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Z. anorg. allg. Chem. 477, 31-34 (1981) J. A. Barth, Leipzig Massenspektroskopisch beobachtete Oxidchlorid-Komplexe Von HARALD SCHAFER, MICHAEL BINNEWIES und ULRICH FLORKE Miins t er, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat Inhal tsiibersicht. Massenspektroskopische Beobachtungen haben gezeigt, daB zahlreiche Molekeln von Oxid- (und Hydroxid-)chloriden des Aluminiums entstehen, wenn gasformiges &CI,- (A12C16) mit der QuaIz- oder Glaswand reagiert. Perner wurden Fragmente der Molekeln MA130C1, (M = Ca, V, Cr, Go, Cu) und M'AIOCI, (M = Nb, Ta, No) beobachtet. Auch deuten Fragmente auf die moglichen Molekeln TiAl,OCl,, VAl,OCl, und PbAI,OCl, hin. Mass Spectroscopic Observed Oxidechloride Complexes Abstract. Mass spectroscopic observations have shown, that numerous molecules of oxide (and hydroxide) chlorides of aluminium are formed, when gaseous AICl,(AI,CI,) reacts with the quartz or glass wall. Also fragments of the molecules iWAl,OCi, (M = Ca, V, Cr, Co, Cu) and M'AIOCl, (M = Nb, Ta, Mo) hare been observed. Moreover other fragments can be explained by the existence of the molecules TiA120C16, VAI,OCI,, and PbAI,OCi,. 1. Eiiileitung Oxidchlorid- und Hydroxidchloridmolekeln des Aluminiums sowie die Molekel CrL41,0CI,, haben wir friiher schon beobachtet [I]. Inzwischen wurden im Zu- sammenhang mit massenspektroskopischen Messungen zur Bildung von (sauer- stoff-freien) MCIx - nAlC1,-Komplexen aus MCI,,, und AI,C1,,g noch eine ganze Reihe weiterer Oxidchloride registriert. Hierbei traten diese z. T. in Konzentra- tionen auf , die mit denen groBerer (O-freier) Chloridkomplexe vergleichbar waren. Damit ergibt sich auch die (hier nicht beantwortete) Frage, ob Messungen der reinen Chlorid-Komplex-Gleicligewichte (mit Mitfuhrungsmethoden, Gesamt- druckmessungen oder Messung der Extinktion) durch die Gegenwart gasformiger Oxidchloride gestort werden konnen. Dies hat uns veranlaflt, die bisherigen Er- gebnisse zusammenzustellen. 2. Experimente Doppelzellen aus Duranglas oder Ouarzglos [S] enthalten in Zelle 1 mit der Temperatur TI w 360 bis 420 K sublimiertes AICl, und in der damit durch ein Rob verbundenen Zelle 2 mit TZ m 360 bis 600 K, die rnit Al,Ci, reagierende feste Substanz. Teile der Gasphase gelangen durch eine Effusionsoffnung (Durchmesser w 0,5 mm, bzw. bei sogen. ,,Hochdruckzellen" 0,05 mm) in das Quadrupolmassenspektrometer.

Massenspektroskopisch beobachtete Oxidchlorid-Komplexe

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Z. anorg. allg. Chem. 477, 31-34 (1981) J. A. Barth, Leipzig

Massenspektroskopisch beobachtete Oxidchlorid-Komplexe

Von HARALD SCHAFER, MICHAEL BINNEWIES und ULRICH FLORKE

Miins t er, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat

I n h a l ts i ibers icht . Massenspektroskopische Beobachtungen haben gezeigt, daB zahlreiche Molekeln von Oxid- (und Hydroxid-)chloriden des Aluminiums entstehen, wenn gasformiges &CI,- (A12C16) mit der QuaIz- oder Glaswand reagiert.

Perner wurden Fragmente der Molekeln MA130C1, (M = Ca, V, Cr, Go, Cu) und M'AIOCI, ( M = Nb, Ta, No) beobachtet. Auch deuten Fragmente auf die moglichen Molekeln TiAl,OCl,, VAl,OCl, und PbAI,OCl, hin.

Mass Spectroscopic Observed Oxidechloride Complexes Abst rac t . Mass spectroscopic observations have shown, that numerous molecules of oxide

(and hydroxide) chlorides of aluminium are formed, when gaseous AICl,(AI,CI,) reacts with the quartz or glass wall.

Also fragments of the molecules iWAl,OCi, (M = Ca, V, Cr, Co, Cu) and M'AIOCl, ( M = Nb, Ta, Mo) hare been observed. Moreover other fragments can be explained by the existence of the molecules TiA120C16, VAI,OCI,, and PbAI,OCi,.

