8
X~ Aus dem Pharmakologisehen Institut der vereinigten Friedrichs-Universitiit Halle-Wittenberg. )Iethode zur Priifung lokalanltsthetischer Wirkungen am sensiblen 1%rvenstamm des Frosehes. Voll M. Kochmann und H. Boehminghaus. (Mit 1 Abbildung.) (Eingegangen am 30. IV. 1928.) Die praktische Anwendung der Lokalani~sthetika ist im wesent- lichen eine Pharmakotherapie des sensiblen Teiles des 5Iervensystems. Angriffspunkte dieser Therapie kSnnen die sensiblen Endapparate und der periphere sensible 5Terv sein, wi~hrend die sensiblen Teile des Zentral- nervensystems im allgemeinen weniger in Frage kommen. Es ist ein begreiflicher Wunsch der Pharmakologen, ffir die ver- schiedenen Gebiete der therapeutischen Anwendung einwandfreie Prti- fungsmethoden am Tier zu besitzen, die nicht nut eine qualitative: sondern, was ebenso wichtig ist, eine quantitative Untersuchung gestatten. Fiir den sensib]en Nervenstamm scheint uns diese Forderung noch nicht er- ftillt. Ob eine chemische Substanz iiberhaupt auf den peripheren sensiblen Nerven im ]iihmenden Sinne einwirkt, liil]t sich durch den Versueh am Kaninchen entscheiden, den Filehne schon mehr vor als 30 Jahren in seinen Vorlesungen demonstriertel). Der freigelegte N. ischiadicus eines nicht narkotisierten Kaninchens wird mit einer KokainlSung bepinselt und danach diese oder eine peripher davon gelegene Stelle mit dem faradischen Strom gereizt. Bei vollkommener Unerregbarkeit bzw. Auf- hebung der Leitfi~higkeit des Nerven aui]ert das Tier keine Schmerzen, w~hrend es vor der Kokainisierung heftig aufgeschrien hatte. 1) Ver(iffentlicht yon Pototzky, Arch. internat, de pharmacodyn, et de th~rapie 1903, Bd. 12, S. 129.

Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

X~

Aus dem Pharmakologisehen Institut der vereinigten Friedrichs-Universitiit Halle-Wittenberg.

)Iethode zur Priifung lokalanltsthetischer Wirkungen am sensiblen 1%rvenstamm des Frosehes.

Voll

M. Kochmann und H. Boehminghaus. (Mit 1 Abbildung.)

(Eingegangen am 30. IV. 1928.)

Die praktische Anwendung der Lokalani~sthetika ist im wesent- lichen eine Pharmakotherapie des sensiblen Teiles des 5Iervensystems. Angriffspunkte dieser Therapie kSnnen die sensiblen Endapparate und der periphere sensible 5Terv sein, wi~hrend die sensiblen Teile des Zentral- nervensystems im allgemeinen weniger in Frage kommen.

Es ist ein begreiflicher Wunsch der Pharmakologen, ffir die ver- schiedenen Gebiete der therapeutischen Anwendung einwandfreie Prti- fungsmethoden am Tier zu besitzen, die nicht nut eine qualitative: sondern, was ebenso wichtig ist, eine quantitative Untersuchung gestatten. Fiir den sensib]en Nervenstamm scheint uns diese Forderung noch nicht er- ftillt. Ob eine chemische Substanz iiberhaupt auf den peripheren sensiblen Nerven im ]iihmenden Sinne einwirkt, liil]t sich durch den Versueh am Kaninchen entscheiden, den F i l ehne schon mehr vor als 30 Jahren in seinen Vorlesungen demonstriertel). Der freigelegte N. ischiadicus eines nicht narkotisierten Kaninchens wird mit einer KokainlSung bepinselt und danach diese oder eine peripher davon gelegene Stelle mit dem faradischen Strom gereizt. Bei vollkommener Unerregbarkeit bzw. Auf- hebung der Leitfi~higkeit des Nerven aui]ert das Tier keine Schmerzen, w~hrend es vor der Kokainisierung heftig aufgeschrien hatte.

1) Ver(iffentlicht yon Pototzky, Arch. internat, de pharmacodyn, et de th~rapie 1903, Bd. 12, S. 129.

