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63 Migros-Magazin 26, 23. Juni 2008 Grosses Theater um die Haxe «Eine Sache des Herzens» ist das Kochen für Regisseur Christoph Marthaler (56) und Waldhaus- Chefkoch Kurt Röösli (43). Gemeinsam legen sie eine Bergeller Kalbshaxe in die Pfanne. Das ist ihre charmante Art, den 100.Geburtstag des Engadiner Traditionshotels zu feiern. D as Waldhaus mit seiner im- posanten Schlossgrösse steht seit hundert Jahren am Hang ob Sils Maria. Es ist einfach. Sich selbst. Kein her- kömmliches Luxushotel, sondern eine Familienangelegenheit. In diesem Business hat das Selten- heitscharakter. Zum runden Geburtstag hat Theaterregisseur Christoph Marthaler mit seinem Ensemble fürs Waldhaus im Wald- haus ein eigensinniges Stück er- schaffen – mit viel Musik und Gesang, drollig und absurd, nach- denklich und hintersinnig. Ein «Happy-Birthday-to-you»-Paket ohne Titel. Und wenn doch, dann mit einem versteckten, der irgend- wann in der Aufführung stoisch heruntergebetet wird: «Ich bin und bleib mir treu – immer wieder neu.» Es ist der Satz, der den Na- gel auf den Kopf trifft. Er passt zum Theaterregisseur genauso wie zur Hoteldirektionsfamilie Kienberger und Dietrich und zur Hotelküche. Dort wirkt seit 1996 der Entlebucher Kurt Röösli als Chefkoch. Zu ihm geht der in A la carte Einsatz am Herd: Mit Christoph Marthaler bei Kurt Röösli. Hotel Waldhaus in Sils: Regisseur Christoph Marthaler freut sich auf Chefkoch Kurt Rööslis Bergeller Kalbshaxe. Waldhaus Sils: In diesem imposanten Schloss sind keine zwei Zimmer gleich.

Migros-Magazin 26, 23. Juni 2008 Alacarte · Migros-Magazin 26, 23. Juni 2008 Alacarte 65 D E F MehrRezepte: Ganze Kalbshaxe mit Eierschwämmen Für 4 Personen 1 Kalbshaxe am Stück,

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63Migros-Magazin 26, 23. Juni 2008

Grosses Theater um die Haxe«Eine Sache des Herzens» ist das Kochen für Regisseur Christoph Marthaler (56) und Waldhaus-Chefkoch Kurt Röösli (43). Gemeinsam legen sie eine Bergeller Kalbshaxe in die Pfanne.Das ist ihre charmante Art, den 100.Geburtstag des Engadiner Traditionshotels zu feiern.

Das Waldhaus mit seiner im-posanten Schlossgrössesteht seit hundert Jahren

am Hang ob Sils Maria. Es isteinfach. Sich selbst. Kein her-kömmliches Luxushotel, sonderneine Familienangelegenheit. Indiesem Business hat das Selten-heitscharakter. Zum rundenGeburtstag hat Theaterregisseur

Christoph Marthaler mit seinemEnsemble fürs Waldhaus im Wald-haus ein eigensinniges Stück er-schaffen – mit viel Musik undGesang, drollig und absurd, nach-denklich und hintersinnig. Ein«Happy-Birthday-to-you»-Paketohne Titel. Und wenn doch, dannmit einem versteckten, der irgend-wann in der Aufführung stoisch

heruntergebetet wird: «Ich binund bleib mir treu – immer wiederneu.» Es ist der Satz, der den Na-gel auf den Kopf trifft. Er passtzum Theaterregisseur genausowie zur HoteldirektionsfamilieKienberger und Dietrich und zurHotelküche. Dort wirkt seit 1996der Entlebucher Kurt Röösli alsChefkoch. Zu ihm geht der in

A la carteEinsatz am Herd: Mit Christoph Marthaler bei Kurt Röösli.

Hotel Waldhaus in Sils:Regisseur Christoph

Marthaler freut sich aufChefkoch Kurt RööslisBergeller Kalbshaxe.

Waldhaus Sils: In diesem imposantenSchloss sind keine zwei Zimmer gleich.

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64 A la carte Migros-Magazin 26, 23. Juni 2008

B

C

A

A.Gebannt schaut ChristophMarthaler zu, wie ChefkochKurt Röösli die Kalbshaxe fach-männisch zusammenbindet.

