338
Jahrbuch für Internationale Germanistik Jahrgang LI / Heft 2

Maoping Wei (Hrsg.) Die Flucht vor der Vernunft ......sondere dadurch, dass die Zahl der Universitäten, an denen man Ger-manistik als Bachelorstudiengang belegen kann, stark gestiegen

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Pete

    r Lan

    g

    Pete

    r Lan

    g

    Jahrbuch für Internationale Germanistik

    Jahrgang LI / Heft 1

    Band 12:Europadiskurs in der deutschen Literatur

    und LiteraturwissenschaftDeutsch-jüdische Kulturdialoge/-konflikte

    Maoping Wei (Hrsg.)

    Die Flucht vor der Vernunft und die Suche nach ihrBeiträge chinesischer Germanisten zur internationalen Germanistik

    Bern, 2017. 442 S., 1 s/w Abb., 5 s/w Tab.Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A: Gesammelte Abhandlungen und Beiträge. Bd. 130br. ISBN 978-3-0343-2841-8 CHF 97.– / €D 83.95 / €A 85.80 / € 78.– / £ 64.– / US-$ 94.95eBook ISBN 978-3-0343-2842-5 CHF 102.– / €D 92.95 / €A 93.60 / € 78.– / £ 64.– / US-$ 94.95

    €D inkl. MWSt. – gültig für Deutschland und Kunden in der EU ohne USt-IdNr. · €A inkl. MWSt. – gültig für Österreich

    D ie chinesische Germanistik erlebt gegenwärtig ihre Blütezeit – insbe-sondere dadurch, dass die Zahl der Universitäten, an denen man Ger-manistik als Bachelorstudiengang belegen kann, stark gestiegen ist. Die vor-liegende Publikation besteht aus den Beiträgen chinesischer Germanisten, die eben dieser Universitätslandschaft entstammen. Der Band ist viergeteilt. In einem ersten Abschnitt werden Beiträge zur deutschen Literatur mit Schwer-punkt auf der Textanalyse vorgestellt. Die Mehrzahl der Arbeiten des zwei-ten Teils «Zwischen China und Deutschland» betrachtet die chinesisch-deut-schen Literaturbeziehungen, um auf diesem Spannungsfeld der Selbst- und Fremdbilder intellektuelle wie auch ästhetische Brücken zwischen China und Deutschland zu schlagen. Der dritte Teil widmet sich dem Thema «Märchen oder Magie». Die Referenten dieser Beiträge haben wohl geahnt, dass im Wun-derbaren das Wesen der Literatur liegt und die Flucht vor der Vernunft durch ihre Forschungsthemen ebenfalls eine Suche nach ihr ist. Der vierte Teil, «Va-ria», beinhaltet verschiedene Beiträge über chinesisch-deutsche Fragestel-lungen wie Übersetzung oder Ausbildung.

    Mit Beiträgen von: WEI Maoping • ZHENG Xia • WANG Mei-ling • XIE Juan • XIE Meiqing • ZHU Yanfei • CHEN Qiao • ZHANG Ruoyu • YU Lu • WU Yongli • FENG Xiaochun • YIN Yu • WANG Wie • ZHANG Xiaoqing • CHEN Min • XU Qiliang • FANG Housheng • FENG Weiping • HU Yifan • HUANG Yi • LI Yang • QI Kuaige • CHEN Qi • MIAO Xiaodan • SUN Yu.

    ISSN 0449-5233

    J A 0 1 2 0 1 9

    Jahr

    buch

    für I

    nter

    natio

    nale

    Ger

    man

    istik

    LI/

    1 Jahrbuch fürInternationale Germanistik

    Jahr

    buch

    für I

    nter

    natio

    nale

    Ger

    man

    istik

    Ll/

    2

    Jahrgang LI / Heft 2

    ISBN 0449-5233

    J A 0 2 2 0 1 9

    JA022019_Roloff_Susen.indd 1 07-Apr-20 15:19:59

  • Pete

    r Lan

    g

    Pete

    r Lan

    g

    Jahrbuch für Internationale Germanistik

    Jahrgang LI / Heft 1

    Band 12:Europadiskurs in der deutschen Literatur

    und LiteraturwissenschaftDeutsch-jüdische Kulturdialoge/-konflikte

    Maoping Wei (Hrsg.)

    Die Flucht vor der Vernunft und die Suche nach ihrBeiträge chinesischer Germanisten zur internationalen Germanistik

    Bern, 2017. 442 S., 1 s/w Abb., 5 s/w Tab.Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A: Gesammelte Abhandlungen und Beiträge. Bd. 130br. ISBN 978-3-0343-2841-8 CHF 97.– / €D 83.95 / €A 85.80 / € 78.– / £ 64.– / US-$ 94.95eBook ISBN 978-3-0343-2842-5 CHF 102.– / €D 92.95 / €A 93.60 / € 78.– / £ 64.– / US-$ 94.95

    €D inkl. MWSt. – gültig für Deutschland und Kunden in der EU ohne USt-IdNr. · €A inkl. MWSt. – gültig für Österreich

    D ie chinesische Germanistik erlebt gegenwärtig ihre Blütezeit – insbe-sondere dadurch, dass die Zahl der Universitäten, an denen man Ger-manistik als Bachelorstudiengang belegen kann, stark gestiegen ist. Die vor-liegende Publikation besteht aus den Beiträgen chinesischer Germanisten, die eben dieser Universitätslandschaft entstammen. Der Band ist viergeteilt. In einem ersten Abschnitt werden Beiträge zur deutschen Literatur mit Schwer-punkt auf der Textanalyse vorgestellt. Die Mehrzahl der Arbeiten des zwei-ten Teils «Zwischen China und Deutschland» betrachtet die chinesisch-deut-schen Literaturbeziehungen, um auf diesem Spannungsfeld der Selbst- und Fremdbilder intellektuelle wie auch ästhetische Brücken zwischen China und Deutschland zu schlagen. Der dritte Teil widmet sich dem Thema «Märchen oder Magie». Die Referenten dieser Beiträge haben wohl geahnt, dass im Wun-derbaren das Wesen der Literatur liegt und die Flucht vor der Vernunft durch ihre Forschungsthemen ebenfalls eine Suche nach ihr ist. Der vierte Teil, «Va-ria», beinhaltet verschiedene Beiträge über chinesisch-deutsche Fragestel-lungen wie Übersetzung oder Ausbildung.

    Mit Beiträgen von: WEI Maoping • ZHENG Xia • WANG Mei-ling • XIE Juan • XIE Meiqing • ZHU Yanfei • CHEN Qiao • ZHANG Ruoyu • YU Lu • WU Yongli • FENG Xiaochun • YIN Yu • WANG Wie • ZHANG Xiaoqing • CHEN Min • XU Qiliang • FANG Housheng • FENG Weiping • HU Yifan • HUANG Yi • LI Yang • QI Kuaige • CHEN Qi • MIAO Xiaodan • SUN Yu.

    Jahr

    buch

    für I

    nter

    natio

    nale

    Ger

    man

    istik

    LI/

    1

  • Franz Schwarzbauer • Winfried Woesler (Hrsg.)

    Natur im BlickÜber Annette von Droste-Hülshoff, Goethe und Zeitgenossen

    Bern, 2017. 262 S., 3 s/w Abb., 14 farb. Abb.Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A: Kongressberichte. Bd. 129br. ISBN 978-3-0343-2959-0CHF 80.– / €D 68.95 / €A 70.40 / € 64.– / £ 53.– / US-$ 77.95

    €D inkl. MWSt. – gültig für Deutschland und Kunden in der EU ohne USt-IdNr. · €A inkl. MWSt. – gültig für Österreich

    I n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann jener Prozess an Dyna-mik, der mit der Entfremdung des Menschen von der Natur unzureichend beschrieben wird. Die Städte entwickelten sich nicht nur zu Motoren der In-dustrialisierung, sondern wurden zu Zentren des modernen Lebens. Gleich-zeitig veränderte sich der Blick auf die Natur radikal. Im Werk der Annette von Droste-Hülshoff sowie Goethes findet sich dafür reichhaltiges, vielfälti-ges Anschauungsmaterial. Und eben nicht nur bei ihnen, sondern auch bei so unterschiedlichen Zeitgenossen wie Shelley oder Lord Byron und Nikolaus Lenau. So vielfältig und vielgestaltig die ‚Natur‘ hier erscheint, so unterschied-lich die Blicke auf die Natur sind, so verschieden sind auch die methodischen Zugänge zu den Texten in den hier versammelten Beiträgen der Tagung, die vom 12. bis 14. Juni 2014 in Ravensburg stattfand. Die Vielfalt im methodi-schen Zugriff spiegelt sich im Begriff der Natur, der zur Anwendung gekom-men ist.

    Mit Beiträgen von: Josef H. Reichholf, Winfried Woesler, Jürgen Klein, Jutta Linder, Heike Spies, Franz Schwarzbauer, Margrit Wyder, Gunter Reiß, Hart-mut Laufhütte und Thomas Traupmann.

    Korrespondenten des Jahrbuchs für Internationale Germanistik

    ARGENTINIEN: Prof. Dra. Lila Bujaldón de Esteves, Cátedra de Literatura Alemana y Austría-ca, Facultad de Filosofía y Letras, Universidad Nacional de Cuyo, Parque Gral. San Martín, 5500 MendozaAUSTRALIEN: Prof. Tim Mehigan, FAHA, Head, School of Languages and Comparative Cultural Studies, Professor of German, The Uni-versity of Queensland, St Lucia QLD 4072CANADA: Dr. Florentina Strzelczyk, The Uni-versity of Calgary, Faculty of Humanities, 2500 University Drive N. W., Calgary, Alberta, Canada T2N 1N4CHINA: Prof. Dr. Li Yuan, School of Interna-tional Studies, Zhejiang University, Institute of German Culture, 866 Yuhangtang Road, Hang-zhou, 310058DÄNEMARK: Prof. Björn Ekmann, Køben-havns Universitet, Institut for Germansk Filologi, Njalsgade 80, DK-2300 København SFINNLAND: Prof. Dr. Jarmo Korhonen, Uni-versität Helsinki, Germanistisches Institut, Pf. 4, FIN-00014 HelsinkiFRANKREICH: Prof. Dr. Jean-Marie Valentin, Université de Paris-Sorbonne, Paris IV, Faculté d’Etudes Germaniques, Centre Universitaires Malesherbes, 108 Bvd. Malesherbes, F-75850 ParisGROSSBRITANNIEN: Dr. Ronald Speirs, De-partment of German Studies, The Uni ver sity of Birmingham, PO Box 363, Edgbaston, GB-Bir-mingham B15 2TTITALIEN: Prof. Dr. Michael Dallapiazza, Dipartimento di Lingue, Letterature e Culture Moderne, Università di Bologna, Via Cartoleria 5, I-40124 BolognaJAPAN: Prof. Dr. Naoji Kimura, Sophia- Universität, Abteilung für deutsche Literatur, 7, Kioicho, Chiyoda-ku, J-102 TokyoJUGOSLAWIEN: Prof.dr.sci. phil. Vesna Berić, Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur, In-stitut für fremde Sprachen, Universität Novi Sad, St. Musića b. b., YU-21000 Novi SadLETTLAND: Dr. Dzintra Lele-Rozentàle, Uni-versität Lettlands, Lehrstuhl für Deutsche Phi-lologie, Fakultät für Fremdsprachen, Visvalza 4a, Riga LV-1011, LettlandMEXICO: Prof. Dr. Dietrich Rall, Departa-mento de Alemán, Centro de Enseñanza de Lenguas

    Extranjeras, Universidad Nacional Autónoma de Mexico, Ciudad Universitaria, 04510 México, D. F. Mexico

