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Magazin Das Branchenmagazin der IG Metall 01/2018 Künstliche Intelligenz DAS BÜRO DENKT MIT So funktioniert unser Tarifvertrag Wenn Algorithmen Jobs vergeben Digitalisierung: Was läuft falsch?

Magazin 01/2018 · von 2015.„Die Herausforderungwird es sein, eine neue Tätigkeitsbeschreibung für die bestehenden Arbeitsfelder zu entwickeln und dafür das nötige Know-how

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MagazinDas Branchenmagazin der IG Metall

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Künstliche Intelligenz

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So funktioniertunser Tarifvertrag

Wenn AlgorithmenJobs vergeben

Digitalisierung:Was läuft falsch?

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Die Welt dreht sich, und sie dreht sich im-mer schneller. Jedenfalls gilt das für dieInformationstechnologie und ihre Nach-bar-Branchen. Rasant war der Wandelschon immer – schon so lange, wie esdiese Technologie gibt. Heute ist dieserWandel noch einen Zacken rasanter: DieUnternehmen stehen mitten in einemradikalen digitalen Umbruch – mit ent-sprechenden Folgen für die Arbeitswelt.

Wir, die IG Metall, begleiten dieseEntwicklung seit vielen Jahren sehr eng.Wir tun das immer mit dem Blick derer,die von dem Wandel in besonderer Wei-se betroffen sind. Schließlich findet eran einem für sie existenziell wichtigenOrt statt: am eigenen Arbeitsplatz. Wasbedeutet der Wandel für die Ingenieurinim Großraumbüro, für den Entwickler inseinem Team, für dual Studierende, füralle, die in den betroffenen Branchenarbeiten?

Gute Arbeit, das ist unsere Erfahrung,braucht Gestaltung. Sie braucht denMut, auf die Beschäftigten einzugehen,sie mitzunehmen, ihnen ordentlicheBedingungen und eine vernünftige Be-zahlung zu bieten. Gute Arbeit ist zu-

gleich der Schlüssel zum Erfolg: Men-schen, die mitbestimmen und die anihrem Arbeitsplatz Wertschätzung er-fahren, zahlen das mit motivierter undkreativer Leistung zurück.

Es sind solche Themen, die wir seitrund 15 Jahren in unserem IT-Magazinbeleuchten. Mit dieser Ausgabe er-scheint das Magazin in neuer Gestal-tung. Auch wir haben uns verändert.Eine frischere Optik, ein aufgeräumtesErscheinungsbild, mehr Klarheit – wirschärfen unseren Blick für die wichti-gen Entwicklungen in den Branchen derInformationstechnologie. Wir glauben,dass gerade in schnelllebigen ZeitenPlatz sein muss für die tiefschürfendeAnalyse und den erleuchtenden Hinter-grund. Wir werden spannenden Gastau-torinnen und -autoren ein Forum bietenund komplizierte Zusammenhänge inanschaulichen Infografiken verständ-lich machen.

In dieser Ausgabe etwa beschäftigtuns unter anderem das Thema Künst-liche Intelligenz. Wer in der Branchearbeitet, weiß: Da kommt etwas aufuns zu. Ich freue mich besonders, dassProfessorin Katharina Zweig von der TUKaiserslautern für uns einen Blick indie Zukunft des Personalmanagementswagt. Ich habe bei der Lektüre gelernt:Bewerbungsgespräch war gestern, inZukunft entscheidet ein Algorithmus,ob wir den Job bekommen oder nicht.Aber: Lesen Sie selbst. Ich hoffe, un-

ser neues IT-Magazin gefällt Ihnen. VielSpaß bei der Lektüre!

DIE ZEITENÄNDERNSICH –WIR UNSAUCHDas IT-Magazin inneuer Optik

EDITORIAL

Vanessa Barthleitet den FunktionsbereichZielgruppenarbeit und Gleich-stellung beim Vorstand der IGMetall in Frankfurt am Main.

IN DIESER AUSGABEInfografik:So funktioniert der IT-Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3Titelthema:Wie Künstliche Intelligenz die Bürowelt verändert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Findet der Algorithmus die richtigen Leute? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Thema Arbeit:

„In den Unternehmen geht einiges durcheinander“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Aus den Unternehmen:Streit bei IAV – ein Team, zwei Klassen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10News & Updates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

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SondierungsgesprächeHier beraten beide Seiten schon vorab,ob sie das Metall- und Elektroergebnisangemessen finden, und suchen eineLösung.

Stopp!

Verhandlung

Tarifergebnis

Beide Seiten können die Protokollnotizziehen, wenn sie meinen, dass dasErgebnis nicht automatischübernommen werden sollte, weiles nicht die Entwicklung in derIT-Branche widerspiegelt.

Am Ende steht ein Ergebnis: Arbeitgeberverband und IG Metall einigen sich auf eineErhöhung der Entgelte für die Beschäftigten, die unter den Rahmentarifvertrag IT fallen.

Tarifergebnis Metall und Elektro VerhandlungskommissionMetallNRWFührt als Arbeitgeberverband dieVerhandlungen im Auftrag derUnternehmen (Atos, DieboldNixdorf, Unify)

Das Tarifergebnis der Metall- undElektroindustrie ist der Maßstab für dieTariferhöhungen in der IT-Branche. Indiesem Jahr handelte die IG Metallunter anderem 4,3 Prozentmehr Geld aus.

Die Verhandlungskommissionder IG Metall besteht aushauptamtlichen Tarifexperten derIG Metall und ehrenamtlichenMitgliedern ausden Betrieben.

Betriebliche AktionenZum Beispiel Mitgliederver-sammlungen, Informationsveran-staltungen, Demonstrationen –

bis hin zum Warnstreik.

StreikDas letzte Mittel.

