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TIER HALTU NG Wenn die Milch nicht höher als 1,2 m steigen muss, bieten auch hochverlegte Leitungen sehr gute Vakuumbedingungen. Kathrin Lincke, Melkberaterin, Türkheim (D) Melkstände: Auf die Details kommt es an! Ein neuer Melkstand erleichtert dem Milchbauern Arbeit. Worauf Sie bei der Planung achten so llten, erläutert Ihnen Melkberaterin Kathrin Lincke. I m letzten LANDfreund (10/2016) berichteten wir, wie ein Melkstand zu dimensionieren ist. Wichtig für einen effizi enten Mel kvorgang ist aber nicht nur die optimale Stand- grösse. Auch die Vakuumpumpe muss möglichst genau auf den Bedarf der Anlage abgesti mmt sein. Zu grosse Pwnpen machen viel Lärm, brauchen mehr Strom und sind teu- re r als kleinere Exemplare. Ausser- dem können sie Vakuumschwankun - gen verur sachen. Eine Frequenzregelung löst dieses Problem übrigens nicht. Wenn die Pumpe deutlich zu gross ist, läuft sie hrend des Melkens dann einfach mit sehr geringen Drehzahlen. Sobald sie die Minde stdre h zahl u nterschreitet, öffn et automatisch ein Regelventil. Dieser Mechani smus kann zu enorm en Vakuumschwan- kungen in der Leitung füh re n. Aus diesen Gründen sollte die Vakuum- pumpe nicht mehr Le.istung vorhal- ten , als die . ISO-Norm empfie hlt. Als Faustzahl könn en Sie davon ausgehen, d as s das Gerät während des Melkens etwa 100 I/min Lei stung pro Melkzeug benötigt. Für die Rei- nigung sin d es einige hundert Liter mehr. Wie hoch dieser Mehrbedarf ist, hängt von d er Höhe über Me er, 68 LANDfreund · 11/2016

Melkstände: Auf die Details - Schweizer Milch · pro Melkzeug benötigt. Für die Rei ... auf einen steilen Fischgräten-Melk

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TIERHALTUNG

Wenn die Milch nicht höher als 1,2 m steigen muss, bieten auch hochverlegte Leitungen sehr gute Vakuumbedingungen.

Kathrin Lincke, Melkberaterin,

Türkheim (D)

Melkstände: Auf die Details kommt es an! Ein neuer Melkstand erleichtert dem Milchbauern Arbeit. Worauf Sie bei der Planung achten sollten, erläutert Ihnen Melkberaterin Kathrin Lincke.

Im letzten LANDfreund (10/2016) berichteten wir, wie ein Melkstand zu dimensionieren ist. Wichtig für

einen effizienten Melkvorgang ist aber nicht nur die optimale Stand­grösse. Auch die Vakuumpumpe muss möglichst genau auf den Bedarf der Anlage abgestimmt sein. Zu grosse Pwnpen machen viel Lärm, brauchen mehr Strom und sind teu­rer als kleinere Exemplare. Ausser-

dem können sie Vakuumschwankun­gen verursachen .

Eine Frequenzregelung löst d ieses Problem übrigens nicht. Wenn die Pumpe deutlich zu gross ist, läuft sie während des Melkens dann einfach mit sehr geringen Drehzahlen.

Sobald sie die Mindestdrehzahl unterschreitet, öffnet automatisch ein Regelventil. Dieser Mechanismus kann zu enormen Vakuumschwan-

kungen in der Leitung führen . Aus diesen Gründen sollte die Vakuum­pumpe nicht mehr Le.istung vorhal­ten, als die .ISO-Norm empfiehlt.

Als Faustzahl kön nen Sie davon ausgehen, dass das Gerät während des Melkens etwa 100 I/min Leistung pro Melkzeug benötigt. Für die Rei­nigung sind es einige hundert Liter mehr. Wie hoch dieser Mehrbedarf ist, hängt von der Höhe über Meer,

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der Grösse der Melkanlage und der Dimension der Leitungen ab. Um den Unterschied gering zu halten, sind übergrosse Milchleitw1gen zu vermei­den. Die Leitungen sollt.en gerade so gross se in, dass sie beim Melken nicht voll werden. Grössere Milchlei­tungen sind nur teurer, benötigen mehr Wasser, Reinigungsmittel und Pumpen leistung. Ausserdem erhöhen sie die Heizkosten für das heisse Rei­nigtmgswasser.

Legen Sie die Schläuche nicht auf die Grubenkante

Landwirte und Melktechnikberater diskutieren häufig darüber, ob die Milchleitung besser über oder unter der Kuh montiert ist. Gegenüber sehr hohen Milchleitw1gen - wie man sie etwa in ei nigen Anbindoställen Ondet - verursachen tief verlegte Mi lch­leitungen weniger Vakmunverluste . Der grösste Vorteil eines MeU(Standes ist abe r nicht die tief verlegte Milchleitung, sondern die leichtere Melkarbeit w1d die kürzeren Melk­zeiten.

