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MIKRURGISCHE STUDIEN AN BORRAGINOIDEEN-ZELLEN I. MI KRODISSEKTION yon LOTHAR HOFMEISTER z) (Aus dem Pflanzenphysiologischen ]nstitut der Universit~t Wien) Mit 13 Textfiguren Eingegangen am 19. Juli 1940 Einleitung Die ersten Mikromanipulatoren, gebaut yon Schouten (1899) und Barber (1904) waren zuui~chst ffir bakteriologische Zwecke geschaffen worden; sic dienten zur Isolierung einzelner Bakterienzellen. Damit waren Ger~te entstandcn, die noch eine ganz andere Verwendung und eine welt grSl3ere Bedeutung crhalten sollten. Die aufbliihende zoologische Zellphysiologie in Amerika hattc die weiten M5glichkeiten erkannt, die sich mit der Konstruktion dieser Instrumente fiir die mikroskopische Anatomie der Zellen er5ffneten. Damals verwendete Kit e (1912) das Barbersche ]nstrument erstmalig fiir cytologische Untersuchungen. Ch am- bers arbeitete zun~chst ebcnfalls damit (Kite und Chambers, 1912). Sp~ter schuf C h a m b e r s (1921, 1922) einen neuen, vollkommeneren Mikromanipulator, ein weiterer wurde yon Peterfi (1921) nach einem Modell von Janse entwickelt. Mit diesen Instrumenten -- neben verschiedenen weniger bedeutenden Kon- struktionen kam noch das interessante Ger~t nach de Fonbrune (1932a) hinzu -- entstand eine ansehnliche Zahl von Untersuchungen, welche heute die Wissen- schaft der biologischen Mikrurgie ausmachen. Chambers und seine Mitarbeiter haben in zahlreichen Untersuchungen der Mikrurgie einen ersten Platz unter den methodischen Disziplinen der Biologie gesehaffen; Peterfi, de Fonbrune haben umfangreiehe, Scarth, Seifriz, HSfler und manch anderer Forseher von Bedeutung haben begrenztere, aber nicht weniger wichtige Beitr~ge dazu geleistet. Eigenartigerweise ist j edoch die iiberwiegende Mehrzahl der Untersuchungen auf das Gebiet der Zoologie gefallen. Die Ursache dafiir mag zum Teil darin liegen, dai~ die bisher wichtigsten Apparattypen von Zoologen entwickelt wurden -- ver- st~ndlicherweise schufen diese Autoren mit ihren Mitarbeitern auch die Haupt- masse der vorliegenden Arbeiten --, zum anderen Teil mSgen aber die botanisch. mikrurgischen Arbeiten deswegen nur wenige sein, weft die Pflanzenprotoplaste von einer Zellulosemembran umgeben und fiberdies kleiner sind, als gewisse z) Eingereicht zur Erlangung des Grades eines Dr. phil. habil, in der philosophischen Fakult~t der Universit~t in With. Protopla- 5

Mikrurgische Studien an Borraginoideen-Zellen

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MIKRURGISCHE STUDIEN AN BORRAGINOIDEEN-ZELLEN

I. MI KRODISSEKTION

yon LOTHAR HOFMEISTER z) (Aus dem Pflanzenphysiologischen ]nstitut der Universit~t Wien)

Mit 13 Textfiguren

Eingegangen am 19. Juli 1940

Einleitung

Die ersten Mikromanipulatoren, gebaut yon S c h o u t e n (1899) und B a r b e r (1904) waren zuui~chst ffir bakteriologische Zwecke geschaffen worden; sic dienten zur Isolierung einzelner Bakterienzellen. Damit waren Ger~te entstandcn, die noch eine ganz andere Verwendung und eine welt grSl3ere Bedeutung crhalten sollten. Die aufbliihende zoologische Zellphysiologie in Amerika hattc die weiten M5glichkeiten erkannt, die sich mit der Konstruktion dieser Instrumente fiir die mikroskopische Anatomie der Zellen er5ffneten. Damals verwendete K i t e (1912) das B a r b e r s c h e ]nstrument erstmalig fiir cytologische Untersuchungen. Ch am- bers arbeitete zun~chst ebcnfalls damit (K i t e und C h a m b e r s , 1912). Sp~ter schuf C h a m b e r s (1921, 1922) einen neuen, vollkommeneren Mikromanipulator, ein weiterer wurde yon P e t e r f i (1921) nach einem Modell von J a n s e entwickelt. Mit diesen Instrumenten - - neben verschiedenen weniger bedeutenden Kon- struktionen kam noch das interessante Ger~t nach de F o n b r u n e (1932a) hinzu - - entstand eine ansehnliche Zahl von Untersuchungen, welche heute die Wissen- schaft der biologischen Mikrurgie ausmachen. C h a m b e r s und seine Mitarbeiter haben in zahlreichen Untersuchungen der Mikrurgie einen ersten Platz unter den methodischen Disziplinen der Biologie gesehaffen; P e t e r f i , de F o n b r u n e haben umfangreiehe, S c a r t h , S e i f r i z , H S f l e r und manch anderer Forseher von Bedeutung haben begrenztere, aber nicht weniger wichtige Beitr~ge dazu geleistet.

Eigenartigerweise ist j edoch die iiberwiegende Mehrzahl der Untersuchungen auf das Gebiet der Zoologie gefallen. Die Ursache dafiir mag zum Teil darin liegen, dai~ die bisher wichtigsten Apparattypen von Zoologen entwickelt wurden - - ver- st~ndlicherweise schufen diese Autoren mit ihren Mitarbeitern auch die Haupt- masse der vorliegenden Arbeiten - - , zum anderen Teil mSgen aber die botanisch. mikrurgischen Arbeiten deswegen nur wenige sein, weft die Pflanzenprotoplaste von einer Zellulosemembran umgeben und fiberdies kleiner sind, als gewisse

z) Eingereicht zur Erlangung des Grades eines Dr. phil. habil, in der philosophischen Fakult~t der Universit~t in With.

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h/~ufig studierte zoologische Objekte. Viele Pflanzenzellen mSgen aus diesen Grfinden noch schwerer zu meistern sein, als die Objekte der Zoologen.

Neuerdings entstand ein Ger/it, das nach anderen mechanischen Prinzipien arbeitet, als die bisherigen und noch bei den hSchsten VergrSBerungen mfihelose und sichere mikrurgische Arbeit erlaubt, der Gleitmikromanipulator yon Zeiss (Reiner t , 1939a). Nun scheint es mSglich, was bisher als Ideal zu wiinschen war, dal~ auch ohne langwierige und mfihsame ~bung eine mikrurgische Unter- suchung mit Aussicht auf Erfolg ausgeffihrt werden kann. Ffir den Geiibten er- gibt sich welter die MSglichkeit zu Untersuchungen auf breiter Basis.

Zahllos sind die Probleme, die insbesondere in der Zellphysiologie und Proto- plasmatik durch mikrurgische Bearbeitung gefSrdert, zum Tell sogar entschieden werden kSnnen ; bisher sind auf botanischem Gebiet nur wenige schmale Sektoren des ganzen Fragenkreises bearbeitet. Von den ]nstrumenten her ist der Schritt zur weiteren Vereinfachung und damit Verbreitung der mikrurgischen Unter- suchungsmethoden geschehen; vielleicht wird es dahin kommen, dail wenigstens auf dem Gebiete der Zellphysiologie die mikrurgische Bearbeitung des studierten Gegenstandes in vielen F/illen den selbstverst/~ndlichen Abschlull einer Unter- suchung bedeutet. Ein Beispiel daffir, wie die mikrurgische Untersuchung eines schon weitgehend studierten Problems neue Erkenntnisse erschlie[lt, soll mit der vorliegenden Studie fiber den Zellsaft der Borraginoideen gegeben werden.

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L i p p m a a (1926) land in den Corollzellen von Erythraea rote KSrper, die er als Anthocyanophore beschrieb. Er vermutete, dab diese KSrper eine feste Masse darstellen, die Anthocyan speichert und dadurch gefiirbt ist.

Gick lhorn und Weber (1926) entdeckten in den Corollzellen yon Borra- ginoideenblfiten Vakuolenkontraktionen yon eigenartiger Gestalt. Die zusammen- gezogenen Vakuolen stellten ein verkleinertes Abbild der Zellen dar, die in diesen Corollbl/ittern sehr bizarr geformt sind und nun durch den kontrahierten blauen ZellsaftkSrper noch einmal getreu nachgebildet waren. Diese Vakuolenkon- traktionen kamen durch Einlegen in Leitungswasser zustande; das Plasma blieb dabei an der Zellwand liegen und nur feine Fi~d~n verbanden es mit der Vakuole. Bei Plasmolyse in 30 oder 40 (~o RohrzuckerlSsung lag der Protoplast als ver- kleinertes Abbild in der Zelle, das Plasma war yon der Membran abgehoben und umhfilltc die Vakuole, deren Gestalt die des plasmolysierten Protoplasten be- stimmte. War die Vakuolenkontraktion in Leitungswasser nur in einem Tell der Zellen eingetreten, so ergab sich in NeutralrotlSsungen Kontraktion und Vital- f/irbung aller Zellen.

Schon damals schlossen Gicklhorn und Weber aus der Form, welche die kontrahierte Vakuole bot, auf feste Beschaffenheit des Zellsaftes. Die Autoren waren zun~chst der Meinung, dab der Zellsaft dieser Objekte unter allen Um- stii, nden ein Gel darstelle; frei ins Wasser ragende VakuolenkSrper zerrissener Zellen aus dem Mesophyll der Echium-Corolle und andere belegten diese Ansicht. - - Gicklhorn und MSschl (1930) erkannten an Zellen epipetaler Schuppen von

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Symphytum o][icinale, dal3 der Zellsaft der unbehandel ten Zellen fliissig ist und wiesen nach, dal3 erst die mit Neutralrot gef/s Vakuole gallertig lest ist.

W e b e r (1934) hat schliel31ich die Kont rak t ion der Borraginoideenvakuolen als Synaerese gedeutet. Wie ein kiinstliches Gel sich beim Altern in eine fliissige und feste Phase t rennen und dabei mit der festen Phase die Form des Gef/~13es verkleinert abbilden kann, so kontrahier t sich nach W e b e r aueh der Borra- ginoideenzellsaft unter best immten Einfliissen unter Wahrung der Fo rm und scheidet sich dabei in einen festen und fliissigen Teil; dabei kann das Plasma un- gestSrt weiter an der Zellwand liegen bleiben. - - Ji ingst ha t K i i s t e r (1938) ein weiteres Objekt genannt , bei dem die kontrahier te Vakuole mit verkleinerten Ausmal3en die Fo rm der Zelle beibeh/s die Corollzellen von Hyacinthus.

Es war aul3erordentlich reizvoll, den von G i c k l h o r n und W e b e r aus dem Plasmolyseversuch und dem Benehmen bei Vakuolenkontrakt ion so geistreich abgeleiteten Eigenschaften der festen Zells/ffte auf direktem mechanischen Wege mit Hilfe des Mikromanipulators nachzugehen. Dabei studierte ich neben den Corollzellen, die wegen ihrer unregelm/~13igen Form und geringen GrSBe schwer zu behandeln sind, die Parenchymzellen des Stengels, die fiir Mikrooperationen leichter zug/s gemacht werden kSnnen. I ch iiberzeugte mieh auch davon, dal3 die F/~higkeit zur Verfestigung des Zellsaftes bei Neutralrotf/~rbung fast in allen Geweben der Borraginoideenpflanzen vorliegt; ich suchte und fand die mit Neutralrot verfestigten Zells/~fte bei zahlreichen Borraginoideen und prfifte auf dieselbe Ar t sehliei31ieh auch ausgew/~hlte Vertreter anderer Borraginaeeen und weiterer Famil ien der Tubifloren.

Methodik

In der vorliegenden Untersuchung konnte ieh drei M i k r o m a n i p u l a t o r e n ver- sch iedener Sys teme verwenden. Zun/tchst stand mir ein Instrument naeh Pe te r f i (1921) und eines nach Chambers (1921) zur Verftigung. Ieh experimentierte im Beginn an den recht kleinen Corollzellen der Borraginoideen; dabei schien es mir, dab die Mikronadeln mit dem Instrument nach Chambers stabiler zu fiihren sind, als mit dem anderen. Bei der ge- ringen Gr6Be der Corollzellen wirkten sich schon geringe Vibrationen vonder Unterlage her oder Ungleichmi~Bigkeiten in der Handbewegung stark aus. Biegsame Wellen, die dem Gerat nach Chambers einen besonders einwandfreien Gang sichern sollen, wenn sie vor die ein- zelnen Schrauben geschaltet werden, standen mir nicht zur Verfiigung. Ich d/~mpfte deshalb die ungewolltcn Bewegungen, indem ich einen lockeren Bausch von Watte oder Zellstoff- watte zwischen Objekttisch und Mikronadel schob, so dab cr federnd die Nadel etwas in die H6he driickte; er wurde mit Wasser oder mit dickem Mineral61 getr~inkt. Tats/~chlich wurden so die Erschiitterungen weitgehend ged~mpft, w/ihrend die Bewegungsfreiheit der Nadel aus- reichend gewahrt blieb.