TarifkommissionDie Tarifkommission besteht ausaktiven IG Metall-Mitgliedern. Siebestimmt die Verhandlungskom-mission, bewertet die Sondie-rungsgespräche und entscheidetüber das Tarifergebnis.

OK!Sagen beide Seiten: „Das geht inOrdnung“, wird das Ergebnis ausder Metall- und Elektroindustrie

automatisch übernom-men: Die Tarife steigenum 4,3 Prozent.

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SO FUNKTIONIERT DER IT-TARIFVERTRAGUnser Rahmentarifvertrag IT regelt Arbeitsbedingungen und Bezahlung inder Branche. Aber wie kommen höhere Entgelte zustande?

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„Hallo Alexa, koordiniere eine Telefonkonferenz mitHerrn Detmeier und Frau Heide für übermorgen.“

„Cortana, welche Termine habe ich heute?“„Siri, schreibe eine E-Mail an Frau Weber.“Digitale Assistenten sind schwer im Kommen.

Amazons Alexa, Apples Siri oder Microsofts Cort-ana werden immer schlauer und sind im Bürovon morgen nicht mehr wegzudenken. Marktfüh-rer Amazon hat bereits im vergangenen Jahr die

„Alexa for Business“-Plattform präsentiert. EinPartner ist die deutsche Unternehmenssoftware-schmiede SAP. Die Walldorfer arbeiten an einemSkill – eine Art App für die Alexa-Plattform – für eininternes Reisemanagement- und Reisekostenab-rechnungs-Tool, das komplett mit Sprachbefehlengesteuert wird.

Diese von Künstlicher Intelligenz, kurz KI, gesteu-erten digitalen Assistenten kommunizieren direktmit den Büroarbeitern und kennen deren Eigenar-ten und Vorlieben. Experten sind sich sicher: Digi-tale Assistenten werden ihren Funktionsumfangerweitern und die Kommunikation von und im Un-ternehmen grundlegend verändern. Die Zahl ihrerNutzer wird von 145,2 Millionen weltweit im Jahr2017 bis zum Jahr 2025 auf über eine Milliarde an-steigen, sagt das Marktforschungsinstitut Tractica.

Die Nutzung von digitalen Assistenten ist frei-lich nur ein erster Schritt hin zu einem völlig neu-en Büroalltag. Tastaturen werden verschwinden,Chatbots übernehmen die Kundenkommunikationund Vertragsdokumente werden mithilfe von Block-chain-Technologien gesichert. Menschliche Fach-leute müssen nur noch im Zweifelsfall eingreifen,so die Vision.Schöne neue Welt. Und der Mensch? Werden

wir alle irgendwann überflüssig? „Nein, das sichernicht“, sagt Christiane Benner, Zweite Vorsitzendeder IG Metall, „aber zweifelsohne wird KünstlicheIntelligenz die Unternehmen tiefgreifend verän-

dern.“ Und damit auch die Art, wie wir arbeiten undunter welchen Bedingungen, ergänzt sie. Deshalb,erklärt Benner, „bekommt das Thema für uns alsGewerkschaft und für die Betriebsräte in den Unter-nehmen eine zunehmende Bedeutung“. Mag sein,dass nicht gleich ganze Berufe von der Bildflächeverschwinden – aber die Tätigkeiten verändern sichgrundlegend. Das sehen auch die beiden Volks-wirte Carsten Brzeski und Inga Burk so: Der Wan-del trifft Arbeitsplätze im Bereich Bürokräfte undverändert Berufe mit einer Wahrscheinlichkeit vonüber 80 Prozent, sagen sie in einer Untersuchungvon 2015. „Die Herausforderung wird es sein, eineneue Tätigkeitsbeschreibung für die bestehendenArbeitsfelder zu entwickeln und dafür das nötigeKnow-how und die Weiterbildung sicherzustellen“,sagt die Zweite IG Metall-Vorsitzende.Wie genau das geht, was nötig ist, was Betriebs-

räte und was Beschäftigte brauchen – das will dieIG Metall in einem neuen Projekt erarbeiten. Dortarbeitet die Gewerkschaft in einem Verbund unteranderem mit Wissenschaftlern, Unternehmen undVerbänden zusammen. Der Projektverbund trägtden Titel „SmartAIwork“. Die Großbuchstaben AIstehen für Artificial Intelligence.Gefördert wird das Projekt vom Bundesministe-

rium für Bildung und Forschung (BMBF), geleitetwird es vom renommierten Fraunhofer-Institut fürArbeitswirtschaft und Organisation. Drei Fragenwollen die Forscher in Zusammenarbeit mit derIG Metall und den anderen Projektbeteiligten zu-nächst beantworten:• Wie ist der Stand der technologischen Entwick-

lung bei der Künstlichen Intelligenz?• Wie verändert Künstliche Intelligenz die qualifi-

zierten Arbeitsplätze im Büro?• Wie verändern sich die Arbeitsabläufe?Für die IG Metall und ihre Betriebsräte ist das

Thema nicht neu – jedenfalls in der Produktion.

Künstliche Intelligenz erobert die Büroräume. Schonheute übernehmen digitale Assistenten einen Teil derArbeit. Arbeitsorganisation und Tätigkeitsprofile än-dern sich grundlegend. Was bedeutet das für die Be-schäftigten? Dieser Frage geht ein Forschungsprojektnach, an dem sich die IG Metall beteiligt.

Von Notker Oberhäuser

DER BÜROALLTAGWIRD SICHGRUNDLEGENDVERÄNDERN.

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TITELTHEMA

Dort, in den Fertigungshallen der Industrie, hat dieDigitalisierung und Automatisierung längst Einzuggehalten. Beim Umstieg auf Industrie 4.0 konntendie Betriebsräte bereits ihr Wissen einbringen.

