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Materialien für die Evangelische Jugend - ejh.de · Anne Voss Sich auf Gottes Gegenwart einlassen ... Katharina Corswand, Mareike Genter, Anna von Knobelsdorff Wenn Gott dich morgen

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Materialien für die Evangelische Jugend

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …Kampagne der Evangelischen Jugend 2004/2005

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Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …

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KAMPAGNE DER EVANGELISCHEN JUGEND

Thorsten Tripmaker, Michaela BärwaldtEditorial ................................................................................................................................................................... 7

Wencke BreyerEin etwas sperriges Motto .................................................................................................................................. 8

Dr. Margot KäßmannGrußwort der Bischöfin ....................................................................................................................................... 9

Dorothea BiermannLeben ist Kampf – »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...«, dann kann das hart und schmerzhaft sein .................................................................................................... 10

Marianne Mühlenberg Uns auf den Vater besinnen – Grußwort des Jugendausschusses der Landessynode .......................... 10Dine FechtEin persönliches Votum zur Kampagne der Evangelischen Jugend ......................................................... 11

Anne VossSich auf Gottes Gegenwart einlassen Gottesbilder sind ein Teil unserer Verwundungen und Glückserlebnisse .............................................. 12

Henning HinrichsNimmt Gott in den Arm? – Gottesbegegnungen in der Hebräischen Bibel ............................................ 15

Karl-Heinz FriebeGleicher Lohn für ungleiche Arbeit – oder: Gleiche Verteilung von Lohn und Beschäftigung ........... 19

Text und Musik: Lothar VeitWenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … ........................................................................................ 22

Franziska Bach, Katharina Corswand, Mareike Genter, Anna von KnobelsdorffWenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … – Andacht, entwickelt auf einem GruppenleiterInnenlehrgang .................................................................................... 23

Hannelore LüterArche, Ringkampf, Fisch … – Wie würdest du dich fühlen? ....................................................................... 26

Text: Lothar Teckemeyer, Musik: Wolfgang TeichmannVorbei sind die Tränen ............................................................................................................................. 26

Kampagne der Evangelischen JugendInhaltsverzeichnis

Reni KruckemeyerVon guten Mächten wunderbar geborgen … ................................................................................................. 27

Johanna GorkaLieber Vater – Gebet ......................................................................................................................................... 27

Kerstin SchmidtMenschen sind Engel mit nur einem Flügel Sie müssen sich umarmen, um fliegen zu können – Ein Gottesdienst .................................................... 28

Christine Tergau-Harmsfliegen – fallen – fragen – Andachtsgedanken zum Lied »Fallen« von den Toten Hosen ................... 29

Katja DanielWoher kommt die kleine Delle auf dem Bauch? – Bauchnabel-Andacht .................................................. 31

Text und Melodie: Andreas LettauStay with me .............................................................................................................................................. 32

Imme KochANgeDACHTes – Pausenzeichen mitten im Leben ..................................................................................... 33

Dorothee LüdekeEin Stück vom Himmel … – Gottes Nähe spüren in den kleinen Dingen des Alltags Ein Gottesdienst ................................................................................................................................................. 33

Text: Jan von Lingen, Musik: Gerd-Peter MündenDu bist da .................................................................................................................................................. 34

Reni KruckemeyerWenn Gott dich (morgen) in den Arm nimmt ... – Gottesdienst-/Andachtenbaustein mit Texten von Anselm Grün ............................................................................................................................ 37

Text: Eckart Bücken, Melodie und Satz: Norbert HoppermannGestern und heute ..................................................................................................................................... 37

Anke Holz,Jona: Mit Gott wachsen und reifen – Impulse für einen Kindergottesdienst ....................................... 38

www.praxis-jugendarbeit.deFallschirmspringen – Ungewissheiten aushalten können .......................................................................... 40

Tanja HombergAbschlussübung auf einer Mädchenfreizeit ................................................................................................. 40

Jan WutkewiczWenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … – Andacht ........................................................................... 41

Martin BauerBeginn einer langen Freundschaft – Thematischer Einstieg in das Kampagnemotto ........................ 42

Text und Melodie: Tobias GersterDu bleibst an meiner Seite ...................................................................................................................... 42

Berit BuschGott: Vorstellungen von ihr/ihm – Ein Mitarbeitenden-Tag zum Thema Gottesbilder ........................ 43

Hannelore KöhlerRetour à l‘ expéditeur – Empfänger unbekannt ........................................................................................... 45

www.praxis-jugendarbeit.deSich aufeinander verlassen können – Spiele zum Thema Vertrauen ...................................................... 46

Antje S. NaegliDer Herr beschenke dich .................................................................................................................................. 46

Johanna GorkaWenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … – Das ist ein Grund, eine Party zu feiern! .................. 47

ImpressumHerausgeberinLandesjugendkammer der Evangelischen Jugend in der Ev.-luth. Landeskirche HannoversPostfach 265, 30002 Hannover Archivstr. 3, 30169 HannoverTelefon: 0511 1241-428; fax: –[email protected] www.ejh.de

RedaktionAusschuss für Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesjugendkammer

Satz und Layout

Wilhelm Scheele, Landesjugendpfarramt

Druck

BWH Buchdruckwerkstätten Hannover GmbH

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Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …

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KAMPAGNE DER EVANGELISCHEN JUGEND

die Landesjugendkammer hat sich für ein neues Schwerpunktthema entschieden. Unter dem Motto »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...« wol-len wir mit Jugendlichen aus der hannoverschen Landeskirche darüber sprechen und gemeinsam erleben, welche Auswirkungen die Aussicht auf eine persönliche Begegnung mit Gott auf unser Leben haben kann.

Was müssen wir tun, um Jugendliche auch künftig zu erreichen? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um eine gelungene Arbeit für und mit Jugendlichen leisten zu können? Was sind unsere Standpunkte nach außen und in der Kirche?

Eine Klärung dieser Fragen ist uns wichtig, denn ohne eigene Standpunkte wirkt man profi llos und hat es schwer, sich bemerkbar zu machen. Doch jede Profi lsuche bleibt ziellos, wenn wir den, der unser Tun maßgeblich antreibt, nicht mehr im Fokus haben: Gott. Die Vielfalt, in der sich die Evangelische Jugend präsentiert, ist eine große Bereicherung für unsere Kirche. Doch diese Vielfalt wird farblos, wenn sich nicht in allem Gott fi nden lässt. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, wieder mehr auf Gott zu schauen.

Ein Schritt innerhalb der Kampagne, bei dem wir Standpunkte vertreten haben, war das Lan-desjugendcamp 2004, auf dem über 2 200 junge Menschen zusammengelebt, gefeiert und gebetet haben.

Mit den »Kampagne-Materialien«, ihren Spiel-ideen, Liedern, Andachten, persönlichen State-ments, Entwürfen für Jugendgruppen und Akti-onsvorschlägen, möchten wir Anregungen für die praktische Arbeit in den Gemeinden, Kirchenkrei-sen, Sprengeln, Verbänden und Projekten geben. Außerdem planen wir und freuen uns auf landes-kirchenweite Aktionen mit euch! Auch auf dem Kirchentag in Hannover beim »Abend der Begeg-nung« und in den Zentren »Jugend« und »Kinder« wird die »Kampagne« eine Rolle spielen.

Wir freuen uns über Rückmeldungen zu dieser Arbeitshilfe, über neue Ideen, konstruktive Kritik, weitere Berichte und muntere Erfahrungen, die mit den vorgeschlagenen Aktivitäten verbunden sind. Wir wünschen uns, dass diese Kampagne keine einmalige Sache ist, sondern ein Anfang, aus dem viele neue Ideen und Projekte erwachsen!

Möge das Jahr 2005 für die evangelische Ju-gendarbeit in der hannoverschen Landeskirche unter dem Motto »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...« mit guten Begegnungen und Akti-onen gefüllt sein! Wir wünschen uns Gottes Segen für diese Kampagne!

Thorsten TripmakerVorsitzender der LandesjugendkammerMichaela BärwaldtVorsitzende des Ausschusses für Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesjugendkammer

Liebe Freundinnen, liebe Freundein der Evangelischen Jugend,

…Antworten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Landesjugendcamps

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...

dann fühl ich mich gut

dann hab ich Glückdann weiss ich dass ich nicht allein bin

dann beginnt ein guter Tag

dann hätte ich die Gewissheit, dass mein Weg der richtige für mich ist

dann knuddel ich zurück

dann denke ich an alle, die mich verlassen haben

dann würde ich mich geborgen fühlen

dann wird es ein schöner Tag

dann tu ich dasselbe mit ihm. Er hat‘s verdient

dann hätte ich viele Fragen an ihn

dann freu ich mich auf übermorgen

dann wüsste ich das jemand bei mir ist

dann wäre ich mir meines Glaubens sicher

dann bin ich sicher

dann wissen wir, dass wir nicht alleine sind

dann weiss ich, woran ich geglaubt habe

dann fühl ich mich sicher

dann würde ich nichts als Liebe fühlen

dann hat er mir einen lieben Menschen gesandt

dann werde ich davon hoffentlich wach

dann geht’s mir gut

dann fühle ich mich geborgen

dann glaub ich das nicht

dann werde ich meine Jobangst verlieren

dann ist der Tag gut

dann krieg ich Herzklopfen

dann geht für mich die Sonne auf

dann würde ich mir wünschen, dass er die Rolle mit meinem Freund tauscht

dann bin ich restlos glücklich

dann würde ich die Augen schließen und mir vorstellen, er wäre mein Freund

dann fühle ich mich wohl

dann mache ich einen Freudensprung dann bin ich glücklich

dann wird die Welt voll Sonnenschein sein

dann kuscheln wir

dann hat die Wissenschaft versagt

dann sind wir nicht allein

dann gibt es vielleicht ein Übermorgen

dann fühle ich mich sicher

dann habe ich es gestern nur noch nicht gemerkt

dann wüsste ich, dass das Leben weiter geht

dann weiss ich, dass ich etwas Gutes getan habe

dann wüsste ich, das ich gestorben bin

dann küss ich ihn

dann würde ic

h mich w

undern

dann würde ich mutig in den neuen Tag gehen

das wäre wunderbar

dann sind wir nicht allein

würde ich mich sicher fühlen

dann hat er mich gern

dann wäre ich ihm dankbar für alle bisherigen Fragen und würde es ihm sagen

das wäre schön, das wäre schön, das wäre schön

dann wären alle meine Sorgen passé

dann wäre ich überrascht und fühlte mich gut

dann bin ich noch müde

dann schlafe ich

dann bin ich nicht alleine

dann würde ich mir ganz sicher sein, dass es ihn gibt

dann würde ich mich fragen, woran ich ihn erkannt habe

dann hoffe ich, dass er es jeden Tag macht bis zu meinem Lebensende

dann wird er mich bis in die Ewigkeit schützen

dann hab ich ihn gefunden

dann würde ich mich gut fühlen

dann würde ich mich gedrückt fühlen

dann weiss ich, dass ich nicht allein bin

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WENN GOTT DICH MORGEN IN DEN ARM NIMMT …

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GRÜSSE UND GELEIT

Wenn Gott mich morgen in den Arm nimmt … Auf den ersten Blick etwas unvorstellbares. Ja, einer Person komme ich manchmal nahe, verringere die Distanz durch eine Umarmung. In welchen Situa-tionen nehme ich jemanden in den Arm? • Gute Freunde nehme ich zur Begrüßung oder

zur Verabschiedung in den Arm.• Vor Freude nehme ich meine beste Freundin

in den Arm, nachdem ich meine Klausurer-gebnisse bekommen habe.

• Bei der Beerdigung meines besten Freundes haben wir, seine Freunde, uns in den Arm genommen und so gemeinsam geweint und uns getröstet.

Euch werden ähnliche Situationen einfallen, in denen ihr in den Arm genommen wurdet oder in denen ihr jemanden in den Arm genommen habt.Eine Umarmung hat immer etwas mit Berührung und Körperkontakt zu tun. Von Gott würde ich sagen, dieses berührt Werden und der Körperkon-takt fehlen. Ist das wirklich so? Von Gott weiß ich,

dass er mir in meinem Nächsten nahe ist. Wenn ich also meine beste Freundin oder meinen besten Freund in den Arm nehme, dann nehme ich auch Gott in den Arm und er mich.Warum »morgen«, wenn er mich doch heute schon in den Arm nimmt? Ja, morgen auch. Ich weiß, dass Gott mich jeden Tag neu in den Arm nimmt. So wie sich meine Stimmung ändert, so ändert sich auch seine Umarmung: Mal ist sie kaum wahrzunehmen, weil ich vor lauter Freude nur einen Windhauch merke, und ein anderes Mal gibt sie mir den Halt, den ich brauche, um eine schwierige Situation zu überstehen. So berührt mich Gott auf verschiedene Weise, auch durch seine Taten, die wir in der Bibel nachlesen können. Die berühren mich ebenso: himmelhoch jauchzend oder manchmal auch am Boden zerstört. Auch dann weiß ich, dass Gott mich in den Arm nimmt. Hier und jetzt, heute und morgen!

Wencke Breyer, HannoverVorstandsmitglied der Landesjugendkammer

Ein etwas sperriges Motto

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GRÜSSE UND GELEIT

Leben ist Kampf»Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...«, dann kann das hart und schmerzhaft sein

Wie bei Jakob, dem Mann aus dem Alten Testament kann das Leben hart und schmerzhaft sein. Jakob ist der, der seinem Bruder das Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht abkaufte und ihn später auch noch um den Segen des Vaters betrog. Der Betrüger Jakob will diesen Makel loswerden. Er will sich mit seinem Bruder aussöhnen, nachdem er hatte fliehen müssen und jahrelang weit weg von zu Hause lebte. Er wird gewusst haben, dass das mit der Versöhnung ein risikoreiches Unternehmen ist. So bleibt er in der Nacht vor der erwarteten Begegnung allein. Da kommt einer aus dem Dun-kel und nimmt ihn in die Arme: aber gerade nicht tröstend und zärtlich. Der Gegner ist stark und hart. Verbissen kämpfen sie miteinander, Brust an Brust, reißen sich zu Boden, liegen sich wieder in den Armen, keuchen wortlos. Jeder riecht den Schweiß des anderen. Das liest sich so, als ob es um Leben und Tod ginge (1. Mose 32, 23 ff). Die Auseinandersetzung tobt die ganze Nacht. Wer Sieger bleibt, ist offen. Leben ist Kampf. Ob Jakob gleich ahnte, mit wem er kämpft? Es kommt uns oft so vor, als kämpften wir gegen Menschen, denn die machen uns das Leben schwer, durchkreuzen unsere Pläne, nehmen uns etwas aus der Hand und fallen uns in den Rücken. Manchmal sind es auch Schicksalsschläge, gegen die nicht anzukommen ist. Alles scheint widersinnig, weil bedrohlich! In der Geschichte Gottes ist es nicht selten so ge-

wesen, dass Menschen, die meinten, sozusagen Arm in Arm mit Gott zu leben, jählings überfallen wurden und kämpfen mussten. Auch die Maske des Bedrohlichen, das Unheimliche gehört zu Gott. Selbst Jesus hat das erlebt. Jakob kann diesem feindlichen Kämpfer mit seiner harten Hand nicht ausweichen, wenn er weiterkommen will. Am Ende weiß er, dass Gott selbst es war, der ihm als Feind begegnet ist und die Widerstandskraft seines Freundes erprobte: »Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist Sieger geblieben, hast widerstanden.«

Solch ein Kampf hinterlässt Spuren. Kein Mensch geht aus solchem Kampf »unberührt« her-aus. Die »Narben« können auch darin liegen, dass ein naiv-harmloses Denken über Gott im wahrsten Sinne des Wortes zerschlagen ist. Wer dann durch eine dunkle Nacht gegangen ist, Gott in die Hände fiel und kämpfen musste, hinkt nicht selten wie Jakob. Aber auch das hat Jakob erfahren: Der, der ihn so unheimlich »in die Arme genommen hat«, konnte ihn auch segnen: Ein geschlagener Mensch sieht die Sonne aufgehen. Er hat nicht umsonst gekämpft.

Dorothea Biermann, Pastorin, OLKRDezernentin im Landeskirchenamt u. a. für die Jugendarbeit in der Landeskirche

Uns auf den Vater besinnenGrußwort des Jugendausschusses der Landessynode

alle, die Weggelaufenen und die Dagebliebenen, uns auf den Vater besinnen, der uns in den Arm nehmen will.

Der Jugendausschuss der Landessynode, der in jüngster Vergangenheit die Diskussion um Struk-turfragen in der Evangelischen Jugend begleitet hat, begrüßt es, dass die Evangelische Jugend mit ihrem Motto dieses neue und ganz alte Thema

Ein persönliches Votumzur Kampagne der Evangelischen Jugend

So bin ich aufgewachsen: mit einem Gott, der mir ganz viel Wärme und Geborgenheit gegeben hat. Ob ich beim Gewitter Angst hatte oder für eine Klassenarbeit Glück brauchte, oder ob ich Mist gebaut hatte und mich erst mal verstecken muss-te: Zu meinem Gott konnte ich mich flüchten. Er war immer für mich da, liebte mich so, wie ich war. Mit ihm konnte ich alles besprechen. Er hatte für alles Verständnis. Das hat mir als Kind viel Trost und Kraft und Mut und Stärke gegeben. Gott war für mich wie ein Vater, wie eine Mutter. Ich war ein unmündiges Kind. Da war das okay.Aber inzwischen bin ich erwachsen geworden. Sicher, immer noch kann ich zu meinem Gott mit allem kommen, mich zu ihm in den Arm flüchten. Aber dass er für alles Verständnis hat, was ich tue und lasse, das glaube ich nicht mehr. Gerade im Gespräch mit meinem Gott wird mir oft klar, was falsch läuft, wo ich an meine Grenzen gekommen bin, wo ich versagt habe. Da finde ich bei Gott manchmal kein Verständnis, aber etwas, was ei-gentlich viel wichtiger ist: nämlich Barmherzigkeit und Vergebung und die Chance und Ideen für einen verantwortlichen Neuanfang. Als Kind habe ich mich bei Gott eingekuschelt. Als erwachsene Frau brauche ich Gott als Gegenüber, auch als kritisches Gegenüber.Als Kind war mir Gott so nahe und vertraut, dass

ich immer wusste, was er meinte. Als erwachsene Frau kenne ich Gottes Willen oft nicht und Gott ist mir manchmal fremd.Als Kind habe ich mich bei Gott mit meinen Fehlern versteckt. Als erwachsene Frau weiß ich, dass ich nach außen offen zu meinen Fehlern stehen muss und kann.Als Kind habe ich mich in Gottes Arm ausgeruht und ihn gebeten, schwierige Situationen für mich zu meistern. Als erwachsene Frau weiß ich, dass ich selber Verantwortung für mein Leben habe und für das Leben um mich herum, und dass Gott mich dazu beauftragt, als mündige Frau zu leben. Doch dazu muss ich seinen kuscheligen Arm ver-lassen. Wenn ich umarmt werde, kann ich wohl tanzen, mich im Kreise drehen, aber nicht vorwärts gehen und handeln. Und darum bin ich ganz froh, erwach-sen zu sein. Ich kann mich aus Gottes Arm lösen und mich auf den Weg machen. Gott ist nun auch wie ein Bruder, wie eine Schwes-ter. Er läuft neben mir und begleitet mich. Manch-mal stellt er sich mir entgegen. Und oft gibt sie als gute Geistin mir kräftigen Rückenwind.

Dine Fecht, Pastorin Direktorin des Hauses kirchlicher Dienste

Im Mai dieses Jahres hat die Landesjugendkammer das Motto »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt ...« für die Jugendarbeit in den nächsten anderthalb Jahren gewählt, verbunden mit der Anregung, sich nach der Bearbeitung struktureller Fragen jetzt wieder auf inhaltliche Themenstellun-gen zu konzentrieren. Anknüpfen will dieses Motto an die Kirchentagslosung: »Wenn dein Kind dich morgen fragt ...« Unter der Losung und unter dem Dach des Kirchen-tages 2005 bereitet eine Gruppe Veranstaltungen

für ein Kinderzentrum in Hannover vor. Dort soll es um das Gleichnis vom verlorenen Sohn gehen: Die Geschichte eines heilenden, unverdienten und vor allem ganz unerwarteten In-den-Arm-Nehmens.

Von zwei Brüdern erzählt das Gleichnis und von einem Vater, der sie beide liebt. Erst kann der eine das nicht so recht glauben, und es ist ihm auch egal. Er läuft weg, das Leben und sich selbst zu entdecken, und als er zurückkommt und mit herzlicher Umarmung empfangen wird, meint der andere, er sei nicht geliebt. Es ist Zeit, dass wir

aufgreift, und wünscht gutes Nachdenken, schöne Aktionen, viel Spaß: Der Ausschuss wünscht gutes Laufen dorthin, wohin wir alle unterwegs sind: Wo Gott dich morgen in den Arm nimmt ...

Marianne MühlenbergVorsitzende des Jugendausschusses der Landessynode

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THEOLOGISCHE GRUNDLEGUNGEN

Wir sind gebeten worden, vor dem Hintergrund unseres jeweiligen Arbeitsgebietes das Motto the-ologisch zu erörtern. Das will ich gerne versuchen und habe entsprechend meine Schülerinnen und Schüler dazu befragt.