    NEUSEELAND: Dr. Friedrich Voit, The Uni-versity of Auckland, Dept. of Germanic Lan-guages and Literatures, Auckland, New Zealand NIEDERLANDE: Prof. Dr. Alexander v. Bor-mann, Duits Seminarium van de Universiteit van Amsterdam, Spuistraat 210, Postbus 19188, NL-1000 GD AmsterdamNORWEGEN: Prof. Dr. Michael Schmidt, Hu-manistische Fakultät. Germanistisches Institut, Universität Tromsø, N-9037 TromsøÖSTERREICH: Dr. Robert Pichl, Institut für Ger-manistik an der Universität Wien, Hanuschgasse 3, A-1010 WienPOLEN: Doc. Dr. sc. Miroslawa Czarnecka, Uniwersytet Wroclawski, Wydzial Filologiczny, Pl. Nankiera 15, PL-50-140 WroclawSCHWEDEN: Prof. Dr. Anders Marell, Hög-skolan i, Kalmar Inst. för sprak och kultur, Box 905, S-39129 KalmarSCHWEIZ: Prof. Dr. Alexander Schwarz, Uni-versité de Lausanne, Faculté des Lettres, Sec-tion d’allemand, BFSH 2, CH-1015 LausanneSLOWENIEN: Univ. Doz. Dr. Dragutin Horvat, Universität Zagreb, Abteilung für Germanistik, I. Lucića 3, SI-1000 ZagrebSPANIEN: Prof. Dr. Isabel Hernández, Uni-versidad Complutense de Madrid, Facultad de Filo logía / Edif. E, Departamento de Filología Alemana, Avenida Complutense s/n, E-28040 MadridSÜDAFRIKA: Prof. Dr. Carlotta von Maltzan, University of Stellenbosch, Department of Mod- ern Foreign Languages, P. Bag X 1, ZA-7602 MatielandTÜRKEI: Prof. Dr. Gertrude Durusoy, Ege Universitaet Izmir, Suvari Cad. 8 Daire 9 TR-35040 Bornova – IzmirUNGARN: Dr. András Balogh, Germanistisches Institut der Eötvös-Loránd-Universität, Ajtósi-Dürer sor 19–21, H-1146 BudapestUSA: Prof. Dr. Max Reinhart, The University of Georgia, Department of Germanic & Slavic Languages, Room 210, Meigs Hall, Athens, Georgia, USA 30602-1797

  • Franz Schwarzbauer • Winfried Woesler (Hrsg.)

    Natur im BlickÜber Annette von Droste-Hülshoff, Goethe und Zeitgenossen

    Bern, 2017. 262 S., 3 s/w Abb., 14 farb. Abb.Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A: Kongressberichte. Bd. 129br. ISBN 978-3-0343-2959-0CHF 80.– / €D 68.95 / €A 70.40 / € 64.– / £ 53.– / US-$ 77.95

    €D inkl. MWSt. – gültig für Deutschland und Kunden in der EU ohne USt-IdNr. · €A inkl. MWSt. – gültig für Österreich

    I n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann jener Prozess an Dyna-mik, der mit der Entfremdung des Menschen von der Natur unzureichend beschrieben wird. Die Städte entwickelten sich nicht nur zu Motoren der In-dustrialisierung, sondern wurden zu Zentren des modernen Lebens. Gleich-zeitig veränderte sich der Blick auf die Natur radikal. Im Werk der Annette von Droste-Hülshoff sowie Goethes findet sich dafür reichhaltiges, vielfälti-ges Anschauungsmaterial. Und eben nicht nur bei ihnen, sondern auch bei so unterschiedlichen Zeitgenossen wie Shelley oder Lord Byron und Nikolaus Lenau. So vielfältig und vielgestaltig die ‚Natur‘ hier erscheint, so unterschied-lich die Blicke auf die Natur sind, so verschieden sind auch die methodischen Zugänge zu den Texten in den hier versammelten Beiträgen der Tagung, die vom 12. bis 14. Juni 2014 in Ravensburg stattfand. Die Vielfalt im methodi-schen Zugriff spiegelt sich im Begriff der Natur, der zur Anwendung gekom-men ist.

    Mit Beiträgen von: Josef H. Reichholf, Winfried Woesler, Jürgen Klein, Jutta Linder, Heike Spies, Franz Schwarzbauer, Margrit Wyder, Gunter Reiß, Hart-mut Laufhütte und Thomas Traupmann.

    Korrespondenten des Jahrbuchs für Internationale Germanistik

    ARGENTINIEN: Prof. Dra. Lila Bujaldón de Esteves, Cátedra de Literatura Alemana y Austría-ca, Facultad de Filosofía y Letras, Universidad Nacional de Cuyo, Parque Gral. San Martín, 5500 MendozaAUSTRALIEN: Prof. Tim Mehigan, FAHA, Head, School of Languages and Comparative Cultural Studies, Professor of German, The Uni-versity of Queensland, St Lucia QLD 4072CANADA: Dr. Florentina Strzelczyk, The Uni-versity of Calgary, Faculty of Humanities, 2500 University Drive N. W., Calgary, Alberta, Canada T2N 1N4CHINA: Prof. Dr. Li Yuan, School of Interna-tional Studies, Zhejiang University, Institute of German Culture, 866 Yuhangtang Road, Hang-zhou, 310058DÄNEMARK: Prof. Björn Ekmann, Køben-havns Universitet, Institut for Germansk Filologi, Njalsgade 80, DK-2300 København SFINNLAND: Prof. Dr. Jarmo Korhonen, Uni-versität Helsinki, Germanistisches Institut, Pf. 4, FIN-00014 HelsinkiFRANKREICH: Prof. Dr. Jean-Marie Valentin, Université de Paris-Sorbonne, Paris IV, Faculté d’Etudes Germaniques, Centre Universitaires Malesherbes, 108 Bvd. Malesherbes, F-75850 ParisGROSSBRITANNIEN: Dr. Ronald Speirs, De-partment of German Studies, The Uni ver sity of Birmingham, PO Box 363, Edgbaston, GB-Bir-mingham B15 2TTITALIEN: Prof. Dr. Michael Dallapiazza, Dipartimento di Lingue, Letterature e Culture Moderne, Università di Bologna, Via Cartoleria 5, I-40124 BolognaJAPAN: Prof. Dr. Naoji Kimura, Sophia- Universität, Abteilung für deutsche Literatur, 7, Kioicho, Chiyoda-ku, J-102 TokyoJUGOSLAWIEN: Prof.dr.sci. phil. Vesna Berić, Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur, In-stitut für fremde Sprachen, Universität Novi Sad, St. Musića b. b., YU-21000 Novi SadLETTLAND: Dr. Dzintra Lele-Rozentàle, Uni-versität Lettlands, Lehrstuhl für Deutsche Phi-lologie, Fakultät für Fremdsprachen, Visvalza 4a, Riga LV-1011, LettlandMEXICO: Prof. Dr. Dietrich Rall, Departa-mento de Alemán, Centro de Enseñanza de Lenguas

    Extranjeras, Universidad Nacional Autónoma de Mexico, Ciudad Universitaria, 04510 México, D. F. Mexico

    NEUSEELAND: Dr. Friedrich Voit, The Uni-versity of Auckland, Dept. of Germanic Lan-guages and Literatures, Auckland, New Zealand NIEDERLANDE: Prof. Dr. Alexander v. Bor-mann, Duits Seminarium van de Universiteit van Amsterdam, Spuistraat 210, Postbus 19188, NL-1000 GD AmsterdamNORWEGEN: Prof. Dr. Michael Schmidt, Hu-manistische Fakultät. Germanistisches Institut, Universität Tromsø, N-9037 TromsøÖSTERREICH: Dr. Robert Pichl, Institut für Ger-manistik an der Universität Wien, Hanuschgasse 3, A-1010 WienPOLEN: Doc. Dr. sc. Miroslawa Czarnecka, Uniwersytet Wroclawski, Wydzial Filologiczny, Pl. Nankiera 15, PL-50-140 WroclawSCHWEDEN: Prof. Dr. Anders Marell, Hög-skolan i, Kalmar Inst. för sprak och kultur, Box 905, S-39129 KalmarSCHWEIZ: Prof. Dr. Alexander Schwarz, Uni-versité de Lausanne, Faculté des Lettres, Sec-tion d’allemand, BFSH 2, CH-1015 LausanneSLOWENIEN: Univ. Doz. Dr. Dragutin Horvat, Universität Zagreb, Abteilung für Germanistik, I. Lucića 3, SI-1000 ZagrebSPANIEN: Prof. Dr. Isabel Hernández, Uni-versidad Complutense de Madrid, Facultad de Filo logía / Edif. E, Departamento de Filología Alemana, Avenida Complutense s/n, E-28040 MadridSÜDAFRIKA: Prof. Dr. Carlotta von Maltzan, University of Stellenbosch, Department of Mod- ern Foreign Languages, P. Bag X 1, ZA-7602 MatielandTÜRKEI: Prof. Dr. Gertrude Durusoy, Ege Universitaet Izmir, Suvari Cad. 8 Daire 9 TR-35040 Bornova – IzmirUNGARN: Dr. András Balogh, Germanistisches Institut der Eötvös-Loránd-Universität, Ajtósi-Dürer sor 19–21, H-1146 BudapestUSA: Prof. Dr. Max Reinhart, The University of Georgia, Department of Germanic & Slavic Languages, Room 210, Meigs Hall, Athens, Georgia, USA 30602-1797

  • Jahrbuch für Internationale Germanistik

  • Anschriften

    Herausgeber

    Prof. Dr. Mun-Yeong Ahn, Noeul 3 No 14, 108-601, Sejong City, 339-721 Süd-KoreaProf. Dr. Laura Auteri, Università degli Studi di Palermo, Dipartimento di Scienze

    Umanistiche, Viale delle Scienze, ed. 12, I-90128 PalermoProf. Dr. habil. Rudolf Bentzinger, Berlin-Brandenburgische Akademie der

    Wissenschaften, Deutsche Texte des Mittelalters, Jägerstraße 22–23, DE-10117 BerlinProf. Dr. Anil Bhatti, Centre of German Studies (SLL&CS), Jawaharlal Nehru University,

    New Dehli – 110067, IndienProf. Dr. Michael Dallapiazza, Dipartimento di Lingue, Letterature e Culture Moderne,

    Università di Bologna, Via Cartoleria 5, I-40124 BolognaProf. Dr. Elvira Glaser, Universität Zürich, Deutsches Seminar, Linguistische Abteilung,

    Schönberggasse 9, CH-8001 ZürichProf. Dr. Rüdiger Görner, Queen Mary University of London, Centre for Anglo-German

    Cultural Relations, Mile End Road, GB-London E1 4NSProf. Dr. Wolfgang Hackl, Universität Innsbruck, Institut für Germanistik, Innrain 52,

    AT-6020 InnsbruckProf. Dr. Isabel Hernández, Dpto. de Filología Alemana, Directora del IULMyT, Facultad

    de Filología - Edif. D-2.345, Avda. Complutense, s/n, E-28040 MadridProf. Dr. Mark L. Louden, University of Wisconsin, Department of German, Van Hise

    Hall, USA-Madison, Wisconsin 53706-1525Prof. Dr. Carlotta von Maltzan, University of Stellenbosch, Department of Modern

    Foreign Languages, P. Bag X 1, ZA-7602 Matieland, South AfricaProf. Dr. Gaby Pailer, Institute for European Studies, Vancouver Campus, 1855 West

    Mall, Vancouver, BC Canada V6T 1Z1Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Gert Roloff, Freie Universität Berlin, Fachbereich Philosophie

    und Geisteswissenschaften, Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur, Habelschwerdter Allee 45, DE-14195 Berlin. Privat: Lindenallee 12, DE-17440 Bauer-Zemitz, Tel. +49/38374 559956, Fax +49/38374 559957

    Prof. Dr. Karol Sauerland, Universität Warszawa, ul. Nowogrodzka 23 m 6, PL-00-511 Warszawa

    Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Simmler, Freie Universität Berlin, Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, Institut für Deutsche und Niederländische Philologie, Habelschwerdter Allee 45, DE-14195 Berlin

    Prof. Dr. Paulo Astor Soethe, Universidade Federal do Paraná, Setor de Ciências Humanas, Letras e Artes (SCHLA), R. General Carneiro, 460, 80060-140 Curtiba-PR, Brazil

    Prof. Dr. Jean-Marie Valentin, Université de Paris-Sorbonne, Paris IV, Faculté d’Etudes Germaniques, Centre Universitaire Malesherbes, 108 Bvd. Malesherbes, FR-75850 Paris

