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30 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 31 I comedy I Nach einer längeren Auszeit meldet sich Comedy-Star Marco Rima zurück. Als «Humor sapiens» geht er im März auf grosse Schweizer- tournee. Marco Rima bereitet sich auf Mal lorca auf sein neues Programm «Humor Sapiens» vor «Ich prov oziere gerne!» Marco Rima, lange nichts von dir gehört. Wo warst du? Im April bin ich 50 geworden, aus diesem An- lass habe ich eine Auszeit genommen – ich war mit meiner Frau Christina und unserer zweieinhalbjährigen Tochter Malea in Neu- seeland, Südostasien, Australien und New York unterwegs. Und jetzt komme ich gerade von Mallorca. Geniesst du das Leben jetzt von seiner Sonnenseite und nimmst es gemütlich? Im Gegenteil, auf Mallorca schreibe ich zur Zeit acht bis zehn Stunden täglich, also sehr zielgerichtet, an meinem neuen Programm. Dabei unterstützen mich die Autoren Andreas Gaw und Michael Gremlich. Die Umgebung hat eine kreative Kraft, das ist unglaublich, und wir kommen gut vorwärts. Am 9. März ist Tourneestart. Worum geht es in deinem neuen Programm? Im Prinzip muss man sich ja jedes Mal wieder ein Stück weit neu erfinden. Aber man kann sich auch nicht komplett anders geben. Mein 50. Geburtstag war ein Ausgangspunkt. Ich bin dann darauf gekommen, dass ich in den Sechzigerjahren geboren bin, dann kamen die wilden Siebziger, dann die Achtziger. In dieser Zeit ist auf der Welt viel passiert, und plötzlich war ich in der Geschichte drin. Ich fange mit normalen Facts an. John F. Kennedy wird Präsident der vergeigten Staaten, Martin Luther King erfindet in der Schweinebucht den Minirock, die Beatles schlucken die Antibabypille und planen die erste Mondlandung in Woodstock. Die fünf letzten Jahrzehnte dienen als Aufhänger, ich MARCO RIMA u. a. in DAS ZELT Tourneestart am 3. März steige mit dem 7. April 1961 ein, da werde ich als «Humor sapiens», also als Vertreter einer neuen Menschengattung, geboren. Ich kann dann immer meine Geschichte mit dem Weltgeschehen verbinden. Man kann also etwas lernen? Ja klar, das sind wahnsinnig intelligente The- men. Aber nicht ausschliesslich. Ich werde auch wieder unter die Gürtellinie gehen. Wie man mir das ja immer vorwirft. Und ja, ich gebe es zu: Ich liebe den versauten Witz! Aber nur, wenn er schmutzig ist. Dies werde ich mit einer kurzen Kaffeefahrt in die Se- mantik erklären. Da werde ich einige unan- ständige Begriffe erklären, wie zum Beispiel... Marco, spare dir diese Aufzählung! Wir lassen uns gerne überraschen. Macht es dir Spass, zu provozieren? Ja, das hat wohl etwas mit einem Urtrieb zu tun. Ich musste schon immer «ums Verre- cken» auffallen. Da ich in der Schule nicht gerade mit herausragenden Leistungen glänzte, musste ich umlagern. Ich habe ge- merkt, wenn ich eine grosse Schnorre habe, dann falle ich auf und komme auch bei den Mädchen an. Ich habe wegen meiner Gross- mäuligkeit aber auch viel geweint, weil ich falsch eingeschätzt wurde. Eigentlich war ich sehr schüchtern. Es war alles nur Fassade! Aber ich provoziere auch, weil es mich reizt, Sachen auszusprechen, über die man nicht reden darf. Etiketten, Hierarchien, Tabus, Ge- sellschaftskonformität. Man spricht heute von Political Correct- ness und gewaltfreier Kommunikation. Willst du ein Gegenpol dazu sein? Ich bin ja ein sozial engagierter Mensch, aber mit den Chaoten, die in Zürich alles zusam- mengelegt haben, würde ich kein Gespräch suchen, auch nicht mit «Tubeln», die in Fuss- ballstadien randalieren. Es gibt aber auch «Tubelpolitiker» und Vorfälle, über die ich mich aufrege: Beispielsweise über Roman Der Zuger Comedy-Star Marco Rima, 50, nimmt in seinem neuen Programm kein Blatt vor den Mund. Harte Arbeit für lockere Sprüche: Marco mit den Autoren Andreas Gaw und Michael Gremlich. Polanski, der sich vor seinem Prozess drückt und in Zürich noch mit einem Filmpreis aus- gezeichnet wird. Während zur selben Zeit ein Carl Hirschmann für ein viel weniger schwe- res Vergehen eine mehrjährige Gefängnis- strafe erhält. Wirst du mit dem Alter bissiger? Gezwungenermassen. Und auch politischer? Ich glaube nicht, dass die Leute von mir po- litische Statements wollen. Das eine oder andere werde ich von mir geben, aber ich möchte nicht als politisches Kabarett wahr- genommen werden. Das machen ja andere Leute wie Lorenz Keiser oder Franz Hohler sensationell gut. Ich möchte einfach unter- halten. Eigentlich war ich früher sehr schüchtern. Meine Grossmäuligkeit war nur Fassade! ’’ In Videomessages meldet sich Marco auf seiner Website von Mallorca (siehe www.marcorima.ch).

