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Mikro B - 5.2 Moralisches Risiko Einf¨ uhrung Prinzipal-Agenten Paradigma Risikoneutraler Agent Risikoneutraler Prinzipal Beispiel & Anwendung Mikro¨ okonomik B — Informations¨ okonomik 5.2 Moralisches Risiko & Prinzipal-Agenten Modell Paul Schweinzer 30. Juni 2009, Vorabversion. 1 / 59

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Einfuhrung Prinzipal-Agenten Paradigma Risikoneutraler Agent Risikoneutraler Prinzipal Beispiel & Anwendung

Mikrookonomik B — Informationsokonomik

5.2 Moralisches Risiko &

Prinzipal-Agenten Modell

Paul Schweinzer

30. Juni 2009, Vorabversion.

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Literaturangaben

◮ Jehle, G. und P. Reny (2001), Kapitel 8.2

◮ Varian, H. (2007), Kapitel 36

◮ Bolton, P. & M. Dewatripont (2005), Contract Theory, MITPress

◮ Bester, H. (2007), Vorlesungsnotizen zur Informations-

okonomie, FU Berlin.

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Themen

So die Zeit ausreicht, werden wir folgende Themen behandeln

a Einfuhrung

b Prinzipal-Agenten Paradigma

c Risikoneutraler Agent

d Risikoneutraler Prinzipal

e Beispiel & Anwendung

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In dieser Diskussion gilt immer◮ Der Prinzipal (Firma) ist die uninformierte Partei. Er kann

Nutzen erzeugende Handlungen nicht selbst treffen, sondernnur versuchen, die unbeobachtbaren Handlungen des Agentendurch einen Anreizmechanismus zu beeinflussen.

◮ Der Agent (Arbeiter) ist die uber ihre Handlungen informiertePartei (es gibt keine Typen). Er muß Handlungen setzen, diesowohl seinen eigenen Nutzen als auch den des Prinzipalsbeeinflussen.

Unter ‘moralischem Risiko’ verstehen wir Situationen in denen einAgent eine durch den Prinzipal nicht beobachtbare Handlungdurchfuhrt.

Dies entspricht konzeptionell dem (realistischeren) Kriterium daßder Prinzipal eine beobachtete Handlung nicht gerichtlich ahndenoder verifizieren kann.

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Mark Twain, Adventures of Huckleberry Finn

Well, then, says I, what’s the use you learning to do right when

it’s troublesome to do right and ain’t no trouble to do wrong, and

the wage is just the same?

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Moralisches RisikoUnter Adverser Selektion analysierten wir Situation mit versteckter(privater) Information, unter moralischem Risiko betrachten wirSituationen mit versteckten (privaten) Handlungen.

Der Begriff kommt aus dem Versicherungswesen. Dort werden zweiKonzepte unterschieden

◮ objektives Risiko: das unvermeidbare Risiko einesBlitzschlages, einer Krebserkrankung, eines Unfalls, &c

◮ moralisches Risiko: jenes Risiko, das der Versicherte durchseine Handlungen beeinflussen kann. Das leitende Beispiel istder Agent der sein Haus abbrennen laßt nachdem er eineFeuerversicherung abgeschlossen hat.

Generell scheint es Versicherern wohlbekannt zu sein, daß einvollstandig Versicherter keinerlei Anreize hat den Schadensfall(durch fur ihn kostspielige Handlungen) abzuweisen.

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VersicherungenDef. Eine Versicherung heißt aktuarisch fair, wenn der Barwert dererwarteten Zahlungen der Versicherung dem Barwert dererwarteten Einzahlungen entspricht.

Wir werden theoretisch Bestatigungen fur folgende realeInstitutionen finden

◮ bei nachgewiesenem ‘Fehlverhalten’ der Versicherten nichts zuzahlen (‘Ausschlußklausel’),

◮ keine volle Versicherungsdeckung anzubieten (‘Selbstbehalt’),◮ volle Versicherungsdeckung nur zu einem uberhohten Preis, dh

nicht aktuarisch fair, anzubieten.

Probleme der Versicherer◮ Ausschlußklausel: Die Versicherung kann das Verhalten des

Versicherten nicht perfekt kontrollieren (Kosten).◮ Selbstbehalt: Je großer die Selbstbeteiligung, umso großer das

Risiko des Versicherten (unattraktiv).7 / 59

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Was halten sie von der Idee einer Lebensversicherung

Bei ihrer erstmaligen Einfuhrung im 19. & 20. Jahrhundert fanddie Offentlichkeit derartige Kontrakte unmoralisch.

Warum?

◮ Man setzt einen Preis fur sein Leben fest und schließtgleichzeitig eine Wette uber den Todeszeitpunkt ab. Was sinddie Anreize in einem derartigen Vertrag?

◮ “A contract of insurance upon a life in which the insured hasno interest is a pure wager that gives the insured a sinistercounter interest in having the life come to an end.”(US Supreme Court, 1911)

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Einige Fakten

◮ Wußten sie, daß die Anzahl der Unfalle bei Leihwagen hoherist, wenn diese Vollkasko-versichert sind?

“There’s a lot of debate about which kind of car handles best.Some say front-engined car; some say rear-engined car. I sayrented car. Nothing handles better than a rented car. You cango faster, turn corners sharper, and put the transmission intoreverse while going forward at a higher speed in a rented carthan in any other kind.” (P.J.O’Rourke)

◮ Wußten sie, daß besonders sichere Autos gefahrlicher gefahrenwerden als nicht besonders sichere Fahrzeuge?