Sp/iter konnte ich mit dem neuen G l e i t m i k r o m a n i p u l a t o r von Zeiss (Reinert , 1939a, b) arbeiten; dieses Instrument beniitzte ich seither ausschlieBlich. Es erwies sich yon Anfang an und w~hrend monatelanger Arbeit als unempfindlich gegen Erschiitterungen jeder Art. Dabei ist es auBerordentlich einfach zu handhaben, da wahrend der eigentlichen Mani- pulation fiir jede Hand nur ein Handgriff und daran fallweise eine von zwei Schrauben (Grob- und Feinbewegung fiir Heben und Senken der Mikroinstrumente) zu bedienen ist. Der groBe Fortsehritt, den das Instrument bringt (Reincrt , 1939a, b) liegt darin, dab die Operations- bewegung auch vnter den st~rksten Vergr6Berungen innerhalb der Horizontalen aus freier

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Hand geschieht, dab also ffir diese Bewegung die Mikronade l mi t der a r b e i t e n d e n Hand in d i r ek t e r , s t a r re r V e r b i n d u n g s teht . Zwei Gleitflaehen, die eine steht fest auf der Grundplatte, an der anderen, beweglichen sitzen Ftihrungsgriff und Nadelhalter, sind kraftschliissig durch einen Fettfilm miteinander verbunden. Bei Anwendung diinner Schmier- filme ist Haftung und Bremsung so groB, daB die innere Reibung des Schmierfilms die tiber- sehtissige Kraft der freien Handbewegung abf~ngt. Der opt ische E i n d r u e k des beob- achteten Brides s t eue r t auch unter sti~rkster VergrSl~erung mit Sicherheit die H a n d - bewegung. Die Gleitfl~che ist sehwach zylindrisch und die Bewegung geschieht innerhalb der Objektebene beliebig, nur das Heben und Senken der Nadel in der Riehtung der optischen Achse wird dureh eine Sehraube bewirkt. Auf den Gleitplatten sind stabile Nadelhalter be- festigt. Ein ,,doppelter Nadelhalter" erlaubt ziigige Gegeneinanderbewegung von zwei Mikronadeln in Form einer Mikrop inze t te .

In vielen Einzelheiten ist die Bedienung des Instrumentes einfacher und leichter, als es die anderer Modelle war. Das Auswechseln der Mikroinstrumente ist durch Zwischenstiicke aus Metall (Nadelzangen) bequem und schnell mfglich; so kSnnen auch mehrere Nadeln zum raschen Gebrauch vorbereitet werden. Auch der groBe Aktionsradius der Nadelspitze, die MSglichkeit rascher Zuftihrung der ausgetauschten Instrumente ohne zeitraubende Bedienung mehrerer Schrauben und besonders der Vorteil, durch Wahl des Gleitfettes den Gang des Instrumentes leichter oder schwerer zu machen, bringen gegen die frfiheren Instrumente groBe Erleichterungen. Das Wertvollste ist, daB jede Bewegung innerhalb der Horizontalen eine einfaehe ist, dab sie also nicht, wie bei frfiheren Instrumenten zum Teil aus Komponenten hervorgeht. Die Zusammensetzung einfacher Bewegungen in der Ebene aus zwei Kompo- nenten brachte UnregelmaBigkeiten und Umwege in der Nadelftihrung mit sich; wenn die Abweichungen auch klein waren, so wurde doch dadurch das lebende Plasma gezer r t und in sehwer kontrollierbarer Weise geschadigt; es ist gewiB nicht einerlei, ob eine Nadelspitze in den Protoplasten genau in der Richtung ihrer Achse eingestochen wird, oder ob sie dabei vielleicht um ein Zehntel oder gar Ftinftel der Protoplastenbreite seitlich verschoben wird. Das neue Ger~t vermeidet nicht nur diesen Nachteil; auch die kleinen Unsicherheiten in der Hand des Experimentierenden, welche bei den mit Schrauben gesteuerten Instrumenten so oft das Ergebnis langerer Vorbereitung zerstSrten, werden vom Fettfilm restlcs verschluckt. Erschfitterungen yon der Unterlage her - - friiher sehr gefiirchtet - - stSren nicht mehr; das Ger~t steht auf GummiffiBen und ist so massiv, dab Schwingungen nicht vorkommen. Mit diesem Gerat kSnnen ganze Serien yon Versuchen ohne Schwierigkeit ausgeffihrt werden; die Nervenkraft des Experimentierenden wird weitgehend geschont und die technische Durch- fiihrung der mikrurgischen Versuche ist jetzt viel weniger yon der persSnlichen Disposition des Mikrurgen abh~ngig, als einst (Peterf i , 1921, S. 502).

Es mag nicht iiberflfissig sein, fiber technische Einzelheiten der Versuche ein weniges zu berichten - - ist doch mancher ttandgriff in monatelanger Arbeit erprobt und seine Mit- teilung diirfte anderswo Miihe und Zeit sparen helfen. - - Als feuchte K a m m e r bentitzte ich am liebsten das neue Modell yon Zeiss. Der KammerkSrper hat im Boden eine viereckige 0ffnung eingefr~st, die durch eine Glasplatte verschlossen wird. Zwei Seitenteile, 10 mm hoch, tragen eine Metallplatte (42 : 49 ram), die in der Mitre einen quadratischen Ausschnitt yon etwa 18 mm Seitenl~nge hat. Die beiden offenen Seiten kSnnen mit aufsteckbaren Schienen verschlossen werden, die nur eine kleine 0ffnung zum Einfiihren der Mikroinstru- mente freilassen. Unter die 0ffnung der Deekplatte soll laut Gebrauchsanweisung ein Deck- glas (24 m m i m Quadrat) gekittet werden. Ieh land es in meinen Versuchen giinstiger, ein Deckglas yon 43 : 30 mm unter die 0ffnung der Deckplatte auf die Seitenteile zu legen; auf der Unterseite des Deckglases ist das Pr~parat montiert. Damit erreiche ich, dab es schnell gewechselt werden kann und daB auch vorgerichtete Pr~parate rasch nacheinander bearbeitet werden k6nnen. Auch verlangt das sparer erw~hnte 0ffnen der Zeller 1 ,~ ~as Deckglas auf

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eine harte, vSllig ebene Unterlage gebracht werden kann, was sonst nicht gut mSglich ist. Die Metallplatte driickt das Deckglas ausreichend fest nieder, auch der AbsehluB der Kammer ist unver~ndert gut. - - Die Verwendung der immerhin 10 mm hohen Kammer macht den Gebrauch eines Kondensors yon langer Brennweite nStig. Als Lichtquelle fiir Beobachtung und Photographie diente eine 6 Volt-Mikroskopierlampe yon Reicher t .

Gearbeite$ wird im h~ngenden Tropfen. Das Pr~parat wurde mit einer geringen Fltissigkeitsmenge angebracht und meist durch einen seitlich dariiber gelegten Deckglas- splitter yon etwa 9:9 mm festgehalten. Der Deckglassplitter kann durch die LSsung kapillar angepregt sein, er kann aber auch mit etwas Vaseline festgeklebt werden. Das Pr~parat daft natiirlich nicht austroeknen. Deshalb war der Glasboden der Kammer, soweit er nicht fiir das durchfallende Lieht frei blieb, mit Filterpapier belegt, das mit VersuchslSsung oder Wasser getr~nkt werden konnte. Wenn aber jade Ver~tnderung der LSsung peinlichst vermieden werden sollte, dann gab ich nur wenig LSsung zum Sehnitt, legte das kleine Deckglas seitlich darauf, bis nur der Schnittrand hervorsah und lieB dann einen Tropfen ParaffinS1 dartiber flieBen. So bleibt der Schnitt yon der Untersuehungsfltissigkeit eingeschlossen, die nun weder verdunsten noeh Wasserdampf aufnehmen kann.

Um an die l ebenden P r o t o p l a s t e heranzukommen, zerteilte ieh plasmolysierte Sehnitte nach dem Verfahren von Kt is te r (1910) mit der Rasierklinge. Dazu legte ieh mir einen Handgriff zurecht, der mir seither viel Zeit und Rasierklingen erspart hat. Ich beniitze nur kleine Stiicke einer Rasierklinge, die mit einem kleinen Feilkloben, wie man ihn wohl fiir Uhrmaeherarbeit verwendet, abgebroehen werden. Die Schneide des Messersttickes soll ein wenig l~nger sein, als der durchzufiihrende Schnitt. Das Deckglas mit dem Praparat wird auf eine ganz ebene Platte (Spiegelglasplatte) gelegt und das im Feilkloben eingespannte Klingensttick wird senkrecht auf das Pr~parat gesetzt und mit leichtem Druck durehgesenkt. Ein etwas starkerer Druek zum SchluB gleicht geringe Unebenheiten von Schneide und Deck- glas aus. Ffir jeden Schnitt ist natiirlieh ein neues Stfick der Klinge nStig. Viele Protoplaste werden bei diesem Verfahren in den plasmolysierten Zellen vom Schnitt getroffen und zer- stSrt, an vielen anderen aber geht die Klinge vorbei und 5ffnet nur die Zellen. Damit wird der Weg ftir die Mikronadel frei.

Manchmal muBte ich auch in i n t a k t e Zel len eindringen. Dazu nahm ich sehr sehlanke, dtinne Nadeln mit besonders dtinner Spitze; diese Nadeln wurden ganz langsam durch die Zellwand eingestochen. Dureh diesen Eingriff werden selbst unplasmolysierte Zellen n i eh t merk l i eh geschiidigt , solange die Nadel in der Stichiiffnung bleibt. In plasmolysierte Zellen kann man auch mit einer etwas dickeren, aber sehr spitzen Nadel durch die Membran eindringen, ohne den Protoplasten zu sehKdigen. P15tzliches Auf re igen un- plasmolysierter Zellen mit einer kritftigen Nadel, die in eine kurze und rechtwinklig abge- bogene, scharfe Spitze ausl~uft, erlaubt es, den Inhalt im Augenblick des Absterbens zu kontrollieren, bevor er noch Zeit zum Koagulieren findet. - - Nicht alle untersuehten Gewebe hatted regelm~Big geformte Zellen; besonders in den CorollblKttem sind sie ja sehr unregel- magig. Es war kaum mfglich, sie mit der Rasierklinge so zu 5ffnen, da$ eine Weiterbearbei- tung mit mikrurgisehem Rtistzeug mSglich gewesen w~re. Deshalb rig ich vielfaeh Coroll- stticke nur mit zwei Pr~pariernadeln auseinander; danach waren meist gentigend Zellen mit unversehrtem Inhalt zugi~nglich. Das Eindringen mit der Nadel geschah durch die unver- sehrte Membran, wenn ich es nieht vorzog, die Zellen vorher mit einer grSberen, sehr spitzen Nadel zu 5ffnen.

Die Mikronade ln stellte ich anfangs in der bei Schou ten (1935) und Pe te r f i (1921) beschriebenen Art aus freier Hand tiber der Mikroflamme her. Sparer, als ich bestimmt ge- formte Nadeln brauchte, zog ich sie unter dem Mikroskop mit einer glfihenden Platinschlinge und mit dem Mikromanipulator etwa in der Art, wie es bei Pe te r f i (1921) beschrieben ist. Dazu verwendete'" '~:i ".~:~a~ den Gleitmikromanipulator yon Zeiss, ein andermal das In-

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strument nach Pc t c r f i , oder drittens ein sclhstgcbautcs Geriit, das im wescntlichen aus eincm waagrecht gestcllten Mikroskop als Beobachtungsapparat, cinem Holzklotz als Halter fiir die PIatinschlingc und aus einem Horizontalmikroskop als ,,Manipulator" bcstand. Im Tubus des Horizontalmikroskopes war dic Mikronadcl eingcklemmt. - - Am bcsten eignete sich zur Hcrstcllung dcr Mikronadeln das Instrument nach J a n s e und P c t e r f i , well damit cine zwangslgufigc, geradc gerichtcte Bcwegung rechts--links m6glich ist. Die l~bersetzung der bctreffenden Feinbewegung pal]t besonders gut zum Vorgang des Nadelziehens. Manchmal wurdc cinc Nadelspitze auch auf dem Gleitmanipulator erneuert - - dann konnte das Prgparat eingcstellt blciben und das Nadelziehcn wurde ctwas h6hcr oben bcsorgt; es war also nut der Tubus zu heben und auf einem Manipulatorteil die Nadcl gegen die Platinschlingc auszu- tauschen. Die Aufkrfimmung dcr Mikronadeln, wc]che notwendig ist, um die Spitze der an- niihcrnd horizontal gestellten Nadel yon unten an das Deckglas heranzubringcn, bereitete ich aus freier Hand vor, - - nur die lctztc Bicgung dcr Spitze kam dutch Schragstellung der gadcl wghrend des Ziehens - - , im Gleitmanipulator durch Zichcn in waagrccht-schritger Richtung (dazu muI3 die Nadcl um 900 gedreht werden) zustande. Wie bekannt, wird die Platinschlinge (0,2 mm 0) durch elektrischen Strom (in meincm Fall: Transformator [220/6 V, 5 A] und Regulierwiderstand) zum Glfihcn gebracht; dann wird die grob aus freier Hand gezogcne Mikronadel mit dem Ende hc~ugefiihrt, schmilzt an und wird weggezogen. Dabci entstcht, wenn zu Ende des Abzichens dcr Strom ausgcschaltet wird und die erkaltende Drahtschlinge sich auch dadurch yon der Nadel zurfickzicht, cinc feine Spitzc. Dic Tempcratur des Gliih- drahtcs und die Geschwindigkcit des Abziehens bestimmen die Form dcr Nadel. Meine Platin- schlingen warcn eigenes Erzeugnis; ich konnte auch den ,,Mikroelcktrobrenner" yon Zeiss versuchen und fand ihn gut. Die gcschilderte Art, Nadcln herzustellen, hat sich wohl deshalb am bcsten bew~hrt, weil dabei die Anfertigung bis zum lctztcn Augenblick bcobachtet werden kann und im Gegcnsatz zur Arbcit mit rein mcchanischen Vorrichtungen wie auch zur ,,blinden" Verrichtung aus frcier Hand sofort eine bcstimmtc Form mit Sicherheit hergestellt wcrdcn kann.

Es b rauch t kaum gesagt zu werden, daft das einzelne, im folgenden ge- schilderte Expe r imen t jewcils n u r e i n B e i s p i e l aus vielen in gleicher Weise abgelaufenen Versuchen dars te l l t . - - I m Verlaufe der Unte r suchung wurden yon in te rcssanten Pr i ipa ra ten Pho tograph ien angefer t igt . Dazu d ien te das K a m e r a - modell , ,Miflex" von Z e i s s mi t einer Rol l f i lmkasse t te , Bfldgr6Be 6 cm im Durch- messcr. Die K a m e r a blieb daue rnd auf dem Mikroskop; es wurde durch die K a m e r a o p t i k beobachte t und fallweise der VerschluB bet~t igt . Die Photos geben daher Phasen der Unte r suchung wieder.