„Viele Betriebsräte kennen sich gut aus in der Pro-duktion“, erklärt Antje Utecht, für die IG Metall ver-antwortlich im Projekt SmartAIwork. „Wenn sichArbeitsabläufe ändern, wissen sie schnell, wasdas für die Beschäftigten bedeutet.“Im Bürobereich steht der nächste große Schub

der Digitalisierung erst noch bevor – und auch fürdie betrieblichen Interessenvertreter tut sich Neu-land auf. „Die Herausforderung durch die neuenTechnologien stellt sich im Bürobereich diffizilerund vielschichtiger dar, weil Wissen und Kreativitätnicht direkt messbar sind“, erläutert Utecht weiter.

WERKZEUGKASTEN FÜR BETRIEBSRÄTE

Damit Betriebsräte wissen, wie sie den Wandelgestalten, „benötigen sie eine Toolbox, um dieVeränderungen im Bürobereich zu erkennen“, soUtecht. Und genau diese Toolbox, dieser Werk-zeugkasten, soll im Rahmen des Projekts entwi-ckelt werden.Ein erster Schritt wird sein, die verschiedenen

Anwendungen der Künstlichen Intelligenz zu klas-sifizieren. Denn Künstliche Intelligenz bezeichnetverschiedene Technologiefelder, die zum Großteilauf künstlichen neuronalen Netzen basieren, dieGrundlage für das sogenannte „Maschinelle Ler-nen“ sind. Maschinelles Lernen bezeichnet ein Ver-fahren, bei denen Computer-Algorithmen aus Da-ten lernen, beispielsweise Muster erkennen, ohnedass jeder Einzelfall explizit programmiert wurde.Und das ist der große Unterschied zu klassischenIT-Systemen: Auf Künstlicher Intelligenz basieren-de Systeme lernen selber und müssen nicht immerneu programmiert und angepasst werden.

Innerhalb des Gesamtprojekts verantwortet dieIG Metall den Teil „Digitalisierungsstrategien imOffice-Bereich“. Diese Strategien erforschen undentwickeln die Beteiligten des Projekts in Pilotbe-trieben. Dort trifft dann Forschung auf praktischeAnwendung.

Ein Pilotbetrieb innerhalb des Projektkonsorti-ums ist die Präzisionsoptik Gera GmbH, kurz POG.Das mittelständische Unternehmen aus Thüringenfertigt mit 160 Mitarbeitern Linsen und optischeSysteme für die Halbleiterindustrie, die Medizin-und Messtechnik und die Raumfahrt. „Wir expor-tieren von Norwegen bis Südafrika“, sagt die Be-triebsratsvorsitzende Doris Schramm, die schonseit der Gründung 1992 beim Optikspezialistenim Verkauf arbeitet.

Die Herausforderung bei POG ist die komplexeAuftragsbearbeitung. Das Unternehmen bietetseinen Kunden alles von der Einzelfertigung überdie Kleinserie bis zu größeren Serien. Dadurch istdie Auftragsbearbeitung komplex geworden unddie Effizienz gesunken. Schramm erzählt von den

Veränderungen im Verkauf: „In den Anfangsjahrenhabe ich einen Lieferschein und eine Rechnunggeschrieben, dann war der Auftrag erledigt. Heutewünscht der Kunde einen Lieferschein, ein Qua-litätszertifikat oder Messwerte, dann müssen wirdas verwendete Material dokumentieren und eineBeschichtungskurve erstellen.“

Rund 50 Prozent der Produkte des Unterneh-mens gehen in den Export. Das Unternehmenmuss dann das Bundesamt für Außenwirtschaftbefragen, die Zollabwicklung mit Nachweisen vor-bereiten und nachweisen, dass die Ware Deutsch-land verlassen hat. „Dann kommen noch die indi-viduellen Wünsche zur Verpackung hinzu“, erklärtBetriebsratsvorsitzende Schramm. „Das sind heu-te ganz andere Anforderungen für unsere Mitar-beiter im Verkauf.“ Die Projektbeteiligten wollenWege aufzeigen, wie die Auftragsbearbeitung beiPOG mithilfe von Anwendungen der KünstlichenIntelligenz effektiver gestaltet werden kann – zumWohle des Unternehmens, der Kunden, aber auchder Beschäftigten.Schramm ist optimistisch, dass die Geschäfts-

leitung die Beschäftigten im Umbruch hin zumEinsatz von Künstlicher Intelligenz mitnimmt. DasUnternehmen sei offen und informiere die Beleg-schaft regelmäßig. Die gleiche Wahrnehmung hatauch Matthias Beer, IG Metall-Geschäftsstellen-leiter für Jena/Gera und Betriebsbetreuer für POG.

„Die Mitarbeiter sind hoch motiviert. Das ist einErfolgsfaktor des Mittelständlers“, sagt er. „DerAufwand, den die Geschäftsführung aktuell treibt,wird die Beschäftigung sichern und die Arbeit ein-facher gestalten. Ich sehe das positiv und nicht alsGefahr.“

Die Erfahrungen, die die Beschäftigten in denPilotbetrieben mit auf Künstlicher Intelligenz ba-sierten Anwendungen machen, will die IG Metallmit Hilfe von SmartAIwork sammeln, bündeln undstrukturieren – und darauf achten, dass die Stim-me der Beschäftigten gehört wird. In Workshopswerden dann die Erfahrungen anderen Betriebs-räten vermittelt.

Deutlich werde jetzt schon, sagt Christiane Ben-ner, dass lebenslanges Lernen und Weiterbildungzukünftig für die Beschäftigten immer wichtigerwerden. „Wir stellen uns eine entscheidende Fra-ge: Wie kann sichergestellt werden, dass die letzteEntscheidung bei der Nutzung von Technologiender Künstlichen Intelligenz beim Menschen liegt?“Die menschliche Arbeit könne auch zukünftignicht ersetzt, sondern lediglich angereichert wer-den. „Routinetätigkeiten werden zukünftig vonder Künstlichen Intelligenz ausgeführt – das Wer-tige, das Beratende, das Interaktive, das Kreativemacht aber nach wie vor der Mensch.“Betriebsrätin Schramm sieht das ähnlich: „In

unserem Entwicklungsbereich wird auch zukünf-tig die Kreativität des einzelnen Mitarbeiters ge-braucht, wenn Kunden ihre individuellen Wünscheformulieren.“

MENSCHEN WERDENNICHT ÜBERFLÜSSIG.