Etwa 1/3 der befragten Schülerinnen und Schü-ler verbinden mit dem Motto der Kampagne Vorstellungen von »be-hütet sein – geschützt sein vor negativen Ereignissen – Dank-barkeit – wissen, dass Gott mich liebt – Verge-bung«. Diese Vorstel-lungen entsprechen un-gefähr den Äußerungen der Teilnehmenden des Landesjugendcamps, die auf der Internet-seite zur Kampagne gesammelt und nach-zulesen sind.Im Gegensatz zu diesen eher mit »positiven«, angenehmen Gefühlen verbundenen Äußerun-

gen gingen allerdings 2/3 der Antworten der Schü-lerinnen und Schüler in die Richtung »Das geht ja gar nicht – Gott wird nicht plötzlich vor einem stehen – Warum sollte Gott das tun? – Wieso sollte er ausgerechnet mich in den Arm nehmen? – Wenn er da Bock drauf hat, warum nicht? – Ich würde Gott fragen, wer oder was er überhaupt ist«.Inwieweit diese Antworten für alle Jugendlichen an meiner Schule repräsentativ sind, dazu kann ich nur Vermutungen äußern. Als Ausschnitt zeigen mir die Antworten jedoch, dass die Mehrheit dieser befragten Jugendlichen eine Begegnung zwischen Gott und Mensch entweder für unmöglich hält oder wenig realistisch, für nicht selbstverständlich be-gründbar oder nur schwer vorstellbar.Im Grunde sprechen die Jugendlichen damit ein Problem aus, das sich auch theologisch mit dem Motto der Kampagne stellt: Ist es überhaupt mög-lich, dass Gott einen Menschen wie dich oder mich in den Arm nimmt? Oder anders gesagt: Kann es überhaupt eine für uns sinnlich wahrnehmbare Begegnung zwischen Gott und Mensch geben? Eine

Begegnung zwischen Himmel und Erde, jenseitiger und diesseitiger Welt?Besteht nicht gerade darin für viele Menschen heu-te die Schwierigkeit, überhaupt an Gott zu glauben, dass es diese sinnlich wahrnehmbare Begegnung mit ihm für sie nicht gibt? Der Maler René Magritte hat diese Schwierigkeit in einem Bild dargestellt. Unten im Bild ist die aufgeklärte Welt des Industriezeitalters zu sehen. Maschinen werden von Menschen entworfen und benutzt, technisches und logisches Denken haben die Welt entzaubert, alles lässt sich erklären und funktioniert nach vorhersehbaren Gesetzen. Oben auf seiner Wolke sitzt Gott: abgehoben, diffus, nur für sich allein. Es besteht keine Verbindung zwischen ihm und der Welt unten.Das Bild hat einen zweideutigen Titel. Zum einen heißt es übersetzt »Die Nachtigall«, die selbst im Dunklen singt und zu hören, also wahrnehmbar ist. Zum anderen bedeutet der Titel auch »Der Ladenhüter«: Im technischen Zeitalter scheint Gott zum Ladenhüter geworden zu sein. Er lässt sich nicht mehr an den Mann oder die Frau bringen, weil er so ganz anders ist als diese moderne Welt. Und wenn wir noch die umgangssprachliche Über-setzung des Titels dazunehmen, dann ist vielleicht derjenige »dumm wie ein Esel«, der immer noch an Gott glaubt.In diesem Bild ist treffend dargestellt, was die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in ihren Antworten geäußert hat und was, meinem Ein-druck nach, heute für nicht wenige schwer vor-stellbar und zu glauben ist: Dass Gott von seiner jenseitigen Wolke steigt, sich den Menschen in der Welt offenbart, Verbindung mit ihnen aufnimmt, indem er sie in den Arm nimmt. Vor diesem Hinter-grund möchte ich euch einige Überlegungen zum Motto der Kampagne sagen:

Welche Möglichkeiten und Grenzen haben wir, wenn wir von Gott sprechen?

Ich habe einen Becher mitgebracht. Wenn ich frage: „Wo hat der Becher seinen Henkel?“, ant-wortet ihr, die ihr von mir gegenübersitzt: „Der Henkel ist links, keine Frage.“ Ich allerdings sage: „Der Henkel ist eindeutig rechts.“ Und jemand, der von links her auf den Becher sieht, behauptet mit gleicher Überzeugung: „Der Becher hat überhaupt keinen Henkel.“Es leuchtet ein, dass die Aussagen vom jeweiligen

Standpunkt abhängen. Je nachdem, wie wir es sehen. Können wir also nichts Eindeutiges über diesen Becher sagen? Gibt es keine Wahrheit über ihn und seinen Henkel? Da es diesen Becher gibt, hat er auch seine Wahrheit. Das wird wohl niemand bestreiten. Nur: Wir haben die Wahrheit, seine Wahrheit nicht: nicht absolut und nicht letztendlich.Mit vielen Dingen des Lebens ist es genauso. Wir erleben hier auf der Sitzung der Landesjugend-kammer den gleichen Vormittag. Wir sitzen im glei-chen Raum, hören, riechen und sehen das Gleiche. Ist es aber auch dasselbe, was wir hier erleben? Sicher nicht. Je nachdem, wie unsere Sinne aus-geprägt sind, je nachdem, woher wir kommen und mit welchen Erfahrungen, all das bestimmt, wie wir den gleichen Vormittag erleben. Deshalb sind die Erfahrungen, die wir machen, so unterschiedlich wie wir alle verschieden sind. Sehe ich das Beige der Wand genauso beige wie Ihr? Ich kann das nicht mit Absolutheit behaupten, weil ich nicht weiß, wie beige für euch aussieht. Ihr könnt es umgekehrt auch nicht von mir wissen.Ich sage ein Wort zu euch, das Wort »Gott«. Ihr hört es und es ruft in euch ein Bild auf, nämlich die Vorstellung, die ihr euch von Gott macht. Ich bin sicher, dass jetzt in diesem Raum von Gott so viele Bilder entstanden sind, wie Menschen anwesend sind und wenn Schülerinnen und Schüler einer meiner Klassen hier wären, gäbe es noch mal 25 weitere Bilder.Je nachdem, was wir erlebt haben oder wie wir geprägt sind, wird unser Bild von Gott aussehen. Es wird in uns Zutrauen oder Angst auslösen, Ablehnung, Zweifel oder das Gefühl von Gebor-genheit. Wenn 60 Menschen hier sind, dann sind in diesem Raum 60 Bilder von Gott, geprägt von 60 verschiedenen Lebensgeschichten.Nun könnten wir, die eigenen Bilder von Gott weglegen und ganz neu anfangen. Das aber wird nicht gehen; denn unsere Bilder von Gott sind ein Teil von uns: Sie sind mit unserer Erziehung und Geschichte, mit den Verwundungen und Glückser-lebnissen unseres Lebens verbunden. So etwas kann man nicht einfach streichen.Wir können allerdings verstehen lernen, dass das, was wir über Gott denken, nicht Gott entspricht: Es ist unser Bild von Gott. Selbst wenn dieses Bild von der Glaubenstradition der Bibel geprägt ist: Auch in der Bibel finden sich Bilder aufgrund von Erfahrungen, die Menschen gemacht haben. Gott selbst ist immer geheimnisvoller als die Bilder. Er ist höher und tiefer, größer und kleiner, entfernter und näher, als wir ihn sehen. Wir müssen deshalb

zwischen dem Bild, das wir von ihm haben, und Gott selbst unterscheiden. Es wird die Arbeit eines gan-zen Lebens nötig sein, um diese Unterscheidung immer wieder machen zu können.Bei aller Unmöglichkeit, von Gott reden zu können, muss gesagt werden: Die Bilder und die Sprache, die wir benutzen, um von Gott zu sprechen, haben ihr Recht. Wie anders sollten wir sonst an Gott denken? Wie anders sollten wir sonst von und mit ihm reden? „Wir müssen nun einmal“, sagt Martin Luther, „in den fünf Sinnen leben und können an-ders als in den fünf Sinnen nichts verstehen oder begreifen.“ Auch von Gott nicht. Das Motto »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …« beinhaltet beides: die Möglichkeit und die Unmöglichkeit unserer Rede und Erkenntnis von Gott. Paulus drückt das in seinem 1. Brief an die Korinther wunderbar aus. Er schreibt im 13. Kapitel: »Einst, als ich noch ein Kind war, da rede-te ich wie ein Kind. Ich fühlte und dachte wie ein Kind. Als ich dann aber erwachsen war, habe ich die kindlichen Vorstellungen abgelegt. Jetzt sehen wir nur ein unklares Bild wie in einem trüben Spiegel; dann aber schauen wir Gott von Angesicht. Jetzt kennen wir Gott nur unvollkommen; dann aber werden wir Gott völlig kennen, so wie er uns jetzt schon kennt.«Dass Gott uns jetzt schon kennt, selbst wenn wir ihn erst unvollkommen kennen, dieser Gedanke kann sehr tröstlich für alle sein, die sich der Un-möglichkeit bewusst sind, von Gott zu reden.

Wo und wie können sich Gott und Mensch begegnen?

Das Motto der Kampagne deutet eine denkbare Begegnung von beiden an. Wenn es sie nicht gäbe, diese Berührung zwischen Gott und Mensch, Him-mel und Erde, wenn sie nicht möglich wäre, dann wäre es ziemlich unsinnig, sich über das Motto Gedanken zu machen.Im Allgemeinen wird es doch so gesehen: Auf der einen Seite gibt es unsere Welt. Alles, was wir anfassen, sehen, hören, riechen und schmecken, eben alles, was wir mit den menschlichen Sinnen wahrnehmen können. Wir sind überzeugt davon, dass es diese Dinge gibt. Wir können sie wiegen, messen oder zeigen.Auf der anderen Seite sprechen wir vom Jenseits. Damit meinen wir im Allgemeinen eine Welt, die übersinnlich ist, weil sie über das hinausgeht, was wir sinnlich wahrnehmen können. Gott und die Engel, der Himmel und das Paradies oder auch Menschen, die gestorben sind, gehören unserer Vorstellung nach in diese jenseitige Welt. Ob es diese Welt gibt, darüber gehen die Meinungen weit

Sich auf Gottes Gegenwart einlassenGottesbilder sind ein Teil unserer Verwundungen und Glückserlebnisse

Anne Voss, Kirchenkreisjugend- und Berufsschulpastorin aus Osterholz-Scharmbeck referiert vor der Landesjugendkammerim Evangelischen Jugendhof Sachsenhain

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THEOLOGISCHE GRUNDLEGUNGEN

auseinander.Es scheint also zwei Welten zu geben: eine dies-seitige und eine jenseitige. Die Frage, die sich angesichts der Vorstellung ergibt, Gott könnte einen Menschen schon zu Lebzeiten in den Arm nehmen, lautet dann: Ist die allgemeine Vorstel-lung von den zwei Welten grundsätzlich richtig und angemessen? Es könnte ja sein, dass alles ganz anders ist.Jenseitig ist für mich erst einmal alles, was ich nicht kenne, was ich nicht wahrnehme und was bei mir nicht vorkommt. Die Ureinwohner eines australischen Stammes existieren für mich solange im Jenseits, bis ich hinfahre, mit diesen Menschen in einem Dorf sitze und irgendeine Verbindung mit ihnen aufnehme. Für ein Kind legt vielleicht schon das nächste Dorf im Jenseits. Es weiß nicht, ob es anderswo auch Menschen gibt, bis es ihnen begegnet. Ein Physiker, der in einer Welt von na-turwissenschaftlichen Gesetzen lebt, lebt für mich in einer Welt, die jenseits meines Denkvermögens liegt. Für einen Hund ist ein Gedicht von Goethe wahrscheinlich völlig jenseitig und wird es wohl auch immer bleiben.Jedes Wesen der Erde hat ein anderes Diesseits und Jenseits und für jedes Wesen liegt die Grenze zwischen beiden woanders: nämlich dort, wo seine Fähigkeit, wahrzunehmen, zu verstehen und zu deuten, aufhört. Bei dem einen beginnt das Jen-seits deshalb sehr nahe, bei anderen beginnt es erst in großer Ferne. Es ist nicht so, dass es zwei Welten gibt, eine diesseitige und eine jenseitige. Mit der jüdisch-christlichen Tradition sagen wir: Es gibt nur eine Wirklichkeit, wir nehmen nur un-terschiedlich viel von ihr wahr.Stellt euch eine Frau vor, die ahnt, dass ihrem tausend Kilometer weit entfernten Kind etwas zugestoßen ist. Zwei Tage später erfährt sie, dass es wirklich so ist. Für den einen Beobachter ist das natürlich und gar nicht abwegig. Für die andere Beobachterin ist es Unsinn, weil es jenseits ihres Vorstellungsvermögens liegt.Für manchen beginnt das Jenseits dort, wo von Gott die Rede ist und Gott ist drüben, jenseits der Grenze. Für andere gehört Gott zum alltäglichen Empfinden und Denken. Wenn jemand zu Gott sagt: Du bist bei mir, du nimmst mich in den Arm und achtest auf mich, dann rückt Gott für diesen Menschen aus dem Jenseits in eine Nähe, die man als diesseitig bezeichnen kann. Eine Nähe, die das diesseitige, weltliche Leben betrifft und verändert.Letztendlich können wir einen solche Verbindung von Himmel und Erde, von Gott und Mensch nicht

begreifen. Gott bleibt immer auch ein Gegenüber, also jenseits unserer Erkenntnis. Aber wer Gott nicht an jedem Tag begegnet, den wir erleben, der findet ihn nirgends. Wer ihn nicht an dem Tisch findet, an dem wir essen oder in der eigenen Hand, mit der wir Dinge tun, wer Gott nicht in den Dingen des Lebens glaubt, der wird von seiner Gegenwart nie wirklich sprechen können. Der Glaube sagt: Gott ist in der Luft, die wir jetzt atmen und in dem Wasser, das wir trinken; denn wenn Gott nicht in allen Dingen zu finden ist, wo ist er dann?Wer sich denkend mit Gott einlässt und betend spricht: „Vater unser im Himmel“, der ist schon längst umgeben vom Meer der unendlichen Gegen-wart Gottes und wird sich selbst und andere als ein Wesen, das aus Gott kommt verstehen lernen.Sich auf Gott einzulassen, erfordert Übung. Ohne Übung wird es menschlicher Erfahrung nach nicht gehen. Ich weiß von mir selbst und von anderen, dass es uns oft an dieser Übung fehlt, weil wir in unserer Kultur den Verstand und die Vernunft so einseitig in den Vordergrund stellen. Andere Berei-che vernachlässigen wir dagegen häufig, deshalb brauchen wir mehr Übung: Übung im Hören des Leisen, Übung im Sehen des Verborgenen, Übung im Gespräch mit dem Fremdartigen, Übung in der Ehrfurcht vor dem, was sich uns entzieht.Diese Bereiche unseres Lebens zu entdecken, dazu fordert uns das Motto der Kampagne der Evangelischen Jugend in der hannoverschen Lan-deskirche auf. Ich glaube, es lohnt sich, über den Satz nachzudenken und sich mit anderen darüber auszutauschen: »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt«. Die biblische Tradition, das biblische Zeugnis ist für Christen bei diesem Nachdenken Hilfe und Richtschnur, heutige Erfahrungen als Erfahrungen mit Gott zu entdecken und zu ver-stehen.

Wie ist das mit unserem Wissen von Gott?

Wenn die Bibel von Begegnungen zwischen Gott und den Menschen spricht, dann erzählt sie Ge-schichten. Deshalb eine Geschichte zur Frage, wie das mit dem Erkennen von Begegnungen mit Gott ist. Diese Geschichte steht zwar nicht in der Bibel, aber sie scheint mir ein passender Abschluss für diesen Vortrag zu sein:Es geschah, dass Zwillinge empfangen wurden. Die ersten Wochen vergingen und sie wuchsen im Mutterleib heran. Ihr Bewusstsein bildete sich aus. „Ist es nicht wunderbar“, sagten sie zueinander, „dass wir leben, dass wir empfangen wurden?“Die Zwillinge begannen, ihre Welt zu entdecken. Als sie die Schnur fanden, die sie mit ihrer Mutter verband und die ihnen Nahrung gab, sagten sie

glücklich: „Wie groß ist die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!“Als die Wochen vergingen und schließlich zu Mona-ten wurden, merkten sie, dass sie sich verändert hatten. „Was soll das bedeuten?“, fragte der eine den anderen. „Das bedeutet“, antwortete der andere, „dass unserer Aufenthalt in dieser Welt bald zu Ende geht.“ „Aber ich will nicht gehen“, erwiderte der erste, „ich möchte bleiben, wo ich bin.“ „Wir haben keine andere Wahl“, entgegnete der andere, „aber vielleicht gibt es ein Leben nach der Geburt.“ „Wie könnte das sein?“, fragte zwei-felnd der erste. „Wir werden unsere Nabelschnur verlieren. Und außerdem haben andere vor uns diesen Mutterleib verlassen, und niemand von ihnen ist zurückgekommen. Nein, die Geburt ist das Ende!“So fiel der eine von ihnen in tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann das Leben im Mutterleib? Womöglich gibt es gar keine Mutter hinter allem.“

„Aber sie muss doch existieren“, erwiderte der andere. „Wie sollten wir sonst hierher gekommen sein und wie könnten wir sonst am Leben blei-ben?“ „Hast du jemals unsere Mutter gesehen?“, fragte der eine. „Womöglich lebt sie nur in unserer Vorstellung. Wir haben sie uns erdacht, weil wir dadurch meinen, unser Leben besser verstehen zu können.“Und so waren die Tage im Mutterleib angefüllt mit vielen Fragen, Zweifeln und Angst. Schließlich kam der Tag der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie ihre Augen. Sie schrieen. Aber was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume.

Anne Voss, Osterholz-ScharmbeckBerufsschul- und Kirchenkreisjugendpastorin

Leicht gekürzter und überarbeiteter Vortrag. Es gilt das gesprochene Wort

Wo ist Gott? Diese Frage stellte sich mir, als ich begann, mich mit dem Motto der Landesjugend-kammer zu beschäftigen. Da wird von einer Ver-heißung gesprochen, von einer Intimität, die ich vielleicht von meinen Eltern, von meinen Freunden und Freundinnen kenne, und die doch zugleich komisch relativiert wird: »wenn« und »morgen«. Wo ist Gott, wenn er dich dann in den Arm nimmt? Nimmt er denn in den Arm?Wir Christen lesen die Bibel nicht nur als bloßes historisches Dokument: So ist es damals gewesen und damit gut. Für uns ist die Bibel die Schrift, die anzeigt, wie Gott Menschen begegnet. Das hat Auswirkungen auf unser Verständnis von Gottes-begegnung auch in unserem Leben. Das gilt nicht nur für das Neue Testament und die Offenbarung Gottes in Jesus Christus, sondern auch für die Hebräische Bibel. Deswegen gehört sie zur christ-lichen Bibel, auch wenn sie in manchen Passagen unverständlich, vielleicht sogar abstoßend wirken mag.Wie begegnet man Gott in der hebräischen Bibel? Können diese Begegnungen Hilfestellungen ge-ben, auch in unserem Leben Gottesbegegnungen

wahrzunehmen, so als würde uns Gott in den Arm nehmen?Gott nimmt nicht in den Arm! Jedenfalls nicht so direkt. Es entspricht nicht biblischem Sprach-gebrauch. Biblisch kann man nicht von Gottes Umarmun-gen sprechen. So väterlich-mütter-lich-freundschaft-lich stellen sich die biblischen Verfasser Gott an kaum einer Stelle vor. Dieses Motto entspringt eher einem persönli-chen Bedürfnis nach göttlicher Zuwen-dung. Solche Spra-che entspringt eher einem persönlichen Wunsch wie der von Else Lasker-Schüler: „Ich möchte nah an deinem Herzen lauschen, Mit deiner fernsten Nähe mich

Nimmt Gott in den Arm?Gottesbegegnungen in der Hebräischen Bibel

An Gott

Du wehrst den guten und den bösen Sternen nicht; All ihre Launen strömen. In meiner Stirne schmerzt die Furche, Die tiefe Krone mit dem düsteren Licht.

Und meine Welt ist still – Du wehrtest meiner Laune nicht. Gott, wo bist du?

Ich möchte nah an deinem Herzen lauschen, Mit deiner fernsten Nähe mich vertauschen, Wenn goldverklärt in deinem Reich Aus tausendseligem Licht Alle die guten und die bösen Brunnen rauschen.