Versuche an Parenchymzellen yon Stengel und Blattstiel

I)ic En tdeckung der festen Zells~fte war an Corollzellen erfolgt, auch alle weiteren Angaben fiber verfest igte Vakuolen beziehen sich auf Zellen der Corolle (Erythraea, Borraginoideen, Hyacinthus). Es dri tngt sieh natf ir l ich die F rage auf, ob die FAhigkeit zur Ze]lsaf tverfest igung den Corollzellen beliebiger Ob jek te zu- k o m m t , odor ob sic eine Eigenhei t lediglich der Borraginaceencorol le , viel le icht auch aller Zellen der betreffenden Borraginaceen ist. An ]etzteres scheint n iemand gedach t zu haben.

Da.s V c r h a l t e n f r i s c h e r P r i ~ p a r a t e i m W a s s e r ; g e w g s s e r t e S c h n i t t e. Parenchymzel len aus dem Blat ts t ie] yon Symphytum o//icinale wurden

frisch untersucht , anderc Schni t te wurden vorher 22 S*.ur ' ;n des t i l l ie r tem

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Wasser gew~ssert. Die Zellen sind in beiderlei Pr~paraten turgeszent und rinnen, wenn sie angestochen werden, sofort mit merklichem Druck aus. Der Z e l l s a f t is t a lso f lf issig. Nur da und dort liegt in einer verletzten Zelle ein kontrahierter Vakuolenteil. Alle anderen, spater angefiihrten Borraginoideen zeigen fibrigens, frisch untersucht, das gleiche.

P l a s m o l y s e in T r a u b e n z u c k e r . Parenchymzellen aus dem Stengel von Echium vulgate wurden in 1,0 mol Traubenzucker plasmolysiert. Die plasmo- lytische Abhebung war mit flachen Formen erfolgt, 20 Minuten nach dem Ein- legen waren die Protoplaste bereits gerundet ; nach 30 Minuten bis I Stunde wurde untersucht. Die plasmolysierten Protoplaste der kleinen subepidermalen Zellen und der gr61}eren, tiefer gelegenen Zellen aus dem Rindenparenchym und Mark, auch der Haarzellen, lieBen beim Anstechen den Zellsaft ohne weiteres ausfliel3en ; er ist also auch in plasmolysierten Zellen fliissig. Es war mSglich, die Protoplaste mit feiner Nadel durehzuschniiren; dabei wurde die Nadel vom Plasma nicht benetzt - - dieselbe Eigenheit zeigten auch plasmolysierte Corollzellen. - - Neben

Fig. 1

dem Schnitt, der in bekannter Weise mit der Kasierklinge zerteilt worden war, lagen einige Kugeln etwa yon dem halben Votumen der untersuchten Zellen; sie bestanden aus einer durchscheinenden, mit zarten KSrnchen erffillten Substanz und crwiesen sich bei Prfifung mit der Nadel als l e s t und wenig deformierbar. Ebensolehe Kugeln fanden sich nach zweistiindiger Plasmolyse aueh in abge- storbenen Zellen. Eine konnte ich mit der Nadel etwas eindriicken und so eine Rinne einpr~gen, auch durch Einstechen einen Krater einpressen. Danach be- gann die Kugel zu zerschmelzen und sah dabei etwa wie ein Gelatineklumpen aus, der im warmen Wasser zergeht. - - Aus den Siebr6hren der plasmolysierten Schnitte quillt in der Regel nach dem (:)ffnen mit der Rasierklinge der Inhalt als miiBig festes, zylindrisches Ding heraus; auch diese fes~n Vakuolen wurden nach mehrfacher Deformation und Berfihrung immer voluminSser und schwerer sichtbar, bis sie schliel31ich ganz aufgel6st waren. - - Nach s i e b e n s t f i n d i g e r P l a s m o l y s e ist in den Parenchymzellen Systrophe h~ufig; manche Zellen zeigen ein Gitter aus derben Plasmastriingen, das den Zellsaft durehsetzt, aber auch vom Protoplasmamantel her in die Vakuole einschneidet (Fig. 1). Nach sechzehnstf indiger Plasmolyse in Traubenzucker waren in vielen Parenehym- zellen eine~ ~chium-Schnittes derartige Plasmagitter zu sehen. Die einzelnen

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Plasmastr~nge waren besonders dick. Beim Betasten mit der Mikronadel erwies sich das Plasma als sehr z~h und diesmal auch als spinnbar; es war mSglich, mit der Mikronadel daraus einen Faden auszuziehen. Die Festigkeit des Protoplasten war jetzt so bedeutend, dab mehrfaches Einstechen mit grober Nadel keine Wirkung hatte. Erst mehrmaliges Kratzen des Plasmas mit spitzer Nadel batte Absterben zur Fo]ge. Wiihrend die Koagulation yon der gestSrten Stelle weg langsam fiber den Protoplasten vorgeht, w51bt sich der Tonoplast an der zuerst geritzten Stelle als feine Blase vor, die immer gr5~er wird und sich nach einer Minute allmiihlich mit kleinen KSrnchen ffillt. Sieben Minuten sparer wurde mit der Nadel der ganze Inhalt aus der Zelle geholt. Die Vakuole war zu einer derb begrenzten, weichen Masse geworden. Dreizehn Minuten spi~ter ist sie schon ziihflfissig und die Molekularbewegung, in der sich die feinen KSrner im Inneren seit der ersten Minute befanden, hat stark nachgelassen ; nach einer halben Stunde ist sie sehr gering, der Inhalt also noch etwas fester geworden; Deformationen, die dem KSrper mit der Nadel zugeffigt werden, werden jedoch wieder ausge- glichen und sts mechanische Insulte veranlassen schliel31ich die AuflSsung des Gebildes, dessen Inhalt vSllig einheitlich war.

Ich sah also, wie der Z e l l s a f t der Parenchymzellen yon Echium b e i m l a n g s a m e n A b s t e r b e n der Zellen mi~gig l e s t , etwa z~hflfissig wurde. Die Erscheinung liel3 sich bei einer Nachpriifung wieder linden.

Einen interessanten Unterschied konnte ich an Schnitten aus dem Blatt- stiel yon Symphytum linden, die nach verschieden langer W~tsserung plasmo- lysiert wurden. Die Protoplaste frischer Schnitte, die s o f o r t nach dem Schneiden auf eine halbe Stunde in 1,0 tool Traubenzucker (Leitungswasser) kamen, hatten v511ig flfissigen Zellsaft. Das liel3 sich zeigen, wenn die Protoplaste dutch einen raschen RiB mit der Nadel aufgemacht wurden, oder auch, wenn ich ein kleines Loch in die Zellwand der noch geschlossenen Zelle stach und den Inhalt durch Druck von unten zum AusstrSmen brachte. Im ersten Falle fliel3t der Vakuolen- inhalt schlagartig aus, im anderen Falle schniiren sich an der kleinen 0ffnung viele einzelne, kleinste Teilprotoplaste ab, die dann in der LSsung davonschwim- men. Wenn die Schnitte sechs S t u n d e n in d e s t i l l i e r t e m W a s s e r gelegen hatten und dann eine halbe Stunde in Traubenzucker plasmolysiert wurden, waren die Zellsiifte im Rindengewebe viel weniger flfissig. Ein Tonoplast wurde yore Protoplasma befreit und dann mit zwei Nadeln in zwei Teile auseinander gezogen. Statt sich nun wie normal zu zerteilen und hSchstens nach Abkugelung der Teilstiicke einen diinnen Faden dazwischen bestehen zu lassen, lieI3 sich der Tonoplast selbst zu einem langen dtinnen Faden auseinanderziehen, der schlieB- lich nur mehr wenige (4--5)/~ dick war.

P l a s m o l y s e in Sa lzen . W~hrend wir annehmen kSnnen, daI3 Plasmo- ]yse in Zucker auf l~ngere Zeit hin den Protoplasten nur durch Wasserentzug beeinflul3t, haben wir bei Plasmolyse in Salzen andere Voraussetzungen. So dringen z. B. die Kaliumionen ein und kSnnen das Innere des Protoplasten ver- ~ndern. Der quellenden Wirkung des Kalium steht die entquellende des Calzium gegentiber. - - Stengelschnitte yon Echium wurden auf eineinviertel Stunden in 1,0 tool K a l i u m n i t r a t gelegt. Die Plasmolyse war stark (Plasmolysegrad um

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Mikrurgische Studien an Borraginoideen-gellen. I 73

0,4). Die Protoplaste waren allseits abgehoben und zur Kugel gerundet. Ihr P l a s m a war m/~chtig g e q u o l l e n und auf einer Seite der Kugel so zu einer Kappe angesammelt, dab die Plasmamasse innerhalb der Kugel lag, also keinen Aus- wuehs auf dem Protoplasten darstellte (Fig. 2). Es war aul3erordentlich spannend, zu sehen, da{3 es praktisch nicht mSglich war, mit der Mikronadel in einen solchen Protoplasten einzudringen. Die Nadel glitt immer wieder seitlich ab, oder die Protoplastenkugel wich aus. Nur an der Protoplasmakappe, die etwa ein Drittel der Kuge]oberfl/~che bedeekt, kann man die Nadel ansetzen. Die Kugel kann so z. B. mit etwa zwanzig kleinen StSf3en einmal rundum gedreht werden. Noch interessanter ist es, dal3 man mit der Nadelspitze kleine Portionen yon Plasma aus dieser Ansammlung losreil~en und auf der Kugeloberfl/~che ein Stiick weit, z. B. ein Sechstel des Umfanges, verschieben kann; sie entgleiten dann bald der Nadel und fahren mit groBer Geschwindigkeit wieder zu der Gesamtmasse zurfick, um sich mit ihr zu vereinen. Endlich kann man Chloroplasten abtrennen - - es geht dabei immer eine gewisse Menge Plasma mit - - und nachdem man sie etwa ein Zehntel des Kugelumfanges welt bewegen konnte, zuriickgleiten sehen. - - W/~hrend in Zucker bei demselben Objekt trfibe, m/~13ig verfestigte Tonoplastenkugeln h/~ufig vor- kamen, sind die in KNO 3 isolierten T o n o p l a s t e n aul3erordentlich z a r t . (Tberraschend ist der Gegen- satz zwischen den Protoplasten mit ihrer dfinnen Plasmahiille und der Plasmakappe, deren Oberfl/iehenspannung so groI3 Fig. 2 ist, dab die Nadel kaum einzudringen vermag, und zwisehen den daraus isolierten zarten Tonoplasten, die bei Verletzung mit der Nadel oder beim Absinken an die Grenzfl~che LSsung--Luft sofort verschwinden. Auch das Plasma koaguliert in KNO 8 anders als in Zucker. Wenn es mSglich ist, es von aul3en zu ritzen, dann wird das gesamte Plasma des Protoplasten in weniger als einer Sekunde zu einer schmierigen Masse, die an der Nadel klebt und sich vom Tonoplasten abziehen 1/s

Die in 0,39mol C a l z i u m c h l o r i d plasmolysierten Zellen des Echium- Stengels zeigen nach vier Stunden Systrophe und Plasmaraumgitter; die Proto- plaste sind aul3erordentlich elastisch, weichen der Nadel stets aus und sind wid er- s t ands f /~h ig gegen Druck und Zerrung. Wenn das Einstechen der Nadel trotz- dem gelingt, dann kann der Protoplast damit zun/~chst ohne merkliche Sch/tdigung stark deformiert oder v o n d e r Nadel mitgezogen werden, wobei er birnfSrmige Gestalt annimmt. Schliel31ich koaguliert er doch. Die V a k u o 1 e ist z/~ h f 1 fi s si g, also etwas verfestigt. So bedeutende Resistenz gegen mechanische Beanspruchung, noch dazu nach so langer Plasmolyse in CaCl~, kommt sonst wohl nicht vor.

Wir fanden also den Zellsaft der Parenchymzellen von Stengel und Blatt- stiel der untersuchten Borraginoideen u r s p r f i n g l i c h f lf issig. Er kann sich v er f e s t i g e n, wenn die plasmolysierten Protoplaste vorsichtig zum A b st er ben gebracht werden, auch nach 1/mgerer Wi~sserung u n d d a r a u f f o l g e n d e r

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P l a s m o l y s e in Zucker oder nach langer P l a s m o l y s e d a u e r . Bei Plmumolyse in KNO a bleibt der Zcllsaft vSllig fliissig; das Plasma quillt, seine Oberfl~che scheint sehr fest und ebenso scheint noch mehr die Oberfliichenhaut der Vakuole verst~trkt zu sein. Wenn das Eindringen der Mikronadel in das Plasma gelingt, stirbt es plStzlieh. In CaC12 dagegen ist da~ Plasma gegen mechanisehe Einfliisse sehr resistent, die Vakuolc ist etwas verfestigt. Die Resistenz des Plasmas mag durch das CaCI 2 erhSht werden, ob Ca bis in die Vakuole vordringen kann, ist nicht zu entnehmen.

