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Das Magazin für den ganzen Mann. 2 • 2012 SEITE SEITE SEITE Titelthema: »Edel ist alle Theorie« Warum Einstellung und Verhalten der Väter zweierlei Dinge sind Was ist eigentlich ein »Spitzenvater«? Malessas Gedanken ISSN 1436 · 4536645 8. April 2012 Drei Fragen an Markus Hofer mann ! W ie war das in uralten Zeiten alles so klar. Der Mann ging auf die Jagd, die Frau sah in Haus oder Höhle nach dem Rechten. Heute gilt die Jagd nicht mehr dem Mammut, sondern dem Mammon. Und Papa bringt weder Luchs noch Lohntüte nach Hause. Genauso bargeldlos und beinahe unsichtbar verschwindet ein Teil des Verdienstes wieder vom Konto. Wo bleibt da die Anerken- nung? Wo bleibt die Grillparty nach dem Besuch des Geldauto- maten? Rund zehn Millionen Väter gibt es in Deutschland. Im Alter zwischen 35 und 40 Jahren sind knapp zwei Drittel aller Männer Väter. Trotz ihrer großen Population blieb die Spezies Mann in der Forschung lange Zeit weitge- hend unbeachtet. Allmählich ändert sich das. Es wird auch Zeit. Denn der heutige Mann lebt in einer gewaltigen Span- nung. Er soll – und will viel- leicht – zuhause nicht nur mit Bohrmaschine und Schrau- benzieher, sondern auch mit Staubsauger und Spülbürste agieren. Und die Tochter braucht ihn dringend, damit er den kleinen Bruder in Obhut nimmt und sie endlich von diesem ungestört puzzlen kann. Das Wort, das am meisten an so man- cher – besonders freiberu�lichen – Männerseele nagt, ist das Wort eigent- lich. Ich arbeitete gerade, aber eigent- lich sollte ich doch mit meinen Kindern spielen. Ich spiele hier, aber eigentlich wartet im Büro nebenan noch Arbeit. Und eigentlich wartet im Haushalt auch noch … Wie schön, ab und zu in seiner momentanen Aufgabe völlig aufzu- gehen. Zu fühlen, dass das, was man gerade tut, zweifellos richtig sein muss. Neulich war ich bei Fatih. Bei Fatih Çevikkollu, dem deutsch-türkischen Kabarettisten und allerbesten Be- obachter. Er suchte im vollen Kulturkeller nach Vätern ohne schlechtes Gewissen. Er fand nur einen einzigen Glückli- chen. Den anderen kann aber geholfen werden. Gleich jetzt und hier. Dadurch, dass sie künftig manche Tätigkeiten mitzählen, die beim Stichwort »Haushalt« so oft verges- sen werden. Etwa das Renovieren, die P�lege und Reparatur von Lampen, Elektro- geräten, Spielzeug, Fahrrädern und Autos, Chauffeurdienste oder die Arbeit im Garten. Die gemeinsame Steuerklärung ist selbstverständlich auch Hausarbeit. Und was für eine. Waschen oder Bügeln, das würden vie- le Frauen als Jagd im fremden Revier emp�inden. Und Grenzen sollte man als Jäger respektieren. Peter Dietrich Auf der Jagd Jagd, Bohrmaschine, Spülbürste – was macht Väter glücklich?

mann! 2/2012

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Das Magazin für den ganzen Mann

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Page 1: mann! 2/2012

Das Magazin für den ganzen Mann. 2 • 2012

S E I T E S E I T E S E I T E

Titelthema:»Edel ist alle Theorie«Warum Einstellung und Verhalten der Väter zweierlei Dinge sind

Was ist eigentlich ein»Spitzenvater«?

