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Heinrich Zollinger 1818-1859 «Mich zieht an … was fühlt, lebt und liebt» Zitat aus dem Tagebuch von Heinrich Zollinger Heinrich Zollinger war Sekundarlehrer und Botaniker. Er liebte die Tropen, ihre Menschen, Tiere, Pflanzen und Landschaften. Er war ein Pionier moderner Naturforschung, Seminardirektor am Zürcher Lehrerseminar, gründete eine Familie und wurde Pflanzer in Ostjava. Heinrich war ein «glücklos Glücklicher», früh verstorben und einsam begraben am Fusse der Vulkane. Sein Hauptwerk die «Flora Malesiana» wurde von anderen Forschern lange nicht beachtet. Die Naturbetrachtung war seine Stärke, die tropische Vegetation und die botanischen Gärten sein Glück. Er sah sich als Rumphius seiner Zeit. Lehrer und Student Heinrich Zollinger war im März 1818 in Feuerthalen - am Nordende des Kantons Zürich - geboren. Er wurde als jüngster Zögling und unter dem charismatischen Ignaz Thomas Scherr (1801-1870) am Lehrerseminar in Küsnacht Sekundarlehrer. Ab 1837 studierte er an der Akademie in Genf und arbeitete im Herbar von Augustin-Pyramus de Candolle und dessen Sohn Alphonse. Geldnöte zwangen Zollinger zur Rückkehr nach Zürich. Er wurde Lehrer in Horgen. Der Septembersturm von 1839 verjagte Seminardirektor Scherr und viele Lehrer aus ihren Stellen. Zollinger fand eine neue Anstellung in Herzogenbuchsee (Kanton Bern). Beim Besuch einer Blumenschau in Genf im Jahr 1841 fragte Alphonse De Candolle, ob Heinrich als Pflanzensammler nach Java reisen würde? Zollinger setzte alles aufs Spiel: «Ja! Ich will.» Autodidakt und Naturalist Seine Reise nach Java finanzierte er durch die Ausgabe von Aktien gegen Pflanzenlieferungen. Von 1842 bis 1848 forschte er in den niederländischen Kolonien in Hinterindien. Aus seinen Tagebüchern und wissenschaftlichen Journalen wird sichtbar unter welchen prekären Bedingungen das geschah. Zollinger sammelte auf den Sundainseln Tausende von Pflanzen und beschrieb in Zusammenarbeit mit dem Botaniker Alexander Moritzi (1806-1850) neue Pflanzenarten und einige neue Gattungen. Ausserdem interessierte er sich auch für die Vulkanologie, Zoologie, Ethnographie und Linguistik. Die erste umfassende Botanik und Geographie von Java schrieb jedoch sein Konkurrent Franz Wilhelm Junghuhn (1809-1864): Dieser Naturforscher war mit seiner Publikation schneller als Zollinger! Reisender Forscher Nach Erfüllung der Aufträge seiner Aktionäre konnte Zollinger 1845 nach Ostjava reisen. Nach einem kurzen Aufenthalt im Süden von Sumatra wurde er im Jahr 1846 in den Feldzug der Holländer gegen Bali verwickelt und erforschte die Nachbarinsel Lombok. 1847 schickte ihn der General- Gouverneur nach Celebes (heute Sulawesi) und auf die Sunda-Insel Sumbawa, wo er den Vulkan Tambora bestieg. Zollinger wurde nach der Rückkehr im Sultanat Bima als Held gefeiert. Die Länder- kunden von Lombok und Sumbawa waren Meisterwerke beschreibender Geographie. Zollinger war der erste Schweizer Vulkanologe und Ethnograf. Seminardirektor in der «Brutstätte der Pedanten» Zollinger bekam keine Anstellung am Botanischen Garten von Buitenzorg (heute Bogor) und musste aus Geldnot in die Schweiz zurückkehren. Er wurde 1848 als Seminardirektor nach Küsnacht berufen. In seinem Beruf war er aber nicht glücklich. Die Widerstände gegen die Schulreform liessen sich nicht überwinden. Zudem missbilligte er das Konvikt. Er war der Meinung: «Zöglinge müssen sich in der Gesellschaft frei bewegen können, nur so werden sie ihrer künftigen Aufgabe als Lehrer gerecht». Mit Heinrich Grunholzer (1819-1873), einem Lehrerkollegen aus Uster, gab er die erste Schweizerische Schulzeitung heraus. Pflanzer und Naturforscher Schon in den ersten Monaten seiner Zeit als Seminardirektor erreichte ihn der Ruf nach Java zurück- zukehren. Er wollte jedoch ausharren. 1855 machte sich die Familie auf, um in Ostjava eine Kokos- Pflanzung aufzubauen. 