    Prof. Dr. Maoping Wei, Shanghai International Studies Uni., Dept. of German, 550 Dalian Road West, 200083 Shanghai/China

    Prof. Dr. Winfried Woesler, Universität Osnabrück, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft, Postfach 4469, DE-49069 Osnabrück

    Redaktion

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Redaktion:Dr. Gerd-Hermann Susen, Freie Universität Berlin, Fachbereich Philosophie und

    Geisteswissenschaften, Forschungsstelle für Mittlere Deutsche Literatur,Habelschwerdter Allee 45, DE-14195 Berlin, Telefon +49 30 8385 5007,

    Fax +49 30 8385 2821, Mail: [email protected]

    Verlag

    Peter Lang AG, Internationaler Verlag der Wissenschaften, Wabernstrasse 40,CH-3007 Bern, Telefon +41 31 306 17 17, Fax +41 31 306 17 27

    [email protected], www.peterlang.com

  • Jahrbuchfür

    Internationale Germanistik

    In Verbindung mit der InternationalenVereinigung für Germanistik

    herausgegeben von

    Mun-Yeong Ahn – Laura Auteri – Rudolf Bentzinger – Anil Bhatti –Michael Dallapiazza – Elvira Glaser – Rüdiger Görner – Wolfgang Hackl –Isabel Hernández – Mark L. Louden – Carlotta von Maltzan – Gaby Pailer –Hans-Gert Roloff – Karol Sauerland – Franz Simmler – Paulo Astor Soethe –

    Jean-Marie Valentin – Maoping Wei – Winfried Woesler

    Geschäftsführender Herausgeber

    Hans-Gert Roloff

    Jahrgang LI – Heft 2

    2019

    Bern · Berlin · Bruxelles · New York · Oxford

  • ISSN 0449-5233E-ISSN 2235-1280

    penOpen Access: Wenn nicht anders angegeben, sind Inhalte unter den Bedingungen

    der Creative Commons Namensnennung 4.0 Internationalen (CC BY 4.0) Lizenz wiederverwendbar. Weitere Informationen:

    http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

    Diese Publikation wurde begutachtet.

    Peter Lang AG, Internationaler Verlag der Wissenschaften, Bern 2019Wabernstrasse 40, CH-3007 Bern, [email protected], www.peterlang.com

    Printed in Germany

  • Inhaltsverzeichnis

    Abhandlungen zum Rahmenthema XLIII ,Deutsch-italienische Literaturbeziehungen‘

    Zwölfte Folge

    Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico oder die Metaphysik der dantesken Allegorie: Untersuchung der Dante-Rezeption bei den Brüdern Schlegel im Zeichen der Resakralisierung von KunstVon Julia Viehweg (München) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

    Abhandlungen zum Rahmenthema LII ,Zeitschriftenforschung‘

    Dritte Folge

    Der rote Rahmen . Beobachtungen zur Medienkultur des Nachrichtenmagazins entlang eines visuellen MusterhinweisesVon Daniel Pfurtscheller (Wien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

    Abhandlungen zum Rahmenthema LIV ,Zum Stand der deutschen Sprache und Kultur in

    nicht-deutschsprachigen Ländern‘ Dritte Folge

    Der Hexin-Suyang-orientierte Bildungsstandard des Faches Deutsch an chinesischen SchulenVon Yuan Li und Xinchi Li (Hangzhou) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

    Die Literaturstraße als „neue Seidenstraße“ . Bestandsaufnahme einer 19jährigen EntwicklungVon Feng Yalin (Chongqing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

    Ein Jahrhundert Kleist in China (1924-2018): Übersetzungen und RezeptionenVon Wei Zhuang (Hangzhou) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

    Eine Mauer aus Diskursen: Zur Intertextualität des Mauer-Bildkomplexes in Kafkas Beim Bau der chinesischen MauerVon Shengzhou Lu (Nanjing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

    Kulturtransfer als Technologietransfer . Brecht in China revisitedVon Jiaqian Chen und Benno Wagner (Hangzhou) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

  • 6 | Inhaltsverzeichnis

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    Peter Handke in China (1987 – 2018) . Eine rezeptionsgeschichtliche Inventur mit Schwerpunkt auf seiner China-Reise 2016Von Yanhui Wang und Ruixiang Han (Beijing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

    Die deutschsprachige Schweizer Literatur in ChinaVon Chen Zhuangying (Shanghai) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

    Digitalisierung in der chinesischen Germanistik am Beispiel der Korpuslinguistik im digitalen ZeitalterVon Yuan Li (Hangzhou) und Nannan Ge (Beijing) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

    Abhandlungen zum Rahmenthema LVI ,Deutsch-polnische Literaturbeziehungen‘

    Zu den Beiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

    An der Schnittstelle zwischen Polen und Deutschland . Der ehemalige polnische Aufständische Bronisław Ferdynand Trentowski in Freiburg im Breisgau von 1831 bis zu seinem Tode 1869 .Von Gabriela Brudzyńska-Němec (Ústí nad Labem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

    Aus der Geschichte einer zweisprachigen Stadt: Was Thorner Deutsche und Polen übereinander schriebenVon Maria Adamiak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

    Heinrich Nitschmann – ein Brückenbauer im Zeitalter der NationalbewegungenVon Friedrun Keltsch-Rączka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

    Die Macht der Philologie oder: Wie man mit Goethes freundlicher Unterstützung Polen germanisieren wollteVon Robert Rduch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

    Neueste deutschsprachige Literatur

    Ursula Krechel: Geisterbahn . Roman . Jung und Jung Verlag, Salzburg 2018 / Annette Hess: Deutsches Haus . Roman . Ullstein Verlag, Berlin 2018 (Michael Dellapiazzia) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

    Rezensionen

    Fangfang Xu: „Auch Shanghai hatte sich sehr verändert .“ Der Wandel des Shanghai-Bildes in der deutschsprachigen Literatur 1898–1949 . Würzburg: Ergon Verlag 2015 (Wei Zhuang, Hangzhou) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

    Cronaca rimata della Livonia . Livländische Reimchronik (XIII sec .), a cura di Piero Bugiani . Viterbo: Vocifuoriscena 2016 (Michael Dallapiazza, Prato/Bologna) . . . . . . 307

  • Inhaltsverzeichnis | 7

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LII – Heft ( )

    Ulrich Von Etzenbach: Wilhalm von Wenden . Text, Übersetzung, Kommentar . Hrsg . von Mathias Herweg . – Berlin und Boston: de Gruyter 2017 (Maximilian Benz, Bielefeld und Zürich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

    Andrea Hamp: Der praktische Sinn in wissenschaftlichen Diskussionen . Toposanalyse einer soziologischen Theoriendebatte . Wiesbaden: Springer VS, 2017 (Yuan Li und Yin Zhang, Hangzhou) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

    Stefan Elit: Von Heroen und Individuen . Sozialistische Mytho-Logiken in DDR-Prosa und DEFA-Film . – Bielefeld: transcript 2017 (Florian Urschel-Sochaczewski, Berlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

    Isabelle Stauffer: Verführung zur Galanterie . Benehmen, Körperlichkeit und Gefühlsinszenierungen im literarischen Kulturtransfer 1664–1772 . Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2018 (Gloria Colombo, Mailand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

    Räumliche Semantisierungen . Raumkonstruktionen in den deutschsprachigen Literaturen aus Zentral- und Südosteuropa im 20 . – 21 . Jahrhundert . Hrsg . v. Enikő Dácz. Regensburg: Friedrich Pustet 2018 (Anika Sossna, München/Budapest) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

    Richard Wagner – ein Schriftsteller und kritischer Intellektueller beider Hälften Europas Enikö Dácz/Christina Rossi (Hrsg.): Wendemanöver. Beiträge zum Werk Richard Wagners . Mit literarischen Texten von Felicitas Hoppe, Johann Lippet und Richard Wagner . Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 2018 (Anton Sterbling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

    Christopher Busch, Till Dembeck, Maren Jäger (Hrsg .): IchTexte . Beiträge zur Philologie des Individuellen . Paderborn: Schöningh 2019 (Mirta Devidi, Mainz) . . . . . 325

  • Abhandlungen zum Rahmenthema XLIII ,Deutsch-italienische Literaturbeziehungen‘

    Zwölfte Folge

    Leiter des Themas Michael Dallapiazza (Bologna)

  • Jahrbuch für Internationale Germanistik Jahrgang LI – Heft 2 | Peter Lang, Bern | S. 11–42

    Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    oder die Metaphysik der dantesken Allegorie:

    Untersuchung der Dante-Rezeption bei den Brüdern Schlegel im Zeichen der Resakralisierung von Kunst

    Von Julia Viehweg, München

    1. Einleitung

    In Ludwig Tiecks 1798 veröffentlichtem Drama Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack trifft der Begleiter des Prinzen, genannt Nestor1, im ‚Garten der Poesie‘ auf Dante,

    „[…] Nestor: Dante? Dante? Ach jetzt besinn‘ ich mich, er hat so eine Comödie, gleichsam ein Gedicht über die Hölle geschrieben. / Dante: Gleichsam ein Ge-dicht? Wer bist Du, daß Du also sprichst? / Nestor: Nu, nur nicht so böse, ich bin ein Freund von dir und von euch allen, denn ich liebe die Dichtkunst und bringe oft meine müßigen Stunden mit euren Schnurrpfeifereien hin. […] Er-eifert euch nicht so, alter Mann, denn die Wahrheit zu sagen, so habe ich euch niemals gelesen“2.

    Was von Nestor hier über Dante und die Göttliche Komödie gesagt wird, kann als parodistische Zusammenfassung der allgemeinen Meinung über Dante verstanden werden, denn dieser wird zuerst gar nicht erkannt und ist

    © 2019

    © 2019 Julia Viehweg - doi http://doi.org/10.3726/JA512_11 - Except where otherwise noted, content can be used under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 International license. For details go to http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

    1 Hinter Nestor wird in der Forschung eine Parodie auf Friedrich Nicolai angenommen. Vgl. Achim Hölter: Apoll und die Göttin der Poesie. Urteilsinstanzen in der literarischen

    Tradition und ihre Aktualisierung bei Ludwig Tieck. In: Walter Schmitz (Hrsg.): Ludwig Tieck. Literaturprogramm und Lebensinszenierung im Kontext seiner Zeit. Tübingen 1997, S. 17-41; hier S. 20.

    Tieck betonte nach der Veröffentlichung, er wollte nicht in Nestor „[…] Nicolai, oder irgend ein Individuum bestimmt [nachzeichnen]. Diese Masken […] sollten in komischer Figur mehr die allgemeine Stimmung jener Zeit vortragen“ (Ludwig Tieck: Schriften / sechster Band: William Lovell, erster Theil. Berlin 1828, S. XXXVIII-XXXIX). Dennoch wird in der Forschung die Gestalt Nestors fast durchwegs mit Nicolai identifiziert.

    2 Ludwig Tieck: Schriften, zehnter Band / Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack. Berlin 1828, S. 271-272. Die folgenden Seitenangaben stammen aus dieser Ausgabe.

    pen

  • 12 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    anschließend nur als Dichter der Hölle ein Begriff. Nestor bezeichnet sein Gedicht als ‚Schnurrpfeifereien‘, die allein zum Zeitvertreib dienten, und bemängelt den zu großen zeitlichen Abstand zur Göttlichen Komödie, der das Verständnis erschwerte. Nestor schließt seine Rede mit dem Hinweis, dass im aufgeklärten Zeitalter des 18. Jahrhunderts es „[…] ein Sprichwort […] geworden ist, daß wenn man etwas recht Tolles, Unvernünftiges oder auch Langweiliges hört, man zu sagen pflegt: Ei, darüber könnte man ka-tholisch werden“ (S. 274). In Kombination mit der Kritik an dem zu großen Einfluss der Religion auf Form und Inhalt der Göttlichen Komödie werden „[…] zwei Rezeptionshindernisse übereinander geschoben, das der ‚falschen Konfession‘, und das der religiösen Dichtkunst überhaupt“3. In die Idylle des romantischen ‚Gartens der Poesie‘ bricht die Gestalt Nestors als Vertreter der Aufklärung ein. Das Dante-Bild dieser Szene ist mehrdimensional zu lesen, denn „[…] Dantes – aus dem Werk zu belegendes Selbstbild – verschmilzt mit dem Dante-Bild der Romantik zu einem Dichterideal, während die Vorurteile und Fehleinschätzungen Nestors dieses Bild quasi von hinten beleuchten“4. Auf das Unverständnis Nestors stoßend, kehrt Dante schließlich in den Hain der Poesie zurück (vgl. S. 274).

