Methodik der S3-Leitlinien „Alkohol“ und „Tabak“ · PDF fileHintergrund Methodik der S3-Leitlinien „Alkohol“ und „Tabak“ An wen richten sich die neuen Leitlinien? Die

Embed Size (px)

Citation preview

  • Hintergrund

    Methodik der S3-Leitlinien Alkohol und Tabak

    An wen richten sich die neuen Leitlinien?

    Die neuen S3-Leitlinien Alkohol und Tabak liefern aktuelle, evidenz- und konsensbasierte Emp-

    fehlungen zum Screening, der Diagnostik, der Behandlung und der Versorgungsorganisation. Die

    Zielgruppen dieser Leitlinien sind:

    Erwachsene (im Alter von 18 bis 65 Jahren) mit problematischem, schdlichem und abhngi-

    gem Alkoholkonsum.

    Menschen mit besonderen Bedrfnissen: Kinder und Jugendliche (bis zum Alter von 17 Jahren),

    Frauen und Schwangere, ltere Menschen (ab dem Alter von 65 Jahren) sowie Betroffene mit

    somatischen und psychischen Begleit- oder Folgeerkrankungen.

    Diese Zielgruppen werden in der Versorgung oft nicht adquat bercksichtigt. Die Leitlinien dienen

    zur Information aller Berufsgruppen, die diese Menschen behandeln und betreuen, sowie von Be-

    troffenen und ihren Angehrigen. Durch die Empfehlungen soll die Qualitt der Behandlung und

    Betreuung von Erkrankten und Angehrigen verbessert sowie die Anwendung wirksamer und hilf-

    reicher Verfahren gestrkt werden. Gleichzeitig werden bei einzelnen Verfahren bei Hinweisen auf

    fehlende Wirksamkeit oder negativer Kosten-Nutzen-Abwgung Empfehlungen gegen eine Anwen-

    dung gegeben. Die Leitlinie stellt jedoch keine verbindlichen Regeln im Sinne von Richtlinien auf.

    Die Behandlung eines Patienten ist immer ein individueller Prozess, bei dem die Behandelnden den

    Rahmen der Leitlinie als Grundlage nehmen, aber die Schritte in Diagnostik und Therapie an den

    einzelnen Betroffenen ausrichten sollen.

    Wer entwickelte die neuen S3-Leitlinien Alkohol und Tabak?

    Die Behandlung von Menschen mit alkoholbezogenen Strungen ist eine interdisziplinre Aufgabe.

    Die neuen Behandlungsleitlinien wurden deshalb in den Jahren 2010 bis 2015 von einer interdis-

    ziplinren Leitliniengruppe entwickelt. Diese Gruppe bestand aus einem Leitungs-, Koordinations-

    und Methodikerteam, einer Steuergruppe, dreizehn Autorengruppen (mit ber 60 Wissenschaft-

    lern), einer Konsensusgruppe (mit Vertretern aus 46 Fachgesellschaften) sowie einem Redaktions-

    team. Die wissenschaftliche Leitung lag bei Prof. Karl Mann und Prof. Anil Batra. Die Koordination

    bernahmen Frau Dr. Eva Hoch (Alkohol und Tabak) und Herr Kay Petersen (Tabak). Beide waren

    auch primr fr die methodischen Aspekte verantwortlich (s. u.). Die Moderation der Konsen-

    suskonferenzen bernahm Frau Prof. Dr. Ina Kopp (Marburg) von der Arbeitsgemeinschaft der Wis-

    senschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).

  • 2

    Methodisches Vorgehen bei der Leitlinienentwicklung

    Damit eine Leitlinie das beste verfgbare Wissen zur Behandlung von alkoholbezogenen Strungen

    darstellen kann, ist eine systematische Auswertung der internationalen Literatur erforderlich. Fr

    die S3-Leitlinien wurden nationale und internationale Behandlungsleitlinien (Alkohol: 23; Tabak:

    18), systematische Cochrane-Reviews (Alkohol: 28; Tabak: 55) und Originalarbeiten (Alkohol:

    2213; Tabak: 3650) ausgewertet. Die sieben Expertengruppen formulierten insgesamt 174 Emp-

    fehlungen zum Screening, der Diagnose und Behandlung von alkoholbezogenen Strungen und 81

    Empfehlungen bei tabakbezogenen Strungen. Je nach Qualitt der Evidenz (Evidenzstrke) wurde

    die Belastbarkeit der Studienergebnisse und damit das Ausma an Sicherheit bzw. Unsicherheit

    des Wissens eingeschtzt. Gleichzeitig stuften die Experten ein, wie stark eine Intervention empfoh-

    len werden solle. Diese Einschtzung basierte u. a. auf der Abwgung erwnschter oder uner-

    wnschter Konsequenzen einer Behandlung. Die Behandlungsempfehlungen variierten von Soll-

    Empfehlungen (A, starke Empfehlung), Sollte-Empfehlungen (B, einfache Empfehlung), Kann-

    Empfehlungen (O, Empfehlung offen). Wenn fr bestimmte Aspekte der Versorgung keine wissen-

    schaftlichen Studien existierten, konnte ein klinischer Konsenspunkt (KKP) vergeben werden, der

    auf der klinischen Erfahrung der Experten basierte.

    Alle Schlsselempfehlungen und Empfehlungsgrade dieser Leitlinie wurden von der Steuergruppe

    und den Methodikern inhaltlich und methodisch geprft. Smtliche Empfehlungen wurden im Rah-

    men von sechs jeweils mehrtgigen strukturierten Konsensuskonferenzen vorgestellt, diskutiert und

    abgestimmt. Um mgliche Quellen systematischer Verzerrung zu erkennen und zu vermeiden, er-

    folgte die strukturierte Konsensfindung unter der Anleitung einer externen, neutralen und in den

    Methoden der strukturierten Konsensfindung geschulten Moderatorin der AWMF.