1856 starb sein ältester Sohn Heinrich an Dysenterie und 1858 erkrankte Zollinger schwer und verstarb kurze Zeit später im Alter von 41 Jahren. In der Zürcher Heimat wurde ihm von der Schulsynode und seinen Freunden 1862 im Botanischen Garten von Zürich mit einer Büste ein Denkmal gesetzt: Er war ein Pionier der Zürcher Tropenforschung, ein grosses Vorbild der Volksschul-Lehrer sowie ein Kämpfer für eine freie Zürcher Volksschule. 1841 - Vor der Abreise nach Java Die Zeichnung zeigt Heinrich Zollinger am 9. September 1841, vor seiner Reise nach Java: Das handschriftliche Zitat (aus dem «Faust I», 1808, von J. W. Goethe) lautet: «Grau theurer Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum!». Zollinger war eben Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich geworden. Goethe (1749-1832) und Alexander von Humboldt (1769-1859) waren Zollingers Vorbilder. Mit der Pflanzengeographie und Pflanzenphysiognomie von Humboldt und der Metamorphose der Pflanzen von Goethe kam er bei de Candolle in Berührung. Die Büste von Augustin-Pyramus de Candolle (1778-1841) steht ebenfalls im Botanischen Garten der Universität Zürich. Lithografie: Selbstportrait (oder Zeichnung von Heinrich Grunholzer), Graphische Sammlung und Fotoarchiv, Zentralbibliothek, Zürich 1855 - Java für immer 1850 heiratete Heinrich seine ehemalige Schülerin Elise Christine Moser (1824-?) von Herzogenbuchsee und wurde bald Vater zweier Söhne und einer Tochter. Die Erziehungsdirektion wählte ihn zum Mitglied der Kommission des Botanischen Gartens, dessen Direktor Oswald Heer (1809-1883) war. Heers Büste steht ebenfalls im Botanischen Garten der Universität Zürich. Die Lithografie zeigt den 37-jährigen Seminardirektor kurz vor der Auswanderung nach Java. Nun hatte Zollinger wieder die Möglichkeit Wissenschaft zu betreiben. Die Plantage und seine Gesundheit setzten ihm aber enge Grenzen. Trotzdem machte er noch Reisen nach Bali und Madura. Die Kokos-Plantage ging nach seinem Tod in Konkurs und wurde von den Holländern übernommen. Die Schweizer Aktionäre verloren ihr eingesetztes Kapital. «Bleibe nicht am Boden haften! frisch gewagt und frisch hinaus! Kopf und Arm mit heitern Kräften, überall sind sie zu Haus, Wo wir uns der Sonne freuen, sind wir jeder Sorge los, dass wir uns in ihr zerstreuen, darum ist die Welt so gross.» Johann Wolfgang Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre, 1821.Mit diesem Gedicht eröffnete Zollinger sein 1000-seitiges unvollendetes Java-Manuskript. Lithographie: Diethelm Stäbli und Julius Rudolf Leemann, Graphische Sammlung und Fotoarchiv, Zentralbibliothek, Zürich «Tropenglück» : Ein Biografieprojekt von Peter Schulthess Heinrich Zollinger war weder Kolonialkomplize noch Nutzniesser des «Systems» Alfred Escher. Eher war er ein Opfer seines Forscherdranges oder seines Ehrgeiz als Lehrer. Er war Teil der Zürcher Bildungspolitik, der europäischen Wissenschaft und des holländischen Kolonialismus. Er lebte kurz und zur falschen Zeit am richtigen Ort. Er konnte sein grosses Werk über die Insel Java nicht veröffentlichen. Die Biografie des Heinrich Zollinger führt an den Beginn der systematischen Erforschung der tropischen Pflanzen- welt, der Vulkanforschung, der Formulierung der Evolutionstheorie, der Eiszeit- und Klimaforschung und des imperialen Kolonialismus. Gleichzeitig beleuchtet sie das Bildungswesen, die Liberalisierung und Industrialisierung der Schweiz als einen Weg zum Bundesstaat von 1848 und die wirtschaftliche Stellung der Zürcher Textilindustrie als Grundlage unseres Wohlstands. Peter Schulthess geht 2018/19 der Frage des Glücks eines sozialen Aufsteigers und Aussenseiters im 19. Jahrhundert nach. Scheitern bedeutete damals Glücklosigkeit! Sie finden alle Informationen auf der Webseite von Heinrich Zollinger: www.heinrich-zollinger.ch Partner Botanischer Garten der Universität Zürich Alter Botanischer Garten der Universität Zürich www.bg.uzh.ch Vereinigte Herbarien der Universität Zürich (Z) der ETH Zürich (ZT) www.herbarien.uzh.ch Naturforschende Gesellschaft in Zürich www.ngzh.ch