    Es ist weithin bekannt, dass das 17. und beginnende 18. Jahrhundert wenig mit dem italienischen Dichter anzufangen wusste. Dante war zwar niemals wirklich vergessen worden, doch mangelte es an Übersetzungen, Kommentaren und einem allgemeinen Verständnis für das Wesen der Göttlichen Komödie, die im Anschluss an die Meinung Voltaires, der sich in seinem 1756 veröffentlichten Essai sur les mœurs et l’esprit des nations mit dem Mittelalter und damit auch mit Dante auseinandersetzt, auch in Deutschland als ‚bizarr‘ und ‚fremd‘ galt. Bis zum Einsetzen der Romantik kann von der Dante-Rezeption vor allem als inneritalienische Angelegenheit gesprochen werden, in deren Zentrum der gelehrte, auf das Partikulare ausgerichtete Kommentar der Göttlichen Komödie stand. Voraussetzung für eine europäische Rezeption Dantes war erst die „[…] sich über ganz Europa ausbreitende romantische Literaturbewe-gung und ihre[] Befreiung vom Korsett einer rigiden Gattungspoetik“5. Mit dem Beginn der Frühromantik in Deutschland erwacht auch das Interesse an der Epoche der Renaissance, die als Zeit der ‚Persönlichkeitsbildung‘ und des

    3 Achim Hölter: Religiosität und mystische Sprache in der Dante-Lektüre Ludwig Tiecks. Zum romantischen Verständnis von Mehrdeutigkeit. In: Ders.: Frühe Romantik – frühe Komparatistik. Gesammelte Aufsätze zu Ludwig Tieck. Frankfurt am Main 2001, S. 171-188, hier S. 176.

    4 Eva Hölter: ‚Der Dichter der Hölle und des Exils‘. Historische und systematische Profile der deutschsprachigen Dante-Rezeption. Würzburg 2002, S. 151.

    5 Karlheinz Stierle: Dante Alighieri. Dichter im Exil, Dichter der Welt. München 2014, S. 217.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 13

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    erneuten Hervortretens des Individuums in der Kunst als Umbruchszeit neue Gegenwartsbedeutung erhält.6 Diese wird zum ersten Mal nicht nur als Wie-derentdeckung der Antike, sondern als eigenständige Epoche um ihrer selbst willen betrachtet. Dazu gehört auch das Interesse an den Autoren dieser Zeit, die paradigmatisch für Charakterzüge der eigenen Literaturkonzeption der Ro-mantiker angeführt werden; wie beispielswiese für die Novellentheorie Fried-rich Schlegels, die dieser aus dem Werk Boccaccios ableitet. Ab der Mitte des 19. Jahrhundert ist Dantes Göttliche Komödie fester Bestandteil des deutschen Literaturkanons und es entwickelt sich ein regelrechter ‚Dante-Mythos‘, der seinen Höhepunkt schließlich in der emphatischen Betrachtung des Dichters im George-Kreis findet.

    Die Wiederentdeckung Dantes scheint eng mit dem in der Romantik einsetzenden Prozess der ‚Resakralisierung‘ verbunden zu sein und der fun-damentalen Umdeutung der Kunst als Kunstreligion, die als Ausweg aus der erfahrenen Kontingenz gesehen wird und neue Heilsgewissheit schaffen soll. Der Wandel des Dante-Bildes in der Romantik kann als eine Form der Re-aktion auf den gesellschaftlichen Wandel in der Aufklärung gesehen werden; im Rahmen der romantischen Literaturtheorie kann quasi von einem ‚fort-schreitenden Rückschritt‘ in vor-aufklärerische Zeiten gesprochen werden. Auch der Begriff der ‚Re-sakralisierung‘ erschließt sich aus diesem Kontext. Angesichts der Umwälzungen und radikalen Veränderungen gegen Ende des 18. Jahrhunderts, die tradierte kulturelle Muster und Werte, wie auch die Religion, hinterfragen, wird nach Möglichkeiten des Umgangs mit der neuen Wirklichkeit gesucht. Literatur wird dabei zum bevorzugten Medium der Auseinandersetzung mit den sich verändernden kulturellen Grundlagen. ‚Resakralisierung‘ in der Romantik bedeutet aber nicht nur eine Aufhebung der aufklärerischen Säkularisierung, sondern auch die Suche nach neuen Möglichkeiten der Sinnstiftung. Säkularisierung meint in diesem Zusammen-hang die ‚Verweltlichung‘ der Gesellschaft und die zunehmende Trennung von Staat und Kirche, zugleich „[…] den kulturellen Prozeß, nach dem in der Frühmoderne traditionelle Motive und Rollen ihres institutionalisierten Werts entblößt und als Material für neugegründete Wertsysteme benutzt wurden“7. In der Frühromantik bedeutet deswegen Resakralisierung noch nicht die Rückkehr zum christlichen Glauben, wie es anschließend in der Spätromantik geschehen wird, sondern die Übertragung religiöser Ansprüche auf die Kunst

    6 Vgl. Walter Rehm: Das Werden des Renaissancebildes in der deutschen Dichtung. Vom Rationalismus bis zum Realismus. München 1924, S. 6.

    7 Laura Benzi: Resakralisierung und Allegorie im Spätwerk Clemens Brentanos. Das Mär-chen vom Gockel, Hinkel und Gackeleia (1838) und Das bittere Leiden unsers Herrn Jesu Christi (1833). Bern 2002, S. 17.

  • 14 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    allgemein und die Literatur im Besonderen. Kunst soll Funktionen der Offen-barung und der Sinnstiftung übernehmen, wodurch gleichzeitig der Künstler zum neuen Heiligen erhoben wird. Dies zeigt sich auch in der Suche nach einer neuen Mythologie und dem Aufgreifen wiederentdeckter oder erfundener Mythen in der Literatur. Die Allegorie wird zum Legitimationsgrund, welcher der im Rahmen der Literatur erfundenen Welt allgemeine Verbindlichkeit verleiht. Der Gang der Geschichte soll nicht zurückgedreht werden, sondern alte Rituale, Werte, Formen auf die neue, noch zu schaffende, romantische Literatur übertragen werden.8 Die Dante-Rezeption kann als ideengeschicht-liches Beispiel dieses Umschlags interpretiert werden; wird doch zum einen in Dantes Werk exemplarisch die religiöse Durchdringung von Welt und Kunst gesehen, und zum anderen anhand der Göttlichen Komödie illustriert, wie auch in der Gegenwart Kunst und Religion durch die Verwendung der Allegorie wieder vereint werden können.

    Der gleichzeitige Prozess der Wiederentdeckung Dantes und der Re-sakralisierung von Kunst soll hier anhand von zwei Merkmalen der roman-tischen Dante-Rezeption untersucht werden, nämlich der Fokussierung auf die Apotheose des Künstlers Dante bei August Wilhelm Schlegel und die Metaphysik der Allegorie als formales Element der Göttlichen Komödie bei Friedrich Schlegel. Es soll dafür argumentiert werden, dass hinter der ‚Heili-gung‘ von Form und Künstler die inhaltliche Beschäftigung mit Dante immer weiter zurücktritt und reduziert wird, bis zu dem Punkt, an dem sich zwar das Stilmerkmal des ‚Dantesken‘ zeigt, ohne dass Dante jedoch noch zitiert wird. Zur Untersuchung wurde hierfür von AW Schlegel der frühe Aufsatz Über Dante und die göttliche Komödie (1791)9, sowie von Friedrich Schlegel Teile der Athenäums-Fragmente10 und des Gesprächs über die Poesie (1799)11 ausgewählt.

    8 Vgl. Luciano Zagari: Säkularisation und Privatreligion: Novalis – Heine – Benn – Brecht. In: Silvio Vietta, Dirk Kemper (Hrsg.): Ästhetische Moderne in Europa. Grundzüge und Problemzusammenhänge seit der Romantik. München 1998, S. 475-508, hier S. 477.

    9 August Wilhelm Schlegel: Dante. Über die göttliche Komödie. In: Eduard Böcking (Hrsg.): August Wilhelm von Schlegel. Sämtliche Werke III. Poetische Uebersetzungen und Nachbildungen nebst Erläuterungen und Abhandlungen. Erster Teil. Hildesheim 1971, S. 199-230.

    10 Vgl. Friedrich Schlegel: Die Athenäums-Fragmente. In: Hans Eichner (Hrsg.): Friedrich Schlegel. Charakteristiken und Kritiken I (1796-1801). Kritische Friedrich-Schlegel-Aus-gabe. Zweiter Band, erste Abteilung. Kritische Neuausgabe. Paderborn 1967, S. 165-255.

    11 Vgl. Friedrich Schlegel: Gespräch über die Poesie. In: Hans Eichner (Hrsg.): Friedrich Schlegel. Charakteristiken und Kritiken I (1796-1801). Kritische Friedrich-Schlegel-Aus-gabe. Zweiter Band, erste Abteilung. Kritische Neuausgabe. Paderborn 1967, S. 284-351.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 15

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    2. August Wilhelm Schlegel ‚Über Dante und die göttliche Komödie‘ (1791)

    2.1 Heiligung des Künstlers Dante und Stilisierung als poeta vates

    AW Schlegel kann zurecht als Entdecker Dantes für die Romantik beschrieben werden. Sein Interesse an diesem ist an der Schnittstelle von romantischer Theorie und romantischer Literaturpraxis anzusiedeln; vor allem durch seine Übersetzertätigkeiten mit dem Ziel, Dante zu neuer Bekanntheit zu verhelfen. Ein zentrales Motiv seiner Dante-Rezeption ist das Künstlerdasein Dantes. Seine ‚Individualität‘ bzw. wie es bei AW Schlegel heißt, ‚Seltsamkeit‘, sind es, welche die Auseinandersetzung mit ihm erst motivieren, immer auch unter dem Vorzeichen des problematisierten Künstlerdaseins um 1800.12 Zeitlich gesehen steht die Publikation des Aufsatzes Über Dante und die göttliche Komödie (1791), veröffentlicht in Gottfried August Bürgers Zeit-schrift Akademie der schönen Redekünste, noch im Geiste der Aufklärung und des aufklärerischen Blicks auf Dante, fällt jedoch auch in die Konsti-tuierungsphase der Frühromantik und des Interesses für die Literatur des italienischen Mittelalters. Beachtet man das frühe Erscheinungsdatum des Aufsatzes und die vorher erwähnte allgemeine Einstellung der Aufklärung zu Dante, so verwundert es nicht, dass Schlegel Dante in der Einleitung noch als ‚Sonderling‘ (S. 199) einführt und mehrmals seine Fremdheit hervorhebt, findet sich diese Bezeichnung doch auch in den italienischen Literaturge-schichten von Johann Jakob Bodmer und Johann Nikolaus Meinhard. Noch in der Einleitung erklärt AW Schlegel demnach auch sein Ziel, „[…] [n]

    12 Emil Sulger-Gebing hat nachgewiesen, dass August Wilhelm Schlegel für seine Dan-te-Studien vor allem die italienische Ausgabe der Göttlichen Komödie, erschienen 1757 bei Zatta in Venedig, als Quelle benutzt hatte. Diese enthält neben der Göttlichen Komödie auch die anderen Werke Dantes in insgesamt 5 Bänden. In seinen Berliner Vorlesungen empfiehlt AW Schlegel seinen Studenten die Ausgabe der Göttlichen Komödie, die in drei Bänden 1791 von Baldassare Lombardi in Rom herausgegeben worden ist; sein bevorzugter Dante-Kommentator ist Pompeo Venturi, auch wenn jener durch den jesuitischen Glauben geprägt ist und Dantes Werk wenig Verständnis entgegenbringt. Durch die Benutzung der italienischen Ausgabe kann ein direkter und unmittelbarer Bezug zur Göttlichen Komödie angenommen werden, da sein Dante-Bild nicht durch die von der Aufklärung negativ beeinflussten deutschen Übersetzung geprägt worden ist. Bezeichnend ist, dass er auch seinen Zuhörern allein die italienische Ausgabe und keine bis dahin veröffentlichte deut-sche Übersetzung empfiehlt, was nahelegt, dass seine noch zu vollendende Übersetzung der Göttlichen Komödie in Versen diese Stelle in Zukunft einnehmen sollte.