D u r c h N e u t r a l r o t f ~ r b u n g e r z w u n g e n e K o n t r a k t i o n in den S t e n g e l z e l l e n . Bekanntlich (Kf is te r , 1926; G i c k l h o r n und W e b e r , 1926; W e b e r , 1930; H a r t m a i r , 1937; K i i s t c r , 1937, 1938 u. a.) 15st Vitalf~rbung mit Neutralrot bei sehr vielen Objekten Vakuolenkontraktion aus. G i c k l h o r n und W e b e r (1926) hatten dieses Mittel zur Darstcllung von Kontraktionen in den Corollzellen der Borraginoidecn beniitzt. - - Ich behandelte L~ngsschnitte durch den Stengel von Symphytum o//icinale cine Stunde in geutralrot 1 : 5000 (dest. Wasser). Die V a k u o 1 e n nahczu aller Parenehymzellen waren diffus rot gefiirbt und hatten sich mit rcchteckigcn Formen, also die Zelle abbildend, k o n t r a h i e r t . Sowcit bei der Preparation Zcllcn mit der Rasierklinge ge6ffnet worden waren und dabei der Schnitt Protoplaste zcrteilt hatte, lagcn die Protoplastenteile noch so glatt abgeschnitten in den offenen Zellen, wic sie das Messer getroffen hatte. Fig. 3 (S. 75) zeigt eine Zelle mit gefiirbter, kontrahierter Vakuole und daneben Fig. 4 eine solche Vakuole, wie sic aus der angeschnittenen Zelle mit der Mikro- pinzctte herausgezogen wird. Beim Betasten mit der Nadel zeigt sich, daB der V a k u o l e n k S r p e r f e s t und elastisch ist und sich nur wenig deformieren l~Bt; es ist aueh nicht mSglich, ihn mit der Nadel durch Druck gegen clas Deckglas zu zerschneiden. Die fcstc Natur des KSrpers wird auch dadurch deutlich, dab Ver- tiefungen, die kr~ftig eingedriickt werden, erhalten bleiben. Fig. 5 zeigt dieselbe Vakuole, die nach dreiviertel Stunden F~rbung aus der Zelle gezogen wurde. Die Spitzen der Mikropinzette, mit der der rote KSrpcr von unten gegen das Deck- glas gedriickt wurde, haben Vertiefungen hinterlassen; die Herkunft des Ab- druckes von den dancben sichtbaren Spitzen ist durch ihre gegenseitige Lage leicht zu erl~ennen.

Die kle~nen P a r e n c h y m z e l l e n n a h e der E p i d e r m i s geben ein anderes Bild. Es sind schmale, langgestreckte Zellen. Hier liegt f iber der d i f f u s ge- f a r b t e n V a k u o l e ein k S r n i g e r , r o t e r N i e d e r s c h l a g (siehe Fig. 6). Ob dcrselbe im ~esch~digten, vielleieht toten Plasma liegt oder ob er einer ~uI~eren Hfille des Tonoplasten (Tonoplastenscheide, L e d e r e r , 1934) entspricht, ist schwer zu sagen. Der Eintritt der F~rbung wurde verfolgt. 20 Minuten nach dem Einlege~n in geutralrot 1 : 5000 (Leitungswasser) ist in den Zellen der vierten bis fiinften ZeUschieht von au~en die Vakuole leicht angefii.rbt. 1)as Plasma be- findet sich in ziemlich rascher R o t a t i o n s s t r S m u n g , einzelne weinrote Kriimel werden darin rasch fortbewegt; vielleicht hat sich die Vakuole schon ein wenig kontrahiert. Etwas sp~iter, naeh 25 Minuten, ist die erste Vakuolenkontraktion zu sehen; in allen Zellen ist jctzt das Plasma ein wenig gequollen und reich an weinroten Kriimeln, die von dcr RotationsstrSmung mitbewegt werden. Speiche-

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Fig. 3--8.

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rung von N e u t r a l r o t im P l a s m a , die unzweifelhaft vorliegt, ist durchaus ungewShnlich. - - 40 Minuten nach dem Einlegen ist der diffus gef~rbte, kon- trahierte Vakuolenteil rundum mit einem dichten Gitter von blauroten Krfimeln besetzt, das Plasma str6mt, nimmt aber die FarbstoffkSrperchen nicht mehr mit (vgl. Fig. 6). Nach zwei Stunden F~rbung wird ein Protoplast mit der Mikro- pinzette aus der geSffneten Zelle geholt (Fig. 7). Ein Ende des Protoplasten wird dann mit der einen Nadel der Mikropinzette gegen das Deckglas geprel~t, die zweite Nadel w i r d i n die Masse eingestochen. Die beiden Spitzen werden jetzt auseinanderbewegt u n d s p a n n e n den P r o t o p l a s t e n z w i s c h e n s ich aus (Fig. 8). Wir sehen, wie die kSrn ige ro t e Hfi l le mit dem abgestorbenen Plasma sprSde b r i c h t u n d v i e l f a c h e in re iB t ; im Inneren hat sich der d i f f u s r o t ge fa r ] ) t e , e r s t a r r t e Z e l l s a f t e l a s t i s e h g e d e h n t . Der gezerrte Vakuolen- teil hat feine L~ngsfalten.

Die Ansammlung der gef~rbten K5rnchen rund um die Vakuole entspricht wohl der yon L e d e r e r (1934, 1935) besehriebenen Tonoplastenscheide. L e d e r e r land in Spirogyra-ZeUen eine kSrnehenreiche Plasmasehicht, die Farbstoff an sich reiBt und sich damit krs anfi~rbt. Wie in meinen Versuchen hat auch bei L e d e r e r diese plasmatische Hiille des Tonoplasten einen ,,meist dunkleren Farb- ton und kSrnige Beschaffenheit".

Obwohl ich im mikrurgischen Versuch gesehen hatte, dab der Zellsaft un- behandelter Schnitte ohne weiteres ausfliel~t, wenn man die Zellen ansticht, wfinschte ich unter dem Eindruck der geschilderten Versuche einen weiteren Be- weis daffir zu bringen, dab er ursprfinglich fliissig ist. Ich legte einen ungefiirbten Schnitt in 1,0 mol Traubenzucker und beobachtete nach einer halben Stunde. Alle Zellen waren plasmolysiert; die Plasmolyse war konkav und tiefe Buchten, die bis an die gegenfiberliegende Wand einschnitten, lie•en erkennen, da~ der Zellsaft hier gewi~ noch flfissig ist (Fig. 9). Wird dagegen ein Schnitt plasmoly- siert, der~ zuvor in Neutralrot gef~rbt wurde, dann erkennt man, wie die kon- trahierte und verfestigte Vakuole die Plasmolyseform bestimmt (Fig. 10; ein Stengells yon Anchusa sempervirens wurde 1 Stunde 18 Min. in Neutral- rot 1 : 5000 [Leitungswasser], eine weitere Stunde in 1,0 mol Rohrzucker gelegt). Nach Plasmolyse von vier Tagen haben sich die Vakuolen noch starker kontrahiert und dabei gerundet. Die schSnen Plasmolyseformen beweisen, da~ die Proto- plaste leben (Fig. 11). (Die Zellen in Fig. 11 sind nicht die gleichen wie in Fig. 8, stammen abet vom gleichen Schnitt.)

Die Festigkeit der kontrahierten Vakuole war in den Farbversuchen be- deutend. Die gef~rbten Zells~fte konnten auch mit starken Mikronadeln kaum zerrissen werden. Fig. 12 zeigt, wie sich zwei Nadeln, die in eine gefs und ver- festigte Vakuole eingestochen wurden und nun auseinander bewegt werden, biegen. Nach l~ngerer, vorsichtiger Steigerung der Spannung reiBt sehlieSlich die Vakuolenmasse unter dem Druck der einen Nadel auf. Das Auseinander- sehnellen der Nadeln zeigt anschaulieh, wie gro~ die Spannung war und wie lest der VakuolenkSrper ist.

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Der u r s p r t i n g l i c h f l f i ss ige Z e l l s a f t im S t e n g e l von Symphy- rum o//icinale wird also f e s t , w e n n er s ich m i t N e u t r a l r o t anf /~rbt . Die verfestigten Vakuolen sind elastisch und lassen sich erst nach der Trennung vom lebenden Plasma Formver/~nderungen aufzwingen. Die Form der verfestigten

Fig. 9--12.

Vakuole entspricht meist der verkleinerten Zellform. Die Verfestigung ist wie die Anf/~rbung i r r e v e r s i b e l . Die eigenartige Scheide aus vielen kleinen, ge- f~rbten Kriimeln ist schon deshalb interessant, weil dabei ein N i e d e r s c h l a g des N e u t r a l r o t im P l a s m a vorkommt. Die Vakuole ist unter dieser Scheide genau so gef/~rbt und verfestigt, wie wir dies von den anderen Parenchym- zellen kennen.

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78 Hofmeister

Versuehe an Ze l l en der Borrag ino ideeneoro l l e

P l a s m o l y s e in Z u c k e r l S s u n g . Ich begann meine Versuche mit plas- molysierten Corollzellen yon Anchusa o//icinalis. Ein Corollzipfe] wurde nach sechseinhalb Stunden Plasmolyse in 1,0 mo] Traubenzucker mit der Rasierklinge zerteilt und dann noch mit zwei Nadeln zerrissen; damit waren geniigend Zellen zur Behandlung freigelegt. Ahnlich, wie es bei G i c k l h o r n und W e b e r (1926) beschrieben ist, lagen viele der plasmolysierten Protoplaste als verkleinerte Ab- bilder in den Zellen. Ich stach nun mit einer besonders feinen Mikronadel (Spitze unter 1 # Durchmesser) durch die Membran einer unversehrten Zelle ein. Der blaue, p l a s m o l y s i e r t e P r o t o p l a s t lieB sich mit der Nadel ohne jede Defor- mation, s t a r r u n d s t e i f wie ein Stfick Holz in de r Ze l le h i n u n d h e r s c h i e b e n . Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, eine Formver~nderung des Protoplasten herbeizuffihren, ging ich etwas derber vor, bis er sich schlieBlich w~hrend zweieinhalb Minuten langsam a u s d e h n t e und nach dieser ,,Deplas- molyse" die ganze Zelle erffillte. Selbst in diesem Zustand behielt er noch eine gewisse Festigkeit und war auch weiterhin nur wenig deformierbar. - - In einem zweiten Fall (nach Traubenzuckerplasmolyse yon etwa siebeneinhalb Stunden Dauer) bewegte ich mit einer stumpferen Nadel den plasmolysierten Protoplasten - - diesmal ohne Verletzung der Zelle - - durch Einbiegen der Zellwand yon auBen, konstatierte seine Festigkeit und stach dann in die Zelle hinein. Wieder stieB ich den Protoplasten reichlich robust hin und her; da b r a c h e ine b l a u gef i~rb te , , R i n d e " des P r o t o p l a s t e n a u s e i n a n d e r u n d b l a u e r Z e l l s a f t e rgoB s ich w ~ h r e n d w e n i g e r S e k u n d e n r u n d u m bis an d ie Z e l l w a n d . Es blieb dabei bloB unentschieden, ob der Farbstoff aus dem fliissigeren Mittelteil stammt oder ob auch die peripheren, festeren Partien solchen abgeben. Trotz- dem die Zelle durch die Nadel verletzt war, t ra t kein Anthocyan heraus; es kann angenommen werden, dab der Protoplast weiterhin semipermeabel, vielleicht noch am Leben blieb. Bei einer anderen Zelle, deren Kontraktion ich auf dieselbe Art rfickg~ngig gemacht hatte, konnte ich deutlich den hellen Plasmasaum rund um den blauen Inhalt sehen. - - H enn e r (1934) ffihrte an Corollzellen yon A nchusa o//icinalis und Alkanna tinctoria, bei denen in Wasser Spontankontraktion der Vakuole eingetreten war, durch Zusatz yon hypo- oder hypertonischer Trauben- zuckerlSsung eine , , k i i n s t l i che D i a s t o l e " herbei. ,,Die vordem kontrahierte Vakuole vergrSBert ihr Volumen, beh~lt dabei ihre zackige Form bei und kann schlieBlich - - wieder umgeben yon einem schmalen, nicht gequollenen Plasma- saum - - den ganzen Zellhohlraum erfiillen." Mit dieser kfinstlichen Diastole mSchte ich die ,,Deplasmolyse" vergleichen, die in meinen Versuchen die plas- molysierten Zellen durehmachten, wenn ich sie mechanisch reizte. Eine Wieder- holung der Kontraktion trat in der Zuckerl5sung nicht mehr ein.

Mesophyllzellen der Corolle yon Echium vulgare zeigten nach Traubenzucker- plasmolyse yon zweieinhalb Stunden (1,0 tool) durchwegs zellabbildende Formen. Wenn solche Stficke mit Pr~pariernadeln zerrissen waren und die freipr~parierten blauen Protoplaste mit der Mikronadel behandelt werden sollten, machte es mir den st~rksten Eindruck, dab sich diese Gebilde gar nicht mehr fassen lieBen, wenn sie einmal aus der Zelle befreit waren. Sie lieBen sich wohl festhalten, solange sie

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mit der Nadel nur ganz leicht yon unten angehoben und gegen das Deekglas ge- halten wurden, wiehen aber immer elastiseh aus, wenn man versuehte, sie mit der Nadel aueh nur leise gegen das Deekglas zu pressen und sie so zu zer~eilen. Der Versueh wurde mehrmals wiederholt.

In zahlreichen Versuehen an Echium vulgate und Anchusa o/]icinalia fand ich in Epidermis und MesophylI der Corolle neben den Plasmolyseformen, welche die Zellgestalt abbilden, auch r u n d e P r o t o p l a s t e , wie bei beliebigen anderen Objekten. Farblose, mit runden Formen plasmolysierte Protoplaste der oberen Corollepidermis yon Anchusa o]/icinalis (24 Stunden in 1,0 mol Traubenzucker) waren beim Betasten immerhin reeht zgh. (In meinem Protokoll sind sie mit einem Vollgummiball verglichen.) Ieh konnte die Mikronadel langsam durch den Protoplasten gegen das Deckglas durchziehen, ihn abet nicht durchtrennen. Durch eine heftige Bewegung konnte ich den Protoplasten sehliefllich zerst6ren, zum Zerplatzen bringen ; es blieb ein z~her KSrper, zum Tell Plasma, zum gr6Be- ren Teil wohl erstarrter Zellsaft, zurfick. Der Versuch wurde mit Anchusa mehr- fach wiederholt.

Allen Borraginoideen, die im plasmolysierten Zustand untersucht wurden, war es gemeinsam, dab sich ihr Plasma in 1,0 mol Traubenzucker gegen die Mikro- nadel recht abweisend verhielt. In k e i n e m F a l l konnte ich aus plasmolysierten Corollzellen einen P r o t o p la s m a f a d e n gewinnen; das Plasma haftete einfach nieht an der Nadel. Die gleiehe Eigenschaft mag vereinzelt bei anderen Proto- plasten in besonders stark hypertonisehen L6sungen vorkommen. Bei so m/~l~iger Plasmolyse aber (G um 0,6) und in soleher Zuckerkonzentration kann man z. B. aus Protoplasten der Kfichenzwiebel mit jeder Berfihrung der Mikronadel einen Faden ziehen.