Sowieso ist es mit einer tief verleg­ten Milchleitung nicht getan: Denn wenn die Milch in sehr weit w1ten liegende Leitungen fä ll t, entstehen zitzenschädigende Vakuumbedingun­gen. Das Vakuum ist dann in der Ent­lastungsphase am höchsten, weil die im Schlauch in Richtung Hauptlei­tung fallende Milch einen starken Un­terdruck im Aggregat erzeugt.

Zitzenschonende Vakuumbad in­gungen entstehen, wenn der Milch­schlauch nach dem Sammelstück zwischen 20 und 80 cm ansteigt. Mel­ken Sie von hinten, sollten Sie die Schläuche so aufhängen, dass sie an­steigen, ohne die hinteren Melkbe­cher zu entlasten. Legen Sie die Gum-

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mischläuche auf keinen Fall au f' die hintere Grubenkante.

Genau so gut wie unter den Tieren kann die Milch leitung über dem Mel­ker verlegt sein. Achten Sie aber un­bedingt darau[, dass clie Milch nur um 1,2 Meter - höchstens aber 1,3 Meter - vom Sammelstück in die I-Iauptleitw1g steigt. Wenn Sie gleich­zeitig auf die Gleichtaktpulsation set­zen, können Sie so sehr zitzenscho­nencl mellcen.

Die oben verlegte Milchleitw1g ist typisch für Swingover-Melkstände. In diesen leistungsfähigen Ständen liegt die Sammelleitung mittig über der Grube. Die Melkzeuge sind häufig an Schwenkarmen montiert und können jeweils zwe i gegenüberstehende Kühe melken. Wenn der Schwenkarm quer zur Kuh steht, kann man mit ihm den Schlauchdurch hang ver­ändern. Wichtig für Swingover­Melkstände ist, dass Grube , Standflä­chen und die Milchleitung das gleiche Gefälle von 1,5 bis 2 % aufweisen - so bleibt die Milchförderhöhe vom hin­tersten bis zwn vordersten Meklplatz konstant.

Zu tiefe Gruben sind ungesund

Wenn Sie sich für einen Swingover entscheiden, so llten Sie unbedingt auf einen steilen Fischgräten-Melk­stand setzen w1d von hinten melken. Der Grund: Die Schlauchführung ist im Swingover von hinten deutlich günstiger als von der Seite.

In einem solchen Stand können Sie sechs bis sieben Kühe pro Platz w1d Stunde melken . Daher ist ein Swing­over eine gute Lösung, wenn Sie spä­ter vielleicht die Herde vergrössern wollen und genug Platz für den Stand haben. bin Schnellaustrieb lohnt sich

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Die optimale Grubentiefe richtet sich nach der Grösse des Melkers und der durchschnittlichen Euterbodenhöhe.

für einen Swingover übrigens nicht. Die Kühe haben in diesem System genug Zeit für den Gruppenwechsel. Eine mechanische Vorstinrnlation, während der das Aggregat nicht melkt, macht hingegen Sinn.

Neben der richtigen Technik ent­scheidet auch die Gestaltung der Grube über die Leistungsfähigkeit und den Arbeitskomfort eines Melk­stands. Damit der Melker ebenerdig von der Grube in die Milchkammer

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Schwenkbrücken erleichtern den Alltag im Melkstand erheblich.

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Viel Frischluft am Kopf Unabhängig von der Grösse tmd Art des Melk­

standes, brauchen die Kühe vor allem llT1 Kop.!be­reich mögUchst viel Frischluft. Zugluft ist aber be­sonders in der Melkergrube zu vermeiden. Dafür können Streifenvorhänge wertvolle Dienste leisten.

In einem leisen Melkstand - vielleicht auch mit Musik - ist die Arbeit viel angenehmer, als wenn laute Pulsatoren, ein pfeifendes Regelventil oder der Lärm der Vakuupumpe Mensch und Tier be­lasten. Bringen Sie die Vakuumpumpe und. das Re­gelventil deshalb in einem geschlossenen Technik­raum unter. Dieser muss nach aussen belüftet und mit Frischluft versorgt sein. Am besten sehen Sie ihn etwas entfernt vom Melkstand vor. Auch bei den Pulsatoren llT1 Melkstand gibt es vielerorts Lärm -Sparpotenzial: Wenn Sie sie mit gefilterter Frischluft versorgen, werden sie deutlich leiser.

gelangt, haben sich Schwenkbrücken in jeder Grösse bewährt. So können Sie Melkuntensilien und Kälbermilch bequem auf Rädern in den Stand fah­ren - statt sie mühsam über rut­schige Stufen zu hieven .

