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Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut fur Gasentladungsphysik Greifsnald Massenspektrometrische Untersuchungen am Saulenplasma der Wasserstoff-Niederchck-Glimmentladung Von MARTIN SCHMIDT Eingegangen am 9.9.1968 Es werden die Ergebnisse massenspektrometrischer Untersuchungen der im Bereich der positiven Saule einer Wasserstoff-Siederdruck-Glimmentladung (R = 1,5 cm, p = 1,5 Torr, I = 5-70 mil) aus einer kleinen Offnung (d = 39 pm) in der Rohrwand austretenden La- dungstrager mitgeteilt. Neben den dominierenden Ha+-Ionen und den Hf-Ionen konnte eine kleine H,+-Komponente nachgeniesen werden. Im negativen Wandstrom sind nur Elektronen zu finden. Unter Benutzung der experimentell ermittelten Elektronentemperatur, Gradienten und Wandtemperaturen wird die ambipolare Wandstromdichte nach PAHL berechnet. Uber eine Triigerbilanz sind die Konzentrationsverhiiltnisse der Ionen (Hf, H,+, Hf) und Neutral- gaskomponenten (H, H,) bestimmt worden. Durch Vergleich der fur die Sicherung der Triiger- bilanz erforderlichen Elektronentemperatur mit dem aus Sondenmessungen bestimmten Wert gelangt man zu der Vermutung, daD eine Energieverteilung mit einem Defizit an schnellen Elektronen gegeiiber der MaswEm-Verteilung vorliegt. Eine Aufstellung der Energiebilanz zeigt den hohen Energieverbrauch fiir die Schwingungsanregung und Dissoziation der Wasser- stoff molekule. 1. Einleitung Die in einem Plasma enthaltenen Ionen und Neutralgasmolekule brauchen nicht einheitlicher Natur zu sein, sondern es konnen auch in reinen Gasen mehrere Ionenarten existieren, und fur dieIonen undMolekule sindverschiedene Anregungs- zustande moglich. Informationen iiber die Zusammensetzung des Plasmas werden durch verschiedene diagnostische Verfahren geliefert, einmal durch die optische Emissions- und Absorptionsspektroskopie insbesondere fur Neutralteilchen und durch die Massenspektrometrie bevorzugt fur Ladungstrager. Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, durch Untersuchung der durch eine kleine offnung in der Rohrwand einer Wasserstoff-Niederdck-Glimmentladung austretenden Ladungstragerstrome die Wandverluste im Bereich der positiven Saule nach GroBe und Art zu erfassen, urn daraus Ruckschliisse auf die in der Ent- ladung vorhandenen Tragerarten und deren Bildungsprozesse zu ziehen. Die Storungen der Entladung sollen dabei moglichst gering sein, weshalb metallische Blenden und Ziehspannungen bei der Gewinnung der Ladungstrager vermieden wurden. Die Ladungstrager werden durch die in der Entladung wirksamen Krafte, durch den Mechanismus der ,,ambipolaren Effusion der Ladungstriiger"

Massenspektrometrische Untersuchungen am Säulenplasma der Wasserstoff-Niederdruck-Glimmentladung

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Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut fur Gasentladungsphysik Greifsnald

Massenspektrometrische Untersuchungen am Saulenplasma der Wasserstoff-Niederchck-Glimmentladung

Von

MARTIN SCHMIDT

Eingegangen am 9.9.1968

Es werden die Ergebnisse massenspektrometrischer Untersuchungen der im Bereich der positiven Saule einer Wasserstoff-Siederdruck-Glimmentladung (R = 1,5 cm, p = 1,5 Torr, I = 5-70 mil) aus einer kleinen Offnung (d = 39 pm) in der Rohrwand austretenden La- dungstrager mitgeteilt. Neben den dominierenden Ha+-Ionen und den Hf-Ionen konnte eine kleine H,+-Komponente nachgeniesen werden. Im negativen Wandstrom sind nur Elektronen zu finden. Unter Benutzung der experimentell ermittelten Elektronentemperatur, Gradienten und Wandtemperaturen wird die ambipolare Wandstromdichte nach PAHL berechnet. Uber eine Triigerbilanz sind die Konzentrationsverhiiltnisse der Ionen (Hf, H,+, Hf) und Neutral- gaskomponenten (H, H,) bestimmt worden. Durch Vergleich der fur die Sicherung der Triiger- bilanz erforderlichen Elektronentemperatur mit dem aus Sondenmessungen bestimmten Wert gelangt man zu der Vermutung, daD eine Energieverteilung mit einem Defizit an schnellen Elektronen gegeiiber der MaswEm-Verteilung vorliegt. Eine Aufstellung der Energiebilanz zeigt den hohen Energieverbrauch fiir die Schwingungsanregung und Dissoziation der Wasser- stoff molekule.

1. Einleitung

Die in einem Plasma enthaltenen Ionen und Neutralgasmolekule brauchen nicht einheitlicher Natur zu sein, sondern es konnen auch in reinen Gasen mehrere Ionenarten existieren, und fur dieIonen undMolekule sindverschiedene Anregungs- zustande moglich. Informationen iiber die Zusammensetzung des Plasmas werden durch verschiedene diagnostische Verfahren geliefert, einmal durch die optische Emissions- und Absorptionsspektroskopie insbesondere fur Neutralteilchen und durch die Massenspektrometrie bevorzugt fur Ladungstrager.

Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, durch Untersuchung der durch eine kleine offnung in der Rohrwand einer Wasserstoff-Niederdck-Glimmentladung austretenden Ladungstragerstrome die Wandverluste im Bereich der positiven Saule nach GroBe und Art zu erfassen, urn daraus Ruckschliisse auf die in der Ent- ladung vorhandenen Tragerarten und deren Bildungsprozesse zu ziehen. Die Storungen der Entladung sollen dabei moglichst gering sein, weshalb metallische Blenden und Ziehspannungen bei der Gewinnung der Ladungstrager vermieden wurden. Die Ladungstrager werden durch die in der Entladung wirksamen Krafte, durch den Mechanismus der ,,ambipolaren Effusion der Ladungstriiger"

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[l], aus dem Plasma herausgetrieben. Eine Bestimmung der Ionenarten in der Wasserstoff-Glimmentladung wurde von einer Reihe von Autoren durchgefuhrt [2-91. Die Untersuchungen des Saulenwandstroms [2, 3, 73 sind bei niedrigen Driicken (< 0,9 Torr) und kleinen p . R-Werten vorgenommen worden.