1. Eiiileitung Oxidchlorid- und Hydroxidchloridmolekeln des Aluminiums sowie die Molekel

CrL41,0CI,, haben wir friiher schon beobachtet [I]. Inzwischen wurden im Zu- sammenhang mit massenspektroskopischen Messungen zur Bildung von (sauer- stoff-freien) MCIx - nAlC1,-Komplexen aus MCI,,, und AI,C1,,g noch eine ganze Reihe weiterer Oxidchloride registriert. Hierbei traten diese z. T. in Konzentra- tionen auf , die mit denen groBerer (O-freier) Chloridkomplexe vergleichbar waren. Damit ergibt sich auch die (hier nicht beantwortete) Frage, ob Messungen der reinen Chlorid-Komplex-Gleicligewichte (mit Mitfuhrungsmethoden, Gesamt- druckmessungen oder Messung der Extinktion) durch die Gegenwart gasformiger Oxidchloride gestort werden konnen. Dies hat uns veranlaflt, die bisherigen Er- gebnisse zusammenzustellen.

2. Experimente Doppelzellen aus Duranglas oder Ouarzglos [S] enthalten in Zelle 1 mit der Temperatur TI w

360 bis 420 K sublimiertes AICl, und in der damit durch ein R o b verbundenen Zelle 2 mit TZ m 360 bis 600 K, die rnit Al,Ci, reagierende feste Substanz. Teile der Gasphase gelangen durch eine Effusionsoffnung (Durchmesser w 0,5 mm, bzw. bei sogen. ,,Hochdruckzellen" 0,05 mm) in das Quadrupolmassenspektrometer.

32 H. S C ~ F E R , M. BINNEWIES u. U. FL~RKE

Beobachtungen (Tab. 1) Exper iment 1. Verdampfung von AlC1, aus Quarzzelle, T, = 358 K;

T, = 503 K ; (Zelle 2 leer). Hierbei wurden die folgenden Fragmente beobachtet (relative Intensitat) :

Al,Cl,+ (1000); Al,OCl,+ (4,O); Al,Cl,OH+ (0 ,5); AI,O,CI,+ (0,4); Al,OCl,+ (0, l ) ;

Diese Fragmente traten mit Glas- oder Quarzzellen, n ich t aber mi t Nickel-

Wegen weiterer Oxid- und Hydroxidchloride des Alumiiiiums vgl. Ab-

~,02C11,+ (03) .

zellen auf.

schn. 3.

Tabelle 1 Beobachtungen rnit MC1,- bzw. MOC1,-haltigen Systemen

Exp. Substanz T, (K) beobachtete I(Fragment) * 101 wahrscheinliche Nr . bei T, Fragmente : I(Al,CI,+) Muttermolekel

2 3

4

5 6

8 9 10 11

CaCl, TiCl,

VCI,

Crcl, COCI,

cuc1,

PbCI,

TaOCl, MoCI,

NbOCI,

573 608

603

350 475

443

750 503 503 458

CaA1,0C18+ TiAl,OCl,+ TiAl,OCl$ VAI,OCl$ VAl,OCI,+ CrAl,OCI$ CoAI,0C18+ CoAI,OGl,+ CuAl,OCl,+

PbAI,OCI,+ NbAIOCI,+ TaAlOClf MoAlOCI,+

CuA1,OCl8+

0,30 0,70 6 6 3,4

5,o 4.5

3,2 14,4 13,O

CaAI,OCI, TiA120CI,(TiAI,0CI, ?)

VAI,OCI,(VAl,OCI, ?)

CrAI,OCl, CoAI,OCl,

VAI,OCI~(VAI,OCl~, ?)

(CUAl,0Cl8 ?) CuAl,OCl, PbAI20Cl, NbAlOCI, TaAlOCI, MoAlOCl,

a) Beachtenswert ist, da13 Oxidchlorid-Komplexe beim Einsatz von MCl, mit &I = Ca, Ti, V, Cr, Co, Cu, Pb mit Glas- oder Quarzglasze l len auftraten. Bei Verwendung von Doppelzellen aus N i eke1 wurden Versuche rnit Al,CI, sowie VCl,/Al,Cl, durchgefiihrt und keine Oxidchloride gefunden. b) Ti- und V-Oxidchloride wurden nur mit , ,Hochdruckzellen" (T, = 420 K) beobachtet. c) Die Intensitaten von CoAl,OCI,+ und CoAI,OCl,+ betrugen etwa das vierfache von der des CoAl,CI,,-Fragments CoAI,CI,,+. d) NbOCI, und TaOCl, wurden durch thermische Zerlegung von MCl, * (C,H,),O dargestellt [3]. e) MoCl, kann obcrflachlich kleine Oxid- oder Oxidchloridanteile enthalten, wie massenspektrosko- pische Messungen ergaben. Daher wurden auch die Fragmente MoOCI+, MoOCI,+, MoOCI,+ beobach- tet. Nur menn solche MoOCly+-Fragmente auftraten, wurde auch MoAIOCI,+ gefunden.