    Redaktionelle Unabhngigkeit/Umgang mit Interessenkonflikten

    Die Mitarbeit an der Leitlinienentwicklung erfordert eine spezifische fachliche Expertise aller Betei-

    ligten. Jeder Beteiligte soll sich bei seinen Kommentaren und Urteilen ausschlielich an dem pri-

    mren Interesse der Wiederherstellung der Gesundheit der Patienten orientieren. Wenn die Neutra-

    litt eines Experten durch sekundre Interessen gefhrdet ist und sich mglicherweise Interessen-

    konflikte daraus ergeben, muss dieser Experte von den entsprechenden Abstimmungsprozessen

    ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund wurden zu Beginn des Leitlinienprojekts und dann jhr-

    lich alle Mitwirkenden aufgefordert, ihre Interessen gegenber dem Leitlinienkoordinator schrift-

    lich zu deklarieren (Zeitraum: die letzten drei Jahre). Mittels eines Fragebogens gaben alle Expertin-

    nen und Experten an:

    Direkte finanzielle Interessen (z. B. Zuwendungen von Unternehmen und Organisationen der an

    den Themen Alkohol und Tabak beteiligten Gesundheitswirtschaft, Pharmaindustrie, staatliche,

    gewerbliche oder gemeinntzige Beratungs- oder Behandlungseinrichtungen, Renten- oder

    Krankenversicherungen),

    indirekte Verbindungen zu Organisationen, die auch finanzielle Interessen in diesem Themen-

    bereich haben (z. B. Ttigkeit fr einen Interessensverband von Therapieeinrichtungen),

    immaterielle Interessen bezglich akademischer, fachlicher, politischer und persnlicher ber-

    zeugungen, Wertvorstellungen oder personellen Beziehungen mit anderen Beteiligten, die das

    primre Interesse in problematischer Weise beeinflussen konnten.

    Ob sich eine Person bei der Abstimmung von bestimmten Themen und Fragestellungen enthalten

    musste, wurde von der Steuergruppe geprft und in der Leitliniengruppe abschlieend diskutiert

  • 3

    und bewertet. Die Inhalte der Erklrungen und die Ergebnisse der Diskussion zum Umgang mit se-

    kundren Interessen wurden in der Konsensuskonferenz offen dargelegt. Alle Fragebgen zur Erfas-

    sung der Interessenkonflikte sind im Leitlinien-Sekretariat hinterlegt und knnen auf Anfrage ein-

    gesehen werden.

    Finanzierung der Leitlinien

    Die S3-Leitlinien Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Strungen und Scree-

    ning, Diagnostik und Behandlung von schdlichem und abhngigem Tabakkonsum wurden paralell

    entwickelt. Beide Leitlinien wurden von der Deutschen Gesellschaft fr Suchtforschung und -thera-

    pie (DG-Sucht) und der Deutschen Gesellschaft fr Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik

    und Nervenheilkunde (DGPPN) in Auftrag gegeben. An der Finanzierung der beiden Projekte betei-

    ligten sich 16 wissenschaftliche Fachgesellschaften, Berufsverbnde und Organisationen (insge-

    samt ber 400.000 ). Whrend die Methodiker jeweils angestellt waren (50 % Stelle) arbeiteten

    alle Expertinnen und Experten ehrenamtlich an der Leitlinie mit und erhielten kein Honorar.

    Schritte zur Verbreitung der Leitlinien

    Die Langversionen der Leitlinien werden in Buchform publiziert und auf den Webseiten der

    AWMF, der DG-Sucht sowie der DGPPN inklusive des Leitlinien-Reports und seiner Anhnge und

    Materialien zugnglich gemacht. Darber hinaus soll je eine Kurzversion, eine Patientenversion so-

    wie eine Kitteltaschen-Version fr Behandelnde erstellt werden, die eine einfache Anwendung in

    der tglichen Arbeit ermglicht. Eine englischsprachige Version der Kurzversion soll erstellt wer-

    den. Zur Frderung der Verbreitung sind Publikationen in Fachzeitschriften vorgesehen, beispiels-

    weise in Form von CME-Beitrgen. Die Inhalte der Leitlinien sollen auch in den Mitgliederzeitschrif-

    ten von Patientenorganisationen, Berufsverbnden und Fachgesellschaften verffentlicht werden.

    Um den Prozess der Leitlinienentwicklung so transparent wie mglich zu gestalten, berblick ber

    alle Themen, beteiligte Personen und die Leitlinienmethodik zu geben und frhzeitig inhaltliche

    Kritik von Experten aus Klinik und Wissenschaft einzubeziehen, wurde die Leitlinie jhrlich auf den

    wissenschaftlichen Kongressen der Deutschen Gesellschaft fr Suchtforschung und -therapie (DG-

    Sucht), der Deutschen Gesellschaft fr Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nerven-

    heilkunde (DGPPN), der Deutschen Gesellschaft fr Suchtmedizin (DGS) und der Deutschen Gesell-

    schaft fr Suchtpsychologie (dgsps) vorgestellt. Die Empfehlungen der Leitlinien sollen auch weiter-

    hin durch Vortrge auf Fachtagungen und Kongressen prsentiert und diskutiert werden.

    Gltigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

    Die Leitlinien sind bis zum 28.01.2020 gltig. Eine berarbeitung bis zu diesem Zeitpunkt ist vor-

    gesehen. Die Steuergruppe hat in ihrer letzten Konsensuskonferenz am 06.02.2014 festgelegt, dass

    sie weiterhin die Aktualitt und Inhalte der Leitlinien beobachten und berprfen wird. Sollten auf-

    grund eines neuen internationalen wi