Eine Erweiterung erscheint notwendig in Richtung hoherer Gasdrucke bzw. hoherer pR-Werte, da nach PAHL [lo] oberhalb 1 Torr mit einer verstarkten Sekundarionenbildung durch Ionen-Molekiil-Reaktionen gerechnet werden muB und so das Auftreten schwerer Molekiilionen (z. B. von H5+ [S, 91) auch im Saulen- wandstrom zu uberpriifen ist. Aus den experimentell bestimmten Ionenstromen sind Ruckschliisse auf die in der Entladung wirksamen Elementarprozesse zu ziehen.

Weiterhin sollen die Elektronenwandstrome gemessen und das Auftreten ne- gativer Ionen untersucht werden. Die Messungen an geraden zylindrischen Ent- ladungsrohren gestatten einen Vergleich der experimentell ermittelten Wand- verluste mit den von der Theorie gelieferten. Die dafiir notwendigen Saulen- parameter, wie Langsgradient und Elektronentemperatur, sollen gemessen werden.

2. Durchiiihrung der Messnngen

Die Untersuchungen wurden rnit einer bereits friiher [ 1 11 beschriebenen Appara- tur durchgefuhrt. Der Durchmesser des Rasothermentladungsrohres betrug 3 cm und der Dusendurchmesser 39 pm. Neben dem Massenspektrometer konnte uber die Schliffverbindung ein Auffllngersystem nach [ 121 fur Gesamtstrommessungen angesetzt werden. Die Ladungstriigerstrome werden durch die Bestimmung des Spannungsabfalls an einem Hochohmwiderstand ( lo8- 10" Q) mit dem Schwing- kondensatorelektrometer VAJ-50 von Vakutronik gemessen.

Die Messungen sind bei einem Druck von 1,5 Torr im Strombereich zwischen 5 und 70 mA durchgefiihrt worden. Hier ist die Siiule im Bereich der MeBdiise nicht in stehende Schichten zerfallen, also iiul3erlich homogen, aber keineswegs frei von laufenden Schichten. Zu kleineren Driicken hin treten in dem vorgegebenen Stromintervall in der ganzen Siiule stehende Schichten ad. Von einem ubergang zu hoheren Driicken wurde wegen des damit verbundenen Druckanstieges im Analysatorteil Abstand genommen. Der Druck in der Ablenkkammer des Massen- spektrometers betrug bei 1,5 Torr Fulldruck im Rohr 2 - Torr. Unter diesen Bedingungen erleiden nach der in [ll] angegebenen Beziehung 16% der Ionen und 3% der Elektronen StoBe im Analysatorraum, wobei 13% bzw. 2,3% auf das Druckabfallgebiet kurz hinter der Diise entfallen.

Das Auflosungsvermiigen des Massenspektrometers wurde aus dem Profil der H,+-Linie zu 8 bestimmt. Die Unterschiede zwischen den Gesamtstrommessungen mit dem Auffangersystem und dem Massenspektrometer lagen innerhalb der Fehlergrenze von ca. loyo, die auch bei der Wiederholung der MeBreihen mit neuen Gasfullungen zur Priifung der Reproduzierbarkeit sowohl fur die Wasserstoff- ionen als auch fur die Elektronenstrome festgestellt wurde. Der Fehler steigt allerdings an, wenn die Strome kleiner als lo-" A werden, und fur den Ha+- Ionenstrom l&Bt sich praktisch nur die GroBenordnung ( 10-14 A) feststellen. Diese Link machte sich als Buckel in dem sehr stromschwachen Gebiet des Linien- fuBes der Hf-Linie bemerkbar. Die groBen Fehler der Storionen (H30+ = 50%, O,+ = 300%) sind wahrscheinlich auf die unterschiedliche Gasreinheit zuruck- zufiihren. Der Anteil dieser Ionen war stets kleiner als 1% des H,+-Ionenstromes.

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Untersuchungen am Siulenplasma der Wasserstoff -Niederdruck-Glimmentladung 13

Die Ursachen fur die Streuung der MeBwerte der Wasserstoffionen durften in den Schwankungen der Entladungsbedingungen (Druck, Strom, Gasreinheit) so- wie in hderungen des Nachweisteiles (z. B. Hochohmwiderstand) zu suchen sein.

Fur die MeBunsicherheit in der Stromdichtebestimmung mu13 auf Grund der Fehler bei der Bestimmung des Diisendurchmessers und des Hochohmwiderstandes ein Wert von 20% angenommen werden.

3. MeBergebnissc!

Die mit dem Gesamtstromauffanger gemessenen Ionen- und Elektronenwand- stromdichten zeigt Abb. 1. Die Ergebnisse der massenspektrometrischen Unter- suchung sind in Abb. 2 angegeben. Es wurden die Wasserstoffionen H+, H3+ sowic

I I 1 I I I I 0 x ) 20 30 40 50 60 I,,,,KmAl

Abb. 1. Wandstromdichten der Elektronen i- und Ionen j+ als Funktion des Entladungs- stromes. jber ist die nach (I) berechnete ambipolare Wandstromdichte

ab 30 mA ein sehr kleiner H,+-Anteil gemessen. Da fur letztere nur die Gr6Ben- ordnung des Wandstromes feststellbar war (lo-'* A A lo-$ A/cm2), wurde diese Ionenart in der Zeichnung nicht berucksichtigt. Als Verunreinigungen konnten H30+- und O,+-Ionen gefunden werden.