Else Lasker-Schüler

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WENN GOTT DICH MORGEN IN DEN ARM NIMMT …

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THEOLOGISCHE GRUNDLEGUNGEN

vertauschen, Wenn goldverklärt in deinem Reich Aus tausendseligem Licht Alle die guten und die bösen Brunnen rauschen.“ Das ist auch kein son-derlich biblisch fundierter Wunsch, aber trotzdem eine tiefe religiöse Poesie, bei deren Wahrheit sich persönlich für die Dichterin und für die, die das Gedicht lesen, erweisen muss, ob man so von Gott sprechen darf. Gotteserfahrungen können persönlich, geradezu poetisch als Umarmungen beschrieben werden. Gottes »Umarmungen« werden anders bezeich-net. Sucht man in der Lutherbibel nach dem Wort »Arm« oder nach der Bezeichnung »in den Arm nehmen«, dann gibt es nur eine Stelle, und das ist in der Vorrede Luthers zum Buch Habakuk: »Denn Habacuc heisst auff Deudsch ein Hertzer / oder der sich mit eim andern hertzet vnd in die Arm nimpt. Er thut auch also mit seiner Weissagung / das er sein Volck hertzet vnd in die arm nimpt / das ist / Er tröstet sie vnd helt sie auff / Wie man ein arm weinend Kind oder Mensch hertzet / das es schweigen / vnd zu frieden sein solle / Weil es / ob Gott wil / sol besser werden.« Die Aufgabe der Menschen, die von Gottes Wort erzählen, ist in der Tat »in den Arm nehmen«, weil das ihre Botschaft ist, weil das Gottes Botschaft ist.Gott begegnet uns in der Hebräischen Bibel auf vielfältige Weise und das ist überaus irritierend. »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …« kann höchst unterschiedlich fortgesetzt werden: »… dann schafft er dir neues Leben.« – »… dann tröstet er dich.“ – »… dann ist er bei dir.« – »… dann zeigt er dir, wie du zu leben hast.“ Und auch, und das drückt vielleicht nicht gerade unser erstes Bedürfnis aus: »… dann kämpft er mit dir.« – »… dann bestraft er dich.“

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, dann schafft er dir neues Leben – Schöpfung: Gott macht etwas, wo nichts war

Wie Gott den Menschen begegnet, wird in der Bi-bel schon auf den ersten Seiten auf zwei höchst unterschiedliche Weisen dargestellt. Gott baut erstmals eine Beziehung auf, die schon hier alles andere als eindeutig ist. Im ersten Schöpfungsbericht tritt Gott souverän auf. In mehreren Tagen erschafft er aus dem Nichts, aus dem Chaos, nach und nach einen Lebensraum: unsre Welt, wie wir sie kennen. Die Sprache ist dabei auf die bloßen Informationen reduziert. Es wird exakt berichtet, was passierte, wie es passierte und was das Ergebnis war: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.

Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis …«. Der Mensch ist die Spitze dieser Schöpfung. Er bekommt einen klaren Auftrag, der die Beziehung zu Gott definiert. »Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.« Gott erscheint hier als Welten-Schöpfer, der seine Schöpfung ordnet, dessen besondere Herzlichkeit oder gar Emotionalität aber nicht berichtet wird. Va-ter oder Mutter ist Gott hier noch nicht, auch nicht Freund. Der Beginn der Beziehung zwischen Gott und Mensch ist eher nüchtern, kaum emotional.Doch das ändert sich im zweiten Schöpfungs-bericht radikal. Plötzlich ändert sich auch die Sprache. Der Lebensraum ist nicht mehr die ganze Welt, sondern nur noch ein Garten. Plötzlich reden Gott und Mensch miteinander und treten so in eine richtige, allerdings recht seltsame Beziehung. Da sagt Gott: »Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon isst, wirst du des Todes sterben.« Adam und Eva tun es trotzdem, aber sie sterben nicht davon, stattdessen entlädt sich Gottes Zorn über sie und sie werden des Landes verwiesen, aber doch nicht, ohne vorher von Gott noch eingekleidet zu werden. »Verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen … Und Gott der HERR machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und kleidete sie … Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden.«Was für eine Beziehung ist das? Die Beziehung wird schon in den ersten Momenten vom Schei-tern bestimmt. Als Kind weiß man auch nicht so recht, warum man nicht vom Baum der Erkenntnis essen soll. Man könnte fast den Eindruck haben, hier redet und handelt ein etwas willkürlich er-scheinender Vater, der dann jähzornig reagiert, geradezu explodiert und doch nicht anders kann als liebevoll, ja fast schon zärtlich zu sein, wie es im ersten Schöpfungsbericht völlig unmöglich gewesen wäre.»Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …« hat in diesem Zusammenhang die Bedeutung, dass Gott selbst in meinen schlimmsten Momenten liebevoll bleibt, vielleicht gegen seine Intention, aber doch liebevoll. Durch diese Schöpfung gibt es eine Verbindung, in der wir keine Furcht zu haben

brauchen und aufgefangen werden. Der Grund für diese Haltung liegt in der Schöpfung durch Gott, diesem Ur-»In-den-Arm-nehmen«. Damit ist in der Beziehung zwischen Gott und Mensch ein Grund gelegt, hinter den auch Gott nicht zurück will.So ist es aus der Sicht Israels fast schon folge-richtig, wenn auch gedanklich gewagt, wenn das Volk Erwählung und Rettung in einer Linie mit der Schöpfung sieht. Jes 43,1: »Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!« Das Vertrauen in Gottes Macht, die Hilfsbereitschaft Gottes fußt auf der Schöpfung. Schöpfung ist in einem Zug mit ande-ren selbst Heilsereignis: Schöpfung und Erlösung fallen fast zusammen.Mit den Worten Sarahs, 18 Jahre: „Wenn Gott mich morgen in den Arm nimmt, wäre ich dankbar dafür, dass er das tut. Ich würde mich geborgen fühlen, seine Umarmung erwidern, mich in seine Arme fallen lassen um zu spüren, wie ich aufgefangen werde. Ich würde tief einatmen um die Energie spüren zu können, die zwischen uns herrscht, würde meine Augen schließen und mich in dem Moment von allem anderen trennen, nur für diesen Augenblick leben, ihn spüren. Eine neue Erfahrung für mich erleben.“

»Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, dann befreit er dich« - Exodus: Gott befreit aus der Not

Ps 77 führt diesen Gedanken weiter: »Die Was-ser sahen dich, Gott, die Wasser sahen dich und ängsteten sich, und die Tiefen tobten. Die dicken Wolken gossen Wasser, die Wolken donnerten, und die Strahlen fuhren daher. Es donnerte im Himmel, deine Blitze leuchteten auf dem Erdboden; das Erdreich regte sich und bebte davon. Dein Weg war im Meer und dein Pfad in großen Wassern, und man spürte doch deinen Fuß nicht. Du führtest dein Volk wie eine Herde Schafe durch Mose und Aaron.«Das nächste Ereignis, dass Gottes Beziehung zu Israel entscheidend prägt, ist die Befreiung aus Ägypten. Mit diesem Ereignis bekommt Gott für Israel ein neues Gesicht und für die, die mit Israel zu tun haben, die Beziehung zwischen Gott und Israel erweitert sich um einen Aspekt: Gott wird zum Krie-ger, der sein Volk aus der Knechtschaft befreit, ein Aspekt, der uns vertraut ist, was allerdings zu selek-tiver Vernichtung des ägyptischen Verfolgerheeres führt. Dabei ist eines klar: Gott siegt. Der Exodus ist weder ein israelitischer Sieg noch eine ägyptische Niederlage. Von Anfang bis Ende ist der Exodus ein Akt Gottes. Heilsam und gewaltsam zugleich.

Diese Ambivalenz kommt auch in anderen Episo-den dieses Erzählkreises zur Sprache, so z. B. in Ex 4, 24f: »Und als er (d. i. Mose) unterwegs in der Herberge war, kam ihm der HERR entgegen und wollte ihn töten. Da nahm Zippora einen Stein und beschnitt ihrem Sohn die Vorhaut und rührte ihm seine Füße an und sprach: Du bist mir ein Blutbräutigam. Da ließ er von ihm ab. Sie sprach aber Blutbräutigam um der Beschneidung willen.«Mose soll Israel aus Ägypten führen und wird zugleich fast von Gott ge-tötet, hätte seine Frau ihn nicht mit einer symbolischen Beschneidung gerettet. Gott ist mehr als der nette Retter, er ist auch bedrohlich und muss durch Zeichenhandlungen wie die Beschneidung in seinem Zorn besänftigt werden. Ansonsten greift Gott in die persönliche Lebenssphäre ein: Ex 10, 1f: »Und der HERR sprach zu Mose: Gehe hinein zu Pharao; denn ich habe sein und seiner Knechte Herz verhärtet, auf dass ich diese meine Zeichen unter ihnen tue, und dass du verkündigest vor den Ohren deiner Kinder und dei-ner Kindeskinder, was ich in Ägypten ausgerichtet habe und wie ich meine Zeichen unter ihnen getan habe, dass ihr wisset: Ich bin der HERR.« An kei-ner Stelle beeinflusst er den menschlichen Willen derart, vielmehr alles wird positiv gewendet: Gott erforscht das menschliche Herz. Die Beziehung zwischen Gott und Mensch wird noch um ein weiteres Element erweitert. Gott spricht das erste Mal durch Menschen, Ex 6,6-9: »Darum sage den Kindern Israel: Ich bin der HERR und will euch ausführen von euren Lasten in Ägyp-ten und will euch erretten von eurem Frönen und will euch erlösen durch ausgereckten Arm und große Gerichte und will euch annehmen zum Volk und will euer Gott sein, dass ihr‘s erfahren sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott, der euch ausführt von der Last Ägyptens.“Diese »Umarmung Gottes« eröffnet neue Wege. Dass sie für die Umwelt der »Umarmten« negative Konsequenzen hat, fällt schwer anzunehmen; aber sie führt doch in eine Entscheidungssituation auf Leben und Tod. Mit den Worten von Nico, 16 Jahre: „Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, was machst du dann? Zeigst du ihm immer noch die kalte Schulter?“Wir neigen dazu, Gottes Befreiungstaten im Sinne einer Befreiung von Ängsten zu psychologisieren,

Henning Hinrichs, Jugendpastor im Sprengel Osnabrück referiert aus der Sicht des Alten Testaments

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oder zu abstrahieren, z. B. als Befreiung aus men-schenfeindlichen Strukturen. Der biblische Exodus spricht dagegen in einer Radikalität von Gott, die unserer Sprache, und darüber wird niemand traurig sein, abhanden gekommen ist. Leider ist unserer Sprache von Gott damit oft ihre zwingende Über-zeugungskraft verloren gegangen.

»Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, dann zeigt er dir, wie du leben kannst« – Gottesoffenbarung am Sinai: Gott zeigt gelingendes Leben.

Ein weiterer Aspekt der göttlichen Beziehung zu den Menschen drückt sich in dem Text aus, auf den sich die Kirchentagslosung bezieht: »Wenn dich aber dein Sohn heute oder morgen fragen wird und sagen: Was sind das für Zeugnisse, Gebote und Rechte, die euch der HERR, unser Gott, geboten hat? so sollst du deinem Sohn sagen: Wir waren Knechte des Pharao in Ägypten, und der HERR führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand, und der HERR tat große und böse Zeichen und Wunder an Ägypten und Pharao und allem seinem Hause vor unsern Augen und führte uns von dannen, auf dass er uns einführte und gäbe uns das Land, das er unsern Vätern geschworen hatte; und der HERR hat uns geboten, zu tun nach allen diesen Rechten, dass wir den HERRN, unsern Gott, fürchten, auf dass es uns wohl gehe alle unsre Lebtage, wie es geht heutigentags; und es wird unsre Gerechtigkeit sein vor dem HERRN, unserm Gott, so wir tun und halten alle diese Gebote, wie er uns geboten hat.«Zu unserer modernen Lebensauffassung gehört es, zwar ein moralisches Leben zu führen, gut handeln zu wollen, aber gleichzeitig nicht glauben zu wollen, dass die Moralität irgendwo garantiert ist, die Inhalte des Guten irgendwo vorgegeben sind. Kaum mehr wird mit einem Richter gerech-net, kaum mehr mit einem endgültigen Sieg der Gerechtigkeit. Statt dessen wird diese Thematik in das Innerliche eines jeden Menschen gelegt: Den richtigen Weg muss jede und jeder selbst finden.Die Einhaltung von Geboten war bislang in der hebräischen Bibel für das Gottesverhältnis nicht entscheidend, doch nun, nach erfolgreicher Befrei-ung, wird Gott vom Krieger zum Gesetzgeber eines ganzen Volkes. Dementsprechend wird hier vom ersten Erscheinen Gottes vor dem Volk berichtet, Ex 19, 16ff: »Als nun der dritte Tag kam und es Mor-gen war, da erhob sich ein Donnern und Blitzen und eine dicke Wolke auf dem Berge und ein Ton einer sehr starken Posaune; das ganze Volk aber, das im Lager war, erschrak. Und Mose führte das Volk aus dem Lager Gott entgegen, und es trat unten an den Berg. Der ganze Berg Sinai aber rauchte,

darum dass der HERR herab auf den Berg fuhr mit Feuer; und sein Rauch ging auf wie ein Rauch vom Ofen, dass der ganze Berg sehr bebte.« Die Gesetze, die Gott seinem Volk gibt, regeln das Zusammenleben in einer antiken Agrargesellschaft und beinhalten demnach auch Regeln, die für uns heute unverständlich erscheinen müssen, z. B. Ex 21,15ff: »Wer Vater und Mutter schlägt, der soll des Todes sterben … Wer Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben.« Und doch wird auch in solchen Regelungen deutlich, dass hier eine durch äußere und innerliche Gefahren bedrohte Gesell-schaft durch – für das gesamte Zusammenleben – umfassende Regelungen beschützt werden soll. Und das Wichtigste daran: Gott gibt diese Regeln. Er gibt in ihnen Lebenshilfe und Orientierung und umgreift damit das Leben seines Volkes.Gott wird im Laufe der Bibel niemals ausdrücklich Verpflichtungen akzeptieren, die ihm die Mensch-heit auferlegt hat. Er wird sich jedoch selbst Ver-pflichtungen auferlegen, die von denen abgeleitet sind, die er den Menschen auferlegt. Gott wird nicht lenkbar, aber ein zuverlässiger Partner. Also: Gott schafft neues Leben, er befreit aus der Not und zeigt gelingendes Leben. Für mich als Sprengeljugendpastor folgen daraus drei Dinge.1. Auch angesichts zurückgefahrener finanzi-

eller Mittel für den Jugendbereich, schwerer werdender Gremienarbeit und anderer Zumu-tungen wünsche ich mir eine Kampagne, die von der Bewahrung und Hoffnung erfüllt ist, die unser Gottesverhältnis ausmacht und die vielfältig auch verschiedenste Bereiche zur Sprache bringen sollte.

2. Das Kampagnenmotto fordert ein, Noterfah-rungen wahrzunehmen, zur Sprache zu brin-gen und sich für ihre Aufhebung einzusetzen. Von ihr haben Impulse für mehr Gerechtigkeit auszugehen.

3. Ganz im Sinne des Kirchentagsmottos müssen religiöse Erfahrungen zur Sprache kommen. Es gibt kaum Lebensbereiche, in denen das für Jugendliche selbstverständlich geschieht. Überkommene Glaubenstraditionen werden nicht mehr wahrgenommen und drohen, bestenfalls in einer unkonkreten »ich-glaube-irgendwie-an-eine-höhere-Macht-die-nenn-ich-aber-nicht-Gott«-Religiosität aufzugehen. Hier hat die Kampagne anzusetzen.

Henning Hinrichs, Osnabrück Sprengeljugendpastor

Leicht gekürzter und überarbeiteter Vortrag. Es gilt das gesprochene Wort

Ich komme gerade von einer Kirchenkreiskonfe-renz, auf der der Hamburger Theologieprofessor Matthias Kroeger mit den PastorInnen und Dia-konInnen, SozialarbeiterInnen und dem Kirchen-musiker über die Frage nach dem theologischen Ende des Theismus gestritten hat. Kroegers These ganz kurz: Einen personalen Gott gibt es nicht oder vorsichtiger formuliert: der menschliche »Perso-nen-Begriff« ist nicht so ohne weiteres auf Gott zu übertragen. Während dieser Tagung habe ich an heute gedacht und an euren Satz »Wenn Gott mich morgen in den Arm nimmt …« Was sollte ich euch sagen?Ich konnte Kroeger in der Summe seiner Ergeb-nisse nicht zustimmen. Dass die Gottesbegegnung in vollkommen anderen, als in menschlichen Kate-gorien stattfindet, ist doch vollkommen klar und keine neue theologische Idee. Gott ist und bleibt der Unbeschreibliche, der Unanschaubare, aber begreifbar in den verschiedenen Offenbarungs-formen, die wir aus den beiden Teilen der Bibel kennen: Ich denke an den brennenden Dornbusch, an die Feuersäule und Wolke, an den kämpfenden Engel, an das zeichenhafte Handeln der Propheten, an Jesus und an seine Geschichten. Dabei ist das Prophetische nicht nur an Personen gebunden; es ist auch nicht einzelne Besonderheit oder gar Anmaßung oder ein Monopol. Wo Prophetisches ist, da entsteht es von alleine und ist unverfügbar. Es kommt aus dem Denken und Fühlen, Reden und Handeln im Glauben.Vor vielen Jahren haben wir in der Kammer von der prophetischen Kraft der Jugend gesprochen und nun gebt ihr dieses Thema vor »Wenn Gott mich heute in den Arm nimmt …«. Woll‘n mal schauen!

Der Arm Gottes: Wo begegnet mir der Arm Gottes?

Eine sehr junge Frau hatte vor langer Zeit eine ganz besondere Art der Gottesbegegnung: Maria. Sie sollte später die Mutter Jesu werden. Als sie schwanger mit Elisabeth zusammenkam und diese erkannte, wer da zur Welt kommen sollte, grüßte sie Maria. Sie antwortete mit einem sehr alten Text aus der Tradition: »Denn er hat Großes an mir getan, der mächtig ist und dessen Name heilig ist. Seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht, bei denen die ihn fürchten.Er vollbringt machtvolle Taten mit seinem Arm … Er stößt die Machthaber vom Thron und erhebt die

Niedrigen. Die Hungernden füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen …«Das fasst ein anderer Satz so zusammen: »Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerech-tigkeit wie ein nie versiegender Bach«.

Recht und Gerechtigkeit

Recht und Gerechtigkeit sind die Grundwerte, die im menschlichen Zusammenleben zu verwirklichen sind. Nicht Konkurrenzkampf und rücksichtsloses Gewinnstreben sollen als Leitbild gelten, son-dern Solidarität und die Verwirklichung gerech-ter, menschenwürdiger Lebensbedingungen für alle!Das Wortpaar Recht und Gerechtigkeit um-schreibt also höchste Werte, höchste Maßstä-be menschlichen Verhal-tens. Es geht um »das Gute«; das, was dem Wil-len Gottes entspricht.Dazu kommt, dass Gott den Menschen Perso-nalität und Individuali-tät geschenkt hat: zum kräftigen Ich-Sein und zum kräftigen Du-Sein. Die persönlichen Begabungen aller Einzelnen sind das Fundament der Verschiedenheit und Vielfalt, des Wettbewerbs, der Partizipation und Koopera-tion. »Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.« 1. Petrus 4,10»Einer trage des Anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.« Gal. 6,2 Ich verstehe hier Paulus so:• Hier ist ein Gesetz aus dem Evangelium ge-

lungen!• Glauben und Handeln sind nicht im Gegen-

satz!• Ein Gesetz für den Hausgebrauch!• Die Anwendung geschieht in Freiwilligkeit und

aus Einsicht; denn sie ist Glaubenssache.

Das Doppelgebot der Liebe

Der Gott Jesu ist nicht ein neuer Gott, sondern

Assoziationen zum Motto »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …«

• Warum morgen, warum nicht heute?• Gott nimmt nicht nur in den Arm,

er lässt auch los.• Zärtlichkeit ja, Emanzipation aber auch.• Gott lieben und deinen Nächsten.• Gottes Arm, mächtig• Gottes Arm: zärtlich. Macht, Vollmacht,

Liebe und Durchsetzungsvermögen

Einmal unterstellt, es ist so:

• Wie ist es dann in dem Arm?• Was bewirkt es?• Kuscheln ist gut, aber nur?• Handeln aus der Geborgenheit heraus• Zurückgezogenes Christentum• Recht und Gerechtigkeit

Gleicher Lohn für ungleiche Arbeitoder: Gleiche Verteilung von Lohn und Beschäftigung

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THEOLOGISCHE GRUNDLEGUNGEN

der Gott der Väter des alten Testaments, der sich jedoch in neuer Form erweist (offenbart), der in den Geschichten, die Jesus erzählt, deutlich wird und sich aktualisiert. Zu dem Bekenntnis zu diesem Gott gehört nach Jesus das Gebot der Nächsten-liebe. Ich glaube, dass in dem berühmten Doppel-gebot »Gott zu lieben und seinen Nächsten wie sich selbst (darin hängt das ganze Gesetz und die Propheten)« der Schlüssel zum Motto liegt »Wenn Gott dich morgen in dem Arm nimmt …«. Ich leite seit meiner Zeit im Laju den kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt in Hannover mit dem Industriepfarramt, dem Arbeitslosenzentrum Hannover und einiger Jugendwerkstätten. Die Wir-kung des Armes Gottes interessiert mich natürlich besonders in dieser Frage. 10,2 % Arbeitslosigkeit (in Sachsen-Anhalt 19,6 %), viel zuwenig Lehrstel-len für Jugendliche, gesellschaftlich akzeptierte Verarmung eines Teils unserer Bevölkerung durch den Umbruch des Sozialstaates, durch Hartz IV und Arbeitslosengeld II.»Wenn Gott dich morgen in dem Arm nimmt ...« Ach täte er es doch schon heute! Was so ins Schwär-merische gerät, ist tatsächlich nichts anderes als die unverzichtbare Vision für den täglichen Bedarf. Solide humane Beziehungen und Stabilität sind nicht aus neoliberalen Marktgesetzen und Ratio-nalitätserwägungen zu gewinnen. Sie müssen in tiefer Überzeugung verwurzelt sein. Als solche lassen sie sich nicht fein säuberlich von der Sache-bene und den Eigengesetzlichkeiten trennen.