Malessas Gedanken

ISSN 1436 · 4536645 8. April 2012

Drei Fragen an MarkusHofer

mann!Wie war das in uralten Zeiten

alles so klar. Der Mann ging auf die Jagd, die Frau sah in Haus

oder Höhle nach dem Rechten. Heute gilt die Jagd nicht mehr dem Mammut, sondern dem Mammon. Und Papa bringt weder Luchs noch Lohntüte nach Hause. Genauso bargeldlos und beinahe unsichtbar verschwindet ein Teil des Verdienstes wieder vom Konto. Wo bleibt da die Anerken-nung? Wo bleibt die Grillparty nach dem Besuch des Geldauto-maten?Rund zehn Millionen Väter gibt es in Deutschland. Im Alter zwischen 35 und 40 Jahren sind knapp zwei Drittel aller Männer Väter. Trotz ihrer großen Population blieb die Spezies Mann in der Forschung lange Zeit weitge-hend unbeachtet. Allmählich ändert sich das. Es wird auch Zeit. Denn der heutige Mann lebt in einer gewaltigen Span-nung. Er soll – und will viel-leicht – zuhause nicht nur mit Bohrmaschine und Schrau-benzieher, sondern auch mit Staubsauger und Spülbürste agieren. Und die Tochter braucht ihn dringend, damit er den kleinen Bruder

in Obhut nimmt und sie endlich von diesem ungestört puzzlen kann.Das Wort, das am meisten an so man -cher – besonders freiberu�lichen – Männerseele nagt, ist das Wort eigent-lich. Ich arbeitete gerade, aber eigent-lich sollte ich doch mit meinen Kindern

spielen. Ich spiele hier, aber eigentlich wartet im Büro nebenan noch Arbeit. Und eigentlich wartet im Haushalt auch noch … Wie schön, ab und zu in seiner momentanen Aufgabe völlig aufzu-gehen. Zu fühlen, dass das, was man gerade tut, zweifellos richtig sein muss. Neulich war ich bei Fatih. Bei Fatih Çevikkollu, dem deutsch-türkischen Kabarettisten und allerbesten Be-

obachter. Er suchte im vollen Kulturkeller nach Vätern ohne

schlechtes Gewissen. Er fand nur einen einzigen Glückli-chen. Den anderen kann aber geholfen werden. Gleich jetzt und hier. Dadurch, dass sie künftig manche Tätigkeiten mitzählen, die beim Stichwort

»Haushalt« so oft verges-sen werden. Etwa das

Renovieren, die P�lege und Reparatur von

Lampen, Elektro-geräten, Spielzeug,

Fahrrädern und Autos, Chauffeurdienste oder

die Arbeit im Garten. Die gemeinsame Steuerklärung

ist selbstverständlich auch Hausarbeit. Und was für eine.

Waschen oder Bügeln, das würden vie-le Frauen als Jagd im fremden Revier emp�inden. Und Grenzen sollte man als Jäger respektieren. Peter Dietrich

Was ist eigentlich ein

Malessas Gedanken

Auf der Jagd

Jagd, Bohrmaschine, Spülbürste – was macht

Väter glücklich?

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nur teils oder gar nicht erwerbstätig war, wenn beide Akademiker sind oder eine ähnliche Bildung haben. Bezieht der Vater kein Elterngeld, liegt das nur in jedem fünften Fall an einem traditio-nellen Rollenbild. Viel häu�iger werden beru�liche Gründe genannt: das volle – bei Männern meist höhere – Einkom-men sei nötig, fehlende Akzeptanz des Arbeitgebers, Angst um die Karriere, ein befristeter Arbeitsvertrag.

Das Baby als ArbeitsantriebEine Studie über die ersten 14 west-deutschen Ehejahre zerstört so manche Illusion. Dass sich der Mann am Haus-halt beteiligt, wird im Verlauf der Ehe systematisch unwahrscheinlicher. Wird der Mann zum Papa, wird dieser Pro-zess stark beschleunigt. Oft wollen sich Paare die Aufgaben partnerschaftlich teilen, werden dann aber von der Reali-tät eingeholt und kehren zu traditionel-leren Geschlechterrollen zurück. Väter arbeiten nach einer Geburt nämlich

nicht weniger, sondern mehr. Denn der Verdienst der Partnerin fällt weg, zu-gleich kam ein Familienmitglied hinzu. Wird die Zeit knapp, sparen Frauen bei der Erwerbsarbeit, Männer hingegen beim Sozialen und der Freizeit.Bei einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Jahr 2010 gaben sechs von zehn Vätern an, nur den kleineren Teil der Familienarbeit zu übernehmen. Jeder Vierte übernimmt mindestens die Hälfte. 13 Prozent der Väter machen kaum etwas oder nichts. Bei der »pairfam-Studie« unter jungen Paaren machte der Hochschulabschluss nur wenig Unterschied. Einheitlich fand jeder fünfte junge Vater, er überneh-me bei Beruf und Hausarbeit weniger als seinen gerechten Anteil. Die große Mehrheit der jungen Paare war aber mit der Verteilung zufrieden.Väter mit minderjährigen Kindern, so die derzeit aktuellste Zeiterhebung, wenden je Wochentag 2 Stunden und 18 Minuten für Hausarbeit und 40

Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!Machen wir uns nichts vor: Wenn ein Baby kommt, muss in vielen Fällen der Vater weiter arbeiten gehen, schon aus �inanziellen Gründen. Und zuhause ist die Mutter 24 Stunden lang beim Kind. Wenn Sie dann mal etwas mit dem Kind machen wollen, sind Sie vermutlich erst einmal unsicher – und die Mutter oft nur allzu bereit, Ihnen das Kind wieder abzunehmen. Tun Sie sich, Ihrer Frau und vor allem Ihrem Kind dennoch einen Riesen-Gefallen: Ziehen Sie sich nicht aus der Kindererziehung heraus – und lassen Sie sich auch nicht von Ihrer Frau unterschwellig herausdrängen! Wenn Ihre Frau, da sie mehr Zeit mit dem Kind verbringt, einige Dinge besser kann oder weiß, fragen Sie halt kurz nach und legen dann selbst Hand an. Nach und nach werden Sie so Ihren eigenen Erziehungsstil entwickeln. Das ist gut für Sie – und für Ihr Kind! Zumal in vielen Erziehungsbereichen typisch männliche Stärken wie Klarheit und die Fähigkeit zu Grenzsetzungen gefordert sind. Was also den Umgang mit unseren Kindern betrifft, müssen halt wir Männer um Gleichberechtigung und Anerkennung kämpfen.Björn Sü�ke ist Männertherapeut und Autor. Zuletzt sind erschienen »Männerseelen – ein psychologischer Reiseführer« und »Die Ritter des Möhrenbreis – Geschichten von Vater und Sohn«. www.maenner-therapie.de

Fit für die große TourDer Frühling ist da, endlich eine größere Tour machen! Aber wenn die Kondition am Boden ist und die Kräfte auch? Die Kondition steigert man am besten, indem man täglich fährt und sich dabei nicht übernimmt. Einmal pro Woche die tägliche Runde um ein paar Kilometer verlängern, dann zweimal die Woche usw. Behutsam, aber stetig! Ein großer Vorteil ist auch eine Trittfrequenz von etwa 90 Umdrehungen/Minute. Wer drunter ist, steigert in Fün-ferschritten auf 90. Dann reicht die Kraft plötzlich für zig Kilometer und man kommt trotzdem ausgeruht an. Ein Trittfrequenz-messer hilft.Gerrit Mathis leitet die Redaktion von radio m und ist passionierter Allwetterradler. www.radio-m.de

Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!

Vater-Tipp Sport-Tipp

Wie sich Väter einschätzen und wie sie wirklich sind

Gibt es die »neuen Männer« wirklich? Was die Einstellung angeht, immer häu�iger. Das zeigen gleich mehrere repräsentative Studien. Ordnete sich 1992 etwa jeder siebte Mann einem auf Gleichheit bedachten Rollenbild zu, war es zehn Jahre später schon fast jeder Vierte. Doch in der Praxis kommt von dieser Veränderung nur wenig an. Das zeigen zuallererst die Beschäftigungs-daten. Laut Mikrozensus 2010 waren bundesweit sechs von zehn Müttern erwerbstätig, aber davon 70 Prozent nur in Teilzeit. Arbeiten beide Eltern, so Zahlen aus Baden-Württemberg, ar-beiten in 77 Prozent der Fälle der Vater in Voll- und die Mutter in Teilzeit. In 17 Prozent aller Paarfamilien arbeiten beide voll. Beide in Teilzeit? Das gibt es nur bei drei von einhundert Paaren. Mama voll, Papa Teilzeit? Zwei Prozent.Etwa jeder vierte Vater bezieht inzwi-schen Elterngeld, im Schnitt aber nur für gut drei Monate. Er tut dies vor allem beim ersten Kind, wenn er zuvor