Das Wachstum der Wandstromdichten mit steigendem Entladungsstrom ist fiir die Verunreinigungen etwa exponentiell; fur die H+-Ionen ist es starker als fur die H3+-Ionen. Das Verhaltnis der H3+- zu den H+-Wandstromen zeigt Abb. 3, der

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14 M. SCXMIDT

H3+-Anteil steigt erheblich mit sinkendem Entladungsstrom. Der Wert f iir das Verhiiltnis bei 5 mA ist mit dem groDen relativen Fehler der H+-Messung bei dem kleinen Entladungsstrom behaftet. Der Hf-Strom liegt hier bei 10-12 A. Hs+- Ionen waren nicht nachweisbar, der Wandstrom ist sicher kleiner als 10-13A,

jH1+ i H1+

170

160

150

140 130

120

110

100

90

80

70

60

50

10-5 8

- 3 - -

- - - - - - - - - - - - - - 0 - - - - - - - - - - -

6 t H +

H 3 0 c

o2+

L \

20

I 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 -

10 20 30 40 50 60 701ENn[mAl 0 10 20 30 40 50 60 I&frnAl

Abb. 2. Wandstromdichten der einzelnen Ionen- arten als Funktion des Entladungsstromes

Xbb. 3. Verhaltnis der Wandstrom- dichten jE3+ijH' als Funktion des

Entladungsstromes

(A A/cm2). Negative Ionen konnten im Wandstrom nicht festgestellt werden. Wenn sie vorhanden sind, miissen die Strome unter lO- l3 A liegen.

Die Elektronentemperatur U- wurde fur 10 und 40 mA zu 2, l bzw. 2,5 V aus Sondenmessungen bestimmt, wobei wegen der beobachteten Potentialschwankun- gen (laufende Schichten) selbstverstandlich nur Mittelwerte erhalten werden konnten.

Der Gradient ist in Abb. 4 angegeben. Abb. 5 zeigt die Ergebnisse der Wand- temperaturmessungen am Entladungsrohr mit einem Cu-Konstantan-Thermo-

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Untersuchungen am Saulenplasma der Wasserstoff-Niederdruck-Glimmentladung 15

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element im Bereich der Effusionsdiise, also in der Beschleunigungskammer. Die hohen Werte bei kleinen Entladungsstromen sind auf die gute thermische Iso- lation des Rohres im Vakuum zuruckzufuhren.

I- - - - - - 8 - - - - 4- - - - I I I I I I I -

0 I0 20 30 40 50 60 70 IENn.CmAl

Abb. 5. Wandtemperatur des Entladungsrohres als Funktion des Entladungsstromes

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4. Diskussion der MeDergebnissu

Gesamts t rom

Die ambipolare Wandstromdichte wurde nach [l] berechnet, obgleich betont werden muB, daB die Voraussetzungen der SCHOTTKY -Theorie hier nicht alle er- fullt sind. Es sind laufende Schichten vorhanden und die Wasserstoffentladung ist nicht frei von negativen Ionen [4, 5, 131. Andererseits ist die Elektronegativitat des Wasserstoffs nicht sehr ausgepragt. Die Elektronenaffinitiit des Wasserstoff- atomes betriigt nur 0,8 eV gegeniiber beispielsweise der des Sauerstoffatoms von 1,45 eV ; das negative Wasserstoffmolekulion wurde noch nicht beobachtet [ 141. Es treten nur instabile Resonanzzustiinde auf, die als Vorstufe des dissoziativen Anlagerungsprozesses anzusehen sind [ 151. Die negativen Ionen werden nur einkn geringen EinfluB auf die Verhiiltnisse in der Wasserstoffentladung haben. BOYD diskutiert in den Untersuchungen der H,-Entladung [16, 171 den EinfluB der negativen Ionen gar nicht,. FITE [5] extrahierte aus einer Entladung in reinem Wasserstoff durch die Anode nur einen H--Strom, der urn 2 GroSenordnungen kleiner war a19 der negative Ionenstrom aus der Sauerstoffentladung unter sonst gleichen experimentellen Bedingungen. Weiterhin zeigt die Entladung nach dem von THOMPSON [ 181 angegebenen Kriterium einen elektropositiven Charakter. Der Sondenstrom im Ionenstromgebiet wiichst nicht mit ( I E n t l ) 0 7 5 , was ein elektro- negatives Verhalten der Entladung anzeigt, sondern mit einer groBeren Poteiiz (0,66). Dieser Anstieg wurde aus den Sondenmessungen bei 10 und 40mA er- mittelt.

Diese Befunde lassen es gerechtfertigt erscheinen, den Einflul3 der negativen Ionen zu vernachlhssigen und die PmLsche Beziehung zur Berechnung der Wandstromdichte jn zu benutzen. Gleichzeitig wird damit der EinfluS der Poten- tialschwingungen auBer acht gelassen.

(k = BoLTzMA"-Konstante, I = Entladungsstrom, u- = Elektronentempera- tur, R = Rohrradius, e = Elementarladung, v- = axiale Driftgeschwindigkeit der Elektronen, c, = relative Konzentration der Ionenart v mit der Beweglich- keit b,+)

Da unter den vorliegenden Bedingungen die H,+-Ionen in der Entladung domi- nieren, wurde nur diese Ionenart beriicksichtigt und mit der Beweglichkeit von 10,5 (760 Torr, cm2/V. s) [19] gerechnet.

Die axiale Driftgeschwindigkeit der Elektronen ist als Funktion der reduzierten Feldstiirke bekannt [ Z O ] . Diese wurde aus den Gradienten und den unter Benutzung der Wandtemperaturen auf 20 "C reduzierten Gasdrucken fur die einzelnen Ent- ladungsstromstlirken gewonnen. Fur die Elektronentemperatur ist uber den ganzen Strombereich mit dem Wert 2,3 eV gerechnet, was etwa dem Mittelwert aus den Messungen bei 10 und 40 mA entspricht. Die sich ergebenden ambipolaren Wand- stromdichten sind in der Abb. 1 eingetragen. Die berechnete Kurve liegt in der Nahe der MeBkurve, wobei die Annaherung an die Ionenstromdichte bei hoheren Stromstarken besser ist a!s im Bereich kleiner Strome, wo die Elektronenstrom-

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dichte sich starker der aus (1 ) bestimmten Kurve nahert. Bei hoheren Strom- starken liegt diese innerhalb der MeBgenauigkeit (ca. 20%) der experimentellen Ionenwandstromdichte. Diese relativ gute Ubereinstimmung zeigt, daB die Wand- verluste in der Wasserstoffentladung zumindest abgeschatzt werden konnen.