◮ Wußten sie, daß die Anzahl der Arztbesuche von der Hohe derSelbst- beteiligung abhangt?

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Moralisches Risiko◮ Unter Prasenz von moralischem Risiko entsteht das Problem

mit asymmetrischer Information nachdem der Vertragunterzeichnet wurde.

◮ Zur Milderung dieses Problemes kann die uninformierte Seite(Prinzipal, Firma) einen anreizkompatiblen Vertrag anbieten.

◮ Dieser Vertrag muss die informierte Seite (Arbeiter, Agent)dazu anregen, die vom Prinzipal gewollte, aber fur ihn nichtbeobachtbare Handlung zu setzten.

◮ Gibt es hier keine Typen oder private Information! AlleAgenten sind gleich, es geht um unbeobachtbare Handlungendieser Agenten.

◮ Als Anreizstruktur wird der Prinzipal typischerweise eineAuswahl (‘Menu’) von Vertragen anbieten, dh mehrere Paarebestehend aus (Handlung, Anreiz) unter denen die Agentenauswahlen konnen.

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Prinzipal-Agenten Paradigma

◮ Das Prinzipal-Agenten Modell (PAM) ist das Paradigma zurAnalyse von Problemen mit moralischem Risiko.

◮ Im PAM geht es generell um Informationsasymmetrien dienach dem Unterzeichnen eines Vertrages auftreten. Dh PAMeignen sich zur Untersuchung von Problemen mit moralischemRisiko.

◮ Derartige Vertrage konnen nur fur beobachtbare Variablengeschrieben (implementiert, durchgesetzt) werden.

◮ Alle Kosten in PAM’s sind Beobachtungskosten (fur nicht-beobachtbare Variable ∞).

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Motivationsbeispiel: Feuerversicherung

◮ Ein risikoaverser Versicherungsnehmer mit vN-M Nutzen U(·)kann sich gegen einen Brandschaden S versichern.

◮ Es gibt viele risikoneutrale Versicherer (perfekte Konkurrenz).

◮ Die Wahrscheinlichkeit eines Brandes p, hangt von denBrandschutzanstrengungen des Versicherten a ∈ [0,∞) ab.Dh, pr(S) = p(a), p′(a) < 0, p′′(a) > 0.

◮ Der Versicherungsnehmer kann sich zu einer maximalenSchadenszahlung von X im Versicherungsfall versichern.

◮ Dafur hat er Pramienzahlungen von π zu leisten.

◮ Das Vermogen des Versicherten ist also◮ W1 = W0 − a − π mit Wahrscheinlichkeit 1 − p(a),◮ W2 = W0 − a − π − S + X mit Wahrscheinlichkeit p(a).

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First-BestDie Versicherung kann a beobachten und die Pramie ist auf a undX konditionierbar. Dann gilt:

π(a,X ) = p(a)X = E[X ].

Welchen Vertrag (π, a,X ) wurde der Versicherungsnehmer unterdiesen Umstanden abschließen? Sein Ziel ist die Maximierung von

E[U] = (1 − p(a))U(W1) + p(a)U(W2) =

(1 − p(a))U(W0 − a − p(a)X ) + p(a)U(W0 − a − p(a)X − S + X )

durch geeignete Wahl von a und X . Die BEO bez X lautet

∂ E[U]

∂X= (1 − p(a))(−p(a))U ′(W1) + p(a)(1 − p(a))U ′(W2) = 0.

bzw W1 = W2 oder X = S , dh der Agent kauft volle Versicherung.

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Die BEO bez a ist:

∂ E[U]

∂a= − p(a)′U(W1) + (1 − p(a))(−1 − p(a)′X )U ′(W1)

+ p′(a)U(W2) + p(a)(−1 − p(a)′X )U ′(W2) = 0.

Fur X = S folgt daraus

1 = −Sp′(a).

Beachten Sie, daß diese Losung effizient ist, denn:

a. die risikoaverse Partei wird vollstandig versichert

b. der Versicherte investiert in Schadensvermeidung, bis dieGrenzkosten der Vermeidung gleich ihrem Grenznutzen sind.

Hier betrifft (b.) die Hohe des Risikos und (a.) dessen Allokation.

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Effiziente Risikoallokation

Fur die Risikoallokation gilt das folgende allgemeine Prinzip:

Soll ein Risiko zwischen mehreren Parteien aufgeteilt werden undist eine dieser Parteien risikoneutral, alle anderen aber risikoavers,so verlangt die effiziente Risikoallokation, dass das gesamte Risikovon der risikoneutralen Partei getragen wird.

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Second-BestAber die Versicherung kann a nicht beobachten und somit kann siedie Pramie nicht auf a konditionieren. Dh π(·) ist unanbhangig vona. Nehmen wir der Einfachheit halber an, daß derVersicherungsnehmer vollstandig versichert ist (X = S).Welches a wird er wahlen? Der Versicherungsnehmer maximiert

E[U] = (1 − p(a))U(W1) + p(a)U(W2)

durch geeignete Wahl von a.Da W1 = W2 = W0 − a − π und somit

E[U] = U(W0 − a − π).