P l a s m o l y s e in S a l z l S s u n g e n . - - K a l i u m n i t r a t . Corollzellen yon Anchusa wurden in 1,0 mol KNO 3 plasmolysiert. Naeh dreil~ig bis vierzig Minuten lagen die farblosen Protoplaste der Epidermis und die blauen des Mesophylls mit mi~l~ig runden Plasmolyseformen in den Zellen. Protoplaste, welche die Zell- form abbilden, waren selten. Die gerundeten Protoplaste waren steif; sie liel3en sich ohne Formver~nderung mit der Nadelspitze hin und her stol~en. Im Gegen- satz zu Zuckerprotoplasten zergingen sie aber leicht und rasch, wenn sie kr~tftiger angestoBen wurden. Am Sehnittrand waren die Protoplaste hi~rter und zer- braehen vorerst in zwei bis drei Stiieke, die dann aber rasch zergingen. Ein farb- loser Epidermisprotoplast, der die Zellform genau wiedergab, benetzte die Nadel nicht und lieB sich aueh nicht damit anstechen, sondern blol3 ein wenig verbiegen. Viel h~rter als die Protoplaste mit runden Formen war er nieht. Eine besonders fein gespitzte Nadel konnte ich vorsichtig mehrmals hineinsteehen und wieder herausziehen, ohne dab Folgen eingetreten w~ren. Erst nach gr6berer Behand- lung zerging der Zellinhalt langsam, das Plasma koagulierte dann; v o m Zel l - s a l t b l i e b k e i n R i i c k s t a n d . Wenn die Plasmolyse in Kaliumnitrat zwei- einviertel Stunden gedauert hatte, waren die Protoplaste gegen Beriihrung sehr empfindlich; sie starben gleich ab und der Zellsaft flol~ ausl).

1) Nach fiinfeinhalb Stunden sah ich in KNO 3 fast in jeder Ze]le von Epidermis und Mesophyll 2--3 gelbe Kristallna~leln; ich habe die Erscheinung nicht welter verfolgt.

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80 Hofmeister

C a l c i u m c h l o r i d . Corollzellen yon Anchusa hatten nach zweieinhalb Stunden Plasmolyse in 0,39 mol CaCl~ die Protoplaste meist mit verkleinerter Zellform plasmolysiert. Die Zelleiber waren recht fest; wenn sie durch Stechen und Zerren mit der Nadel getStet wurden, blieb die blaue, g a l l e r t i g f e s t e V a k u o l e fibrig.

S p o n t a n k o n t r a k t i o n de r V a k u o l e n in d e s t i l l i e r t e m W asse r . Fast in allen Pr/iparaten war der Inhalt einzelner Zellen viel st/~rker kontrahiert, als es der osmotischen Wirkung des Plasmolytikums entsprach. Der Raum auBer- halb des blauen VakuolenkSrpers war nicht mit der Zuckerl5sung des Versuches, sondern offenbar mit verw/~ssertem Plasma oder mit einem Zellsaftsol erfiillt, die Gelvakuole war stets endgfiltig lest. In einem Fall, es war eine Mesophyllzelle aus der Corolle von Anchusa und am Rande des Pr/~parates, konnte ich nach halb- stiindiger Plasmolyse in 1,0mol Traubenzucker die e x t r e m v e r k l e i n e r t e V a k u o l e in drei Teile z e r b r e c h e n und diese dann einzeln aus der Zelle heraus- reiBen. Sie waren und blieben fest, konnten durch Driicken und Zerren mit der Nadel nicht weiter zerteilt werden; sie 15s ten s ich a u c h n a c h 1/ ingerer Z e i t n i c h t auf. In mannigfachen anderen Versuchen land ich es wieder, dab die so stark kontrahierten Vakuolen durchwegs sehr lest und mit der Nadel kaum zu beeinflussen sind. Ich war mir bald dariiber im klaren, dab diese ,,Schein- plasmolyse" mit den osmotischen Vorg/~ngen der Plasmolyse wohl nichts zu tun hat, sondern eine extreme Form der Vakuolenkontraktion darstellt.

Von solchen Erw/igungen aus schritt ich zum Studium yon Vakuolen, die durch W~sserung spontan kontrahiert waren und von solchen, die durch Neutral- rotf/~rbung zur Kontraktion gezwungen wurden (Kf i s t e r , 1926, 1938; G ick l - h o r n und W e b e r , 1926). - - Ich nahm eine junge Bliite von Anchusa o/]icinalis und stellte zun~chst fest, dab der Zellsaft in den unplasmolysierten und unver- ~nderten Zellen flfissig ist. Der besseren Durchsicht wegen infiltrierte ich die Corollstficke mit destilliertem Wasser und rib einige Zellen mit einer umgebogenen Mikronadel auf. Der blaue Zellsaft floB sofort aus. Das gleiche land ich nach l~ngerer W/isserung (zwei Stunden) und auch bei schwacher Vakuolenkontraktion. - - In einem anderen Versuch mit der Anchusa-Corolle land ich in dem mit destil- liertem Wasser infiltrierten Pr/~parat viele Zellen yon Epidermis und Mesophyll mit extremer Vakuolenkontraktion von Zellgestalt. Wenn der blaue, kontrahierte KSrper angestoehen und mit der Nadel miBhandelt wurde, flol3 eine schwach blaue oder f a r b l o s e F l i i s s i g k e i t aus und eine t i e f b l a u gef /~rb te , f e s t e u n d z/~he S e h a l e blieb zurtiek. Bei den Epidermiszellen sah ieh den maximal kontrahierten VakuolenkSrper nach mehrmaligem mechanischen Insult sich in der Zelle ausdehnen - - dabei verteilte sich der Farbstoff gleichm/~Big, spiiter diffundierte er ab.

Ich wollte mich auch davon iiberzeugen, dab alle Zells/~fte der kontrahierten Zellen s c hon v o r de r V e r l e t z u n g durch die Mikronadel l e s t sind. Dazu ril3 ich mit einer hakig gebogenen Nadel den blauen KSrper mit einer einzigen Bewegung aus der Zelle; so zerstSrte ich die Zelle blitzschnell und konnte die Vakuole sofort beurteilen. Der blaue KSrper war tats/ichlich lest; er vergrSBerte in Wasser langsam sein Volumen, zerging jedoch dabei n icht

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Weitere Versuche am gleichen Objekt best~tigen das Obige. Unkontrahierte Protop|aste rinnen beim 0ffnen sofort aus; in spontan kontrahierten Zellen der oberen, blauen Epidermis fanden sieh Vakuolen, die herausgerissen wohl quellen, aber nieht zergehen konnten. Eine Randzelle aus dem Mesophyll lieB ihren Proto- plasten unter der Mikronadel sogar sprSde in acht his zehn kleine Stiicke zer- brechen. Spon t an k o n t r a h i e r t e Vakuolen bleiben also bei unse ren Objek ten les t , auch wenn sie aus der Zeile herausgerissen werden.

K o n t r a k t i o n der Vakuolen als Folge der N e u t r a l r o t f ~ r b u n g . Eine junge, eben geSffnete Anchusa-Blfite wird mit Neutralrot 1 : 1000 (Leitungs- wasser) infiltriert. Nach eindreiviertel Stunden gibt es starke Vakuolenkontrak- tion in denjenigen Zellen, deren Zells~fte schon krMtig angef~rbt sind. Die t ief- ro t gef~trbten Vakuolen sind l e s t ; sie zerbreehen beim Ansteehen mit der Nadel in mehrere Stficke, die auch naeh l~tngerer Zeit erhalten bleiben und weder quellen noch zefflieBen. Diese Bruchstiicke sind yon unebenen Fl~chen und mit stumpfen Kanten begrenzt - - sie verraten deutlich ihre Gelnatur. Auch auBerhalb der Zelle kann der kontrahierte Tonoplast, der vom koagulierten Plasma eingehiillt ist, mit der Nadel gegen das Deckglas auseinandergebrochen werden; die Bruchstiicke sind gallertig lest und hiingen nicht mehr zusammen. Andere Zellen zeigen elastischere VakuolenkSrper, die man ein wenig verbiegen und zerren kann. Die Vakuolen kSnnen aueh durch mehrfaehes Einstechen mit der Nadel und dureh MiBhandlung nicht zur AuflSsung gebraeht werden. Nach vierzehnstiindiger F~rbung wurde eine Zelle mit sehwaeher Vakuolenkontraktion mit einer abgebroehenen Nadel, deren Bruehkante gut sehnitt, ohne Zerrung oder Erschtitterung geSffnet; hier kontrahierte sich der gef~rbte Zellinhalt erst jetzt stark; er war dann auBerhalb der Zelle n ieh t mehr zur Auf lSsung zu br ingen (wiederholt ausgefiihrt). Eine andere, ganz junge Bliite zeigte in der- selben LSsung vieIe Kontraktionen. Die Vakuoleninhalte waren diesmal so z~h und lest, daft man sie nicht zerteilen konnte, wohl aber lieB sich z. B. einer mit einer steil zugespitzten Nadel durchstechen und dann durch Einstechen in Zell- w~nde des Schnittes auf die Nadel hinaufschieben und schlieBlieh zu einem diinnen Ring ausdehnen, der intensiv gef~rbt auf der Nadel sat]. In einer Zelle der oberen Epidermis (die ursprfinglich farblosen Zellsaft hatte) war der Zellinhalt bei Schein- plasmolyse elastiseh und lieB sich auch hier nicht mehr zerteilen. Darin, dab nach Neutralrotf~rbung Kontraktion und Verfestigung der Vakuolen nieht mehr Zuriickgehen, liegt ein Gegensatz zum Verhalten von Zellen, die in destilliertem Wasser zur Spontankontraktion gebracht oder in Zucker, bzw. KNO 3 plasmo- lysiert wurden.

Ein Ifinf Stunden in Neutralrot gefi~rbter Corollteil wurde in 1,0 tool Kalium- nitrat plasmolysiert. Nach zwei Stunden wurde der Protoplast einer geSffneten Epidermiszelle mit der Nadel zum Absterben gebraeht. Der Plasmasaum war ein wenig gequollen, die Vakuole war zun~chs~ steif, so dab ieh sie als Ganzes ohne Deformation in der Zelle hirt und her schieben konnte; nach dem AbtSten wurde sie wesentlich weicher und liefl sich mit der Nadel breit auseinander streichen, ohne sich zu zerteilen. In Zellen des blauen Mesophylls zerging nach zwei Stunden KNO3-Plasmolvse die verkleinerte Vakuole schon bei leichter Beriihrung sofort.

P~otoplasL 6

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89 tIofmeister

Die Epidermiszellen der Unterseite behielten iiberhaupt fliissigen Inhalt. - - Auch Corollteile von Symphytum o/]icinale, des Hauptobjektes der Versuche an Stengelzellen, kamen auf eine halbe Stunde in Neutralrot (dest. Wasser). Es waren viele Vakuolenkontraktionen im Pr/~parat, die verkleinerten Vakuolen waren fest. Ein Corollstiick, das ohne F~rbung in destilliertem Wasser zerrissen wurde, enthielt vereinzelt Kontraktionen; die verkleinerten Vakuolen waren auch hier fest.

Die A n t h o c y a n o p h o r e n y o n Erythraea. L i p p m a a (1926)beschrieb die Anthocyanophoren aus den Bliiten von Erythraea, rosa gef/~rbte, rechteckige KSrper in den Zellen der Corolle, besonders der CorollrShre. Der Autor vermutete, dab diese roten KSrper nicht lediglich Ansammlungen von Anthocyan sind, son- dern eine festere Masse darstellen. Er schloB insbesondere daraus, dab sich bei Plasmolyse der Protoplast nur an solchen Stellen durchschniirte, wo der Antho- eyanophor nicht im Wege lag, dab es sich um einen festen KSrper handeln miisse

Fig. 13

(vgl. W e b e r , 1937). Es war von Interesse, diese Anthocyanophore zu unter- suchen und mit den verfestigten Borraginoideenvakuolen zu vergleichen.

Ich infiltrierte Corollteile von Erythraea mit destilliertem Wasser und beob- achtete sofort. Bei jungen Bltiten waren besonders in der CorollrShre die sehSn- sten Anthocyanophoren zu sehen. Sie fiillten der Breite nach etwa ein Drittel der Zelle, der L/inge nach wohl drei Viertel, ihr UmriB war rechteckig, wie der ZellumriB. In der Mitte waren sie am st/trksten gef/~rbt, von dort nach den Enden ~erlief die F/irbung (Fig. 13). Sofort nach der Infiltration waren die Anthoeyano- phoren wohl zu sehen, es fiel mir aber auf, dab im Plasma oder besser, zwischen Zellwand und Anthocyanophor offcnbar unter dem EinfluB des herantretenden Wassers rege Molekularbewegung entstanden war, die erst nach etwa drei Minuten zum Stillstand kam. Eine Beobachtung ohne vorherige Infiltration mit Wasser war nicht mSglich. Wie im folgenden erw/~hnt ist, litBt sich im mikrurgischen Ver- such deutlich zwischen dem wandst/mdigea Plasma und einer w/~sserigen Fliissig- keit unterscheiden, die den Anthocyanophor umgibt. - - Ieh mSchte auf die MSg- liehkeit hinweisen, dab bei Erythraea ebenso ,,spontan" kontrahierte Vakuolen vorliegen kSnnten, wie etwa bei Anchusa.

Wenn ich mit der Mikronadel in die Zellen einstach, konnte ich den Antho- eyanophor an die Nadel gespieBt hin und her bewegen, auch z~,-~mmenschieben

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Mikrurgische Studien an Borraginoideen-Zellen. I 83

und schlieSlich ein Stiiek durch das Einstichloch herausziehen. Eirt aus der Zelle ger issener A n t h o c y a n o p h o r war ga l l e r t ig und lies sich zer- breehen; die Teilstficke blieben unlSstich. Dem dunkleren Mittelteil, den sehon L ip pmaa beschrieb, entspraeh keine Differenzierung in bezug auf die Diehte und Festigkeit. Am Rande war das Plasma, zwischen ihm und dem Anthoeyano- phor Fliissigkeit zu unterscheiden. In abgestorbenen Zellen lies sich der feste KSrper nicht wie bei den lebenden innerhalb des yore Plasma umgebenen ,,Zell- sa f t e s " , sondern mit dem darauf liegenden, koagulierten Plasma verschieben.