Nega t ive I o n e n u n d F r e m d i o n e n

Negative Ionen waren im Wandstrom nicht nachzuweisen, obgleich H--1onen in der Entladung bei anodischer Extraktion [4, 51 festgestellt wurden. Wahr- scheinlich konnen sie auf Grund ihrer geringen Energie das Gegenfeld an der Rohr- wand nicht uberwinden.

Der Ausgangspunkt fur die H30+-Ionenbildung ist sicher das H,O-Jlolekul oder Ion, welches aus der Wasserhaut des nichtausheizbaren Entladungsrohres stammt. Die H,O+-Bildung wird uber folgende Prozesse laufen :

H20+ + H, .+ H,O+ + H ,

H,O + H3+ -+ H30+ + H,,

da sowohl die H,-Molekiile bzw. die H,+-Ionen die dominierenden Teilchenarten unter den vorliegenden Entladungsbedingungen sind, wohingegen StoBprozesse von H,O-Molekulen im angeregten oder Grundzustand mit Wasserstoffatomen bzw. H$-Molekiilen, die nach der Literatur [21, 221 auch zur H,O+-Bildung fiihren, wegen der geringen Konzentration dieser StoBpartner weniger effektiv sein diirften.

Wasse r s to f f ionen H+, Hz+, H3+

Uber die in der reinen Wasserstoffentladung bekannten StoBprozesse geben GOODYEAR und VON EXCEL [23] eine Ubersicht (Tab. 1). Aus neuerer Literatur wurden die Prozesse 12, 13 und 14 hinzugefiigt und die Angaben uber den Wir- kungsquerschnitt der Reaktion 11 erganzt. Dieser Querschnitt ist gemessen [24, 251 und berechnet [26] worden. Er erweist sich als proportional zu l lg; wobei g die Relativgeschwindigkeit zwischen den Reaktionspartnern bedeutet. Die Reaktion 14 beschreibt die Anregung des 1. Schwingungszustandes des Wasserstoffmolekuls.

Ausgehend von dieser Ubersicht der StoBprozesse ivird uber die Tragerbilanz eine Abschatzung der in der Entladung zu erwartenden Ionenwandstrome bzw. der Ionenkonzentrationen vorgenommen. Auf Grund der angegebenen Wirkungs- querschnitte sollen nur die Ionisierungsprozesse 1 und 7, der DissoziationsprozeB 4 und die Ionen-Molekiil-Reaktion 11 beriicksichtigt werden. Um die Rechnungen moglichst einfach zu gestalten, wurde folgendes Model1 entwickelt : Wir betrachten aus dem Entladungsrohr nur einen Zylinder von 1 cm Lange. In diesem Gebiet muB die Tragererzeugung gleicli dem Verlust sein, wobei nur Wandverluste zu- gelassen sind, d. h. Volnmenrekombination ist ausgeschlossen ; Umwandlungen von einer Ionenart in die andere sind dagegen moglich. Die Dichte aller Teilchen- arten wird uber den Querschnitt als konstant angenommen. Die Tragererzeugung in dem betrachteten Volumen pro Sekunde ist gegeben durch

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2 = N-no j” a(w) w f ( w ) dw. 0

2 Plasmaphysik

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18 M. SCW~IDT

Trtbelle 1

Einatz- W a x EoMax en e r g i e (eV) cm2 (eV)

1. H, + e + H 2 + + 2 e 15,4 1 9 1 80 2. H, + e - + H + + H + 2 e 18,O 0,005 120 3. H, + e + H + + H + + 3 e 46,O 0,005 120

5. H, + e + H + H + e 8,5 0,6 12 6. H,++e + H + H 0 loo(?) 7. H + e + H + + 2 e 13,5 0,65 40 8. H + e + H ( 2 p ) + e 10,2 0,7 25 9. H + e + H + + 2 e 3,3 15 9

10. H, + e +H,*+e 10,3 0 2 60 11. H$+H, + H f + H u prop l /g; bei 2eV u - 15 . 10-18 cm2 [261 12. H +H, + H 3 + + e [171 13. H3+ + 2H2+ H,+ + H, ~251 14. H, + e +H,*+e 0,54 0,45 3 ~ 7 1

4. H f + e - + H + + H + e 12,4 3-16 16

Durch diese Beziehung wird auch der DissoziationsprozeB 4 beschrieben, wo no dann die H,+-Konzentration bezeichnet. Bei Approximation des Wirkungsquer- schnittes als Funktion der Energie durch die FABRIKmTsche Naherung und An- nahme einer MAswELL-\'erteilung fur die Elektronen erhalt man fur den Ge- schwindigkeitskoeffizienten [28] :

(3) u- - ui f u,

urn - ui b =

asfax = Querschnitt im Maximum der Ionisierungsfunktion bei der Energie e U , Ui = Ionisierungsspannung U- = Elektronentemperatur in Volt e, m- = Elektronenladung und Masse

Hierbei werden die StoBpartner , der Elektronen wegen U- > T,,, als ruhend betrachtet.

Fur die Berechnung der Geschwindigkeitskoeffizienten der Molekul- (k, Pro- zeD 1) und Atomionisierung (k2 ProzeB 7) sowie der Molekulionendissoziation (k3 ProzeB 4) wurden die in der Ubersicht angegebenen Daten verwendet, wobei fur den ProzeB 4 mit dem Wirkungsquerschnitt von 16 - 10-l6 om2 gerechnet wurde. Die Koeffizienten sind in der Abb. 6 als Funktion der Elektronentempera- tur U- angegeben.