Fit für die große Tour

Sport-TippSport-Tipp

Edel ist alle Theorie

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Drei von vier Deutschen fühlen sich im Internet bedroht. Diese Unsicherheit kommt nicht von ungefähr und �indet seinen Niederschlag auch in der zuneh-menden Berichterstattung. Die rasante Entwicklung des Internets erschwert es, sich ein gewisses Maßan Medienkompetenz zuzulegen. Hilfreich sind dann Internetange-bote, die auf Gefahren hinweisen. Auf www.computerbetrug.de �inden sich Informationen zur Sicherheit im Internet, Abo-Fallen und weiteren Gefahren.Ralf Würtz ist Internetbeauftragter der EmKwww.emk-unternehmer.de

Minuten für reine Kinderbetreuung und P�lege auf. Bei den Müttern ist es jeweils etwa das Doppelte. Frau-en erledigen häu�iger regelmäßige Arbeiten wie Kochen, Putzen oder Einkaufen. Männer übernehmen eher sporadische Aufgaben wie Re-paraturen oder das Einrichten des Computers. Sieben von zehn Vätern, so der Familienmonotor 2011, wün-schen sich, beru�lich nicht so stark ein gespannt zu sein. Viele Männer wollen keine Teilzeit, aber gerne höchstens 40 Wochenstunden arbeiten. Zwischengeschlechtlicher Gleichstand herrscht beim Zeit-druck: Diesen emp�inden 40 Pro-zent der Väter und 42 Prozent der Mütter mit minderjährigen Kindern. Die World Vision Kinderstudie 2010 ergab, dass aus Sicht der Kinder zwei Drittel der Väter zu wenig Zeit für sie haben. Die Väter wissen dies und haben die gleiche Einschätzung. Bei den Müttern betrifft der Mangel nur etwa ein Drittel.Der Trend zu einer ausgegliche-nen Rollenverteilung gilt in vielen Ländern Europas – zumindest was die Einstellung angeht. Doch beim Verhalten bestehen traditionelle Rollenbilder dauerhaft fort. Oft liegt das gar nicht am Wollen der Män-ner, sondern an den gesellschaft-lichen Rahmenbedingungen. Edel ist eben alle Theorie.

Peter Dietrich

Was macht einen guten Vater aus?

Verlässlichkeit ist den Kindern wichtig und Präsenz, grei�bare körperliche und emo-

tionale Präsenz. Es ist wunderbar, wenn man mit ihm auch blödeln und sich herum-

balgen kann. Da darf er auch körperliche Stärke zeigen. Er muss einen guten Blick

haben für seine Kinder, sie bestätigen, sie bekräftigen und ermutigen. Wenn er stolz

auf seine Kinder ist, sind sie auch stolz auf ihren Papa. Er sollte ein Gegengewicht zur

Mutter sein. Je verschiedener Mama und Papa sind, umso besser ist es für die Ent-

wicklung der Kinder. Väter sollen also beim Papa-sein Mann bleiben, nicht die Mama

imitieren, sondern mit den Kindern eigenes entwickeln – die schätzen das ungemein.

Nicht zuletzt darf er dabei auch selbst das Kind im Manne p�legen, das hält jung.

Wie kann man lernen, ein guter Vater zu sein?

In Deutschland und Österreich haben wir zwei Weltkriege hinter uns. Viele Väter

sind nicht mehr heimgekommen oder zumindest seelisch beschädigt. Viele Söhne

sind ohne Vater aufgewachsen. Das Schöne ist: Viele haben es trotzdem geschafft,

ihren Kindern gute Väter zu sein, auch wenn sie selbst kein Vorbild erlebt haben.

Man(n) kann den Kindern auch das sein, was man(n) selbst gerne gehabt hätte.

Väter können wachsen an den eigenen Kindern. Zudem darf man die Kinder selbst

fragen, was sie bräuchten, die können das ganz klar sagen. Es ist ein Projekt, in das

man sich als Mann einfach einlassen muss. Zudem muss aus Sicht der Kinder kein

Vater perfekt sein, sondern grei�bar.

Was hilft, um Vater-Sein und Partner-Sein unter einen Hut zu bringen?