Wirtschaftsethik der Bibel

Der Exodus ist ein »Herzstück der hebräischen Bibel«. Die Exodus-Tradition, also die Geschichten des Volkes Israel um seinen Auszug aus Ägypten, beschreibt ganz drastisch eine Theologie der Befreiung aus einem Arbeitshaus und Arbeits-haus meint hier ganz klar Sklaverei. Der Exodus beschreibt die Notwendigkeit und Würde der menschlichen Arbeit. Auf diese Tradition hat sich Israel generell in erfahrener Würdelosigkeit immer wieder berufen. Der Exodus wurde Grundlage der ethischen Betrachtung der Arbeitswelt. Im wichti-gen ersten der zehn Gebote steht: »Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat; aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine an-deren Götter haben.« 2. Mose 20 Weiter findet es dann seinen Niederschlag in den Wirtschafts- und »Arbeitsgesetzen« der Thora. Das neue Testament ist voll von Geschichten, Gleichnissen, Bildern und Menschen, die sich auf Erfahrungen aus der Arbeitswelt beziehen und die klarmachen, das Liebe ohne das sattmachende Brot nichts ist. Man lebt nicht vom Brot allein, o. k.,

aber ohne Brot lebt man auch nicht.

Arbeit in Geschichten »ökonomischen Unsinns«

Mich faszinieren seit langem die Geschichten »scheinbar ökonomischen Unsinns« aus dem Neuen Testament, in denen sich die Nähe Gottes mit den heilenden Konsequenzen für die Menschen offenbart. Da ist einmal die Geschichte von den Arbeitern im Weinberg: Gleicher Lohn für unglei-che Arbeitszeit. So etwas Ungerechtes! Dann die Geschichte von dem Schäfer, der seine gesamte Herde verlässt, um das eine entlaufene Schaf zu suchen. Man stelle sich den Blödsinn vor: 99 Scha-fe, vollkommen unbewacht, werden wegen eines einzigen verlassen! Ein guter Schäfer geht so ein Risiko nicht ein. Und dann die Geschichte von der Frau, die ein kleines Geldstück verloren hat. Ihr ganzes Haus stellt sie auf den Kopf und beim Wie-derfinden des Geldstückes feiert sie ein Riesenfest mit allen Nachbarn, ein Fest das viel mehr kostet, als das verlorene Geldstück wert war. Auf den ersten Blick sind das ökonomisch unsinni-ge Geschichten, die in der Regel theologisch, nicht ökonomisch gedeutet werden. Sie weisen zuerst auf das Reich Gottes hin, wie es ist, wie es sein wird. Aber es sind Geschichten, die sich in Aufbau und Inhalt an den Wirtschaftsgesetzen der Thora orientieren und geprägt sind von sozialkritischen Aussagen, Gesetz und Gerechtigkeit Gottes be-schreiben, seinen machtvollen, wirksamen Arm.

Die Arbeiter im Weinberg

Ein Weinbergbesitzer geht auf den Markt, heuert die dort sitzenden Tagelöhner an. Als er später feststellt, dass er noch Leute braucht, holt er neue, und kurz vor Arbeitsschluss holt er die letzten, und allen gibt er dann den gleichen Tagelohn. Er übervorteilt niemanden. Sauer sind die, die am längsten gearbeitet haben. War das gerecht?Was die Interpretation unter dem sozialkritischen Aspekt so interessant macht, ist, dass in der Regel heutige Verhältnisse zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern an das Verständnis dieser Geschich-te angelegt werden. Was hier aber beschrieben wird, ist ein Alltagsvorgang, der damals allen Hö-rern bekannt war. Die Arbeitssuchenden warten auf Aufträge. Der Weinbergbesitzer heuert nur so viele Leute an, wie es ihm ökonomisch sinnvoll erscheint. Je mehr Lohn er auszahlen muss, desto weniger Gewinn macht er. Dass er später noch Leu-te braucht, ist nicht das Zeichen einer schlechten Planung des Weinbergbesitzers, sondern weiter ein alltäglicher Vorgang. Der Weinbergbesitzer handelt klug unter üblichem Erntedruck.

Die Tagelöhner arbeiten für den Preis eines De-nars. Das ist der offensichtlich ortsübliche Tages-lohn, also »Tarif«. Sie sind in einer ausgesprochen schwachen Position, in einer schwächeren als die Sklaven. Tagelöhner gehen in den Weinberg, ohne zu wissen, wie hoch ihr Verdienst sein wird. Sie rechnen zwar mit dem üblichen Lohn, sind aber nicht in der Position, über Lohnhöhen verhandeln zu können. Sie brauchen mindestens einen Denar als Lebensunterhalt für einen Tag. In antiken Dokumenten über Tagelöhner in land-wirtschaftlichen Gütern finden sich Richtlinien: Auf die Lohnarbeiter ist weniger Rücksicht zu nehmen als auf Sklaven, denn diese sind Kapital des Un-ternehmers. Lohn muss noch am gleichen Abend ausgezahlt werden. Es ist am nächsten Tag u. a. aus hygienischen Gründen darauf zu achten, im Be-trieb möglichst nicht wieder dieselben Tagelöhner anzustellen. Tagelöhner waren ein verelendeter Personenkreis: Sklaven auf eigenes Risiko. Es wird also in den Abläufen eine Geschichte er-zählt, die wirklich so hat stattfinden können und die in der Regel sehr wahrscheinlich immer so stattgefunden hat, bis auf das etwas merkwürdige Geschehen bei der Lohnzahlung.

Begegnung zweier Welten

Es ist klar, dieses Gleichnis beschreibt die Güte Gottes, beschreibt, wie Gott in den Arm nimmt. Zwei Ebenen kommen hier zusammen: Die Arbeits-welt des Alltags, in diesem Fall die der Arbeitenden und Erwerbslosen, und die Welt, die unter Gottes Gebot und Güte steht. Die Geschichte hat ein positives Ziel. Es ist keine Kritik am Lohndenken, keine Kritik am Gewinn. Genau um den Lohn geht es. Um den Umgang mit dem Gewinn geht es. Der Lohn wird gezahlt. Es ist auf der zweiten Ebene ein Lehrstück für Solidari-tät. Das Gleichnis macht deutlich, dass die Leute, die unterschiedlich lange arbeiten können, in einer engen Lebensgemeinschaft leben, dass nichts sie trennt, als das unsolidarische Verhalten der Langar-beiter; denn das waren die, die gemurrt haben und unzufrieden waren. Das ist heute nicht anders.

Arbeit ist keine Ware

Auch wenn die Arbeiter im Weinberg sich vorher auf dem Marktplatz anboten, haben sie sich als Person angeboten und nicht ihre Arbeit als Ware auf einem Markt. Arbeit ist also keine Ware und es gibt demnach auch keinen Arbeitsmarkt. In der Tradition unserer hannoverschen Landeskir-che hat das der Sozialethiker G. Uhlhorn bereits 1890 in Hannover gesagt: „Es ist die Aufgabe der Kirche, das Bewusstsein wieder so zu wecken,

dass der Mensch, auch der geringste, mehr als bloße Arbeitskraft, dass er Ebenbild Gottes ist.“ Das wendet sich gegen den Neoliberalismus, den wir heute haben, der im Gegensatz sagen würde: »Arbeit wird nur gekauft, wenn ihr Wert für den Unternehmer höher ist als ihr Preis.«

Solidarisch arbeiten

Zu lernen haben wir, dass solidarisch zu handeln und zu arbeiten ist. Menschen sind das Ebenbild Gottes, der selber arbeitet: z. B. der handwerklich malochende Gott der Schöpfungsgeschichte. Von daher ist die Gleich-heit aller Menschen auch in Arbeit und Erwerbslo-sigkeit beschrieben. Der Mensch ist als soziales Wesen nicht von der Person, die er selber ist und den anderen zu trennen.In einem Aspekt des Gleichnisses geht es um den gerechten Lohn. Das wirtschaftsethi-sche Denken des Un-ternehmers »Weinberg-besitzer« eröffnet die Dimension des gerechten Lohnes. Es geht um den Lohn und nicht um den Preis. Lohn ist eine Notwendigkeit für den Menschen. Das eröffnet Per-spektiven, die Wahrnehmung von Verantwortung für die Menschen, die von dem Erwerb abhängig sind. Brot macht satt und satt sein macht Ethik möglich, Werte erlebbar. Ich glaube, das meint Brecht mit seinem »Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral«.

Arbeit und Einkommen teilen

Es geht in dieser Geschichte um das Teilen von Ar-beit und Erwerb. Auch wenn es bei den Arbeitern im Weinberg vermutlich nur um Männer ging, spielt das gerechte Arbeitteilen zwischen Frauen und Män-nern eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich geht es um eine Gleichverteilung, in der alle Arbeitswilli-gen an der Beschäftigung beteiligt sein können. Nur diese Form entspricht den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit, wie ich sie biblisch entdecke.

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, dann wirst du erlebt haben oder erleben:

• dass das eine ganz besondere Geborgenheit ist• dass diese Geborgenheit nichts mit plüschiger

Ruhe zu tun hat

Karl-Heinz Friebe, Industriepfarrer aus Hannover: Als ehemaliger Pastor im Landesjugendpfarramt referiert er natürlich nicht zum ersten Mal vor der Landesjugendkammer

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

• dass diese Geborgenheit eine Realität ist, die durch das Tun und Handeln von Menschen er-lebbar gemacht wurde

• dass diese Geborgenheit allen gilt und nicht nur »der Masse der 99 zurückgeblieben Schafe«, die eng zusammengerückt sind, sondern auch dem verloren gegangenen Schaf

• dass diese Geborgenheit so begeistert, dass sie jedes Fest mit den Nachbarn rechtfertigt, auch wenn der Aufwand und die Kosten in keinem Verhältnis dazu stehen

• dass diese Geborgenheit mit menschlichem Tun und Handeln allein nicht zu erreichen ist

• dass Gott mit seinem Arm Gerechtigkeit schafft

In diesem Paradox bleiben wir stehen; denn der Glaube an Gott ist nicht herstellbar, aber erlebbar. Jesus Christus hat keine Hände, seine Arbeit heute zu tun, er hat keine Füße, seine Wege heute zu gehen … Wir sind die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit heute noch liest. So etwa habe ich es in einer Veröf-fentlichung des Lajus einmal gelesen. »Beten« heißt die.

Karl-Heinz Friebe, Industriepfarrer Hannover

Leicht gekürzter und überarbeiteter Vortrag. Es gilt das gesprochene Wort

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …Andacht, entwickelt auf einem GruppenleiterInnenlehrgangEine spektakuläre Eintagsfliege sollte es nicht werden, sondern eine Andacht für eine regelmä-ßig stattfindende Jugendgruppe oder für eine Jugendfreizeit, entstanden auf einem Gruppen-leiterInnenlehrgang im Herbst 2004

Vorbereitung

Eine Mitte wird mit Tüchern, Kerzen und einem Kreuz gestaltet. Um diesen Mittelpunkt liegen Fußspuren aus Pappe (weiße und farbige nebenein-ander und eine Teilstrecke nur aus einer weißen Spur). Wenn möglich, sollte der Andachtsraum mit einem Teppich ausgelegt sein, ansonsten Decken auslegen. Die Teilnehmenden bilden auf dem Boden einen Kreis.

Begrüßung

„Herzlich willkommen im Namen Gottes! Herzlich willkommen zu unserer Andacht mit dem Thema »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …«.Ab und zu in den Arm genommen zu werden, das wünschen wir uns für unser Leben: Begegnungen mit spürbarer Wärme und Geborgenheit empfin-den wir als stärkenden Rastplatz auf unserem Lebensweg. Unser Leben ist ein Weg, und so unterschiedlich wir sind, so unterschiedlich sind die Wege, die unser Leben nimmt. Unterschiedlich sind auch das Tempo und die Art und Weise, wie wir unseren Lebensweg gehen: Manch eine geht unbekümmert drauf los, probiert mal dieses mal jenes. Ein anderer prüft bei jeder Wegkreuzung, ob er noch auf dem richtigen Weg ist. Eine andere geht zielstrebig und zügig, wie-der ein anderer bewegt sich gemächlich, denn der Weg ist das Ziel. Mit manchen Weggefährten bist du längere oder kürzere Wegstrecken gemeinsam unterwegs und dann kommen Kreuzungen, die Tren-nung und Abschied bedeuten. Es gibt beschwerliche Um- und Abwege auf diesem Weg.Und in all dem macht jede und jeder von uns Er-fahrungen mit Gott: Gott als die Kraft, die dich und mich begleitet, die mitgeht.“

Entspannungsübung und Meditation

Die Anleitung sollte durch eine Person erfolgen, die solche Übungen bereits selbst erlebt hat. Im Text markieren Punkte Pausen, die es den Teilneh-menden ermöglichen sollen, den eigenen Gedanken und Empfindungen nachzugehen.

„Ich lade dich jetzt ein, dich bequem mit dem Kopf zur Mitte hinzulegen. Suche dir eine Lage, in der du es bequem 15 Minuten aushalten kannst … Wenn du magst, schließe deine Augen und balle deine Hände zur Faust. Ganz fest und wieder locker lassen … Wandere mit deinen Gedanken zu deinen Füßen. Versuche, sie ganz fest anzuspannen und lass wie-der locker … Wandere mit deinen Gedanken durch deinen Körper bis zu deinem Gesicht und schneide Grimassen. Spanne dein Gesicht ganz fest an und wieder locker lassen … Achte auf deinen Atem und spüre, wie sich beim Atmen Brust und Bauch bewe-gen … Denke für dich den Satz: Ich atme. Ich lebe … Nun stell dir vor, du gehst spazieren und genießt die frische Luft. Du atmest ein und wieder aus, so

wie es für dich am besten ist … Du kommst auf eine Wiese und dort siehst du eine Gruppe, eine riesige Menschengruppe … Was denkst du? … Langsam, ganz langsam näherst du dich … Was empfindest du? … Gehe ein paar Mal um die Gruppe herum … Lass dir Zeit und beobachte sie genau … Was fühlst du? … Jetzt gehst du auf die Gruppe zu und willst mit ihr ins Gespräch kommen. Einer aus der Gruppe dreht sich um und fängt an zu lachen. … Was spürst du? … Du probierst es noch einmal und tippst einer anderen Person auf die Schulter. Sie wendet dir kurz ihr Gesicht zu und schaut dich von oben bis unten an. Sie macht dich nach und dreht sich dann wieder um … Was empfindest du? … Jetzt nimmst

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

du noch einmal alle Kraft zusammen und sprichst wieder eine Person an. Sie reagiert nicht … Was fühlst du? Nimm genau wahr, was in dir vorgeht … Du entfernst dich wieder und läufst in einen Park. Nimm genau wahr, wie es um dich herum aussieht … Was denkst du? Was fühlst du? … Suche dir einen Platz, um zu beten und Mut zu finden, noch einmal zu der Gruppe auf der Wiese zurückzukehren … Nimm dir Zeit … Was spürst du jetzt? … Nun gehe zurück auf die Wiese, bis du wieder vor der Gruppe stehst … Nimm genau wahr, was du jetzt empfindest … Auf einmal trifft dich ein Lichtstrahl. Dieser Strahl ist genau auf die Höhe deines Bauchnabels gerich-tet. Er strahlt eine angenehme Wärme aus … Was

empfindest du? … Du gehst der Wärme und dem Licht entgegen. Dabei schiebst du die Menschen, die dir im Weg stehen, vorsichtig beiseite bis du in der Mitte des Kreises stehst … Was denkst du? Was fühlst du? … Du stehst mitten im Licht und in der Wärme. Du hast den Eindruck, dass du in den Arm genommen wirst … Nimm genau wahr, was jetzt in dir vorgeht. Lass alles zu, was dir einfällt … Nun löse dich von dem Licht und der Wärme und tritt langsam wieder aus dem Kreis heraus … Es wird jetzt Zeit mit deinen Gedanken wieder in den An-dachtsraum in diese Gruppe zurückzukehren. Bevor du die Augen öffnest, mache dir noch ein inneres Foto von deiner Begegnung mit dem Licht und der Wärme. … Wenn du damit fertig bist und wieder ganz hier sein kannst, öffne die Augen. Schau dich um, wer neben dir liegt. Recke und strecke dich … Gähne herzhaft, wenn du willst … und setze dich

langsam über die Seitenlage auf.“Jetzt kann jede und jeder, die oder der möchte, vom eigenen Erleben erzählen. Jemand aus dem Team sollte anfangen zu erzählen. Das macht den Teilnehmenden Mut von sich zu sprechen.

Spiel- und Sprechszene

Die Darstellerin oder der Darsteller tritt in den Kreis und geht langsam auf den Fußspuren her-um, beginnend bei den bunten Fußspuren. Dabei werden von zwei SprecherInnen aus dem Sitzkreis jeweils drei Sätze gesprochen. Die SprecherInnen wechseln, wenn die Darstellerin oder der Darsteller die bunten Fußspuren verlässt und nur noch weiße Fußspuren auf ihrem Weg liegen. Textauswahl für SprecherIn 1:• Ich vermisse dich• Du bist mir wichtig• Du siehst heute gut aus• Ich bin stolz auf dich• Mit dir bin ich glücklich• Wollen wir heute etwas zusammen machen?• Schon wieder eine Eins• Schön dich zu sehen• Ich liebe dichTextauswahl für SprecherIn 2:• Wir werden uns scheiden lassen• Du wirst die Klasse wiederholen• Wir konnten ihm nicht mehr helfen• Dein Opa ist tot• Ich hasse dich• Ich habe dich betrogen• Wir haben dich adoptiert• Du bist nicht unsere FreundinNach dem letzten Satz von SprecherIn 2, bleibt die Darstellerin oder der Darsteller stehen und schreit.DarstellerIn: „Stop. Gott, warum hast du mich allein gelassen?“SprecherIn 3 antwortet aus dem Sitzkreis: „Gott liebt dich und wird dich nie allein lassen, erst recht dann nicht, wenn du in Not bist und in schwierigen Zeiten deines Lebens. Dort, wo du nur eine Spur siehst, trägt er dich.“nach: Margaret Fishback Powers

Gebet

Gott, wir hören, du bist bei uns, am Tag und in der Nacht, ein Leben lang.Und doch haben wir manchmal das Gefühl, von dir verlassen zu sein. Wir spüren nicht immer, dass du uns in deinen Armen hältst.Gott, besser als wir selber, weißt du, was wir nötig

haben, um schwierige Wegstrecken in unse-rem Leben zu gehen.

Gott steh mir bei.Lass mich in schweren Zeiten nicht verzwei-feln.Lass mich das Danken nicht vergessen, wenn ich glücklich bin.Gott, nicht nur heute lass mich darauf vertrauen, dass du mich trägst und in deine liebenden Arme nimmst, sondern immer und überall.Amen

Lied

Er hält die ganze Welt in seiner Hand

Segen

Gott begleitet uns auf unseren Lebenswegen. Gott ist uns nahe, wie ein guter Freund, wie eine gute Freundin. Diese wohltuende Nähe oder anders gesagt, sein Segen soll jetzt für uns alle spürbar werden. Wir laden dich deshalb ein, dir eine Partnerin oder einen Partner zu suchen. Wenn ihr euch gefunden habt, sucht euch einen gemeinsamen Platz im Kreis. Macht miteinander aus, wer sich zuerst auf den Bauch legen möchte und den Segen genießen will.Die Partnerin oder der Partner kniet oder setzt sich daneben. Wir haben für jedes Paar zwei Mas-sagebälle (Es können auch Tennisbälle sein). Rollt diese Bälle nun mit sanftem Druck über den Rücken eurer Partner und Partnerinnen. Dabei spielt leise Musik.(Gebt den Paaren drei bis vier Minuten Zeit. Dann wird die Musik langsam ausgeblendet.)Jetzt streiche deiner Partnerin oder deinem Part-ner zum folgenden Segenswunsch sanft über den Rücken.Es segne dich Gott, der dich erschaffen hat.Es segne dich Jesus, der dich liebt.Es segne dich der Heilige Geist, der dich bewahrt vor allem Bösen. AmenBevor ihr die Rollen wechselt, spürt der eben erleb-ten Segenshandlung noch ein wenig nach.Nach dem Rollenwechsel gebt den Paaren noch einige Minuten Zeit zum Gespräch.

„So mögen sich die Wege vor deinen Füßen ebnen, wenn du nun deinen Weg hoffentlich ermutigt weitergehst.Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst: Niemand ist da, der mich hält.Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst: Niemand ist da, der mich schützt.Keinen Tag soll es geben, an dem du sagen musst: Niemand ist da, der mich liebt.Der Friede Gottes, der sich mit Worten gar nicht beschreiben lässt, begleite dich auf deinem Weg.Amen“

Franziska Bach, Katharina Corswand, Mareike Genter, Anna von Knobelsdorff

Umarmungen sind Übersetzungen aus einer Sprache, die zwar alle erlernen möchten und doch nur wenige verstehen können. Peter E. Schumacher

Anfechtungen sind Umarmungen Gottes. Martin Luther

aus: Theologischer Ausschuss der Landesju-gendkammer (Hrsg.): Der Paraklet. S.5

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Arche, Ringkampf, Fisch …Wie würdest du dich fühlen?

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … Wie würdest du dich fühlen? Wie Noah in seiner Arche: beschützt und behütet, als alle Brunnen

der großen Tiefe und alle Fenster des Himmels auf-gingen, als in der großen Flut alles ringsum erstick-te? Über ein Jahr barg diese Arche Noah und die Sei-nen.Wie würdest du dich fühlen? Wie Jakob in seiner finstersten Nacht am Jabbok? Da nahm Gott ihn in den Arm. Mehr noch: Er rang mit ihm, versuchte ihn zu Boden zu wer-fen, verrenkte ihm die Hüfte. Aber Jakob ließ nicht los: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Er be-kam seinen Segen. Und mit ihm einen neuen Namen: Is-rael.Wie würdest du dich fühlen? Wie Elia am Horeb? Vierzig Tage und vierzig Nächte war er dorthin ge-gangen, saß nun in einer Höhle und wartete. Weder im Sturm, noch im Erdbeben noch im Feuer fand er Gott, sondern nur in einem sanften, sti l len Sausen, das ihn umhüllte wie ein Arm.