Da dies aber streng monoton fallend in a ist

∂ E[U]

∂a= −U ′(W0 − a − π) < 0,

wird der voll versicherte Versicherungsnehmer immer a = 0 wahlen.

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Im Gw antizipieren dies die Versicherungen.

Auf einem perfekten Versicherungsmarkt verlangen daher alleVersicherungen die hochstmogliche Pramie

π = p(0)S

und machen Nullgewinne. Der Nutzen des Versicherten beivollstandiger Versicherung ist somit

E[U] = U(W0 − p(0)S).

Diese Situation ist ineffizient — der effiziente Ausgleich zwischenden Kosten a und p(a)S findet nicht statt.

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Konsequenzen fur den Versicherungsmarkt

◮ Wenn der Versicherungsnehmer vollstandig versichert ist unddie Versicherung seine Anstrengungen zur Schadensvermei-dung nicht beobachten kann, dann hat der Versicherungs-nehmer keinerlei Anreiz, den Schaden zu vermeiden.

◮ Die Versicherung macht in beiden Situationen Nullgewinne.Die Ineffizienz geht also vollstandig zu Lasten desVersicherten. Er ware besser gestellt, wenn ihn dieVersicherung perfekt beobachten konnte, weil das seinePramie senken wurde.

◮ Aber gegeben, daß der Versicherer dies nicht kann, hat derVersicherte Anreize seine Schadensvermeidungsanstrengungenzu senken.

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Bilaterale PAM — Arbeitsmarkt

◮ Ein einzelner Prinzipal stellt einen einzelnen Agenten fur einebestimmte Aufgabe ein.

◮ Der (einzelne) Agent kann eine nicht-beobachtbareArbeitsanstrengung a ∈ [0,∞) unternehmen, welche sich aufdie beobachtbare Produktion q auswirkt.

◮ Dem Prinzipal geht es nur um die Produktion q (nettoallfalliger Lohnzahlungen w).

◮ Die Arbeitsanstrengung a ist unangenehm (kostspielig) furden Agenten und ohne Kompensation wird der Agent dieseAnstrengung nicht leisten.

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2 Output-Niveaus, a ∈ [0,∞), allgemeine Nutzen

◮ Hier kann output q nur einen von zwei moglichen Werten{qL, qH}, qL < qH annehmen—wenn q hoch ist, dann war dasProjekt erfolgreich und andernfalls nicht.

◮ Die Erfolgswahrscheinlichkeit p(a) = pr(q = qH |a) ist strengmonoton steigend (und konkav) in der Arbeitsanstrengung desAgenten. ‘Inada’ Annahmen: p(0) = 0, p(∞) = 1, p′(0) > 1.

◮ Der Nutzen des Prinzipals ist gegeben durch V (q − w), mitV ′(·) > 0, V ′′(·) ≤ 0

◮ Der Nutzen des Agenten ist gegeben durch u(w) − ψ(a), mitu′(·) > 0, u′′(·) ≤ 0 und allgemein ψ′(·) > 0, ψ′′(·) ≥ 0.

◮ Wir nehmen der Einfachheit halber an, daß ψ(·) = a.

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Lagrange / Kuhn-Tucker Jargon

Ein Lagrange / Kuhn-Tucker Multiplikator (Nebenbedingung) heißt

◮ Bindend (‘binding’), wenn die entsprechende Nebenbedingungmit Gleichheit halt.

Im Fall einer bindenden Nebenbedingung ist der entsprech-ende Multiplikator ungleich Null.

◮ Locker (‘slack’), wenn die entsprechende Nebenbedingung mitUngleichheit halt.

Im Fall einer lockeren Nebenbedingung ist der entsprechendeMultiplikator gleich Null.

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Individuelle Rationalitat (IR)Sklavenhaltung wurde in letzter Zeit unpopular. Deshalb gilt, daßder Agent seinen Arbeitsvertrag freiwillig unterzeichnet.

Formell bedeutet dies, daß

u(w) − ψ(a) ≥ u

zumindest einen Reservationsnutzen (‘Arbeitslosenzahlung’) von u

erreichen muß. Wir setzen diesen Wert meist ohne Beschrankungder Allgemeinheit Null. Dh, ein Arbeiter nimmt an unserem Spielteil, wenn

u(w) − ψ(a) ≥ 0.

Diese Bedingung heißt Individuelle Rationalitat (IR), oderPartizipationsbedingung (PC).

Im First-Best Optimum muß (IR) binden. Warum?

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Anreizkompatibilitat (IC)

Sollte der Prinzipal mehrere Vertrage anbieten, so kann deruninformierte Prinzipal einem Agenten ebensowenig verbieten, den‘falschen’ Vertrag zu wahlen:

◮ Dies bedeutete im Aussiebemodell (dh fur unterschiedlicheTypen), daß der Prinzipal einen bestimmten Typ θH nurdadurch abzuhalten konnte einen Vertrag zu wahlen der furden Typ θL bestimmt war, daß

u(w , t|θH) ≥ u(w , t|θL).

Diese Bedingung heißt Anreizkompatibilitat (IC) und ist nurunter asymmetrischer Information nutzlich (bzw notig).

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Anreizkompatibilitat (IC) im PAM

◮ Im PAM, in dem es nur identische Agenten gibt, bedeutet diesfur einen Prinzipal der unter zwei AnstrengungsniveausaH > aL implementieren mochte, daß u(w |aH) ≥ u(w |aL), dh

p(aH)u(wH) + (1 − p(aH))u(wL) − ψ(aH) ≥(1 − p(aL))u(wL) + p(aL)u(wH) − ψ(aL).