Im Falle der Ionen-Molekul-Reaktion 11 laBt sich der Wirkungsquerschnitt als Funktion der Energie bzw. der Geschwindigkeit nicht durch die FABRIKANTsche Form approximieren und die Energie des einen StoBpartners kann nicht vernach-

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Untersuchungen am Siulenplasma der Wasserstoff -~iederdruck-Glimmentladung 19

lassigt werden. Fur den Geschwindigkeitskoeffizienten erhalt man [25]

COW

a (9) ist der von der Relativgeschwindigkeit g abhiingige Wirkungsquerschnitt, fl (v+) die Geschwindigkeitsverteilung der Ionen und f z ( v ) die der neutralen StoB- partner. Wenn beide StoBpartner die gleiche Geschwindigkeitsverteilung be- sitzen, fur die Ionen wird also der Energiegewinn im elektrischen Feld vernach- lassigt, und der Wirkungsquerschnitt die Form

hab, so wird k4 = u,,.

O# 49 $0 $ 1 1,2 b3 74 l,S 1,6 1,7 1,8 1,9 2,OU-IW

Abh. 6. Geschwindigkeitskoeff izienten fur die Ionisierung der Wasserstoffmolekiile k,, der Wasserstoffatome k,, der Dissoziation der Wasserstoffmolekiilionen (H2+) k3 in Abhangigkeit

von der Elektronentemperatur

2*

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20 M. SCHMIDT

Der Wert a. = 2, l . wurde aus den theoretischen Werten (azev = 1 5 . 10-ls cmz) von [26], die bei [25] angefuhrt sind, bestimmt. Der aus der Theorie gewonnene Wert ist deshalb verwendet worden, da die experimentellen Ergebnisse [24, 251 die geforderte Geschwindigkeitsabhangigkeit nur naherungsweise be- statigen. Messungen von uo durch REUBEN und FRIEDMcrax [29] ergaben im Elp-Be- reich von 5-50 V/cm - Torr Werte von 2,03 .

Die im cm-Rohrlange enthaltene Elektronenzahl N- kann naherungsweise aus dem Entladungsstrom und der bekannten von E/p abhangigen Driftgeschwindig- keit der Elektronen aus

erhalten werden. Fur die Bestimmung der Neutralgasdichte no aus clem Druck wurde die Teni-

peraturerhohung (Abb. 5) beriicksichtigt und wie oben die Wandtemperatur gleich der Gastemperatur gesetzt. Die Wandverluste ‘v, der einzelnen Ionenarten lassen sich ausgehend von ( 1 ) beschreiben:

bis 1,65 cm3/s.

I = eN-v- (6)

N , v , = 2 2 ’ n R . 1 =2 ,89 b,+ ___ = a, ( I , U - ) ~ (7 ) e z R3e v- N - e N-

k I U - N , 2 n R . 1

N , ist gleich der Anzahl der Ionen der Art v im cm-Rohrlange. Die fur die Berech- nung der a, erforderlichen Beweglichkeiten der H+- und H,+-Ionen sind [19] ent- nommen.

Da fur die Hz+-Ionen kein Wert angegeben ist, wurde dieser uber einen Vergleich mit den Daten der Stickstoffionen aus b x z + / b ~ , + = b ~ ~ + / b ~ + und

Bei diesem Vorgehen ist angenommen, daB das Verhaltnis der Beweglichkeiten der verschiedenen Ionenarten eines Gases naherungsweise fur 2 atomige Gase ubereinstimmt :

b ~ z + / b ~ 3 + = b ~ , + / b ~ , + zu 9,4 (cm2/V * S) abgeschatzt.

bNlf:bNZ+:bx3+ =z 2,54:1,70:1,90 = 1:0,68:0,75 1301

bO,-:bO,-:bO,- = 3,7:2,1:2,8 = 1:0,57:0,76 E l p = 20 ~ 4 1

~ 9 1 bH+: b ~ 3 + = 14,4 : 10,2 = 1 : 0,72

Wenn an Elementarprozessen die Prozesse 1, 4, 7, 11 (Tab. 1) berucksichtigt werden, erhalt man bpi Beachtung der Quasineutralitat und der Tatsache, daB die Neutralgasdichte no durch die Zahl der Wasserstoffatome n H und Molekiile nH2 in cm3 gegeben ist, die folgenden Teilchenbilanzgleichungen :

k3 N , nHN-kz + N,N- - - ~ R2z N- = 0

a2 = o k N nHzN-k , - Nzn,Hzk, - N z N - 3 - 2

R2n N-

N , N-

N , + N , + N , = N.

N2nHz k, - - a3 = 0

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Untersuchungen am Saulenplasma der Wasserstoff-Xederdruck-Glimmentladung 21

lo7 t55 1,6 1,65U-IVl 8,

6 - 4 - dbb. 7. Berechnete Konzentrationen cler Was-

serstoffatome und Molekule in Abhiingigkeit

no = Neutralgasdichte, p = 1,5 Torr, 10 mA von der Elektronentemperatur ; 2 -

106 81 6 - 4

Abb. 8. Berechnete mittlere Konzentrationen der Hf-, H2+- und H,+-Ionen in Abhangigkeit

von der Elektronentemperatur ;

N, , N , und N , bezeichnen die Anzahl der Wasserstoffionen Hf, H2+ und H3+ in dem betrachteten Volumen.

Die Berechnung der Teilchenzahlen N, , N, , N , sowie der Konzentrationen nH, nH2 wurde fur die Entladungsstromstarken von 10 und 40 mX durchgefuhrt. Da die Koeffizienten k,, k,, k, (Abb. 6) und a, Funktionen der Elektronentemperatur sind, wurden die Losungen des Gleichungssystems in dbhangigkeit von diesem

-

-

=

? 2 : p \ n w

Icm?3 t I0 mA n ~cm-31 t I0 mA

Parameter bestinimt. In den Abb. 7,8,9,10 sind die aus den Losungen gewonnenen Ionen- und Xeutralgaskonzentrationen uber der Elektronentemperatur fur 10 und 40 mA aufgetragen. Es zeigt sich, daR physikalisch sinnvolle Losungen nur uber einen schmalen Temperaturbereich existieren (10 mA: 1,i- 1,64 I-: 40 mA:

Die groRen Streuungen in den berechneten H2+-Konzentrationen sind darauf zuruckzufuhren, daR die Rechnungerl. nur mit einer Genauigkeit von 6 Ziffern clurchgefuhrt sind. Da die Losungen als kleine Differenzen groRer Zahlen auf- treten, ist diese Genauigkeit fur die H2+-Konzentrationsberechnung wegen der um 3 -4 GroRenordnungen kleineren Dichten nicht mehr ganz ausreichend. Aus

1,45-1,68 V).

