complete Norman Granz Jam Sessions

Track:

„Apple

Jam“24

1LINDA RONSTADTHummin’ To Myself

Track:

„Hummin’

To Myself“

Süßer die Tasten nie klingen als unter Gonzales flinken Fingern. Der Universalmusiker hat für „Solo Piano“ sechzehn süffisante, sanfte und subtile Klavier-stücke geschrieben und eingespielt.

GONZALESSolo Piano

Track:

„Oregano“

Dreaming of a white christmas? Dann sind Sie bei Jan Garbarek genau richtig. „In Praise Of Dreams“ nennt der norwe-gische Saxophonstar sein Album mit der Bratschistin Kim Kashkashian und Drummer Manu Katché.

JAN GARBAREKIn Praise Of Dreams

Track:

„In Praise Of

Dreams“

Legendäre Trackleger und Frequenz-bastler bieten angemessene Erneuer-ungen lieb gewonnener Großartigkeiten von MPS. Die Stereo MCs, King Britt oder Herbert mischen George Duke oder Dave Pike auf.

VARIOUS ARTISTSMPS Jazz Reworks

Track:

„Mathar“

Statt Punsch und Glühwein gibt es in diesem Jahr schwarzen Kaffee. Warum? Weil Verve uns eine „Master Edition“ von Peggy Lees Meisterwerk „Black Coffee“ aus dem Jahre 1953 unter den Christbaum legt.

Track:

„Black

Coffee“

PEGGY LEEBlack Coffee

Mit „The Girl In The Other Room“ verwandelte sich Diana Krall von der versierten Interpretin zur aufsehen-erregenden Singer/Songwriterin. Die 40-Jährige klingt so sentimental und persönlich wie nie.

1010

Track:

„Temptation“

DIANA KRALLThe Girl In The Other Room

Terry Callier kann einem die Tränen in die Augen treiben, während einem warm ums Herz wird. „Lookin’ Out“ enthält brandneue Songs des Folkjazz-Großmeisters, von „Africa Now“ bis „Jazz My Rhythm And Blues“.

TERRY CALLIERLookin’ Out

Track:

„Jazz My

Rhythm And

Blues“

9

Von Sohn Ravi produziert und mit Freunden wie Charlie Haden und Jack DeJohnette in beseelter Eintracht eingespielt, passt das neue Album von Alice Coltrane perfekt zum Geist des Friedensfestes.

Track:

„The Hymn“

ALICE COLTRANETranslinear Light

aus dem Jahre 1953 unter den Christbaum legt.

Die holländische Jazzdiva Laura Fygi hat ein fabelhaftes Weihnachtsalbum mit brasilianischen Arrangements aufgenommen. So schön und sambaesk klang „The Very Best Time Of Year“ bisher selten.

Track:

„Sleigh Ride“

LAURA FYGIThe Very Best Time Of Year22

Have yourself a soulful Christmas! Sänger Will Downing und Freunde wie David Sanborn und Joe Sample nehmen mit frisch klingenden Weihnachtsklassikern und neuen Songs das Fest der Liebe beim Wort.

Track:

„White

Christmas“

WILL DOWNINGChristmas, Love And You21

Der „König des Raï“ und geistige Vater des Hits „Aicha“ bringt dem Christkind in diesem Jahr sein lang ersehntes neues Album „Ya-Rayi“. Hier trifft Raï auf Funk und traditionelle arabische Musiken.

Track:

„Ya-Rayi“

KHALEDYa-Rayi16

Geteiltes Leid ist halbes Leid. Weshalb Madeleine Peyroux, „die Stimme der gebrochenen Herzen“ und Vokalerbin von Billie Holiday und Bessie Smith, besonders den Melancholikern Spaß bereiten dürfte.

MADELEINE PEYROUXCareless Love

Track:

„Lonesome

Road“

20

Alle Jahre wieder veröffentlicht das VAO ein neues Album. Zum 28-jährigen Bandjubiläum dichten sie sogar den Dutzendband „Big Band Poesie“. Darauf kann sich jeder Jazzfan einen Reim machen.

„The Swinger From Rio“ präsentiert einige der schönsten Erfolge des Pianisten, Arrangeurs und Bandleaders Sérgio Mendes (auch mit Brasil ’66) aus den Jahren 1962 bis 1996. Feliz Natal!

SÉRGIO MENDES The Swinger From Rio – Favourites

Track: „Mais

Que Nada“

Dieser Klavierzwerg ist ein Entertainment-Gigant! Jetzt kredenzt er uns seine erste Live-DVD, einen Song zum zweiten Bridget-Jones-Abenteuer und eine „Special Version“ des Superalbums „Twentysomething“.

JAMIE CULLUMTwentysomething – Special Version

Track:

„Everlasting

Love“

14

„Matt’s Mood“ ist das stimmungsvolle Comeback des Jazz-Pop-Trios Matt Bianco. Modern, aber voll schöner Erinnerungen an „Half A Minute“-Zeiten – schon wegen Sängerin Basia.

Track:

„Ronnie’s

Samba“

MATT BIANCOMatt’s Mood18

Frank Chastenier spricht uns mit dem Klavier aus der Seele. Mal im Trio, dann mit Streichorchester, tastet er sich „For You“ durch acht Songs, die schon immer Standards waren oder ab sofort solche setzen.

VIENNA ART ORCHESTRABig Band Poesie

Track:

„We take PRIDE in

being able to play

the shit out“

2

6 7 8

4

1513

17 19