◮ In unserem allgemeineren PAM muß ein Prinzipal, der dieeffiziente Arbeitsanstrengungen a∗ implementieren mochte,die Lohne wL und wH so wahlen, daß

a∗ ∈ argmaxa

p(a)u(wH) + (1 − p(a))u(wL) − ψ(a).

Im Second-Best Optimum wird auch diese (IC) binden.

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Losungsstrategie First-Best

Angenommen, es gabe keine Informationsprobleme und dieHandlungen des Agenten konnten vertraglich kontrolliert werden.

Welche Aktion des Agenten und welche Lohnfunktion w(a) wurdedann den erwarteten Gewinn des Prinzipals maximieren unter derNebenbedingung, dass der Agent wenigstens seinen Reservations-nutzen u erhalten muss?

Wir gehen in zwei Schritten vor

1. Wir bestimmen zunachst fur jede mogliche Aktion dasoptimale Lohnschema das dem Prinzipal erlaubt, diese Aktionzu minimalen Kosten zu implementieren.

2. Gegeben diese Kosten fragen wir im zweiten Schritt, welcheAktion der Prinzipal implementieren mochte.

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First-BestWenn der Prinzipal die Arbeitsanstrengung des Agenten a

beobachten kann, dann wird er sein Lohnangebot nur von a

abhangig machen. Dies ist die zentrale Einsicht, die wir alsErgebnis aus dem folgenden gemeinsames Maximierungsproblemmit outputabhangigen Vertragen w(q) herleiten wollen:

maxwi (q),a

p(a)V (qH − wH) + (1 − p(a))V (qL − wL)

s.t. (IR) p(a)u(wH) + (1 − p(a))u(wL) − a ≥ u = 0.

Eine maximierende Firma uberlasst dem Agenten keine Rente.Indem wir den Multiplikator λ auf IR setzen, erhalten wir dieoptimale ‘Borch’sche’ Ko-Versicherungsregel als BEO furwi , i ∈ {L,H}

u′(wL)

u′(wH)= λ =

V ′(qL − wL)

V ′(qH − wH). (1)

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Interpretation der Borch’schen Regel

V ′(qH − wH)

u′(wH)= λ =

V ′(qL − wL)

u′(wL).

Optimale Ko-Versicherung: Die Raten der marginalen Nut-zen des Prinzipals und des Agenten sind uber alle (Produktions)Zustande konstant und gleich.

Stellen sie sich die Aussage der Borch’schen Regel in einerEdgeworth-Box vor. Da wir den gleichen Anstieg in beidenZustanden erlangen, sind wir an einem Tangentenpunkt, dh auf derVertragskurve, dh in einer Pareto-effizienten Allokation.

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Als First-Best beo fur a erhalten wirp′(a) [V (qH − wH) − V (qL − wL)] + λp′(a) [u(wH) − u(wL)] = λ.

Ohne konkrete Annahmen uber V (·), u(·) ist es schwierig,allgemeine Aussagen uber diese Bedingung zu machen. In zweieinfachen Fallen erhalten wir aber intuitive Aussagen.

◮ Risikoneutraler Prinzipal: V (x) = x impliziert V ′ = konstant,dh λ = 1 und aus der Borch’schen Regel folgt wegenu′(wL)/u

′(wH) = 1, daß w∗ = wL = wH . Die Lohne sind alsoproduktionsunabhangig

u(w∗) = a∗ und p′(a∗) =1

qH − qL

.

◮ Risikoneutraler Agent: u(x) = x impliziert λ = 1 und es gilt

w∗H − w∗

L = qH − qL und p′(a∗) =1

qH − qL

was wir als Grenzkosten = Grenznutzen interpretieren.28 / 59

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Losungsstrategie Second-Best

In diesem Fall ist der First-Best Vertrag unmoglich, weil nicht auf a

konditioniert werden kann. Wenn der Prinzipal dem Agentendennoch einen fixen Lohn anbieten wurde, dann wurde der Agentimmer a = 0 wahlen. Daher muß der Prinzipal w(q) anbieten.

Wir gehen wieder in zwei Schritten vor.

1. Fur jede mogliche Aktion bestimmen wir den optimalenLohnvertrag, der diese Aktion zu minimalen Kosten unterBerucksichtigung von (IR) und (IC) implementiert.

2. Dann fragen wir, welche Aktion der Prinzipal implementierenwill. Beachten sie, daß hohe Anstrengung nichtnotwendigerweise besser ist als niedrige, da der Prinzipal denAgenten dafur entlohnen muß.

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Second-Best

Da die Arbeitsanstrengung a nun nicht beobachtbar ist, kann derAgent nur auf Basis von q entlohnt werden. Der Prinzipal hatfolgendes Maximierungsproblem zu losen

maxw(q)

p(a)V (qH − wH) + (1 − p(a))V (qL − wL)

s.t. (IR) p(a)u(wH) + (1 − p(a))u(wL)) − a≥u = 0(IC ) a ∈ argmax

a

p(a)u(wH) + (1 − p(a))u(wL) − a.

