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Magazin des Fachbereichs Verkehr 2/2007 erkehr wir bewegen was Hierzulande und global aktiv eingemischt Zweite Bundesfachbereichs- konferenz Verkehr mit Bilanz und Ausblick (Seiten 3 bis 6)

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Magazin des

Fachbereichs

Verkehr

2/2007

erkehrwir bewegen was

Hierzulandeund global

aktiveingemischtZweite Bundesfachbereichs-konferenz Verkehr mit Bilanzund Ausblick (Seiten 3 bis 6)

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ver.di report | MELDUNGEN

2 2/2007 | VERKEHR

Die ver.di-Verhandlungskommissionhat mit dem VDR am 11. Juli 2007 inder Heuertarifrunde 2007/2008 ein Er-gebnis erzielt. Danach erhöhen sich dieHeuern und Bezüge für die Beschäftig-ten im Bereich der deutschen See-schifffahrt um linear 3,5 Prozent ab 1. August 2007.Weitere Regelungen im Vertrag: DerMitgliederbonus ist beschlossene Sa-

che, der GUV-Fakulta-Beitrag wirdvon den Reedern übernommen. DieVergütung für Auszubildende im 2. und 3. Ausbildungsjahr erhöht sichebenfalls um 3,5 Prozent. Der Ta-rifvertrag läuft bis 30. September2008.Auch die Binnenschiffer und Hafen-arbeiter erhalten per Tarif mehr Lohnund Gehalt (siehe Seite 10). ❏

Barbara Ruthmann übernimmt die Lei-tung für die Billigflaggenkampagneder ITF.Die Verwaltungswirtin blickt auf fast 25Jahre Tätigkeit als Gewerkschaftssekre-tärin zunächst bei der ÖTV, jetzt ver.di,zurück. Nach der Ausbildung zur Ge-werkschaftssekre-tärin in der ÖTVwar sie Kreisge-schäftsführerin inGoslar, übernahmAufgaben in derLuftverkehrspoli-tik innerhalb derÖTV-Hauptver-waltung, als stell-vertretende Lan-desvorsitzende im Saarland sowie alsLeiterin der Bildungsstätte am Wann-see in Berlin. Vor 11 Jahren startete Barbara Ruth-mann im Fachbereich Verkehr der ÖTV,später ver.di, als Vorstandsreferentin.Durch diese Tätigkeiten gewann sie ei-nen umfassenden Einblick in die Prob-leme aller Verkehrsträger und in dieinternationale Arbeit von ver.di. Siewill sich nun „mit Begeisterung derneuen Herausforderung stellen“. ❏

Neu: 3,5 Prozent mehr Heuer in der Seeschifffahrt

Ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen aus Verkehrsunternehmendes ÖPNV erarbeiteten bei einem Tref-fen im Juni das neue Seminarpro-gramm 2008. Nach einer Auswertungder bisher in diesem Jahr stattgefunde-nen Schulungen wurde für das nächsteJahr ein umfangreiches Angebot von21 Seminaren zusammengestellt.Das gesamte Angebot wird auf einem

Flugblatt zusammengefasst, dass abSeptember bei allen Betriebs- und Per-sonalräten sowie den ver.di-Bezirkenerhältlich ist. Anmeldungen sind direktan die ver.di-Bildungsstätte in Saalfeldzu richten und können auch über dasInternet unter www.verdi-bildungs-portal.de in den Rubriken „Straßen-personenverkehr“ oder „ÖPNV“ vor-genommen werden. ❏

Neu gewählt

Seit Mai dieses Jahres fungiert AndreasBergemann als neuer ver.di-Bundes-fachgruppenlei-ter Häfen. Damittritt er die Nach-folge von Man-fred Rosenbergan. Er wurdeaußerdem am 3. Mai 2007 mitüberwältigenderMehrheit zumPräsidenten derSektion Häfen der Europäischen Trans-portarbeiter-Föderation gewählt.Andreas Bergemann begann seinehauptamtliche Gewerkschaftsarbeit1991 als Jugendsekretär im ÖTV-BezirkNord. Von 1996 bis 2001 arbeitete erals Sekretär verschiedener ÖTV-Kreis-verwaltungen. Seither betreute er imver.di-Bezirk Lübeck-Ostholstein denVerkehrsbereich und sammelte Erfah-rung mit der Arbeit in Schifffahrt undHäfen. ❏

Tief erschüttert musste ver.di über denplötzlichen Tod des Kollegen MichaelBlanke informieren. Die Nachrichtwurde vielerorts mit Bestürzung auf-genommen. Michael war am 25. Maiim Alter von 59 Jahren durch Herzver-sagen mitten aus dem Leben gerissenworden. Er arbeitete als Koordinatorim deutschen ITF-Inspektorat in Bre-men. Sein Leben war seit fast vier Jahr-zehnten von großem gewerkschaft-lichen Engagement geprägt.Michael Blanke wurde 1976 Mitgliedder ÖTV und setzte sich als Seebe-triebsrat und -betriebsobmann streit-bar für die Belange der Kollegen ein.Seine hauptamtliche Arbeit startete er1988 bei ÖTV-Bezirk Bremen, wo er inden Bereichen See- und Küsten- so-wie Binnenschifffahrt tätig war. 1998wechselte er in die Hauptverwaltungder ÖTV und begann dort seine lang-jährige Tätigkeit als ITF-Inspektor undstellvertretender Koordinator in Bre-men. Erst vor kurzem übernahm Mi-chael Blanke die Aufgaben des ITF-Koordinators und war maßgeblich ander Vorbereitung der ITF-Aktionswo-che 2007 beteiligt. Er wusste um die

Auswirkungen der Globalisierung inder maritimen Welt und war den Hafenarbeitern ein engagierter und sachkundiger Interessenvertreter.Während der ITF-Aktionswoche imJuli erinnerten internationale Ge-werkschafterkollegen an ihren deut-schen Mitstreiter für bessere Entloh-nung und menschenwürdige Arbeits-bedingungen auf Schiffen und in denHäfen. Sie zollten ihm öffentlich Res-pekt (siehe Seite 7).Auch die ITF und der ver.di-Bundes-vorstand reagierten betroffen aufdas unerwartete Ableben. „Er wirdseinen Platz in unseren Gedankenbehalten“, hieß es im ver.di-Nachruf.

Adieu, Michael Blanke

Barbara Ruthmann

Andreas Bergemann

Neu geflaggtNeues Seminarangebot

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IMPRESSUM Verkehr Nr. 2, August 2007

Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)Bundesvorstand: Frank Bsirske (V.i.S.d.P.), Jan KahmannBearbeitung: Ruth ThieryVerantwortliche Redakteurin: Helma Nehrlich (transit berlin.pro media)Redaktionsanschrift: ver.di-Bundesverwaltung,Fachbereich Verkehr, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin

Herstellung+Druck: apm AG, Darmstadt, Kleyerstraße 3, 65295 Darmstadtwww.alpha-print-medien.de

Gestaltung: alpha print medien AG

Der ver.di-Fachbereich Verkehr ist auch im Internet zu finden: www.verdi.de/verkehr

Titelbilder: Tricast

Im Mai dieses Jahres fand die turnus-mäßige Konferenz des FachbereichsVerkehr statt. 120 Delegierte aus

Schifffahrt, Häfen, Luftverkehr, öffent-lichem Personennahverkehr und Schie-nenverkehr hielten Rückschau auf dieArbeit der vergangenen Wahlperiode.Im Vordergrund standen jedoch unseregewerkschaftspolitischen und strategi-schen Ziele für die vor uns liegendenvier Jahre.

Einstimmig votierten die Delegier-ten, zukünftig mit dem FachbereichVer- und Entsorgung zu kooperieren.Für die beiden Fachbereiche trägt zu-künftig ein Bundesvorstandsmitglieddie Verantwortung. Die Wahl erfolgtauf dem ver.di-Bundeskongress An-fang Oktober.

Die beiden Fachbereiche rückenzusammen, bündeln ihre Kräfte, ohnedabei ihre Eigenständigkeit aufzuge-ben. Im Gegenteil – in der Koopera-tion liegt die Chance, Mitgliederinte-ressen effektiver zu vertreten, die Prä-senz in den Betrieben zu verbessernund unser verkehrspolitisches Profilzu schärfen. Dabei spielen die Fach-gruppen eine entscheidende Rolle. Siesind die Quelle verkehrspolitischerund tarifpolitischer Orientierung imFachbereich Verkehr. Sie stärkenver.di als Verkehrsgewerkschaft inner-halb und außerhalb des DGB und sindGrundlage unserer Branchenidentitätund Kompetenz. Diese Kompetenzenmüssen wir stärken und weiterent-wickeln, um auch zukünftig als starkesoziale und fachliche Kraft bei den Ar-beitgebern, in der Politik und in derBevölkerung wahrgenommen zu wer-den.

Die Delegierten haben auch ei-nen verkehrspolitischen Grundsatzbe-schluss diskutiert und verabschiedet.Kern ist die dringende Notwendigkeit

einer umweltorientierten Verkehrspoli-tik. Umweltschonende Verkehrsmittel,wie der ÖPNV, müssen Vorfahrt erhal-ten und verdienen breite politische undfinanzielle Unterstützung. Ein Ver-kehrssystem, dass darauf ausgerichtetist, ökologische, ökonomische und so-

ziale Aspekte ausgewogen zu berück-sichtigen, ist ein wichtiger Beitrag, dieklimapolitischen Ziele von Kyoto zu er-reichen. Wir brauchen Mobilität, wirbrauchen im Verkehrsbereich sichereund sozial ausreichend ausgestalteteArbeitsplätze. Aber all unsere Erwar-tungen müssen sich auch einbetten indie Herausforderungen der Klimaprob-lematik, denn nur so wird das Rechtauf Mobilität und das Recht auf sichereArbeitsplätze langfristig garantiertwerden können. Diesen Auftrag habendie Delegierten uns für die Zukunft mitauf den Weg gegeben.

Jan Kahmann

ver.di report | KOMMENTAR

VERKEHR | 2/2007 3

Weichen für die Zukunft gestelltChancen in der Kooperation

MELDUNGEN

2 Seminarangebote, Tarife und Personalien

INTERNATIONALES

6-8 Rot sehen beim Grünbuch –Baltic-Road-Projekt

ITF-Aktionswoche:180 Schiffe kontrolliert

Kommt ein Port Package III?