Wie würdest du dich fühlen? Wie Jona im Bauch des großen Fisches? Drei Tage und drei Nächte zweifelnd und Gott lobend, hadernd und ängstlich, doch am Schluss bereit?Wie würdest du dich fühlen? Wie Jesus aus Galiläa, der zum Jordan kam, sich taufen zu lassen und auf den der Geist Gottes niederfuhr? „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“Wie würdest du dich fühlen? Wie Jesus aus Galiläa auf seinem letzten Weg?Wenn dein Kind dich morgen fragt …Wie würdest du dich fühlen? Was könntest du sagen? Ein Noah bist du nicht. Auch kein Jakob, kein Elia, kein Jona und ganz sicher kein Jesus aus Galiläa. Viel zu mächtig sind alle diese Gestalten, diese Männer, Patriarchen, Propheten und Gottes Sohn persönlich. Wohl kein Vergleich mit dir klei-nem, zweifelndem, suchendem Menschenkind. Obwohl: Noah hielten seine Zeitgenossen vermut-lich für einen Spinner. Wer baut schon eine Arche fernab vom Meer? Jakob war ein Schlitzohr. Mehr als einmal hat er seinen Bruder übers Ohr gehauen. Elia war ungestüm und nicht gerade ein Pazifist. Jona ein ewiger Neider und Nörgler. Und Jesus, nun ja, dessen Ansichten und Lebenswandel hielten ja auch viele für fragwürdig. Alles ganz menschlich und ohne viel Glamour.Wie würdest du dich fühlen, wenn dein Kind dich morgen fragt …? Es muss ja nicht einmal dein »echtes«, »eigenes« Kind sein. Es kann ein Kind sein, irgendeins auf der Straße, mit großen Augen und dem Finger in der Nase. Oder es kann das Kind in dir sein, das Kind, das du einmal warst und immer noch ein wenig bist. Es fragt dich jedenfalls und du stehst da und suchst nach einer Antwort. „Schweigen gildet nicht,“ sagt das Kind und du musst lachen.Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt, dann kann das alles sein: Wie eine Arche, wie ein Ring-kampf, wie ein sanftes stilles Säuseln, wie ein rie-siger Fisch, wie eine Öffnung im Himmel. Wie Gott dich in den Arm nimmt, das liegt in dir, in deinen Fragen, Ängsten, Träumen.

Hannelore Lüter, Diakonin Markoldendorf

Kennst du dieses »Die Welt ist schlecht und nie-mand hat mich lieb-Gefühl«? Ich muss zugeben, mich überkommt es nur selten. Wenn es dann aber da ist, dann mit umso größerer Heftigkeit. In sol-chen Momenten verkrieche ich mich mit einer Kan-ne Tee in mein Zimmer, mache die Tür hinter mir zu. Ich zünde diverse Kerzen an, wickele mich in eine kuschelige Decke ein und hole meine Gitarre raus. Ich klimpere ein Lied nach dem anderen, singe sie leise vor mich hin. Eines der Lieder, bei denen ich dann immer wieder lande ist die Vertonung eines Gedichts von Dietrich Bonhoeffer:

Von guten Mächten wunderbar geborgen …

Von guten Mächten treu und still umgebenbehütet und getröstet wunderbar,so will ich diese Tage mit euch lebenund mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,noch drückt uns böser Tage schwere Last,Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelendas Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern,des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenkenan dieser Welt und ihrer Sonne Glanz, dann wolln wir des Vergangenen gedenken, und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,die du in unsre Dunkelheit gebracht, führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen!Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so lass uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,erwarten wir getrost, was kommen mag.Gott ist bei uns am Abend und am Morgen,und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer

Das haben schon viele andere getan. Ich möchte auf einen Gedanken hinweisen, der mich immer wieder beschäftigt, wenn ich das Lied in meiner »Die Welt ist schlecht und niemand hat mich lieb-Stimmung« singe:Während die beiden Adressatinnen des Gedichts traurig zu Hause »unter dem Tannenbaum« sa-ßen, waren Dietrich Bonhoeffer und sein Bruder Klaus sowie seine bei-den Schwäger Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher in Gefängnis-sen des nationalsozialis-tischen Regimes. Seine Zwillingsschwester war aus Deutschland geflo-hen, da sie mit einem Juden verheiratet war. Die Kirche hatte sich von ihm abgewendet. Es fasziniert mich, dass Dietrich Bonhoeffer in dieser so schwierigen Situation, ein solches Maß an Gottvertrau-en aufbringen konnte. Ihm dürfte klar gewesen sein, das seine Lage beinahe aussichtslos war. Doch er muss sich bewusst gewesen sein, dass bei aller Macht, die die Nationalsozialisten hatten, sie die Wirklichkeit Gottes doch nicht auslöschen konnten. Dietrich Bonhoeffer muss sich auf eine ganz besondere Weise von Gott begleitet und in den Arm genom-men gefühlt haben, sonst hätte er diese Worte nicht finden können.Und so merkwürdig es auch klingen mag, beim Spielen und Singen diese Liedes glaube ich ein bisschen etwas von dieser Nähe zu spüren, die Bonhoeffer erlebt haben muss. Mein »Die Welt ist schlecht und niemand hat mich lieb-Gefühl« ist natürlich nicht vergleichbar mit dem, was dieser Mann und seine Familie durchleiden mussten, aber er ist für mich das Paradebeispiel eines Menschen, der sich von Gott in den Arm genommen gefühlt hat.

Reni Kruckemeyer, Syke-Barrien

Dietrich Bonhoeffer hat dieses Gedicht Weih-nachten 1944 im Gestapo-Gefängnis in Berlin für seine Mutter und seine Verlobte geschrieben. Ich möchte das Lied an dieser Stelle nicht auslegen.

Lieber Vater, wenn du uns morgen in den Arm nimmst, freuen wir uns, haben ein bisschen Angst und sind unsicher.Wir sind voller Fragen.Du kennst uns in- und auswendig.Du kennst all unsere Gedanken, unsere guten und schlechten Seiten.Und trotz aller Fehler willst du uns in deine Arme schließen, willst mit uns Beziehung leben, willst uns nahe sein.Wir danken dir dafür, dass deine Liebe uns allen gilt.Sei mit deinem Segen bei uns alle Tage bis an das Ende der Welt.Amen.

Johanna Gorka, Hildesheim

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

VorspielBegrüßung

LiedPsalm 91, 11f

Aktion: Die Vorstellung von einigen EngelnEine Person geht in der Kirche umher und fragt einige Besucherinnen und Besucher, ob sie ein be-stimmter Engel mit bestimmten Eigenschaften sein wollen oder sie bestimmt einige Gottesdienstbe-sucher zu verschiedenen Engeln. Beispiel: Du bist jetzt der Engel des Mutes, der sich einmischt, wenn er eine Ungerechtigkeit erkennt, auch wenn die Situation nicht ganz ungefährlich ist oder Möchtest du der Engel der Zuverlässigkeit sein, der immer für andere da ist, wenn er gebraucht wird?Weiter Engel: Der Engel des Fingerspitzengefühls, des Lächelns, der Nächstenliebe, des Verzeihens, der Geduld, der Ausdauer, des Verständnisses, der Treue …LiedAnsprache/PredigtPredigttext: Apg. 8,26–40Wir haben in diesem Gottesdienst schon einiges über Engel und ihre Eigenschaften gehört. In dem Predigttext kommt zunächst erst einmal ein Engel vor. Er gibt Philippus die Anweisung aufzustehen und an einen bestimmten Ort zu gehen. An diesem Ort gibt der Engel ihm die nächste Anweisung. Philippus soll sich an den Wagen des Mannes aus Äthiopien halten. Mehr sagt der Engel nicht, alles weitere bleibt offen. Doch ist dieser Engel wirklich der einzige Engel in diesem Text? Ein Engel ist ein Bote Gottes. Er übermittelt eine Botschaft, gibt etwas weiter. Auch Philippus gibt in diesem Text etwas weiter. Er trifft auf einen Mann, der in ein fremdes Land gekom-men ist, um anzubeten. Er scheint auf der Suche nach etwas zu sein, liest in einer Schrift, doch er versteht nicht, was er liest. Niemand ist da, der ihn anleitet. Das übernimmt Philippus: Er predigt dem Mann das Evangelium von Jesus. Jetzt versteht der Mann die Schrift. Als sie an einem Wasser vorbei kommen, bittet er Philippus ihn zu taufen. In einer späteren Überlieferung des Textes heißt es, dass der Mann nun glaubt, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Nach der Taufe entrückt der Geist des Herrn Philippus, seine Aufgabe ist erledigt.Erst nach dem Hören der Botschaft kann der Mann sagen: Ja, ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Er hat gefunden, was er suchte, lässt sich

taufen und zieht fröhlich weiter. Für diesen Mann war Philippus ein Bote Gottes, ein Engel.Ich denke, wir sind alle schon einmal einem Men-schen zum Engel geworden und ich denke, wir sind auch alle schon einmal einem Engel begegnet. Einem Engel, der ganz anders aussah, als sich die meisten Menschen Engel vorstellen. Einem Engel, der keine Flügel hatte und von dem auch kein hell-weißes Licht ausging. Das gold-blond gelockte Haar, das Engel auf vielen Bildern haben, hatte er sicher auch nicht.Ich denke da an Situationen, in denen wir nicht mehr weiter wussten, in denen wir Hilfe, Trost oder einfach nur einen guten Rat brauchten, Si-tuationen, in denen wir jemanden zum Zuhören brauchten, jemanden, der einfach nur da war oder jemanden, der uns einen Anstoß gab, um uns dazu zu bringen, aus unserem Selbstmitleid auszubre-chen und noch einmal neu anzufangen. Ich denke auch an Situationen, in denen es uns richtig gut ging, in denen wir die ganze Welt hätten umarmen können und einfach jemand da war, der sich mit uns freute, unsere Freude teilte.In diesen Situationen können wir einander zu Engeln werden. Zu Engeln, die ganz anders aussehen, als wir sie uns vorstellen, in deren Gegenwart aber et-was von der Liebe und Nähe Gottes spürbar wird.Das Schwerpunktthema der Landesjugend-kammer lautet: »Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …« Mir sind unter anderem folgende Vervollständigungen für diesen Satzanfang ein-gefallen:• dann kann ich mich fallen lassen.• dann spüre ich etwas von seiner Liebe und

Nähe.• dann kann ich aufhören zu zweifeln und ihm

vertrauen.• dann bemerke und verstehe ich, wie sehr Gott

mich liebt.Als ich mich mit dem heutigen Predigttext be-schäftigte, fragte ich mich, wie sich der Mann aus Äthiopien wohl gefühlt hat, als Philippus ihm das Evangelium predigte und er es endlich verstand. Hat er etwas von der Liebe und Nähe Gottes gespürt? Hat er Gottes Umarmung gespürt? Ich denke, ja! Er hat genau das gespürt, ansonsten hätte er sich kaum taufen lassen. Die Liebe und die Nähe Gottes, seine Umarmung, müssen in dieser Situation für den Mann aus Äthiopien spürbar gewesen sein.

Ich habe vorhin ein paar Situationen aufgezählt, in denen wir einander zu Engeln werden können, in denen die Liebe und Nähe Gottes für uns spürbar wird. Ich finde den Gedanken, dass Gott uns in die-sen Momenten umarmt, wunderschön und wünsche uns allen, dass wir immer wieder Engel finden, die uns zur Seite stehen und dass wir zu Engeln für unsere Mitmenschen werden können. Amen.

Lied AbendmahlFürbitten

LiedSchlussgebet

SegenLied

Für den Sprengel Ostfriesland: Kerstin SchmidtGottesdienstablauf »Sommerkammer« 2004

Menschen sind Engel mit nur einem FlügelSie müssen sich umarmen, um fliegen zu können – Ein Gottesdienst

fliegen – fallen – fragenAndachtsgedanken zum Lied »Fallen« von den Toten Hosen

Dass Gott jemanden in die Arme nimmt, wird in der Bibel nicht erzählt. Jedenfalls nicht wörtlich. Es ist ja auch ein Bild für etwas.

Wann nimmt mich jemand in den Arm? Wenn ich jemanden nach langer Zeit endlich wiedersehe. Wenn ich durch die Prüfung falle. Wenn ich weine. Wenn ich verliebt bin und die ganze Welt umarmen könnte. Wenn ich gestürzt bin. Wenn ich mich mit jemanden versöhne. Wenn ich gewonnen habe.

Das sind ganz verschiedene Szenen, die zeigen, wie unterschiedlich die Situationen sein können und wie unterschiedlich das Gefühl, in den Arm genommen zu werden.

Eine dieser Situationen möchte ich genauer anschauen. Wie ist es, wenn man fällt und wieder aufgenommen wird? Fallen kann man im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man hinfällt oder einen Unfall hat. Fallen ist auch ein Bild für kleine und große Abstürze: Wenn man durch eine Prüfung fällt oder am Boden zerstört ist.

Diese Situation habe ich gewählt, weil ich dazu ein Bild in der Bibel gefunden habe: Wenn Adler-junge fliegen lernen, werden sie vom Adler aus dem Nest gestupst. Sie müssen sich in die Tiefe fallen lassen, anders geht es nicht. Aber der Adler schwebt über ihnen und achtet auf sie. Wenn eines müde wird und zu fallen beginnt, nimmt es der Ad-ler auf seine Schwingen und trägt es wieder nach Hause. So ist Gott, erzählt dieses Bild (vgl. 5. Mose 32,11). Darauf werden wir später zurückkommen.

Wenn ich falle

Die Toten Hosen haben ein Lied vom Fallen ge-sungen (veröffentlicht auf ihrer CD-Single »Ich bin die Sehnsucht in dir«, September 2004). Das Lied hat eine ruhige Atmosphäre und einen nach-denklichen Text. Sorglos können wir fliegen, bis die Sonne unsere

Flügel einfach wegschmilzt. Ohne es ausdrücklich zu sagen, erzählt diese erste Zeile von Ikarus, einer griechischen Sagengestalt.Ikarus lernte zu fliegen, mit Flügeln, die sein Vater Dädalus gebaut hatte. Voller Begeisterung flog er immer höher in den Himmel, der Sonne entgegen. Aber je näher er der Sonne kam, umso wärmer wurde es, und das Wachs, das die Flügel zusam-menhielt, begann zu schmelzen. Er stürzte ab. Diesen Sturz beschreibt das Lied. Aber nicht dramatisch, sondern mit vielen Fragen und auch mit viel Hoffnung. Dann kommen die Fragen, was der Grund ist, was uns auf einmal aus den Wolken stürzen lässt. Diese Fragen regen zum Nachdenken und Austauschen an.An welche konkrete Situation mag der Sänger beim Schreiben gedacht haben? Welche Situation fällt uns selbst ein? Ich fühle mich sorglos, als könnte ich fliegen, und auf einmal stürze ich ab. Und ich frage: Warum? Welche Antwort finden wir? Es ist eine Katastrophensituation, aber auf ein-mal kommt ein tröstlicher Satz: „Doch ich weiß, wenn ich falle, irgendjemand hebt mich auf. Und ich denk’ noch, während ich falle, schön für mich, dass es dich gibt.“ Wie kann der Sänger das so singen? Wie kann er sich so sicher sein? Wenn man fällt, hat man doch nur Angst und weiß gar nichts mehr. Ich kann aber auf mein Leben zurückblicken und mich an Situati-onen erinnern, in denen tatsächlich jemand da war, um mich aufzuheben. Diese Menschen werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Schön für mich, dass es sie gibt. Daraus wächst das Zutrauen für die Zukunft: »Jemand wird da sein.«Wer ist eigentlich dieses Du? Wir stellen uns die Menschen vor, die uns aufgehoben haben. Viel-leicht ist es nicht zufällig, dass sie uns in dieser

Der vollständige Text des Liedes »Fallen« ist zu finden unter www.dietotenhosen.de

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Situation über den Weg gelaufen sind. Vielleicht hat Gott sie geschickt. Das war Gottes Art und Weise, uns in den Arm zu nehmen. Ob der Sänger das auch so sehen würde, wissen wir nicht. Aber seine nächste Frage geht in diese Richtung: „Glaube, was heißt schon Glaube? Wel-chem Gesetz und welchem wahren Wort vertraust du?“ Die Antwort auf diese Frage kann nur jede und jeder für sich selbst geben. Vielleicht wird die Ant-wort sich im Laufe des Lebens auch verändern. Am Ende bleibt eine Spannung. Einerseits: Wir beten darum, wenn wir fallen, dass wir nicht allei-ne sind, dass uns jemand auffängt und dass uns jemand braucht. Andererseits das Vertrauen, dass jemand da sein wird: „Und ich denke noch, während ich falle, schön für mich, dass es dich gibt.“

Ideen zur Andachtsgestaltung

Das Lied ist so kunstvoll komponiert, dass es für sich stehen kann. Es braucht keine Erklärungen. Es braucht Raum, um über die Fragen, die es stellt, nachzudenken. Das Lied verfügt einen ersten Instrumentalteil, in dem der Rhythmus sehr deutlich zu hören ist. Bevor es eingespielt wird, kann man diesen Rhythmus aufnehmen und mit Body-Percussion selbst erzeugen. Im Lied bleibt es offen, ob das Du, das uns aufhebt, ein Mensch oder Gott ist. In einer Andacht kann der Text des Liedes mit Texten aus der Bibel in Verbindung gebracht werden, um diese religiöse Dimension zu eröffnen. Es gibt, besonders in den Psalmen, Sätze, die in ganz unterschiedlicher Weise vom Fliegen und vom Fallen erzählen. Die-se Verse werden in der Mitte ausgelegt, jeder ist mehrfach vorhanden. Wenn das Lied ein zweites Mal leiser gespielt wird, haben die Teilnehmenden Gelegenheit, sich den Vers auszusuchen, der sie am meisten anspricht oder der in besonderer Weise zum Lied passt. Danach kann der Rhythmus des Liedes noch ein-mal leise aufgenommen oder eingespielt werden. Reih um lesen die Teilnehmenden auf dem Hinter-grund dieses Rhythmus’ oder der Musik ihren Vers. Sie können dabei dem Vers einen Rhythmus geben (einem Rap ähnlich).

In einem Gebet können Liedzeilen noch einmal anklingen

Gott, wir beten zu dir, wenn es wirklich hart kommt. Und schämen uns manchmal, dass wir es nur dann tun. Aber du hast gesagt, dass wir dich rufen können in der Not.

Manchmal ist es so, als würden wir ins Bodenlose fallen.Wir beten darum, wenn wir fallen, dass wir nicht allein sind.Und dass es sich lohnt, wieder aufzustehen, wenn wir am Boden sind. Dass uns auch irgendjemand braucht.Schön, dass es dich gibt.Amen

Lieder

Zum Singen eignen sich besonders zwei neue Psalmlieder zu Ps 139,9 »Nähm ich Flügel der Morgenröte« von Jan von Lingen. Die eher jugend-gemäße Version findet sich im Liederheft zur Öku-menischen Dekade (Nr. 43), ein choralartiges Lied »Du bist da« in der Liederzeitung zum Kirchentag 2005: www.michaeliskloster.de.