Die BEO des Maximierungsproblem des Agenten unter IC ist

p′(a)(u(wH) − u(wL)) = 1 (2)

welche—unter unseren Annahmen uber u(·)—eine eindeutigeLosung hat. Wir konnen also (IC ) durch (2) ersetzen.

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BEO-Ansatz (‘foc-approach’)

Die eben verwandte Technik des Ersetzens von (IC ) durch dessenBEO heißt BEO-Ansatz.

Es handelt sich dabei um eine raffinierte Methode; sie kann imallgemeinen Fall fur q ∈ [qL, qH ] allerdings nicht verwendet werden.In diesem Fall braucht man weitergehende Annahmen (‘MLRP’).

In den von uns betrachteten einfachen Fallen haben wir aber keineSchwierigkeiten. Wir wissen, daß der Arbeiter in IC nur ein einzigesOptimierungsproblem zu losen hat das sicher stellt, daß er nicht dieniedrige Anstrengung der hohen Anstrengung vorzieht.

Weiters folgt aus dem Umstand, daß wir nur ein einzigesOptimierungsproblem zu losen haben, daß (IC) binden muß;andernfalls konnte die Firma den Lohn wH geringfugig senken undihren Profit vergroßern.

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Damit verwandelt sich das allgemeine Second-Best Problem in

maxw(q)

p(a)V (qH − wH) + (1 − p(a))V (qL − wL)

s.t. (IR) p(a)u(wH) + (1 − p(a))u(wL)) − a≥u = 0(IC )beo p′(a)(u(wH) − u(wL)) = 1.

Wir vergeben die Multiplikatoren λ fur (IR) und µ fur (IC ) undlosen das Lagrange Problem L nach folgenden BEOs

∂L∂wH

=0 ⇒ V ′(qH − wH)

u′(wH)= λ+ µ

p′(a)

p(a), und

∂L∂wL

=0 ⇒ V ′(qL − wL)

u′(wL)= λ− µ

p′(a)

1 − p(a).

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V ′(qH − wH)

u′(wH)= λ+ µ

p′(a)

p(a)und

V ′(qL − wL)

u′(wL)= λ− µ

p′(a)

1 − p(a).

Wir vergleichen dies mit der First-Best Borch’schen Regel (1)

V ′(qH − wH)

u′(wH)= λ =

V ′(qL − wL)

u′(wL)

und stellen fest, wenn µ > 0 (siehe Folie 26), daß

◮ qH − wSBH < qH − wFB

H und somit wSBH > wFB

H

◮ qL − wSBL > qL − wFB

L und somit wSBL < wFB

L .

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Die Versicherung des Agenten verschlechtert sich

Da wSBH > wFB

H und wSBL < wFB

L :

Verglichen mit dem First-Best Vertrag, verschlechtert sich die Ver-sicherung des Agenten im Second-Best Vertrag — der Unterschiedzwischen den Lohnen vergrossert sich, wenn die Lohne von derProduktion abhangen (mussen).

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Verkauf des Projektes an den Manager

Einem risikoneutralen Agenten kann der Prinzipal einKompensationsschema der Form w(q) = q − α, mitq = p(a)qH + (1 − p(a))qL mit konstantem ‘Lohn’ α anbieten.Dies wird allgemein als ‘Verkauf des Projektes an den Manager’interpretiert, da es dem Agenten den vollen Ertrag des Projektes q

fur eine konstante Vorabzahlung sichert.

Wie zuvor erhalten wir als Losung fur den First-Best Fall (Seite 28)

p′(a)(qH − qL) = 1.

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Risikoneutraler Agent

Das Second-Best Problem ist

maxw(q)=q−α

V (q − w(q))

s.t. (IR) p(a)qH + (1 − p(a))qL − a = α(IC ) a ∈ argmax

a

p(a)qH + (1 − p(a))qL − a − α.

mit BEO in (IC )p′(a)(qH − qL) = 1!

Es besteht kein Interessenkonflikt—die beiden Probleme haben diegleiche BEO! Wir konnen also First-Best Ergebnisse mitrisikoneutralen Agenten erreichen.

Aber beachten sie, daß der Agent das gesamte Risiko tragt.

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Risikoneutraler Prinzipal & risikoaverser AgentBetrachten sie das gleiche Modell wie zuvor, aber

◮ der Nutzen des Prinzipals ist V (x) = x ,

◮ wir betrachten bloß zwei Anstrengungsniveaus a ∈ {aL, aH}.Angenommen der Prinzipal mochte aH implementieren indem er

maxw(q)

p(aH)(qH − wH) + (1 − p(aH))(qL − wL)

s.t. λ](IR) p(aH)u(wH) + (1 − p(aH))u(wL)) − aH≥u = 0µ](IC ) p(aH)u(wH) + (1 − p(aH))u(wL) − aH≥

p(aL)u(wH) + (1 − p(aL))u(wL) − aL.

Wie zuvor ergibt der Lagrange-Ansatz fur ∆p = p(aH) − p(aL)

1

u′(wSBH )

= λ+ µ∆p

p(a)Hund

1

u′(wSBL )

= λ− µ∆p

1 − p(aH).

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Nach Umformung ergeben sich die folgenden Multiplikatoren

λ =p(aH)

u′(wSBH )

+1 − p(aH)

u′(wSBL )

>0

µ =p(aH)(1 − p(aH))

∆p

(1

u′(wSBH )

− 1

u′(wSBL )

)

>0.