«Mich zieht an … was fühlt, lebt und liebt» · Gouverneur nach Celebes (heute Sulawesi) und auf die Sunda-Insel Sumbawa, wo er den Vulkan Tambora bestieg. Zollinger wurde nach

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Page 1: «Mich zieht an … was fühlt, lebt und liebt» · Gouverneur nach Celebes (heute Sulawesi) und auf die Sunda-Insel Sumbawa, wo er den Vulkan Tambora bestieg. Zollinger wurde nach

Heinrich Zollinger 1818-1859«Mich zieht an … was fühlt, lebt und liebt» Zitat aus dem Tagebuch von Heinrich Zollinger

Heinrich Zollinger war Sekundarlehrer und Botaniker. Er liebte die Tropen, ihre Menschen, Tiere, Pflanzen und Landschaften. Er war ein Pionier moderner Naturforschung, Seminardirektor am Zürcher Lehrerseminar, gründete eine Familie und wurde Pflanzer in Ostjava. Heinrich war ein «glücklos Glücklicher», früh verstorben und einsam begraben am Fusse der Vulkane. Sein Hauptwerk die «Flora Malesiana» wurde von anderen Forschern lange nicht beachtet. Die Naturbetrachtung war seine Stärke, die tropische Vegetation und die botanischen Gärten sein Glück. Er sah sich als Rumphius seiner Zeit.

Lehrer und Student Heinrich Zollinger war im März 1818 in Feuerthalen - am Nordende des Kantons Zürich - geboren. Er wurde als jüngster Zögling und unter dem charismatischen Ignaz Thomas Scherr (1801-1870) am Lehrerseminar in Küsnacht Sekundarlehrer. Ab 1837 studierte er an der Akademie in Genf und arbeitete im Herbar von Augustin-Pyramus de Candolle und dessen Sohn Alphonse. Geldnöte zwangen Zollinger zur Rückkehr nach Zürich. Er wurde Lehrer in Horgen. Der Septembersturm von 1839 verjagte Seminardirektor Scherr und viele Lehrer aus ihren Stellen. Zollinger fand eine neue Anstellung in Herzogenbuchsee (Kanton Bern). Beim Besuch einer Blumenschau in Genf im Jahr 1841 fragte Alphonse De Candolle, ob Heinrich als Pflanzensammler nach Java reisen würde? Zollinger setzte alles aufs Spiel: «Ja! Ich will.»

Autodidakt und NaturalistSeine Reise nach Java finanzierte er durch die Ausgabe von Aktien gegen Pflanzenlieferungen. Von 1842 bis 1848 forschte er in den niederländischen Kolonien in Hinterindien. Aus seinen Tagebüchern und wissenschaftlichen Journalen wird sichtbar unter welchen prekären Bedingungen das geschah. Zollinger sammelte auf den Sundainseln Tausende von Pflanzen und beschrieb in Zusammenarbeit mit dem Botaniker Alexander Moritzi (1806-1850) neue Pflanzenarten und einige neue Gattungen. Ausserdem interessierte er sich auch für die Vulkanologie, Zoologie, Ethnographie und Linguistik. Die erste umfassende Botanik und Geographie von Java schrieb jedoch sein Konkurrent Franz Wilhelm Junghuhn (1809-1864): Dieser Naturforscher war mit seiner Publikation schneller als Zollinger!

Reisender ForscherNach Erfüllung der Aufträge seiner Aktionäre konnte Zollinger 1845 nach Ostjava reisen. Nach einem kurzen Aufenthalt im Süden von Sumatra wurde er im Jahr 1846 in den Feldzug der Holländer gegen Bali verwickelt und erforschte die Nachbarinsel Lombok. 1847 schickte ihn der General- Gouverneur nach Celebes (heute Sulawesi) und auf die Sunda-Insel Sumbawa, wo er den Vulkan Tambora bestieg. Zollinger wurde nach der Rückkehr im Sultanat Bima als Held gefeiert. Die Länder-kunden von Lombok und Sumbawa waren Meisterwerke beschreibender Geographie. Zollinger war der erste Schweizer Vulkanologe und Ethnograf.