Page 2: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

122 X.M. Kocn~A~ und H. BOEHMINGHAUS.

Diese Methode erwies sich fiir Reihenversuche, die zur quantitativen Auswertung notwendig sind, als nieht geeignet, und da kein anderes Ver- fahren ausgearbeitet war, ging man dazu fiber, die quantitativen Mes- sungen an dem ~erv-Muskelpriiparat des Frosches anzustellen. Den ~ach- teil, da{~ man nicht den sensiblen, sondern den motorischen ~erven unter- suchte, tauschte man gern gegen den grol]en Vorteil des Pri~parates ein, das sich leicht und in genfigend grol~er Zahl herstellen li~6t, bei geeigneten Vorsichtsmal~regeln lange Zeit, durehschnittlich 24 Stun@n, seine Er- regbarkeit unvermindert behiilt und bei dem der Grad der fortsehreiten- den Liihmung durch den abstufbaren sekund~ren Strom des Schlitten- apparates ermessen werden kann.

Von versehiedenen Forschern wurde aber die Frage aufgeworfen, ob motorisehe und sensible 5Terven sieh dem Lokalaniistetikum gegen- fiber gleiehmi~ig verhaltenl), wobei zwei Gesiehtspunkte zu berfiek- sichtigen sind: Die Lokalan~sthetika kSnnten einmal ganz allgemein auf den sensiblen ~erven in anderen Konzentrationen wirksam sein als auf den motorischen, wobei es gleichgtiltig ist, ob eine hShere oder nied- rigere Konzentration den liihmenden Einflul~ ausiibt. Dann abet ist es auch mSglich, dal3 das Verhiiltnis der WirkungsgrSBe der ver- schiedenen Lokalaniisthetika zueinander nicht das gleiche bleibt, sondern sich wesentlieh i~ndert. Wenn also beispie]sweise die WirkungsgrSl~e des Kokains, Stovains, Alypins sieh wie 100 : 55 : 12 beim motorisehen ~erven verhiilt, so kSnnte sich beim sensiblen 5Terven eine ganz andere Reihenfolge ergeben, etwa 100 : 20 : 35.

Alle diese Ubelsti~nde sind zu vermeiden, wenn ein handliches, leicht herzustellendes, >>sensibles Pr~parat << vorhanden ist, das sich mit dem motorisehen Nerv-~uskelpri~parat vergleichen li~t. Die bisher vor- liegende ~{ethode yon Sol lmanne) , deren sich auch F romherz~) und G o t t l i e b ~) in verbesserter Form bedienten, gentigt nach unserer Auffassung nicht den Ansprfichen: So l lmann liil~t die an~sthetisehe LOsung auf den Plexus ischiadicus einwirken, indem er einen Watte- bausch mit etwa 4 ccm der isotonischen aniisthetisehen LSsung in die eventrierte BauchhOhle legt. Die sensiblen Fasern des ~. isehiadicus gelten als geliihmt, wenn beim Eintauchen der Zehen in eine 0,36%ige I-IC1-LSsung (n/10normal) der Abwehrreflex, d.h. das Anziehen des Beines, unterbleibt.

1) Vgl. ]~[eyer und Go ttli eb, Die exp.Pharmakol.,7.Aufl., Berlin-Wien 1925. 2) Sollmann~ Journ. of pharmacol, a. exp. therapeut. 1918, Bd. 11, S. 1. 3) Fromherz, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1922, Bd. 93, S. 34. 4) Gottlieb, Ebenda I923, Bd. 97, S. 113.

Page 3: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

Methode zur Priifung lokalan~isthetiseher Wirkungen usw. 123

Bei diesem Versuch kann, worauf hingewiesen werden muS, bei langerer Einwirkung des Anasthetikums eine Diffusion oder Resorption his zu den Reflexzentren des Raekenmarks nicht ausgesehlossen werden.

Versuch.

Frosch, 30g GewichL 6, wird nach Sollmanns Angaben operiert. In die eventrierte Bauchh~hle wird ein mit 4 ecru einer 0,05%igen Strychnin. nitr.-LOsung getriinkter Wattebausch eingebracht (= 2 mg des Alkaloids). 10 3Iinuten spi~ter Irrldiation der Reflexe, nach weiteren 5 Minuten Streck- kr~mpfe, die bei leichter Erschtitterung, Klopfen auf den Tisch, auftreten.

Damit ist bewiesen, daS das Strychnin bis zum Rtickenmark gelangt ist, Da das Kokain und die anderen wasserlSslichen Lokalanasthetika ebenso leicht diffusibel und auch resorbierbar sind wie das Strychnin, so mu$ man den SchluS ziehen, daS aueh diese Alkaloide his zum Riicken- mark gelangen kSnnen. Schaltet man in diesen Versuchen das tterz aus, so treten zwar keine Stryehninkrampfe ein, aber sehon nach 1/z Stunde beginnt infolge der Anamie des Rtickenmarks der Abwehrreflex sehwiicher zu werden, um naeh 1 Stunde fast vSllig zu erlSschen. Es ist infolgedessen durch diesen Versuch nieht mSglieh gewesen, :Resorption durch den Kreis- lauf oder einfaehe Diffusion voneinander zu unterseheiden.