    Vgl. Emil Sulger-Gebing: August Wilhelm Schlegel und Dante. In: Germanistische Ab-handlungen. Hermann Paul zum 17. März 1902 dargebracht von Andreas Heusler, Johannes Hoops u.a. Straßburg 1902, S. 99-134, hier S. 105-106.

    Vgl. auch dazu Emil Sulger-Gebing: Dante in der deutschen Litteratur bis zum Erscheinen der ersten vollständigen Übersetzung der Divina Commedia, 1767-1769. Weimar 1895.

  • 16 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    icht richten will ich in diesen Blättern über den Dante […], nur bekannter möchte ich ihn unter uns machen; ein schwaches Bild seines Geistes ent-werfen, wie ich es mit meinem Gefühle aufzufaßen vermag“ (S. 199). Das Urteil der Aufklärer soll somit nicht durch eine Werkanalyse, sondern auf Basis subjektiver Beurteilung, der Wirkung der Göttlichen Komödie auf den Leser, das Hineinversetzen und ‚Einfühlen‘, korrigiert werden.13 Als Quelle für die Behauptungen zum Wesen Dantes führt AW Schlegel nun dessen Werk an, da sich die „[…] Individualität sich seinen Werken in ihren feinsten Zügen eingeprägt hat“ (S. 200), auch, wenn diese dem Unsagbarkeitstopos unterliege und AW Schlegel die Schwierigkeit thematisiert, die gefühlte Per-sönlichkeit eines Dichters in Worte fassen zu wollen, außer in der Dichtung selbst (vgl. S. 200). Was sich bereits hierauf den ersten Seiten andeutet, ist die literaturhistorische Umdeutung des Dante-Bildes Bildes von Dante, die Schlegel vorzunehmen versucht. Hatten jene Dunkelheit und Seltsamkeit zu einer Abwertung und Ablehnung durch die Aufklärer geführt, sollen im Sinne des romantischen Programms eben jene positiv umgedeutet und als Stärke des Textes herausgearbeitet werden. Den wahren Wert der Göttlichen Komödie sieht Schlegel jedoch vor allem in historischer Hinsicht als Abbild ihrer Zeit.14 Als Zeit des Umbruchs und der Veränderungen, aus der wenig schriftliche Zeugnisse erhalten geblieben seien, sei die Göttliche Komödie als Zeitdokument zu lesen, denn „[…] [i]ch wüßte nichts, was dem, der die eigenthümliche Wendung, welche zu der Zeit, bei dem Hofe die menschlichen Angelegenheiten nahmen, ergründen will, größere Aufschlüße geben könnte, als die Göttliche Komödie“ (S. 202). Das Werk Dantes soll nicht nur aus seiner Zeit heraus verstanden werden - eine Form des historischen Deutens, das erst durch die Romantiker praktiziert wurde - sondern auch als Zeitdokument und Zeitgedicht gelesen werden. AW Schlegel geht deduktiv vor, in dem er nicht zwischen Autor und Werk unterscheidet, sondern das Werk benutzt, um den Autor zu charakterisieren und seine Lebensumstände herauszuarbeiten. In der Bemühung, Dante aus seiner Entstehungszeit heraus zu begreifen, zeigt sich der Einfluss Herders und des Sturm und Drang auf die Brüder Schlegel, hatte dieser doch vermehrt auf die organische Entstehung eines Kunstwerks und die notwendige Verknüpfung mit seiner Zeit und Gesellschaft verwiesen. Diese „[…] Kunst der Individualisierung in der Betrachtung von Dichtern und Dichtungen, das Bestreben, gerade dem Abseitsliegenden, aber Großen, ja titanenhaft Gewaltigen verstehend gerecht zu werden“15, ist es, was AW

    13 Vgl. Ulrike Schenk-Lenzen: Das ungleiche Verhältnis von Kunst und Kritik. Zur Litera-turkritik August Wilhelm Schlegels. Würzburg 1991, S. 252.

    14 Vgl. Clara-Charlotte Fuchs: Dante in der deutschen Romantik. In: Deutsches Dante-Jahr-buch /15 =NF, 6. Berlin / Boston 1933, S. 61-131, hier S. 78.

    15 Sulger-Gebing (s. Anm. 13), S. 101.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 17

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    Schlegel in seiner Betrachtung leisten möchte. Für den heutigen Leser wirkt die Praxis, das Werk durch die Biographie zu erklären und gleichzeitig das Werk als Vorbild der Biographie der Person Dantes zu nehmen, paradox, wird von Schlegel jedoch zum Aufzeigen wechselseitiger Durchdringung und zum Herausstellen der Werkgenese benutzt. Auch, wenn es sich hierbei um eine neue Art der literaturwissenschaftlichen Betrachtung handelt, „[…] mündet dieser Ansatz, Literatur historisch zu erklären, in die Zirkularität gegenseitiger, unreflektierter Ableitung von Literatur und Historie ein, wel-che in einem idealisierten Geschichtsverständnis wurzelt“16. Die Göttliche Komödie eignet sich besonders zur Praktizierung dieser Vorgehensweise, die den ‚Charakter des Urhebers‘ in den Vordergrund rückt, da die Trennung von Dichter und lyrischem Ich nicht klar zu ziehen ist, bedingt schon allein durch die Vorstellung des lyrischen Ichs als ‚Dante‘.

    Nach dem Verweis auf die Ausrichtung der Göttlichen Komödie auf die Nachwelt hin, wendet sich Schlegel schließlich gegen Ende seines Auf-satzes dem Aufbau und der Konzeption der Göttlichen Komödie selbst zu, Möglichkeiten zur Erschließung des Textes gebend. Es wird der Reisecharakter hervorgehoben und der Text in eine Reihe mit Vorbildern mittelalterlicher Visionen und Spaziergängen im Jenseits gestellt. Ruhmliebe und umfassen-de Gelehrsamkeit werden als Antriebe Dantes genannt (vgl. S. 223), wobei die Menschendarstellung und Abbildung von Individuen als Hauptziel der Göttlichen Komödie genannt werden. Dante als Vertreter der Renaissance dient als Vorbild, da in dieser Zeit schon einmal das Individuum im Zentrum des Textes stand, was hier als Idealzustand hervorgehoben wird, den es wieder zu erreichen gilt durch die Methodik des ‚Einfühlens‘ in einen fremden Text und Dichter. Damit ist bereits ein zweites Kriterium genannt, denn Dante wird nicht nur als ‚Individuum‘ charakterisiert, sondern als Künstler bzw. Schriftsteller. Die ganzheitliche Betrachtung von Leben, Werk, religiöser und künstlerischer Entwicklung Dantes ist es, kurz die Verbindung von Bio-graphie und Werkgenese, die vor allem auch von Ludwig Tieck rezipiert wird. Hintergrund für die organische Sichtweise der Frühromantiker ist der Glaube „[…] an ein unmittelbares Hineinreichen des Transzendentalen, sowohl in das Schicksal als auch in das Werk des göttlich inspirierten Künstlers, dessen Leben zur Legende wird“17. Zweifel an der wirklichen Existenz Beatrices zum Beispiel, werden in diesem Kontext obsolet. Für die Repräsentation des Individuums erscheinen jedoch nur die allegorische Kunst, wie sie in

    16 Eva Höltenschmid: Die Mittelalter-Rezeption der Brüder Schlegel. Paderborn / München 2000, S. 16.

    17 Irmgard Osols-Wehden: Pilgerfahrt und Narrenreise. Der Einfluß der Dichtungen Dantes und Ariosts auf den frühromantischen Roman in Deutschland. Hildesheim 1998, S. 32.

  • 18 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    der Göttlichen Komödie realisiert ist, und ihre Darstellungsweise geeignet. Dass Schlegel bei seiner Betrachtung wichtige poetologische Grundsätze übergeht und sich beispielsweise nur mit der Ereignisabfolge der Vita Nuova, aber nicht mit ihrem symbolischen Gehalt und den dichtungstheoretischen Implikationen auseinandersetzt, ist vielfach kritisiert worden.18 Dies alles scheint hinter der Prämisse, Dante als Individuum und als Vertreter allego-rischer Kunst zu repräsentieren, zurückzutreten. Subjektive Kriterien heben Dante vor allem als hervorragenden Menschen hervor und bestimmen auch die Einschätzung seines Werkes; Urteilskategorien erhalten den Vorrang vor ästhetischen Wertungskriterien.19 Im Zusammenhang steht dies auch mit dem spezifischen romantischen Geschichtsverständnis, denn „[…] [h]ineinträumen muß man sich in jenes heroische mönchische Gewirr, muß Guelfe oder Ghi-belline werden, sonst wirft man das Buch mit Überdruß wieder weg“ (S. 69). Ziel ist nicht die objektive Betrachtung einer vergangenen Zeit, sondern, das ‚Hineinträumen‘, das affektive Hineinversetzten und die Partizipation an der Vergangenheit.20 Geschichte und ihre Autoren sollen also nicht nur dargestellt, sondern erlebt werden. Die Erinnerung an die Vergangenheit soll, unter um-gekehrtem Vorzeichen, den Weg in die Zukunft erleichtern, in der Hoffnung, dass durch „[…] Übersättigung mit Irreligiosität Religion entstehen könnte […] und durch prosaische Erstorbenheit neue Poesie“21. Durch die Orientierung an einer vermeintlich glorreichen Vergangenheit soll die gegenwärtige Situa-tion überwinden und in eine ‚bessere‘ Zukunft überführt werden, in dem die aufklärerische Säkularisation durch die Präsentation eines durch und durch christlichen Werkes, wie der Göttlichen Komödie, korrigiert werden soll. Die Beschäftigung mit Dante als katholischem Autor soll somit auch direkte Aus-wirkung auf die noch zu entstehende, neue Gesellschaft haben, in welcher die Religion einen neuen Stellenwert erhält.

    AW Schlegel argumentiert hier, zu Beginn der Dante-Rezeption in der Romantik, noch vor allem mit inhaltlichen Kriterien, in dem er sowohl auf das Werk, als auch auf den Autor eingeht; ein Verfahren, das im Fortgang der Ro-mantik immer weiter zurücktreten wird. Zur wachsenden Bekanntheit Dantes trägt auch die Darstellung seiner Biographie und der Jugendwerke, wie der Vita Nuova, bei. Dante ist hier also noch nicht allein der Inbegriff der Göttlichen Komödie, sondern die Gesamtheit seines Wesens und seines Werkes stehen

    18 Vgl. ebd. S. 34-35.19 Vgl. Helmut Meter: Die italienische Literatur in den Schriften von August Wilhelm und

    Friedrich Schlegel. In: Frank-Rutger Hausmann (Hrsg.): Italien in Germanien. Deutsche Italien-Rezeption von 1750-1850. Tübingen 1996, S. 150-168, hier S. 153.

    20 Vgl. Schenk-Lenzen (s. Anm. 14), S. 256.21 Ebd. S. 257.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 19

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    im Zentrum der Betrachtung.22 Schlegel verwendet eine neue Möglichkeit der Repräsentation, welche die Idee des organischen Ganzen auf die Charakteri-sierung überträgt und Autor, Werk und historischer Kontext vereint dargestellt werden. Dante wird als vorbildlicher Mensch und Künstler gelobt, auch wenn AW Schlegel durchaus die Schwierigkeit der historischen Distanz und die ‚An-dersartigkeit‘ Dantes erkennt. Besonders durch seine gleichzeitig entstehenden metrischen Übersetzungen der Göttlichen Komödie, in der er versuchte, auch die Form Dantes beizubehalten und die terza rima im Deutschen nachzuahmen, kann AW Schlegel als Wegbereiter für die anschließende literarische Rezeption Dantes bezeichnet werden.