B.Frische Kräuter, Gemüse und einekräftige Kalbsfond geben der Haxeihren besonderen Geschmack.

C.Die Haxe dem Knochen entlangaufscheiden, mit Salbei undRosmarin füllen. Dann das Fleischfest verschnüren.

D.Haxe in Olivenöl und Butterrundum gut anbraten.

E.Schalotte glasig dünsten undEierschwämme dazugeben.

F.Das Fleisch mit einemscharfen Messer dem Knochenentlang lösen. Die Haxe danachquer zur Faser zuschneiden.

«Wunderbar»

findet Marthaler

die frischen

Wildkräuter.

Paris wohnende Marthaler für ei-nen Tag in die Lehre. Die Meisterihres Fachs wollen eine BergellerKalbshaxe ihrer Bestimmung zu-führen.

Kaum hat Marthaler seineSchürze umgebunden, will er We-sentliches wissen: «Zeig mir docherst, wie man ein Messer anstän-dig schleift. Das habe ich nie rechtbegriffen.» Röösli greift nach demKüchenwerkzeug und erklärt: «Dumusst Musik in den Ohren hören!Schau – immer im gleichen Win-kel in einem Zug dem Stahl ent-lang ziehen.» Marthaler versuchtszurückhaltend, doch zielstrebig.

Die Arbeit vonKüchenchef undTheaterregisseurgleichen sich in vie-len Punkten. «So-wohl in der Kücheals auch im Theaterschaffen Menschenetwas gemeinsam»,sagt Marthaler. «Wirdürfen chaotischdenken, aber amSchluss müssen wirsehr präzise sein.»

Proben in derZwischensaison«Jeder macht seine Sache anders»,kontert Röösli, «das muss manzulassen können – dort, wo es gutist, sonst ist man als Chef ein Ver-hinderer.» Der Theatermann nickt.Konzentriert verfolgt er, wie seinKüchenlehrmeister dem Knochenentlangschneidet, Rosmarin undSalbei in den Schnitt füllt unddann das gute Stück Fleisch ver-schnürt. Marthalers Fazit: «Daslernt man nicht im Handumdre-hen, auch wenn man die Schnureigentlich nur um die Handdrehen muss.»

Während das Marthaler-Ensemble probte, von April bisJuni, ohne Eile und mit Weile, wardas Hotel verwaist und die Wald-haus-Küche eine Baustelle. Seitein paar Tagen erstrahlt Rööslis

Reich nun in neuem Glanz.Marthaler würfelt derweil dasGemüse, schnipp, schnapp, underkundigt sich, ob er alles richtigmache. Der Chefkoch nickt. Dannbrät er die Kalbshaxe in einerKupferpfanne goldbraun an, würztsie und nimmt sie wieder heraus.In der gleichen Pfanne landenChristoph Marthalers Gemüse-stücke. «Wir gäben ein gutes Teamab», resümiert Kurt Röösli zu-frieden. Nachdem das Fleischin Kalbsfond und spritzigemWein aufgekocht wurde, ver-schwindet es für drei Stunden imBackofen. Für die Spätzli wurden

im nahen Fextalwilde Kräuter ge-sammelt: Brunnen-kresse, Schafgarbe,Huflattich. «Wun-derbar», schwärmtChristoph Martha-ler. «In Berlin muss-te ich stets schmun-zeln, wenn Bekann-te ihren Garten vonRucola säuberten,weil sie dachten, essei Unkraut. Unddann auf dem Marktfür denselben Ruco-

la viel Geld zahlten.»Als der Chefkoch dem Thea-

terregisseur später am weiss ge-deckten Küchentisch das ersteStück zarteste Kalbshaxe serviert,leuchten Marthalers Augen hinterseinen runden Brillengläsern. DasKlirren von Gläsern und Schep-pern von Pfannendeckeln füllt denhohen Raum aus. Und Marthalerssonores «Mmmmmmmh».