Bei dem abgeanderten Veffahren yon Fro mherz und Got t l i eb l ) ist diese Fehlerquelle nicht zu beftirehten, da hier die anasthetisehe L(isung mittels eines Wattebauschs auf den freigelegten N. ischiadieus des Obersehenkels zur Einwirkung kommt, und eine Resorption dutch ein zwisehen ~'erv und ~fuskel gelegtes Sttickehen Guttaperchapapier oder Holzplattehen vermiedea warden kann. Die Priifung des Wirkungs- effolges geschah in den Versuehen yon Fro mherz durch Eintauchen des Beines, also Reizung der sensiblen 5Tervenendigungen, in eine 2%ige ( = n/30) Essigsaure15sung und in den Versuchen yon Got t l i eb in eine 0,1% ige (=n /36) Salzsaurelfisung. Durch diese eben gesehilderten Verfahren wird also die sensible Lahmung aus dem Fortfall des Abwehr- reflexes des Beines .erschlossen, auf dessert 5L isehiadieus das Lokal- ani~sthetikum appliziert worden ist.

Gegen diese Methode last sich maneherlei einwenden: Von grund- satzlieher Bedeutung ist die Annahme, daS das Ausbleiben des Reflexes bei dieser Versuchsanordnung lediglich dureh die Lahmung der sensiblen 5u bedingt ist. Da ohne Anwendung eines Anasthetikums der Re- flex yon den sensiblen Endapparaten der Haut tiber den sensiblen 5Ter-

l) a. a. O.

Page 4: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

124 X.M. KOCH~ANN und H. BOEIt.~IINGHAUS.

yen, die hinteren Wurzeln, HinterhSrner, Reflexbogen, VorderhiSrner und motorische Nerven zur ~uskulatur ftihrt, so war man offenbar tier Ansieht, da$ der Wegfall des Reflexes auf die Angsthesie der sensiblen Nerven zurtiekzufiihren sei. Das ist aber zweifellos unriehtig; denn das Angsthetikum wirkt auf den ganzen Nerven, sowohl auf seine sensiblen wie motorisehen Fasern, einl Es wird also bei dieser Versuehsanordnung der yon der Peripherie kommende Reiz bzw. die Erregung einmal auf dem ttinwege dutch die An~sthesierung des sensiblen Nerven und dann auf dem Riiekwege wiederum an gleieher Stelle, diesmal jedoch im motori- schen Gebiet, geschwgcht bzw. g~nzlieh unterdriiekt. So handelt es sieh weder um eine rein sensible, noch um eine rein motorische L~hmung, sondern um beides zugleieh, was den Versueh ganz uniibersichtlieh machtl). Die Ergebnisse, die auf diese Weise gewonnen werden, sind jedenfalls weniger beweiskrgftig als die, welehe an dem Nerv-Nuskel- pr~parat erzielt werden.

Ein grundlegender Nachteil der ?s ist ferner nach unserer Auffassung die Reizung mit einer bestimmten S~urekonzentration, gleichgiiltig ob dieselbe n/10 oder n/g0 bis n/36 stark ist. Beim motori- sehen Nerven des Nerv-Muskelprgparates ist der elektrisehe Reiz ab- stufbar. War die normale Erregbarkeit des Nerven etwa bei 35 cm Rollenabstand unseres Sehlittenapparates vorhanden, so konnte man nunmehr das Fortsehreiten der L~hmung dureh Versthrkung des zur .Xuskelkontraktion notwendigen Stromes ersehen. Wenn aber in den Ver- suehen yon So l lmann , F r o m h e r z und Got t l i eb nur immer die gMehe S~urekonzentration angewandt wird, so entsprieht das, auf den elektrisehen Reiz iibertragen, aueh nur einer einzigen Stromstgrke, in den Versuehen yon Got t l i eb und Fro mherz etwa dem Sehwellenreiz- weft. Es konnte also vergleichsweise nur gesagt werden, dal~ naeh einer bestimmten Zeit der Nerv gegen einen Strom vom Rotlenabstand, bei- spielsweise 25 era, unerregbar sei. Es ist bei den bisherigen Verfahren gar nicht mSglieh, die Versuehsergebnisse am sensiblen Nerven mit denen am motorisehen zu vergleiehen; denn in dem einen Fall wird eine Sehwellenwertmethode angewandt, in anderen aber eine Reizung mit