    2.2 Deutung der dantesken Allegorie als Möglichkeit der Übersetzung von Religion in Kunst

    Neben der Individualitätsproblematik ist im Dante-Essay für AW Schlegel die Frage nach dem poetischen Sinngehalt der Göttlichen Komödie und ihrer allegorischen Gestaltungsweise bedeutend. Dies wird textimmanent durchaus ambivalent bewertet, verurteilt AW Schlegel grundsätzlich die Gewohnheit des Mittelalters zur Allegorese als Untugend, „[…] alles aus ihr [gemeint ist die Bibel, Anm. d. Vf.] heraus und in sie hinein zu deuten“ (S. 205). In Bezug auf ein Zitat Dantes, der die Göttliche Komödie in einem Brief an Cangrande della Scala als ‚vielstimmiges Werk‘ bezeichnet, überwiegt laut Schlegel der allegorische Charakter des Werks (vgl. S. 225). Auch im Inferno thematisiert Dante den ‚Schleier‘ vor seinem Gedicht, den der Leser zu durchdringen hätte, „[…] O voi ch’avete li ’ntelletti sani, / mirate la dottrina che s’asconde / sotto ’l velame de li versi strani“ (Inf. IX, 61-63)23. Die Diskussion um den allegori-schen Gehalt der Göttlichen Komödie ist nicht neu, sondern vielmehr eins der größten Lektürehindernisse und Gegenstand poetologischer Diskussion über

    22 In der 1803 gehaltenen Berliner Vorlesung geht Schlegel weit weniger auf die Charak-terisierung Dantes als Künstler ein, sondern es zeigt sich eine vermehrt chronologische und historische Vorgehensweise, die zudem das Werk, die Göttliche Komödie, in den Vordergrund rückt und die allegorische Darstellungsweise der Göttlichen Komödie deut-licher herausarbeitet. Dante wird zwar charakterisiert als „[…] einer von den riesenhaften Schatten der Vorwelt, für die es jetzt an der Zeit ist, wieder aufzuerstehen, da die gänzlich bis auf den Begriff verlohrengegangne Philosophie und Theologie anfängt, sich wieder zu beleben“ (S. 148). Allgemein wird jedoch mehr mit dem Inhalt, als mit der Persönlichkeit Dantes argumentiert. Bedingt durch die fortschreitende Konstituierung der Romantik und ihre zunehmende Selbstreflexivität treten ästhetische Kriterien in den Vordergrund.

    23 Vgl. Dante Alighieri: La Commedia / Die Göttliche Komödie. Teil I, Inferno / Hölle. Italienisch / Deutsch. In Prosa übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler. Stuttgart 2010.

    Ebenso: Teil II, Purgatorio / Läuterungsberg und Teil III, Paradiso / Paradies.

  • 20 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    das Werk seit dessen Veröffentlichung. Bei AW Schlegel wird die Allegorie Dantes deswegen wirkungsästhetisch als Form der Hieroglyphenliteratur ge-lesen, denn die Commedia ist ihm

    „[…] eine Hieroglyphe, an einem heiligen Orte eingegraben, und halb wieder ausgelöscht durch das Alterthum […]. Gelänge es uns, sie auszulegen, so wür-den wir uns vielleicht in der Erwartung getäuscht finden, nichts weiter ergrü-beln, als daß das Geheimnis der Hülle nicht werth war“ (S. 225).

    Auch, wenn das Ganze an sich gedeutet werden soll, ist laut AW Schlegel doch die einzelne Stelle dem Gesamtbild untergeordnet. Entgegen der mittelalter-lichen Praxis der Allegorese soll eben gerade nicht alles ausgedeutet werden, sondern die Dunkelheit des Textes als Vorteil und in seiner Ganzheit akzeptiert werden. In diesem Sinne heißt es weiter bei Schlegel, dass „[…] also für uns die Göttliche Komödie nur da Allegorie enthalten darf, wo das Emblematische ihrer Darstellungen unmittelbar gefühlt wird“ (S. 226). Als Beispiel hierfür dient ihm die Figur Vergils, die er als gelungene Allegorie bezeichnet, deren Auflösung offensichtlich sei.24 Ebenfalls angesprochen wird in diesem Zusammenhang der Aspekt der ‚Rätselhaftigkeit‘; bei einigen Stellen der Göttlichen Komödie „[…] fühlt man sich durch ein geheimes Etwas eingeladen, nachdenkend zu verweilen, wie vor einem bedeutenden Bilde, in dessen Zusammensetzung etwas Rätselhaftes zu liegen scheint, obgleich die Handlung, die es darstellt, an sich interessant ist“ (S. 225). Die Nennung der Hieroglyphe sticht hervor, da sie im Verlust ihrer Bedeutungsebene als höchste Form der Zeichenhaftigkeit gesehen werden kann. Gerade ihr „[…] semantisches Verlorensein lädt zu un-endlicher symbolischer Universalisierung ein und prädestiniert sie damit für die frühromantische Zeichentheorie“25. AW Schlegel unterscheidet an dieser Stelle nicht zwischen Allegorie und Symbol, dafür enthält für ihn die Göttliche Komödie etwas ‚Rätselhaftes‘, das auf eine höhere Sinnebene verweist. Diese kann jedoch nicht mehr verstandesmäßig erfasst, sondern nur ‚gefühlt‘ werden, denn „[…] [w]enn auch die Deutung der Allegorie für uns verloren ist, so ist es doch ihre Wirkung nicht“ (S. 225); so, wie auch das Wesen Dantes und seine Besonderheit ‚gefühlt‘, und nicht rational erklärt werden können. AW Schlegel sieht Dante als Kind seiner Zeit, der unter dem Einfluss mittelalterlicher Alle-gorese viele Stellen auch erst nachträglich mit einem tieferen Sinn ausgestattet hätte. Als Beispiel hierfür wird eine vermeintlich erzwungene Allegorie Dantes angeführt, welche die Wissenschaften mit den zehn Himmeln der alten Astro-nomie gegenüberstellt und bspw. den Himmel des Mondes mit der Grammatik

    24 Vgl. Fuchs (s. Anm. 15), S. 81.25 Susanne Holmes: Synthesis der Vielheit. Die Begründung der Gattungstheorie bei August

    Wilhelm Schlegel. Paderborn 2006, S. 41.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 21

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    vergleicht (vgl. S. 225-226). Schlegel spricht sich dagegen aus, die Allegorien aus dem mittelalterlichen Kontext zu erklären, da er diese allein in ihrer Zeit verständlich und als nicht übertragbar ansieht.26 Allgemein wird jedoch die Allegorie als poetische Verfahrensweise als hemmend für die moderne Poesie erfahren, da diese „[…] die Wesen, die sie handeln läßt, zu marklosen Schatten herab[setzt]“ (S. 226). Bei Dante sei die Allegorisierung jedoch noch gelungen, denn auch wenn seine Wesen eigentlich Schatten des Jenseits sind, so haben sie doch unabhängig von ihrer verborgenen, nun nicht mehr auflösbaren Bedeu-tung bestand, „[…] [w]ir treten überall auf festen Boden, umgeben von einer Welt der Wirklichkeit und des individuellen Seins“ (S. 226). In der Göttlichen Komödie ist es durch das Mittel der Allegorie möglich, den erzählten Figuren Anschaulichkeit und Individualität zu verleihen und sie dennoch gleichzeitig in einen höheren Sinnzusammenhang zu stellen, da die Allegorie immer auch auf das ‚Unendliche‘ verweist. Deutlich werden hier die Ablehnung der Nachahmungsästhetik und die Hinwendung zum zentralen Begriff der Unend-lichkeit, denn „[…] [u]m sie [Beatrice] in aller Glorie der Himmel auftreten zu lassen, gab er seinem Gedicht einerlei Grenzen mit dem Weltall und strebte hinaus ins Unendliche“ (S. 216). In der Verbindung von Kunst und Leben, den umfassenden Lebenszusammenhang, in dem er den mittelalterlichen Künstler als utopischen Gegenentwurf zur Gegenwart stilisiert, wird die Alternative zur Spätaufklärung gesehen. Schlegel definiert die Allegorie als eine Übertragung von Verstandesbegriffen in eine sinnliche Gestalt, als ‚Bekleidung der Begrif-fe‘.27 Die Allegorie in der Göttlichen Komödie wird somit von AW Schlegel als Möglichkeit zur Darstellung des Unendlichen in der Literatur gesehen, denn Dante ist es gelungen, trotz der Repräsentation von Individuen wie Beatrice, das Unendliche des Jenseits in Worte fassen zu können. Gleichzeitig erscheinen hier Hieroglyphe und Allegorie beinahe als Synonyme, da die Allegorien Dan-tes in der Gegenwart um 1800 nicht mehr aufgelöst werden können und somit, wie die tatsächlichen Hieroglyphen, allein auf einen nur in der Vergangenheit präsenten, höheren Sinn verweisen. Zu betonen ist, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die Allegorie von AW Schlegel vor allem als katholisches Ausdrucksmittel verstanden wird. Dante wird auch deswegen über Milton und Klopstock gestellt, „[…] making the ‚mysteries of Christianity‘ visible by the specifically Catholic means of allegory and mysticism“28. Impliziert wird hier auch gefordert, dass somit alle Poesie allegorisch sein solle, da es nur durch die

    26 Vgl. ebd. S. 40.27 Vgl. Osols-Wehden (s. Anm. 18), S. 27.28 Eva Hölter: Dante’s Long Road to the German Library: Literary Reception from Early

    Romanticism Until the Late Nineteenth Century. In: Aida Audeh, Nick Havely (Hrsg.): Dante in the Long Nineteenth Century. Nationality, Identity, and Appropriation. New York 2012, S. 225-247, hier S. 228.

  • 22 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    Allegorie möglich sei, das Göttliche darzustellen und es in der romantischen Gegenwart der Poesie obliege, als neues Offenbarungsmedium zu fungieren, nachdem die Bibel diesen Status in der Aufklärung verloren habe.

    Die romantische Idee der Kunstreligion entfaltet sich stärker erst in den Schriften Friedrich Schlegels, dennoch zeigt sich bereits hier bei AW Schlegel die Tendenz, Kunst als Medium zur Darstellung Gottes und zur Verkündigung religiöser Wahrheiten zu erheben. Mit dieser Aufwertung der Literatur spricht sich Schlegel im Abbildungsstreit des 18. Jahrhunderts gegen die aristotelische Idee der Mimesis aus und verleiht vor allem der Poesie die Möglichkeit, Wel-ten zu schaffen und sich auch imaginären Dingen zu zuwenden. In dem die Schatten der Unterwelt gleichzeitig sich selbst in ihrem individuellen Schicksal und als Teil des göttlichen Heilsplans repräsentieren, gelingt es Dante, etwas so Unvorstellbares wie das Jenseits im Text darzustellen. Allegorie wird somit definiert als Möglichkeit, dem Einzelnen auch die Bedeutung als Zeichen, in diesem Fall der Sünde, zu verleihen. AW Schlegel trägt somit nicht nur bei, den romantischen ‚Mythos Dante‘ durch die Mystifizierung des Autors als poeta vates zu verbreiten, sondern beteiligt sich auch an der Entwicklung der romantischen Poetologie, in dem er die Allegorie Dantes als Möglichkeit zur Darstellung des Göttlichen in der Literatur identifiziert. Dennoch wird hier noch nicht die Religion durch die Kunst ersetzt, sondern in der Kunst ein neues Medium zum Ausdruck der christlichen Religion gesehen. In seiner Berliner Vorlesung von 1804 wird AW Schlegel dies auch formal an der von Dante ver-wendeten Zahlenmystik illustrieren.29 Die ‚Allegorisierung‘ der Zahl, wie sie in der Göttlichen Komödie präsent ist – verweisen doch bereits die Reimwörter auf die göttliche Einheit – stellt somit laut AW Schlegel eine konkrete Möglichkeit zur Übersetzung von Religion in Poesie dar. Die Allegorie wird, von der Text-ebene auf dessen Makrostruktur übertragen, als Möglichkeit zum Ausdruck des Göttlichen in der Literatur interpretiert. Damit verbindet sich auch ein gewisser Widerspruch in dem Allegoriebegriff, den AW Schlegel bei Dante zu erkennen glaubt, denn „[…] weil alles sich selbst in allem und nur sich selbst reflektiert, weil alles Allegorie ist: so kann es nicht mehr zur einzelnen Allegorie zurück, und sie wird in ihm völlig aufgehoben, weil sie überall in demselben herrscht“30. Durch die weite Fassung des Allegoriebegriffs nähert sich dieser dem Mystischen an und droht gleichzeitig, durch das Übermaß an

    29 Vgl. August Wilhelm Schlegel: Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst [Berlin 1801-1804]. Erster Teil: Die Kunstlehre [1801-1802]. In: Ernst Behler (Hrsg.): August Wilhelm Schlegel. Kritische Ausgabe der Vorlesungen. Band I, Vorlesungen über Ästhetik I [1798-1803]. Paderborn 1989, S. 181-472.