In Zellen, die zwei Stunden in 1,0 mol Traubenzueker plasmolysiert worden waren, konnten die allseits abgehobenen Protoplaste betastet werden. Die Proto- plaste sind z~h, ein kSrniger Plasmamantel liegt fiber der roten Vakuole. Durch langsames, vorsiehtiges Anstechen mit sehr spitzer Nadel konnte ich den Proto- plasten in einer angeschnittenen Zelle abtasten und schlieSlieh tSten. Solange der p l a s m o l y s i e r t e P r o t o p l a s t lebt , li~St sich der A n t h o c y a n o p h o r nu t op t i sch , abe t n i eh t meehan i sch un t e r s ehe iden ; der ganze Proto- plast kann mit der Nadel zusammengesehoben werden, eine vom Material des restliehen Protoplasten abweichende Festigkeit des Anthoeyanophors war dabei nicht wahrzunehmen. Vom Augenblick an, da das P r o t o p l a s m a koagu l i e r t , is t der A n t h o c y a n o p h o r s te i f im Koagulum hin und her zu schieben, aueh wenn in einer geschlossenen Zelle die Koagulation des Plasmas erst noeh langsam yon der an einem Zellende gelegenen Einstiehstelle gegen das andere Ende vor- dringt. Ein freipraparierter Anthocyanophor aus einer plasmolysierten Zelle 15ste sich nach Abtrennen eines Teiles restlos auf.

Die Anthocyanophoren sind also in den lebenden Zellen vorhanden, sie sind aber anseheinend nicht so lest, wie sie naeh der ZerstSrung der Zellen in Erschei- nung treten. L i p p m a a (1926) hat aus dem mikroskopisehen Bild und naeh ver- schiedenen Extraktionsversuchen den richtigen SehluS gezogen, daS die Antho- cyanophoren nicht lediglich Anthocyan enthalten, sondern ,,Sehleimballen" sind, die sich nach und nach dureh das sich bildende Anthocyan f~rben. Die mikrurgische Untersuehung zeigt nun, daS es sich tats/~chlich um eine Substanz handelt, die gallertig fest ist; dab herauspr~tparierte Anthoeyanophoren im Wasser langsam zergehen, ist eine interessante Parallele zum Verhalten des Borraginoideenzellsaftes.

Weber (1939) hat neuerdings gezeigt, daS anthocyanfreie Corollzellen von E r y t h r a e a - - weiSe Bliiten - - aueh keinen Anthocyanophor enthalten. Das Fehlen des Anthoeyantr/igers wird naeh der DoppeIbreehung und nach dem Plasmolyseverhalten der Zellen beurteilt. Es scheint also, daS erst das Anthocyan die Ausbildung des Anthocyanophors bewirkt.

$ $ $

Die geseh'flderten Versuche haben fiir die Zellen von Corolle und Stengel versehiedener Borraginoideen ann/~hernd dasselbe Resultat gebracht. Bei Plas- molyse in Zueker lSsung bleibt in den Stengelzellen und in jenen Coroll- zellen, die runde Plasmolyseformen haben, der Zellsaft flfissig oder m~Sig lest; er flieSt au,~ ~ie Protoplaste aufgerissen werden. Bei Corollzellen, deren

6*

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84 Hofmcistcr

Plasmolyseform die ZeUform wiedergibt, fand ich den Zellsaft in einen ~u [3 e r e n f e s t e r e n und einen i n n e r e n f l f i s s igen A n t e i l getrennt; der iiuBere Anteil enth~lt die Hauptmenge des Anthocyans und bleibt auch auBerhalb der Zelle im Plasmolytikum bestehen. Corollzellen, deren plasmolysierter Protoplast viel stiirker kontrahiert war, als der Aul3enkonzentration entsprach, hatten eine d u r c h und d u r c h f e s t e V a k u o l e , die nicht mchr zur Aufl6sung kam. Sch~digende Einflfisse vor oder w~hrend der Plasmolyse scheinen die Verfestigung des Zell- saftes zu fSrdern; denn im P]asmolytikum verletzte oder absterbende Zellen und solche, die vor der Plasmolyse lange gewiissert wurden, haben den Zellsaft merklich fester; letzteres gilt besonders fiir Stengelzellen.

P l a s m o l y s e in S a l z l S s u n g e n wirkt anders. W/~hrend die Tono- plastenhaut in KNO~ in den ersten Stunden verst~rkt scheint, bleibt der Vakuoleninhalt ganz fliissig. In CaCI 2 sind dagegen die Vakuolen verfestigt.

S p o n t a n k o n t r a k t i o n der Vakuole in destilliertem Wasser beobachtete ich nur an Corollzellen. Damit war jedesmal V e r f e s t i g u n g des Zellsaftes ver- bunden, sei es, dab er im ganzen gallertig lest war, sei es, dab er augen verfestigt war und innen flfissig blieb. WiederauflSsung kam als Folge von Eingriffen vor.

| ) ie V e r f e s t i g u n g nach V i t a l f ~ r b u n g tr i t t jedesmal in fast allen Zellen ein; sie geht am weitesten und ist nicht mehr rfickgiingig zu machen.

Wenn Verfestigung des Zellsaftes stattfindet, dann geschieht sie in der ein- zelnen Vakuole anscheinend von aui3en nach innen. Die AuslSsung der Zustands- ~nderung bringt wohl der Wasserentzug durch das Plasmolytikum. Von diesem Vorgang unterscheiden sich die F~lle mit extrem starker Verkleinerung der Vakuole, die ja auch neben der Plasmolyse auftreten kann. Die unabs Kontraktion bei F~rbung scheint ein Vorgang dritter Art zu sein, vielleicht ein Fitllungsvorgang. Alle drei Arten der Verfestigung werden durch die Zeit unter- stfitzt. - - Die zellabbildenden Formen deuten keineswegs auf erhShte Plasma- viskositiit hin, sondern auf Formbest~ndigleit des Vakuoleninhaltes.

Die Wirkung der Neutralrotfiirbung auf die Zells~fte verschiedener Borraginaceen und nahestehender Familien

Es war seit langer Zeit schon bekannt, dal3 in vcrschiedenen Vertretern einer Pflanzenfamilie oder Gattung bestimmte chemische Verbindungen zu finden sind, seltener ist das Gegenteil, dab das Vorkommen eines Stoffes ffir eine ganz enge systematische Gruppe spezifisch ist. Mol i sch hat in seinem Buche fiber Pflanzenchemie und Pflanzenverwandtschaft (1933) reiches Material fiber diesen Gegenstand zusammengefal3t. - - Ich stand nun vor der Frage, ob auch die von mir bearbeiteten physikalischen Eigenschaften des Borraginoideenzellsaftes nur auf einzelne Objekte beschr~nkt sind, oder ob sie etwa grSBeren systematischen Einheiten zukommen. Da hinter den physikalischen Eigcnschaften des Zell- saftes seine chemische Zusammensetzung steht, stellte ich damit auch die Frage nach dem Vorkommen in einigen Eigenschaften bekannter, aber nicht n~her deft- nierter chemiseher Verbindungen innerhalb der Borraginaceen und der Tubifloren iiberhaupt.

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Ich priifte an v e r s e h i e d e n e n O b j e k t e n aus den B o r r a g i n a c e e n und ih re r s y s t e m a t i s c h e n U m g e b u n g l ed ig l i ch das V e r h a l t e n de r Zells/~fte bei N e u t r a l r o t f / ~ r b u n g . Die Farbl5sung war Neutralrot 1 : 5000, in Leitungswasser gelSst. Ich ging yon einer StammlSsung 1 : 1000 in dest. Wasser aus, die ich zum Gebrauch jedesmal mit vier Teilen Leitungswasser verdiinnte. Diese LSsung (1 : 5000) war geniigend alkalisch, um in den meisten Fs vor- wiegend F/irbung der Vakuolen und nur sehwache Anf/~rbung der Zellw/~nde zu erreichen ( S t r u g g e r , 1936). - - Die Versuche fallen in die Zeit zwischen 29. Juli und 11. August 1939. Ieh priifte zumeist Schnitte vom Stengel, wenn solche nicht zu haben waren, von Blattstielen. Die Schnitte wurden mit der FarblSsung infiltriert un d gewShnlich nach dreiBig Minuten oder dreivierel Stunden betrachtet; wenn bis dahin positiver Erfolg nicht vorlag, wurde die Beobachtung auch noch nach 1/ingeren Zeitr/~umen wiederholt. Die Beurteilung des Zellsaftzustandes geschah stets auf die gleiche Weise. Wenn kr~ftige Vakuolenkontraktion in Neutralrot vorlag, dann ergab meist der Anstichversuch, dab der Zellsaft lest war. Schwach gef/irbter oder unkontrahierter Zellsaft zeigte auch keine Ver- festigung. Trotzdem priifte ich die Zells/ifte in allen F/~llen mit der Nadel auf ihre Festigkeit.

Im bisherigen Tell der vorliegenden Arbeit ist die Fiihigkeit zur Zellsaft- verfestigung auf Grund meiner Beobachtungen fiir folgende Borraginoideen fest- gestellt: Corollzellen von Anchusa o//icinalis, Echium vulgare, Symphytum o]/i- cinale; - - ich land sie aul3erdem bei Bliiten von Myosotis sp. (Glashausmaterial) und Cynoglossum o//icinale; ferner erw/~hnte ich die Stengelzellen von Echium vulgate und Symphytum o//icinale, von letzterem auch Zellen der Blattstiele. Aus der Literatur ist dieselbe Erscheinung von den Corollzellen folgender Objekte bekannt: Echium italicum, E. v~ulqare, Anchusa o[/icinalis, Lycopsis arvensis, C ynoglossum coelestinum und M yosotis scorpioides ( G i c k l h o r n und W e b e r , 1926) sowie Pulmonaria rubra und Pulmonaria o//icinalis (Weber , 1936).

N a h e z u bei a l l en u n t e r s u c h t e n B o r r a g i n o i d e e n f a n d ich u n t e r dem E i n f l u B der N e u t r a l r o t f i t r b u n g die Z e l l s ~ f t e v e r f e s t i g t und das nicht nur in den Corollzellen, sondern aueh in Zellen yon Stengel oder Blatt- stiel. ~ber diese Versuche soll kurz berichtet werden. Anehusa itallea, Stengelliingsschnitte; F~trbungsdauer 40 Minuten. In der Epidermis und im an- grenzenden Parenchym blaurote Niedersehl~ge in toten Zellen. Die grSl3eren Zellen der Rinde und die Markzellen zeigen den Zellsaft diffus gef~rbt und kon- trahiert, also wohl lest; sie sind geschiidigt. Die mikrurgische Priifung besti~tigt das nach dem Augenschein gef~llte erste Urteil. Die r o t e n V a k u o l e n k S r p e r s ind l e s t , lassen sich mit den Nadeln zerren und auch zerreil3en. Dabei fasern sie an den Ecken zackig aus. - - Anehusa eapensts, eine Stunde gefs sonst wie bei A. italic, a; hier finder sich die V e r f e s t i g u n g der Vakuolen im g a n z e n S c h n i t t , auch in der Epidermis. Die bl/iuliehrote F~rbung der Epidermis und der angrenzenden Zellen stammt yon einem bl~ulichroten Niederschlag im abge- storbenen Plasma, der die Vakuole mit ibrer diffus roten F~trbung verdeckt. - - Ane~usa sempervtrens~ Stengelzellen. Nach F~rbung yon einer Stunde und

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86 t tofmeis ter

15 Minuten sind in allen Zellen (mit Ausnahme der GefM~bfindel) die Vakuolen diffus rot gef~rbt und kontrahiert; sie sind s~mtlich ein f e s t e s Gel. Plasmolyse in 1,0 mol Zucker zeigt nach Dauer von cineinhalb Stunden, dab alle Zellen leben.

- - Cynoglossum offlcinale, L~ngsschnitt durch den Stengel. (Dieses eine Objekt untersuchte ieh am 24, Oktober 1939.) Nach einer Stunde F~rbung und Speicherung im Plasma der Rindenzellen in Form blauroter Krfimel, yon denen die rote Vakuole eingehiillt wird; im groBzclligen Parenchym gibt es die be- kannten gef~rbten, kontrahierten und verfestigten V a k u o l e n . - pul.monari~r offlcinalis, L~ngsschnitte durch den B l a t t s t i e l . Nach 30 Minuten Fs ist im ganzen Schnitt die Art der F~rbung eingetreten, die sonst nur in den i~uBeren Schichten des Rindenparenchyms auftritt. Dabei ist der Schnitt nicht etwa tan- gential gefiihrt, so dab er nut die Zellen der Rinde berfihren wiirde, sondern geht richtig mitten durch den Blattstiel. Die Zellen zeigen das eigenartige N e t z aus b l a u r o t e n K r f i m e l n , welches die kontrahierte Vakuole einhiillt; sic dfirften tot sein. Ein neues Pr~parat, das schon nach 20 Minuten beobachtet wurde, zeigte dasselbe. Die Z e l l s ~ f t e u n t e r d e m K r f i m e l g i t t e r s ind fes t . Wiederholte Eintrittsbeobachtungen lassen den Vorgang der Speicherung klarer werden: Ein Schnitt wird direkt nach dem Schneiden in die FarblSsung gebracht und sofort beobachtet. Schon nach 8 Minuten siod einige Zellen am Rande mit fcinem, rotblauem Niederschlag gefs der im Plasma liegt. Die Vakuolen sind schon leicht kontrahiert. In einem weiteren, gleichartigen Versuch ist nach zwei- einhalb Minuten der Niedcrschlag im Plasma sichtbar. In diesem Falle sieht man besonders deutlich, dab die gef/~rbten KSrnchen dem Tonoplasten aufliegen oder zumindest eine Hfille knapp um ihn herum bilden. Die Plastiden liegen auBerhalb (ter Zone dieser KSrnchen. Die Natur der Schicht zwischen Plasma und Tono- plast kann nicht erfaBt werden; die Plastiden waren aber normal, was gegen eine tiefergreifende Ver~nderung im Plasma. spricht. Omphalodes verntt, L~ngs- schnitt durch die Blattstiele; nach einer Stunde beobachtet. Alle Rindenzellen haben dasselbe r o t e N e t z f iber (tie V a k u o l e n gespannt, wie das vorher- gehende Material yon Pulmonaria. F e s t e r Z e l l s a f t l i eg t n i c h t v o r , die Zellen sind zum groBen Tell tot. Dasselbe gilt bei einer F~rbezeit von 30 Minuten. Myosotis eoilintt, L~ngssehnitt durch die Blattstiele grundst~ndiger BlOtter. Auch hier nach 50 Minuten das rote Netz, wie bei den zwei vorher beschriebenen Objekten; Zellsaft f lf issig. - - Moltkl(f l)6r]'leri, Stengell~ngsschnitte. Nach 45 Minuten vereinzelt Fiillungsm~.ntel um die Vakuole, Zellsaft fl.fissig. Auch nach eineinhalb Stunden kein verfestigter Zellsaft. Die Vitalfiirbung ist schwach ; (lie Zellen der Rinde leben nur zum Tell.