SIE ÜBERNEHMEN DENKREATIVEN PART.

Weitere Infos:www.smart-ai-work.de

[email protected]

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Die Versprechungen sind groß. Mit den richtigen Daten kön-nen Personalplaner heutzutage alles vorhersagen: WelcheBewerberinnen nachher erfolgreich eingestellt werden! Wel-ches Talent sich zum „High Potential“ entwickeln wird! Werjetzt schon auf dem Absprung ist!So und ähnlich bewerben Firmen ihre algorithmischen

Entscheidungssysteme zur „Predictive HR Analytics“ odereinfach nur „People Analytics“. Unternehmen setzen solcheComputerprogramme ein, um Kosten für unnötige Bewer-bungsgespräche zu sparen, die richtigen Talente zu fördern– aber auch, um Absprungkandidaten zu identifizieren. Letz-teres nennt sich „Employee retention“-Vorhersage, also eineVorhersage über den Verbleib in der Firma. Im besten Falldient eine solche Prognose dazu, die Betroffenen zum Blei-ben zu motivieren. Sie kann aber auch dabei helfen, bei Per-sonalabbau diejenigen zu identifizieren, die sich vielleichtmit einer kleineren Abfindung zufriedengeben, weil sie sichdem Unternehmen ohnehin nicht mehr verbunden fühlen.Meist ist völlig unklar, wie gut die zugrunde liegenden Al-

gorithmen in ihrer Vorhersage tatsächlich sind. Handelt essich bei diesen Algorithmen um mechanisch abzuarbeitendeRegeln, die von Experten basierend auf jahrelanger Erfah-rung in Personalplanung zusammengestellt wurden, so sinddie Systeme gut zu beurteilen: Ihre Entscheidungsregelnsind meist kurz, für andere Menschen verständlich, und dieErgebnisse können auch von den Beurteilten einfach infragegestellt werden. Die Maschine ist hier also wenig mehr alsder verlängerte (und schnellere, kostengünstigere) Arm derursprünglichen Expertengruppe.Ganz anders sieht es bei Systemen aus, die mit Hilfe des

Maschinellen Lernens (ML) oder der Künstlichen Intelligenz(KI) ihre Entscheidungsregeln aus Daten selbstständig ablei-ten. Sie suchen nach Korrelationen von persönlichen Datenund gesuchter Eigenschaft. Beispielsweise könnte die Me-thode erkennen, dass erfolgreiche Bewerber oftmals keineLücken im Lebenslauf haben und ein Auslandsaufenthalt dieWahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Einstellung erhöht.

Diese Korrelationen werden als Regeln abgespeichert, sodass die nächsten Personen danach bewertet werden kön-nen. Gut nachvollziehbar sind einfache Formeln, die die ein-

FINDET DERALGORITHMUSDIE RICHTIGENLEUTE?

GASTBEITRAG

zelnen Eigenschaften lediglich gewichten und summieren.Andere Regelstrukturen sind dagegen wenig einsehbar. Diesgilt insbesondere für die gerade sehr erfolgreichen „neuron-alen Netze“. Sie sind genauso wenig transparent wie die Ent-scheidung eines Menschen und daher mindestens ebensoschwierig zu beanstanden.Solange das Regelsystem bessere Entscheidungen trifft als

der Mensch, mag das nebensächlich sein. Schwierig wird es,wenn auch die Maschine diskriminiert. Solche Fälle gibt es.Schon die zugrunde liegenden Daten können Diskriminierun-gen enthalten. Diese werden dann „mitgelernt“. Außerdemkönnen die Daten zu fehlerbehaftet sein – die Entscheidun-gen der Maschine werden dann zu algorithmisch legitimier-ten Vor-Urteilen. Nicht zuletzt könnte eine Maschine, die Le-bensläufe ohne Pausen für optimal hält, Eltern und Pflegendediskriminieren. So führt die eigentlich objektive zugrunde lie-gende Mathematik zu ungewünschten Entscheidungen.

Mitarbeiterbewertung ist so komplex, dass auch eine Ma-schine keine zu hundert Prozent gültigen Regeln finden wird– schlicht deswegen, weil es diese nicht gibt. Die algorith-mischen Entscheidungssysteme werden genauso Fehler ma-chen wie die menschlichen Experten – unter Umständen aberweniger. Das gilt insbesondere für solche Algorithmen desML und der KI, die zugleich wenig transparent sind.

Im betrieblichen Umfeld braucht es deshalb klare qualitäts-sichernde Prozesse: Nach welchen Kriterien bewerten wir al-gorithmische Entscheidungssysteme? Wann beispielsweiserechtfertigt eine wesentlich höhere Entscheidungsgüte aucheine weniger gute Einsicht in den Entscheidungsprozess?

Klar ist: Die Maschine erkennt den Regelfall gut, nichtaber die positive Ausnahme. Das birgt die Gefahr, dass dieMenschen sich der Maschine anpassen; sie richten ihrenBildungsweg und ihre Arbeitsweise auf das aus, was dieMaschine einmal als optimal erkannt hat. Auf der Streckebleibt dann der bunte Vogel mit dem zusammengestückel-ten Lebenslauf, der aber das Lagerteam zusammengehaltenhätte, ebenso die Japanologin mit ihren kreativen Ideen fürsManagement und der 45-Jährige, der nach seiner Meisterprü-fung an der Fernuni studiert. Sie alle sortiert die Maschinebei der nächsten Bewerbung leider aus. CC-By 2.0 DE

Katharina Zweigist Professorin an der TechnischenUniversität Kaiserlautern.Sie forscht zu komplexen Netzwerken.