Beachten sie, daß somit sowohl (IR) als auch (IC ) binden (positiveMultiplikatoren). Daruber hinaus ist die Borch’sche Regel verletzt:

u′(wSBL )

u′(wSBH )

> 1,

und volle Versicherung fur die Agenten ist unmoglich. Dh volleVersicherung und optimale Arbeitsanreize schließen einander aus!

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Die Haupteinsicht aus dem PAM

Das Ergebnis ist ineffizient. Obwohl der Agent risikoavers und derPrinzipal risikoneutral ist, wird der Agent nicht vollstandigversichert! Wenn eine hohe Anstrengung implementiert werdensoll, dann kann der Agent nicht vollstandig versichert werden.Darum versucht der Prinzipal, den Agenten durch eine Beteiligungam Gewinn zur Wahl des effizienten Arbeitseinsatzes zu bringenund gleichzeitig die Risikopramie so niedrig wie moglich zu halten.Der Second-Best Vertrag schafft die bestmogliche Abwagungzwischen optimaler Risikoallokation und optimalen Anreizen.

Fur risikoaverse Agenten konnen unter moralischem Risiko Anreizeund Versicherung nicht miteinander in Einklang gebracht werden.

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Optimaler Vertrag

Als theoretische Einsicht erlangen wir den optimalen nicht-linearenVertrag fur risikoneutralen Prinzipal und risikoaversen Agenten

1

u′(w∗(q))= λ

︸︷︷︸

Mult (IR)

+ µ︸︷︷︸

Mult (IC)

1 − pr(q|aL)

pr(q|aH)︸ ︷︷ ︸

LR(q)

.

Bem. Der µ-Term reprasentiert moralisches Riskio.

Die Likelihood-Rate wird typischerweise zur statistischen Inferenzbenutzt – hier gibt es aber nichts zu lernen! Wir wissen, daß derAgent die hohe Anstrengung a geleistet hat da µ > 0!

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Interpretation der Likelihood-Rate pr(q|aL)pr(q|aH)

Die Likelihood-Rate zeigt die Prazision an, mit der ein Ergebnis q

ein Anstrengungsniveau aH signalisiert. Eine niedrige Likelihood-Rate bedeutet, daß

◮ pr(q|aH) hoch ist im Verhaltnis zu pr(q|aL) und

◮ gegeben q, aH wahrscheinlicher ist als aL.

2 × 2 Beispiel:

◮ qL = 10, pr(qL|aH) = 0.2, pr(qL|aL) = 0.8

◮ qH = 100, pr(qH |aH) = 0.8, pr(qH |aL) = 0.2

◮ LR(qL) =pr(qL|aL)

pr(qL|aH)= 4; LR(qH) =

pr(qH |aL)

pr(qH |aH)= 1/4.

Bezuglich aH ist qH informativer als qL weil es die niedrigereLikelihood-Rate hat.

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Monotone Likelihood-RateEine niedrige Likelihood-Rate sollte also hoheren Lohn w(q)implizieren, dh die Likelihood-Rate sollte monoton sein. Dies istaber – wie das folgende Beispiel und die Verteilungen auf derkommenden Seite suggerieren – nicht immer der Fall!

pr(q|aH) pr(q|aL) pr(q|aL)/ pr(q|aH)

q1 0,2 0,4 2q2 0,1 0,4 4q3 0,7 0,2 2/7

Ein nicht-monotoner Lohn ist okonomisch nicht uberzeugend, dader Agent sonst Output zerstoren konnte um seine Lohnerwartungzu verbessern. Da eine monoton fallende Likelihood-Rate monotonsteigenden Lohn impliziert, ist es daher ublich, eine monotonfallende Likelihood-Rate (MLRP) anzunehmen.

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Verletzung von MLRP & resultierendes Lohnschema w(q)

qq

pr(q|a) = f (q|a)

qq

p(q|aH)

qq qLqL

p(q|aL)

qHqH

w(q)

LR(q)

Die grune Kurve zeigt die Likelihood-Rate LR(q) = p(q|aL)p(q|aH ) fur

kontinuierliche Produktionsniveaus.43 / 59

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Zusammenfassung

Die wesentlichen Einsichten aus dem einfachsten PAM sind:

◮ Der Prinzipal kann das Projekt an einen risikoneutralen (undnicht Budget-beschrankten) Agenten verkaufen; dies machtFirst-Best Ergebnisse moglich.

◮ Ein risikoaverser Agent muss Risiko ausgesetzt werden umeine hohe Arbeitsanstrengung zu tatigen.

◮ Dies ist kostspielig fur den Prinzipal: er muss dem Agenteneinen Risikozuschlag zahlen.

◮ Je risikoaverser der Agent, desto teurer werden Arbeitsanreizefur den Prinzipal.

◮ Der optimale Vertrag ist sowohl fur Prinzipal als auchAgenten optimal, da er den gemeinsamen ‘Kuchen’ maximiert.

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2 × 2 Beispiel

Ein Prinzipal stellt einen Agenten ein und kompensiert ihn mitw > 0. Der Nutzen des Agenten ist separabel in Anstrengung undLohn

u(w , ai ) = v(w) − g(ai ), i ∈ {1, 2}

wobei v(·) der vN-M Nutzen des Agenten von Geld ist und g(ai )die Nutzenkosten der Anstrengung ai darstellt.