Das passiert den Frauen eher, dass sie vor lauter Mutter-Sein vergessen, dass sie

auch noch Frau sind. Ich sehe nicht, dass Männer da sehr gefährdet sind. Meist sind

aktive Väter auch für die Frauen als Partner attraktiver. Die Frage für Männer ist viel

eher, wie sie die aktive Vaterschaft mit dem Beruf unter einen Hut bringen. Verein-

barkeit ist auch ein Männerthema. Da werden sich die Unternehmen noch bemühen

müssen, ein väterfreundliches Betriebsklima zu schaffen, wenn sie die jungen Fach-

kräfte an den Betrieb binden wollen.

rasante Entwicklung des Internets erschwert es, sich ein gewisses Maß

Sicherheit im Internet, Abo-Fallen

Vater Werden ist ja nicht so schwer. Gegen das Vater-Sein aber ist eine Extrembergtour durch die Anden mit anschließendem Iron-Man ein Spaziergang. Okay, das ist jetzt etwas übertrie-ben. Aber es kommt einigermaßen hin. Zumin-dest bei Vätern, die sich nicht ausklinken aus der Sache mit ihren Kindern. Ja, auch Mutter-Sein ist anstrengend. Aber dafür gibt es andere Zeitschriften.Einige väterliche Bewährungsproben haben wir an dieser Stelle schon thematisiert. Ganz am Anfang aber steht eine Gruppe, da trauen sich nur die Hartgesottenen hin: die Krabbel-gruppe. Das ist der Ort, wo sich die jungen Mütter endlich mal ungeniert (wirklich!) austauschen können. Und wo der eine Mann ganz auf sich selbst zurückgeworfen ist. Denn er kann nicht mitreden. »Wir« stillen nicht. »Wir« haben keine Schwangerschaftsstreifen. »Wir« haben auch keine Verdauungsprobleme

– zumindest nicht durch Muttermilch. Im in-klusiven »Wir« �inden wir uns so wenig wieder wie in den Ritualen, die je nach weltanschau-licher Ausrichtung die Krabbelei begleiten. Wenn die Leiterin – gibt es eigentlich auch Männer, die so was machen? – mit piepsiger Stimme ein Lied so anstimmt, dass nur aus-gebildete Countertenöre mitkommen. Wenn wir vor den staunenden Säuglingen Händchen haltend (ja, hier darf der Papa mal andere Ma-mas anfassen!) im Kreis herumlaufen. Wenn die Füße kalt werden, weil man wieder mal die Wollsocken vergessen hat und das naturbelas-sene Parkett natürlich eine schuhfreie Zone ist. Dann fangen wir an zu zweifeln, ob das mit den Kindern wirklich eine gute Idee war. Denn eigentlich brauchen wir Krabbelgruppen-Väter nicht viel: Ein doppelter Espresso, ein beque-mer Sitz, vielleicht eine Zeitung – das genügt, um uns für eine Stunde glücklich zu machen. Danach sind wir den Herausforderungen des Vater-Seins wieder voll gewachsen. Bis zur nächsten Krabbelgruppe. Volker Kiemle

Vater Werden ist ja nicht so schwer. Gegen das

– zumindest nicht durch Muttermilch. Im in-klusiven »Wir« �inden wir uns so wenig wieder wie in den Ritualen, die je nach weltanschau-Vater Werden ist ja nicht so schwer. Gegen das

Internet-Tipp

3 Fragen an:Zur Person: Auto

r, Männerberater und

Leiter des Männerbüros in Vorarl

berg.

www.maennerbuero.info

Markus Hofer

Drei von vier Deutschen fühlen

Internet-TippInternet-TippInternet-TippInternet-Tipp

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nur teils oder gar nicht erwerbstätig war, wenn beide Akademiker sind oder eine ähnliche Bildung haben. Bezieht der Vater kein Elterngeld, liegt das nur in jedem fünften Fall an einem traditio-nellen Rollenbild. Viel häu�iger werden beru�liche Gründe genannt: das volle – bei Männern meist höhere – Einkom-men sei nötig, fehlende Akzeptanz des Arbeitgebers, Angst um die Karriere, ein befristeter Arbeitsvertrag.