Verse vom Fliegen, Fallen und Gerettetwerden

Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Ps 139,9Ich bin dem Fallen nahe, und mein Schmerz ist immer vor mir. Verlass mich nicht, mein Gott, sei nicht ferne von mir. Ps 38,18.22Die auf Gott vertrauen, kriegen immer wieder neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Sie gehen und werden nicht müde; sie laufen und brechen nicht zusammen. Jes 40,31Man stößt mich, dass ich fallen soll; aber Gott hilft mir. Ps 118,13Denn Gott ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde.Ps 62,3Sie/er mag fallen, aber sie/er stürzt nicht ab;denn Gott hält sie und ihn fest an der Hand. Ps 37,24Gott hält alle, die da fallen, und richtet alle auf, die niedergeschlagen sind. Ps 145,14Du lässt mich erfahren viele und große Angst, aber du machst mich wieder lebendig und holst mich wieder herauf aus den Tiefen der Erde. Ps 71,20Gott sagt: Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du wirst mich preisen. Ps 50,15Wie ein Adler über seinen Jungen schwebt, wenn sie fliegen lernen, und sie aufnimmt, wenn ei-nes müde wird, so breitete Gott die Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln. 5. Mose 32,11

Christine Tergau-Harms, Pastorin Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik, Hildesheim

Woher kommt die kleine Delle auf dem Bauch?Bauchnabel-Andacht

Da wir uns nicht ständig auf den Bauchnabel star-ren können, muss es doch noch eine andere Mög-lichkeit geben, Gottes Liebe zu erfahren. Da ist mir eine Bibelstelle wieder in den Sinn gekommen, die ich in einem Gottesdienst gehört habe: »Denn wo zwei oder drei in meinem Namen zusammenkom-men, da bin ich selbst in ihrer Mitte.« Mt 18,20, Die gute Nachricht, Bibel in heutigem Deutsch

Klar, ich erfahre die Liebe Gottes auch in Gesell-schaft anderer: Wenn ich etwas mit meinen Freun-den, Verwandten und Bekannten unternehme, mich mit ihnen unterhalte, Probleme wälze oder durch eine herzliche Umarmung. Durch diese Leute kann ich auch erkennen, dass Gott mich lieb hat, sonst würden sie ja nicht da sein, wenn ich ihre Hilfe brauche oder einfach nur Spaß haben möchte.Dieses Gefühl habe ich auch, wenn ich an Aktionen der Evangelischen Jugend teilnehme. Ich fühle mich geborgen, geliebt, akzeptiert, verstanden, auch wenn ich, die Leute, mit denen ich dort zu

Max, Paul und Alex, die dicksten Freunde, die man sich vorstellen konnte, spielten gemein-sam an einem sehr heißen Tag im Garten. Sie spritzten sich gegenseitig mit Wasserpistolen und dem Gartenschlauch nass. Als Max mal wieder einen gezielten Schuss mit dem Wasser-schlauch auf Alex abschoss, traf er ihn mitten in den Bauchnabel, und das Wasser spritzte so heftig, dass er sogar noch Paul damit traf. Da kam bei Max die Frage auf, was der Bauchnabel eigentlich für einen Sinn hat und woher er kam. Dass man darin wunderbar Murmeln legen kann, wenn man auf dem Rücken liegt, oder mit dem Finger darin bohren kann und das fürch-terlich kitzelt, das hatte er schon ausprobiert, aber was ist der Bauchnabel? Man kann damit nicht essen, nicht sehen, nicht riechen. Max überlegte, wann er den Bauchnabel schon einmal verwendet hat, um irgendetwas damit zu tun. Ihm fiel aber nichts ein: „Noch nie in meinem Leben habe ich diese kleine Delle mitten auf meinem Bauch je ge-braucht. Wozu ist der Bauchnabel denn gut?“ Diese Frage beschäftigte ihn den ganzen lan-gen Tag. Als ihn sein Vater am Abend ins Bett brach-te und liebevoll mit der Bettdecke zudeckte, fragte Max ihn: „Papa, sag mal, woher kommt eigentlich der Bauchnabel?“. Der Vater wirkte sichtlich ratlos. Weiß Papa das etwa auch nicht, dachte sich Max. Doch in dem Moment fing sein Vater an zu erzählen: „ Also, Max, pass mal auf, als Gott dich und ich und alle anderen Men-schen erschuf und soweit fertig war, überlegte er, wie er uns Menschen zeigen konnte, dass er uns alle lieb hat. Er überlegte lange und fragte auch alle seine Freunde. Er konnte doch nicht jedem Einzelnen »Ich hab Dich lieb« auf den Bauch schreiben. Nein, er wollte ein Zeichen, ein Symbol, das für alle Menschen gleich ist, egal, aus welchem Land sie kommen und wel-che Sprache sie sprechen. So kam ihm eines Tages die Idee: Er stellte alle Menschen in einer Reihe auf und sagte zu jedem Einzelnen: „Dich hab ich lieb“ und „Dich hab ich lieb“ und „Dich hab ich auch lieb“. Als er das sagte, stupste er jedem von uns Men-schen mitten auf seinen Bauch, damit auch jeder wusste, wen er meinte. Genau an dieser

Stelle blieb bei jedem von uns eine kleine Delle zurück. So weißt du an jedem Tag, wenn du deinen Bauchnabel ansiehst, dass Gott dich lieb hat.“ Sichtlich erleichtert legte sich Max zurück. „Das ist ja schön, jetzt weiß ich, dass Gott mich lieb hat.“ Zufrieden schlief Max mit einem Lächeln auf dem Gesicht ein. Und mor-gen kann er allen seinen Freunden erzählen, dass Gott uns alle lieb hat.

Michael Rißmann

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

tun habe, zu meinen Freunden und nächsten Be-kannten zähle.Dann gibt es aber auch diese Momente, in denen ich gerade keinen erreiche oder auch einfach kei-nen Bock zum Reden habe, ziemlich weit unten bin, mich einsam und verlassen fühle und positive Unterstützung gebrauchen könnte. Für solche Momente habe ich mir etwas ausgedacht:

Aktion

Jeder pint sich ein DinA4-Blatt mit einem Bauchna-belfoto auf den Rücken. Nun schreibt man sich ge-genseitig darauf, was man am anderen toll findet und an ihm schätzt, natürlich ohne, dass derjenige weiß, wer was geschrieben hat. Nach einiger Zeit wird die Aktion beendet und jeder darf sich einige Minuten seinen Zettel anschauen.

Gebet

Die Andacht schließe ich mit einem Gebet:Liebe erfahren wir –ohne Wortedurch ein Lächeln,einen freundlichen Blick,ein Zeichen mit der Hand,durch einen Kuss,wenn auch nur flüchtig.

Liebe erfahren wir –durch Worte, die mehr sind als Floskeln:durch ein Wort, das Mut macht,ein Gespräch in der Hetze des Alltags –Zeit haben zum Reden und Zuhören,Zeit, wo eigentlich gar keine ist.

Lass uns erkennen, Herr:Du gibst uns das Zeichen,du sagst uns das Wort.

Amen

Ablauf

EinstimmungGeschichteÜberleitung zum BibelversBibelversÜberleitung zur AktionAktionAbschluss mit dem Gebet

Material

StifteDin-A-4-Blätter mit BauchnabelfotoTesakreppGebet: »Beten« 5.09

Katja Daniel, Oldenburg

Wenn Gott mich morgen in den Arm nimmt …

… da entsteht Staunen… da kommen Fragen:… wie kann das gehen?… wie fühlt sich das an?… ist mir das nicht zu nah?… mich umarmen lassen: Ein Eingeständnis von

Schwäche?… kindliche Sehnsucht nach Geborgenheit

oder fühle ich mich aufgehoben?… und überhaupt: Warum erst morgen?In der Formulierung ist Gott personifiziert. Er hat sogar Arme oder soll nur seine Tragkraft symboli-siert werden? Vielleicht könnte es auch heißen:»Wenn Gott dich morgen anlächelt …«

Deutlich wird die Zuwendung Gottes zu uns. Doch wie kann ich sie spüren? Wo ich doch manchmal selbst nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Vielleicht ist dieser Text ein Pausenzeichen, ein Stoppschild:

ANgeDACHTesPausenzeichen mitten im Leben

Horche in dich hinein … Spüre dich im Wind, im Lauf, im Atem, in der Stille, im wilden Tanz. Nimm ernst, was du fühlst und wer du bist. Nimm dir diese Zeit: Pausenzeichen mitten im Leben.

Vielleicht entdeckst du in dieser Pause: Da passiert etwas. Da ist etwas: Du wirst gehört, aufgespürt, angerührt, ernst genommen. Umarme dich selbst, trau dich dir zu. Du kannst dich umarmt fühlen.

Der Theologe Kurt Marti beschreibt, wie ich meine, in einem Text, der mir sehr am Herzen liegt, eine Umarmung Gottes:

Ungebet

Gott, da du alles schon weißt, mag ich nicht beten.Tief atme ich ein,lang atme ich aus – und siehe, du lächelst.

Ob wir dieses Lächeln erwidern können?

Imme Koch, Diakonin, Otterndorf

Ein Stück vom Himmel …Gottes Nähe spüren in den kleinen Dingen des Alltags – Ein GottesdienstDer Raum ist mit blauen Wolken aus Tonpapier dekoriert. Aus Kirchentagshockern werden kleine Tischgruppen gebildet. Die Tische sind mit bunten Tüchern bedeckt. Vorn ist ein großer Tisch mit Kerzen und Blumen als Altar gestaltet. In der Mitte, noch mit einem Tuch abgedeckt, liegt ein kleiner Erdhaufen. Darin sind kleine farbige Glas-steine versteckt, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind. In den Ecken des Raumes wurden vier Themenecken eingerichtet (s. u.). Am Eingang be-kommt jede und jeder eine kleine, ausgeschnittene Wolke und einen Stift.

Eröffnung

Musik, um sich einzustimmen

Begrüßung

Wir feiern heute ein Fest. Bald beginnen die Som-merferien. Viel Arbeit liegt hinter uns. Für viele von uns beginnt jetzt bald eine besonders schöne Zeit, vielleicht fast ein Stück vom Himmel. Viele sind heute hier: Jüngere und Ältere, Mitarbeitende aus den Kindergottesdiensten, aus der Arbeit mit

Kindern und Jugendlichen, Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter, freie Mitarbeitende. Einige sind schon lange dabei, andere fangen gerade erst an. Seid alle ganz herzlich willkommen!

Lied

Aufstehn, aufeinander zugehn

Gebet

Gott, in deinem Namen fangen wir diesen Got-tesdienst an. Wir bitten dich, dass wir zur Ruhe kommen. Lass uns warten und hinhören, zulassen, dass du uns nahe kommst und uns Atem gibst. Weil du uns liebst. Amen

Weißt du, wo der Himmel ist ...?

Himmlische Gefühle beim Gedanken an die Ferien, an Urlaub und freie Zeit. Wir möchten mit euch gemeinsam über das Wort »Himmel« nachdenken. Was fällt uns ein, wenn wir an »Himmel« denken? Von Flugzeug bis Engel ist alles möglich. Bitte schreibt euere Einfälle auf die ausgeteilte Wolke. Wir lesen nachher einiges davon vor.

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Denk- und Schreibpause

Wolken einsammeln und den Text, der auf einigen steht, vorlesen, alle auf dem Altartisch ausbreiten. Letzter Text: Himmel ist da, wo Gottes Nähe ist.

Meditation

»Siehe ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt.«Bei der Vorbereitung des Gottesdienstes fiel uns auf, dass da ein Stück vom Himmel beschrieben ist.(Die einzelnen Teile des Textes werden nacheinan-der als große Wolken im Raum angebracht)Uns fiel ein:siehe: oder schau, guck mal, denk dranich: Jesus, Gottbin bei euch: bei allen Menschen, bei dir, bei mir Ihr könnt etwas von mir spüren Ich lasse euch nicht allein Ihr könnt euch auf mich verlassen Ich helfe euch Ich begleite euch Auf mich könnt ihre euch verlassen Auch wenn alles andere sich ändertalle Tage: immer, jeden Tag, jeden Alltag, auf allen

Wegenbis an das Ende der Welt: und wieder zurück und noch viel weiter ans Ende meiner und deiner Welt auch wenn eine Welt für mich zusam-

menbricht Gott ist auch noch da, wenn es die Erde

nicht mehr gibt auch über mein Ende auf dieser Welt

hinausWir können auch übersetzen: Ihr dürft sicher sein, ich bin immer und überall bei euch, bis an das Ende der Zeit. Gott verspricht uns, dass wir seine Nähe spüren können, in den kleinen Dingen des Alltags, alle Tage.Alltag spielt sich auf der Erde ab und ist oft auch das Gegenteil von Himmel, unser Leben im Alltag ist nicht immer einfach.Hier ist ein Haufen Erde, (Tuch wegnehmen) einfach hingeschüttet.

Kyrie-Rufe

(dazwischen wird immer ein Kyrie-Ruf gesungen)Wenn ich diesen Haufen Erde ansehe, denke ich an die begrabenen Hoffnungen im Leben vieler Menschen:• die begrabenen Hoffnungen auf einen guten

Schulabschluss• auf einen zukunftsträchtigen Arbeitsplatz• auf das Ende eines schlimmen Streites

• auf die begrabene Hoffnung, endlich ein heiß ersehntes Ziel zu erreichen

• Ich denke an meine eigenen begrabenen Hoff-nungen.

Kyrie …Ich spüre die vielen verborgenen Gaben, die in anderen und auch in mir selbst versteckt sind: Sie kommen häufig nicht zutage,• weil ich mir zuwenig zutraue• weil andere mir nichts zutrauen• weil diese Gaben nicht entsprechend geschätzt

und gefördert werden.Kyrie …Der Alltagstrott überlagert viele gute und wich-tige Gedanken und Impulse. Er deckt sie wie eine Erdschicht zu. Vieles scheint bedeutungslos und kann seine Besonderheit nicht entfalten:• Eine kritische Idee, die mich weiterführen• ein gutes Wort, das anderen den Rücken stärken• eine Veränderung, die sich als segensreich er-

weisen könnte.Kyrie …Es gibt Situationen, da fühle ich mich wie ein Häuf-chen Dreck, und habe kein Zutrauen mehr zu mir selbst. Dann stelle ich mir Fragen: • Bin ich denn nichts wert?• Wo ist jemand, der mir sagt: Du bist wichtig und

wertvoll – auch wenn vielleicht etwas nicht so gut gelaufen ist?

Kyrie …Manchmal scheint mir das Leben wie Erde zwi-schen den Fingern zu zerbröseln. Alles geht vorbei – auch mein Leben:• Lebe ich am Sinn meines Lebens, am Ziel meines

Lebens vorbei?• Wo finde ich Halt und Orientierung?• Wo finde ich ein Stück vom Himmel?• Gibt es überhaupt einen Himmel? Wo ist er?

Erzählung

Jesus erzählte viel davon, wie es ist, wenn ein Stück Himmel auf der Erde spürbar wird. Er hat vom Himmelreich Gottes erzählt.Z. B.: Das Himmelreich ist wie ein Schatz, den jemand vergraben hatte: Nicht mehr zu sehen, irgendwo in der dunklen Erde begraben. Vergessen auf einem Acker. Und wo ihn dann doch jemand entdeckte. Vielleicht bei der schweren und müh-seligen, alltäglichen Arbeit auf dem Feld. Vielleicht bei einem Spaziergang, ganz zufällig.Also – ein Mensch findet ihn, deckt ihn schnell wieder zu und setzt alles daran, dass ihm dieser Schatz auch auf Dauer gehört. Er freut sich so sehr über seine Entdeckung, dass er alles tut, damit er diesen Schatz behalten kann.

Kleine und große Schätze im Alltag

Manchmal können wir ein kleines Stück vom Him-mel erleben (Vorbereitungsteam holte Glassteine aus dem Erdhaufen und benennt sie als Schätze im Alltag):• der schöne Sonnenuntergang• die Freundin, die mich tröstet• unverhofft Zeit haben• ein Lob, mit dem ich nicht gerechnet habe …Die Tischgruppen können nun auch im Erdhaufen nach Schätzen suchen und sich dann gegenseitig Situationen erzählen, in denen diese kleinen Schät-ze und damit ein Stück vom Himmel finden. Das Team geht von Gruppe zu Gruppe und nimmt einige Stichworte mit. Eine kurze Zusammenfassung wird ruhig und meditativ vorgetragen:

Ein kleines Stück vom Himmel(reich) kann sein:

In den Ecken des Raumes gibt es vier Plätze, an denen alle ihren Gedanken und Erfahrungen zum Thema noch einmal (ca. 10 – 15 Min.) mit allen Sin-nen nachgehen können:• Bilder und Texte sehen: Postkarten mit schönen

Motiven und/oder kurzen Texten• Musik und Decken als gemütliche Kuschelecke• Seifenblasen als zarte Berührungen Gottes in

die Luft pusten• Natürliche Düfte

Lied

Wir haben Gottes Spuren festgestellt

Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gottund ich glaube, dass er an mich glaubt.Er wird noch an mich glauben,wenn sonst niemand an mich glaubt.Und dass ist gut so.

Ich glaube auch an Jesus Christus,der hier auf der Erde gelebt hat.Er hat gelacht wie wir, getanzt wie wirUnd sich gefreut wie wir.Er hat geweint wie wir, gezweifelt wie wirUnd Dinge vergessen wie wir.Das macht ihn zu unserem Bruder.

Ich glaube an die Kraft der LiebeDurch die Gott und Jesus Christus heute noch jeden Tag wirken.Ich glaube, dass diese Kraft das Größte ist.Und ich glaube, dass wir alle mit dieser Liebeein Stück von Gottes Herrlichkeitin uns haben und uns darüber freuen können.Amen

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Lied

Wo Menschen sich vergessen

Fürbittengebet

Gott, wir gehen nicht allein. Du bist uns verborgen nahe. Mit dir kann der Himmel ein Ort auf der Erde werden. Deshalb können wir beten:Gott, du hältst deinen Himmel offen für alle Men-schen. Es ist niemand zu klein oder zu groß, um zu dir zu gehören. Wir danken dir für die Menschen, die uns zeigen, dass du uns liebst. Etwas vom Him-mel auf Erden ist dadurch für uns spürbar.Du hältst deinen Himmel offen für alle Menschen. Wir denken auch an die Menschen, die nur wenig davon spüren: Die einsam sind oder krank, die, um die sich niemand kümmert. Hilf, dass sie auch etwas vom Himmel spüren und Freude erleben können.Du hältst deinen Himmel offen für alle Menschen. Menschen machen einander das Leben zur Hölle. Wir wissen von Kriegen und vielen Orten, wo Un-schuldige getötet und verletzt werden. Hilf, dass auch dort der Himmel stärker ist und Frieden sich durchsetzt.Du hältst deinen Himmel offen für alle Menschen. Menschen zerstören den Raum, den du uns zum Leben schenkst. Die Luft um uns herum und der Himmel über uns sind verschmutzt und beschädigt. Bewahre Himmel und Erde vor Zerstörung und hilf, dass auch wir dazu beitragen, dass ein Stück vom Himmel auf der Erde spürbar werden kann.Amen(nach: Uwe Wiegand)

Lied

Der Himmel geht über allen auf

Vaterunser

Segen

Der Herr segne dich.Er mache dich freivon allen inneren und äußeren Zwängen,von allem »du musst«, »du sollst«,von allen Erwartungshaltungen anderer: »man tut«, »es wäre gut, wenn …«

Er gebe dir Mut und Kraft,deinen eigenen Weg zu gehen,den für dich bestimmten Wegzu suchen und zu finden.

Er behüte dich.Er schütze dich vor allem Unheil.Nie sollst du dich verlassen fühlenund widrigen Umständen hilflos ausgesetzt sein.

Er stelle dir jederzeit einen guten Menschen zur Seite.

Er lasse sein Antlitz über dir leuchten.Er sei dir gnädigund schenke dir reichlich sein Erbarmen.Er schenke dir offene Augen und Ohren,auf dass du allezeit seine Taten und Wunder in den unscheinbaren Dingen des Alltags er-kennst.

Er schenke dir Frieden und Heil.Lob und Tadel anderer sollen dichweder beirren noch verwirren.Er schenke dir innere Sicherheit und Zuversicht.Ablehnung soll dich nicht erschrecken oder gar betäuben.Angst soll nicht dein ständiger Begleiter sein.

Er schenke dir für jeden Tag ein fröhliches Herz,ein Lächeln auf deinen Lippen,ein Lachen, das andere mitreißt und frei macht,und die Gabe, dich selbst nicht zu ernst zu neh-menund versuche, über dich selbst lachen zu können.In dunklen Stunden sende er dir einen Stern, der dich leitet,in Traurigkeit einen Menschen, der dich tröstet.

Er schenke dir genügend Ruhe und Schlaf;Herausforderungen sollen auch nicht fehlen,zündende Ideen und funkelnde Überraschungen gebe er dir als Zutaten.

Mit seinem Segen sei er dir alle Zeit nahe,umgebe dich mit seinem Beistand,auf dass du wachsen und reifen kannstund deinen Weg findest.

So bewahre dich der Herr, dein Gott,der dich ins Leben rief und will,dass du lebst und glücklich bist.(Heinz Pagels, nach 4. Mose 6,24-26)

Lied

Den Segen Gottes sehn

Musik zum Ausklang

Dorothee Lüdeke, Kirchenkreisjugendwartin Burgwedel-Langenhagen

Umarmungen werden sehr unterschiedlich wahr-genommen. Sie stehen für viele unterschiedliche Erfahrungen, Bedürfnisse und Sehnsüchte. Umar-mungen können für Zuneigung und Liebe stehen, für Geborgenheit, Trost. Menschen, die sich nahe stehen, umarmen sich zur Begrüßung, zum Ab-schied oder einfach so. Im Fußballstadion fallen sich die Fans bei einem Tor ihres Vereins voller Freude in die Arme. Ein Kind, das sich weh getan hat, wird von der Mutter oder dem Vater zärtlich in die Arme geschlossen. Umarmungen erleben wir also in den unterschiedlichsten Lebenssitu-ationen. An diese Erfahrung soll der Andachtenbaustein anknüpfen. Jedoch sollte nicht die zwischen-menschliche Nähe im Mittelpunkt stehen, sondern die Berührung durch Gott. In der Bibel beschreiben Menschen die Nähe Gottes in Form von Engelsge-stalten. Sie erscheinen ihnen in zentralen Situatio-nen ihres Lebens und haben eine sehr persönliche Botschaft für den Menschen, dem sie begegnen. Der individuelle Charakter dieser Begegnungen von Mensch und Engel soll in diesem Baustein aufgegriffen werden: Den Teilnehmenden wird je nach ihrer eigenen Lebenssituation ein Zuspruch angeboten, den sie selber auswählen können. Grundlage für diese Zu-sagen bilden Texte des Benediktiners Anselm Grün, der mit »50 Engel für die Seele« und »50 Engel für das Jahr« zwei »Inspirationsbücher« geschrieben hat. In den Büchern werden unterschiedliche Engel vorgestellt (z. B. der Engel der Leidenschaft, der Engel der Geduld, der Engel der Ausdauer).Zur Vorbereitung des Bausteins werden aus einem oder beiden Büchern verschiedene Engel ausge-wählt. Die dazugehörigen Texte werden mehrfach kopiert und in Briefumschläge gelegt, die mit dem Namen des Engels (z. B. »Engel der Sehnsucht«) beschriftet werden. Aufwändiger, aber auch schö-ner ist es, wenn die Texte abgetippt oder von Hand abgeschrieben und mit einem Bild o. ä. dekorativ gestaltet werden.Die Briefumschläge werden für alle gut zugängig im Kreis ausgelegt. Das Umfeld könnte mit Kerzen, Engelsbildern, Tüchern, Federn, Spiegeln dekoriert werden. Nach einer kurzen Einleitung werden die Teilnehmenden aufgefordert, sich die Aufschriften der unterschiedlichen Umschläge anzusehen und sich dann einen auszusuchen. Danach schließt sich eine Phase der relativen Stille an, in der sich jede

und jeder mit ihrem und seinem persön-lichen Engel ausein-ander setzten kann. Die Phase der Suche und des Lesens wird durch leise Musik untermalt.Der Baustein eig-net sich sowohl als Andacht, als auch als Baustein eines G o t t e s d i e n s t e s oder als Teil einer Einheit zum The-ma Engel oder zum Schwerpunktthema der Evangelischen Jugend.