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Konkret sei gegeben, daß

◮ der Agent wahlen kann zwischen a ∈ {a1, a2}, a1 > a2, mitNutzenkosten g(a1) = 5/3, und g(a2) = 4/3,

◮ es zwei Produktionszustande q ∈ {qL, qH} = {0, 10} gibt,

◮ gegeben a1, die Erfolgswahrscheinlichkeit pr(qH |a1) = 2/3 undpr(qL|a1) = 1 − pr(qH |a1) = 1/3 betragt,

◮ gegeben a2, die Erfolgswahrscheinlichkeit pr(qH |a2) = 1/3 undpr(qL|a2) = 1 − pr(qH |a2) = 2/3 betragt,

◮ der Prinzipal risikoneutral ist — sie maximiert denErwartungswert der Produktion minus der Lohnkosten,

◮ der Agent risikoavers ist mit v(w) = w1/2 und

Reservationsnutzen von Null.

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First-Best�

(a) Die Arbeitsanstrengung des Agenten ist beobachtbar. Betrach-ten wir einen Lohnvertag, der die gewollte Anstrengung a∗ spezi-fiziert und produktionsabhangig {wH ,wL} ist. Wir wollen zeigen,daß ein derartiger Vertrag nicht optimal ist, dh daß optimalerweisewH = wL = w∗.

Da der Agent risikoavers und der Prinzipal risikoneutral ist,impliziert optimale Risikoteilung, daß der Prinzipaldas gesamte Risiko tragt. Wenn der Agent ungewolltem Risikoausgesetzt wird, dann muss er dafur durch hoheren erwartetenLohn kompensiert werden.

Das Maximierungsproblem des Prinzipals entspricht demMinimieren der bezahlten Lohne.

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Der Prinzipal wahlt fur die gewollte Anstrengung ai

produktionsabhangige Lohne {wH ,wL} um

minwH ,wL,a

pr(qH |ai)wH + (1 − pr(qH |ai ))wL

s.t.(IRi ) pr(qH |ai )v(wH) + (1 − pr(qH |ai ))v(wL) − g(ai ) ≥ 0.

Wir losen das Problem durch den Lagrange Ansatz

L = pr(qH |ai )wH + (1 − pr(qH |ai))wL−λ [pr(qH |ai )v(wH) + (1 − pr(qH |ai ))v(wL) − g(ai )]

und erhalten die BEO

∂L∂wL

= 0 ⇒ 1

λ= v ′(wL) und

∂L∂wH

= 0 ⇒ 1

λ= v ′(wH).

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Daher gilt

v ′(wL) =1

λ= v ′(wH)

was fur konkave v (zB v(x) =√

x) nur durch wL = wH = w∗

erfullbar ist.

Daher sind im Falle beobachtbarer Anstrengungen die optimalenLohne fur jedes Anstrengungsniveau ai konstant uber alleProduktionsniveaus.

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First-Best�

b) Die Arbeitsanstrengung des Agenten ist beobachtbar. WelcherLohn w∗ implementiert ai , i ∈ {1, 2}? Welches Anstrengungsni-veau soll der Prinzipal wahlen?

Wir wissen von (a), daß First-Best Vertrage von der beobachtbarenArbeitsanstrengung abhangen mussen, dh {(a1,w1), (a2,w2)}i ∈ {1, 2} und nicht vom realisierten Produktionsergebnis {qL, qH}.Also maximiert der Prinzipal fur i ∈ {1, 2}

max(wi (a))

ω∈{L,H}

pr(ω|ai )(qω − wi )

s.t.(IRi) v(wi ) − g(ai) ≥′=′

u0 = 0.(3)

v(wi ) = g(ai ) ⇒ w∗i = v−1(g(ai )) ⇒ w∗

i = g(ai )2.

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Damit ist der Profit des Prinzipals durch zwei Lotterien gegeben,unter denen der Agent durch seine (beobachtbare)Arbeitsanstrengung auswahlt

ai =

{a1 → L1 =

{10 : 2/3; 0 : 1/3

}→ up(L1) = 20/3,

a2 → L2 ={10 : 1/3; 0 : 2/3

}→ up(L2) = 10/3.

Dh wir erhalten fur w∗i = g(ai )

2

1. hohe Anstrengung a1:√

w1 = 5/3 ⇒ w∗1 = 25/9

Profit des Prinzipals: L1 − w1 = 20/3 − 25/9 ⇒ π(a1)∗ = 35/9.

2. niedrige Anstrengung a2:√

w2 = 4/3 ⇒ w∗2 = 16/9

Profit des Prinzipals: L2 − w2 = 10/3 − 16/9 ⇒ π(a2)∗ = 14/9.

Da π(a1) > π(a2), wahlt der Prinzipal die Implementierung von a1.

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Second-Best�

(c) Wir nehmen nun an, daß ai nicht beobachtbar ist. Damit mussein Lohnvertrag von der realisierten Produktion abhangig gemachtwerden. Welche Lohne {wH ,wL} wird der Prinzipal wahlen um a1

in diesem Fall zu implementieren?

allgem: maxwω

ω∈{L,H}

pr(ω|ai)(qω − wω)

s.t. (IRi )∑

ω∈{L,H}

pr(ω|ai)v(wω) − g(ai ) ≥′=′

u0 = 0, und

(ICi )∑

ω∈{L,H}

pr(ω|ai)v(wω) − g(ai ) ≥∑

ω∈{L,H}

pr(ω|aj)v(wω) − g(aj ).

wobei i = 1, 2, j = 3 − i .