Von B o r r a g i n a c e a e konnten noch untersucht werden: Cordia/rancisci (Cordioideae) und Heliotropium sp. (Heliotropioideae). Bei Cordta war an Sten- gell~ngsschnitten nach 36 Minuten kein fester Zellsaft zu bemerken. Netze aus roten KSrnchen, wie sie oft in Blattstielen von Borraginoideae auftreten, waren in der Rinde allgemein zu sehen. Bei Heliotroplum war ebenfalls k e i n e K o n - t r a k t i o n zu sehen. Hier waren die Membranen kr~ftig, die Zells~fte miiBig an- gef'hrbt, in den Rindenpartien und im Siebteil der Gef~Bbfindel gab es viol kSr- nigen, blauvioletten Niederschlag ; der Zellsaft blieb f I fi s si g.

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Aueh von den fibrigen Familien der Tubifloren untersuchte ich einzelne Vergreter, soweit ich solche beschaffen konnte: C o n v o l v u l a c e a e ; Convol- vulus sp. (Gartenform), Stengelli~ngsschnitte. Nach 30 Minuten Fttrbedauer schwache MembranftLrbung, der Zellsaft der gr50eren Parenchymzellen in Mark und Rinde ist diffus rot geftLrbt, der in den Epidermiszellen hat DiffusftLrbung und Kriimelspeicherung nebeneinander. V a k u o l e n k o n t r a k t i o n o d e r f e s t e r Z e l l s a f t l i egen n i c h t vo r - - beim Aufstechen ist der Austritt einer roten Farbstoffwolke und deren Abdiffusion in der Fliissigkeit schSn zu sehen. - - P o l e - m o n i a c e d e : P o l e m o n l u m coeruleum~ Stengell~ngsschnitte. Nach 20 bis 30 Minuten F~rbung waren in der Vakuole fast aller Zellen z a h Ir ei e h e T r o p f e n zu sehen, die t i e f r o t g e f ~ r b t waren. Die Tropfen waren recht versehieden groB, die kIeinsten hatten etwa die Gr513e der Plastiden, die grSl3ten konnten in schmalen Zellen ein ganzes Stiick der Breite nach ausfiillen. Da ich an jedes Mate- rial mit der Mikr~)nadel die Frage nach festem Zellsaft stellte, stach ich auch diese Zellen auf. Sofort beginnt ira Plasma die Degeneration, die zuerst durch triibes Aussehen der Plastiden verraten wird. Der schwach rot geft~rbte Zellsaft fliel3t aus, die dunkelroten Entmisehungstropfen erhalten langsam ein Geriist von noch dunklerer Farbe und derbem Aussehen, d~zwisehen bleibt schwii.cher geft~rbte, strukturlose Substanz. Eine weitere Zelle wird nach einer Ft~rbezeit von zwei Stunden an'gestochen; die Vakuole ist fliissig, leicht rot gefii.rbt, dunkelrote Tropfen liegen darinnen. Nach dem Ansteehen flieBt etwas Zellsaft aus, dann folgen die roten Tropfen, von ~lem dahinter in der Zelle eingeschlossenen Zell: salt geschoben. Sie versehmelzen, wo sie zusammengeschoben werden und treten dann als ein gro~er roter Tropfen (fast ein Viertel des Zellvolumens) bei der Off. hung langsam heraus. Dieser Tropfen wird sofort mit der Nadel betastet. Anfangs ist er noch fliissig, wird aber wiihrend der n~chsten zwanzig Sekunden steif. In diesem Zustand haftet er (dieses eine Mal) ganz vorne an der Nadelspitze fest und ltii3t sich erst an einer Zellwand abstoBen. - - Das Herauswandern der roten Ent- mischungskugeln gesehieht fast jedesmal in gleicher Weisel Wenn die Farb- tropfen anfangs vom Zellsaft aneinander gepreBt werden, verschmelzen sie meist noch nicht, lassen sich aber durch Zusammenschieben mit der Nadel verschmelzen, wenn noeh keine l~ngere Zeit vergangen ist. Dann, nach wenigen Minu~n, werden sic lest und kSnnen z. B. zerschnitten werden. - -

P o l e m o n l u m caucasicum, Stengel l~ngs, dreiviertel Stunden Ft~rbung. Auch bei diesem Objekt gibt as die tiefroten Tropfen im wenig geftLrb~n Zellsaft.

- - P o l e m o n i u m f l a v u m , Stengel lii, ngs. Nach dreil3ig Minuten F~rbezeit gibt es auch hier die dunkelroten Tropfen. Der Zellsaft, der beim Anstechen ausflieBt, ist schwach geft~rbt und fliissig. An diesem Objekt stellte ich lest, dab im unge- ft~rbten Zustand im Zellsaft keine Struktur vorhanden ist, die den farbspeichern- den Tropfen entsprieht. Von Polemoniaeeen wurden noeh drei Arten von P h l o x untersucht. Phlox sp., eine rosa Gartenform, zeigt naeh kurzer FtLrbung die- selbe Erscheinung wie die Polemonium-Arten; hier konnte ich auch wieder die Verschmelzung der Tropfen in eben geSffneter Zelle durchftihren. Phlox s~bu- lata dagegen hatte zwar leichte Fiirbung des Zellsaftes, aber keine geftirbten KSrper, von Phlox sSeilarla ist dasselbe zu berichten.

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88 Hofmeister

Es ist recht interessant, da[~ in der Fami l ic dcr Po l emon iaceen die Form der Spe icherung des N e u t r a l r o t in gr61~eren, ausdem Zellsaft entmischten Tropfen mehr fach wiederkehr t . Ich sehe darin einen Beleg daffir, da./3 innerhalb dieser Pflanzengruppe der Besitz derselben Stoffe mehrfach vorkommt. Ob ein chemischer Zusammenhang zwischcn den Zells~ften der Borraginoideen und den Entmischungstropfen der Polemoniaceen besteht, bliebe zu untersuchen.

Neben den Polemoniaceen, die den Borraginaceen systcmatisch nahestehen, untersuchte ich auch andere Vertreter yon Familien aus der Reihe der Tubifloren, die in entfernterer Beziehung zu den Borraginaceen stehen. (Leider stand mir im Herbst 1939 Phacelia als Vertreter der Hydrophyl]aceae nicht zur Verfiigung; wegen ihrer nahen Verwandtschaft zu den Borraginaceen wird die Priifung gerade dicser Pflanze sehr interessant sein.)

Aus der Familie der Solanaceae wurden D a t u r a s t ramonlurn und Atropa be l ladonna untersucht. Stengell/ingsschnitte yon beiden Pflanzen wurden eine halbe Stunde lang gef~rbt. In beiden Fallen waren die Zells~fte nur m~Big diffus gefitrbt und blieben flfissig, Vakuolenkontraktion lag nicht vor. In der Epidermis yon Datura waren nur wenige und sehr kleine rote Tropfen. - - Von den Sc rophu[a r i aceen prfifte ich eine Rasse yon Anthirrinum maius. Stengell~tngsschnitte kamen auf vierzig Minuten in die Farbl6sung. Der Zellsaft blieb flfissig, es gab keine Vakuolenkontraktion und keinen Niederschlag; die Zellsaftf~irbung war schwach und gelblich rot. Verbenaceae: Vitex inctsa~ Stengell~ingsschnitte, F~rbedauer eine Stunde. Zellsaft diffus gefKrbt, fliissig, keine Vakuolenkontraktionen. In den Zellen nahe der Epidermis liegt je ein m~l~ig gro/Jer, tiefrot gef~rbter Tropfen im Zellsaft. Nach 1Kngerer Anf~rbung dasselbe. ~'erbena ineana, Stengel l~ngs. Hier farbt sich w~hrend drei bis vier Stunden der Zellsaft so stark an, dab er beim ()ffnen der Zellen ein kr~ftig rotes WSlkchen vor der Zelle bildet, aus dem im Leitungswasser des Pr~parates ein roter Niederschlag, ausf~llt, der eine Weile vor der Zelle tanzt. Die Vakuole bleibt fliissig. - - Bei Clerodendron t r l eho tomum linden sich nach einer F~rbe- zeit von vierzig Minuten dieselben Erseheinungen in den Stengelzellen, wie sie weiter vorne bei den Polemonium-Arten beschrieben sind. Wir sehen groSe, tief- rote Tropfen in der Zelle, die sich miteinander verschmelzen lassen, vom Zellsaft aus den aufgestochenen Zellen herausgedriingt werden und sich nach der Sch~di- gung der Zelle ebenfalls mit einer netz~hnliehen Struktur verfestigen.

Bei der Untersuchung yon zwSlf B o r r a g i n a c e e n a r t e n (darunter zehn Borraginoideae) land ich also in den Stengeln von sieben Borraginoideae Zell- s~fte, die bei Vitalf'~rbung mit N e u t r a l r o t fest werden. Bei fiinf der unter- suchten Objekte trat in den Zellen von Epidermis und Rinde, zum Teil neben der Di f fus f i t rbung und Ver fes t igung des Zellsaftes auch KSrnchen- spe ieherung in einer Schichte rund um die Vakuole auf. Zwei der untersuchten Borraginaceen, Heliotropium (Heliotropioideae) und Moltkia (Borraginoideae) zeigten ledigl ieh Di f fus f~ rbung des Zellsaftes, aber weder Verfestigung noch Kontraktion der Vakuole. Von fiinf anderen Fami l i en der Tub i f lo ren wurden d re izehn Arten untersucht, Z e l l s a f t v e r f e s t i g u n g fand sich dabei

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nicht . Acht Arten aus allen ffinf Familien zeigten lediglich diffuse Fs der Vakuolen. Ffinf Arten aus zwei Familien (vier Polemoniaceae, eine Verbenaeeae) zeigten E n t m i s c h u n g s t r o p f e n im schw~tcher gef~rbten Zellsaft.

Die Eigenheit des Zellsaftes, bei der Anfi~rbung mit N e u t r a l r o t les t zu werden, scheint also auf die Bor rag inaceae , vielleicht sogar auf die Borra- ginoideae be sch r~nk t zu sein. Eine Eigenschaft, die mSglicherweise mit der Zellsaf~verfestigung der Borraginoideae in gewissem Sinne zu vergleiehen ist, zeigten die Polemoniaceae und eine Verbenaceae. Sie speieherten den Farb- :stoff vorwiegend in Form von groSen Entmischungstropfen im Zellsaft. Diese Form von Speieherung ist mehrf~ch beschrieben (Gicklhorn, 1929; Gan- zinger , 1937); der Umstand, daS bei verschiedenen Vertretern einer Famiiie die gleiehe Erscheinung auftritt, weist auf die MSglichkeit hin, da~ in dieser Familie ein bestimmter Inhaltsbestandteil in den Zells~ften wiederholt auftritt.

ZeHsaftverfestigung in verschiedenen Geweben einer Pflanze Es war noch die Frage often, ob die Verfestigung des Zellsaftes wie in den

Stengelzellen und in der Bliite auch in ande ren Geweben unserer Objekte auftritt. Wir haben weiter oben gehSrt, daS die Zellsitfte yon Corolle, Stengel und Blattstiel (Symphytum o//icinale, Echium vulgate) in gleieher Weise bei der Vitalf~rbung im Neutralrot verfestigt werden. Echiu~r~ vulgate wurde ausfiihr- licher in dieser Richtung geprfift; die Corolle dieser Pflanze war mehrfach zu Versuchen verwendet worden. Nun wurden (am 7. September 1939) L~tngs- zchnitte durch die riiben~hnliche Wurzel, dureh eine kleine Seitenwurzel, vom Stengel (L~ngsschnitte 15--20 cm fiber der Basis), und sehlieSlieh Schnitte durch das Blatt nach zweisttindiger Ws etwa eine Stunde lang in Neutralrot 1 : 5000 (Leitungswasser) gefitrbt. In den Schnitten dureh die l~iibe gab es reeht interessante Farbuntersehiede. Der Holzteil war gelbrot gef~rbt, die Zellen der Risible waren weinrot. In der ituBeren Rinde Diffusf~rbung, Vakuolenkontraktion und~ fester Zellsaft, im Siebteil Krfimelspeieherung und weinrote F~rbung, aber keine Vakuolenkontraktion, sondern fliissiger Zellsaft. Die Parenchymzellen des Holzteiles sind nicht gef~rbt. Die dfinne Se i t enwurze l zeigte nut in der Epi- dermis und den darunter liegenden Zellen der Wurzelrinde leichte Diffusfitrbung des Zellsaftes und geringe Vakuolenkontraktion. Im Stengel war auBerhalb des Biindelringes bis nahe an die Epidermis Diffusf~rbung (etwa in der Neutral- f'4rbe des Farbstoffes) und Vakuolenkontraktion zu sehen, in den ~uSersten Zellen gab es wieder Krfimelspeieherung von bla~aroter Farbe. Die Zells~fte waren in beiden F~llen verfestigt. Am schwierigsten war die Prfifung der ZellsKfte im B l a t t , well die kleinen und unregelm/ii~ig geformten Zellen sehwer zu beurteilen waren. An einem B l a t t , das ich in Neutralrot gef~rbt hatte, und dann mit der Rasierklinge zerteilte und noch zerzupfte, konnte ich in den Palisaden diffus ge- f~rbte Zells~fte vorfinden, die m/iSig fest und nur wenig kontrahiert waren; der ZellsaftkSrper lies sieh hier leieht an ein Zellende zusammenschieben. Das Sehwammparenchym verhielt sich iihnlich, nur war die Beobachtung hier wegen der Zellform und Kleinheit schwierig. Die Epidermis war kaum gef~rbt uncl ent. hielt fliissigen Zellsaft.