Reni Kruckemeyer, Syke-BarrienIn Aufnahme einer Idee von Christine Tergau-Harms

Wenn Gott dich (morgen) in den Arm nimmt ...Gottesdienst-/Andachtenbaustein mit Texten von Anselm Grün

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Man sagt, Ninive könnte überall sein, auch heute. Man sagt, Jona könnte auch ich selbst sein. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte kann eine persönliche Standortbestimmung sein, die klärt, wo ich gerade in meinem Leben stecke? Habe ich ein bestimmtes Ziel vor Augen? Steht mir das Wasser bis zum Hals und drohe ich zu versinken? Bin ich eins oder uneins mit Gott?Die Jona-Geschichte ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Wachsen und Reifen hat immer etwas mit Höhen und Tiefen zu tun.Allen, die sich zunächst ein paar verständliche the-ologische Grundlagen aneignen möchten, empfehle ich in den gängigen Arbeitsheften und -büchern zur Kindergottesdienstvorbereitung nachzuschlagen. (Z. B.: »Der Kindergottesdienst«, Gütersloher Verlagshaus oder »Evangelische Kinderkirche«, Verlag Junge Gemeinde. 2/2003, 4/1999)

1. Auftrag und Flucht

Kapitel 1Material: Malbögen, Buntstifte, Wachsmaler o. ä., BibeltextDie Gruppe nimmt gemütlich Platz. Alle schließen die Augen und erleben die Geschichte unter fol-gender Fragestellung innerlich mit: »Was spricht mich persönlich besonders an?«Wer möchte kann den Text noch einmal für sich le-sen. Aus den persönlichen Eindrücken soll ein Bild gemalt werden und auf der Rückseite der Bögen soll das Bild einen Namen erhalten.Nach ausreichender Zeit werden die Bilder allen gezeigt und vorgestellt. Zunächst betrachtet sie die Gruppe und äußert sich dazu, was sie sieht und wie sie sie interpretiert. Danach erläutert die Malerin ihr oder der Maler sein Bild und stellt den Namen des Bildes vor.Lied: Hörst du, wenn ich bete? Aus: Eugen Eckert: Gott ist mein Lied, ist meine Macht. Strube Verlag; zum Hören: HABAKUK: Unterwegs. CDMaterial: drei unterschiedliche KopfbedeckungenDie Gruppe (Publikum) sitzt im Kreis. Drei Stühle bleiben frei. Jeder der drei Stühle steht für eine Person aus der Geschichte. Auf jedem Stuhl liegt eine typische Kopfbdeckung: eine Kapitänsmütze für den Schiffskapitän, eine »Ich mach mich am liebsten unsichtbar«-Wollmütze für Jona, die man sich tief ins Gesicht ziehen kann, und eine weiße

Jona: Mit Gott wachsen und reifenImpulse für einen Kindergottesdienst

Baseballkappe für Gott.Die fiktiven Gäste werden von der Moderatorin oder dem Moderator begrüßt und vorgestellt. Mit ihnen wird eine Interviewrunde nach dem Motto »Hilfe, wir steckten in einer Naturkatastrophe! Wie konnte es nur soweit kommen?« veranstaltet. In kleinen Murmelrunden soll sich das Publikum Fragen ausdenken, die es den Gästen stellt. Die Rollen der Gäste werden spontan aus der Gruppe übernommen. Jeweils eine Person nimmt auf einem freien Stuhl Platz und setzt die Kopfbede-ckung auf.Das Interview beginnt mit einer Anmoderation und wird durch Fragen aus dem Publikum ergänzt. Da-bei muss nicht streng auf den Verlauf der Geschich-te geachtet werden. Hier sind eher Fantasie und Spontanität gefragt! Je nach Verlauf und Zeit lässt die Moderatorin oder der Moderator das Interview laufen oder beendet es mit einer Verabschiedung der Gäste und dem Wunsch, alle mögen doch bei der nächsten Sendung wieder einschalten, wenn es heißt …

2. Jona wird aus dem Verkehr gezogen

Kapitel 2Material: Seile, Bindfaden, Schwungtuch, Bibel-text, Psalm 139, Meditationstext, Mandalas, Stifte, Wachsmaler … (alles was gut tut)Wir liegen gemütlich in Schlafsäcken, auf Matten unter dem Schwungtuch, das unter einen Baum oder unter die Decke eines Raumes gespannt ist. Lesungen, Stillephasen und Lieder wechseln einander ab:Lesung: Bibeltext Lied: Hörst du, wenn ich bete?Meditation: Alles um mich herum ist dunkel und still. So ist es jetzt gut. Die Zeit vorher war schlimmer: Ich wurde vom Sturm hin und her geworfen, ich hatte keinen Boden mehr unter den Füßen. Alles schlug über mir zusammen, dann bin ich unterge-gangen. Alles um mich herum ist dunkel und still. Aber wo bin ich nur? Ich kann die Hand nicht vor Augen sehen. Alles scheint ausweglos. Bin ich ein-gesperrt? In einer solchen Dunkelheit eingesperrt zu sein, ist schrecklich.Wie fühle ich mich? Ich spüre: Ich muss keine Angst haben, ich bin gut aufgehoben. Die Furcht und der Schrecken sind draußen geblieben: Die Angst vor

den Menschen. Das Elend der Welt. Die Kriege, die mich hilflos machen. Die Gewalt, der Streit, das Geschrei. Und die vielen, die zuschauen und nichts dagegen tun.Alles ist weit weg, es berührt mich nicht, das tut gut. Für mich ist jetzt Schutzzeit, Auszeit, Ruhezeit, Stillezeit, zumindest eine Weile. Denn ich kann nicht für immer hier bleiben, in meiner Höhle. Ich kann mir nicht immer die Decke über den Kopf ziehen, obwohl das ganz schön wäre.Welcher Weg führte mich her, welchen Weg bin ich bisher gegangen? Wie wird der Weg weiterführen, welchen möchte, soll ich gehen?Lied: Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt (EG 585)Lesung: Psalm 139Stille: Mandalas malen, Freizeittagebuch schrei-ben, Duftlampen und Kerzen entzünden, Mußezeit genießen!

3. Die Botschaft Gottes

Kapitel 3 und 4Material: Bibeltext, Meditations-bild, Zettel und Stifte, kleines Gefäß für Wasser oder Öl zum SegnenDie Gruppe bekommt den Auf-trag, Ninive aus Naturmaterialien zu bauen: breite Straßen, schöne Häuser, Gärten, Bäume, Blumen, einen Palast mit König und Kö-nigin, Menschen, Stadtmauer, Soldaten, Marktplatz, Slums, »Freudenhäuser«, die Drogen-szene am Hafen, arbeitende Kin-der in der Fabrik, einen Müllberg … (Am besten draußen in einem Sandkasten oder am Strand. Für die Erzählung sollte an wichtige Utensilien gedacht werden: an Jona, eine Staude, Asche)Die Geschichte wird frei erzählt, so dass ein spontanes Mitwirken, weiteres Bauen und Spielen der Gruppe möglich ist. (Gut ist auch die Erzählung aus: »Seht die Blumen auf dem Felde.« Verlag Junge Gemeinde. Stuttgart 1990, S. 167-174)Lied: Auf dem Weg der Gerechtig-keit, Strophen 1 und 2 (Text und Melodie: Clemens Bittlinger, in: Clemens-Bittlinger-Notenausga-be. Pila Music)

Das Meditationsbild (aus: Zwischen 18 und 30. Verlag Herder, Freiburg 1993, S. 60): Was ist zu sehen? Wie interpretiere ich das?Es kann ein freier oder zunächst ein stiller Aus-tausch auf Zetteln stattfinden. Aus den Zetteln kann die Gruppe einen eigenen Text zusammen-stellen und schreiben.Lied: Auf dem Weg der Gerechtigkeit, Strophen 3, 4Segen: Mit Wasser oder Öl wird auf der Handinnen-fläche oder auf die Stirn das Kreuz gezeichnet und dazu gesprochen: „Ich segne dich, Gott schenke dir Kraft auf deinem weiteren Weg.“

Anke Holz, Diakonin, Uchte

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Ich suche nach einer Antwort, nicht nach einer Fortsetzung des Satzes. Kein »Was wäre, wenn …«. Wenn Gott mich morgen in den Arm nimmt, dann habe ich heute eine Frage. Ich will nicht nach dem »ob« fragen, sondern nach dem »wie«. Wie wird es sein, wenn Gott mich in den Arm nimmt? Ich bin sicher, dass Gott mich in den Arm nimmt oder nehmen wird, heute oder morgen. Aber wie wird es sich anfühlen?Ich suche also eine Antwort. Es ist bekannt, dass die Bibel Antworten auf die Fragen bietet, die ein Mensch stellen kann. Ich sehe mal nach und finde die Verse in 1. Könige 19, 11 – 13:19,11 Der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben. 19,12 Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. Und nach demFeuer kam ein stilles, sanftes Sausen. 19,13 Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den Eingang der Höhle.Der Prophet Elia ist auf der Flucht. Er hat die Propheten und Priester eines fremden Gottes getötet und fürchtet nun um sein eigenes Leben. Da auch die Frau seines Königs an diesen fremden Gott glaubt, hat er dazu auch allen Grund. Elia wünscht sich sogar, schon tot zu sein, um einer Bestrafung zu entgehen. Aber Gott lässt seinen Tod nicht zu. Er sendet einen Engel, der Elia Essen bringt und ihn aufmuntert. So gelangt Elia zum Berg Horeb, wo ihm Gott begegnet. Elia bekommt neue Aufträge, er wird Könige salben und seinen Nachfolger suchen.Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … Gott wird hier als Wind beschrieben, als stilles und sanf-tes Sausen. Er wird nicht als Tornado bezeichnet, der zerstörerisch daherkommt und eine Spur von Gewalt und brachialer Zerstörungswut hinterlässt. Ich denke an einen leichten, kaum zu spürenden Wind, der mit einer Feder spielt. Entspricht das meiner Vorstellung von Gott oder bin ich über-rascht? Nein, das bin ich nicht, denn ich kenne mehrere solcher Geschichten und weiß, dass Gott manchmal so beschrieben wird. Und trotzdem:

Kann Gott nicht auch im Erdbeben kommen? Wün-sche ich mir das nicht sogar manchmal? Vielleicht würden alle meine Probleme erschüttert und zer-rüttet, wenn Gott so in meine Welt käme.Gott ist in Jesus Christus in die Welt gekommen. Das glauben die Christen in aller Welt. Wie war es damals? Da war auch keine Gewalt, Jesus hat keine Macht ausgeübt. Er kam nicht mit einem kriegerischen Heer von Engeln. Der Evangelist Matthäus berichtet, Jesus hätte zwölf Legionen Engel rufen können, um seinen Tod zu verhindern, aber er hat es nicht getan. Trotzdem hat Jesus die Menschen überzeugt, hat sie für sich gewonnen, hat ihren Glauben geweckt und sie mit seiner Pre-digt erreicht. Kern seiner Botschaft ist die Liebe, die Liebe zu Gott und zum Nächsten.Das erinnert mich an das stille und sanfte Brausen und zugleich liefert es mir eine Antwort. Mit dieser Antwort kann ich den Satz beenden: Wenn Gott mich in den Arm nimmt, wird das kein gewaltiger Kraftakt sein, sondern ich werde still und sanft spüren, dass Gott die Menschen liebt.

Jan Wutkewicz Göttingen

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …Andacht

FallschirmspringenUngewissheiten aushalten können

Stelle Dir einen Fallschirmspringer vor. Der springt aus über 5 000 Metern Höhe ab. Mit über 140 km/h rast er auf den Boden zu und im letzten Augenblick reißt er an der Leine, damit sich der Fallschirm öffnet. Er hat vollstes Vertrauen in diese Technik. Diese Situation können wir mit einem Leben mit Jesus vergleichen: Die Nachfolge besteht aus »Wissen«, »Glauben« und »Vertrauen«.

Das Wissen

• Der Fallschirmspringer weiß um diese aufre-gende Sportart. Er kennt die Gefahren und unterhält sich mit anderen darüber.

• In der Nachfolge Jesu lesen wir die Bibel, reden mit anderen darüber, wissen dass es Gott gibt und dass Jesus für unsere Schuld gestorben ist.

Der Glaube

• Der Fallschirmspringer weiß, dass sich der Fallschirm öffnet, aber er muss auch daran glauben, dass sich der Fallschrim auch tat-sächlich öffnet. Er muss davon überzeugt sein, dass dieser Sport nicht gefährlicher ist, als jede andere Sportart.

• In der Nachfolge Jesu haben wir Gott erfah-ren, Jesus erkennen können und seine Kraft erfahren. Wir haben Gemeinschaft mit ande-ren im Gebet und in Gesprächen.

Das Vertrauen

• Der Fallschirmspringer springt letztendlich. Es ist ein vertrauensvolles Springen mit dem Wissen, dass sich der Fallschirm öffnet.

• In der Nachfolge Jesu sind wir voll Vertrauen in Jesus. Vertrauensvoll leben, weil man weiß, dass es jemanden gibt, der einen hält. Es kommt darauf an, die Bibel zu verstehen, zu wissen, was man tun soll und das auch wirk-lich zu leben. Da hapert es doch manchmal. Die tollste theoretische Auslegung der Bibel nützt ohne glaubendes Vertrauen nichts.

Wissen ist wichtig, aber ohne Konsequenzen und Vertrauen in Jesus ist es nutzlos. Ein Leben ohne das volle Vertrauen in Jesus ist ein Leben in Un-gewissheit, in Angst, letztendlich in Kraftlosigkeit und ohne Freude. Wir leben uns selbst, vertrauen uns selbst: Ein Leben ohne Vertrauen ist ein Sprung ins Ungewisse!

Fragen

• Ist Jesus deine Vertrauensperson?• Vertraust du ihm so, wie du einem Fallschirm

vertrauen würdest?• Hast du dich ihm ganz ausgeliefert, indem du

dich fallen lässt und er dich auffängt?• Wer ist Jesus – ganz persönlich und ehrlich

beantwortet – für dich?

Copyright und Quelle: www.praxis-jugendarbeit.de

Jeder von uns ist ein Engel mit nur einem Flügel, und wir können nur fliegen, wenn wir uns umarmen. Luciano De Crescenze

Sehnsucht findet die ehrlichsten Worte. Unse-ren Augen entgeht kein zärtlicher Blick. Jede Umarmung befreit uns zur Tiefe. Wir sind endlich bei uns – ganz Seele, ganz Glück. Hans-Christoph Neuert

Diese Hütte ist klein – Raum genug zu einer Umarmung. Julius von Tarent

In der besitzergreifenden Umarmung sym-biotischer Vereinigung erwürgen wir das, was uns am Wertvollsten ist: Die Liebe des andern.

Manfred PoiselMöge Gott dich stets in seiner Hand halten, aber nie zu fest zudrücken.Irischer Segen

aus: Theologischer Ausschuss der Landesju-gendkammer (Hrsg.): Der Paraklet. S.5

Die Gruppenleiterin leitet die Übung an, die Gruppe sitzt im Stuhlkreis oder auf Kissen auf dem Boden.Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt … viel-leicht spürst du die Umarmung wie einen Schauer durch deinen Körper, wie eine Gänsehaut … vielleicht wie einen Ruck, der durch deinen Körper geht!Vielleicht fühlst du dich so fest gedrückt, dass dir fast die Luft wegbleibt … Vielleicht ist es nur eine ganz sachte und zarte Berührung, wie eine Feder, die über deine Wange streicht?Wie ist es überhaupt, in den Arm genommen zu werden? Wie fühlt es sich an? Bei wem erwiderst du die Umarmung? Bei wem bist du enttäuscht, nicht so fest gedrückt zu werden, wie du gehofft hattest?Diesen Gedanken und Gefühlen wollen wir in der nächsten halben Stunde nachgehen.Steht auf und wandelt durch den Raum. Nehmt noch einmal die anderen Mädchen wahr, mit denen ihr die letzten Tage verbracht habt. Erinnert euch an schöne und nicht so schöne Situationen unserer gemeinsamen Zeit.Dann sollt ihr euch umarmen, so wie ihr das möch-tet: leicht oder fest, mit geschlossenen oder offe-nen Augen, lange oder kurz. Versucht bei jedem Mädchen in diese Umarmung so viel wie möglich zu geben. Was möchtet ihr der anderen noch sagen, ihr mit auf den Weg geben? Ihr habt jetzt die Zeit dafür. Lasst euch Zeit, ihr müsst nicht hetzen.

Tanja Homberg, Winsen/Luhe

Abschlussübungauf einer Mädchenfreizeit

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WENN GOTT DICH MORGEN IN DEN ARM NIMMT …

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer assoziieren, was ihnen »Umarmung« bedeutet. Die Einfälle werden auf einem Fußbodenplakat gesammelt:Positive AssoziationenZeichen von Nähe, Herzlichkeit, Vertrautheit, Wärme, Geborgenheit, Trost, Kuscheln, jemanden begrüßen, Freude, Ritual zur BegrüßungNegative AssoziationenUmklammerung, Einengung, jemanden festhalten

Impuls

„Zu den ersten Dingen, die uns Menschen wichtig sind, gehört zweifelsfrei die Freundschaft zu einem anderen Menschen. Die immer größere Vereinsa-mung vieler Menschen steht im engen Zusammen-hang mit der Unfähigkeit, Kontakte zu knüpfen, Freundschaften einzugehen und sie zu pflegen.Jugendliche suchen und finden viele Kontakte über das Internet. Diese virtuellen Freundschaften sind vielversprechend und interessant. Sie ma-chen neugierig und wecken Lust auf Begegnung. Kommt es dann zum ersten »date«, ist häufig die Enttäuschung groß: Die Angaben auf der Seite im Netz vermittelten ein anderes Bild. Die Stimme, das Wesen, das Auftreten, die Ausstrahlung der Person stimmen nicht mit den inzwischen aufgebauten Vorstellungen überein. Man ist enttäuscht, sieht sich getäuscht.Freundschaft muss wachsen, muss erlebt und gelebt werden. Freundschaft ist die Summe aus gemeinsamen Erlebnissen und gegangenen Wegen, aus gemeinsamem Reden und Schweigen. Freundin-nen und Freunde sind wichtig: Was wären wir ohne Eltern, Geschwister, Freundinnenund Freunde? Das merke ich vor allem, wenn ich mir verlassen und einsam vorkomme, wenn niemand da ist, mit dem ich reden kann. Gott seit Beginn unseres Le-bens für uns da. Er will uns eine Freundin und ein Freund sein.“

Freundschaft

• Was bedeutet mir Freundschaft?• Was macht eine wirkliche Freundschaft aus?• Wem und wodurch kann ich Freundin oder

Freund sein?1. Die Vorstellungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden auf einem Tischplakat oder auf einer Wandzeitung gesammelt.In Zweier- oder Dreiergruppen werden Standbilder zu »Freundschaft« erstellt.2. Das Szenario des »kleinen Prinzen und desFuch-ses« wird in einem »Bühnenkarton« nachgestellt. Während die Geschichte erzählt wird, wird das Bühnenbild verändert.

Zusammenfassung

Der Prinz und der Fuchs machen einander vertraut. Sie zähmen sich, wie es in der Geschichte heißt. Zähmen heißt, den anderen für wertvoll erachten.

Für Gott sind wir als Menschen, als Individuen, unendlich wertvoll. Als Zeichen dieser Wertschät-zung, dieser Freundschaft, nimmt Gott uns bei der Taufe in seine Arme. Er umarmt uns mit seiner Gegenwart, mit seiner Liebe. In der Geschichte der Kindersegnung (Mk 10,16) wird diese freundschaftliche Umarmung Gottes durch Jesus erneuert: Lasset die Kinder zu mir kommen, und wehret ihnen nicht. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie. »Herzen« heißt, in mütterlicher oder väterlicher Umarmung »ans Herz drücken«. Wir sind für Jesus, für Gott, wichtig. Er hat uns lieb. Gott sucht unsere Nähe, gibt uns Geborgenheit.Freundschaft hat nur solange Bestand, wie das gegenseitige Geben und Nehmen, Trösten und Getröstet werden, Lieben und Geliebt werden sich die Waage halten. Dass dieses Gleichgewicht be-stehen bleibt, verdanken wir der unerschöpflichen Liebe Gottes, die uns in Jesus begegnet. Wir sind als Evangelische Jugend aufgerufen, diese Liebe und diese Freundschaft weiterzugeben. Das ist uns aufgetragen im Doppelgebot der Liebe: »Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.«

Aktion

Freundschaftsbänder knüpfen: Sie sind ein Zei-chen von Verbundenheit, von Nähe. Sie werden als

Beginn einer langen FreundschaftThematischer Einstieg in das Kampagnemotto

Zeichen der Zugehörigkeit und der Anerkennung getragen, liegen lose um das Handgelenk, nicht einengend wie eine Klammer oder eine Fessel. Freundschaftsbänder symbolisieren, ähnlich wie ein Ring, Zusammengehörigkeit.