SCHIFFFAHRT

9 Ausverkauf verhindert und Warnstreik im Lübecker Hafen

TARIFE

10 Mehr Geld für Beschäftigtein Häfen, auf Binnen-schiffen und bei Condor

LUFTFAHRT

11-12 Aktionen bei GlobeGround Berlin und für die Sky Chefs in Tegel

Start von „ver.di-Kabine“

NAHVERKEHR

13-15 Grenzüberschreitendes Informationsportal

Kritischer Betriebsrat gemobbt und entlassen

Neue Tarife im NahverkehrBayern und bei RSW

KLIMASCHUTZ

16 Umsteuern nötig – Antrag an den ver.di-Bundeskongress

INHALT

Jan Kahmann,

Leiter des Fachbereichs Verkehr

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Unser Fachbereich ist ein wichti-ger Teil von ver.di. Wir haben dieStärke und Durchsetzungsfähig-

keit der Gesamtorganisation bei solchwichtigen Themen wie der Mindest-lohnkampagne oder im Kampf gegendie Rente mit 67 mit entwickelt unduns aktiv eingemischt. Das gilt auch fürdie internationale Transportgewerk-schaftsbewegung, deren aktiver Teilwir sind.“ Mit dieser Standortbestim-mung leitete Jan Kahmann, der nochbis zum Bundeskongress amtierendever.di-Bundesfachbereichsleiter Ver-kehr, die Debatten auf der zweitenBundesfachbereichskonferenz ein. DieEinordnung in die europäische undinternationale Transportarbeiterföde-ration bekräftigte David Cockcroft,ITF-Generalsekretär. Schifffahrt undHäfen seien seit Jahrzehnten von derGlobalisierung betroffen, inzwischengäbe es aber keinen Verkehrssektormehr, der nicht von internationalenVerknüpfungen betroffen sei. ver.diwerde dieser übergreifenden Ver-pflichtung gerecht, hieß es in seinemGrußwort.

Auf der Konferenz am 10./11. Maizogen die 103 Delegierten ein Fazit derin den vergangenen vier Jahren geleis-teten Arbeit, fassten aber zugleich zu-

kunftsweisende Beschlüsse für die wei-tere Entwicklung des ver.di-Fachberei-ches Verkehr und wählten den Vor-stand des Fachbereiches neu. Die Stär-ke der gewerkschaftlichen Verkehrs-politik, so die Konferenz, liege zum ei-nen in der konsequenten Interessen-vertretung der Beschäftigten in derVerkehrswirtschaft, zum anderen inder Betrachtung von Verkehrsdienst-leistungen im Sinne öffentlicher Da-seinsvorsorge.

Weichen gestellt

Auf der Bundesfachbereichskonferenzim Berliner Hotel Estrel wurden wichti-ge organisationspolitische Weichengestellt. Die Debatten in den vergan-genen Monaten hätten bekräftigt,dass der Fachbereich Verkehr seineSelbstständigkeit bewahren und dieArbeit der Fachgruppen stärken wolle,erläuterte der alte und neue Bundes-fachbereichsvorsitzende Rudi Eichler.Die Kooperationsvereinbarung mitdem Fachbereich Ver- und Entsorgungvom Sommer 2006 sei eine sinnvolleLösung und trage zur Weiterentwik-klung der Gesamtorganisation bei.„Diese Strukturdebatte ist damit zuEnde. Wir können und müssen uns

verstärkt wieder den Problemen undder Betreuung vor Ort widmen. UnsereMitglieder erwarten das zu Recht.“,führte Eichler aus. Die Delegiertenstimmten dem Grundsatzbeschlusszur Kooperation mit dem FachbereichVer- und Entsorgung zu. Erhart Ottwurde mit rund 99 Prozent der Stim-men zum neuen Fachbereichsleiter no-miniert, der nach seiner Wahl auf demBundeskongress für die Fachbereiche2 und 11 Verantwortung übernehmensoll.

Branchenlösungen gefragt

„Gleichwohl“, hieß es im Geschäfts-bericht, der die vergangenen Jahreanalysiert, gäbe es die „Aufgabe undVerantwortung, eine organisations-politische Antwort auf die Entwick-lungen im sich schnell entwickelndenLogistikbereich zu finden“. Diesermittlerweile drittgrößte Wirtschafts-sektor sei „von Deregulierung,schlechten Arbeitsbedingungen undniedrigen Organisationsgraden ge-kennzeichnet“ und erfordere „die Zu-sammenarbeit mehrerer Fachberei-che“. Erhard Ott sprach sich ange-sichts zahlreicher Überschneidungenauch mit den Fachbereichen Handeloder Besondere Dienstleistungen fürkünftige Branchenlösungen aus, dieauch die Spezifik von öffentlichenund privaten Unternehmen zu berük-ksichtigen hätten. „Die Mitglieder ha-ben einen Anspruch auf eine funktio-nierende, handlungsfähige Branchen-und Spartenvertretung in den Fach-gruppen.“ Das sei „aber keine Absa-ge an die Kooperation mit anderenFachbereichen“, so Ott. Zur Arbeitder einzelnen Fachgruppen wurde imGeschäftsbericht ausführlich Stellunggenommen. Die Verhinderung vonPort Package 2, der Kampf gegen das Herkunftslandprinzip in der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die Teilnah-me an der ITF-Kampagne gegen Schif-fe unter billiger Flagge sowie gegendie Deregulierung des Marktes für Bo-denverkehrsdienste auf Flughäfen bil-deten Höhepunkte gewerkschaft-licher Aktivität in den vergangenen

ver.di report | TITEL

4 2/2007 | VERKEHR

„Hierzulande und global aktiv“Zweite Bundesfachbereichskonferenz Verkehr mit Bilanz und Ausblick

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ver.di report | TITEL

VERKEHR | 2/2007 5

Jahren. Gleichzeitig wurde die Tarif-arbeit forciert. Der Restrukturierungs-tarifvertrag für Hafenarbeiter, derHeuertarifvertrag für Seeleute, 900Tarifverträge im Straßenpersonenver-kehr bundesweit, aber auch dasScheitern eines angestrebten Bran-chentarifvertrags Schiene stehen da-für als Beispiele.

Die Zunahmen prekärer Arbeitsver-hältnisse in der Branche, Lohndumpingim Zusammenhang mit weiterer Libe-ralisierung und das Problem von Zeit-und Leiharbeit bestimmten auch dieAussprache unter den Delegierten.

Rückgrat der Wirtschaft

Als Gastredner begrüßten die Teilneh-mer am ersten Konferenztag Bundes-verkehrsminister Wolfgang Tiefensee.Der Minister ging zu Anfang auf dieVerordnung über den öffentlichen Per-sonennahverkehr im europäischenParlament ein. Er begrüßte, dass sogesichert werden konnte, dass derÖPNV künftig nicht ausschließlich inder Hand großer Konzerne liegen wer-de, sondern dass auch mittelständi-sche Betriebe und vor allem die Kom-munen angemessen beteiligt werdenkönnen. Er ging auf die Rolle von Gü-terverkehr und Logistik als ein „Rück-grat der einheimischen Wirtschaft“ein. Neben der Sicherung und weite-ren Schaffung von Arbeitsplätzen gin-ge es hier jedoch gleichzeitig um dieSicherung von Lebensqualität und zu-nehmend um ökologische Aspekte desWachstums. Wir brauchen innovativeAntriebe und Kraftstoffe, Satelliten-steuerung und die bessere Verzah-nung verschiedener Verkehrsträger inkombinierten Konzepten. Und die Ent-scheidung, wo solche Innovationenentstünden, falle hoffentlich positivfür den Standort Deutschland aus.„Die Technologieführerschaft in derAutomobilindustrie, in der Schienen-verkehrswirtschaft und bei der Orga-nisation der Seehäfen zu halten,bringt Beschäftigung und Wachs-tum“, so Tiefensee.

Fairer Wettbewerb undintakte Umwelt

Den Delegierten lagen 54 Anträge so-wie ein Initiativantrag zur Diskussionund Beschlussfassung vor. Sie befass-ten sich mit Tarif-, Verkehrs- und Sozi-

alpolitik, aber auch mit Organisations-fragen, der internationalen Arbeit sowie Satzungsänderungen. Mit demvom Bundesfachgruppenvorstand Stra-ßenpersonenverkehr gestellten Leitan-trag zur Tarifpolitik für den Nahverkehrbeschlossen die Delegierten eine Stär-kung der Tarifarbeit und des Einflussesin diesem wichtigen Bereich.

Es wird eine „Bundestarifkoordi-nierungskommission Nahverkehr“ imBundesfachbereich eingerichtet sowie-eine BundesverhandlungskommissionNahverkehr gebildet.

Ziel des Leitantrages ist das staat-liche Handeln im Sinne der Daseinsvor-sorge, die Schaffung fairer Wettbe-werbsbedingungen und die Erhaltungund Schaffung einer intakten Umwelt.Ohne anspruchsvolle Sozial-, Qua-litäts- und Umweltstandards drohe derMarkt „zu einem Dumpingwettbe-werb auf Kosten der Beschäftigten, derKunden und der Umwelt“ zu verkom-men.

Die Bundesfachbereichskonferenzlehnte einen Antrag mit dem Ziel, diebislang geforderte Mindestquote vonFrauen in Organen und Beschlussgre-mien künftig auf betrieblicher/örtlicherund bezirklicher Ebene „aufzuwei-chen“, ab. Damit stellt der FachbereichVerkehr klar, dass die Frauenquote aufallen Ebenen eine Mindestquote blei-ben muss.

Solidarisch für einen gesetzlichen Mindestlohn

Am zweiten Konferenztag trafen sichdie Delegierten der Fachbereiche Ver-kehr und Ver- undEntsorgung zu ei-nem ersten ge-meinsamen Ple-num. Der ver.di-Bundesvorsitzen-de Frank Bsirskesprach zu ihnen.Er kritisierte denRegierungskursder letzten Jahre,der einerseits zu

sinkenden Nettoeinkünften der Ar-beitnehmer und mit Steuergeschen-ken für Unternehmen andererseits zueinem „systematischen Bereiche-rungsprogramm für Kapitalanleger“geführt habe. Die Rente mit 67 be-zeichnete Bsirske als „soziale Zeit-bombe“ und „Rentenkürzungspro-gramm, das Altersarmut vorprogram-miert“. Auch in der Gesundheits- undBildungspolitik sei ein „Kurswechsel“dringend. Ausführlich widmete sichder ver.di-Chef dem Thema gesetz-licher Mindestlohn, das auch in derBranche wachsende Bedeutung erlan-ge. Er rief alle Beschäftigten in Ver-kehrswirtschaft und Logistik zu solida-rischem und gemeinsamem Ringenum Löhne ein, die nicht nur das Exis-tenzminimum sichern, sondern ein„anständiges Leben ermöglichen“.