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90 Hofmeister

V e r f e s t i g u n g de r Ze l l s / i f t e bei N e u t r a l r o t f / i r b u n g habe ich dem- nach in v e r s c h i c d e n e n O r g a n e n und G e w e b e n yon Echium gefunden. Nicht verfestigt waren die Vakuolen in der Blattepidermis, in den parenchy- matischen Zellen des Siebteiles der Rfibenwurzel und im Holzparenchym der- selben.

Riickblick und Zusammenfassung

Die Zells/ifte der Borraginoideen sind von denen anderer Bliitenpflanzen wesentlieh verschieden. Ihre von G i c k l h o r n und W e b e r (1926) gefundene Eigenart, bei Plasmolyse oder Spontankontraktion in verkleinerter Zellform zu fester Masse erstarrt vorzuliegen, ist auf3erhalb der Borraginoideen nur bei den Corollzellen yon zwei Objekten wiederzufinden, bei Erythraea ( L i p p m a a , W e b e r ) und Hyacinthus (Kf is te r ) . In der vorliegenden Arbeit wurde es unter- nommen, dicse r/itselhafte Verfestigung der Zellsiifte mit mechanischen Mitteln - - mikrurgisch - - n/iher zu analysiercn.

In Z u c k e r l S s u n g p l a s m o l y s i e r t e Ze l l en de r B o r r a g i n o i d e e n - c o r o l l e enthaltcn entweder Protoplaste mit runden P!asmolyseformen oder noch h/tufiger solche, deren Vakuole in verkleinerter Zellgestalt erstarrt ist und mm die Form des plasmolysierten Protoplasten bestimmt. Die gerundeten Va- kuolen sind flfissig oder m/il3ig fest; in denen von Zellgestalt hat sich der Zellsaft vo au6en her verfestigt, er hat sich in eine fcste, mit Anthocyan tier angefs Hiille und deren blab gef/irbten, fliissigen inhalt getrennt. In K a l i u m n i t r a t plasmolysierte Corollzellen behalten flfissigen Zellsaft, in C a l z iu m c h 1 o r i d wird derselbe fest. Wenn zu der Plasinolyse V a k u o l e n k o n t r a k t i o n hinzukommt, wenn also die Kontraktion der Vakuolc um vieles st/trker ist, als dem osmotischen Druek der Aul3enlSsung entspricht, werden die Vakuolen der Corollzellen d u r c h und d u r c h l e s t und sind dann nicht mehr zur AuflSsung zu bringen.

Die S t e n g e l z e l l e n verraten im mikroskopischen Bild im Gegensatz zu den Corol]zellen im allgemeinen nichts iiber eine Verfestigung des Zellsaftes. Spontankontraktion (die in Stengelzellen nicht sehr h/iufig zu beobachten ist) kommt nieht vor, Plasmolyse in Zueker oder KNOa 1/iI~t nichts dera.rtiges vermutcn. Erst im mikrurgischcn Versueh kommt die fiberraschende Tatsaehe zutage, dab nach Wasserentzug von hmgcr Dauer (Plasmolyse in ZuckerlSsung) eine m / i B i g e V e r f e s t i g u n g de r V a k u o l e n a u e h i n d e n S t e n g e t z e l l e n vor- kommen kann. Es gelang, Verfestigung auch an Vakuolen und Vakuolenteilen soleher Zellen zu finden, die beim Zerteilen der Schnitte mit der Rasierklinge ge- 5ffnet und deren Protoplaste dabei verletzt und zerstSrt wurden, auch sonst bei langsa.m eintretender ScMdigung von Protoplasten. Eine geringe Verfestigung konnte ich auch an Vakuolen nachweisen, die ich aus den Protoplasten solcher Schnitte langsam freimachte. Langdauernde W/isserung vor dcr Plasmolyse hat /ihnlichen Einflu$.

Legt man die S t e n g e l z e l l e n in N e u t r a l r o t l S s u n g , dann f/irbt und kontrahiert sich der Zellsaft; die Form der verkleincrten Vakuole verr/~t dabei kaum etwas fiber ihre Festigkeit, erst die mikrurgische Prfifung bringt darfiber

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KlarheR. Bei den CorolIzellen dagegen verr/it schon die eigenartige Form der kontrahierten Vakuole, dab diese infolge der Anf~rbung mit Neutralrot erstarrt ist. Gick lhorn und Weber (1926) haben auch schon aus dem mikroskopischen Bild diesen SchluB gezogen. Wiihrend Zells/ifte, die sieh bei Plasmolyse verfestigt haben, dureh meehanische Mittel wieder zur AuflSsung veranlal3t werden kSnnen, werden die in der FarblSsung kontrahierten auf keinen Fall mehr fltissig. Eine merkliche Erweiehung des gef/irbten Zellsaftes land ich nach mehrstfindiger Plasmolyse in Kaliumnitrat, AuflSsung trat nicht ein.

In den Corol lzel len wird bei P l a smolyse die Vakuole in ihrem/s Teil lest und bleibt im Innern fliissig. Wir kSnnen sie ill solchen Zellen mit der Mikronadel zerstSren und sehen, wie unter der zerbrechenden/tul3eren Schichte, die vom Anthoeyan stark gefiirbt ist, ein vSllig fliissiger und wenig gef/trbter Zell- saftanteil hervorflieBt. Die Lage in Zellen, deren Vakuole sich in N e u t r a l r o t kontrahiert hat, ist vSllig anders. Der verfestigte Zellsaftanteil liegt dann, wie fiir Corollzellen yon Weber (1934) auseinandergesetzt wurde, inmitten der Va- kuole und ist von einem aus derselben Vakuole entmisehten fliissigen Zellsaft- anteil umgeben; an der Zellwand liegt wie vorher das Protoplasma. Fiir Coroll- zellen liel3 sich eine mikrurgische Analyse dieser Einzelheiten wegen der Kleinheit der Zellen nut schwer vornehmen, auch Melt ich durch Webers Beobachtungen diese Frage fiir geniigend gekl/trt; an Stengelzellen, die in NeutralrotlSsung Kontraktion bekommen hatten, land ich dieselben Verh/iltnisse. Die unter der Neutralrotf/irbung erstarrten Vakuolen (ter Stengelzellen waren elastisch und dabei sehr fest; nach m/il3ig starken Deformationen kehrten sie stets wieder in die alte Gestalt zuriick und erst sehr starke Formver/~nderungen (etwa Eindriicke) kSnnen dauernd bestehen bleiben. Ein Zerreil3en solcher Vakuolen ist schwierig und karm sogar zum Bruch der Mikronadeln ffihren.

S t rugger (1935) spricht von zwei Typen der V a k u o l e n k o n t r a k t i o n : vonder Vakuolenkontraktion im engeren Sinn einerseits und von der Sol- und Gelteilbildung im Zellsaft andererseits. Beim ersten Typus wird Quellungswasser vom Protoplasma aufgenommen, beim zweiten beteiligt sich das Protoplasma nieht, so dab lediglich eine Gelinkluse im Zellsaft entsteht ; die Fliissigkeitsabgabe dieses Gelteiles soil aber wohl spontan vor sieh gehen, um bei Webers Bild zu bleiben, etwa wie beim Altern eines kiinstlichen Geles. Wie sind nun die im Laufe der Ulatersuchung besehriebenen Erscheinungen in diese Einteilung einzureihen ? Die Spontankontraktion der Borraginoideenvakuolen gehSrt nach Weber voll und ganz zum Typus zwei; sic wurde in meinen Versuchen nur an Corollzellen beob- achtet. Die Kontraktion bei Neutralrotf/irbung entspricht beziiglieh der Verteihmg des Zellinhaltes demselben Typus (zwei); aufgesehnittene Zellen, die wohl die Zwischenflfissigkeit verloren haben, zKhlen hier nicht mit. Ein wesentlicher Unter- schied zwischen einer Spontankontraktion nach Typus Zwei und der vorliegenden besteht aber meines Erachtens darin, dal3 die F/irbung mit Neutralrot eine Ver- festigung gewisser Stoffe im Zellsaft herbeifiihrt, die nicht mehr riickg/ingig ge- maeht werden kann. Ich glaube aber, dab die Wasserabgabe und Zusammen- ziehung des Vakuolengels bei Neutralrotf/irbung nicht als Synaerese gedeutet werden sollte, sondern regelrecht als F~tllungsvorgang.

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9~ H0fmeister

Kf i s t e r hat jfingst (1939) die Anthocyanophoren yon Pulmonaria rubra und P. o/[icinalis untersucht. Er ist nicht daffir, die Bildung der Anthocyano- phoren als Gel- und Soltrennung des Zellsaftes zu betrachten, ffihrt sie vielmehr auf echte Vakuolenkontraktion zuriick und betrachtet die flfissige Umgebung der Anthocyanophoren als sekundi~r aus dem Plasma entmischten Vakuolensaft. Vorgiinge, die sich - - nach Art der Synaerese - - ohne Beteiligung des Plasmas an der Vakuole abspielen, will Kf i s t e r nicht als Vakuolenkontraktion bezeichnet wissen. - - Auf Grund der Beobachtungen in dieser und einer folgenden Unter- suchung an Borraginoideen ( Hofm e i s t e r , 1940) mSchte ich darauf hinweisen, dab die besondere Natur des Vakuoleninhaltes dieser Objekte eine Trennung des Zellsaftes in Gel- und Solteil leicht eintreten ls Wie aus der mikrochemischen Untersuchung (H ofme i s t e r , 1940) hervorgeht, dfirfte die Ausscheidung des organischen Geles den Sol-Zellsaft osmotisch nur wenig vergndern; das Proto- plasma mugt also dabei gar nicht Wasser aufnehmen und an Volumen zunehmen, wie bei der echten Vakuolenkontraktion. Eine Entscheidung fiber die tatsgch- lichen Verhs w~ire wohl nut durch Darstellung der inneren Plasmagrenz- schicht - - vielleicht durch Fixierung und F~rbung der Tonoplasten nach Art von L e d e r e r , 1934 - - zu treffen.

Bis dahin wfirde ich zur Diskussion stetlen, ob nicht doch, wie es in meinen Versuchen scheint, Vakuolenkontraktion in diesen Zellen neben der Zellsaft. veffestigung eintreten kann und ob bei schonend eingeleiteter Kontraktion des Gelteiles nicht doch die Tonoplastenmembran in ihrer ursprfinglichen Lage das unver~nderte Plasma nach innen begrenzt.

In diesem Zusammenhang ist aueh an den yon Weber (1939) aufgedeekten Zusammenhang zwischen dem Vorkommen der Anthoeyanophoren yon Erythraea und der Ausbildung des Anthocyans in den betreffenden Zellen zu denken. Weif3e, also anthocyanfreie Corollzellen enthalten auch keinen Anthocyanophor. Es scheint also, wie wenn das Anthocyan eine Abscheidung des festen KSrpers aus dem Zellsaft bewirken wfirde. Auch dieser Vorgang wird kaum als echte Vakuolenkontraktion gelten kSnnen.

Am interessantesten ist abet die V e r f e s t i g u n g bei P l a smolyse . Sicher- lich ist der osmotische Wasserentzug die Ursache des Vorganges; es ist aber nicht leicht verstiindlich, dab diesmal ira Innern der rundum verfestigten Vakuole Flfissigkeit liegt, die an Farbstoff ~rmer ist, als der ursprfingliche Zellsaft. Hier scheint ein richtiger Synaeresevorgang im Sinne Webers vorzuliegen, der durch den Wasserentzug ausgelSst wird und bei dem der Solteil des Zellsaftes im Gelteil eingeschlossen liegt, also gerade entgegengesetzt der Sachlage bei Spontan- kontraktion. Die Abscheidung des Solteiles nach innen wird am ehesten dadurch verst~ndlich, dab der Wasserentzug in seiner Wirkung yon auBen ansetzt und dab so die Verfestigung der guf~eren Partien zuerst erfolgt. Auch die Anthocyano- phoren yon Erythraea wurden orientierend geprfift; es ist wahrscheinlich, dab sie mit den Borraginoideenvakuolen weitgehend vergleichbar sind.

Die Priifung v e r s c h i e d e n e r Gewebe e ine r P f l a n z e (Echium vulgare) brachte das erwartete Ergebnis, dal3 zumindest die Zellsaftverfestigung in Neutral-

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rot in nahezu allen Geweben der Pflanze auftri t t . Lediglich in der Blattepidermis und im Pa renchym von Sieb- und Holzteil der riibenartigen Hauptwurzel t r a t keine Verfestigung ein.

SchlieBlich wurden der Neutralrotf~rbung zahlreiche Objekte unterworfen, die zu den Hauptversuchspflanzen systematisch tefls in n~herer, tells in ent- fernterer Bcziehung stehen. Es war die iiberraschende Feststellung zu machen, d a 0 d i e E r s t a r r u n g u n d K o n t r a k t i o n de s Z e l l s a f t e s be i V i t a l f ~ r b u n g m i t N e u t r a l r o t s i c h a u f A n g e h S r i g e d e r U n t e r f a m i l i e d e r B o r r a - g i n o i d e a e beschr~inkt. Stichproben an anderen Borraginaceae und aus anderen Familien der Tubifloren verliefcn sitmtlich negativ.

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