Gebet

Gott, du bist uns Freundin und Freund. Hilf uns einander zu verzeihen, wie du uns verzeihst.Gott, du bist uns in deiner Beziehung treu. Lass uns nicht danach fragen, wer unsere Freundin oder unser Freund ist, sondern danach, wem wir Freundin oder Freund sein können.Du möchtest, dass unser Leben gelingt und nimmst uns schützend in den Arm.AmenLieder Kindermutmach-Lied Viele kleine Leute Ich möcht, dass einer mit mir gehtTexte Die Geschichte vom Fuchs und dem

kleinen Prinzen Geschichte von den Spuren im Sand: »Wo

ich dich getragen habe …«

Martin Bauer, Kirchenkreisjugendwart Nienburg

Gott: Vorstellungen von ihr/ihmEin Mitarbeitenden-Tag zum Thema Gottesbilder

Drei Fische

Es war einmal ein kleiner Fisch, der schwamm zu seiner Mutter und fragte sie: „Mami, was ist dieses Wasser, von dem ich so viel höre?“ Seine Mutter antwortete: „Du dummer kleiner Fisch. Wasser ist um dich herum und in dir und schenkt dir Leben.“Und es war einmal ein kleiner Bär, der tapste zu seiner Mutter und fragte: „Mami, was ist diese Luft, von der ich so viel höre?“ Seine Mutter sagte: „ Du dummer kleiner Bär. Luft ist um dich herum und in dir und schenkt dir Leben.“Und es war einmal ein kleiner Junge, der kam zu seiner Mutter und fragte: „Mami, was ist dieser Gott, von dem ich so viel höre?“Dorsick, Wayne: Kinder brauchen Werte; S. 215; Scherz. Bern/München/Wien, 1996

Wie ist es, von Gott in den Arm genommen zu werden? Wie fühlt sich das an?

Was ich davon erwarte, hängt auch davon ab, wie ich mir Gott vorstelle, welches Bild, welche Vorstellung ich im Kopf habe. Aber, wie sieht Gott aus? Darauf eine Antwort zu geben, ist schwierig, geradezu unmöglich, denn: Niemand hat Gott je gesehen (Johannes 1,18). Fragen und Erfahrungen mit und nach dem Leben, dem Tod, nach Gott und der Welt prägen daher unseren Glauben, und mehr-dimensionale Geschichten, Symbole und Bilder sprechen von Gott. Ohne solche Bilder und Erfah-rungsberichte lässt sich nicht von Gott reden. Wir befinden uns in guter biblischer Tradition, wenn wir uns fragen, wie Gott ist. Auch Moses hat dieses getan und die bekannte »Dornbuschszene« berich-tet im 2. Buch Mose (Kapitel 3 und 4) davon: eh-

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ANDACHTEN – BIBELARBEITEN – GOTTESDIENSTE

jeh ascher ehjeh - Ich bin da (oder auch: Ich werde sein, der ich sein werde; Ich bin, was ich bin) gibt Gott selber Mose zur Antwort. Nun ist das kein Satz,

unter dem wir uns etwas vorstellen können. Das aber braucht die menschliche Psyche: etwas Vor-stellbares, Greifbares. Nicht umsonst finden sich so viele Bilder und Symbole für Gott in der Bibel. Durch unseren Mitarbeitendentag begleitet uns ein wachsendes »Glaubensgebilde«:

Wer sind wir?

In einer Vorstellungsrunde machten wir uns bekannt. Weiße Luftballons kleben wir mit dop-pelseitigen Klebeband zu einem Gruppengebilde zusammen.

Gibt es Gott?

Eine kleine Geschichte bringt uns dieser Frage-stellung näher:

Lukas (eine Handpuppe) hat ein Fragezeichen dabei, auf dem steht: Gibt es Gott? „Wie meinst du das, Lukas?“ – „Na ja, ich bin da, ihr seid da, das sehe ich. Aber, bitte, wo soll eigentlich Gott sein? Ich habe mich umgeschaut, habe nach Gott gesucht. Aber ich habe ihn nicht gesehen. Und was ich nicht sehen kann, kann ja auch nicht da sein.“ – „Sag mal, Lukas, schaust du eigentlich zwischendurch Fernsehen? Oder hörst du Radio?“ – „Hm, ja, manchmal … Aber, was hat das mit Gott zu tun?“ – „Wie kommt denn der Ton ins Ra-dio? Oder das Bild in den Fern-seher?“ – „Da gibt’s Wellen und die übermitteln dann die

Informationen.“ – „Und, siehst du die Wellen in der Luft?“ – „Nein.“ – „Und trotzdem sind sie da. Das ist nicht ganz genau so mit Gott. Aber das ist ein Vergleich“ – „Du meinst, auch wenn ich Gott nicht sehen kann, scheint er etwas zu bewirken – so wie die Wellen?“ – „Lass uns doch mal sehen, ob wir nicht Geschichten finden, in denen wir merken, dass der Glaube an Gott Auswirkungen hat …“Auf blauen Luftballons sammeln wir biblische Ge-

schichten, in denen von Gottes Wirken in der Welt erzählt wird und kleben sie in unser Luftballonge-bilde hinein. Diese Geschichten haben etwas mit uns und unserem Glauben zu tun. Fazit (auf einem Ausrufezeichen): Schau dich um, Gott wirkt.

Welche Vorstellung habe ich von Gott?

Ein Briefumschlag mit 66 Gottesbild-Kärtchen (biblischen und nicht biblischen) und vier freien Kärtchen bekommt danach jede/r Teilnehmende. Bei ruhiger Musik bekommt jede/r die Aufgabe, genau vier Kärtchen herauszusuchen, die das ei-gene Gottesverständnis widerspiegeln. Fehlende Assoziationen können auf den leeren Kärtchen ergänzt werden.Teilweise lebhaft, teilweise auch meditativ geht es im nächsten Schritt zu: Zwei Teilnehmende bilden zusammen eine Kleingruppe und bekommen die Aufgabe, ihre nun mehr acht Begriffe auf vier ge-meinsame zu reduzieren. Der Austausch über das eigene Gottesbild und das Erklären der dazugehö-rigen Erlebnisse stehen hier im Vordergrund.Diese vier Begriffe pro Paar werden im Plenum gegenseitig vorgestellt und mit in das Luftballon-Glaubensgebilde geklebt. Anschließend wird Zeit eingeplant, sich einen Begriff herauszusuchen und diesen auf einer Karte kreativ zu gestalten.

Welche Anfragen/Zweifel habe ich an Gott?

Wo ist Gott in Beslan? Warum antwortet er nicht auf meine Gebete? Zweifel, unbeantwortete Fra-gen und Unsicherheit gegenüber Gott gehören mit zu unserem Glauben. Daher finden sie auch in unserem Luftballongebilde ihren Platz. Jede/r sammelt alles, was sich im Herzen und im Kopf aufgestaut hat.Bei einem gemeinsamer Gang um unser »Glaubensgebilde« sprechen wir von unse-rem Glauben.

Wie ist denn nun Gott?

Genau so vielfältig wie unser Glaubensgebilde – ist die Antwort. Wenn wir es umdrehen, hochwerfen und es immer wieder anders landet, zeigt sich das deutlich: Immer ist etwas anderes von Gott zu sehen. Andere Facetten von Gott zeigen sich, manche Bilder sind nicht mehr zu sehen, manche Geschichten und Erlebnisse bleiben uns verborgen. Zweifel rücken in den Vorder- oder Hintergrund.Fazit: Wir haben diese Einheit sehr genossen. Nicht nur für sich kennende Mitarbeitende ist es gut, sich einmal über den Glauben auszutauschen. Auch für einen »bunten Haufen« an Mitarbeitenden oder für eine Jugendgruppe ist es eine Möglichkeit sich dem Thema zu nähern. Ein liturgischer Rahmen und Zeit für Gespräche runden die Einheit ab.

Begriffe auf den Gottesbildkärtchen (alpha-betisch sortiert):

Adler, Allmächtige, Allwissender, Antwort auf meine Fragen, Befreier, Begleiter, Beobachter, Beschützer, Beschützerin, Blitz und Donner, Burg, der da ist, der Eine, der Ferne, der ganz Andere, der Wohltuer, die da ist, Fels, Feste Burg, Feuer, Forschungsgegenstand für Theologen, eine Frage an mich, Freiheit, Freund, Freundin, Geduldiger, Gnädiger, Geist, Gewissen, Gott Abrahams, Guter

Hirte, Heiland, Heiliger, Helfer, Helferin, Herr, Hirte, Höchster, Ich, Jahwe, Kraft, Licht, Leben, Liebe, Meer, Menschgewordener, Mutter, Nächster, oberstes Prinzip, Partner, Quelle, Schöpfer, Sinn, Sonne, Strafender, Unnahbarer, unverständlich, Vater, Versorger, Vertraute, Welle, Wort, Wunder-barer, Zauberer, Ziel, Zuversicht

Berit Busch Kirchenkreisjugenddienst Hildesheim-Sarstedt

Vielen Dank für die Wolken.Vielen Dank für das Wohltemperierte Klavierund, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.Vielen Dank für mein sonderbares Gehirnund für allerhand andre verborgne Organe,für die Luft, und natürlich für den Bordeaux.Herzlichen Dank dafür, dass mir das Feuerzeug nicht ausgeht,und die Begierde,und das Bedauern, das inständige Bedauern.

Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,für die Zahl e und für das Koffein,und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,gemalt von Chardin sowie für den Schlaf,für den Schlaf ganz besonders,und, damit ich es nicht vergesse,für den Anfang und das Endeund die paar Minuten dazwischeninständigen Dank,meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.

Hans Magnus Enzensbergeraus: Kiosk. Suhrkamp taschenbuch 3047. Frankfurt a.M. 1999

„Inständigen Dank für dieses Gedicht, Hans Mag-nus Enzensberger,“ möchte ich am liebsten sagen. Ich liebe es! Es ist so voller genießerischer Freude über Leib und Leben und so voller Humor! Es macht mir deutlich, dass sich Glück und Zufriedenheit, neben den großen und bewegenden Momenten im Leben, auch aus den alltäglichen Kleinigkeiten zusammensetzt, die uns das Leben bereichern. Ich weiß, es gibt Zeiten, in denen Zukunftsangst, Sorge, Kummer und Trauer diesen Kleinigkeiten ihre Leuchtkraft nehmen können. Dann werden die beschriebenen Dinge zu Inseln der Erholung:

Retour à l‘ expéditeurEmpfänger unbekannt

Ein Musikstück, dass ich liebe, eine gut durch-schlafene Nacht, ein beginnender Frühling, eine spielende Katze.In der Zeitschrift »Chrismon« sagte einmal der Philosoph Herbert Schnädelbach in einem Streit-gespräch über die Gottesfrage mit unserem Altbi-schof Horst Hirschler: „Auch ich habe in meinem Leben Dinge erlebt, wo ich dachte: Jetzt möchte ich mich eigentlich bei jemanden bedanken. Schon als Kind. Wir haben den schweren Luftangriff auf Dresden 1945 überstanden, und ich hatte keine Angst. Umgekehrt machen wir ja auch häufig die Erfahrung, eigentlich ist niemand Schuld, aber ich muss mich bei jemandem beklagen oder jemanden verantwortlich machen. Aber diese Stelle ist leer. Sie füllen diese Stelle mit »Gott« … Ich finde es intellektuell redlicher, diese Stelle leer zu lassen.“ Darauf entgegnete Horst Hirschler: „Wenn Sie Gefühle der Dankbarkeit haben und nicht »Gott« sagen wollen, sagen Sie sich dann: »meine leere Stelle« hat mir geholfen?“ Die beiden Diskutanten kamen nicht auf einen Nenner.Enzensbergers Gedicht weiß etwas davon, dass wir unser Glück immer nur zum Teil selbermachen können. Danken können für das, was wir nicht in der Hand haben. Danken ist ein gutes Mittel gegen Allmachtsfantasien.Mir gefällt es, dass Enzensberger »unbekannt« nennt, was ich Gott nenne. Manchmal möchte ich auch einfach »unbekannt« sagen, weil die Bilder, die ich von Gott im Kopf habe, oft so eng und nie ganz richtig sind: „Mach dir kein Gottesbild,“ sagt Gott zu Mose, als dieser die Zehn Gebote für das Volk Israel empfängt.

Hannelore Köhler, Referentin für Ökumene und Internationale Jugendarbeit,Landesjugendpfarramt

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BAUSTEINE UND METHODEN FÜR GRUPPENABENDE

Tragende Hände

Die Gruppe bildet ein Spalier und jeder hält sich jeweils mit den Händen am gegenüberstehenden Gruppenmitglied fest. Ein Freiwilliger legt sich auf diese haltenden Hände. Die Gruppe versucht, den Freiwilligen hochzuheben, abzusenken, zu schütteln, hin und her zu rollen, hin oder her zu schaukeln oder ähnlich einem Förderband auch mal vorwärts, mal rückwärts wandern zu lassen.Ziel des Spiels: Der Freiwillige soll spüren, dass er absolut gehalten wird und sicher ist.

Natur blind erleben und ertasten

Jeweils zwei Personen bilden ein Paar. Einer Per-son werden die Augen verbunden. Die andere Per-son führt diese Person durch einen kleinen Wald zu einem bestimmten Baum. Die blinde Person kann nun diesen Baum ertasten und wird wieder zurückgeführt. Anschließend darf die Person ihren Baum wieder suchen.

Ziel des Spiels: Der Blinde darf sich auf die Führung des Part-ners verlassen.

Natur blind erleben

Wie zuvor – jedoch anstatt sich am Partner zu orientieren – läuft jeder Blinde an einem durch das Gelände gespannten Seil entlang.Ziel des Spiels: Das Seil als Sym-bol des sicher geführt Werdens und gleichzeitig mit allen Sinnen auf den Weg zu achten.

Seitenwechsel

Die Gruppe steht in einem Kreis. Nun wechselt jede Person ihre Seite und geht zur gegenüberliegen-den Seite ohne sich zu berühren.Variante: Dasselbe mit geschlossenen Augen.Ziel: Aufeinander acht geben und Rücksichtnahme lernen

Zick-Zack-Kreis

Alle stehen im Kreis und halten sich fest an den Händen. Jeder zweite lässt sich einmal nach hinten fallen, während die anderen sich nach vorne fallen lassen. Anschließend umgekehrt. Die Füße bleiben unbewegt.Ziel: Vertrauen, dass die Abstimmung funktioniert.

Verletztentransporte

Zwei Personen halten sich mit beiden Händen fest. Darauf setzt sich eine dritte Person, die nun über einen Hindernisparcours oder eine Wegstrecke von ca. 500 m getragen werden muss.Ziel: »Einer für alle – alle für einen«, auch wenn schwierige Wege zurückzulegen sind. Keiner wird im Stich gelassen.

Auf einem Bein

Es wird ein kleiner Kreis gezeichnet. Alle ste-hen nur mit einem Fuss im Kreis und halten sich gegenseitig fest, während der Oberkörper nach hinten lehnt.Ziel: Die Gruppe als ausgeglichene Einheit erleben. Einer hält den anderen und nur durch das Gleich-gewicht wird die Gruppe gehalten.

Minenfelder

Einem Partner werden die Augen verbunden. Die-ser muss durch ein »Minenfeld« gehen. Als Minen dienen irgendwelche Gegenstände die in einem Spielfeld verstreut liegen. Der andere Partner gibt Anweisungen, wie zu gehen ist. Wird eine Mine berührt, ist man aus dem Spiel.Ziel: Gute Kommunikation ist wichtig !

Katz und Maus

Eine Person ist die Maus, die andere die Katze. Beide bekommen die Augen verbunden. Die Katze hat einen »Trainer«, die Maus hat einen »Trainer«. Aufgabe ist es nun, dass die Maus rechtzeitig, bevor die Katze sie schnappt, ihr Mauseloch fin-det. Als Spielfeld dient eine markierte Fläche. Die Trainer dürfen nicht reden, sondern geben ihre Anweisungen nur per Fingerschnippen oder in die Hände klatschen. Die Anweisungen können zuvor vereinbart werden (Gehen, Stopp, Rechts, Links: einmal, zweimal schnippen oder klatschen)Ziel: blindes Vertrauen in gefährlichen Situatio-nen

Fallen lassen

Ein Mitspieler lässt sich nach hinten fallen und wird von einem anderen Mitspieler aufgefangen. Alternativ: Ein Mitspieler in der Mitte eines Kreises von ca. 150 cm lässt sich in eine Richtung fallen und wird von den anderen Gruppenmitgliedern aufgefangen und wie ein Kreisel oder Pendel in eine neue Richtung »weiterbewegt«.

Ziel: Vertrauen, Rücksichtnahme und sanfte Be-handlung der Gruppenmitglieder

Blindenführung

Einem Freiwilligen werden die Augen verbunden und er bekommt vier lange Schnüre umgebun-den, die jeweils von einem Mitspieler gehalten

Sich aufeinander verlassen könnenSpiele zum Thema Vertrauen

werden. Die Mitspieler versuchen nun durch entsprechendes Ziehen den Blinden durch einen Hindernissparcours zu führen, ohne dass dieser die Markierungen im Parcours verlässt. Bei dem Spiel darf nicht gesprochen werden.

Copyright und Quelle: www.praxis-jugendarbeit.de

Mit Freundinnen und Freunden aus deiner Ju-gendgruppe, aus dem Kirchenkreisjugendkonvent feiern: Leute, die mitfeiern, findest du bestimmt. Hier sind Vorschläge für Essen und Trinken. Die Rezepte sind für acht Personen kalkuliert:

Schokoladenfondue

Weintrauben, Pflaumen, Birnen, Äpfel …Hefezopf oder Toastbrot2 Tafeln Vollmilchschokolade2 Tafeln Halbbitterschokolade500 ml Schlagsahne4 EL JohannisbeergeleeWasche das Obst und schneide es in mundgerech-te Stücke. Wenn du es anschließend mit etwas Zitronensaft beträufelst, wird das Obst nicht so schnell braun. Dann schneide auch das Brot in kleine Stücke.Brich die Schokolade in kleine Stücke. Erwärme die Sahne in dem Fonduetopf, gib die Schokolade hinein und bringe sie unter Rühren zum Schmelzen. Zum Schluss mische das Gelee darunter. Dann kannst du mit deinen Freundinnen und Freunden nach Lust und Laune die Früchte und das Brot aufspießen und in die heiße Schokolade tunken.

Bowle

2 Honigmelonen1 Zitrone1 Päckchen Vanille-Zucker2 gehäufte EL Zucker1 Liter klarer Apfelsaft1 Liter Orangensaft1 unbehandelte Orange1 unbehandelte Zitrone1 Liter MineralwasserTeile die Melonen in Viertel, kratze die Kerne mit einem Löffel heraus und schäle die harte Außen-schale ab. Schneide mit einem Messer kleine Wür-fel, Stäbchen oder Figuren aus dem Melonenfrucht-fleisch und stich mit einem Kugelausstecher kleine

Kugeln aus. Gib alles in einen großen Glaskrug. Presse die Zitrone aus, gieße den Saft über die Melonenstücke und schütte den Vanille-Zucker und den normalen Zucker hinzu. Dann schütte den Apfel- und Orangensaft hinein. Schneide die unbehandelte Orange und Zitrone in Scheiben und gib sie in die Bowle. Decke das Gefäß ab und stelle es etwa sechs Stunden in den Kühlschrank. Kurz vor dem Servieren entferne die Orangen- und Zitronenscheiben. Gieße das Mineralwasser in die Bowle und rühre mit einer Schöpfkelle alle Zutaten einmal um.

Käsestangen

400 g Butter4 Eier400 g geriebenen Hartkäse400 g Mehl4 Messerspitzen Backpulvereine kräftige Prise Salzetwas Paprikapulver edelsüßDie Butter schaumig rühren, danach die Eier da-zugeben und mitrühren. Löffelweise den Käse und das mit dem Backpulver vermischte Mehl unter-rühren. Den Teig mit etwas Salz und Paprikapulver würzen. Diese Masse in einen Spritzbeutel füllen. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech ca. 10 cm lange Stangen spritzen. Die Käsestangen im vorgeheizten Backofen bei 175 Grad ca. 15 Minuten backen.Wer möchte, kann die Käsestangen vor dem Backen, je nach Geschmack, mit Kümmel, Mohn, Sesam oder Paprikapulver bestreuen.

Dann kannst du noch einen bunten Salat machen, ein paar kleine Würstchen, Chips und Süßigkeiten hinstellen und deine »Gott nimmt mich in den Arm-Party« kann beginnen. Viel Spaß!

Johanna Gorka, Hildesheim

Wenn Gott dich morgen in den Arm nimmt …Das ist ein Grund, eine Party zu feiern!

Der Herr beschenke dich

mit der Behutsamkeit seiner Hände,mit dem Lächeln seines Mundes,mit der Wärme seines Herzens, mit der Güte seiner Augen,mit der Freude seines Geistes,mit dem Geheimnis seiner Gegenwart.

Antje S. Naegli

aus: Begleitet von guten Mächten. Segensworte für ein ganzes Leben. Herder-Verlag