    30 Hans Gockel: Mythos und Poesie. Zum Mythosbegriff in Aufklärung und Frühromantik. Frankfurt am Main 1981. Frankfurt am Main 1981, S. 335.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 23

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    Bedeutung, in Bedeutungslosigkeit umzuschlagen. Das Problem wird bei AW Schlegel nicht thematisiert, sondern Teil der mystischen Überhöhung Dantes in seinen Schriften.

    AW Schlegel entwickelt keine eigene Theorie der Mythologie, wie es sein Bruder tut, doch auch er erkennt das Fehlen einer gemeinschaftlichen Mythologie in der Gesellschaft, wie vor allem anhand der Kommentare zu seinen Dante-Übersetzungen im Anschluss an den Aufsatz ersichtlich wird. Schlegel erkennt, dass „[…] die Entmythologisierung der Aufklärung endgültig ist und nicht mit der Restitution der alten Mythologie zurückge-nommen werden kann“31. Der Verlust der Götter wird bei ihm durch die Erschaffung mittelalterlicher Heiliger, zu denen auch Dante gehört, kom-pensiert. Er trägt damit auch zur Konstituierung eines neuen romantischen Mythos bei, nämlich des ‚Mythos der Poesie‘. Diese soll gleichzeitig Medium, Ausgangs- und Endpunkt der romantischen Literatur sein und auf dieser Basis schließlich eine neue Gemeinschaft erschaffen.32 Der Dichter stiftet somit neue Zusammenhänge und wird selbst zum Mythos. Die Commedia als ästhetisch-religiöses Produkt des Mittelalters gibt „[…] den Anstoß zur religiösen Auratisierung des Übersetzens“33, die nicht nur den Sinn aus dem Italienischen ins Deutsche bzw. der Vergangenheit in die Gegenwart überträgt, sondern auch den individuellen Charakter der Komödie und Dantes. Vergangenheit soll durch die Übersetzung direkt auf die Gegenwart einwir-ken und deren ‚Wunden der Zeit‘ heilen, in dem sie bspw. eine bestimmte Auffassung von Literatur propagiert, so dass das Übersetzen die Aura des Heiligen erhält. Im früheren Aufsatz AW Schlegels scheint das Religiöse selbst noch hinter dem Kunstcharakter der Komödie und dem Künstler Dante zurückzutreten und sich vielmehr auf die Kategorie des Stofflichen zu bezie-hen; das phantastische Erzählmaterial Dantes wird allein als Folie von Philo-sophie, Ästhetik und Poetologie der Divina Commedia interpretiert. Dennoch wird das Religiöse der Komödie nicht getrennt vom Poetischen verstanden, sondern in seiner produktionsästhetischen Relevanz hervorgehoben. Dantes Commedia ist nicht nur ein Gedicht über die Religion, sondern die Religion ist gleichzeitig der Auslöser ihrer Niederschrift, da die Reise Dantes durch das Jenseits allein in der Kunst darstellbar erscheint, auch wenn schließlich die Gottesschau am Ende wieder dem Unsagbarkeitstopos unterliegt. Daraus ergibt sich auch ihre Unfassbarkeit in Gattungsgrenzen, da sie zum einen

    31 Ebd. S. 246.32 Vgl. ebd. S. 249-250.33 Christian Senkel: Absolutes in poetischer Entfaltung. Dantes Commedia und die frühro-

    mantische Religionspoetik. In: Alexander von Bormann (Hrsg.): Romantische Religiosität. Würzburg 2005, S. 45-65, S. 48.

  • 24 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    die Religion als Gegenstand, zum anderen das Jenseits als Inhalt hat. Dan-tes freier Umgang mit dem poetischen System und die Entwicklung seiner eigenen Poetologie zeigen, dass seine „[…] unbedingte[n] eschatologischen Urteile und finale[n] kosmologische[n] Platzierungen doch nicht nur auf die formale Meisterung religiösen Stoffs, sondern ebenso auf die völlige Freiheit des Dichters [verweisen]“34. Die Niederschrift der Göttlichen Komödie wird der Niederschrift der biblischen Offenbarung gleichgesetzt, Dante über den Status des Propheten hinaus in den eines Heiligen versetzt.

    Liest man die Göttliche Komödie, so fällt auf, dass diese nicht unbedingt nach dem von Schlegel skizzierten Allegoriebegriff verfährt, sondern fest in einer Form mittelalterlicher Allegorese, bestehend aus scholastischer Kosmo-logie, heilsgeschichtlicher Symbolik, antiker Mythologie etc. verankert ist.35 Dante verschleiert nicht ‚absichtlich‘ den gemeinten Sinn hinter seinen Figuren und Bildern, wie der Vorwurf AW Schlegels lautet (vgl. S. 224), sondern diese sind im Rahmen des Bildungswissens seiner Zeit durchaus zu verstehen und entschlüsseln gewesen. Allein um 1800 ist der Schlüssel zu diesen Bildern nicht mehr vorhanden, auch wenn AW Schlegel die Religion als Möglichkeit zur Entzifferung der dantesken Allegorien propagiert und sich auf die ‚gefühlte‘ Wahrheit dahinter beruft. Dantes Werk ist vorbildlich für die romantische Literaturkonzeption, weil es sich die Allegorie zu Nutzen macht und sie so produktiv einzusetzen weiß, dass sie als Synthese aller Wissenschaften und Künste, sowie der Philosophie und Poesie erscheinen kann, und sich dennoch immer auf einen religiösen Gehalt zurückführen lässt. Was hier bei AW Schle-gel einsetzt, ist die mystische Überhöhung Dantes als ‚Meister‘ der Allegorie. Dante ist Künstler und Heiliger zugleich und verdeutlicht damit den frühroma-ntischen Anspruch, in der Kunst eine Art Ersatzreligion zu schaffen, die ebenso Offenbarungscharakter besitzen und auf den christlichen Sinnzusammenhang der Welt hindeuten soll. Damit wird gewissermaßen die Grundlage für den unreflektierten Dante-Kult des 19. Jahrhunderts geschaffen. Auffällig ist im Vergleich mit seinem Bruder Friedrich bzw. mit Ludwig Tieck, dass diese Mystifizierung sich noch im Anfangsstadium befindet und AW Schlegel sich zunächst durchaus inhaltlich mit Dantes Werk auseinandersetzt. Es zeigen sich bereits Tendenzen, Dante auf seine Form zu reduzieren, noch wird aber mit dem Text argumentiert.

    34 Ebd. S. 49.35 Vgl. ebd. S. 50.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 25

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    3. Friedrich Schlegels ‚Gespräch über die Poesie‘ (1799) und Athenäumsfragmente

    3.1 Einführung Dantes als ideales Exempel romantischer Dichtung im ‚Gespräch über die Poesie‘

    Während bei August Wilhelm der Künstler Dante und die Allegorie als poeti-sches Gestaltungsmittel der Göttlichen Komödie im Fokus stehen, konzentriert sich Friedrich Schlegel mehr auf die Allegorie des gesamten Werkes als ver-meintlich ‚danteske‘ Form, die ihm zum Vorbild für die gesuchte romantische Literaturform wird. Die Beschäftigung mit Dante stellt eine Konstante im Werk Friedrich Schlegels dar; bereits in seinem Aufsatz Über das Studium der Griechischen Poesie (1795) nennt er die Göttliche Komödie, ohne dass es jedoch eine eigenständige, sich allein mit Dante befassende Publikation von ihm gibt, denn Dante dient ihm vorrangig als Beispiel für literaturtheoretische Konzepte der Romantik. Im Folgenden wird gezeigt, wie die ‚Mystifizierung‘ und ‚Exemplifizierung‘ in dem Gespräch über die Poesie (1799) einsetzt, bevor die religiöse Überhöhung Dantes in Verbindung mit der Suche nach einer Neuen Mythologie und der Ernennung der Kunst zur Kunstreligion dargestellt wird. An der Dante-Rezeption Friedrich Schlegels, dies sei vorweggesagt, lässt sich die Schaffung einer romantischen Leerstelle nachvollziehen, die auf unter-schiedliche Art und Weise und in Verbindung mit den verschiedensten Kon-zepten gefüllt werden kann, ohne sich jedoch noch auf den Inhalt zu beziehen.

    Wie bereits Erich Auerbach hervorhebt, ist es vor allem die Verbindung von Religion und Poesie in der Göttlichen Komödie, „[…] das Zusammenwirken der unmittelbaren lebendigen Kräfte jugendlicher Völker und des spätantiken Erbes uralter schon fast gespenstisch erstarrter Gedanken und Vorstellungswel-ten“36, welche bei Friedrich Schlegel in den Vordergrund gerückt werden. Vor allem in dem Gespräch über die Poesie entwickelt Friedrich Schlegel zentrale Begriffe der romantischen Literatur- und Kunsttheorie, die in engem Bezug zur Lyrik Dantes stehen. In der Form eines fiktiven Gesprächs unter Freunden, in das verschiedene schriftliche Exkurse, wie die Rede über die Mythologie eingebaut sind, werden wichtige Begriffe der Romantik diskutiert. Auffallend ist, dass Dante, neben Calderon und Shakespeare, wiederholt als Vorbild und Ideal der entwickelten Literaturtheorie genannt wird. Sowohl die Abhandlung Epochen der Dichtkunst als auch der Brief über den Roman und die Rede über die Mythologie berufen sich auf Dantes Gedicht und machen es zum exemplari-schen Werk der Romantik. In dem Abschnitt über die Epochen der Dichtkunst

    36 Erich Auerbach: Entdeckung Dantes in der Romantik. In: Ders.: Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie. Bern / München 1967, S. 176-183, hier S. 180.