Die Delegierten der Bundesfach-bereichskonferenz wählten den Bun-desfachgruppenvorstand neu (sieheKasten Seite 6). Ausscheidenden Mit-gliedern wurde herzlich für die geleis-tete Arbeit und ihr Engagement gedankt. Die Konferenz nominierte die Kandidaten für den Gewerk-schaftsrat.

Die „Bündelung der Kräfte“ beiden bevorstehenden Aufgaben forder-te Erhard Ott abschließend. „Die Be-drohungen von Lohn- und Sozialdum-ping betreffen alle Fachbereichegleichermaßen. Wir dürfen unsere So-lidarität nicht aufbrechen lassen undmüssen gemeinsam unsere gesell-schaftspolitische Verantwortung wahr-nehmen“, gab er den Delegierten mitauf den Weg. neh

Staffelübergabe

von Jan Kahmann

(rechts) an Erhard

Ott vorbereitet.

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Vom 26. bis 29. April 2007 trafensich rund 80 Verkehrsgewerk-schafter aus Großbritannien,

Schweden, Estland, Litauen, Lettland,Polen, Deutschland und Dänemark inVilnius (Litauen), und diskutierten überdie Möglichkeiten zur Vereinheitli-chung der gewerkschaftlichen Forde-rungen und Ziele im Straßentransport.

Es stellte sich schnell heraus, dassdie Prioritäten der einzelnen Ländersehr unterschiedlich gesetzt sind. Be-sprochen wurde etwa die Forderungnach sicheren und mit der entsprechen-den Infrastruktur ausgestatteten Rast-plätzen an den Transit- und Hauptver-kehrsstrecken. Fahrer sind nicht seltennachts Übergriffen ausgesetzt, da sichkriminelle Banden ihrer Ladung be-mächtigen möchten. Andere Gewerk-schaften, wie auch ver.di in Deutsch-land, wollen die Festschreibung einesgesetzlichen Mindestlohnes, der einAuskommen mit einer Vollzeitbeschäf-tigung sichert. Speziell aus Polen for-

derten Gewerkschafter die Regelung,dass die Fernfahrer mindestens jedeszweite Wochenende bei ihrer Familieverbringen können. Ein weiteres Themawar die Kabotage – durch ausländischeUnternehmen ausgeführte Inlandtrans-porte. Dazu wünschten sich Vertretermehrerer Länder konkrete Regelungen.

Die Teilnehmer diskutierten auchüber die Dienstleistungsrichtlinie undderen Umsetzung. Es wurde von denGewerkschaften eingeräumt, dass manbei diesem Thema einfach zu lange ge-wartet und den passenden Momentverpasst hätte, um aktiv bei der Gestal-tung mitwirken zu können.

In diesem Zusammenhang kamauch das aktuell vorliegende „Grün-buch Arbeitsrecht“ ins Gespräch. Hiergelte es, noch viel genauer aufzupas-sen als in der Vergangenheit, weil indiesem Grünbuch viele Arbeitnehmer-schutzrechte einfach abgeschafft oderzumindest stark abgeschwächt werdensollen. Die auf der Veranstaltung anwe-

sende Mitarbeiterin eines EU-Abgeord-neten bat alle Teilnehmer, nicht nur zudiesem Thema, sondern zu allen für unsrelevanten Themen die Abgeordnetenmit Diskussions- und Argumentations-material zu unterstützen, da diesemeist nicht so gut mit der Materie ver-traut sind wie die Fachleute vor Ort.

Die Konferenz in Vilnius war Höhe-punkt eines Projektes von haupt- undehrenamtlichen Gewerkschaftern imRahmen eines Basisnetzwerkes, das vonder EU finanziell unterstützt wurde. Dadiese Arbeit Nutzen bringt, aber nochnicht abgeschlossen ist, verabschiede-ten die Teilnehmer einen gemeinsamenAktionsplan. Bei einem abschließen-dem Meeting des Lenkungsausschussesin Tallinn (Estland) wurde vereinbart,die Zusammenarbeit im Netzwerk mitUnterstützung der ETF fortzusetzen.Neben dem Austausch von Informatio-nen geht es auch um gemeinsame Aktionen wie die Unterstützung desStraßentransportaktionstages. ❏

ver.di report | TITEL / INTERNATIONALES

Rot sehen beim GrünbuchInternationale Zusammenarbeit im Baltic-Road-Projekt fortgesetzt

Der neue Bundesfachbereichsvorstand Verkehr

6 2/2007 | VERKEHR

Ludwig, Walburga

Doerfner, Hermann-Josef

Becker, Wolfgang

Semmelrock, Gunnar

Hartmann, Wolfgang

Kamin-Seggewies, Bernt

Lieb, Eckhard

Tuchen, Holger

Diekamp, Jutta

Nitzgen, Uwe

Moormann, Heiko

Herdegen, Frank

Schwiethal, Regina

Driemel, Hans

Näser, Andreas

Köhler, Uwe

Jakob, Günther

Krause, Volker

Schmidt, Lothar

Krüger, Ralf

Konitz, Oliver

Petzold, Ronald

Rietschel, Regina

Hofmann, Rainer

Zufelde, Boris

Teichmann, Roland

Deckel, Heiko

Hackel, Helmut

Stephan, Arne

Pröwe, Marianne

Klasner, Alfred

Simon, Reiner

Rieken, Gabriele

Müller, Ralf

Ziliena, Werner

Horne, Detlef

Bosel, Christine

Klam, Heinrich-Dieter

Schröders, Gerhard

Frede, Karl-Heinz

Losch, Bernd

Eichler, RudiAlter und neuer Vorsitzender des Bundesfachbereichs-

vorstandes ist Rudi Eichler.

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An der ITF-Aktionswoche 2007vom 4. bis zum 8. Juli habensich Gewerkschaften aus Bel-

gien, Dänemark, Deutschland, Estland,Finnland, Großbritannien, Frankreich,Irland, Litauen, Lettland, den Nieder-landen, Norwegen, Polen, Russlandund Schweden beteiligt. Bei dieser Ak-tion gehen Trupps von ITF-Inspektoren,Hafenarbeiter und Seeleute an Bordvon Schiffen insbesondere unter Billig-flaggen. Diesmal besuchten ITF-Truppsinsgesamt über 180 Schiffe.

Als besonderer Schwerpunkt beider Aktionswoche 2007 galten Kam-pagnen gegen die Reederei Leonhardt& Blumberg (L&B) und gegen die vonCSAV gecharterten Schiffe. SolcheReeder versuchen sich einen Wettbe-werbsvorteil zu verschaffen, indem sieden Abschluss von internationalen Ta-rifverträgen verweigern. Hat das Schiffeinen Tarifvertrag mit der ITF, wird dieEinhaltung kontrolliert. Zum Beispieldurch die Überprüfung der Heuer-abrechnungen oder die Kontrolle derHafenarbeiterklausel, um sicherzustel-len, dass Seeleute keine Hafenarbeitverrichten. Soweit möglich, werdenauch die Lebens- und Arbeitsbedin-gungen der Seeleute überprüft. Besitztdas Schiff keinen Tarifvertrag, wird derEigner durch den Kapitän aufgefor-dert, einen Tarifvertrag abzuschließen.Ist der nach Ablauf der gesetzten Fristnicht dazu bereit, beginnt der Boykott.

Die Idee und das Erfolgskonzeptder Aktionswoche ist die doppelte Soli-darität. Die Durchsetzungskraft derITF-Trupps hängt davon ab, dass dieHafenarbeiter die Abfertigung desSchiffs, wenn notwendig, verzögern,d. h. den Lade- und Löschbetrieb ein-stellen. Genauso wichtig ist die euro-päische Solidarität. Da die Durchfüh-rung eines längeren Boykotts einer be-sonderen Kraftanstrengung bedarf, istes günstig, diese auf mehrere Schul-tern zu verteilen. So werden Schiffe ei-ne Weile in einem deutschen Hafenboykottiert, dürfen dann ablegen undwerden in einem niederländischenoder belgischen Hafen von anderenITF-Trupps erwartet.

Die Vorbereitung und Durchführungder ITF-Aktionswoche 2007 war von ei-nem Trauerfall überschattet. MichaelBlanke, stellvertretender ITF-Koordina-tor in Bremen und wichtiger Organisa-tor der Aktionswoche in Deutschland,ist am 25. Mai 2007 verstorben. RuudTouwen, ITF-Koordinator in Holland,formulierte deshalb: „We called it atribute to Michael Blanke“.

Schutzraum ausgeweitet

Allein in Deutschland konnten fürzwölf Schiffe neue Verträge zwischenReedern und der ITF abgeschlossenwerden. Ein gutes Beispiel dafür wardie von CSAV gecharterte „Libra Copa-

cabana“. Sie sollte am 8. Juni den Hafen von Rotterdam anlaufen und an-schließend nach Hamburg und Ant-werpen gehen. Nachdem dem Reederbekannt wurde, dass die betroffenenGewerkschaften in den drei Häfen Verzögerungsaktionen abgesprochenhatten, entschied er sich noch vor Ein-laufen der „Libra Copacabana“ in Rot-terdam, einen Tarifvertrag mit der ITFabzuschließen. Dem CSAV Chartererkonnten insgesamt zwei neue Tarifver-träge und der Reederei L & B ein neuerVerrag abgerungen werden.

Money, money, money

Das ITF-Aktionsbüro in Hamburg be-kam einen Tipp, dass auf der MS WMSGroningen etwas mit den Heuer-abrechnungen nicht stimmt. Stunden-langes Nachrechnen der chaotisch ge-führten Heuerabrechnungen ergabenein Zahlungsrückstand von über22 000 Euro zuungunsten der Seeleu-te. Deshalb hat der ITF-Inspektor per-sönlich auf den holländischen Mana-ger gewartet, um sicherzustellen, dassdie Seeleute ihre ausstehende Heuerkamen.

Natürlich profitieren die Hafen-arbeiter auch vom Abschluss bzw. der Einhaltung von ITF-Tarifverträgen;schließlich verbieten diese Lade- undLöschtätigkeiten durch Seeleute. ZumBeispiel wurde auf der „ElisabethRuss“ festgestellt, dass Besatzungs-mitglieder zu Ladungsarbeiten einge-setzt wurden. Dies widerspricht demTarifvertrag der ITF. Nach Interventiondes ITF-Trupps in Lübeck hat der Kapi-tän des Schiffes zugesagt, das zu än-dern.