PERSONALMANAGEMENT DER ZUKUNFT

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THEMA ARBEIT

Christiane, Stichwort Digitalisierung: Ist sie Fluch oder Segen?Klare Frage, klare Antwort: Sie kann beides sein (lacht). Ichdrücke es mal anders aus: Es kommt drauf an, was man da-raus macht.

Und was machen die Unternehmen daraus?Ich habe das Gefühl, dass in den Unternehmen momentaneiniges durcheinandergeht. Keiner will den Zug verpassen,alle reden von der Digitalisierung, in vielen Bereichen hältsie längst Einzug, da werden Fakten geschaffen – aber wieman den Prozess richtig steuert, das weiß dann keiner sogenau. Nicht selten zahlen die Beschäftigten am Ende dieZeche.

Ein Beispiel, bitte.Nehmen wir die sogenannten Self-Service-Systeme. Sämt-liche Beschäftigten im IT- und Engeneering-Bereich sinddavon mittlerweile betroffen. Da werden Aufgaben an dieBeschäftigten übertragen, die früher von eigenen internenDienstleistungsbereichen übernommen wurden. Das läuftnach dem Motto: Die Digitalisierung macht’s möglich, jetztkann jeder seine Reisekostenabrechnung selber in das Sys-tem eintragen. Und amEnde findet sich der Einzelne vor einerBildschirmmaske wieder, die kompliziert und umständlich

funktioniert. Null Usability. Das sind echte Zeitfresser, unddie zusätzliche Arbeitsbelastung nervt. In den Betrieben istdas ein großes Thema.

Die Leute regt das auf?Ja, und das völlig zu Recht. Denn so wird Digitalisierung adabsurdum geführt. Digitale Prozesse sollen doch dazu die-nen, die Arbeit zu erleichtern. Nervende Routinearbeiten darfgerne der Computer übernehmen. Dann bleibt mehr Platz fürdie eigentliche Arbeit, für Kreativität und neue Ideen. Wennman Digitalisierung so versteht und umsetzt, dann kann siezum Segen werden. Wenn man die Leute stattdessen mitumständlichen neuen Aufgaben nervt, geht der Schuss nachhinten los.

Was ist also zu tun?Um bei dem Beispiel zu bleiben: Die betroffenen Beschäftig-ten müssen schon früher einbezogen werden, beim Designder Software für diese Self-Service-Systme sollten sie mitre-den, von Anfang an. Für mich ist das ohnehin das Erfolgsmo-dell einer gelungenen Digitalisierung. Sie wird nur Erfolg ha-ben durch Beteiligung, Mitsprache und Mitbestimmung. DasGanze wird nicht funktionieren, wenn man die Beschäftigtennicht mitnimmt.

„IN DEN UNTERNEHMEN GEHTEINIGES DURCHEINANDER“Wie sich Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, die IT-Arbeitswelt vonmorgen vorstellt – und was Digitalisierung mit Tanztheater zu tun hat.

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THEMA ARBEIT

Und daran mangelt es?Ja. Nehmen wir ein anderes Beispiel: das agile Arbeiten. Da er-leben wir in der Branche gerade eine richtige Welle. Alle redenvom agilen Arbeiten. Das hört sich ja auch erstmal gut an: Agilbedeutet, flexibel zu arbeiten. Die Teams organisieren sichselbst. Wenn das zu mehr Selbstbestimmung der Beschäftig-ten führt, kann ich das nur begrüßen. Aber oft genug wird dasagile Arbeiten einfach von oben verordnet und nicht vernünftigeingeführt. Das ist so, als würde ich zum Deutschen Fernseh-ballett gehen und einfach verkünden: Guten Morgen, ab jetztmacht Ihr bitte freies Improvisationstanzen. Das funktioniertso nicht. Die Leute müssen qualifiziert werden, die Projektebrauchen ausreichend Personal und Zeit, und die Führungs-kräfte müssen ihre Angst vor Kontrollverlust verlieren.

Was wäre eine Lösung?Bei Daimler zum Beispiel haben wir eine wegweisende Be-triebsvereinbarung zum Arbeiten im Schwarm. Darin sind einpaar Grundsätze festgelegt, zum Beispiel: Jeder darf mitma-chen, keiner muss. Wer im Schwarm oder in einem Inkubatorarbeitet, ist von seiner Funktion in der Linie freigestellt. Auchbei Continental gibt es eine Konzernbetriebsvereinbarung zudem Thema. Sie schreibt vor: Wer agil arbeiten soll, muss vor-her ausreichend geschult werden.

Klingt doch vernünftig. Warum tun sich die Unternehmen soschwer?Ehrlich gesagt: Ich verstehe es auch nicht. Da kommen dannVorbehalte, die durch nichts zu begründen sind. Da heißtes: Mitbestimmung, das passt nicht zur Digitalisierung. Amliebsten würden viele Unternehmen die Digitalisierung ohneTarifverträge und ohne Betriebsräte organisieren. Ich kann nursagen: Sorry, das ist Quatsch, das könnt Ihr vergessen! Um-gekehrt wird ein Schuh draus. Wir brauchen mehr Mitbestim-mung, wenn wir die Digitalisierung meistern wollen. Das wirddeutlich, wenn man einen Blick auf das Gesamtbild wirft.