Seminardirektor in der «Brutstätte der Pedanten»Zollinger bekam keine Anstellung am Botanischen Garten von Buitenzorg (heute Bogor) und musste aus Geldnot in die Schweiz zurückkehren. Er wurde 1848 als Seminardirektor nach Küsnacht berufen. In seinem Beruf war er aber nicht glücklich. Die Widerstände gegen die Schulreform liessen sich nicht überwinden. Zudem missbilligte er das Konvikt. Er war der Meinung: «Zöglinge müssen sich in der Gesellschaft frei bewegen können, nur so werden sie ihrer künftigen Aufgabe als Lehrer gerecht». Mit Heinrich Grunholzer (1819-1873), einem Lehrerkollegen aus Uster, gab er die erste Schweizerische Schulzeitung heraus.

Pflanzer und NaturforscherSchon in den ersten Monaten seiner Zeit als Seminardirektor erreichte ihn der Ruf nach Java zurück- zukehren. Er wollte jedoch ausharren. 1855 machte sich die Familie auf, um in Ostjava eine Kokos-Pflanzung aufzubauen. 1856 starb sein ältester Sohn Heinrich an Dysenterie und 1858 erkrankte Zollinger schwer und verstarb kurze Zeit später im Alter von 41 Jahren. In der Zürcher Heimat wurde ihm von der Schulsynode und seinen Freunden 1862 im Botanischen Garten von Zürich mit einer Büste ein Denkmal gesetzt: Er war ein Pionier der Zürcher Tropenforschung, ein grosses Vorbild der Volksschul-Lehrer sowie ein Kämpfer für eine freie Zürcher Volksschule.

1841 - Vor der Abreise nach JavaDie Zeichnung zeigt Heinrich Zollinger am 9. September 1841, vor seiner Reise nach Java: Das handschriftliche Zitat (aus dem «Faust I», 1808, von J. W. Goethe) lautet: «Grau theurer Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum!». Zollinger war eben Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich geworden.

Goethe (1749-1832) und Alexander von Humboldt (1769-1859) waren Zollingers Vorbilder. Mit der Pflanzengeographie und Pflanzenphysiognomie von Humboldt und der Metamorphose der Pflanzen von Goethe kam er bei de Candolle in Berührung. Die Büste von Augustin-Pyramus de Candolle (1778-1841) steht ebenfalls im Botanischen Garten der Universität Zürich.

Lithografie: Selbstportrait (oder Zeichnung von Heinrich Grunholzer), Graphische Sammlung und Fotoarchiv, Zentralbibliothek, Zürich

1855 - Java für immer1850 heiratete Heinrich seine ehemalige Schülerin Elise ChristineMoser (1824-?) von Herzogenbuchsee und wurde bald Vater zweier Söhne und einer Tochter. Die Erziehungsdirektion wählte ihn zum Mitglied der Kommission des Botanischen Gartens, dessen Direktor Oswald Heer (1809-1883) war. Heers Büste steht ebenfalls im Botanischen Garten der Universität Zürich.

Die Lithografie zeigt den 37-jährigen Seminardirektor kurz vor der Auswanderung nach Java. Nun hatte Zollinger wieder die Möglichkeit Wissenschaft zu betreiben. Die Plantage und seine Gesundheit setzten ihm aber enge Grenzen. Trotzdem machte er noch Reisen nach Bali und Madura. Die Kokos-Plantage ging nach seinem Tod in Konkurs und wurde von den Holländern übernommen. Die Schweizer Aktionäre verloren ihr eingesetztes Kapital.

«Bleibe nicht am Boden haften! frisch gewagt und frisch hinaus! Kopf und Arm mit heitern Kräften, überall sind sie zu Haus, Wo wir uns der Sonne freuen, sind wir jeder Sorge los, dass wir uns in ihr zerstreuen, darum ist die Welt so gross.»

Johann Wolfgang Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre, 1821.Mit diesem Gedicht eröffnete Zollinger sein 1000-seitiges unvollendetes Java-Manuskript.