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den Abb. 7 und 9 ist die Anderung der Neutralgaszusammensetzung mit der Elektronentemperatur zu ersehen. Die steigende Elektronentemperatur ist von einer wachsenden H,-Konzentration, also einem fallenden Dissoziationsgrad be- gleitet. Die sich in der Entladung einstellende Atomkonzentration hiingt von der Erzeugungsrate und von den Verlustprozessen ab. Letztere sind wesentlich be- stimmt durch die Rekombinationsraten an den Grenzflachen der Entladung, also an den Wanden und Elektroden. Da diese quantitativ nur schwer erfaBbar sind f iir die vorliegenden Entladungsbedingungen, wurde in dem Gleichungssystem die Wasserstoffatombildung nicht bilanziert und die Elektronentemperatur er- scheint somit als freier Parameter. Das Absinken der Energie des Elektronengases bei steigendem Dissoziationsgrad ist verstandlich wegen des groBeren Geschwin- digkeitskoeffizienten fur die Atom- gegeniiber der Molekulionisierung. Wenn die Neutralgaszusammensetzung als unabhangig vom Entladungsstrom angenommen wird, so andert sich die Elektronentemperatur praktisch nicht mit dem Ent- ladungsstrom, wie es von der SCHOTTKY-Theorie gefordert wird. Die Voraussetzun- gen dieser Theorie gelten auch fur die vorliegenden Rechnungen bis auf den Ver- zicht auf die Bedingung der Existenz nur einer einzigen Ionenart. AuBerdem sind 2 Neutralgaskomponenten berucksichtigt.

Verbunden mit der hde rung der Gaszusammensetzung ist eine starke Variation insbesondere der H+- und H3+-Konzentration in der Entladung. Die H,+-Ionen spielen eine untergeordnete Rolle wegen des grol3en Querschnittes fur die Um- wandlung der H,+- in H3+-Ionen. Es zeigt sich, daB jede Neutralgaszusammen- setzung, also letzten Endes bei einem bestimmten Entladungsstrom die Natur, Beschaffenheit und Lage der Begrenzungsflachen der Entladung, eine bestimmte Elektronentemperatur und damit Ionenzusammensetzung erfordert. Umgekahrt kann bei Giiltigkeit dieser Theorie aus bekannten Ionenkonzentrationsverhiilt- nissen auf die Gaszusammensetzung, also den Dissoziationsgrad in der Entladung, geschlossen werden.

Die VerhLltnisse der Ionenkonzentrationen lassen sich in einfacher Weise, wie aus (1) folgt, iiber

aus den gemessenen Wandstromdichten gewinnen. Aus dem gemessenen Ionen- stromdichteverhaltnis jH$/jH+ (Abb. 3) von 22 bei 40 mA ergibt sich uber (9) ein Konzentrationsverhiiltnis von n ~ 3 + / n ~ + = 2 2 . 1,91 = 31. Dieses Verhaltniu wird bei einer Elektronentemperatur von knapp 1,68 V erreicht. Aus den be- rechneten Werten und der gemessenen Wandstromdichte der H3+-Ionen erhalt man rnit (9) fur die H2+-Wandstromdichte j ~ ~ + = 6 . 10-9A/cm2, was in der GrBBenordnung der MeBwerte liegt. Bei der Temperatur von knapp 1,68 V er- hiilt man einen Wasserstoffatomanteil von ca. 1 yo. Dem stehen Messungen des Dissoziationsgrades von [31] an Wasserstoffentladungen gegeniiber, wo bei 40 mA, 1,5 Torr und 1 cm Rohrdurchmesser eine Atomkonzentration von ca. 30% bestimmt wurde. Die Rohrwand war hier allerdings mit Phosphorsaure vergiftet, um die Wandrekombination herabzusetzen, und das Rohr mehrere Meter lang, so daB die Rekombination an den Elektroden vernachliissigt werden konnte. SEELIGER und STRAEHLER [32] kommen durch Temperaturmessungen in einer Wasserstoffentladung, 1,5 Torr, 3 cm Rohrdurchmesser und etwa 30 mA Ent- ladungsstrom, zu dem SchluB, daB der Dissoziationsgrad nur einige Prozent be- tragen kann. Da hier die Rohrwand nicht speziell behandelt wurde, um die Re-

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Untersuchungen am SLulenplasma der Wasserstoff-Niederdrck-Glirnmentladung 23

kombination zu verhindern, hat man wahrscheinlich auch unter den vorliegenden Bedingungen nur mit kleinen Dissoziationsgraden zu rechnen. Gestutzt wird diese Vermutung dadurch, daB im Spektrum der Entladung die Balmerlinien re- lativ schwach neben dem Viellinienspektrum auftraten. Ferner wurde an der vor-

2-

108 - 8 = 6: 4-

2-

2 7 I I I I , I I I I I 1 1 , I I I I I I I I - $5 $55 t6 1,65 1,7U,CVI

Abb. 9. Berechnete Konzentrationen der Was- serstoffatome und Molekiile in Abhiingigkeit

von der Elektronentemperatur ; no = Neutralgasdichte, p = 1,5 TOR, 40 mA

1o;r 6- 4 -

4 6

Abb. 10. Berechnete mittlere Konzentrationen der Hf-, H2+- und Hf-Ionen in Abhiingigkeit

von der Elektronentemperatur ; 7 ~ - = mittlere Elektronenkonzentration,

p 1,5 Torr, 40 mA

r

-

-

-

' nH2 t 1062=/Re->e 8 a

I I I I 1 l 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

liegenden Apparatur mit der Methode nach WREDE [33] der Dissoziationsgrad gemessen. Hierbei diffundieren durch die Duse aus der Entladung Wasserstoff- atome und -molekule, wobei eine Platinfolie in der Nilhe der Duse als Katalysator dient, an dem die Rekombination der Atome zu Molekulen erfolgt. Es ergibt sich fur 40 mA ein Wert von rund 1,5%. Trotz der guten ubereinstimmung mit dem aus den Ionenstrommessungen uber die Rechnungen gewonnenen Wert muB be- tont werden, daB die Bestimmung des Atomanteils mit der Methode nach WREDE unter den vorliegenden Bedingungen mit einem groBen Fehler behaftet sein kann, da der Effusionsdusendurchmesser nicht klein gegen die mittlere freie Weglilnge ist und zum anderen die Ablesung der kleinen Druckdifferenzen mit dem MCLEOD Schwierigkeiten bereitet. Fur 10 mA konnte die Atomkonzentration mit dieser