Marco Rima - Auf Mallorca entsteht seine neue Show

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event. - Das Veranstaltungs- und Freizeitmagazin - Februar 2012

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Page 1: Marco Rima - Auf Mallorca entsteht seine neue Show

30 Schweizer illuStrierte event. Schweizer illuStrierte event. 31

I comedy I

Nach einer längeren Auszeit meldet sich Comedy-Star Marco Rima zurück. Als «Humor sapiens» geht er im März auf grosse Schweizer-tournee.

Marco Rima bereitet sich auf Mal lorca auf sein neues Programm «Humor Sapiens» vor

«Ich prov oziere gerne!»

Marco Rima, lange nichts von dir gehört. Wo warst du?Im April bin ich 50 geworden, aus diesem An-lass habe ich eine Auszeit genommen – ich war mit meiner Frau Christina und unserer zweieinhalbjährigen Tochter Malea in Neu-seeland, Südostasien, Australien und New York unterwegs. Und jetzt komme ich gerade von Mallorca.Geniesst du das Leben jetzt von seiner Sonnenseite und nimmst es gemütlich?Im Gegenteil, auf Mallorca schreibe ich zur Zeit acht bis zehn Stunden täglich, also sehr zielgerichtet, an meinem neuen Programm. Dabei unterstützen mich die Autoren Andreas Gaw und Michael Gremlich. Die Umgebung hat eine kreative Kraft, das ist unglaublich, und wir kommen gut vorwärts.Am 9. März ist Tourneestart. Worum geht es in deinem neuen Programm?Im Prinzip muss man sich ja jedes Mal wieder ein Stück weit neu erfinden. Aber man kann sich auch nicht komplett anders geben. Mein 50. Geburtstag war ein Ausgangspunkt. Ich bin dann darauf gekommen, dass ich in den Sechzigerjahren geboren bin, dann kamen die wilden Siebziger, dann die Achtziger. In dieser Zeit ist auf der Welt viel passiert, und plötzlich war ich in der Geschichte drin. Ich fange mit normalen Facts an. John F. Kennedy wird Präsident der vergeigten Staaten, Martin Luther King erfindet in der Schweinebucht den Minirock, die Beatles schlucken die Antibabypille und planen die erste Mondlandung in Woodstock. Die fünf letzten Jahrzehnte dienen als Aufhänger, ich

MaRco RIMa

u. a. in DaS ZELT

Tourneestart am

3. März

steige mit dem 7. April 1961 ein, da werde ich als «Humor sapiens», also als Vertreter einer neuen Menschengattung, geboren. Ich kann dann immer meine Geschichte mit dem Weltgeschehen verbinden.Man kann also etwas lernen?Ja klar, das sind wahnsinnig intelligente The-men. Aber nicht ausschliesslich. Ich werde auch wieder unter die Gürtellinie gehen. Wie

man mir das ja immer vorwirft. Und ja, ich gebe es zu: Ich liebe den versauten Witz! Aber nur, wenn er schmutzig ist. Dies werde ich mit einer kurzen Kaffeefahrt in die Se-mantik erklären. Da werde ich einige unan-ständige Begriffe erklären, wie zum Beispiel...Marco, spare dir diese Aufzählung! Wir lassen uns gerne überraschen. Macht es dir Spass, zu provozieren?Ja, das hat wohl etwas mit einem Urtrieb zu tun. Ich musste schon immer «ums Verre-cken» auffallen. Da ich in der Schule nicht gerade mit herausragenden Leistungen glänzte, musste ich umlagern. Ich habe ge-merkt, wenn ich eine grosse Schnorre habe, dann falle ich auf und komme auch bei den Mädchen an. Ich habe wegen meiner Gross-mäuligkeit aber auch viel geweint, weil ich falsch eingeschätzt wurde. Eigentlich war ich sehr schüchtern. Es war alles nur Fassade!Aber ich provoziere auch, weil es mich reizt, Sachen auszusprechen, über die man nicht reden darf. Etiketten, Hierarchien, Tabus, Ge-sellschaftskonformität.Man spricht heute von Political Correct-

ness und gewaltfreier Kommunikation. Willst du ein Gegenpol dazu sein?Ich bin ja ein sozial engagierter Mensch, aber mit den Chaoten, die in Zürich alles zusam-mengelegt haben, würde ich kein Gespräch suchen, auch nicht mit «Tubeln», die in Fuss-ballstadien randalieren. Es gibt aber auch «Tubelpolitiker» und Vorfälle, über die ich mich aufrege: Beispielsweise über Roman

Der Zuger Comedy-Star Marco Rima, 50, nimmt in seinem neuen Programm kein Blatt vor den Mund. Harte Arbeit für lockere Sprüche: Marco mit den Autoren Andreas Gaw und Michael Gremlich.