Ausblick

Aktionswochen geben der ganzjähriglaufenden Kampagne der ITF gegenSchiffe unter billiger Flagge zusätz-lichen Schwung.

Als nächstes plant die ITF für denHerbst eine südeuropäische Aktions-woche. Die sechste Baltic Week ofCampaign ist für das Jahr 2008 ange-setzt. Tanja Thiede

ver.di report | INTERNATIONALES

VERKEHR | 2/2007 7

Doppelte Solidarität gefordertWährend der ITF-Aktionswoche im Juli wurden 180 Schiffe inspiziert

Zu Lande und zu Wasser aktiv: ITF-Trupps kontrollieren und organisieren.

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: ITF

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Die ITF hat den 9. August 2007 zumInternationalen Aktionstag fürdie Freilassung von Mansour

Osanlou erklärt. Der Gewerkschaftersitzt seit dem 10. Juli im Teheraner EvinGefängnis, bereits zum dritten Mal

innerhalb der letzten 24 Monate. Osan-lou ist Präsident der Gewerkschaft derBeschäftigten beim Teheraner Busunter-nehmen Sherkate Vahed. Das Unterneh-men hat 17 000 Beschäftigte, sie kämp-fen seit Jahren um grundlegende ge-werkschaftliche Rechte. Anfang 2006kam es zu einem Streik, der von staat-licher Seite mit 1300 Festnahmen, dar-unter auch Frauen und Kinder, zu unter-binden versucht wurde. Dabei gab es 30Verletzte. Die Beschäftigten forderten:das Recht auf eine eigene Gewerk-schaft, die rechtzeitige Auszahlung derLöhne, eine Entlohnung oberhalb derArmutsgrenze, die Wiedereinstellungder entlassenen Gewerkschafter. Man-sour Osanlou war erst im Juni dieses

Jahres Gast beim Internationalen Ge-werkschaftsbund und bei der Interna-tionalen Transportarbeiter FöderationITF. Vermutlich steht seine erneuteFestnahme damit in Verbindung. DieAnklage gegen ihn lautet auf „Konspi-ration gegen die Nationale Sicher-heit“.

Die Islamische Republik Iran ist Mit-glied der Internationalen Arbeitsorga-nisation ILO, und daher rechtlich gebunden, deren Normen zu respek-tieren. Die Vereinigungsfreiheit ist eineder Kernnormen der ILO! Mit dem Ak-tionstag forderten ITF und ver.di die sofortige Freilassung von MansourOsanlou und aller anderen festgenom-menen Gewerkschafter! ❏

ver.di report | INTERNATIONALES

8 2/2007 | VERKEHR

Mutiger StreiterFreilassung iranischer Gewerkschafter verlangt

Kommt Port Package III?Die EU-Kommission will erneut Hafendienstleistungen liberalisieren

Nach dem Scheitern von Port Pa-ckage I und II gibt die EU-Kom-mission ihre Versuche nicht auf,

die „Europäische Seehafenpolitik“ eu-ropaweit zu regeln. Anders als bei denersten beiden Anläufen versucht dieEU-Kommission nun, zunächst die Ver-bände, Gewerkschaften und andereEntscheidungsträger in einem Konsul-tationsprozess anzuhören, bevor sie imHerbst einen ersten offiziellen Vor-schlag vorlegen will.

Im Rahmen dieses Anhörungsver-fahrens haben seit November 2006Workshops stattgefunden. Zu den bei-den für die europäischen Hafenarbei-ter wichtigsten Themen kann derzeitFolgendes festgehalten werden:

Ausschreibungen

Neben der EU-Kommission selbst for-dert „ESPO“, die europäische Vereini-gung der öffentlichen Hafenbetreiber,massiv eine europaweit verpflichtendeAusschreibung von Hafendienstleis-tungen. Man hofft, durch die Vergabeentsprechender Konzessionen die öf-fentlichen Haushalte füllen zu können.

Eine solche Ausschreibungspflichtwird von „FEPORT“, dem europäischen

Verband der privaten Hafenbetriebe,dagegen ausdrücklich abgelehnt, daaus ihrer Sicht Umschlagbetriebe imMarkt nur unter Wahrung der regiona-len Besonderheiten bestehen können.

Die ETF hat in den Anhörungen da-rauf hingewiesen, dass ein erneuter Ver-such, verpflichtende Ausschreibungenvon Hafendienstleistungen einzuführen,den erneuten Widerstand der europä-ischen Hafenarbeiter hervorrufen wür-de.

Arbeitsbedingungen

Die EU-Kommission hat drei Schwer-punkte ausgemacht, wo aus ihrer SichtRegelungsbedarf besteht. Das betrifft:

Ausbildung und QualifizierungDie in vielen europäischen Staaten, so auch in Deutschland, erfolgreichunter Beteiligung der Gewerkschaftenpraktizierte Ausbildung der Hafenbe-schäftigten wird von der EU-Kommis-sion als „Monopol“ gewertet; Ausbil-dung und Qualifizierung müsse demWettbewerb unterworfen werden.

Die ETF hat stattdessen gefordert, dass ein europaweit vereinheitlichterQualifikationsrahmen entwickelt wer-den müsse.

„Arbeitskräftepools“Die EU-Kommission bewertet die Ar-beitskräftepools, die in unterschied-licher Ausprägung in vielen europä-ischen Häfen bestehen, als „Monopo-le“. Sowohl die ETF als auch „FEPORT“wollen Gesamthafenbetriebe und ähn-lich strukturierte Arbeitskräftepoolserhalten. Nur so könne der hafenspezi-fisch schwankende Arbeitskräftebe-darf gedeckt werden.

Flexibilisierung der HafenarbeitDie EU-Kommission hält einen so ge-nannten 24/7-Betrieb, also einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb sieben Tage dieWoche, in allen europäischen Häfen fürnotwendig. Das wurde nicht nur vonder ETF und den privaten Umschlagbe-trieben abgelehnt, sondern auch vonder „ECSA“, der europäischen Reede-reivereinigung, zumindest relativiert.

Insgesamt müssen wir uns daraufeinstellen, dass es gegen Jahresendeeinen Vorstoß der EU-Kommission fürein Port Package III geben kann. ver.diund die ETF werden alle Entwicklun-gen, die Arbeitsplätze und Arbeitsbe-dingungen in Frage stellen könnten,neuerlich mit der solidarischen Kraftder europäischen Hafenarbeiter be-kämpfen. ❏

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Erfolgsmeldung aus der Hafen-stadt: Nach mehr als vierwöchigerVerweigerung von Mehrarbeit

durch die Beschäftigten des LübeckerHafens und nach einer 24-stündigenArbeitsniederlegung konnte der Aus-verkauf des Lübecker Hafens gestopptwerden!

In fünf Verhandlungsrunden zwi-schen ver.di, Betriebsräten und Vertre-tern der CDU-Fraktion unter der Mo-deration des ehemaligen Schleswig-Holsteinischen WirtschaftsministersProf. Dr. Bernd Rohwer wurde eine Ver-einbarung erzielt.

Statt, wie von CDU, Bürgermeisterund Geschäftsführung gefordert, 90Prozent der Lübecker Hafen-Gesell-schaft mbH (LHG) zu verkaufen, wer-den nur 25,1 Prozent Gesellschafter-anteile veräußert. Der Hansestadt Lü-beck als Hauptgesellschafterin wirddarüber hinaus eine Put-Option für

weitere 12,4 Prozenteingeräumt, die im Jahre2012 nur dann ausgelöstwerden kann, wenn dieBetriebsräte und ver.didiesem weiteren Anteils-verkauf ausdrücklich zu-stimmen.

Dem zukünftigenPartner darf vertraglichnicht mehr unterneh-merischer Einfluss zuge-standen werden, als diesseinen tatsächlichen Ge-sellschaftsanteilen ent-spricht.

Darüber hinaus ist ei-ne umfassende Arbeit-nehmersicherung vereinbart, die vordem tatsächlichen Anteilsverkauf zwi-schen Hansestadt Lübeck und LHG ver-traglich zugunsten der Beschäftigtenabgesichert werden muss.

Allen, die an diesem Erfolg der Be-schäftigten des Lübecker Hafens un-mittelbar oder im Hintergrund mitge-wirkt haben, auf diesem Wege Dank fürdie Unterstützung! ❏

ver.di report | HÄFEN

Ausverkauf verhindertGemeinsamer Widerstand im Lübecker Hafen führte zu Vereinbarung

Alle Räder stehen still ...Warnstreik für mehr Lohn bei Lübecker Hafenbetrieben zeigt Wirkung

Die Tarifverhandlungsrunde 2007für die Lübecker Hafenbetriebe– sie ist nötig, weil die Arbeit-

geber 1998 aus dem Zentralverbandder Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS)austraten – fand vor dem Hintergrundder drohenden Privatisierung des größ-ten Hafenbetriebes, der Lübecker Ha-fen Gesellschaft (LHG), statt. Das sorg-te für zusätzliche Belastung. Die Forde-rung der Lübecker Hafen- und Um-schlagsarbeiter lautete 7,5 Prozentmehr Lohn als Festbetrag auf Basis desTugmasterlohns für alle Lohngruppenund 7,5 Prozent auf alle Zuschläge undZulagen. Wegen einer erheblichen Zu-nahme der Nachtarbeit am Skandina-vienkai seit Einführung der Pauschalefür Nacht-, Sonntags- und Schichtar-beit wurde deren Erhöhung um 120Euro gefordert.

Die Arbeitnehmer reisten zur erstenVerhandlungsrunde am 8. Juni nichtnur mit der Verhandlungs-, sondernebenfalls mit der Tarifkommission an,um zu einem raschen Abschluss zu

kommen. Die Arbeitgeberseite er-schien aber nur mit zwei von fünf Ver-handlungskommissionsmitgliedern.

Das empfand die ver.di-Tarifkom-mission bereits als Brüskierung. Auchdas Angebot der Arbeitgeber – eine li-neare Erhöhung der Löhne, Zuschlägeund Zulagen um 3,2 Prozent, die Erhö-hung der Jahreszulage um 29 Euro mo-natlich und eine Einmalzahlung von200 Euro – wurde als „völlig ungenü-gend“ eingeschätzt. Am 15. Juni ruhtedeshalb mit Beginn der ersten Schichtab 7 Uhr morgens in allen fünf Lübe-cker Häfen die Arbeit. Die Schiffe, dieeingelaufen waren – Lübeck ist vor al-lem Fährhafen nach Skandinavien –wurden von den Hafenarbeitern nichtgelöscht. Bis zum Ende des Warn-streiks am nächsten Morgen um 5 Uhrkonnte kein Schiff und keine Fähre denHafen verlassen.