Das Baby als ArbeitsantriebEine Studie über die ersten 14 west-deutschen Ehejahre zerstört so manche Illusion. Dass sich der Mann am Haus-halt beteiligt, wird im Verlauf der Ehe systematisch unwahrscheinlicher. Wird der Mann zum Papa, wird dieser Pro-zess stark beschleunigt. Oft wollen sich Paare die Aufgaben partnerschaftlich teilen, werden dann aber von der Reali-tät eingeholt und kehren zu traditionel-leren Geschlechterrollen zurück. Väter arbeiten nach einer Geburt nämlich

nicht weniger, sondern mehr. Denn der Verdienst der Partnerin fällt weg, zu-gleich kam ein Familienmitglied hinzu. Wird die Zeit knapp, sparen Frauen bei der Erwerbsarbeit, Männer hingegen beim Sozialen und der Freizeit.Bei einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Jahr 2010 gaben sechs von zehn Vätern an, nur den kleineren Teil der Familienarbeit zu übernehmen. Jeder Vierte übernimmt mindestens die Hälfte. 13 Prozent der Väter machen kaum etwas oder nichts. Bei der »pairfam-Studie« unter jungen Paaren machte der Hochschulabschluss nur wenig Unterschied. Einheitlich fand jeder fünfte junge Vater, er überneh-me bei Beruf und Hausarbeit weniger als seinen gerechten Anteil. Die große Mehrheit der jungen Paare war aber mit der Verteilung zufrieden.Väter mit minderjährigen Kindern, so die derzeit aktuellste Zeiterhebung, wenden je Wochentag 2 Stunden und 18 Minuten für Hausarbeit und 40

Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!Machen wir uns nichts vor: Wenn ein Baby kommt, muss in vielen Fällen der Vater weiter arbeiten gehen, schon aus �inanziellen Gründen. Und zuhause ist die Mutter 24 Stunden lang beim Kind. Wenn Sie dann mal etwas mit dem Kind machen wollen, sind Sie vermutlich erst einmal unsicher – und die Mutter oft nur allzu bereit, Ihnen das Kind wieder abzunehmen. Tun Sie sich, Ihrer Frau und vor allem Ihrem Kind dennoch einen Riesen-Gefallen: Ziehen Sie sich nicht aus der Kindererziehung heraus – und lassen Sie sich auch nicht von Ihrer Frau unterschwellig herausdrängen! Wenn Ihre Frau, da sie mehr Zeit mit dem Kind verbringt, einige Dinge besser kann oder weiß, fragen Sie halt kurz nach und legen dann selbst Hand an. Nach und nach werden Sie so Ihren eigenen Erziehungsstil entwickeln. Das ist gut für Sie – und für Ihr Kind! Zumal in vielen Erziehungsbereichen typisch männliche Stärken wie Klarheit und die Fähigkeit zu Grenzsetzungen gefordert sind. Was also den Umgang mit unseren Kindern betrifft, müssen halt wir Männer um Gleichberechtigung und Anerkennung kämpfen.Björn Sü�ke ist Männertherapeut und Autor. Zuletzt sind erschienen »Männerseelen – ein psychologischer Reiseführer« und »Die Ritter des Möhrenbreis – Geschichten von Vater und Sohn«. www.maenner-therapie.de

Fit für die große TourDer Frühling ist da, endlich eine größere Tour machen! Aber wenn die Kondition am Boden ist und die Kräfte auch? Die Kondition steigert man am besten, indem man täglich fährt und sich dabei nicht übernimmt. Einmal pro Woche die tägliche Runde um ein paar Kilometer verlängern, dann zweimal die Woche usw. Behutsam, aber stetig! Ein großer Vorteil ist auch eine Trittfrequenz von etwa 90 Umdrehungen/Minute. Wer drunter ist, steigert in Fün-ferschritten auf 90. Dann reicht die Kraft plötzlich für zig Kilometer und man kommt trotzdem ausgeruht an. Ein Trittfrequenz-messer hilft.Gerrit Mathis leitet die Redaktion von radio m und ist passionierter Allwetterradler. www.radio-m.de

Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!Kindererziehung: Lassen Sie sich nicht rausdrängen!