Polanski, der sich vor seinem Prozess drückt und in Zürich noch mit einem Filmpreis aus-gezeichnet wird. Während zur selben Zeit ein Carl Hirschmann für ein viel weniger schwe-res Vergehen eine mehrjährige Gefängnis-strafe erhält.Wirst du mit dem Alter bissiger?Gezwungenermassen.Und auch politischer?Ich glaube nicht, dass die Leute von mir po-litische Statements wollen. Das eine oder andere werde ich von mir geben, aber ich möchte nicht als politisches Kabarett wahr-genommen werden. Das machen ja andere Leute wie Lorenz Keiser oder Franz Hohler sensationell gut. Ich möchte einfach unter-halten.

Eigentlich war ich

früher sehr schüchtern.

Meine Grossmäuligkeit

war nur Fassade!’’

In Videomessages meldet sich Marco auf seiner Website von Mallorca (siehe www.marcorima.ch).

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32 Schweizer illuStrierte event.

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Gibt es für dich Tabus?Alles, was mit Religion zu tun hat, jüdische, auch islamistische oder christliche Witze, ver-suche ich so weit es geht, zu umgehen. Man schafft damit bei vielen Leuten eine unange-nehme Stimmung. Es ist so, als wenn man im Kino sitzt, mit einer Frau, die man zum ersten Mal datet – und dann zwei auf der Leinwand fünf Minuten lang Sex miteinander haben.

Eckst du oft an – zum Beispiel mit Poin-ten auf Kosten von Minderheiten?Ich finde es nie cool, wenn jemand sagt, ein Scherz sei daneben gewesen. Aber wenn ich mich nicht mehr über Schwule, Frauen, Heteros oder andere Minderheiten, sprich Schweizer, lustig machen dürfte, kann ich allen einen schönen Abend wünschen und gehen. Witze kann man eigentlich nur über Dinge und Leute machen, die man mag und zu denen man ein entspanntes Verhältnis hat. So sind die Helden Tell und Winkelried, die in meinem Programm vorkommen, beide schwul. Im Gegensatz zu uns Heteros drü-cken sich Schwule gepflegter aus und haben auch einen gepflegteren Umgang. Aber es dreht sich bei «Humor Sapiens» auch sehr oft um das Verhältnis zwischen Frauen und

Männern. Zum Beispiel um die Tatsache, dass Männer am Tag 3000 Wörter gebrau-chen, Frauen aber 7000. Ich werde dies mit anschaulichen Beispielen erläutern …… die du selbst erlebt hast?Im neuen Programm werde ich mich wahr-scheinlich so persönlich wie nie zuvor zeigen, zwar mit einem wahnsinnigen Intellekt, aber auch mit all meinen Unzulänglichkeiten.Andere stellen dagegen ihr Privatleben auf Facebook ...... ich hingegen bringe es auf die Bühne und verdiene damit Geld!Ist das eigentlich ein harter Job?Es ist einfach mein Beruf, und der macht mir Spass. Aber ich stelle mich ja nicht ein-fach hin und klopfe spontan Sprüche: In der Vorbereitung schreibe ich alles auf, das sind 70 bis 80 Seiten, die ich auswendig lernen muss. Ich starte mit 100 Prozent Aufgeschrie-benem, dann beginnt es, sich zu entwickeln. Mit jeder Show «spüle» ich Sachen, auch sol-che, an denen ich hänge, aber andere Sachen werden dafür ausgebaut. Warum jedes Mal dieser enorme Auf-wand – möchten viele nicht einfach die altbekannten Sachen sehen?Wenn es danach gehen würde, müsste ich ja heute noch wie vor zwanzig Jahren Marco-cello spielen. Manchmal sagen mir die Leute: Das Beste, was ich je gemacht hätte, sei Marcocello gewesen. In ihrer Wahrnehmung mag das so sein, das ist nur eine romantische, nostalgische Verklärung der Vergangenheit. Ich denke aber langfristig und möchte noch lange in diesem Beruf arbeiten. Das bedeutet, dass man den Mut haben muss, immer wie-der neue Wege zu gehen.Du machst ja nicht nur Comedy-Pro-gramme, man sieht dich immer wieder auch in Musicals, in Filmen und TV-Shows. Was macht dir am meisten Spass?Definitiv die Bühne. Ohne Netz und dop-pelten Boden. Da erhalte ich direkte Reakti-onen, auf die ich dann auch eingehen kann. Aber es ist für mich und für meine Weiter-entwicklung wichtig, zwischendurch auch in anderen Projekten dabei zu sein. Vorerst aber freue ich mich darauf, nach langer Zeit wie-der einmal live vor dem Publikum zu stehen.

Interview: Christoph Soltmannowski

“ Man kann sich nur über

Leute lustig machen, zu

denen man ein entspanntes

Verhältnis hat. ’’

Pasta statt Pointen: Auch eine Pause muss mal sein. Marco Rima mit Autor Gremlich auf Mallorca.

Spontane Einfälle werden schnell festgehalten.

Die Kreativköpfe hinter «Humor Sapiens»

PaPerboy