Lithographie: Diethelm Stäbli und Julius Rudolf Leemann, Graphische Sammlung und Fotoarchiv, Zentralbibliothek, Zürich

«Tropenglück» : Ein Biografieprojekt von Peter SchulthessHeinrich Zollinger war weder Kolonialkomplize noch Nutzniesser des «Systems» Alfred Escher. Eher war er ein Opfer seines Forscherdranges oder seines Ehrgeiz als Lehrer. Er war Teil der Zürcher Bildungspolitik, der europäischen Wissenschaft und des holländischen Kolonialismus. Er lebte kurz und zur falschen Zeit am richtigen Ort. Er konnte sein grosses Werk über die Insel Java nicht veröffentlichen.

Die Biografie des Heinrich Zollinger führt an den Beginn der systematischen Erforschung der tropischen Pflanzen-welt, der Vulkanforschung, der Formulierung der Evolutionstheorie, der Eiszeit- und Klimaforschung und des imperialen Kolonialismus. Gleichzeitig beleuchtet sie das Bildungswesen, die Liberalisierung und Industrialisierung der Schweiz als einen Weg zum Bundesstaat von 1848 und die wirtschaftliche Stellung der Zürcher Textilindustrie als Grundlage unseres Wohlstands.

Peter Schulthess geht 2018/19 der Frage des Glücks eines sozialen Aufsteigers und Aussenseiters im 19. Jahrhundert nach. Scheitern bedeutete damals Glücklosigkeit!

Sie finden alle Informationen auf der Webseite von Heinrich Zollinger: www.heinrich-zollinger.ch

PartnerBotanischer Garten der Universität Zürich Alter Botanischer Garten der Universität Zürichwww.bg.uzh.ch

Vereinigte Herbariender Universität Zürich (Z)der ETH Zürich (ZT)www.herbarien.uzh.ch

Naturforschende Gesellschaft in Zürichwww.ngzh.ch

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«Wo vor ihm noch niemand stand ... » Heinrich Zollinger bestieg 1847 als Erster und Einziger den Vulkan Tambora auf Sumbawa

Heinrich Zollinger war ein bedeutender Botaniker und Pflanzengeograf – er prägte den Begriff der «Flora Malesiana»

«Flora Malesiana»Die noch heute gebräuchliche phytogeographische Ordnung für den Indischen Archipel im Übergangsbereich von der «Orientalis» zur «Australis» geht auf die Veröffentlichung Zollingers im zweiten Band der Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich im Jahr 1857 zurück. Zollinger nannte sie «Flora Malesiana». Dieser Name ging 1950 auf ein monumentales, internationales Forschungsprojekt über.

1863 propagierte Alfred Russel Wallace (1823-1913) - unabhängig von Zollinger - die gleiche Trennlinie für die Fauna. Wallace kannte die biogeografischen Beobachtungen von Zollinger für Bali und Lombok, erwähnte sie aber nur als Fussnote. Er war mit der Formulierung seiner zoogeografischen Grenze ungleich bekannter als Zollinger, auch weil er mit Darwin 1858 die ersten Ideen einer Evolutionstheorie präsentieren konnte. Der holländische Botaniker Hermann Johannes Lam (1892-1977) bestätigte um 1937 die Thesen von Zollinger zur «Flora Malesiana» und publizierte die Karte von 1857. Sie war vorher ausserhalb der Schweiz nicht veröffentlicht worden. Zollingers Gliederung der Flora des Archipels war für die botanische Forschung wichtiger als die Wallace-Linie. Cornelis Gijsbert Gerrit Jan van Steenis (1901-1986), ein weiterer Botaniker, spricht denn auch von der Zollinger-Linie und nicht von der Linie des Wallace!

Unzählige BotanikerInnen forschen heute in diesem «Hotbed of Biodiversity». Sie treffen sich 2019 zur internationalen «Flora Malesiana 11»-Konferenz im Sultanat von Brunei, auf der Insel Borneo.Quelle: Zollinger, Heinrich (1857). Ueber den Begriff und Umfang einer «Flora Malesiana». Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Band 2. 33 Seiten, 1 Karte.

Herbarbeleg von ZollingerDie Zürcher Herbarien zählen gegen 3.8 Millionen Belege von Gefäss-pflanzen, Moosen, Algen und Pilzen aus allen Gegenden dieser Erde. Die Sammlung gehört zu den 15 grössten Herbarien weltweit.