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Wir setzen die angegebenen Werte ein und erhalten fur a1

maxwω

2/3 (10 − wH) + 1/3 (0 − wL)

s.t. (IR1)2/3

√wH + 1/3

√wL − 5/3 ≥

′=′

u0 = 0, und

(IC1)2/3

√wH + 1/3

√wL − 5/3 ≥ 1/3

√wH + 2/3

√wL − 4/3.

(IC1) impliziert√

wH ≥ 1 +√

wL. Da der Prinzipal keinen Grundhat dem Agenten eine Rente zu uberlassen, gilt

√wH = 1 +

√wL.

Wir ersetzen wH in (IR1) und erhalten 2(1 +√

wL) +√

wL = 5 undwir erhalten (wL = 1,wH = 4) mit assoziiertem Profit von

π(a1) = 2/3(10 − 4) + 1/3(0 − 1) = 11/3.

Da π(a1) > π(a2), wird der Prinzipal wiederum dieImplementierung von a1 wahlen.

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(d) Mit nicht beobachtbarer Anstrengung ist also (a1,w1) optimal.Wie wurde der Prinzipal a2 implementieren?

Wenn der Prinzipal keinerlei Anreize setzt die hohe Anstrengung a1

zu implementieren, dann wird der Agent nur a2 leisten. Damit istes am kostengunstigsten fur den Prinzipal, den First-Best‘Flatrate’-Lohnvertrag wL aus a) zu wahlen, der die Partizipationdes Agenten sicherstellt. Dies bedeutet

wL = wH = 16/9 ⇒ π(a2) = 14/9.

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Microfinance & Entwicklungsokonomie

Die Grameen Bank (Bangladesh) ist

◮ eine Microfinance Gemeinschafts-Entwicklungsbank die kleineKredite (‘Microcredit’) an verarmte Bauern ohneSicherungskapital vergibt.

◮ Die Idee ist, daß die Kreditnehmer Kenntnisse & Fertigkeitenbesitzen, die von traditioneller Kreditinstiuten nichtausgeschopft werden.

◮ Der Bank und ihrem Grunder Muhammad Yunus wurde 2006der Friedensnobelpreis verliehen.

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Probleme mit Entwicklungskrediten

1. Risiko & Adverse Selektion◮ Typischerweise verlangt eine Bank eine Kreditsicherung um

riskante Projekte (θL) von sicheren Projekten (θH) zuunterscheiden (wobei θ ublicherweise private Typen sind).

◮ Wenn kein Sicherungskapital verlangt werden kann, dann sindriskante Projekte wahrscheinlicher als mit Kreditsicherung.

◮ Dies erhoht die notige Zinsrate fur die Ruckzahlung.

2. Monitoring & moralisches Risiko◮ Ohne Haftung fur den Kredit hat der Kreditnehmer geringere

Anreize den Kredit zuruckzuzahlen.◮ Effektives Monitoring ist fur das Kreditiinstiut im Verhaltnis

zur Kreditsumme sehr teuer.◮ Das Eintreiben von Ruckzahlungen von fehlgeschlagenen

Projekten ist schwierig.

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Losung: Microcredit

1. Kreditnehmer bilden kleine Gruppen und stellen ihreKreditantrage gemeinsam. Die Gruppe ist gemeinsam fur alleRuckzahlungen verantwortlich.

2. Dies bedeutet nicht, daß nur ein Projekt finanziert wird. ImGegenteil betreibt ublicherweise jedes Gruppenmitglied seineigenes Projekt.

3. Die Kredite werden oft sequentiell finanziert, dh Kredit #n

wird aus der Ruckzahlung von #n − 1 finanziert. In anderenFallen erhalt die Gruppe anfangs einen sehr kleinen Kredit unddieser wird nur bei erfolgreicher Ruckzahlung aufgestockt.

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Joint Liability Lending Institutions

Dabei verstarkt Gruppenhaftung (‘Joint Liability’) dieRuckzahlungsanreize durch Ausnutzung von

◮ local information: Mitglieder einer Dorfgemeinschaft wissenhaufig mehr uber die Situation (Handlungen) einzelnerDorfbewohner als Banken.

◮ social capital: eine Hauptquelle von Marktversagen aufKreditmarkten ist, dass Banken keine finanziellen Sanktionengegen arme Kreditnehmer verhangen konnen. Dagegen konnenNachbarn in einer Dorfgemeinschaft aber wirksame sozialeSanktionen gegen Dorfmitglieder verhangen.

Das theoretische Konzept hinter dieser Einsicht basiert auf‘korrelierten Typen.’

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Erfolg der Grameen BankDurch diese Regelungen erzielt die Grameen Bank

◮ sehr hohe Ruckzahlungsraten (etwa 98%),

◮ eine Losung des individuellen moralischen Risikoproblemsdurch internalisiertes Gruppenmonitoring.

Sie kann damit

◮ sehr gunstige Kredite vergeben,

◮ große internationale Finanzierungsquellen erschließen,

◮ effektive Entwicklungsforderung betreiben.

Literatur: Ghatak, M. & T. Guinnane, “The economics of lendingwith joint liability: theory and practice,” Journal of Development

Economics, 60(1), 195–228, 1999.

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