Vater-Tipp Sport-Tipp

Wie sich Väter einschätzen und wie sie wirklich sind

Gibt es die »neuen Männer« wirklich? Was die Einstellung angeht, immer häu�iger. Das zeigen gleich mehrere repräsentative Studien. Ordnete sich 1992 etwa jeder siebte Mann einem auf Gleichheit bedachten Rollenbild zu, war es zehn Jahre später schon fast jeder Vierte. Doch in der Praxis kommt von dieser Veränderung nur wenig an. Das zeigen zuallererst die Beschäftigungs-daten. Laut Mikrozensus 2010 waren bundesweit sechs von zehn Müttern erwerbstätig, aber davon 70 Prozent nur in Teilzeit. Arbeiten beide Eltern, so Zahlen aus Baden-Württemberg, ar-beiten in 77 Prozent der Fälle der Vater in Voll- und die Mutter in Teilzeit. In 17 Prozent aller Paarfamilien arbeiten beide voll. Beide in Teilzeit? Das gibt es nur bei drei von einhundert Paaren. Mama voll, Papa Teilzeit? Zwei Prozent.Etwa jeder vierte Vater bezieht inzwi-schen Elterngeld, im Schnitt aber nur für gut drei Monate. Er tut dies vor allem beim ersten Kind, wenn er zuvor

Fit für die große Tour

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Edel ist alle Theorie

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Page 4: mann! 2/2012

»Natürlich hat das auch Auswirkungen auf meine �inanziel-len Möglichkeiten, aber ich genieße im Ausgleich dazu die Zeit mit Zora«, berichtet der selbständige Unternehmer. »Als Alleinerziehender selbständig zu sein, bringt viele Vorteile. Ich kann mir meine Zeit selbst einteilen und arbeiten, wann und wo ich will. Wenn Zora krank ist, kann ich mich voll und ganz ihr widmen und die Arbeit nachts oder auch mal am Wochenende nachholen.« Steinmetz arbeitet viel im Homeof�ice. Wenn er Zora mor-gens in den Kindergarten gebracht hat, steht aber erst mal das Notwendigste der Hausarbeit an. Danach geht es an den Schreibtisch, denn ab spätestens 15 Uhr ist wieder Zora-Zeit. Dann holt Steinmetz seine Tochter vom Kindergarten ab und widmet sich bis 20 Uhr ganz ihr. Mal geht es gemeinsam ins Schwimmbad, mal reiten oder es wird gespielt. »Diese gemeinsame Zeit würde ich auf keinen Fall mehr missen wollen. Ich habe eine ganz besondere Bindung zu Zora. Eine Nähe, die ich so nicht hätte, wür-de sie ausschließlich bei ihrer Mutter aufwachsen«, schwärmt der junge Vater.Nicole Beste-Fopma

Mehr über Marc Steinmetz lesen Sie im neuen »LOB-Magazin«, das ab 26. April 2012 über den Verlag bezogen werden kann.www.lob-magazin.de

Früher haben Frauen auf dem Beifahrersitz die Autokarte rumge-dreht. Weil Ziele, die eine Frau anstrebt,

»oben« sein müssen. Also jetzt nicht moralisch, sondern mehr so hirn-phy-siologisch. Auch auf der A 5, wenn man Richtung Basel fährt. Heute macht dieses Rumdrehen ein Display. Frei-burg im äußersten Südwesten Deutsch-lands ist also rechts oben, ok ?! Und Dresden immer links oben. Zumindest von Berlin aus gesehen. In dieser seiner streng subjektivisti-schen Weltsicht ist das Navigationsge-rät eigentlich weiblich. Männer sagen aber nicht »die Navi«. Sondern »das Navi« oder »der Navi«. Mit einer Beifahrerin aus Fleisch und Blut konnte man diskutieren. Mit einem Navi nicht mehr. Besitzt Mann nämlich noch einen Rest Geographiekenntnisse, oder – Gott bewahre – eigene Ortskenntnisse, dann

muss er umdenken. Theologisch: Er muss demütig bekennen, dass sein »Wissen nur Stückwerk ist« (1. Korin-ther 13,9) und er muss Gehorsam üben. Für gläubigen Gehorsam gibt es Vorbilder in der Bibel, meist Frauen. Duldsame oder kämpferische. Bibel und Navi prägen zwei Autofahrertypen: Es gibt den marianischen Fahrer (»Mir geschehe, wie du gesagt hast«, Lukas 1,38) und den judithischen Fahrer (»Und sie schlug ihm mit ihrer ganzen Kraft den Kopf ab«, Judith 13, 6–8). Marias Gottergebenheit oder Judiths Killerinstinkt – nur eins von beiden geht, denn: Navis sind ein Segen, wenn man fremd ist in der Stadt. Navis sind ein Fluch, wenn man vertraut ist mit der Region. Ja, die Navi weist mir den kürzesten Weg über die Dörfer. Aber dass es 800 Meter rauf geht und dort oben Nebel und Glatteis herr-schen, weiß sie nicht. Ja, geradeaus geht die Goethestraße weiter. Aber als