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24 M. SCHJIIDT

Methode wegen der unzureichenden Empfindlichkeit des BIcLeods nicht fest- gestellt werden. Nach [31] fallt der Atomanteil mit sinkender Stromstlrke, was die Ionenstrommessungen durch Anstieg des H,+-Anteiles bestatigen. Die aus den Rechnungen erhaltenen Elektronentemperaturen von rund 1,7 Volt stimmen mit den aus den Sondenmessungen gewonnenen Werten (2 , l und 2,5 Volt fur 10 bzw. 40 mA) nicht iiberein.

ffberlegungen zur Bestimmung der Teilchenkonstruktionen in Wasserstoff- plasmen wurden bereits von anderen Autoren durchgefuhrt. XURRAY [6] berech- nete die Ionenstromverhaltnisse in Wasserstoff-Deuterium-Gemischen aus einer Entladung im Millitorrbereich fur verschiedene axiale Magnetfelder. ORTENBUR- GER und Mitarbeiter [34] stellten in Zusammenhang mit Cntersuchungen an der HF-Entladung ein System von 3 Bilanzgleichungen ahnlich (8) auf, aber ohne Beriicksichtigung der Dissoziation der Xolekiilionen. Sit: diskutieren die Druck- abhangigkeit der IIonenzusamrnensetzung nur qualitativ, da ihnen die Wand- stromrate und die Atomkonzentration nicht bekannt sind. GOODYEAR und TON

EXCEL [23] begrunden die grolJe Haufigkeit der Atomionen in Wasserstoff-HF- Entladungen bei Drucken um lo-, Torr.

Der Vergleich unserer Rechnungen rnit dem Experiment zeigt, dalJ der Zu- sammenhang zwischen den Ionenstromverhaltnissen und der Neutralgaszu- sammensetzung durch das zugrunde gelegte Model1 befriedigend wiedergegeben wird. Die wichtigsten Elementarprozesse sind wahrscheinlich beriicksichtigt, insbesondere scheinen Stufenprozesse fur die Ionisierung trotz der neuerlich nach- gewiesenen Existenz metastabiler Xveaus beim Wasserstoffmolekul [35] nicht bedeutend zu sein. Der EinflulJ metastabiler Atome ist sicher klein wegen der geringen Atomkonzentration unter den vorliegenden Bedingungen. Wesentliche Verfeinerungen erscheinen moglich durch Ersatz der &kXvVELL-Verteilung der Elektronen durch eine den gegebenen Verhaltnissen besser angepal3te Verteilung (siehe folgenden Abschnitt) und Beachtung des radialen Dichteprofils. Weiterhin ist die Wirkung der in der Entladung sicher vorhandenen negativen Ionen und der EinfluB von Potentialschwingungen gar nicht berucksichtigt.

5. Zur Energieverteilung der Elektronen

Fur die vorliegende Wasserstoffsaule ergeben sich zwei verschiedene Elektronen- temperaturen. Aus uberlegungen uber die Tragerbilanz und aus der SCHOTTKY- Theorie [36] erhalten wir Werte um 1,7 Volt, aus den Sondenmessungen werden Temperaturen um 2,3 Volt bestimmt. Ferner kann sie aus (2) mit den gemessenen Wandstromdichten bestimmt werden, wenn nur die Direktionisierung der H,- Molekule beriicksichtigt wird, was bei der geringen Atomkonzentration statthaft ist. Die Umwandlung der H,+- in Hf-Ionen ist ohne Bedeutung. N- und n H 2 sind durch Entladungsstrom und Gasdruck gegeben, und man erhalt fur 40 mA einen Geschwindigkeitskoeffizienten k, von 1,6 . lo-', om3 s-l, woraus nach Abb. 6 eine Elektronentemperatur von 1,8 V folgt. Andererseits ergeben Messungen der mittleren Elektronenenergie als Funktion der reduzierten Feldstarke fur den bei 40 mA bestimmten Wert von 17 V/cm Torr eine mittlere Elektronenenergie von 2,6 V [37]. Die Elektronenenergie wurde dabei aus HF-Zundspannungsmessungen mit und ohne uberlagertem Gleichfeld gewonnen.

Die Diskrepanz zwischen den beiden Elektronentemperaturen, namlich 1,8 V und ca. 2,5 V, lieBe sich erklaren, wenn im Wasserstoff eine Energieverteilung