1) Anch die Angabe yon F r o m h e r z , dal3 bei Reizung hSher gelegener Hautpartien mit einer 2o/0 igen Essigs:Xurel~sung Bewegungen ia tier Muskulatur unterhalb der Angsthesienmgsstelle erscheinen, ist Ms Beweis fth" die Unversehrt- heir der motorisehen Bahnen nicht ganz stichhaltig. Einmal ist es nieht sehr einfach, zu unterscheiden, ob z. B. der Unterschenkel nut passiv dutch h5here Muskelgruppen oder aktiv bewegt wird, und dann ist es mit der Art der Reizung - - unver~nderliche Reizgr013e -- gar nieht m0glich, eine Abnahme tier Erregbar- keit innerhalb gewisser Gi'enzen zu erkennen (s folgende Ausftihrung).

Page 5: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

Hethode zur Priifung lokalaniisthetischer Wirkungen usw. 125

immer stgrkeren StrSmen bis zur vollkommenen Unerregbarkeit und Lghmung des 51erven. Der Schlul~, der sensible ~erv sei empfindlicher gegeniiber den Lokalaniistheticis oder umgekehrt, ist wenigstens auf Grund der Versuche der ebengenannten F0rscher nieht ohne weiteres erlaubt.

Den riehtigen Weg zur Herstellung eines zweckmi~6igen Prgparates hat nach unserer Ansicht S a n t e s s o n 1) beschritten, indem er beim Frosch den 5L ischiadicus am Oberschenkel freilegte, am Knie abband, dureh- sehnitt und dann elektriseh reizte, um dadureh reflektorische Bewe- gungen hervorzurufen. Weleher Reflex dabei geprtift wurde, ist nicht angegeben. Die Anwendung des Lokalan~sthetikums gesehah oberhalb der Reizstelle. Die Lebensfiihigkeit des Praparates scheint aber verh~lt- nismiil3ig beschriinkt gewesen zu sein, da schon im Laufe yon 3--4 Stunden ein nicht unerheblicher Abfall der Erregbarkeit eingetreten war.

Die Ubelsti~nde der eben geschilderten )Iethode hoffen wir dureh folgendes Veffahren vermieden zu haben (s. Abbildung).

Abb. 1.

Einem mittelgro$en Frosch yon ungefahr 30 g Gewicht - - ~Ii~nnchen sind zu bevorzugen - - wird das verl~ingerte Riickenmark yon der Medulla spinalis dutch einen transversalen Schnitt in der Verbindungslinie des hinteren Randes der Trommelfelle mit ttilfe einer Lanzette abgetrennt und das Hirn zerst6rt. Die Blutung ist gering und steht gewShnlich yon allein. Ist das nicht der Fall, so wird sie durch Tamponade mit einem Gazestreifen oder Wattebausch oder dutch Versehorfung der Wunde mit einem rotgliihenden Eisenstab ge- stillt. Nun wird der Froseh mit Wollf~den und ~Tadeln auf einem Brett be- festigt, der N. ischiadicus yore Austritt aus dem Beeken bis zum Kniegelenk freigelegt und die Arteria cruralis hoch oben durch eine feine Ligatur unter-

1) Santesson, Festschrift ftir I-Iammarsten 1906.

Page 6: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

126 x . M . KOC~A~N und H. BoE~m~a~xus.