Die taxonomische Geschichte der von Zollinger unter «Nummer 655» gesammelten Farnwedel steuerte Dr. Reto Nyffeler bei:1) Offensichtlich wurde von Zollinger oder Moritzi, vor dem Verteilen an einzelne Institutionen, das Material von 655 aufgeteilt und in 655 bzw. 655A aufgetrennt. Die andere Interpretation: Zollinger hat nicht (immer) Feldnummern, sondern Taxonnummern vergeben (das «gleiche» an verschiedenen Orten gesammelt, dann die gleiche Nummer vergeben, wenigstens durch Buchstaben unterschieden). Heute ist bestätigt, dass es das gleiche Taxon ist. 655 Belege hat Leiden (L) und Genf (G) auf JSTOR digitalisiert; 655A hat Genf (G) und Zürich (Z).2) Die Informationen auf der Originaletikette von Zollinger hatte ursprünglich nur die Nummer drauf gehabt, jede Etikette an den verschiedenen Orten hat unterschiedliche Zusätze.3) Der Beleg von Zürich wurde mit einem ungültigen Namen (jüngeres Homonym) vom Botaniker Blume angeschrieben als Aspidium heraclei-folium Bl., dann hat der Botaniker Kunze das vorhandene Material konsistent als Aspidium zollingerianum Knz neu beschrieben (1846). Bereits 1844 haben Zollinger und Moritzi eine andere Aufsammlung mit unbekannter Nummer (nicht erhalten?) als Aspidium brachiatum beschrieben. 4) Da die Beschreibung von 1844 mit der Umschreibung des Taxons von Kunze zusammenfällt, ist heute «zollingerianum» Synonym zu «brachiatum» und wird heute nicht mehr der Gattung Aspidium, sondern «Tectaria» zugeordnet. Daher ist heute der verwendete Name Tectaria brachiata (Zoll. & Moritzi) Morton.

Zollinger am Rand der Caldera des TamboraHeinrich Zollinger stand am 2700 Meter hohen Ostrand der Caldera des Vulkans Tambora. Tief unter ihm sah er Dunstschwaden, zwei Seen, steile, unüberwindliche Flanken. Das Loch musste mindestens 15000 Fuss weit und über dreitausend Fuss tief sein. Er machte Höhenmessungen. In seinem Expeditionsbericht schrieb er:

«Ich leugne nicht, dass mich ein erhebendes Gefühl beseelte, als ich, der erste Mensch seit der schrecklichen Eruption, den Fuss auf den Scheitel des Berges setzte, der in der Geschichte eine so traurige Berühmtheit erlangen sollte. Meine Leute aber waren von unsäglicher Furcht befangen und vertrauten kaum ihren Sinnen. Sie wagten sich weder vor- noch rückwärts und flehten mich aufs Innigste an, ich möchte doch die Berggeister nicht wecken oder gar herausfordern. Nach aussen freilich war nicht viel zu sehen. Um die Mittelregionen des Berges hingen dichte Wolken, ja es regnete sogar in der Tiefe. Nach innen hingegen war der Anblick umso grossartiger und ergreifender. Wir hatten einen länglichrunden Krater vor uns. Die Wände fielen von allen Seiten senkrecht nieder bis auf den Grund, wo sie in einem sacht abgerundeten Kessel zusammentrafen. Der obere Rand war überall scharf abgeschnitten.»

Quelle: NASA; das Bild wurde von der Mannschaft der NASA Expedition 20 (ISS020) im Jahr 2009 aufgenommen.

Quelle: Zollinger, Heinrich (1855) Besteigung des Vulkanes Tambora auf der Insel Sumbawa und Schilderung der Erupzion desselben im Jahr 1815. Verlag J. Wurster, Winterthur. 20 Seiten, 2 Karten.

Quelle: Karte aus dem Expeditionsbericht, 1855

Quelle: Beleg aus den Vereinigten Herbarien Z + ZT (kommentiert von PD Dr. Reto Nyffeler, Kurator Herbarium, Institut für Systematische und Evolutionäre Botanik, Zollikerstrasse, Zürich)

Für das Biografie-ProjektPeter Schulthess, Uster/Sulzbachwww.peter-schulthess.chwww.zeitblende.photo

Special International Partner: Flora Malesiana Naming, describing and inventorying the Flora of Malesia Singapur Botanic Garden, Singapur Naturalis Biodiversity Center, Leiden, Hollandwww.floramalesiana.org/new/

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Quelle: The demarcation and internal division of Flora Malesiana: 1857 – present. N. Raes und P.C. van Welzen. In: Blumea journal of plant taxonomy and plant geography, 54:6-8, October 2009 Quelle: Karte aus Vierteljahresschrift, 1857

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