Wie meinst Du das?Der Wirtschaftsinformatiker Professor Leimeister hat aufder jüngsten IT- und Engineeringtagung der IG Metall sehranschaulich und wissenschaftlich fundiert dargestellt, wiegroß die Herausforderungen für die Unternehmen sind (sie-he Kasten: Das Leimeister-Modell). Sie müssen sich in dreiRichtungen gleichzeitig bewegen: Einerseits digitalisierensie ihre eigenen Prozesse und die mit anderen Unterneh-men, zum Beispiel Zulieferern. Das allein wäre schon Her-ausforderung genug. Andererseits müssen sie stärker vomNutzer her denken, so wie die großen neuen Player ausdem Silicon Valley es vormachen, Facebook, Google undwie sie alle heißen. Das ist ein ganz anderes Wirtschaften,da geht es um Nutzerverhalten, um den Umgang mit Daten,um Apps. Und schließlich wollen sie sogenannte smarteProdukte und Dienstleistungen anbieten, also zum Beispieleine Waschmaschine, die mit dem eigenen Handy kommu-niziert und sich über Computeranwendungen steuern lässt.Das alles zusammen sind völlig neue Aufgaben, völlig neueGeschäftsfelder. Und die verlangen auch eine völlig neueArbeitsorganisation.

Dein Fazit?Wir können die Digitalisierung stemmen. Aber nur mit denBeschäftigten, und nicht gegen sie. Wir brauchen Qualifizie-rung, Qualifizierung, Qualifizierung. Die Beschäftigten müs-sen die Ressourcen, die sie für neue Aufgaben oder Arbeits-methoden brauchen, auch wirklich bekommen. Wir müssendie alte und die neue Unternehmenswelt zueinander bringen.Wenn uns das gelingt, bin ich sehr optimistisch.

Zum Schluss noch mal die Frage: Fluch oder Segen?Die Digitalisierung gibt uns eine Riesenchance, die Arbeits-welt von morgen zu gestalten. Modern, effizient, menschen-freundlich, sauber, ökologisch, kreativ und mit guten Arbeits-bedingungen – das geht.

Jan Marco Leimeister ist Wirtschaftsinformatiker an den Uni-versitäten St. Gallen und Kassel. Er hat ein Modell entwickelt,das deutlich macht, wie stark die Digitalisierung die Unter-nehmen verändert. Das Modell mit seinen drei Achsen magauf den ersten Blick kompliziert erscheinen, lässt sich aberletztlich so zusammenfassen: Die Digitalisierung fordert dieUnternehmen entlang von drei Stoßrichtungen gleichzeitig.Sie optimieren ihre internen Prozesse (die nach rechts zei-gende X-Achse), sie müssen ihre Produkte und Dienstleis-tungen in digitalen Zeiten stärker an den Nutzern ausrichtenund treten damit in Konkurrenz zu etablierten Internetriesenwie Google, Amazon oder Facebook (die nach oben zeigendeY-Achse), und sie wollen sogenannte „smarte“ Produkte an-bieten (die nach hinten zeigende Z-Achse). Leimeister nenntfür Letzteres das Beispiel eines Flugzeugturbinenherstellers,der künftig seinen Kunden auch Flugstunden anbietet.

Das Modell ist deshalb interessant, weil es zeigt: Die Her-ausforderungen sind riesig, die Veränderungen in allen Rich-

tungen groß; und auf allen drei Achsen sind die Beschäftig-ten unmittelbar betroffen – weil ihre Tätigkeit sich ebensogrundlegend ändert wie Prozesse und Produkte.

DAS LEIMEISTER-MODELL

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Nutzer-/Nutzenorientierung (frontstage)(veränderte Bedürfnisse/Erfordernisse in der digitalen Welt)

Produkte & Services („smart“)

Prozesse (backstage)(Automatisierung & Effizienz)

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Bei der IAV eskaliert der Tarifstreit: DerArbeitgeber verwehrt den Beschäftigtenhöhere Entgelte und will neue Kollegin-nen und Kollegen künftig schlechter be-zahlen. Die Belegschaft wehrt sich vehe-ment. Sie will sich nicht in zwei Klassenspalten lassen.

Neues Jahr, neues Glück? Nicht für die Beschäftigen der IAVIngenieurgesellschaft Auto und Verkehr. Die IG Metall muss-te die Gespräche zur Tarifrunde mit der Geschäftsführung imFebruar nach nicht einmal einer Stunde abbrechen. Seitdemliegen die Tarifgespräche auf Eis. Der Grund: Das Unterneh-men verweigert eine Entgelterhöhung in Anlehnung an denTarifabschluss der Metall- und Elektroindustrie und möchteaußerdem neu eingestellte Beschäftigte mit erheblich nied-rigeren Löhnen abspeisen, als es der bisher gültige Hausta-rifvertrag vorsieht. „Die Belegschaft der IAV wehrt sich gegendiese Spaltung“, sagt Johannes Katzan, Sprecher der IAV-Ta-rifkommission der IG Metall, „das wäre das letzte, was dieKolleginnen und Kollegen wollen.“

Was bei IAV passiert, erscheint vielen Beschäftigten wieein Déjà-vu, also eine Wiederholung von bereits Geschehe-nem: Schon bei den Tarifverhandlungen 2016 brachte derArbeitgeber eine „Schlechterstellung“ für neue Kolleginnenund Kollegen der IAV ins Spiel. Für sie sollte eine niedrige-re Gehaltstabelle gelten. Für die IG Metall war und ist eineZwei-Klassen-Bezahlung nicht aktzeptabel. „In Teams unter-schiedlich bezahlt zu werden – das ist ein Unding“, sagt Ge-werkschafter Katzan.