Diese Aktion zeigt Wirkung. Nichtnur, dass die Arbeitgeber zum nächs-ten Verhandlungstermin am 3. Juli mitvollzähliger Verhandlungskommission

erscheinen, über mehrere Zwischen-schritte konnte auch ein Ergebnis er-zielt werden, dass für die Beschäftig-ten einen annehmbaren Kompromissdarstellt.

Die Löhne werden linear um 2,5Prozent und um einen Festbetrag inHöhe von 2,5 Prozent berechnet, aufden Stundenlohn Tugmaster erhöht.Die Zuschläge und Zulagen steigen um5 Prozent. Die Beschäftigten am Skan-dinavienkai erhalten darüber hinaus eine Erhöhung ihrer Pauschale um 50 Euro. Die Laufzeit des Tarifvertragesbeträgt zwölf Monate.

Das Ergebnis ist zum einen der gu-ten Arbeit der im Hafen beschäftigtenKolleginnen und Kollegen geschuldet,die dafür sorgt, dass der Lübecker Ha-fen boomt und hier einiges Geld ver-dient wird. Zum anderen wurde esdurch einen Organisationsgrad nahe100 Prozent ermöglicht. Der sichert,dass der wirtschaftlichen Macht derArbeitgeber eine organisierte Kraftentgegensetzt werden kann. ❏

Das Skandinavienkai sichert Fährverbindungen.

VERKEHR | 2/2007 9

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Die Bundestarifkommission See-häfen hatte Ende März ihre Ta-rifforderung für 2007 formu-

liert: 7,5 Prozent seien die Einkommender Hafenarbeiter im Volumen zu erhö-hen. Mit dem Lohntarifabschluss fürdie deutschen Seehäfen im Mai wurdeerneut das Ziel erreicht, einerseits dieBeschäftigten an den wirtschaftlichenErfolgen in einer nach wie vor wach-senden Branche zu beteiligen sowieandererseits die Belastungsgrenzender einzelnen Betriebe zu berücksichti-gen und so die einheitliche Lohntabel-le zu erhalten.

Der Verhandlungsschwerpunkt lagdarauf, die bereits im Lohntarifab-

Nach zähen, teils schwierigenVerhandlungen konnte in derfünften Verhandlungsrunde am

16.Juli 2007 ein Tarifergebnis für die Boden- und Kabinenbeschäftigtender Condor/CondorBerlin erzielt wer-den.

Die Einigung bedeutet für die Be-schäftigten eine Einmalzahlung von900 Euro, eine Vergütungserhöhungvon 2 Prozent zum 1. August 2007 undweiteren Zuwachs von 1,4 Prozentzum 1. Januar 2008 bei einer Laufzeitbis zum 31. Dezember 2008.

Für die Beschäftigten der Kabine,die ab dem 1. Februar 2005 eingestelltwurden, konnte sogar eine Einmalzah-lung von 1250 Euro und Vergütungs-erhöhungen von zweimal 2 Prozent erreicht werden.

Darüber hinaus erhalten die Techni-ker ab 1. August eine monatlich RTS-Zulage von 70 Euro. Der Altersteilzeit-tarifvertrag wurde bis Ende 2009 ver-längert.

ver.di hatte 4,8 Prozent für die Be-schäftigten gefordert. Der Arbeitgeberwollte Einkommenserhöhungen durch

andere Tarifbestandteile kompensieren.Erst nach Androhung von Warnstreikskonnte dieses Ergebnis ohne Kuhhan-del erreicht werden. Im schwierigenUmfeld und nach der Sanierung derCondor ein realistisches Ergebnis! ❏

schluss 2006 vereinbarten „beson-deren Zulagen“, die wiederkehrendauf Dauer gezahlt werden, aufzu-stocken. Insbesondere für die Contai-nerbetriebe war aber ein Gesamter-gebnis, das den außerordentlich gu-ten Betriebsergebnissen in diesemBereich entspricht, nur durch zusätz-liche Vereinbarung einer Einmalzah-lung – von den Arbeitgebern „Kon-junkturbonus“ genannt – zu errei-chen.

Rechnet man die für alle Lohngrup-pen einheitliche „besondere Zulage“in eine prozentuale Erhöhung um, er-gibt dies natürlich unterschiedlicheProzentsätze.

Auch die Einmalzahlungen wirkensich bei prozentualer Umrechnung inden einzelnen Lohngruppen unter-schiedlich aus.

Die Einmalzahlung wird in einemBetrag zeitnah im Sommer ausgezahlt,die „besondere Zulage“ kommt wiebisher auch monatlich zur Auszahlung.Sowohl Einmalzahlung als auch „be-sondere Zulage“ wird Beschäftigten,die während der Laufzeit des Tarifver-trages in den Betrieb eintreten oderaus ihm ausscheiden, anteilig gewährt.

In Betrieben, die unter die Beschäf-tigungssicherung fallen, kann ein spä-teres Inkrafttreten der Erhöhungenvereinbart werden. ❏

ver.di report | TARIFE

10 2/2007 | VERKEHR

Lohntarifabschluss 2007in den deutschen Seehäfen

Mehr Geld bei Condor

Die Bundestarifkommission Bin-nenschifffahrt hat in der Ver-handlungen zur Entwicklung

der Löhne und Gehälter am 3.Juli 2007ein Ergebnis erzielt. Die Arbeitgeber-seite hatte zuvor neuerlich versucht,einen Keil zwischen Güter- und Fahr-gastschifffahrt zu treiben. Die Fahr-gastschiffer sollten erst ca. ein Prozentder Vergütungssumme einbringen, umdas Geld abhängig von einem gutenBetriebsergebnis wieder in der Lohntü-

te zu haben. Dieses Ansinnen konnteabgewehrt werden.

Das Tarifergebnis in Fakten: DieLöhne und Gehälter erhöhen sich für al-le Bereiche der Binnenschifffahrt ab 1. Januar 2008 um linear 2,6 Prozent.Zusätzlich erfolgt im Dezember 2007 ei-ne Einmalzahlung von 15 Prozent derMonatsgrundvergütungssumme.

Die Arbeitgeber werden eine zu-sätzliche Arbeitgeberbeteiligung von10 Euro pro Monat für die bestehen-

den betrieblichen Altersvorsorgesyste-me in die nächste Tarifrunde einbrin-gen. Der Tarifvertrag läuft bis 31.De-zember 2008.

Das ver.di-Angebot an die Ge-schäftsführung zu spezifischen be-trieblichen Regelungen wurde von denVorständen der KD abgelehnt. Diever.di-Tarifkommission schätzt den Ab-schluss – ohne Anrechnung und Kom-pensation aus rahmentariflichen Rege-lungen – als vertretbar ein. ❏

Klar Schiff auf Flüssen und SeenIn allen Bereichen der Binnenschifffahrt steigen die Einkommen

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ver.di report | LUFTFAHRT

VERKEHR | 2/2007 11

Viel ist in letzter Zeit über die „Bil-ligflieger“ und die zahlreichenkleinen neuen Regionalflughä-

fen geschrieben worden. Doch Auswir-kungen billigen Fliegens auf die Ar-beitsplätze werden kaum betrachtet.

Es geht dabei nicht nur um die Ein-kommens- und Arbeitsbedingungender Beschäftigten der Fluggesellschaf-ten, sondern um alle Dienstleistungenrund um das Fliegen. Dass günstigeTickets nur bei AirBerlin, easyjet undCo. zu erhalten sind, stimmt nichtmehr. Auch klassische Airlines wie Bri-tish Airways oder Lufthansa bietenmittlerweile Kontingente zu Billigprei-sen an. Der innereuropäische Unter-bietungswettbewerb erhält bald eineinterkontinentale Dimension. Die luft-verkehrspolitischen und unterneh-mensstrategischen Entwicklungen er-höhen den Druck auf die Beschäftigtenan den Flughäfen weiter.

Ein beredtes Beispiel dafür ist die Bodenabfertigungsfirma GlobeGround Berlin (GGB) mit rund 1800 Ar-beitsplätzen an den Berliner Flughä-fen. Die Bodenverkehrsdienste sinddurch EU-Richtlinie der so genanntenDeregulierung und dem Wettbewerbausgesetzt. Nach dem gescheitertenVersuch in den neunziger Jahren, einenGroßflughafen für die Hauptstadt aus-schließlich privatwirtschaftlich zu bau-en, wird nun der neue Flughafen Ber-lin-Brandenburg International (BBI) mitden Anteilseignern Berlin, Branden-burg und dem Bund gebaut und soll2011 in Betrieb genommen werden.Zwei Ziele hat sich die Eigentümerin,die Berliner Flughafengesellschaft (BFG),anscheinend gesetzt: Den Anteil derfest angestellten Beschäftigten vonrund 3300 auf 250 zu senken und alleLeistungen – außer den hoheitlichenund gesetzlichen Aufgaben – mit Ser-viceverträgen und Ausschreibungenfremd zu vergeben. Aktuell sollen der flughafeneigene Bodenabfertiger(BVD) und seine 51-prozentige Beteili-gung an einen privaten Investor odereinen „Wettbewerber“ verkauft wer-den. Die 49 Prozent Restanteil will die Lufthansatochter GlobeGroundDeutschland noch halten, wobei nach

Pressemeldungen auch ein Verkauf mög-lich erscheint.

Neben der Verkaufsproblematikschwelt ein weiterer Konflikt: Seit Ok-tober 2006 wird ein „Absenkungstarif-vertrag“ verhandelt. Die GGB ist zwarMarktführer an den Berliner Flughä-fen, hatte aber 2005 mit ver.di einen Zukunftssicherungstarifvertragabschließen müssen, weil die wirt-schaftlichen Probleme zunahmen. Diessparte ca. sechs bis sieben MillionenEuro jährlich an Personalkosten. AlsGegenleistung wurde eine Beschäfti-gungsgarantie bis 2012 vereinbart.

Sparen zum Überleben

Bereits ein Jahr später war klar, dass dieEinsparsumme kaum ausreichen wür-de. Zuerst verzögerte die Geschäfts-führung die Aufnahme von Tarifver-handlungen, dann beschloss eine mitt-lerweile abgewählte Tarifkommissionein Sanierungspaket, das durch diever.di-Clearingstelle bzw. den ver.di-Bundesvorstand gestoppt wurde. Eineneu gewählte Tarifkommission votiertefür einen Warnstreik, stimmte dann ei-ner freiwilligen Schlichtung zu, lehntedas Ergebnis allerdings ab und fordertaktuell die Einhaltung der gültigen Ta-rifverträge. Im Juli 2007 sorgten Pres-semeldungen über den Verkauf derLufthansa-Anteile für weitere Unruhe.Konkreten Informationen dazu sindmomentan nicht zu erhalten.