Text Judith Wyder

Bilder Lucas Peters

Für Marthalers Theaterspektakelim Hotel Waldhaus gibts noch wenigeTickets für die Vorstellungen vom25. und 26.März 2009.«Dîner du jour»: In der frischrenovierten Küche werden Gruppenbis zehn Personen verköstigt.Voranmeldung nötig.www.waldhaus-sils.ch

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65A la carteMigros-Magazin 26, 23. Juni 2008

D E F

Mehr Rezepte:

www.saison.ch

Ganze Kalbshaxemit Eierschwämmen

Für 4 Personen

1 Kalbshaxe am Stück, 1–1,2 kg*1 Zweig Salbei1 Zweig Rosmarin1 Schalotte (30 g)1 kleine Karotte (50 g)½ Stängel Sellerie (20 g)½ Lauchstange (30 g)3 TomatenSalz, Pfeffer aus der Mühle1 EL Olivenöl zum Braten1 EL Butter3 dl spritziger Weisswein5 dl Kalbsfond150 g Eierschwämme½ Schalotte, gehackt

1. Den Einschnitt der Kalbshaxe mitden Kräutern füllen. Haxe mitKüchenschnur zubinden. Gemüse inknapp 1 cm grosse Würfel schneiden.Tomaten schälen und würfeln.

2. Fleisch würzen, in einem ofen-festen Bräter in der Öl-Butter-Mischung rundum anbraten. Heraus-nehmen. Gemüsewürfel in derselbenPfanne andünsten. Haxe darauf-legen, Tomaten dazugeben, mit Weinund 2 dl Fond auffüllen, aufkochen.Backofen auf 170 Grad vorheizen.Haxe zugedeckt im Ofen 3 Stundengaren, ab und zu wendenund mit der Flüssigkeit im Bräterund mit Kalbsfond begiessen.

3. Verbleibenden Fond (ca. 0,5 dl)sirupartig einkochen, Haxe damitbepinseln. Schnur entfernen, Haxeohne Sauce bei 120 Grad warmhalten. Sauce abschmecken und nachBelieben mit etwas Wasser verdünnen.

4. Eierschwämme und gehackteSchalotte in Olivenöl dünsten,würzen. Zur Haxe geben.

Fleisch vom Knochen lösen,tranchieren. Mit Gemüse,Sauce und Pilzen anrichten.Dazu passen Kräuterspätzliund Karotten.

*Beim Migros-Metzger vorbestellenund dem Knochen entlangeinschneiden lassen.

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Beeren aufbewahrenAm besten ungewaschen auf einemmit Küchenpapier belegten Teller,zugedeckt im Gemüsefach desKühlschranks, nicht länger als 3 bis4 Tage. Beeren möglichst raschessen. Angeschimmelte Früchtewegwerfen, eine Beere steckt dieandere schnell an.

Beeren einfrierenAm besten werden Beeren einzelnauf einem mit Backpapier belegtenBlech oder Tablett vorgefroren, dannin einen Beutel oder in eine Schaleluftdicht verpackt und eingefroren.So kleben die Beeren nicht zusam-men. Haltbarkeit etwa 12 Monate.Beeren verlieren beim Auftauenetwas an Farbe und Aroma.

Wähen-PortionenBeeren für eine Wähe wie zumBeispiel Johannisbeeren werden ambesten in einer mit Backpapier

ausgelegten Form, in der die Wähespäter gebacken wird, eingefroren.Form nach dem Einfrieren entfernen,Beeren gut verpacken. So zusammen-gefroren können sie direkt indie mit Teig belegte Form gegebenwerden. Leicht antauen lassenund je nach Rezept einen Gussdarübergiessen.

Beerensirup½ l Beerensaft mit 400 g Zuckerunter Rühren aufkochen, abschäu-men, 4 bis 5 Minuten sprudelndkochen. Nicht länger kochen, sonstgeliert der Sirup! In sterilisierteFlaschen abfüllen und verschliessen.

Cupcakes aus dem Dampf50 g Butter mit 100 g Honig übereinem Wasserbad schmelzen.2 kleine Eier darunterschlagen.100 g Mehl mit ½ TL Backpulversieben, 30 g gemahlene Haselnüssebeigeben. 50 g Heidel- oder

Himbeeren daruntermischen. In4 gebutterte Souffléförmchen à1 dl füllen. Im Steamer bei 100 Grad35 Minuten garen.Für eine Coulis 100 g Beeren mit1 EL Zucker und 2 EL Zitronensaftaufkochen. Pürieren und durchein Sieb streichen. Küchlein mitder Coulis servieren.