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Untersuchungen am SLulenplasma der Wasserstoff-Xcderdrurk-Glimmentladung 25

mit einem Defizit an schnellen Elektronen angenommen wird. Darauf weisen Berechnungen der Verteilungsfunktion von FROST und PHELPS [26] hin, die zu- xnindest im Bereich niedriger Energie (< 10 eV) eine Verteilung erhalten, die zwischen der MAXWELL- und der DRUYVESTEYN-Verteilung liegt. Alle Rech- nungen mit durchgangiger ?rIaswELL-Verteilung ergeben dann eine niedrigere mittlere Elektronenenergie rnit einer entsprechend hohen Ionisierungsrate durch die groBe Anzahl schneller Elektronen. Die Messungen der Elektronenenergie mit der LANGxuIR-Sonde erfassen im wesentlichen nur den Bereich relativ langsamer Elektronen, und man erhalt hier eine hohe mittlere Energie, die die vorliegende Verteilung besitzen muB, um die zur Deckung der Wandverluste notige Ioni- sierungsrate zu erreichen. Diese hohe mittlere Energie wircl auch in dem RIel3- verfahren von [37] bestimmt, wo Bedingungen vorliegen, in denen an der Ein- stellung der Verteilungsfunktion Ionisierungsprozesse wesentlich beteiligt sind. DaI3 die Berechnung der Wandstromdichte rnit der PAHLSChen Beziehung (1) unter Benutzung der gemessenen hohen mittleren Energie zu annahernd richtigen Werten fiihrt, erscheint verstandlich, weil hier die Elektronentemperatur iiber eine TransportgroBe durch 0, = k / e b+ T-, eingefuhrt wird, die allerdings uber die Randbectingung der SCHOTTKY-Theorie R v m a = 2,405 auch rnit der Er- zeugung 71 verkniipft ist. Die Elektronentemperatur beherrscht also in der PAHL- schen Beziehung im wesentlichen die Transportgrofien, die durch den nieder- energetischen Anteil der Verteilungsfunktion bestimmt werden. Auf Grund der instabilen Entladungsbedingungen war es nicht moglich, aus den aufgenommenen Sondenkennlinien weitere Schliisse auf die vorliegencle Verteilungsfunktion zu ziehen.

6. Energiebilanz der Wasserstoffsaule

Einen interessanten Einblick in das Entladungsgeschehen gibt die Betrachtung der Energiebilanz der positiven Saule. Dem Energiegewinn der Elektronen im Langsfeld der Saule stehen die Verluste durch elastische und unelastische StoBe im Gasraum und durch WandstciBe gegeniiber. Da unter den vorliegenden Ent- ladungsbedingungen der Dissoziationsgrad sehr klein ist, sollen bei den unelasti- schen StoBen nur die Ionisierung (ProzeB 1, Tab. I) , Anregung (ProzeB 10,14) und die Dissoziation (ProzeB 5 ) der Wasserstoffmolekiile berucksichtigt werden. Die pro cm Siiulenlange fiir diese Prozesse verbrauchte Energie laBt sich dann darstellen durch

W , = U,, .N-nH2 k, . (10)

Die elastischen StoBverluste bestimmen sich aus

2 m-

fM TV,, = v p N - -- u-.

Die StoBfreyuenz ist nach [38] in 1. Raherung von der Geschwindigkeit der Elektronen unabhangig und ist, fur 1 Torr gegeben (vITorr = 6 . lo9), p bezeichnet den Gasdruck (in Torr), 1))- die Elektronen- und ,TI clie Molekiilmatrse. U- ist die mittlere Elektronenenergie.

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26 M. SCHMIDT

Die Verluste durch WandstoBe sind nach [39] gegeben durch

Ww=N-klnH,U- [ In (; - rn+)l', + 21. 7c m-

E ist die EuLERsche Zahl, m+ und m- die Wasserstoffmolekiilionen- und Elektro- nenmasse .

Bei der Berechnung aller Verlustprozesse wird eine ~LiXWELL-Verteilung der Elektronen mit einer Temperatur von 1,65 V angenommen, fur den Strom von 40 mA und den Gasdruck von 1,5 Torr erhiilt man folgende Werte (in Watt)

Den so berechneten Verlusten von rund 0,85 Watt steht eine gemessene Verlust- leistung von 40 -

Beachtlich ist der aus dieser Abschatzung folgende hohe Energieverlust durch Dissoziation der Wasserstoffmolekule. Im cm3 werden im Xittel pro Sekunde unter den vorliegenden Bedingungen durch ElektronenstoB rund 7 . 10ls Wasser- stoffatome erzeugt. Da die Konzentration etwa 5 . 1014cm-3 betragt (lyo), liegt die mittlere Lebensdauer der Atome bei lo-' 9. Als Verlustprozesse kommen Wand- rekombinationen an der Glaswand und insbesondere an der metallischen Anode so- wie Dreier-StoBrekombination im Gasraum in Frege. Mit dem Geschwindigkeits- koeffizienten k = 6,5 - fur die Dreier-StoBrekombination mit Ha als dritten StoBpartner [40] erhalt man bei einer H-Konzentration von 1% fur die Zahl der pro s im cm3 vernichteten H-Atome 8 . 1014.

Da im stationiiren Fall die Erzeugung gleich den Verlusten ist, verschwinden knapp 7 - 1OI6 Atome in cm3 durch Wandrekombination Das Verhkltnis Volumen- zur Wandrekombination wird danach 1 : 100.

ORTENBURUER und HERTZBERG [33] haben die Frage aufgeworfen, ob die Wasser- stoffatomproduktion im wesentlichen durch den , ,primarend ' Eneugungsmechanis- mus, also ElektronenstoB (ProzeB 5 ) , oder aber durch den ,,sekundaren" zusammen mit der H,+-Bildung und Rekombination (an der Wand) erfolgt :

A 18,s V = 0,75 Watt gegeniiber.

H, + H,+ -+ H3+ + H; H3+ + e --f H, + H.

Hier entstehen also aus jedem H,+-Molekulion 2 H-Atome. Da sich die Hf-Ionen unter unseren Bedingungen praktisch vollstiindig in Hf-Ionen umwandeln, gibt das Doppelte der Ionisierungsrate die Zahl der pro cm3 und Sekunde erzeugteii H-Atome :

ZH = 2 n _ n ~ , k , = 3 - 1014 ~ m - ~ s-'.

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Untersuchungen am Siulenplasma der Wasserstoff-Niederdruck-Glimmentladung 27

n- ist dabei die mittlere Elektronenkonzentration. Diese Erzeugungsrate ist also im vorliegenden Fall um 2 GroBenordnungen kleiner als die Dissoziation durch ElektronenstoB (7 . 10l6 om3 s-l).

Den Herren Professoren Dr. WULFHEKEL und Dr. WILHELX mochte ich fur ihr stetes und forderndes Interesse bei der Durchfuhrung dieser Arbeit danken.

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