3. Diskussion Die massenspektroskopisch hier und friiher [I] sowie von NAUMOVA u. Mitarb.

[4] beobachteten Fragmente gasformiger Oxid- und Hydroxidchloride des Alu- miniums lassen sich wie folgt ordnen :

Al(OH)Cl,+ ; AlCl, - H,O+ Al,(OH)Cli+; Al,(OH)Cl,+; Al,(OH),Cl,+; Al,OCl,+; Al,OCl,+; A12C12 - H,O+

Oxidchlorid-Komplexe 33

A13( OH)Cl,+ ; Al,O(OH)Cl,+ ; Al,0C16+ ; Al,O&&+ Al,OCl,+ ; Al,O,Cl,+ A160.tcllo+.

Diese Oxidchloride sind gegenuber ol-Al,O, + A12C16,g offenbar metastabil. Eine Quelle fur 0 und OH ist die Glas- oder Quarzglaswand, wie aus unsereii

negativ verlaufendeii Versuchen mit Nickelzellen zu schliel3en ist. Das Glas rea- giert oberhalb 573 K mit A12C16,g unter Bildung von auch massenspektroskopisch nachweisbarem SiC1, [5]. Dies haben neue Experimente bestatigt. Da die Glaswand (nicht iiur an der Oberflache) auch Wasser eiithiilt, ist dies auch eine Quelle fiir H,O bzw. OH.

Die kleinen OH-haltigen Molekeln (Al(OH)Cl,; Al,(OH)Cl,) sind offenbar die ersten Glieder beim Aufbau der grof3eren Oxidchloridmolekeln.

Weiin, wie beobachtet [5], AlOCl in kristallisierter Form bei Reaktion von A1,C1,,g mit Quarzglas entsteht, so liegt es nahe, Oxidchloridmolekeln als beweg- liche Zwischenstoffe anzunehmen. Auch bei der Umwandlung von gasformigem AIC1, bzw. Al,Cl, in Oxid durften solche Zwischenstoffe eine wesentliche Rolle spielen.

Die M-haltigen Verbindungstypen lassen sich in folgende Gruppen ein- ordnen :

a) POCl, - AlC1,-analoge

Den bekannten Gasmolekeln POCl, . AlCl,, POCl, - ZrCl,, POCl, - HfCI, und POCI, - NbCI, (Zitate vgl. bei HASTIE [S]) niit dem Geriist S P O --f M( ent- sprechen offenbar die beobachteten Molekeln >MO + A l e mit M = Nb, Ta, Mo.

/?) Be,OAc,- ana l o g e

Zu diesen Oxidchloriden scheint folgende, Be,OAc,-analoge Vorstellung sinn- voll :

Die Molekeln Al,OCI,,, CaAl,OCl,, CrAl,OCl,, CoAl,OCl, und CuA1,0Clg konnten im Zentrum ein Sauerstoffatom enthalten, das von 4 Metallatomen um- geben ist. Die Metallatome waren uber 6 C1-Brucken verknupft. Feriier wiirde jedes Al 2 und jedes MI1 1 C1-Atom endstiindig binden.

7) MAl,OCl,+, MAI,OCl,+ Diese Fragmente (M = Ti, V, Pb) konnten von den Muttermolekeln M,&OCl,

stammen, die als Derivate von Al,Cl, zu betrachten waren. Jedocli koiinte es sich auch um Fragmente von MAI,OCl, handeln.

SchluSbemerkung Die zu Beginn aufgeworfene Frage, ob Gleichgewichtsmessungen mit sauer-

stoff -freien Chloridsystemen wegen der Bildung gasformiger komplexer Oxid- chloride durch Reaktion mit der Glaswand verfalscht sein konnen, verdient durch- aus Beachtung (vgl. FuDnote c) zu Tab. 1).

3 Z. anorg. allg. Chemie Bd. 477

34 H. SCHXFER, M. BINNEWIES u. U. FLORHE

Es ist ferner daran zu denken, dalj leichtfluchtige (und stabile) Oxidchloride (POCl,, evtl. auch VOC1, oder NbOC1,) als Transportmittel fur die schwerer fluchtige Komponente MCI, wirken konnten. Erste Versuche zum Transport von CoCl, mit POCL, (450 --f 350OC) verliefen jedoch negativ.

Literatur [l] H. SCH~FER u. 4[. BINNEWIES, Z. anorg. allg. Chem. 48‘3, 58 (1977). [S] M. BINNEWIES, %. anorg. allg. Chem. 435, 156 (1977). [3] F. FAMBROTHER, A. H. COWLEY u. N. SCOTT, J. Less-Common Metals 1, 206 (1959). [4] T. N. NAU&IO~A. L. S. ZHEVAINA, R. V. POPONOVA, M. 8. CWPAKHIN u. B. D. STEPIX, Russ.

J. Inorg. Chem. 24, 10 (1979). [6] H. SCHAFER. 31. ‘rRENKEL U. I\I. PEINE, z. anorg. allg. Chem. 445,129 (1978). [GI J. W. HISTIE, High-Temp. Vapors, New York 1975.

Bei der Redaktion eingegangen am 1. September 1980.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HARALD S C ~ F E R , Dr. M~CHAEL BINNEWIES und DipLChem. ULRIUE FLORKE, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Gievenbecker Weg 9, D-4400 Munster