Grundsätzlich stellt sich die Frage:Warum sind die Erlöse und damit die

Löhne eines Marktführers derartig un-ter Druck geraten, dass 20-prozentigeLohnsenkungen – auf die nächstenfünf Jahre gerechnet – notwendigscheinen, um das Überleben der Firmaund der bisher guten Arbeitsplätze zusichern? – Einerseits braucht Berlin im-mer mehr Fluggäste, damit sich derneue Flughafen rechnet. Anderseitswar der bisherige Zuwachs nur durchLow-Cost-Airlines zu erzielen. Wäh-rend das Fluggastaufkommen und dieAnzahl der Flüge weiter steigen, gera-ten die Abfertigungsentgelte immerstärker unter Druck. Das führt zu ex-tremer Arbeitsverdichtung bei gleich-zeitig sinkenden Erlösen. Zieht manauch die hausgemachten Manage-mentfehler in Betracht, ergibt das allesdie Mixtur, die ver.di und die Beschäf-tigten unter Zugzwang setzen soll:Entweder drastische Lohnsenkungenoder drohender Arbeitsplatzverlust.

Ein klares Stoppzeichen?

Unter den Beschäftigten wird disku-tiert, ob der durch die Deregulierungs-politik der EU beförderte ausschließ-liche Gewinnzuwachs bei den Airlinesund das Flughafenkonzept BBI weiter-hin zu Lasten der Beschäftigten einerGround Handling Firma gehen sollenoder ob ver.di hier politisch ein klares„Stopp“ sagen muss. In diesem Zu-sammenhang ist auch erneut zu fra-gen, welche Einflussmöglichkeitenver.di auf die aktuelle und zukünftigeEU-Politik ausüben kann. ❏

Eine ungenießbare MixturGlobeGround Berlin – die unendliche Geschichte eines Verkaufs

ver.di-Aktion bei GlobeGround: Lohnniveau sichern.

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ver.di report | LUFTFAHRT

12 2/2007 | VERKEHR

„Berliner“ für die Sky Chefs BerlinBreiter Protest gegen die Schließung des LSG-Werks in Berlin-Tegel

Das Trennende überwinden:

Erfolgreicher Start desBundesprojektes „ver.di-Kabine“

Seit das Management der Lufthan-sa und der LSG bekannt gegebenhaben, das LSG-Werk in

Berlin-Tegel zum 31. Augustschließen zu wollen, rei-ßen die Proteste nichtab. Die Beschäftigtenin Tegel sind ent-schlossen, für ihrerund 160 Arbeits-plätze zu kämpfen.Dabei werden sie vonihren Kolleginnen undKollegen in der LSG-Deutschland und im gesam-ten Lufthansa-Konzern unter-stützt. Fluggäste wurden mit Handzet-teln über das Problem „Milliardenge-winn bei Lufthansa“ Arbeitsplatzver-nichtung bei LSG-Tegel?“ informiert.

Am 16. August kam es zeitgleich zuProtestaktionen in Berlin-Tegel, Ham-burg und Frankfurt am Main. Allein in

pen begegnen kann. Der Zustand einerin sich zerteilten, zerstrittenen Kabinebegünstigt allein die Airline-Bosse,schadet aber der Interessen der Kolle-ginnen und Kollegen massiv. Die Ereig-nisse um SWISS und die Erfahrungenbei Kapers (Schweizerische Gewerk-schaft des Kabinenpersonals) sowie diejüngsten Vorgänge um den Arbeits-platzabbau bei den Kollegen der LSGSkyChefs in Berlin-Tegel verdeutlichendies ganz besonders.

Am 12. April 2007 kam es, nach-dem Lufthansa den Stewardessen undStewards die mit ver.di für den Kon-zern vereinbarte Tariferhöhung von 3,4Prozent vorenthalten wollte, nach vie-len Jahren erstmals wieder zu einer ge-lungenen Warnstreik-Aktion in Berlin-Tegel. Die Kabine hat mit ver.di ihrestarke Stimme wiedergefunden. Im Ju-ni wurden die Tarifverhandlungen bei

Lufthansa erfolgreich abgeschlossen:3,4 Prozent mehr Gehalt auch für dasKabinenpersonal, ein deutliches Plusfür Berufseinsteiger und die Gewinn-beteiligung wurden vereinbart.

Nach diesem erfolgreichen Startgehen wir jetzt in die Fläche. Ganze Ta-rifkommissionen wechseln geschlos-sen zu ver.di. „Neue“ und „alte“ver.di-Kolleginnen und Kollegen wol-len das ehemals Trennende überwin-den und in Zukunft gemeinsam ihreVerantwortung in der Tarifführerschaftwahrnehmen. Über das FrankfurterFlughafenbüro, das seit dem 1. August2007 in neuen Räumen im FrankfurtAirport Center zu finden ist, wird dasProjekt gesteuert. Hier soll nicht nurverwaltet, sondern gestaltet werdenund ein funktionierendes Begegnungs-und Kommunikationszentrum für dasFliegende Personal entstehen. ❏

Einige Dinge muss man nicht neuerfinden, sondern ihnen einfachmehr Schub geben: Mit dem

Übertritt großer Teile der Lufthansa-Personalvertretung sowie von ufo-Mandatsträgern zur Gewerkschaftver.di begann deren konzeptionelleNeuaufstellung in den deutschen Air-lines. Ziel dieses Bundesprojektes istes, die unbestritten erfolgreichen Ar-beitsstrukturen in einer „win-win-Si-tuation“ sowohl gewerkschaftspoli-tisch für die Kolleginnen und Kollegenin der Kabine als auch in organisa-tionspolitischer Hinsicht für ver.di zunutzen.

„Gemeinsam mehr erreichen“ istdie Kernaussage von ver.di-Kabine.Dahinter steckt die Erkenntnis, dassman einer Erosion der Gehalts- und Ar-beitsbedingungen in der gesamtenAirline-Industrie nicht mit Splittergrup-

Frankfurt haben sich ca. 500 Kollegin-nen und Kollegen zu einer Protest-

aktion vor Terminal 1 getroffen.Anschließend haben sie als

Zeichen ihrer Solidarität1000 „Berliner“ an die

Lufthansa-Passagiereverteilt (Foto).

Ziel der Aktionenist es, die Lufthansabzw. die LSG wieder

an den Verhandlungs-tisch zu bekommen

und über die Sicherungder Arbeitsplätze in Berlin-

Tegel zu verhandeln. Wegen der erforderlichen betriebsverfas-sungsrechtlichen Verfahren musste dasManagement die Schließung schon umzwei Monate auf Ende Oktober ver-schieben. Also genug Zeit für Gesprä-che! Weitere Infos unter www.LSGTegel-mussbleiben.de ❏Fo

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Die Fachbereiche Verkehr vonver.di Berlin-Brandenburg undSachsen starteten gemeinsam

eine neue, einzigartige Internetseite.Unter www.transport-workers.netwird ein vergleichender Überblick zuden Arbeits- und Einkommensbedin-gungen im Straßentransport in Polen,Tschechien und Deutschland, insbe-sondere im grenznahen Raum gebo-ten. Das Portal ist in vier Sprachennutzbar. Es werden Daten zu denrechtlichen Regelungen dieser Länderund zu tariflichen Regelungen zur Ver-fügung gestellt. Durch Aufbau und

grafische Gestaltung kann man dieunterschiedlichen Regelungen direktauf einer Seite vergleichen.

Hintergrund für die Erarbeitung die-ses Internetportals ist die Erfahrung auseiner Reihe von Veranstaltungen – imRahmen der Interregionalen Gewerk-schaftsräte Elbe-Neiße und Viadrina –die zeigten, dass die Kenntnisse der Be-schäftigten des Verkehrssektors überdie Situation in den anderen Ländernnur schwach ausgeprägt sind. Wer weißzum Beispiel schon, dass in Polen die 5-Tage-Arbeitswoche gesetzlich vor-geschrieben ist? Oder in Tschechien ein

Anspruch auf bezahlten Erziehungs-urlaub bis zu vier Jahren besteht?

Um ausreichend zu informierenund einen realistischen Einblick in dieSituation der Beschäftigten des Ver-kehrssektors zu ermöglichen, wurdendie Fakten einer breiten Öffentlichkeitzur Verfügung gestellt. Vor allem sollBeschäftigten und Interessierten ausDeutschland, Polen und Tschechienein genauerer Einblick in die Arbeits-welt der drei beteiligten Länder ge-währt werden. Über konstruktive An-regungen sind die Macher jederzeitdankbar. ❏

ver.di report | ÖPNV

VERKEHR | 2/2007 13

www.transport-workers.netGrenzüberschreitendes Informationsportal geschaltet

Auf Einladung des Bezirksvor-standes kam der ver.di-Bundes-vorsitzende Frank Bsirske am

4.Juli 2007 nach Mecklenburg-Vor-pommern. Neben einem umfangrei-chen Arbeitsprogramm hatten die Kol-leginnen und Kollegen der Fachbe-reichsvorstände Ver- und Entsorgungsowie Verkehr und Vertrauensleute aus diesen Bereichen Gelegenheit, inSchwerin mit unserem Vorsitzendenins Gespräch zu kommen.

Nach einer kurzen Einführung der beiden Fachbereichsvorstandsvor-sitzenden zur gegenwärtigen Situationvor Ort berichtete Cordula Manow (FB 2) von den Stadtwerken Schwerin,dass die Geschäftsleitung im Juni 2007den Versuch unternommen hat, denAustritt aus dem Kommunalen Arbeit-geberverband KAV durch den Auf-sichtsrat beschließen zu lassen. So soll-te die Einführung des Tarifvertragesverhindert bzw. verzögert werden.Dies konnte mit der Unterstützung derArbeitnehmervertreter im Aufsichtsratund von ver.di durch viele Vorgesprä-che auf der politischen Ebene verhin-dert werden.