Wichtig für eine ergonomische Melkarbeit ist die richtige Gruben­tiefe. Ist die Grnbe zu tief, müssen Sie das Melkzeug deutlich über Ihre Schu lterhöhe anheben. Das bean­sprucht Ihre Muskeln und Gelenke stark. Aber auch zu flache Gruben

TIERHALTUNG

schaden Ihrem Körper: Sie müssen dann ständig Ih ren Kopf zur Seite le­gen, damit Sie d ie Euter sehen kön­nen. Das belastet langfristig Ihre Halswirbelsäule. Dasselbe gilt, wenn Begrenzungsstangen im Kopfüereich die Sicht auf die Euter behindern. Daher rate ich, schon beim Einbau eines Melkstandes zu testen, ob die Sicht auf' die Euter frei ist.

Sorgen Sie für freie Sicht auf die Euter

In der Praxis haben sich Gruben­tiefen zwischen 85 und 95 cm bei 1,6m bis 1,75m grossen Melkern be­währt. Ab 1,80m Körpergrösse sind 9!i bis 105 cm tiefe Gruben optimal. So können Sie auch die Zitzen an­schauen. Zieht man von der Körper­grö8Se die mittlere Euterhöhe seiner Kühe ab, b,Lt man einen Richtwert für die passende Grubentiefe.

Für kleinere Melkstände und wenn zwei unterschiedlich grosse Men­schen gemeLnsam melken, rate ich zu seitlichen Auftritten. Dabei handelt es sich um eine Art Treppenstufen, die unten offen sind. Man kann sie ein­fach selbst bauen. So steht der klei­nere Melker - etwa der Lernende oder die Betriebsleiterin - auf den Tritt und die Stiefel der grösseren Person passen unter den Auftritt.

Mit der richtigen Grubentiefe ist es aber .noch nicht getan: Achten Sie

Der Melker hat keine freie Sicht auf die Euter und neigt ständig den Kopf. Das ist ungesund.

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auch darauf, dass Ihnen keine abste­henden Le itungen, lleinigungsauf­nahmen oder Messgeräte im Weg sind. Beim Melken müssen Sie nahe an der Grubenkante aufrecht stehen können, ohne sich irgendwie zu ver­renken. Nw· so arbeiten Sie rücken­schonend.

Da ein Melker viel in der Grube hin und her geht, solJte man auch deren Boden etwas Aufmerksamkeit schenken. Gummimatten schonen Ihre Gelenke und sind leichter sau­ber zu halten als Kunststoffspalten . Voraussetzung dafür ist aber, dass die Matten ein GefäUe von einem bis zwei Prozent von der Mitte nach au­ssen aufweisen. Ihre Füsse stehen auch bequemer auf einem abfallen­den, als auf einem ansteigenden Un­tergrund .

Denken Sie bei der Planung daran, im Melkstand eine Waschmöglichkeit f'ür die Hände vorzusehen. Aber hän­gen Sie Euterbrausen und Schläuche zur Reinigung der Standfläche nicht in den Lau[bereich der Melkergrube.

Hygiene ist auch vor dem Melk­stand wichtig: Bauen Sie einen Ab­fluss und einen Wasseranschluss !'ür die Stiefelreinigung ein! Dann kön ­nen Sie die Schuhe re inigen, bevor Sie - häufig aus dem Stal l kommend - den Melkstand oder das Milchzim­mer betreten.

Einen Stiefelreiniger können Sie ganz einfach selbst basteln: Befesti­gen Sie ein Wasserrohr an der Wand und biegen Sie os am unteren Ende wn . Oben montieren Sie einen Kugel­halm. Das untere Ende des Rohrs drücken Sie flach. Jetzt befestigen Sie einen Strnssenbesen so, dass der Wasserstrab I auf den Besen trifft. Achten Sie darau!', dass der Abstand zwischen dem Besen und dem Rohr­end e etwas rn ehr als eine Stiefel­breite beträgt. Jetzt können Sie Ihre Stiefel bequem r einigen, ohne sieb verrenken zu müssen.

Fazit

• Ein Melkstand kann mit oben oder w1ten verlegten Milchleitungen gute Vakuwnbedingungen bieten. • Entscheidend ist. dass die Milch nicht zu hoch steigen muss oder zu tief fällt - sonst müssen Sie mit Va­kuwn schwankungen rechnen. • Die Melkergrube sollte dem Melker angepasst sein . Das beugt Ilaltungs­schäden vor. • Der Melker muss freie Sicht auf die Euter haben. Entfernen Sie all fäll ige Hindernisse aus Ihrem Blickfeld.