Gesamtbetriebsratsvorsitzender Mark Bäcker ist von derStrategie des Unternehmens nicht überzeugt. „In dem Me-tier, in dem wir uns bewegen, ist es keine Lösung, einzigund allein auf Kosten der Mitarbeiter zu sparen“, erklärt er.Die Geschäftsführung will künftig bis zu 30 Prozent bei den

Gehältern einsparen, berichtet er. Veränderungen von Un-ternehmensprozessen spielen hingegen keine Rolle. „AlsHigh-End-Dienstleister der Automobilindustrie mit neuestenTechnologien kann es nicht der richtige Weg sein, bei den Be-schäftigten zu streichen, um sich auf dem Markt zu etablie-ren“, sagt Betriebsrat Bäcker.Auch das Argument der schwierigen wirtschaftlichen Situa-

tion teilt Bäcker nicht. „Nach den Zahlen, die wir kennen, sindwir ein gutes, attraktives und sogar profitables Unternehmenin der Automobilindustrie“, sagt er. Das Unternehmen rückesich selbst gezielt in ein schlechtes Licht, um die Forderungnach Kostensenkung beim Personal zu untermauern. „Des-wegen ist für uns das Vorgehen der Geschäftsführung nochweniger nachvollziehbar.“ Dass nur neue Mitarbeiter Ge-haltseinbußen hätten, ist für den Betriebsratsvorsitzendenkein Trost. Auch er betont: „Wir wollen keine Spaltung.“Seit dem Gesprächsabbruch im Februar ziehen die Be-

schäftigten regelmäßig jeden Freitag vor das Werktor in Gif-horn. Die IGMetall hat an allen sechsStandorten sogenannteTariffreitage organisiert. Gemeinsam und solidarisch verlei-hen die Beschäftigten so ihren Forderungen Nachdruck.

Die IG Metall ist durchaus zu Gesprächen bereits, betont Ver-handlungsführer Katzan. Aber klar sei auch: Eine Ungleichheitim Unternehmen darf und kann es dauerhaft nicht geben. Des-halb lautet die Forderung aus der Belegschaft an den Arbeitge-ber: Kehrt endlich an den Verhandlungstisch zurück.

Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe hat sich die Ge-schäftsführung keinen Zentimeter bewegt. „Der Arbeitgeberhat keine Angebote gemacht, sondern ausschließlich Ge-genforderungen aufgestellt“, sagt Johannes Katzan. Dies seikeine Verhandlungsgrundlage für Tarifvertragsparteien. MitteApril folgte eine Kundgebung vor der Unternehmenszentralevon IAV in Berlin. Mit einem klaren Ziel: Die IAV-Tarifkommis-sion der IG Metall möchte so schnell wie möglich zu einemErgebnis in dieser Tarifrunde kommen – eines, das nicht aufKosten der IAV-Beschäftigten geht.

Andreas Reinshagen

EIN TEAM, ZWEI KLASSEN?ZUM GRAUSEN

AUS DEN UNTERNEHMEN

Kundgebung vor dem Werktor von IAV in Gifhorn: Die Pläne des Arbeitgebers sorgen für Empörung.

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AUS DEN UNTERNEHMEN

NEWS &UPDATES

IG Metall

IT-Tagungim SeptemberDie IG Metall und die gewerkschaftsna-he Hans-Böckler-Stiftung veranstaltenihre diesjährige Engineering- und IT-Ta-gung vom 17. bis zum 19. Septemberin Köln. Gastgebendes Unternehmenist der Autohersteller Ford. Die Gewerk-schaft erwartet rund 400 Teilnehmeraus Betrieben der Informationstechno-logie und des Engeneerings. Auf der Ta-gung werden die neuesten Entwicklun-gen in der Arbeitswelt diskutiert, unteranderem das Thema „Agiles Arbeiten“.

Frauentag

Eine Rose für dieKolleginnen

Zum Internationalen Frauentagverteilten Gewerkschafts-Aktive undBetriebsratsmitglieder in den Unter-nehmen der InformationstechnologieBlumen an die Kolleginnen, wie zumBeispiel bei Infineon in München(Foto). Solche Aktionen zu dem inter-national begangenen Tag haben in derGewerkschaftsbewegung eine langeTradition. Aktive Gewerkschafterinnenund Gewerkschafter machen auf den

langen Kampf der Frauen für Gleichbe-rechtigung aufmerksam. „Ohne denEinfluss einer starken IG Metall“, sagtSabine Wohlleben (Bildmitte), „wärenChancengleichheit und Gleichberech-tigung noch in einer Zeit vor circa 100Jahren stehen geblieben.“ Der Frauen-tag entstand in der Zeit vor dem ErstenWeltkrieg.

Proservia

Viel Rückhalt fürden BetriebsratDer Betriebsrat des IT-DienstleistersProservia geht mit Optimismus in dieanstehenden Betriebsratswahlen.Proservia ist aus einer Abspaltungvon Hewlett-Packard entstanden. DieBeschäftigten wählten in dem ausge-lagerten Unternehmen Anfang 2017an allen sechs regionalen StandortenBetriebsräte; auch einen Gesamtbe-triebsrat gibt es. „Das war für uns sehrwichtig, um die Arbeitsbedingungenin dem neuen Unternehmen positiv zugestalten“, erklärt Gesamtbetriebsrats-vorsitzender Volker Müller. Nach nurgut einem Jahr werden die rund 800Beschäftigten anlässlich der turnus-mäßig alle vier Jahre stattfindendenBetriebsratswahlen erneut zur Wahlgerufen – das Gesetz will es so. Müllerhofft auf eine hohe Wahlbeteiligung.Bei den ersten Wahlen lag sie bereitsbei 70 Prozent, viele IG Metall-Mitglie-der wurden dabei in den Betriebsratgewählt. „Der starke Rückhalt aus derBelegschaft ist wichtig für uns“, sagtMüller. Für die Zeit nach der Wahl gebees viel zu tun: Der Betriebsrat will mitdem Arbeitgeber Vereinbarungen zuwichtigen Themen treffen, zum Beispielzu Boni, Gehaltsrunden, Schichtbe-trieb, Stellenbesetzungen oder Mitar-beitergesprächen.