Die SAS Abfallwirtschaft ist Anfangdieses Jahres mit 49 Prozent teilpriva-tisiert worden. Andreas Lorenz (FB 11)vom Nahverkehr Schwerin berichtete,dass das Unternehmen bereits ab 2004

den KAV verlassen hat und dem Ver-band des privaten OmnibusgewerbesMecklenburg-Vorpommern beigetre-ten ist. Da dieser bis heute nicht zu bewegen war, den NahverkehrstarifMecklenburg-Vorpommerns einzufüh-ren, wird derzeit über einen Haustarif-vertrag verhandelt. Der Entsorgungs-und Verkehrsbetrieb Wismar ist dabei,seine Bussparte aus dem Eigenbetriebauszugliedern und für diesen Bereicheine eigene GmbH zu gründen. Für denVerkehrsbereich ging es in der Diskus-sion vor allem um die neue EU-Verord-nung, die Direktvergabe sowie die an-stehende Kreisgebietsreform in Meck-lenburg-Vorpommern.

Kritisch wurde die Betreuungssitua-tion in den beiden Fachbereichen nachder ver.di-Gründung gesehen. Die bezirksübergreifende Fachbereichsbe-treuung wurde von allen Beteiligten inder praktischen Zusammenarbeit alsunzureichend bewertet. Der Fachbe-reich 2 wurde zuletzt aus Kiel und derFachbereich 11 nach mehreren Wech-seln aus Lübeck betreut. Beide Fachbe-reiche sind seit etwa eineinhalb Jahrenwieder in Schwerin angesiedelt undwerden nun direkt vor Ort betreut.Seither hat der Fachbereich 2 eine po-sitive Mitgliederentwicklung vorzuwei-sen. Auch im gesamten FachbereichVerkehr Nord hat sich die Mitglieder-

entwicklung seit dem Wechsel hin zurbezirklichen Betreuungsstruktur deut-lich verbessert.

Nach zwei Stunden Fahrt mit derTraditionsbahn des Nahverkehrs undausgiebiger Diskussion gab es fürFrank Bsirske bereits den nächsten Ter-min bei einer erweiterten ver.di-Be-zirksvorstandssitzung. Allen Kollegin-nen und Kollegen, die diesen Tag mitorganisiert und begleitet haben, giltunser herzlicher Dank!

Für die Fachbereiche 2 und 11 Cordula Manow und Andreas Lorenz

Betreuung besser vor Ortver.di-Bundesvorsitzender Frank Bsirske bei Gewerkschaftern in Schwerin

Fahrschein nicht erforderlich,

Diskussion in der Traditionsbahn.

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Die Geschäftsleitung des zweit-größten Nahverkehrsbetriebesin Nürnberg hat dem ver.di-Mit-

glied und Betriebsrat Klaus Kulicke ei-ne ordentliche Kündigung ausgespro-chen. Der Betriebsratschef stimmte zu.

„Das ist die dümmste Kündigung,die ich seit Jahren auf den Tisch be-kommen habe“, kommentiert Ge-werkschaftssekretär Frank Riegler vonver.di Mittelfranken zunächst die Kün-digung. Denn ein „wichtiger Grund“wurde nicht angegeben.

Paragraph 15 Kündigungsschutz-gesetz regelt, dass der Arbeitgeber nurzur Kündigung aus wichtigem Grundohne Einhaltung einer Kündigungsfristberechtigt ist. Aber einen solchenGrund hat der Arbeitgeber noch nichteinmal behauptet. Eine ordentlicheKündigung ist damit ausgeschlossen.Betriebsratsmitgliedern kann nur frist-los bzw. außerordentlich gekündigtwerden. Aber bei der OVF gehen dieUhren offenbar falsch herum.

Ziel: Billig entsorgen

Nachdem Betriebsrat Klaus Kulicke ei-ner Aufforderung des PersonalchefsBinsl zu einem Personalgespräch nichtnachgekommen war, glaubte dieser dieGelegenheit gekommen, den aufmüp-figen Interessenvertreter Kulicke „billigzu entsorgen“. Er versicherte sich zu-vor, dass die sehr unternehmensorien-tierten Betriebsräte einer Kündigungzustimmen würden. Dann ging allesganz schnell: In einer Sitzung des Be-triebsrates am 29. März stimmte dasGremium dem Antrag des Arbeitgeberszu. Kulicke wurde vom Betriebsratsvor-sitzenden Bald zum Personalchef be-gleitet, der dem Erstaunten die schonfertige ordentliche Kündigung aushän-digte. Reibungsloser kann die „Zu-sammenarbeit“ zwischen Geschäftslei-tung und Betriebsrat eigentlich nichtmehr funktionieren.

Die rechtlich unhaltbare Kündigungwird vom Arbeitsgericht schnell ad ab-surdum geführt sein, da gegen allesverstoßen wurde, was bei der Kündi-gung eines Betriebsrates zu beachtenist, schätzte ver.di-Sekretär Riegler ein.

Für ihn war diese Kündigung das vor-läufige Ende einer langen Kette vonRepressionen gegen Klaus Kulicke undseine Gewerkschaft.

So wurden die Betriebsräte vomVorsitzenden häufig nicht richtig infor-miert. Ohne Beschlussfassung beauf-tragte der Betriebsratsvorsitzende einen Rechtsanwalt, den Gewerk-schaftssekretär Riegler abzumahnen,weil dieser in einem Flugblatt seine Kri-tik an der Arbeit dieser „Interessenver-tretung“ öffentlich gemacht hatte.Das unbequeme BetriebsratsmitgliedKulicke war ständigen Repressionenausgesetzt. Dadurch wurde sein Enga-gement für die Beschäftigten und diekonzernunabhängige Gewerkschaftver.di erschwert, aber nicht gebro-chen. Als der Kollege zu einem Perso-nalgespräch geladen wurde, verlangteer, dass ein Rechtsbeistand von seinerGewerkschaft dabei sein soll. Mit derungewöhnlichen Begründung, dassder Gewerkschaftssekretär Riegler ein Außenstehender sei, wurde derWunsch des Beschäftigten vom Tischgewischt. Personalchef Binsl hatteschon einmal erfolglos versucht, demver.di-Sekretär den Zutritt zum Betriebin Erlangen zu verbieten. Ein eklatanterVerstoß gegen das Betätigungsrechtder Gewerkschaft. Doch erst das Ar-beitsgericht konnte damals den Perso-naler zur Vernunft bringen.

„Wenn ein Betriebsrat und eineUnternehmensleitung zum Nachteilder Beschäftigten harmonieren, dannstört ein guter Betriebsrat dieses unge-setzliche Gemauschel und hat Repres-sionen bis hin zur Kündigung zu be-fürchten“, konstatierte Riegler. Undfür den 57-jährigen Betroffenen stehtfest: „Ich habe schon in einigen Betrie-ben auch als Betriebsrat gearbeitet.Aber eine solche Treibjagd habe ichnoch nicht erlebt.“

Nachdem sich der Vorsitzende Rich-ter beim Arbeitsgericht in Nürnbergvergewissert hatte, dass Kulicke tat-sächlich Betriebsratsmitglied sei, ginges nur noch um die Höhe der Abfin-dung. Nach diesen Erlebnissen sah sichKlaus Kulicke nicht mehr in der Lage,das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. ❏

ver.di report | ÖPNV

Unwürdige TreibjagdKritischer Betriebsrat gemobbt und gekündigt

Nahverkehr:

Interessenvertreter trafen sich in KölnEnde Juni trafen sich in Köln über300 ver.di-Betriebs- und Personal-räte aus öffentlichen und privatenVerkehrsbetrieben, um sich überdie aktuellen Entwicklungen imNahverkehr zu informieren.Am Beispiel der Kölner Verkehrsbe-triebe AG wurde dargestellt, wel-che Veränderungen erfolgten, umsich als öffentliches Unternehmenaufzustellen und die Arbeitsplätzeweiter abzusichern. Dazu gehörtauch die Gründung der WestigoGmbH, um im Schienenpersonen-nahverkehr wachsen zu können. In-wiefern diese Tochter mit der neu-en EU-Verordnung vereinbar ist, umeine Direktvergabe durch die Stadtzu erhalten, wird noch zu prüfensein. Auch wurde gezeigt, dass einefeste Beteiligungskultur zwischenStadt, Betriebsrat und ver.di güns-tig für die Weiterentwicklung desUnternehmens ist.Es wurde über die neue EG-VO561/2006 zu Lenk- und Ruhezeiteninformiert. Dieter Heinisch zeigteZusammenhänge zwischen Arbeits-zeitgesetz, Fahrpersonalgesetz undFahrpersonalverordnung sowie die-ser neuen EG-Verordnung auf. Be-deutsam ist dabei vor allem derneue Begriff der „Fahrtunterbre-chung“, der den bisherigen Begriffder „Lenkzeitunterbrechung“ ab-löst. Eine Fahrtunterbrechung dientder Erholung, sämtliche Arbeitensind in dieser Zeit verboten.Die Bundesfachgruppenleitung hateinen neuen Praxisleitfaden zur Di-rektvergabe herausgebracht. Tho-mas Wunder stellte die juristischenEckpunkte dar und zeigte Strate-gien für Betriebsräte auf, wie manim Dschungel der KommunalpolitikLobbyarbeit für eine Direktvergabemachen kann.Schließlich wurden erste Erfahrun-gen für den Ausbildungsberuf„Fachkraft im Fahrbetrieb“ ausge-tauscht. Peter Staczan von der Bo-gestra AG stellte Erfahrungen ausdem Unternehmen dar.Der Tag klang mit einer stimmungs-vollen Rheinschifffahrt aus.

14 2/2007 | VERKEHR

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ver.di report | ÖPNV

VERKEHR | 2/2007 15

Lange hat es gedauert: Im Frühjahr2003 wurden die Verhandlungen füreinen Spartentarifvertrag für die Be-schäftigten in den öffentlichen Nah-verkehrsbetrieben in Bayern aufge-nommen. Für die rund 5000 Beschäf-tigten sollte ein neuer Tarifvertrag dieTarife des Öffentlichen Dienstes BATund den BMT-G ablösen. Jetzt wurdeendlich eine Vereinbarung getroffen.

„Wir sind vier Jahre Achterbahn ge-fahren“, erinnert sich Frank Riegler, jetztver.di-Landesfachbereichsleiter in Bay-ern, und von Anfang an bei den Ver-handlungen dabei. „Die Arbeitgeber ha-ben fast in jeder Verhandlungsrunde ei-ne neue Sau durchs Dorf getrieben. Malsollte die Zuwendung ganz gestrichenwerden. Mal wollten sie die 40-Stun-den-Woche. Dann war die Zusatzversor-gung gestrichen oder die Zeitzuschlägepassten nicht mehr in die Landschaft ...“

Ende Juni 2004 dann der vermeint-liche Durchbruch: Ein Eckpunktepapierwurde nach 10 Stunden hartem Verhandeln unterzeichnet. Vor demHintergrund eines Warnstreiks, der für

den 1. Juli 2004 in 14 bayerischenStädten geplant war, knickten die Ar-beitgeber ein. In den Folgeverhandlun-gen wollten sie von dieser Einigungallerdings nichts mehr wissen. DerKampf begann von Neuem.