bunden. Die Muskulatur des Oberschenkels wird vom Knoehen abgelSst und der Obersehenkelknochen reseziert, so dab noch ein etwa 1 cm langes Knoehen- stiick unterhalb des Obersehenkelkopfes erhalten bleibt, das mit einer 57adel festgesteekt wird. Vom Kniegelenk, wo Bindegewebe die Verbindung zwischen Nerven und seiner Unterlage herstellt, ~4rd ein lfleines Knoehensttiekchen in Zusammenhang mit dem Nerven gelassen ; es dient zur HandMbung des Nerven. Dieser wird in ein kleines, mit RingerlSsung (R.L.) geftilltes Glasrohr von etwa 2 em HShe und 1/2 cm lichter Weite gebracht, das an dem Holzklotz befestigt ist. D~s Gewieht des kleinen Knoehenstiiekes bewirkt, dat3 der ~erv gestreekt in die R.L. eintaucht. Das g~nze Pr~iparat wird nun in eine feuehte Kammer gebracht, die in einem nieht geheizten Raume yon etwa 10 ~ C steht. 1/2 Stunde naeh Beendigung ~er Operation wird der Nerv an dem Knochenstiickehen als I~andhabe aus der R.L. herausgenommen und in der Mitre seines Verlaufes auf Platinelektroden gelegt. Die Reizung geschieht mit dem faradischen Strom eines geeiehten Sehlittenapparates 1). Bei etwa der gleiehen oder einer nicht viel grSl3eren Stromintensitat~), die ~ueh am motorisehen ~erven des 5Terv- ~iuskelpr~iparates im allgemeinen eine Muskelkontraktion hervorruft, ~drd auch an dem eben geschflderten Frosehpr~p~rat eine Zuekung des a n d e r e n Hinterbeines ausgelSst. Diese Muskelbewegung, die sehr deutlich und sauber an dem zweiten Hinterbein auftrit t , ist ~in reflektoriseher Vorgang, worauf noeh zur~ckznkommen ist. Das t~r~iparat hiilt sich, ohne seine Erregbarkeit , zu ver~ndern, etwa 12 Stunden. Dann sinkt die 'Erregbarkeit um ein Geringes; fiber 24 Stunden ist da.s Pr~parat nieht mehr zuverl~ssig.

Protokoll. I . V e r s u e h a m m o t o r i s c h e n l~e rven .

l ~ e r v - M u s k e l p r ~ p a r a t y o n R a n ~ t e m p o r a r i a 5 .

30' Pr/ipaxation beendet, der Yqerv kommt in Kaltbliiter-RingerlSsung. 8h 9 h O0' Kontraktion bei 35 cm ~) Rollenabstand -- 0,67 Einheiten

10 h 00' >> , 36 ~> ,> = 0,59 ' ~> 11 h 00' >> >> 35 >> ~> = 0,67 >> 13 h 00' ~> ~> 33 ~> ~> = 0,87 ~> 17 h 00' ~> ~> 33 ~> ~> = 0,87 ~> 20 h 00 ' 12 Stunden. Kontraktion ~> 32 ~> ~> =- 0,97 ~>

9 h 00' 24 ~> ~> ~> 29 ~> ~ = 1,59 >>

1) M. K o c h m a n n und H. H c i n r o t h , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1926, Bd. 116, S. 245.

2) Die Angaben i/lterer Autoren, F i c k, C y o n (Methodik d. physiol. Expcri- mente u. Vivisektionen, Giel~cn 1876!, Meihuiz en (Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1873, Bd. 7, S. 201), dal3 sehr starke StrOme zur Auslt~sung der Reflcxc nStig seien, kiinnen wir nicht bestittigen, denn der motorische Nerv des 5Terv-Muskelpr~iparates ist bei einer Stromintcnsit~it yon 0,8--0,9 und der sensible Nerv unseres Reflox- pr~iparates bei 1,6--2,3 reizbar (s. Protokoll).

3) Bekanntlich bedeuten 10 cm Rollenabstand in dieser Entfernung tier beiden Spulen nur geringe Veriinderungen der Reizintensitiit.

Page 7: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

Methode zur Priifung lokalaniisthetischer Wirkungen usw. 127

I I . V e r s u c h a m s e n s i b l e n N e r v e n .

R e f l e x p r ~ p a r a t y o n R a n a t e m p o r a r i a 6 .

8 h 30' Preparation beendet, der 5Terv kommt in Kaltbltiter-RingerlSsung. 9 h 00 ' Kontraktion bei 29 em Rollenabstand = 1,59 Einheiten

10 h 30' ~) >) 30 >) >) = 1,441 >) 13 h 00' , >) 29 ~) >) =1,59 ;) 17 h 00' ~) ~) 28 >) >) = 1,82 >) 2111 00' 12 Stunden. Kontraktion >) 27 , , = 2,26 )>

9 h 00' 24 , * ~) 24 >> >> = 3,00 >>

iNaehdem der minimale Reiz festgestellt ist, wird der 1%rv vorsiehtig in die R.L. zurtickgebracht, nach 1/4--~/2 Stunde wiederum gereizt. 5Tun- mehr wird die R.L. dureh die zu priifende An~sthetikumlOsung ersetzt. In Zeitabst~nden; die sieh aus der Anlage des Versuehes ergeben, wird der lkTerv immer mSglichst genau an derselben Stelle auf die Platinelektroden gebraeht und gereizt. Als erloschen gilt die Erregbarkeit, wenn der Reflex durch eine Stromintensit~t, die 100real grS~er als der minimale Reiz ist, nicht mehr her- vorgerufen werden kann. Dutch Weehsel der AniisthetikumlSsung gegen gift- freie R.L. mul~ der 5~erv im allgemeinen seine Erregbarkeit wieder erlangen.