  • 26 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    beispielsweise wird, entsprechend der romantischen Geschichtsphilosophie, die Idee eines Stufenmodells der literarischen Epochen entwickelt. Auf das Ideal der antiken Griechen folgen absteigend die Römer, Germanen, Italiener, Spanier und schließlich die Engländer. In diesem Stufenmodell nimmt Dante eine Sonderrolle ein, ist er doch der „[…] heilige Stifter und Vater der moder-nen Poesie“ (S. 297). Mit ihm ist ein Begriff der Zeitenwende in der Literatur, vom Altertum hin zur noch andauernden Moderne, verbunden. Wie in den Darstellungen AW Schlegels, wird auch hier Dante vor allem als sonderbar und fremd (vgl. S. 297) beschrieben und auf die Rolle der Göttlichen Komödie als Zeitgedicht eingegangen. In der Göttliche Komödie umfasst Dante laut Friedrich Schlegel „[…] seine Nation und sein Zeitalter, die Kirche und das Kaisertum, die Weisheit und die Offenbarung, die Natur und das Reich Gottes“ (S. 297). Für die Poetologie der Romantik bedeutet dies, dass Universalität und Zeit-gebundenheit in der romantischen Dichtung der Moderne dargestellt werden sollen. Neben dieser allumfassenden Darstellung aller zum Leben gehörender Bereiche, ist es außerdem die „[…] herrlichste Verherrlichung der Geliebten; alles treu und wahrhaftig im Sichtbaren und voll geheimer Bedeutung und Beziehung aufs Unsichtbare“ (S. 297), die ihn zum Vorbild romantischer Poe-tologie machen. Ähnlich wie AW Schlegel äußert sich auch Friedrich Schlegel über die Bedeutung der Geometrie in der Göttlichen Komödie zur Darstellung des Unendlichen, Unsichtbaren. Durch die strenge Gliederung sei es Dante ge-lungen, dieses in Gestalt der Dichtung fassbar zu machen. In der Verbindung von Religion und Poesie, durch die Dichtung in seiner Mundart und durch die mittelbare Anregung durch römische Schriftsteller sei Dante zu einem Ideal der Dichtung geworden.37 Neben Dante nennt Friedrich Schlegel hier Petrarca und Boccaccio als „[…] Häupter vom alten Styl der modernen Kunst; ihren Wert soll der Kenner verstehn“ (S. 298). Ähnlich diesem Vorbild schreitet die Ab-handlung über die Epochen der Dichtkunst fort, wobei sie nicht nur die Bildung eines klassischen Literaturkanons entwirft, sondern auch die Gattung an die verschiedenen Nationen knüpft und mit den jeweiligen Eigenheiten der Sprache verbindet (vgl. S. 298ff.). Die Tätigkeit des Übersetzens wird als Möglichkeit als Möglichkeit hervorgehoben, einen neuen Zugang zum Altertum zu eröffnen und somit die Geschichte der Poesie zu vervollständigen (vgl. S. 303). Dantes Werk wird jedoch bereits hier weniger aufgrund seines tatsächlichen Inhalts, sondern vielmehr aufgrund seiner ästhetischen Methoden, sprich Allegorie und Universalität, hervorgehoben. Darauf wird im letzten Abschnitt des Gesprächs, dem Versuch über den Styl in Goethes früheren und späteren Werken, noch einmal Bezug genommen. Nach einer Charakterisierung des Goethe’schen Werkes wird dieser in seiner Funktion auf eine Stufe mit Dante gestellt. Die „[…] universelle Tendenz, die progressiven Maximen dieses Künstlers“ (S. 347),

    37 Vgl. Fuchs (s. Anm. 15), S. 66.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 27

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    seine Hinwendung zu Individualität und Verstand machen ihn ebenfalls zum Vorbild einer noch zu realisierenden romantischen Poesie. Folgt Goethe weiter den bisher eingeschlagenen Weg, so könnte er „[…] der Stifter und das Haupt einer neuen Poesie sein, für uns und die Nachwelt, was Dante auf andre Weise im Mittelalter [war]“ (S. 347). Goethe könnte sich somit zu einem ‚modernen Dante‘ entwickeln, die Erfüllung wird jedoch in eine unbestimmte Zukunft ver-schoben. Mit einem wiederholten Wunsch nach einer Erneuerung der Literatur und der Bildung einer Neuen Mythologie endet das fiktive Gespräch Schlegels. Für die romantische Poetologie bedeutet dies nun, dass die Göttliche Komödie als ideale Realisierung romantischer Poesie gesehen wird, wenn auch nur auf einer bereits vergangenen Vorstufe. Dantes Gedicht wird weniger seines Inhalts wegen hervorgehoben, sondern aufgrund seiner poetischen Verfahrensweisen, auf seinen poetologischen Gehalt reduziert.

    Eine Schwierigkeit in der Bestimmung des Begriffs ‚romantisch‘ und damit auch der Haltung zu Dante besteht darin, dass sich Friedrich Schlegels Aussagen darüber, was romantisch ist, nur schwer auf einen Nenner bringen lassen. Zum einen auf der antiken Kunst aufbauend, zum anderen jedoch aus der Natur selbst hervorgehend, geht Schlegel in späteren Aufsätzen dazu über, das Romantische in der Schönheit der christlichen Poesie verwirklicht zu se-hen.38 Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass das Dante-Bild Schlegels entsprechenden Schwankungen unterworfen ist. Wird er im Gespräch über die Poesie noch als Stifter der modernen Poesie gelobt, so wird doch gleichzeitig sein Ruf modifiziert, da er nur eine ‚Art‘ von Mythologie erschaffen habe. Einerseits gelobt als moderne Klassiker, wird ihm andererseits seine Funktion als Vorbild durch den Überhang der Scholastik, seinem Parteienhass und der Notwendigkeit der Kommentierung seines Werkes zur Gewährleistung der Verständlichkeit wieder abgesprochen. Weiter heißt es im Gespräch über die Poesie, dass

    „[…] [v]on den Altvordern […] er [gemeint ist Dante, Anm. d. Vf.] das Eigenste und Sonderbarste, das Heiligste und Süßeste der neuen gemeinen Mundart zu klassischer Würde und Kraft zusammenzudrängen und so die provenzialische Kunst der Reime zu veredeln [lernte]; und da ihm nicht bis zur Quelle zu steigen vergönnt war, konnten ihm auch die Römer den allgemeinen Gedanken eines großen Werkes von geordnetem Gliederbau mittelbar anregen“ (S. 297).

    Dass dieser einerseits als ‚Vater der Poesie‘ bezeichnet wird und andererseits die Göttliche Komödie vor allem als Synthese gegensätzlicher Elemente gesehen wird, die auf Vergil zurückgreifen muss, um ein organisches Ganzes bilden zu können, erscheint zunächst widersprüchlich. Friedrich Schlegels ambivalente

    38 Vgl. ebd. S. 68.

  • 28 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    Bewertung Dantes wird hier sichtbar, indem gleichzeitig zur Nachahmung und zur Überwindung der Göttlichen Komödie aufgerufen wird. Dantes Art und Weise und vor allem die Fantastik seines Gedichts machen es für romantische Poetologie vorbildlich, während ihm gleichzeitig fehlende Realitätsnähe vorge-worfen wird. Was sich hier, im Gespräch über die Poesie, bereits andeutet, ist, dass Dantes Name wie selbstverständlich genannt wird und bereits vorrangig mit der Göttlichen Komödie gleichgesetzt wird. Die Kenntnis der Göttlichen Komödie wird gewissermaßen vorausgesetzt. Es zeigt sich, wie Friedrich Schlegel Dante als (beinahe) ideales Exempel romantischer Poesie einführt, das bereits an dieser Stelle mit verschiedenen Konzepten romantischer Literaturtheorie verknüpft wird.

    3.2 Verknüpfung der Dante-Rezeption mit dem Konzept der Universalpoesie in den ‚Athenäums-Fragmenten‘ und der Suche nach einer Neuen Mythologie

    Im Gespräch über die Poesie wird Dantes Werk vor allem als Beispiel für zentrale Begriffe der romantischen Literaturtheorie angeführt und als poe-tologisches Gedicht gelesen. Darüber hinaus dient Dante Friedrich Schlegel jedoch auch als Exempel für die Realisierung möglicher romantischer Formen, nämlich besonders der ‚progressiven Universalpoesie‘, die er vor allem im 116. Athenäumsfragment näher bestimmt. So heißt es dort, dass

    „[…] [d]ie romantische Poesie […] eine progressive Universalpoesie [ist]. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu ver-einigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung setzen. […] Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. […] Andre Dichtarten sind fertig, und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden, ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann. Sie kann durch keine Theorie erschöpft werden, und nur eine divinatorische Kritik dürfte es wagen, ihr Ideal charakterisieren zu wollen“39.

    In den Pariser Vorlesungen von 1804 tritt diese Vorstellung in Kombination mit der Bildung eines Literaturkanons auf, in dem Friedrich Schlegel das Modell eines philosophisch-poetischen Weltgedichts in Dantes Göttlicher Komödie verwirklicht sieht, denn

    „[…] Dantes Gedicht ist ein Versuch, das Höchste für den Menschen zu verkün-den, oder den Menschen zum Höchsten, Unendlichen zu erheben. Es enthält die reinste Theologie und Philosophie in dem lebendigen, glänzenden Gewande der

    39 Friedrich Schlegel (s. Anm. 11), S. 182-183.

  • Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico | 29

    Peter Lang Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019)

    Dichtkunst […]. Eine solche Darstellung der gesamten Natur und Gottheit, ver-knüpft und modifiziert durch den katholischen Geist und Glauben, ausgeführt, von einem denkenden, durch das gründlichste Studium aller Wissenschaften so literarisch gebildeten und das reichste Leben so schön und kräftig genährten poetischen Genie wäre im Geist der Griechen nicht möglich gewesen, weil dort Philosophie und Poesie zu sehr getrennt waren“40.

    Erneut wird der Vorzug der romantischen Poesie vor der des Altertums erklärt, sieht doch Friedrich Schlegel keine Möglichkeit der Realisierung eines derarti-gen Weltgedichts in ihrem geschlossenen System der Poesie. Dante verbindet in seinem Werk sämtliche Wissenschaften seiner Zeit mit der Religion und vermag es so, auf prophetische Art und Weise ‚das Höchste‘ zu verkünden, womit er die Kriterien der Universalpoesie eigentlich erfüllt. Die Basis der romantischen Universalpoesie soll der deutsche Idealismus, ihr höchstes Ziel die Bildung einer Neuen Mythologie sein, wobei die Poesie als Vermittlerin zwischen beiden fungiert.41 Somit kann die Universalpoesie zusammengefasst werden als „[…] ein philosophisches Gesamtsystem in der Sprache der Poesie […] mit dem Anspruch der Religion“42. Gleichzeitig ist sie als ‚künstlichstes aller Kunstwerke‘ das Ergebnis der sich aus der Geschichte und Bewusstseinstheo-rie selbst begreifenden Philosophie. Dante hat sein ‚Weltgedicht‘, sprich seine Form der Universalpoesie, bereits fertig gestellt, die romantische Entsprechung dazu soll als Enzyklopädie der Künste und Wissenschaften in Form einer „[…] Geisteskathedrale der neuzeitlichen Bildung“43 erst noch realisiert werden. Nicht der poetischen Form wegen spricht Schlegel dabei von einer ‚Universalpoesie‘, sondern im Sinne des allumfassenden Poesiebegriffs aus dem Gespräch über die Poesie, in dem darauf verwiesen wird, dass alles Poesie ist, und somit allein in Poesie die Universalität repräsentiert werden kann.44 Romantisch ist die Universalpoesie auch deswegen, weil ihre Vollendung in eine unbestimm-te Zukunft verschoben wird bzw. vielleicht auch gar nicht vollendet werden kann. Dante ist deswegen nur die Vorstufe zu dem noch zu realisierenden, tatsächlichen Projekt der Universalpoesie. Er hat das ‚Weltgedicht‘ seiner Zeit geschrieben, aber kein allgemein gültiges. Die Universalpoesie soll, wie die Göttliche Komödie für die italienische Renaissance, als Schrein des Wissens

    40 Friedrich Schlegel: Die italienische Literatur. In: Ernst Behler (Hrsg.): Friedrich Schlegel. Wissenschaft der europäischen Literatur. Vorlesungen, Aufsätze und Fragmente aus der Zeit von 1795-1804. Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Elfter Band, zweite Abteilung. Schriften aus dem Nachlaß. Paderborn 1958, S. 148-153; hier S. 149.

    41 Vgl. Ernst Behler: Friedrich Schlegels Theorie der Universalpoesie (1957). In: Helmut Schanze (Hrsg.): Friedrich Schlegel und die Kunsttheorie. Darmstadt 1985, S. 194-243, hier S. 195.

    42 Ebd. S. 196.43 Ebd. S. 196-197.44 Vgl. ebd. S. 217.

  • 30 | Julia Viehweg: Viver tracoloro / che questo tempo chiameranno antico

    Jahrbuch für Internationale Germanistik, Jahrgang LI – Heft 2 (2019) Peter Lang

    fungieren. War es früher Aufgabe der Religion, Werte, Normen und Mythen zu tradieren, wird diese Funktion nun der Kunst zugeschrieben. Es zeigt sich die Tendenz, die danteske Form der Göttlichen Komödie zu verklären und als moderne Version biblischer Offenbarungen zu idealisieren, ohne dass genau geklärt w