Fußgängerzone. Mit Treppenstufen vorne dran. Und die abknickende Vorfahrt heißt ab hier Gotenstraße. Ja, ich muss selber wissen, in welches der 21 verschiedenen »Neu stadts« in Deutschland ich will. Aber ohne Postleitzahl ist das schwierig … Nein, sie konnte nicht wissen, dass der Tunnel wegen Bauarbeiten gesperrt ist und die Umgehungsroute über unbe-festigte Forstwege führt. Nach Dauer-regen ist da neulich ein 7,5-Tonner versackt. Alles ist logisch elektronisch – aber warum hat dieses verdammte Ding immer recht und kann nichts dafür?! Während ich immer der Depp bin und obendrein noch selber schuld?!Früher haben Frauen Autokarten rumgedreht. Und ganz selbstverständ-lich durchs Seitenfenster ortskundige Passanten nach dem Weg gefragt. Das lernen Männer auch wieder. Früher oder später.Andreas Malessa

Machtkampf mit Navi?

Zum Beispiel Marc Steinmetz. Der Vater der kleinen Zora ist Inhaber einer Werbeagentur und eines Modelabels und wurde von einer Großbäckerei zum »Spitzenvater des Jahres 2012« gekürt. Als allein erziehender Vater gehört der 37-Jährige zu einer Minderheit. Noch sind knapp 90 Prozent der Alleinerziehenden Mütter. Doch die Zahl der allein erzie-henden Väter steigt seit den 60er-Jahren kontinuierlich.Einfach ist es noch immer nicht für Väter, das alleinige Sor-gerecht oder das Aufenthaltsrecht für das Kind oder die Kinder zu erhalten. Es war ein zähes Hin-und-Her, aber letztendlich entschied das Gericht: Zora bleibt bei ihrem Vater. »Ein Wechselmodell, bei dem Zora hälftig bei der Mutter und hälftig bei mir wohnt, war für uns undenkbar«, so der Vater. »Sie soll nicht ständig aus ihrem sozialen Umfeld gerissen werden. Die Entfernung macht es uns nicht gerade leicht, aber ich bin der festen Überzeugung: Ein Kind braucht Mutter und Vater.« Aus diesem Grund verbringt Zora 14-täglich zwei Wochentage sowie jedes zweite Wochenende bei ihrer Mutter. Darüber hinaus gibt es �lexible und sponta-ne Aufenthalte.Die Tage, die die Kleine bei der Mutter verbringt, nutzt der Geschäftsmann für Termine, die dann auch mal länger dau-ern dürfen. Ansonsten gehört er ab 15 Uhr seiner Tochter. Dafür hat Steinmetz seinen Arbeitsalltag komplett umstruk-turiert. Eine Geschäftsführerin nimmt ihm einen großen Teil der Arbeit ab, er selbst kümmert sich im Agenturgeschäft überwiegend um Projektmanagement und -umsetzung.

Schreibtisch, denn ab spätestens 15 Uhr ist wieder Zora-Zeit. Dann holt Steinmetz seine Tochter vom Kindergarten ab und widmet sich bis 20 Uhr ganz ihr. Mal geht es gemeinsam ins Schwimmbad, mal reiten oder es wird gespielt. »Diese gemeinsame Zeit würde ich auf keinen Fall mehr missen wollen. Ich habe eine ganz besondere Bindung zu Zora. Eine Nähe, die ich so nicht hätte, wür-de sie ausschließlich bei ihrer Mutter aufwachsen«, schwärmt der junge Vater.Nicole Beste-Fopma

Mehr über Marc Steinmetz lesen Sie im neuen »LOB-Magazin«, das ab 26. April 2012 über den Verlag bezogen werden kann.www.lob-magazin.de

Was ist eigentlich ein »Spitzenvater«?

mann! wird herausgegeben von Medienwerk der EmKLudolfusstraße 2–4, 60487 Frankfurt/Main, [email protected] · Redaktion: Volker KiemleFotos: iStockphoto, privat

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