DaB die ~uskelkontraktion, die an dem anderen , unverletzten Bein nach Reizung des freipriiparierten N. ischiadicus der anderen Se]te ein reflektorischer Vorgang ist, mul~ nach den Forschungen des vergangenen Jahrhunderts mit Sicherheit angenommen werden. ~ach dem B e l l - schen Gesetz ist nach Durchschneidung der hinteren Wurzel des Rficken- marks die Reizung des peripheren Stumpfes erfolglos, die des zentralen Stumpfes bewirkt Schmerz und reflektorische Bewegungen; nach Durch- sehneidung der vorderen Wurzel bedingt die Reizung des peripheren Stumpfes Muskelkontraktion, die des zentralen Stumpfes ist erfolglos ~). Wenn wir also bier eine Bewegung im anderen Bein sehen, so kann nieht etwa eine Erregung m o t o r i s c h e r Nerven mit zentripetaler Leitung vorliegen, sondern es kann sich lediglich um die Reizung zentripetaler s e n s i b l e r Fasern des N. ischiadieus handeln, die dutch die hinteren Wurzeln ins Rfickenmark eintreten und zuni~chst im selben Rficken- marksabschnitt durch den Reflexbogen die Vorderhornganglienzellen erregen. Da das Effolgsorgan, ni~mlich der ~uskel, auf der Seite der Reizung nicht mehr vorhanden ist, springt die Erregung mit Leiehtigkeit au~ das Vorderhorn der anderen Seite fiber und ffihrt auf den Bahnen der vorderen motorisehen Wurzeln fiber den Ischiadikus zu der Mus- kulatur des Schenkels. Es wird also mit Sicherheit hier nur ein sensibler

1) Rosemann, Lehrbuch d. Physiologie d. l~Ienschen. 15. Aufl. Berlin- Wien 1919.

Page 8: Methode zur Prüfung lokalanästhetischer Wirkungen am sensiblen Nervenstamm des Frosches

128 x . N . KOCHMANN und H. BOEHMINGHAUS.

l~erv gereizt bzw. dutch das Aniisthetikum geliihmt; die motorisehen Nerven der anderen Seite aber, in deren Bahnen die reflektorisehe Er- regung zum Erfolgsorgan geht, bleiben mit Sieherheit vom An~stheti-. kum unbeeinflul~t.

Es sei aul~erdem hervorgehoben, dal] sieh, wenn sigh der Nerv gegentiber einer Stromintensitiit, 100real grSl~er als der Ninimalstrom, als unerregbar erwies, aueh dureh 1000real grSl?ere Stromintensit~ten bei tibereinandergesehobenen Rollen (ohne Eisenkernl) keinerM Zuekungen sieh hervorrufen liel]en, ein Beweis dafiir, dal~ Stromsehleifen die Ver- suchsergebnisse nieht stSren.

In der folgenden Nitteilung soll mit ttilfe dieser Versuehsanordnung festgestellt werden, in welehem Verhiiltnis die Konzentrationen ver- sehiedenerAn~sthetika stehen, wenn sie das eine Mal auf den motorisehen, das andere ~a l auf den sensiblen Nerven einwirken.

Zusammenfassung.

Es wird eine ~ethode zur Untersuchung der Wirkung der Lokal- an~sthetika auf den sensiblen Nervenstamm des Frosches beschrieben, die gegeniiber den schon bekannten mannigfache Vorteile gew~hrt:

a) Der reflektorisehe Vorgang, der fiir die Wirkung des Lokal- angsthetikums maggebend ist, wird a l le in dutch Lghmung des sensiblen Nerven unterdriickt. Notorisehe Nerven sind nieht darart beteiligt.

b) Da der zur Verwendung kommende elektrisehe Reiz meg- und abstufbar ist, so gelingt es, das Fortsehreiten der Lghmung quantitativ zu verfolgen.

e) Die Untersuehungsergebnisse am sensiblen Nerven kiJnnen in quantitativer ttinsieht mit denen am motorsiehen vergliehen werden.

d) Das Pr~parat ist fiir langdauernde Versuehe von 12 und mehr 8tunden geeignet.