Im September 2005 startete danneine Warnstreikwelle. Einen ganzenSamstag ruhte der Verkehr in Nürn-berg. In der Woche darauf ging in vie-len bayerischen Städten nichts mehr.Doch erst im Oktober 2006 konnte dieTarifkommission der Gewerkschaftüber ein Verhandlungsergebnis ab-stimmen. Auf der Basis des TV-V wurdeein Spartentarifvertrag für die über5000 Beschäftigten abgeschlossen.

Er bietet für viele Beschäftigte nocheine Perspektive in der Bezahlung. DieArbeitszeit bleibt bei 38,5 Stunden inder Woche. Eine sehr weitgehende Be-sitzstandsregelung sichert den Be-schäftigten ihre Einkommen zum Zeit-punkt der Einführung des neuen Tarif-vertrages am 1. Juli 2007. Fahrer, die nach dem 1. Januar 2007 einge-stellt werden, erhalten ein niedrigeres

Grundgehalt. 1780 Euro plus Zuschlä-ge beträgt demnach der Einstiegslohnfür Fahrer. Es wird ein 13. Monatsge-halt gezahlt. Die betriebliche Altersver-sorgung bleibt erhalten.

Die Arbeitgeber haben großenWert darauf gelegt, dass die Zuschlägein Zukunft sinken. Für die Mitgliederder Tarifkommission und die Beschäf-tigten eine bittere Pille. Aber:„Mit die-sem Tarifvertrag haben wir die Lohn-strukturen insbesondere im Fahrdienstso verändert, dass es wieder zu Neueinstellungen in vielen Betriebenkommt. Aus München, Nürnberg,Schweinfurt und anderen Städten ha-ben wir schon positive Zahlen. In Augs-burg wird die ausgegliederte Tochterzum 1. Januar 2008 wieder in den An-wendungsbereich des TV-N zurückge-führt“, zieht Frank Riegler eine ersteBilanz. „Durch den neuen Tarifvertragin Bayern haben wir für die Beschäftig-ten in den Werkstätten, die Mitarbei-ter/innen in den Verwaltungen und fürdas Fahrpersonal Arbeit und Einkom-men gesichert.“ ❏

Vier Jahre Achterbahn gefahrenTarifvertrag Nahverkehr Bayern zum 1. Juli 2007 eingeführt

Am 21. August, nach Redaktions-schluss, konnte nach etwa 10-stündi-gen Verhandlungen ein Tarifergebnisbei der Bahnbusgesellschaft RSW Re-gionalbus Saar-Westpfalz GmbH er-zielt werden. Wie ver.di-LandesleiterAlfred Staudt mitteilte, konnten so dievon ver.di zum Schulstart bereits vor-bereiteten Warnstreiks im Schüler- undBerufsverkehr in letzter Sekunde abge-wendet werden. Die Planungen hättenden Raum Kusel, Lebach, St. Wendelund Illingen mit ca. 12 000 Fahrgästenbetroffen.

Die Tarifeinigung regelt für 2007 ei-ne Einmalzahlung von 700 Euro, die imDezember gezahlt wird. Weitere 300Euro garantierte Mitarbeiterbeteiligungfolgen im April 2008. Außerdem wer-den für alle Mitarbeiter 65 Euro Tabel-lenerhöhung ab 1. Januar 2008 wirk-

sam. Die Laufzeit des Vertrages beträgt21 Monate. Die Auszubildenden erhal-ten rückwirkend ab 1. Januar 2007 15Euro mehr Ausbildungsvergütung. Dar-über hinaus wurde für 2008 und 2009Mitarbeiterbeteiligungen – abhängigvom Betriebsergebnis – zwischen 100und 300 Euro vereinbart. Das Ergebniswird auch auf die beurlaubten Beamtenbei der RSW übertragen.

Die ursprünglichen Arbeitgeberfor-derungen wie nach Verlängerung derArbeitszeit und einer undynamischenPauschalierung der Aufwandsentschä-digung für Busfahrer konnten allesamtabgewehrt werden.

Bernd Oleynik, ver.di-Verhand-lungsführer und Landesfachbereichs-leiter Verkehr, konstatierte, dass damitdas bisher beste Tarifergebnis einerBahnbusgesellschaft im Jahr 2007 –

das bei der Regionalbus Stuttgart –noch übertroffen werden konnte.Gegenüber weiteren 20 Bahnbusge-sellschaften in der Bundesrepublik, beidenen in der Tarifrunde 2007 Ergeb-nisse ohne ver.di-Beteiligung erzieltwurden, sei dieser Abschluss deutlichgünstiger. ❏

Einigung in letzter SekundeTarifvertrag für Regionalbus Saar-Westpfalz doch ohne Streik

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Die jüngsten Berichte des Welt-klimarats alarmieren: Der vomMenschen verursachte Klima-

wandel ist kein Hirngespinst, sondernzunehmend Wirklichkeit. Je früherGegenmaßnahmen eingeleitet wer-den, desto geringer sind die Folgen.Als Zeitfenster für eine neue politi-sche Weichenstellung verbleibennach Angaben des Bundes für Um-welt und Naturschutz (BUND) rund 10bis 15 Jahre. Also ist Handeln ange-sagt!

Antrag zum Klimaschutzauf ver.di-Bundeskongress

Der ver.di-Bundeskongress wird übereinen vom Gewerkschaftsrat dis-kutierten Antrag zum Klimaschutz ent-scheiden. ver.di bekennt sich zu klima-politischen Zielen des Kyoto-Protokollsund fordert weiter gehende Klima-schutzziele. Unter der Voraussetzung,dass auch andere Länder mit hohenTreibhausgasemissionen mitziehen, for-dert der Antrag in Deutschland eineReduktion der klimarelevanten Emis-sionen bis 2020 von 40 Prozent gegen-über 1990.

Wichtig ist, die Kosten des Klima-schutzes sozial ausgewogen und derLeistungsfähigkeit entsprechend zugestalten. Dies bedeutet eine Absagean einseitige Lastenverteilungen undabrupte politische Maßnahmen.Gleichzeitig ist dies jedoch ein Plädo-yer für konsequente und verlässlichepolitische Schritte für mehr Klima-schutz.

Der Verkehrssektor ist das Sorgen-kind der Klimapolitik: Bisher wurdenhier nicht nur die geringsten Beiträgezu einer Senkung der Klimagase er-zielt, global nehmen die klimarelevan-ten Emissionen des Verkehrs sogarweiter zu. Zunehmende internationaleArbeitsteilung und gestiegene Mobi-litätserfordernisse und -bedürfnisseder Menschen lassen die Transportlän-gen in die Höhe schnellen. Auch in Zu-kunft werden diese Trends anhalten.Deshalb muss im Verkehrsbereich um-gesteuert werden. Wichtig ist nebeneiner Verminderung von Verkehr – z. B.durch die Vermeidung von Leerfahrten– die Verlagerung auf umweltfreund-lichere Verkehrsträger sowie die Sen-kung des Energieverbrauchs und derklimarelevanten Emissionen jedes ein-zelnen Verkehrsträgers pro Verkehrs-leistung. Das erfordert den verstärktenEinsatz klima- und umweltfreundlicherKraftstoffe und Antriebstechnologiensowie eine stärkere Verknüpfung derVerkehrsträger.

Umsteuern und Alternativen finden

In dem Antrag an den Bundeskongresswird gefordert, dass die VerkehrsträgerSchiene und Schifffahrt sowie der Öf-fentliche Personennahverkehr (ÖPNV)als strategische Verkehrsträger geför-dert werden sollen. Der ÖPNV soll zurvollwertigen Alternative zum Pkw-Ver-kehr ausgebaut werden. Linienbusseverbrauchen in Deutschland rund 2,5 Li-ter pro 100 km und Fahrgast, der Pkw

durchschnittlich6,6 Liter. Nochgünstigere Rela-tionen ergebensich für den öf-fentlichen Ver-kehr bei Ver-kehrsspitzen. Hierliegen die CO2-Emissionen um95 Prozent unter-halb des Pkw-Ver-kehrs.

Für die Schie-ne wird eine Sen-kung der Schie-nenbenutzungs-

gebühren, ein eigenes Güterverkehrs-netz und eine Beibehaltung des voll-ständigen öffentlichen Eigentums ander Deutschen Bahn AG als Rückgratdes Schienenverkehrs in Deutschlandgefordert.

Weiter fordert der Antrag eine Erhö-hung der Lkw-Maut durch die Anrech-nung der von den Verursachern nichterhobenen Umwelt-, Unfall- und Ge-sundheitskosten – so genannten exter-nen Kosten – sowie eine Mautpflichtnicht nur auf Autobahnen, sondernauch auf Bundesstraßen. Die Erlöse ausder Lkw-Maut müssen auch dazu dienen, soziale Ausgleichsmaßnahmenund Maßnahmen zur Qualifikation imStraßengüterverkehr zu finanzieren.

Es wird die Einbeziehung des Luft-verkehrs in den Emissionshandel gefor-dert, entsprechende Vorschläge derEU-Kommission werden begrüßt. Auchüber eine Verlagerung von Luftverkehrinnerhalb Deutschlands und in angren-zende europäische Gebiete solltenachgedacht werden. Für die Schiff-fahrt werden beispielsweise Geschwin-digkeitsbegrenzungen, die Einführungvon CO2-Zertifikaten, die Erhebungvon klima- und schadstoffbezogenenHafengebühren und die Prüfung derAufnahme in das Emissionshandels-system gefordert. Gemeinsam mit an-deren Gewerkschaften, Wissenschaftle-rInnen und anderen Interessenten sollein sozialverträgliches und beschäfti-gungswirksames Investitionsprogrammzum vorsorgenden Klimaschutz entwi-ckelt und umgesetzt werden.

Schließlich wird auch jede und jederEinzelne aufgefordert, bei Kaufent-scheidungen und im Alltagsleben aufEnergiesparen zu achten. ❏

ver.di report | KLIMASCHUTZ

Handeln ist angesagt

Hochwasser und andere Naturkatas-

trophen können durch neue ökologische

Weichenstellung künftig besser verhin-

dert werden.

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: Sim

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16 2/2007 | VERKEHR