EDAG

Beschäftigte fürBetriebsräte aktivDie IG Metall setzt ihren Kampf ummoderne Betriebsratsstrukturen bei

dem Entwicklungsdienstleister EDAGfort. „Wir sind hier auf einem vielver-sprechenden Weg“, erklärt JohannHorn, Erster Bevollmächtigter der IGMetall in Ingolstadt. Bei EDAG gibt esseit Jahren eine ungewöhnliche Formdes Betriebsrats: Ein einziges Gremiumwar für 27 Standorte und TausendeBeschäftigte zuständig. „In der stürmi-schen Wachstumsphase des Unterneh-mens hatte das eine Berechtigung“,sagt Horn. Inzwischen sind aus einerGmbH mehrere geworden, Standortehinzugekommen, wurden ausgebaut,andere geschlossen. Ein bundesweites„IG Metall-Team EDAG“, in dem inzwi-schen aus vielen Standorten Beschäf-tigte aktiv sind, wirbt aktuell intensivfür Gründungen von Betriebsräten anden Standorten.

Studierende

Digital undakademisch

Die IG Metall macht sich für einebreite akademische Ausbildung vonStudierenden stark. „Wir brauchenkeine Schmalspurstudiengänge“, sagtIsabella Albert, beim Vorstand der IGMetall in Frankfurt für Studierendezuständig. „Studierende müssen überden Tellerrand hinausblicken könnenund sich zum Beispiel mit den Auswir-kungen von Digitalisierung auf Gesell-schaft und Arbeitsmarkt beschäftigen.“Neue entstehende Studiengänge, diesich ausschließlich dem Thema Digi-talisierung widmen, sieht die IG Metalldeshalb auch kritisch. Auf ihrem 1.Studierendenforum gibt die IG Me-tall Anfang Mai in der BildungsstätteSprockhövel rund 100 Studierendendie Möglichkeit, das Thema „Digita-lisierung akademischer Berufe“ zudiskutieren.

Kontakt: [email protected]

DIGITALISIERUNGIN AKADEMISCHEN BERUFEN

4.- 6. Mai 20181. Studierendenforum

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Page 12: Magazin 01/2018 · von 2015.„Die Herausforderungwird es sein, eine neue Tätigkeitsbeschreibung für die bestehenden Arbeitsfelder zu entwickeln und dafür das nötige Know-how

IMPRESSUMIT-MagazinDas Branchenmagazin der IG Metall; erscheint halbjährlich; Ausgabe Mai 2018Herausgeber: Jörg Hofmann, Christiane Benner, Jürgen KernerAnschrift: IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Straße 79, 60329 Frankfurt am MainRedaktion: Volker Fröhlich, Bernd Kupilas, E-Mail: [email protected], Telefon 069–66 93 2479Redktionelle Mitarbeit: Notker Oberhäuser, Andreas ReinshagenDesign und Layout: Gregor Josten, Redaktionsbüro Kupilas, 50674 KölnVertrieb: Thomas Köhler, Telefon 069 66 93 22 24, E-Mail: [email protected]: apm AG, Darmstadt

Name* Geschlecht*

Vorname* Geburtsdatum*

Land* PLZ* Wohnort*

Straße* Hausnr.*

Telefon (! dienstlich ! privat)

E-Mail (! dienstlich ! privat) Staatsangehörigkeit*

beschäftigt bei Betrieb/PLZ/Ort

Mitgliedsnummer Werber/in

M=männlichW= weiblich

Tag Monat Jahr

Beruf/Tätigkeit/Studium/Ausbildung

Wie heißt der Einsatzbetrieb?

Wie heißt die Hochschule?

Beitrittserklärung:Ich bestätige die Angaben zu meiner Person, die ich der IG Metall zum Zwecke der Datenerfassung im Zu-sammenhang mit meinem Beitritt zur Verfügung stelle. Ich bin darüber informiert, dass zur Erfüllung ihrersatzungsgemäßen Aufgaben und unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften, personenbe-zogene Angaben durch die lG Metall und ihrer gewerkschaftlichen Vertrauensleute erhoben, verarbeitetund genutzt werden. Die Anpassung des Beitrags an die Einkommensentwicklung erfolgt u. a. durch ge-werkschaftliche Vertrauensleute im Betrieb. Dabei werden aus betriebsöffentlichen Daten, wie der Tätig-keit und der damit verbundenen Eingruppierung, das Tarifentgelt und der Gewerkschaftsbeitrag ermittelt.Eine Weitergabe der Daten zu Marketingzwecken findet nicht statt.

! Vollzeit

! Teilzeit

! Befristung ! Ausbildung/vergleichbare Einrichtung

! Leiharbeit/Werkvertrag

! duales Studium ! Studium

! Solo-Selbstständige/rangesprochen durch (Name, Vorname)

ab bis

Beitrittserklärung

Ort / Datum / Unterschrift für den Beitritt*✗

SEPA-Basislastschriftmandat (wiederkehrende Lastschriften)Gläubiger-Identifikationsnummer der IG Metall: DE71ZZZ00000053593Mandatsreferenz: Mitgliedsnummer01

Ich ermächtige die IG Metall, den jeweils von mir nach § 5 der Satzung zu entrichtenden Mitgliedsbeitragvon 1% des monatlichen Bruttoverdienstes zur vereinbarten Fälligkeit von meinem Konto mittels Last-schrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der IG Metall auf mein Kontogezogenen Lastschriften einzulösen.

Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung desbelasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.Änderungen meiner Daten werde ich unverzüglich der IG Metall mitteilen.

Mitgliedsnummer

(wird von der IG Metall eingetragen)

**wird

vonderIGMetallausgefüllt

*Pflichtfe

lder

bitte

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Stand:März2016

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Bank/Zweigstelle

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BIC Bruttoeinkommen*

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Ort / Datum / Unterschrift für den Bankeinzug

D E

Bitte abgeben bei:IG Metall Betriebsräten/-Vertrauensleuten, der IG Metall-Geschäftsstelleoder schicken an:IG Metall Vorstand, FB Mitglieder und Erschließungsprojekte, 60519 Frankfurt am Main

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Tag Monat Jahr

Eintritt ab: