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Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns 09 | 13 KVB FORUM NACHGEFRAGT Der KVB-Vorstand im Dialog mit der Politik NEUE BEDARFSPLANUNG: Welche Auswirkungen hat die Reform in Bayern? WIR ARBEITEN FüR IHR LEBEN GERN: Die Gesichter hinter der Kampagne PSYCHOTHERAPIE: Krankenkassen mischen sich immer öfter ein

Mit den offiziellen Rundschreiben und … der Krankenversicherung (MDK) Muster 41: Arztanfrage Muster 50: Anfrage zur Zuständigkeit einer anderen Krankenkasse Muster 51: Anfrage zur

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Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

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3KVBFORUM

NachgeFRagtDer KVB-Vorstand im Dialog mit der Politik

NeUe BeDaRFsPlaNUNg: Welche auswirkungen hat die Reform in Bayern?WiR aRBeiteN FüR ihR leBeN geRN: Die gesichter hinter der Kampagne PsychOtheRaPie: Krankenkassen mischen sich immer öfter ein

eDitORial2

K VB FORUM 9/2013

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum zweiten Mal in Folge dreht sich das Titelthema von KVB FORUM um die Gesundheits-politik. Nachdem im letzten Heft vor allem die Programme und Wahlaussagen der Parteien im Mittelpunkt standen, lassen wir diesmal drei gestandene Politprofis zu Wort kommen: Bayerns Umwelt- und Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber (CSU), der CDU-Gesundheits-experte Jens Spahn sowie der Münchner Oberbürgermeister und SPD-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Christian Ude, standen uns Rede und Antwort. Wir möchten allerdings an dieser Stelle darauf hinweisen, dass dies keineswegs eine wie auch immer ge-artete Wahlempfehlung darstellen soll. Viele diskussionswürdige gesundheitspolitische Vorschläge anderer Parteien haben wir bereits in den letzten Monaten in den Politikerge-sprächen in KVB FORUM behandelt.

Als Vorstand der KVB verhalten wir uns parteipolitisch absolut neutral, auch wenn wir zu be- stimmten Themen, die Sie als unsere Mitglieder sowie Ihre Patienten betreffen, natürlich klare Vorstellungen haben. Neben den hier veröffentlichten Gesprächen gibt es unzählige weitere Kontakte mit politischen Entscheidungsträgern – vom Gemeinderat auf kommunaler Ebene bis hin zum Bundesminister. Hier haben wir oft auch informell Gelegenheit, auf die Sorgen und Nöte der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten hinzuweisen. Eines der größten Aufregerthemen war dabei in den letzten Monaten die Finanzierung des Not-arztdienstes in Bayern. Hier hat sich nach langen, zähen Verhandlungen unter Einschaltung von zwei Landesministerien inzwischen eine Lösung für die in den vergangenen Jahren ent-standenen Finanzierungsprobleme ergeben. Gerne hätten wir möglichst noch vor den Som-merferien auch über eine Lösung für die Zukunft berichtet. Doch leider war vonseiten der Kassen erst ein Termin in diesem Monat möglich, sodass Sie in dieser Ausgabe von KVB FORUM noch nichts davon lesen können. Wir werden das Ergebnis aber alsbald nachreichen.

Ihr KVB-Vorstand

Dr. Krombholz Vorsitzender des Vorstands

Dr. Schmelz 1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands

Dr. Enger 2. Stellv. Vorsitzende des Vorstands

3aKtUelles iN KüRze

K VB FORUM 9/2013

Wichtiges für die Praxiszahl Des MONats zitat Des MONats

VeRtReteRVeRsaMMlUNgeN 2013

KBV stellt eRgeBNisse ihReR VeRsicheRteNBeFRagUNg VOR

Die letzte Vertreterversammlung der KVB in diesem Jahr findet am Samstag, den 23. November 2013, in der Elsenheimerstraße 39, 80687 München statt.

Die mittlerweile sechste Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bun-desvereinigung (KBV) hat ergeben, dass die Deutschen insgesamt sehr zu-frieden mit ihren niedergelassenen Ärzten sind. Über 90 Prozent der Be-fragten bewerten die fachliche Kompetenz und das Vertrauensverhältnis zum zuletzt besuchten Arzt mit „gut“ oder „sehr gut“. Damit ist die Zufrie-denheit gegenüber Ärzten seit 2006 gleichbleibend hoch. Die Befragung führt die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag der KBV regel-mäßig durch. Für die aktuelle Untersuchung befragte das Unternehmen vom 15. April bis 16. Mai insgesamt 6.093 zufällig ausgewählte Bundesbür-ger. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Deutsch sprechende Wohnbe-völkerung im Alter zwischen 18 und 79 Jahren.

Ein weiteres Fazit der Befragung ist, dass fast die Hälfte der Bürger ohne Wartezeit sofort beim Arzt einen Termin bekommt. Die Wartezeiten haben sich damit im Vergleich zu den vergangenen Jahren praktisch nicht verlän-gert. Selbst in der Praxis mussten drei Viertel der Patienten weniger als 30 Minuten warten.

Die ganze Studie finden Sie unter www.kbv.de in der Rubrik Mediathek/Sonderpublikationen/Studien/Versichertenbefragung 2013.

Redaktion

„Wenn in Bayern Geld für die Ver-sorgung der Patienten fehlt, dann geht Herr Seehofer zum Gesund-heitsminister Bahr und setzt seine Interessen durch. Der kriegt, was er braucht.“

Dr. Manfred Weisweiler, Vorsitzen-der der Arbeitsgemeinschaft Nie-

dergelassener Chirurgen Nordrhein

(Quelle: Welt am Sonntag vom 11. August 2013)

Krankenkassenanfragen

Bitte beachten Sie bei Anfragen von Krankenkas-sen bei Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise Kran-kengeldzahlung und bei der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln folgende Hinweise:

In der Vordruckvereinbarung Ärzte sind für Anfra-gen von Krankenkassen verbindliche Vordrucke vorgesehen. Die wesentlichen Vordrucke sind:

� Muster 11: Bericht für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)

� Muster 41: Arztanfrage � Muster 50: Anfrage zur Zuständigkeit einer anderen Krankenkasse

� Muster 51: Anfrage zur Zuständigkeit eines sonstigen Kostenträgers

� Muster 52: Anfrage bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit

� Muster 53: Anfrage zum Zusammenhang von Arbeitsunfähigkeitszeiten

Mitunter gehen Krankenkassen bei ihren Anfragen unzulässig über die Inhalte der vereinbarten Vor-drucke hinaus. Solche zusätzlichen Fragen dürfen Sie im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht nicht beantworten. Ärzte/Psychotherapeuten wer- den immer wieder – teils mit Einwilligungserklärung des Patienten – aufgefordert, medizinische Daten unmittelbar an die Krankenkasse statt dem MDK zu übermitteln. Dies ist genauso wenig zulässig, wie die Erhebung von zusätzlichen Daten beim Arzt/ Psychotherapeuten (und direkt beim Patienten), etwa mit sogenannten Selbstauskunftsbögen oder im Rahmen von Gesprächen, zu denen der Patient von der Krankenkasse eingeladen wird. Nachfragen von Krankenkassen beim verordnenden Arzt zu seinen Verordnungen sind nur dann zulässig, wenn die Verordnung unvollständig ausgefüllt wurde. In anderen Fällen darf die Krankenkasse zusätzliche Sozialdaten weder beim Versicherten noch beim Arzt erheben, sondern muss den MDK einschalten.

Bei Fragen können Sie sich gerne an den Daten-schutzbeauftragten der KVB, Peter Einhell, wenden:

Telefon 09 41 / 39 63 – 1 65E-Mail [email protected]

8 Tage dauerte 2012 im Durch- schnitt ein Klinikaufenthalt. Vor zwanzig Jahren wurden

die Patienten erst nach etwa zwei Wochen entlassen.

(Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 24. Juli 2013:

„Nur acht Tage im Krankenhaus - und dann keine Pflege zu Hause“)

iNhaltsVeRzeichNis4

24 Grundsatz „Ambulant vor stationär“ mit Leben füllen

Studie beleuchtet Potenziale der ambulanten Versorgung in einer immer älter werdenden Gesell-schaft

PsychOtheRaPie

25 Eingriffe und Anfragen der Krankenkassen

Droht durch Koordinierungsstel-len ein massiver Abbau der The-rapiefreiheit?

26 Palliative Care für Psycho- therapeuten

Spezielle Fortbildungsangebote sollen multiprofessionelle Zu-sammenarbeit erleichtern

KVB iNteRN

28 Neue Bedarfsplanung – Auswirkungen für Bayern

Krankenkassen und KVB starten mit der Anpassung an regionale Gegebenheiten

16 „Die ASV bietet Vertrags- ärzten viele Chancen“

Das unparteiische Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschus-ses, Dr. Regina Klakow-Franck, erläutert die Richtlinien

gesUNDheitsPOlitiK

18 „Ich arbeite für Ihr Leben gern“

Hintergründe zur Kampagne der KVen für ein besseres Image der Niedergelassenen

22 Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus

So können Kliniken und Praxen sinnvoll und ergebnisorientiert miteinander arbeiten

titeltheMa

6 „Wir haben keine Zwei-Klassen-Medizin“

Staatsminister Dr. Marcel Huber redet im Interview mit dem KVB-Vorstand Tacheles

9 „Die Bedarfsplanung muss detaillierter werden!“

SPD-Spitzenkandidat Christian Ude erläutert die gesundheits-politischen Positionen seiner Partei

12 „Das Krankheitsrisiko gehört zu den Kassen“

Dr. Pedro Schmelz im Gespräch mit Jens Spahn, einem der profi-liertesten Gesundheitspolitiker der Union

15 Wahlprogramm der CDU/CSU

Auszüge aus dem gemeinsamen Papier der beiden Schwester-parteien zur Bundestagswahl

Psychotherapeuti- scher Beistand für unheilbar Kranke

26Der Vorstand der KVB führt regel-mäßig Gespräche mit Gesundheits-politikern

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Die Imagekam-pagne der KVen für die Praxen wird in der Öf-fentlichkeit zu-nehmend wahr-genommen

»�Mir vertrauen 1000 Patienten. Ich arbeite für Ihr Leben gern.�«

Burkhard Matthes, HAUSARZT

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5iNhaltsVeRzeichNis

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41 Leserbriefe

KURzMelDUNgeN

43 Berufskammern erhalten

43 Check-up 35 – Prävention 2013

43 Gesundheitsversorgung der Zukunft

44 Psychische Krisen im Alter meistern

44 Operation Karriere

45 Kurz mal nachschlagen

45 iMPRessUM

46 KVB seRViceNUMMeRN

PatieNteNORieNtieRUNg

36 Interstitielle Cystitis – Die große Unbekannte

Die chronische Blasenentzün-dung hat schmerzhafte Lang-zeitfolgen

aRzNeiMitteltheRaPie- sicheRheit

38 Rhabdomyolyserisiko durch Statine

Wann wird eine Komedikation für den Patienten gefährlich?

PRaXisFühRUNg

40 Niederlassungsleitfaden für zukünftige Hausärzte

Broschüre zeigt jungen Medizi-nern mögliche Wege zur eigenen Praxis

30 KVB-Sicherstellungsrichtlinie in Kraft getreten

Wie sehen die neuen Förder-möglichkeiten bei drohender Unterversorgung aus?

31 Anerkennung für Praxisnetze

Der Freistaat liegt bei Anzahl und Qualität der Netze im Bun-desvergleich weit vorne

QUalitÄt

32 Haben Sie Ihre Unterwei- sungspflichten im Griff?

So lassen sich wichtige Arbeits-schutzmaßnahmen für Mitarbei-ter realisieren

Recht iNteRessaNt

34 Kopfgeburt oder goldener Herbst?

Chancen für Weiterentwicklung des Kollektivvertrags stehen nicht schlecht

Statine können gefährliche Wechselwirkun-gen mit anderen Medikamenten auslösen und sollten einem strengen Monito-ring unterliegen

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31Gesetzesände-rung lässt Praxis-netze und KVen enger zusammen-rücken

Münchner Bünd-nis gegen De-pression hilft bei psychischen Kri-sen im Alter

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titeltheMa6

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D ie Gelegenheit ist günstig: Bei einer vom Bayerischen Gesundheitsministerium

ausgerichteten Versorgungskonfe-renz in Fürstenfeldbruck ist nicht nur der Minister, sondern auch der Vorstand der KVB anwesend. So fin- det sich im Anschluss an die Veran- staltung Zeit für ein ausführliches Gespräch.

Dr. Wolfgang Krombholz: Herr Mi- nister, wir haben gerade bei der Ver- anstaltung mit den Kommunalpoli-tikern über die ambulante Versor-gung im ländlichen Raum diskutiert. Eine wichtige Voraussetzung, um diese zu gewährleisten, ist, dass wir genügend Nachwuchs für die Pra-xen finden. Und da spielen auch die Universitäten, die den Nachwuchs ausbilden sollen, eine große Rolle. Warum haben wir noch nicht an je-der medizinischen Fakultät einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin?

Dr. Marcel Huber: Als Gesund-heitsminister ist es mir natürlich ein Anliegen, dass wir genug Ka-pazitäten in der Ausbildung der künftigen Hausärzte an den Uni-versitäten vorhalten. Deshalb setze ich mich seit langem dafür ein, dass an jeder medizinischen Fakultät ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet wird. Wegen der Hoch- schulautonomie entscheidet das aber jede Universität selbst. Die Aus- und Weiterbildung in der All-gemeinmedizin muss einen höhe-ren Stellenwert bekommen, um das Spektrum der hausärztlichen

Versorgung – vom Lotsen im Ge-sundheitssystem bis zur geriatri-schen Betreuung – gut abdecken zu können. Mit dem Lehrstuhl in München und bald auch in Erlan-gen und Würzburg ist ein wichtiger Anfang gemacht.

Dr. Pedro Schmelz: Lassen Sie uns auf ein aktuelles Problem der Fach-ärzte zu sprechen kommen. Immer wieder werden diese wegen angeb-lich zu langer Wartezeiten auf Ter-mine öffentlich an den Pranger ge-stellt. Sie haben hier kürzlich in ei-nem Interview eine Lanze für mei-ne Kolleginnen und Kollegen gebro- chen und klargestellt, dass Bayerns Ärzte sehr wohl darauf achten, dass ihre Patienten die notwendigen Un- tersuchungen zeitnah erhalten. Kön- nen Sie als Gesundheitsminister sonst noch etwas gegen die Mär

von der Zwei-Klassen-Medizin un-ternehmen?

Huber: Meine klare Aussage dazu: Wir haben in Deutschland keine Zwei-Klassen-Medizin. Der Arzt hat die Entscheidungshoheit darü-ber, wie dringlich ein Termin ist, und richtet sich bei der Terminver-gabe danach. Das klappt gerade im Zusammenspiel von Hausärz-ten und Fachärzten sehr gut. Aber ich möchte auch deutlich sagen, dass es nicht in Ordnung wäre, wenn Patienten angeblich über 200 Tage auf eine Routineuntersu-chung bei einem Facharzt warten müssten. Hier ist die Ärzteschaft, hier sind auch Sie gefordert, zu handeln.

Dr. Ilka Enger: Wenn es um die Terminvergabe geht, sind wir auch

Seit November 2011 ist Dr. Marcel Huber Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Gesundheit. Über seine gesundheitspolitischen Vorstellungen sprach er im KVB FORUM-Interview mit dem Vorstand der KVB.

„WiR haBeN KeiNe zWei-KlasseN-MeDiziN“

Die universitäre ausbildung der

künftigen haus-ärzte ist ein

großes anliegen von Dr. Wolf-

gang Krombholz. er wünscht sich

mehr lehrstühle für allgemein-

medizin.

7titeltheMa

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gleich beim Thema Freiberuflich-keit. Letzten Endes liegt dies ja in der Verantwortung der einzelnen Praxen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die Freiheit durch bürokratische Vorgaben immer weiter eingeschränkt wird. Das gilt ebenso auch für uns in der ärztli-chen Selbstverwaltung, wo die Krankenkassen mit einer enormen Machtfülle ausgestattet sind und wir Ärzte zahlreiche Fesseln ange-legt bekommen. Was können Sie tun, um die Freiberuflichkeit zu schützen und auch den KVen wie-der mehr Handlungsspielräume einzuräumen?

Huber: Ich stehe zum Arztberuf als freiem Beruf und bin dafür, büro-kratische Hürden soweit wie mög-lich abzubauen. Wir haben dafür gemeinsam mit Ihnen eine Stelle eingerichtet, bei der entsprechen-de Vorschläge gesammelt und be-wertet werden können. Die Situa-tion ist momentan so gut wie noch nie: Im Gesundheitsfonds und bei den Kassen sind fast 30 Milliarden Euro an Reserven vorhanden. Not-wendig ist eine angemessene Ver-gütung der ärztlichen Tätigkeit – getreu dem Motto: Gutes Geld für gute Leistung. Dies ist Aufgabe der Selbstverwaltung. Ich appelliere hier an alle Beteiligten, zu einem

konstruktiven Miteinander zu fin-den. Es ist im Interesse der Selbst- verwaltungspartner, miteinander im Gespräch zu bleiben und Lösun- gen zu finden.

Krombholz: Einzelne Kassenvor-stände möchten das möglicherwei- se ja sogar, aber sie werden durch das Gesetz ausgebremst. Im Fünf-ten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) heißt es, dass sie nur „ge-meinsam und einheitlich“ verhan-deln können. Hinter der Formulie-rung kann man sich leicht verste-cken.

Huber: Wie hier eine zielführende und zukunftsfähige Lösung ausse-hen kann, muss erst einmal gründ-lich überdacht werden. Wir werden das Thema aufgreifen und prüfen.

Schmelz: Mit Ihren Förderprogram- men haben Sie für die hausärztli-che Versorgung schon einige posi-tive Impulse setzen können. Was haben Sie denn hinsichtlich der Förderung der Fachärzte geplant? Ich möchte nur daran erinnern, dass wir beispielsweise im Land-kreis Hassfurt jetzt schon Lücken in den Bereichen HNO und Der-matologie haben.

Huber: Die Notwendigkeit bedarfs- gerechter und wohnortnaher me-dizinischer Versorgung im ländli-chen Raum ist nicht nur auf die Hausärzte beschränkt. Das betrifft alle Ärzte – also auch die Fachärz-te in eigenen Praxen und in den Kliniken. Der Nachwuchsmangel trifft aber zuerst den hausärztlichen Versorgungsbereich. Wir überle-gen bereits, wie wir die fachärztli-che Versorgung beispielsweise mit Förderprogrammen in Zukunft er-halten und noch weiter stärken können. Die von der Bayerischen Staatsregierung für Medizinstuden-ten aufgelegten Stipendien stehen bereits nicht nur künftigen Haus-ärzten, sondern auch Fachärzten zur Verfügung, ebenso das Pro-gramm zur Förderung innovativer Versorgungsformen.

Enger: Was mich besonders be-wegt, ist die künftige Telematikin-frastruktur. Der Abhörskandal um die NSA hat viele Menschen für den Umgang mit ihren Daten sen-sibilisiert. Sie haben ja ein Tele-matikprojekt in Bayern gestartet. Sehen Sie überhaupt die Chance, in einer digitalen Welt die Patien-ten- und Behandlungsdaten wirk-sam zu schützen? Und wenn ja, dann doch sicher nicht mit der elektronischen Gesundheitskarte?

Minister Dr. Mar-cel huber auf die Frage von Dr. ilka enger nach seiner einschät-zung der Bürger-versicherung: „schönes Wort - schlechter in-halt!“

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Huber: Wir müssen die moderne IT-Technologie anwenden, um im Notfall Menschenleben retten zu können. Wenn vor der Behandlung klar ist, dass jemand zum Beispiel Marcumar einnimmt beziehungs-weise Allergiker oder Asthmatiker ist, kann man ihm in Notfallsitua-tionen rascher und besser helfen. Alles, was ein Arzt über den Patien- ten und seine medizinische Bio-graphie weiß, ist wichtig und sollte für ihn verfügbar sein. Es ist denk-bar, die Daten in einer Cloud zur Verfügung zu stellen. Das ist von der Datenmenge her kein Problem mehr, aber natürlich eine Frage der Datensicherheit. Die Datensätze in einer Cloud könnten mit gesi-cherter Authentifizierung nur von den dafür berechtigten Personen genutzt werden

Krombholz: Ich würde gerne auf die Hausarztverträge nach Para-graph 73b des SGB V zu sprechen kommen. Beim letzten Hausärzte-tag hatten der Ministerpräsident und Sie sich dafür stark gemacht, diese in der alten Form des Para-graph 73b zu erhalten. Wie stehen dafür die realistischen Chancen?

Huber: Für uns steht die Siche-rung der hausärztlichen Versor-gung im Mittelpunkt, weil diese die Basis der Versorgung gerade auf dem Land ist. Wir wollen den Para-graf 73b im SGB V in der alten Form – also ohne Honorarobergrenzen. Das ist Teil unseres Programms und das wollen wir auch umsetzen. Wir werden aktiv dafür eintreten, die Hausarztverträge in der bishe-rigen Form zu erhalten. Dies wird Gegenstand der Koalitionsverhand- lungen sein.

Schmelz: Auch die Fachärzte wür-den sich natürlich Honorare ohne Obergrenzen wünschen. Den Klini-ken haben Sie ja nach eigenen An-gaben mit 165 Millionen Euro Zu-schuss schon einen „Rettungsring“ zugeworfen. Aber auch vielen mei-ner Kolleginnen und Kollegen in den Praxen steht das Wasser aufgrund stetig steigender Kosten unter an-derem für Mieten und Löhne bis zum Hals. Sie würden sich auch über einen Rettungsring aus der Politik freuen. Können sie auf Ihre Unterstützung hoffen?

Huber: Für die bestmögliche Ver-sorgung der Patienten brauchen wir starke ambulante und statio-näre Bereiche. Die Fachärzte sol-len natürlich ausreichende Umsät-ze haben. Die angemessene An-passung der Vergütung für die Be-triebskosten in den Praxen ist Auf- gabe der Selbstverwaltung. Das ist bei den Kliniken anders: Mehr als 40 Prozent von ihnen stecken in den roten Zahlen. In einem Flä-chenland wie Bayern brauchen wir diese aber auch für die Basis- und Notfallversorgung. Wir können uns nicht auf wenige, spezialisierte Großkliniken verlassen. Insofern war es richtig, dass die Kranken-häuser einen finanziellen „Rettungs-ring“ für die Jahre 2013 und 2014 erhalten haben.

Enger: Was uns in den Praxen hin-sichtlich der Finanzierung auch Sorgen bereitet, sind die Planun-gen für eine Bürgerversicherung. Eine Umfrage unter den Fachärz-ten hat ergeben, dass mehr als 90 Prozent von ihnen befürchten, die Einführung einer Bürgerversiche-rung werde zu einem massiven Stellenabbau in den Praxen führen. Sie sind sicher auch kein Freund davon?

Huber: So gut die Bezeichnung Bürgerversicherung klingt, so schlecht ist der Inhalt, der dahin-ter steckt. Das kann man in ande-ren Ländern, in denen es vergleich- bare Ansätze gibt, deutlich sehen. Ich kann nur davor warnen, unser leistungsfähiges Gesundheitssys-tem durch Finanzierungsexperi-mente mutwillig in Gefahr zu brin-gen. Wir haben hier in Deutsch-land historisch gewachsene, flä-chendeckende Versorgungsstruk- turen, die sich gerade in schwieri-gen Zeiten bewährt haben. Diese sollten wir erhalten und weiterent-wickeln.

Redaktion

Dr. Pedro schmelz zur

situation der Facharztpraxen

in Bayern: „Viele von ihnen benö-tigen einen Ret-

tungsring.“

9titeltheMa

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F ür die Politikerinterviews in KVB FORUM trifft sich der KVB-Vorstand normalerweise

mit seinen Gesprächspartnern in deren Abgeordnetenbüros, um mit ihnen in einer persönlichen Umge-bung zu reden. Dem auf vollen Tou- ren laufenden Wahlkampf in Bayern war es geschuldet, dass mit Chris-tian Ude kein persönlicher Termin mehr zustande kam und das Inter-view deshalb schriftlich geführt wurde, was der Lebendigkeit aber keinen Abbruch tat.

Krombholz: Herr Ude, laut dem Regierungsprogramm der Bayeri-schen SPD ist es Ihrer Partei wich-tig, die wohnortnahe ambulante haus- und fachärztliche Gesund-heitsversorgung auch im ländlichen Raum und in strukturschwachen Regionen zu erhalten. Mit welchen Mitteln wollen Sie das erreichen?

Ude: Junge Ärztinnen und Ärzte, die sich auf das Wagnis Selbstständig-keit in einer sogenannten struktur-schwachen Region einlassen sollen, benötigen dafür zunächst verläss-liche Rahmenbedingungen für sich und ihre Familie. Darunter sind kos- tenfreie Ganztagesplätze in Kinder- tageseinrichtungen ebenso zu ver-stehen wie wohnortnahe Bildungs-angebote, flächendeckende und bedarfsgerechte Anbindungen an den öffentlichen Verkehr und ein schnelles Internet, zum Beispiel

um Telemedizin möglich zu machen. Wir haben dafür die entsprechen-den Konzepte in unserem Regie-rungsprogramm.

Sinnvoll sind zudem Maßnahmen, die zu einer Arbeitsentlastung von Ärztinnen und Ärzten beitragen kön- nen. Dazu sind zu zählen: mehr Möglichkeiten der Delegation von ärztlichen Leistungen auch auf Kran- kenpflegekräfte und der verstärkte Abschluss von Verträgen zur inte-grierten Versorgung nach Paragraf 140a des Fünften Buches des So-zialgesetzbuches. Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von ange-henden Ärztinnen und Ärzten soll-ten zudem hausärztliche und allge- meinmedizinische Interessen und Erfahrungen stärker gewichtet und angerechnet werden. Im Prakti-schen Jahr sind wir für ein Pflicht-quartal im Bereich der allgemein-medizinischen Versorgung.

Krombholz: Sie wollen die Haus-ärzte stärken und ihre Funktion als Lotsen im Gesundheitssystem aus- bauen und über eine Bundesrats-initiative auch die Hausarztverträ-ge wieder stärken. Wie soll sich die Rolle der Hausärzte Ihrer Mei-nung nach verändern und was ver-stehen Sie unter einer Weiterent-wicklung der Medizinischen Ver-sorgungszentren zu „hausärztli-chen Versorgungszentren“?

Ude: Die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungszent-ren zu hausarztzentrierten Versor-gungszentren, was die Aufhebung der Interdisziplinarität zur Folge hat, halten wir für dringend erfor-derlich. Junge Ärzte wollen ohne-hin im Team und in Kooperationen arbeiten.

Krombholz: Die neue Bedarfspla-nung ist ja gerade in der Umset-zungsphase. Sie sagen, dass zum Abbau der Unterversorgung in strukturschwachen Regionen der Abbau bestehender Überversor-

Christian Ude ist als langjähriger Oberbürgermeister von München ein bundes-weit profilierter Kommunalpolitiker. Als Spitzenkandidat der SPD für die Landtags- wahlen muss er nun auch die geplante Gesundheitspolitik seiner Partei erklären. KVB-Chef Dr. Wolfgang Krombholz hat ihn insbesondere zu seiner Haltung ge- genüber den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten befragt.

„Die BeDaRFsPlaNUNg MUss DetaillieRteR WeRDeN!“

christian Ude plädiert für ho-norarzuschläge oder -abschläge je nach Versor-gungsgrad in ei-nem gebiet.

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gung andernorts zwingend dazu gehört. Wie könnte das konkret umgesetzt werden? Als Oberbür-germeister der Stadt München müssten Sie da doch eigentlich in einen Interessenkonflikt kommen, denn ich habe bisher von offiziel-len Stellen der Stadt noch nie ge-hört, dass die Münchner Bürger medizinisch überversorgt wären. Wenn ich beispielsweise an das Thema Kinderarzt in München-Riem denke, scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein.

Ude: Die Bedarfsplanung muss de- taillierter werden. Derzeit werden meistens Städte und Landkreise zu einem Planungsbereich zusam-mengefasst, wodurch sich in Bay-ern in allen Regionen und in allen Fachbereichen statistisch eine aus- reichende Versorgung zeigt. Reali-tät ist jedoch, dass die Arztdichte im städtischen Bereich eher hoch ist, die Landkreisrandgebiete je-doch ausbluten und mit Unterver-sorgung zu kämpfen haben. Ebenso finden wir in wohlhabenden Stadt-

teilen eine hohe Versorgungsdich-te, was ich nie bestritten habe, gleichzeitig wird es immer schwie-riger, die Versorgung in sozial eher schwachen Stadtteilen ausreichend zu gewährleisten. Und wir sind auch für Honorarzuschläge oder -ab-schläge je nach Versorgungsgrad in einem Gebiet.

Krombholz: In den Bereichen der Erwachsenenpsychiatrie, aber vor allem auch in der Kinder- und Ju-gendpsychiatrie und Gerontopsy-chiatrie konstatieren Sie sowohl im ambulanten wie auch stationä-ren Bereich Engpässe. Dies betrifft zum Teil den Versorgungsauftrag der KVB. Wo sehen Sie hier Mög-lichkeiten, gemeinsam mit dem Freistaat Verbesserungen zu errei-chen?

Ude: Für den ambulanten Bereich brauchen wir auch in der psychiat-rischen Versorgung eine differen-ziertere Bedarfsplanung. Der Be-darf wird derzeit nur für die sehr große Gruppe der „Nervenärzte“

festgestellt. Hier sollte mindestens eine Differenzierung in die Berei-che Psychiatrie und Neurologie er-folgen. Ein gravierendes Problem sind die zum Teil sehr langen War-tezeiten bei den Psychologischen und ärztlichen Psychotherapeu-ten. Hier könnte die KVB zu einer Verbesserung der Situation beitra-gen, indem sie überprüft, inwie-weit zugelassene Ärztinnen und Ärzte ihrem Versorgungsauftrag auch tatsächlich nachkommen.

Krombholz: Für den stationären Bereich stellen Sie die Forderung auf, dass in einem gerechten Fi-nanzierungssystem die Personal-kosten ausreichend berücksichtigt werden müssen. Sehen Sie das für den ambulanten Bereich, in dem beispielsweise mehrere Zehntau-send Angestellte in den Arztpra-xen bezahlt werden müssen, ge-nauso?

Ude: Klar ist, dass sich auch in der ambulanten Versorgung die Finan-zierung von Personal und appara-tiver Ausstattung in der Honorie-rung wiederfinden muss. Derzeit scheint es erfreulicherweise so zu sein, dass sich die ärztlichen Ar-beitgeber aufgrund der jüngst er-folgten Anhebung der ärztlichen Ge- samtvergütung auch zu einer An-hebung der tarifvertraglichen Ge-hälter von ärztlichem Hilfspersonal in der Lage sehen.

Krombholz: Investitionskürzungen der letzten Jahre hatten laut SPD in den bayerischen Krankenhäusern einen immensen Investitionsstau zu Folge. Das müssen wir in der KVB leider auch bei vielen Arztpraxen feststellen. Sehen Sie hier Lösun-gen und Unterstützungsmöglich-keiten insbesondere für Praxen auf dem flachen Land?

Ude: Der ambulante und der sta-tionäre Bereich der medizinischen Versorgung zeichnen sich sowohl

Die Ärzte und Psychotherapeu-

ten in eigenen Praxen haben

laut Dr. Wolfgang Krombholz als

arbeitgeber ge-rade im ländli-

chen Raum eine nicht zu unter-

schätzende Be-deutung.

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bei den Investitions- als auch bei den Betriebskosten durch völlig unterschiedliche Finanzierungs-mechanismen aus. Insofern sind ein direkter Vergleich dieser bei-den Bereiche und eine Übertra-gung politischer Forderungen des einen auf den anderen Bereich nur bedingt möglich.

Krombholz: Durch die Vernetzung von lokalen und regionalen Gesund- heitsangeboten in Bayern wollen Sie die Präventionsmaßnahmen stär-ken. An welche konkreten Ange-bote denken Sie dabei?

Ude: Bisherige Bemühungen im Bereich der Prävention und Gesund- heitsförderung zeigen vielfältige Probleme. Es existieren viele gute Ansätze, welche jedoch meist nur

lückenhaft verbreitet und nur sel-ten in die bestehenden Regelsys-teme integriert sind. Wir brauchen eine systematische Einbindung in die bestehende Gesundheitsver-sorgung und eine langfristig gesi-cherte Finanzierung. Die Kompe-tenzen der in der Prävention und Gesundheitsförderung tätigen Ein-richtungen müssen zu einem „Na-tionalen Institut für Prävention“ gebündelt und ausgebaut werden.

Ein solches Institut soll in seiner Funktion verbindliche Strukturen und Rahmenvorgaben schaffen so-wie qualifizierte Beratungsangebo-te für die Akteure anbieten.

Krombholz: Sie plädieren für die Schaffung eines flächendecken-den Netzes von Hospizeinrichtun-gen. Welche Rolle spielt dabei für Sie die allgemeine und die spezia-lisierte ambulante Palliativversor-gung?

Ude: Die allgemeine und speziali-sierte Palliativversorgung spielen eine große Rolle für die Versor-gung von Menschen am Ende ih-res Lebens. Daher muss eine aus-reichende Finanzierung sicherge-stellt sein.

Krombholz: Eine SPD-geführte Landesregierung würde sich auf Bundesebene für die Einführung einer Bürgerversicherung einsetzen. Sehen Sie durch einen solchen Systemwechsel nur Vorteile oder gibt es Ihrer Meinung nach auch Gefahren – wie etwa die Ausdün-nung des Leistungskatalogs durch den wegfallenden Wettbewerb zwischen Gesetzlicher und Priva-ter Krankenversicherung?

Ude: Eine Bürgerversicherung würde das Gesundheitswesen wie-der langfristig auf eine tragfähige und gerechte Basis stellen, weil al-le Einkommensarten zu einer soli-darischen Finanzierung herange-zogen würden. Nach Ansicht von Experten, etwa der Bertelsmann-Stiftung, ist mittelfristig die Einfüh- rung eines integrierten Systems der Krankenversicherung schon deswegen unvermeidlich, weil das private System an seine finanziel-len Grenzen stoßen wird. Viele Ta-rife der Privaten Krankenversiche-rung sind so schlecht kalkuliert, dass mit der zunehmenden Alte-rung der Versichertenkollektive die Beiträge exorbitant ansteigen und viele der Versicherten in den für die Unternehmen wenig lukra-tiven Basistarif abwandern müss-

ten. Der Leistungskatalog der Ge-setzlichen Krankenversicherung bestimmt sich auch derzeit nicht durch einen Wettbewerb zwischen dem gesetzlichen und dem priva-ten System. Daran würde die Ein-führung einer Bürgerversicherung nichts ändern.

Redaktion

Fragen und ant-worten: Mit wel-chen Mitteln will die Bayerische sPD die wohn-ortnahe ambu-lante haus- und fachärztliche gesundheitsver-sorgung auch in strukturschwa-chen Regionen erhalten?

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M itte Juli bei geradezu tro-pischen Temperaturen kommt auch das politi-

sche Berlin für einige Tage prak-tisch zum Erliegen. Die meisten Par- lamentarier nutzen die Sommer-pause für Termine in ihren Wahl-kreisen oder für den Jahresurlaub. Jens Spahn ist wegen diverser Be-sprechungen an diesem Montag-morgen für einige Stunden nach Berlin gereist, sodass auch ein ausführliches Gespräch für KVB FORUM möglich war.

Schmelz: Herr Spahn, starten wir doch mit einem Ihrer großen An-liegen – der zukünftigen Gestaltung einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung. In strukturschwachen Regionen sind immer weniger Haus- ärzte und Fachärzte sowie Psy-chotherapeuten bereit, sich nie-derzulassen. Kann die Politik es wirklich schaffen, die Rahmenbe-dingungen so zu gestalten, dass die ärztliche Versorgung weiterhin flächendeckend aufrechterhalten werden kann? Welche Chancen sehen Sie dabei in der neuen Be-darfsplanungsrichtlinie?

Spahn: Die Bedarfsplanung stammt ja ursprünglich noch aus Zeiten, als wir eine ärztliche Überversor-gung hatten. Jetzt hat sich die Si-tuation wie von Ihnen beschrieben geändert und wir haben eher einen Mangel. Eine neue Bedarfsplanung

kann auch nicht mehr Ärzte aus dem Hut zaubern. Ich sehe da mehr Chancen durch das Versorgungs-strukturgesetz, das ja beispiels-weise auch flexiblere Arbeitszeit-modelle ermöglicht.

Schmelz: Wichtig ist aber auch, dass die wirtschaftliche Planungs-sicherheit für die jungen Kollegin-nen und Kollegen passt. Und da sieht es in den Praxen deutlich schlechter aus als in den Kliniken. Denn auch die Politik fördert ja eher den stationären Bereich: So erhalten die Krankenhäuser jetzt einen Zuschlag in Höhe von 1,1 Mil-liarden Euro – auch wegen der ho-hen Tarifabschlüsse für die dortigen Angestellten. Wir niedergelassenen Ärzte müssen ohne extra Förder-mittel immer höhere Kosten für den Betrieb unserer Praxen tragen.

Spahn: Sie müssen aber auch be-denken, dass wir im niedergelasse- nen Bereich die Kopplung der Hono-rarsteigerungen an die Entwicklung der Grundlohnsumme bereits ab-gelöst haben – im Gegensatz zum stationären Bereich, wo das erst im kommenden Jahr mit dem Ori-entierungswert der Fall sein wird. Deshalb müssen wir bei den Klini-ken stärker nachsteuern. In der ambulanten Versorgung waren in den letzten Jahren deutliche Ho-norarsteigerungen zu verzeichnen. Und es gibt jetzt auch wieder mehr

Spielräume, auf regionaler Ebene zusätzliche Vergütungsanteile zu verhandeln.

Schmelz: Beim Thema „regionale Verhandlungskompetenz“ möchte ich gleich einhaken. Denn zum ei-nen hat die Politik den GKV-Spit-zenverband mit einer enormen Machtfülle ausgestattet, die die-ser für Vorgaben zum Beispiel bei den Vertragsverhandlungen ge-genüber den einzelnen Kassen nutzen kann. Und zum anderen sind uns in den regionalen Ver-handlungen enge Grenzen gesetzt, da die Krankenkassen immer ge-meinsam und einheitlich verhan-deln müssen. Dadurch wird der Wettbewerbsgedanke aufgeweicht. Innovativ denkende Kassenvor-stände, mit denen wir gerne Ver-träge abschließen würden, werden in ihrem Handlungsspielraum ein-geschränkt.

Spahn: Wir haben aus meiner Sicht den Zentralismus bei der ärztlichen Honorierung beendet. Auch die Honorarverteilung wird wieder von der Ärzteschaft selbst organisiert – ohne Einflussmög-lichkeiten der Kassen. Und zur Fra- ge, wie sich die Krankenkassen auf regionaler Ebene unterschei-den können: Genau dafür gibt es die Selektivverträge, die ja nicht gemeinsam und einheitlich ausge-handelt werden müssen. Sicher

Seit vielen Jahren mischt der westfälische Bundestagsabgeordnete Jens Spahn sehr aktiv in der Gesundheitspolitik mit. Im Gespräch mit dem ersten stellver-tretenden KVB-Vorstandsvorsitzenden Dr. Pedro Schmelz nahm der gesund-heitspolitische Sprecher der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion ausführlich Stel-lung zur künftigen Entwicklung des Gesundheitssystems.

„Das KRaNKheitsRisiKO gehöRt zU DeN KasseN“

13titeltheMa

K VB FORUM 9/2013

bestehen gerade in der Unter-scheidung von Kollektiv- zu Selek-tivverträgen noch einige Unschär-fen, aber das lässt sich alles klären.

Schmelz: Ein Thema, mit dem ich mich seit Langem intensiv beschäf- tige, ist die ambulante spezialfach-ärztliche Versorgung (ASV). Ich ha-be dabei große Sorge, dass die niedergelassenen Fachärzte unter die Räder kommen, weil die Anfor-derungen sich zu stark an den Ge-gebenheiten in den Krankenhäusern orientieren. Sehen Sie auch diese Gefahr der Wettbewerbsnachteile für die Fachärzte in eigenen Praxen?

Spahn: Nein. Ich werbe vor allem dafür, die ASV jetzt endlich starten zu lassen. Dann kann sich ein Wett- bewerb überhaupt erst einmal ent-wickeln. Ich habe auch den Ein-druck, dass viele Fachärzte sich hier durchaus gut gewappnet se-hen. Natürlich kann man zum jet-zigen Zeitpunkt nicht alle Sorgen und Bedenken komplett zerstreu-en, aber ich finde, man sollte of-fen an die Sache herangehen und schauen, was passiert.

Schmelz: Ich kann mich des Ein-drucks nicht erwehren, dass durch die momentane Gesundheitspoli-tik eher der stationäre Bereich ge-fördert werden soll als wir nieder-

gelassenen Ärzte. Nimmt man noch die Planungen der Opposition für eine Bürgerversicherung hinzu, dann stehen wir möglicherweise vor ei-nem Systemwechsel: weg von der Freiberuflichkeit, hin zur Einheits-kasse und angestellten Ärzten in großen Zentren.

Spahn: Erst einmal zur Bürgerver-sicherung. Das ist – deutlich ge-sprochen – ein Rohrkrepierer. Kei-nes der aktuellen Versorgungspro-bleme löst man durch die Überfüh- rung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung in eine Ein-heitsversicherung. Das interessiert die Bürger im Lande auch gar nicht.

Die wollen doch wissen, ob sie auch in Zukunft in ihrem Ort noch einen Hausarzt oder auch in der nächsten Stadt einen Orthopäden oder Augenarzt finden können und ob ihr Kreiskrankenhaus weiter be- stehen kann. Über die Bürgerver-sicherung kann man sich bei Talk-runden in Berlin trefflich streiten, aber die Menschen bewegt das nicht. Zur Frage nach dem System- wechsel: Die Regierungskoalition steht ganz klar für eine sinnvolle Weiterentwicklung des bisherigen Systems mit GKV und PKV sowie der Arbeitsteilung von Hausärzten, Fachärzten und Kliniken.

Schmelz: Die Arbeitsteilung kann aber nur weiter bestehen bleiben, soweit die Praxen auch über ent-sprechende Finanzmittel verfügen können. Leider hat auch die jetzige Regierung den Budgetdeckel bei den Honoraren nicht aufgehoben …

Spahn: … aber zumindest gelockert.

Schmelz: Das schon. Aber wie soll es weitergehen mit der Honorie-rung der Praxen?

Spahn: Ich begrüße den von der Kassenärztlichen Bundesvereini-gung eingeschlagenen Kurs der För-

thema Bürger-versicherung: Jens spahn hält die system-wechselpläne der Opposition für unrealis-tisch. „Die Bür-gerversicherung ist ein Rohrkre-pierer.“

titeltheMa14

K VB FORUM 9/2013

derung der haus- und fachärztli-chen Grundversorgung. Gerade die Ärzte, die sich besonders intensiv um ihre Patienten kümmern, müs-sen besser honoriert werden. Ich habe schon eingangs gesagt, dass die Morbiditätsorientierung im am- bulanten Bereich inzwischen größ-tenteils gegeben ist. Aber wir müs-sen daran natürlich noch weiter arbeiten, denn das Krankheitsrisi-ko gehört ganz klar zu den Kassen und nicht zu den Ärzten und Kran-kenhäusern. Wenn das voll umge-setzt ist, dann gibt es auch keinen Honorardeckel mehr. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass mir viele junge Ärzte sagen, dass gar nicht das Geld, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen der Berufsausübung der entschei-dende Faktor sind, sich für eine Niederlassung zu entscheiden.

Schmelz: Das ist richtig, Herr Spahn. Die Erwartungshaltung un-serer jungen Kolleginnen und Kol-legen an ein erfülltes Berufsleben hat sich geändert. Eine ausgewo-gene Balance von Arbeit und Pri-vatleben ist wichtiger geworden. Das passt natürlich nicht mehr zum stets erreichbaren und für alles ver-antwortlichen Arzt mit 24-stündiger Rufbereitschaft für seine Patienten.

Spahn: Gerade deshalb bin ich auch der Meinung, dass wir die Regeln für die Ausübung der am-bulanten Medizin ändern müssen. Die Möglichkeiten, im Angestell-tenverhältnis arbeiten zu können, müssen noch erweitert werden. Eine größere Flexibilität bei der Be- rufsausübung kann dazu beitragen, dass auch wieder mehr Absolven-ten des Medizinstudiums bereit sind, nach der Weiterbildung auch wirklich als Hausarzt oder Fach-arzt in eigener Praxis tätig zu wer-den.

Schmelz: Was dabei aber auch hilf-reich wäre, ist ein Ende der Krimi-

nalisierung unseres Berufsstandes. Leider wird in der Öffentlichkeit noch zu oft das Bild der betrügeri-schen Ärzte gezeichnet, obwohl die Zahlen ja eine klare Sprache sprechen. Bei zirka 80 Millionen Behandlungsfällen pro Jahr in Bay-ern sind in unserer Stelle zur Be-kämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen lediglich rund 150 Verfahren pro Jahr anhängig, von denen der größte Teil nicht zu staatsanwaltschaftlichen Ermitt-lungen führt. Dennoch haben auch Sie schon öffentlich geäußert, dass

im Gesundheitswesen zu wenig gegen Korruption getan werde.

Spahn: Lassen Sie mich klarstel-len, dass es keinesfalls um einen Generalverdacht gegenüber der Ärzteschaft geht. Bildlich gespro-chen: Wir müssen hier nicht mit der Machete in einen Dschungel, sondern wir müssen das wenige Unkraut in einem schönen, gepfleg-ten Garten an der Wurzel packen und ausreißen. Deshalb brauchen wir auch eine rechtliche Basis, auf der man Fälle von ungerechtfertig-ter Vorteilsnahme oder Bereiche-rung auch entsprechend ahnden kann. Dabei sollen die Ärzte nicht zu Amtsträgern der Krankenkas-sen gemacht werden. Nur die we-nigen unter ihnen, die sich nicht

an die Regeln halten, müssen auch zur Rechenschaft gezogen werden können.

Schmelz: Zum Schluss möchte ich gerne noch von Ihnen wissen, was denn ganz oben auf Ihrer Agenda stehen würde, falls Sie nach den Bundestagswahlen im Herbst zum Gesundheitsminister ernannt werden sollten?

Spahn: Erst einmal würde ich ger-ne als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion

weiter mit Bundesgesundheitsmi-nister Daniel Bahr zusammenar-beiten. Wichtigstes Thema ist für uns dann sicherlich die künftige Krankenhausfinanzierung. Die Fra-ge lautet ja nicht, ob jede Stadt ihr Krankenhaus in der bisherigen Form benötigt, sondern wie man weiter-hin flächendeckend eine gute sta-tionäre Versorgung für alle Patien-ten gewährleisten kann. Ebenfalls ganz oben auf der Agenda steht natürlich das Ziel, wieder mehr Ärzte aufs Land zu bekommen. Es wäre schön, wenn jeder Arzt, der einen Nachfolger für seine Praxis sucht, auch wieder fündig wird.

Redaktion

KVB-Vize Dr. Pedro schmelz hat bei der ein-

führung der asV Bedenken, dass

die Fachärzte unter die Räder

kommen.

15

K VB FORUM 9/2013

titeltheMa

Medizinische Versorgung

[…] CDU und CSU wollen eine gut erreichbare Versorgung durch Ärz-te und Krankenhäuser, vor allem in ländlichen Regionen, sichern und dafür zum Beispiel die Attraktivität des Hausarztberufs steigern. […] Um die Versorgung in dünn besie-delten Gebieten sicherzustellen, setzen wir auch auf neue Lösungen wie den Ausbau der Telemedizin. Dafür wollen wir die notwendigen technischen und rechtlichen Vor-aussetzungen schaffen.

Kassen: Prämienrückerstattung

Krankenkassen, deren Rücklagen die gesetzliche Mindestreserve um ein Mehrfaches übersteigen, sollen in Zukunft zur Prämienrück-

erstattung an ihre Mitglieder ver-pflichtet werden. […] Eine staatli-che Einheitsversicherung lehnen wir ab. […] CDU und CSU setzen darauf, dass die Beteiligten in der Selbstverwaltung unseres Gesund- heitssystems verantwortungsvoll und partnerschaftlich handeln und dabei unnötige Bürokratie vermei-den.

attraktive gesundheitsberufe

Den Kern unseres Gesundheitswe-sens bilden die freie Arzt- und Kran- kenhauswahl, die Therapiefreiheit und die Unabhängigkeit der freien Gesundheitsberufe. […] Bei der Vergabe von Plätzen für ein Medi-zinstudium soll neben dem Noten-durchschnitt die persönliche Eig-nung der Bewerber für den Arztbe-

ruf sowie das Engagement in Ein-richtungen berücksichtigt werden, die einen Dienst am Menschen leisten […]. Eine verstärkte Be-rücksichtigung sollen auch Bewer-ber finden, die sich verpflichten, nach ihrem Medizinstudium in ei-ner Region tätig zu werden, in der es einen Mangel an Ärzten gibt.

Melde- und Management- systeme

[…] Wir wollen Melde- und Ma-nagementsysteme einführen, die dabei helfen sollen, Fehler zu ver-meiden und Qualität zu sichern.

gesundheitsvorsorge

[…] Gesundheitsförderung, Eigen-verantwortung und Vorsorge […] sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und können nicht allein über die sozialen Sicherungssyste-me gelöst werden. […] CDU und CSU treten dafür ein, alle geeigne-ten Möglichkeiten auszuschöpfen, medizinische Leistungen möglichst wirksam und wirtschaftlich zu ge-stalten.

Palliativversorgung

[…] Die palliativmedizinischen Ver-sorgungsangebote werden wir wei- ter ausbauen. […]

Zusammenfassung Susanne Rose (KVB)

In der letzten Ausgabe von KVB FORUM hatten wir Ihnen mit Ausnahme von CDU und CSU einige der wichtigsten Parteiprogramme zur Bundestagswahl vorgestellt. Inzwischen liegt auch das der CDU/CSU vor. Lesen Sie hier Auszüge aus dem gemeinsamen Bundestagswahlprogramm.

auch die Freie allianz der länder-KVen (FalK) hat im Vorfeld der Bun-destagwahl die politischen Par-teien nach ihren Plänen für das deutsche ge-sundheitswesen befragt. sie finden die ant- worten unter www.kvb.de in der Rubrik über uns/gesund-heitspolitik/FalK/Wahlprüf-steine 2013.

WahlPROgRaMM DeR cDU/csU

links zu den aktuellen Wahlprogrammen

� Bundestagwahlprogramme Sie finden alle Programme auf der Internetseite der Bundeszent-rale für politische Bildung unter www.bundestagswahl-bw.de/wahlprogramme1.html

� Landtagswahlprogramme Bayern CSU: www.bayernplan.de/start.php SPD: bayernspd.de/programm Bündnis 90/Die Grünen: www.gruene-bayern.de/service/wahlprogramme FDP: www.fdp-bayern.de/Wahlprogramme-Koalitionsvertraege/142b43/index.html Die Linke: www.die-linke-bayern.de/wahlen/landtags-wahl_2013/programm Freie Wähler: www.fw-bayern.de Piraten: piratenpartei-bayern.de/wahlprogramm2013

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K VB FORUM 9/2013

Frau Dr. Klakow-Franck, die ASV enthält viele komplexe Regelun-gen und es ist schwer, hier den Überblick zu behalten. Glauben Sie trotzdem an den Erfolg der ASV in der jetzigen Form oder könnte der neue Sektor eine „Tot-geburt“ werden?

Die ASV hat dann eine echte Erfolgs- chance, wenn sie nicht schon vor dem eigentlichen Start kaputt ge-redet oder gar durch politische Schnellschüsse nach der Bundes-tagswahl „verschlimmbessert“ wird, bevor überhaupt erste Erfah-rungen mit diesem gänzlich neuen, sektorenübergreifenden Versor-gungsbereich gesammelt werden konnten. Dass die ASV nach und nach – also eine indikationsspezi-fische Anlage nach der anderen – in Kraft treten soll, ist nicht als Schwäche, sondern vielmehr als Stärke der von uns gewählten Vor-gehensweise zu sehen. Unsere im März 2013 zusammen mit dem all-gemeinen Paragrafenteil beschlos-senen Eckpunkte zur Überarbei-tung der Anlagen sehen einen Be-schluss über die ersten beiden Kon- kretisierungen binnen Jahresfrist vor. Wenn der G-BA mit der gebo-

tenen Sachlichkeit und Sorgfalt wei- ter beraten kann, werden die ers-ten Anlagen – zu gastrointestinalen Tumoren und Tumoren der Bauch- höhle sowie zu Tuberkulose – im ersten Halbjahr 2014 in Kraft treten.

Die Vorgaben aus der ASV-Richt- linie gelten erst dann, wenn sie in den Anlagen krankheitsspezi-fisch konkretisiert werden. Die-se Anlagen können aber von den Vorgaben abweichen. Ist damit die Richtlinie im Grunde nicht überflüssig?

Der allgemeine Teil der ASV-Richt-linie regelt grundsätzliche Anfor-derungen, die unabhängig von der jeweiligen Indikation zwingend von den an einer Teilnahme an der ASV interessierten Krankenhäu-sern sowie von Vertragsärzten er-füllt werden müssen. Ein Kernele-ment dieser grundsätzlichen An-forderungen ist zum Beispiel die Bildung eines interdisziplinären Teams. Im Beratungsprozess war lange Zeit strittig, ob dieses Team zwingend „unter einem Dach“ vor-gehalten werden muss, also wenn nicht in einem Krankenhaus, dann

Am 21. März 2013 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Erstfas-sung der Richtlinie zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) be- schlossen. Die Richtlinie gibt den formalen Rahmen für den neuen, sektoren-übergreifenden Versorgungsbereich vor und definiert erstmals einheitliche Rah- menbedingungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. Gesetzliche Grundlage hierfür ist Paragraf 116b SGB V, der im Rahmen des GKV-Versorgungsstruktur- gesetzes neu gefasst wurde. KVB FORUM sprach dazu mit Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses.

seit Juli 2012 ist Dr. Regina Kla-kow-Franck als unparteiisches

Mitglied des g-Ba für die themen asV, Qualitäts-sicherung und

Disease Manage-ment-Programme

zuständig.

„Die asV Bietet VeRtRags- ÄRzteN Viele chaNceN“

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K VB FORUM 9/2013

in einem MVZ oder durch Bildung einer Berufsausübungsgemein-schaft. Am Ende haben alle Betei-ligten im G-BA entschieden, auch die Bildung von Kooperationsge-meinschaften zwischen Vertrags-ärzten oder mit Krankenhäusern zuzulassen, in denen der einzelne Vertragsarzt seine ASV-Leistun-gen im Rahmen der Kooperation eigenständig erbringt. Solche und ähnliche Grundsatzfragen sind mit dem allgemeinen Teil der ASV-Richtlinie nun bereits gelöst und verbindlich festgelegt worden.

Die Politik hat versprochen, kei-ne Mengenbegrenzung oder Budgetierung bei der ASV ein-zuführen. Wie groß ist die Ge-fahr, dass die ASV teurer wird als erwartet?

Ich halte das Risiko einer solchen „Kostenexplosion“ für nicht wahr-scheinlich. Der G-BA hat zahlrei-che Regelungen getroffen, die ei-ner medizinisch nicht notwendi-gen Mengenausweitung entgegen-wirken. So wird zum Beispiel der Behandlungsumfang zu jeder ein-zelnen ASV-Indikation jeweils ab-schließend in einem sogenannten Appendix zur Anlage auf Ebene der EBM-Gebührenpositionen festge-legt. Die Krankenkassen befürch-ten allerdings eine Erhöhung bei den Arzneimittelausgaben. Die Aus- wirkungen auf das Verordnungsver- halten müssen beobachtet werden.

Viele Regelungen der Richtlinie, wie zum Beispiel die regelmäßi-ge Überprüfung des Fortbeste-hens einer Indikation, sind sehr offen gehalten. Warum wurde der Unterausschuss hier nicht konkreter?

In der Tat haben wir beschlossen, weitere Details in den Anlagen zu regeln. Das hat gute Gründe und betrifft zum Beispiel die Eingren-zung der onkologischen Erkran-

kungen auf schwere Verlaufsfor-men, die Festlegung von Mindest-mengen oder die Frage, welcher Vertragsarzt – Hausarzt oder Fach- arzt – Patienten in die ASV über-weisen soll. Mit dieser Vorgehens-weise wollen wir indikationsspezi-fischen Besonderheiten gerecht werden. Eine einzige allgemeingül-tige Formel, zum Beispiel für die Festlegung von Mindestmengen für die ASV von schweren Verlaufs- formen der verschiedensten Tumor- erkrankungen, ist schlichtweg nicht machbar und auch unter dem Ge-sichtspunkt der Erreichbarkeit der Versorgung für die Patienten nicht sinnvoll.

Gibt es Überlegungen, dass bei der ASV-Bereinigung nicht nur der ambulante, sondern auch der stationäre Bereich „zur Kasse gebeten“ wird?

Es ist nicht so, dass bei der ASV-Vergütung für Krankenhäuser bei doppelt vergüteten Anteilen gar keine Kürzungen vorgesehen sind. Ein Krankenhaus, das bereits schon jetzt Leistungen nach Paragraf 116 b SGB V in der alten Fassung auf Basis des EBM erbringt, wird künf-tig nach dem Willen des Gesetzge-bers bei derselben Leistung einen Investitionskostenabschlag von fünf Prozent hinnehmen müssen. Sie sprechen allerdings die grund-sätzliche Problematik an, dass ambulante Leistungen für Kranken- häuser ein „add on“ zum stationä-ren Erlösbudget darstellen, wäh-rend im vertragsärztlichen Bereich eine Budgetbereinigung stattfin-den muss. Ob dieses Problem im Rahmen der bereits angekündig-ten Reform der Krankenhausfinan-zierung in der nächsten Legislatur-periode angegangen wird, bleibt abzuwarten. Ich halte es allerdings nicht für zielführend herauszu-rechnen, wie viele stationäre Leis-tungen durch ASV ersetzt werden. Per definitionem ist ASV keine Al-

ternative zur stationären Versor-gung, sondern ein zusätzliches ambulantes Versorgungsangebot, das auch durch Krankenhäuser er-bracht werden darf.

Welche Chancen und Risiken hat die ASV für die Vertragsärzte?

Ich sehe keine Risiken für Vertrags- ärzte, sondern nur Chancen. Der Trend zur „Ambulantisierung“ des Versorgungsgeschehens wird sich aufgrund des medizinisch-techni-schen Fortschritts unaufhaltsam fortsetzen – mit oder ohne ASV. Bereits jetzt kooperieren viele Ver- tragsärzte mit Krankenhäusern, und das ist gut so. Die ASV bietet den Vertragsärzten eine zusätzli-che Möglichkeit, die Entwicklung im Schnittstellenbereich von am-bulanter und stationärer Behand-lung nicht allein den Krankenhäu-sern zu überlassen, sondern gleich- berechtigt mitzugestalten. Eine proaktive vertragsärztliche Beteili-gung an der ASV ist eine gute In-vestition in den freien Arztberuf. Davon bin ich überzeugt.

Frau Dr. Klakow-Franck, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Janina Bär (KVB)

Vertragsärzte können über die asV den schnitt-stellenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung zu-künftig besser mitgestalten.

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K VB FORUM 9/2013

E ben noch in der Arztpraxis, jetzt schon als Fotomodel vor der Profikamera: Wie

kam es dazu, dass nicht etwa – wie für Werbekampagnen dieser Art eigentlich üblich – professionelle Models anhand ihrer Setkarten für das Fotoshooting ausgesucht wur-den, sondern plötzlich die nieder-gelassenen Ärzte selbst vor der Kamera stehen? KVB FORUM hat drei Ärzte besucht, die sich getraut haben, aus der Anonymität ihrer Praxen ins Rampenlicht der KBV-Kampagne zu treten und dieser auf diese Weise ein authentisches Ge-sicht zu geben.

Dr. Birgit Keßler, hautärztin und allergologin, Potsdam

Bei Anruf Fotoshooting: Dr. Birgit Keßler war ziemlich erstaunt, als ein Mitarbeiter der KBV sie eines Tages anrief und fragte, ob sie In-teresse daran hätte, bei der geplan-ten Imagekampagne mitzumachen. Die junge Hautärztin war in der Tat interessiert, vor allem deshalb, weil sie erst kurze Zeit niedergelassen war und in diesen wenigen Mona-ten bereits leidvoll erfahren hatte, wie stark das Bild, das sich der Patient vom Arzt macht, von dem

Ihre Gesichter und die vieler ihrer Kollegen zieren seit Ende April dieses Jahres deutschlandweit Großflächenplakate, Citylights und Anzeigenstrecken in den wichtigsten Medien. Stellvertretend für die 150.000 Niedergelassenen hierzu-lande werben Dr. Birgit Keßler, Dipl. Med. Heidelind Schäfer und Dr. Wolfgang Barchasch im Rahmen der Kampagne der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für ein besseres Image ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit. Der Grundge-danke: In der breiten Öffentlichkeit das Bewusstsein zu verankern, dass die Arbeit des niedergelassenen Arztes unersetzlich ist.

„ich aRBeite FüR ihR leBeN geRN“

Dr.�Birgit Keßler

»�Ich bin Hautärztin. Ich arbeite für Ihr Leben gern.«

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abweicht, was sie selbst als Reali-tät empfindet. „Kaum ein Abend, an dem nicht eine Reportage über Kunstfehler der Ärzte, unnütze Operationen, Bestechung oder Steuerhinterziehung zu sehen ist. Außerdem muss ich mich meinen Patienten gegenüber immer häufi-ger dafür rechtfertigen, dass sie länger auf einen Termin warten müssen, die Kassen bestimmte kosmetische Eingriffe nicht über-nehmen oder die Parkplatzsituati-on vor der Praxis ungenügend ist. Da habe ich die Kampagne als Chance gesehen, mich als Ärztin zu präsentieren, die ihren Job ger-ne macht und deren Interesse in erster Linie darin besteht, dass es den Patienten gut geht.“

Mit dem Slogan der Kampagne konnte sich die Potsdamerin gleich identifizieren. Er implizierte für sie das, was der Grund für ihre eigene Berufswahl war: die Lebensqualität und die Gesundheit der Patienten zu erhalten beziehungsweise wie-derherzustellen. Trotzdem hat sie sich die Sache mit der Kampagnen-teilnahme gut überlegt und auch durchaus kritisch gesehen. „Ich habe etwas gezögert, weil es uns Ärzten ja nicht schlecht geht, wir nicht verhungern und mir nicht ganz klar war, welche Botschaft die Kampagne vermitteln will und was davon beim Bürger ankommt. Ein Plakat mit meinem Gesicht und meinem Namen und der Aussage ‚Ich arbeite für Ihr Leben gern’ er-schließt sich nicht jedem.“

Das Fotoshooting selbst und die Dreharbeiten zum TV-Spot hat die Hautärztin durchaus genossen. „Das alles war sehr aufregend und faszinierend, eine völlig andere Welt, so gänzlich konträr zu meiner ärztlichen Tätigkeit.“

Autogramme muss sie seitdem aber keine geben. Auch auf der Straße wird sie nicht erkannt. Nur

wenige Patienten haben sie bisher auf die Plakate angesprochen. „Ich denke nicht, dass sie für den nor-

malen Passanten eine ‚klärende’ oder ‚auffordernde’ Funktion ha-ben. Von Kollegen wurde ich dage-gen häufiger angesprochen, aller-dings kam auch hier eher die Fra-ge auf: ‚Was will uns dieses Plakat sagen?’ Der TV-Spot wurde als gut gemacht beurteilt, zu den Inhalten aber wenig gesagt. Dagegen wurde die Auswahl der ‚Charakterköpfe’ gelobt.“

Die Potsdamerin wünscht sich für den weiteren Verlauf der Kampag-ne, dass sie stärker auf den Patien-ten und nicht primär auf den Arzt fokussiert. Insgesamt sollte dem Thema „Erhalt der Gesundheit durch den niedergelassenen Arzt“ ihrer Ansicht nach ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.

Kollegen, die für einen der nächs-ten Zyklen mit einer Kampagnen-teilnahme liebäugeln, rät sie, sich von Anfang an darüber im Klaren zu sein, „dass das eigene Gesicht unter Umständen neben einem Ar-tikel in der Zeitung zu sehen ist, der sich darüber lustig macht, dass die Ärzte anfangen zu heulen und sich selbst bemitleiden. Jetzt am Anfang der Kampagne, ist einfach noch

nicht klar, worauf sie genau abzielt. Dies sollte man bei den Machern genauer hinterfragen.“

Dipl. Med. heidelind schäfer, Fachärztin für allgemeinmedi-zin, Rheinsberg

Ihrer Blauäugigkeit hat Dipl. Med. Heidelind Schäfer nach eigener Aussage ihre Teilnahme an der KBV-Imagekampagne zu verdan-ken. „Blauäugig“ deshalb, weil die Allgemeinmedizinerin – nachdem sie vom Pressesprecher der eige-nen KV zu einer Teilnahme ermun-tert worden war –, nicht wirklich daran geglaubt hatte, dass sie die Vorauswahl (Neudeutsch: „Cas-ting“) überstehen würde. Doch das Casting in Berlin verlief gut. „Ich wurde sehr freundlich empfangen. Die Atmosphäre war locker und ungezwungen, trotzdem hochpro-fessionell.“ Ausführlich wurde sie über die inhaltlichen Schwerpunk-te der geplanten Kampagne infor-miert, konnte sich mit dem Slogan ‚Ich arbeite für Ihr Leben gern’ so-fort identifizieren. „Das hätte man nicht besser formulieren können.“ Als sie am Ende des Fotoshootings am Computer ihre Fotos sieht, hat-te sie eigentlich erwartet, dass sie sich hier trotz ihrer 55 Jahre völlig geglättet und entspannt wie ein Hollywoodstar auf einem Hoch-

Dr. Birgit Keßler vor ihrem Foto-shooting in der Maske.

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gesUNDheitsPOlitiK

glanzmagazin entgegenlächeln würde. „Ich war über das Ergebnis zunächst etwas erschüttert und empfand, wie andere Teilnehmer übrigens auch, dass die Gesichts-züge zu hart sind und dadurch älter wirken.“ Auf ihre Nachfrage erfuhr Heidelind Schäfer, dass es das An-liegen der Kampagne sei, keine re-touchierten „Modelgesichter“, son-dern die vom „Leben geprägten Gesichter“ zu zeigen.

Zwei Wochen nach dem Casting-Termin erhielt die Allgemeinmedi-zinerin die Nachricht, dass sie de-finitiv ein Gesicht der Kampagne ist. Vor dem Hintergrund der me-dialen Berichterstattung, in der es immer wieder um korrupte Ärzte,

unnötige Operationen, Behand-lungsfehler, verzerrte Darstellun-gen des Arztberufes und teilweise auch um die Kriminalisierung der Ärzteschaft geht, sah sie in der Teilnahme eine gute Möglichkeit, als Ärztin endlich selbst zu Wort zu kommen. „Ich bin wegen dieser Reportagen und Fernsehsendungen oft sehr wütend und sprachlos! Wir lassen das einfach so gesche-hen. Vor Kurzem wollte ich Günther Jauch wutentbrannt einen Brief schreiben, um ihm meine Gedan-ken zur letzten Sonntagabend-Talk-show mitzuteilen. Aber es blieb mal wieder nur beim Vorhaben. Dank der Kampagne kann ich nun aktiv werden.“ Regelrecht betroffen ist die Allgemeinmedizinerin darü-

Die Plakate von Dipl. Med. heide-

lind schäfer waren an ihrem Praxisstandort

auf dem land leider nicht zu

sehen. Dafür be-kam sie von

ihrer Familie, Freunden und

Patienten viele handy-Fotos

ihres Motivs aus ganz Deutsch-

land zuge-schickt.

ber, dass die Ärzteschaft in den Medien eine so schlechte Lobby hat und fragt sich nach den Grün-den. „Dabei denke ich, dass wir in Deutschland ein sehr gut funktio-nierendes Gesundheitssystem ha-ben. Auch in meiner täglichen Ar-beit erfahre ich von meinen Patien-ten viel Dankbarkeit, Respekt und Anerkennung. Das gibt mir die Kraft, meinen Beruf weiterhin mit Freude und Engagement auszu-üben.“

Als „Werbestar“ fühlt sich Heide-lind Schäfer nach ihrer Kampagnen-teilnahme nicht. Die Motive sind an ihrem Praxisstandort 90 Kilometer entfernt von Berlin ohnehin nicht plakatiert. Trotzdem hat sich ihr Auftritt bei Familienmitgliedern, Freunden, Patienten und deren An-gehörigen herumgesprochen. „Die schicken mir dann von überallher ein Foto meines Plakatmotivs per Handy.“ Die Kampagne, so Schäfer, werde durchweg positiv bewertet. Ihre Patienten seien stolz, dass gerade ihre Hausärztin in vielen großen Städten Deutschlands zu sehen sei. „Sie wollen dann oft mehr über die Hintergründe der Kampagne wissen und so ergeben sich tiefer gehende Gespräche. Zum Beispiel über den drohenden Hausärztemangel, der den Men-schen hier auf dem Land große Sorgen bereitet.“

Würde sich die 55-Jährige noch einmal an so einer Kampagne be-teiligen? „Ein eindeutiges Ja. Ich rate allen Kollegen, die sich über-legen, ein Teil der auf fünf Jahre angelegten Kampagne zu werden, mitzumachen. Es ist wirklich eine besondere Erfahrung. Mit der Fa-milie und den Patienten ergeben sich auf einmal völlig neue Ge-spräche. Schön wäre es, wenn wir alle mit der Kampagne erreichen könnten, dass unser schöner Arzt-beruf in ein anderes Licht gerückt wird, sodass junge Menschen die-

»�Ich bin Landärztin. Ich arbeite für Ihr Leben gern.«

Dipl.-Med. Heidelind Schäfer

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gesUNDheitsPOlitiK

sen Beruf mit Freude wählen und selbst erfahren können, wie viel Spaß diese Arbeit macht.“

Dr. Wolfgang Barchasch, Fach-arzt für gynäkologie und ge-burtshilfe, Flensburg

Mit Kampagnen hat der Flensbur-ger Frauenarzt bereits seine Erfah-rungen. Schon vor einigen Jahren hatte die KV Schleswig-Holstein ihn und zirka 50 Kollegen für eine Wartezimmerplakat-Aktion abge-lichtet. Diese Fotos landeten nun auf Anfrage der KBV in Berlin. Dort wurde eine Vorauswahl getroffen und die ausgesuchten Ärzte zum Casting nach Hamburg eingeladen. Barchasch war einer von ihnen. Er zögerte keine Sekunde und sagte sofort zu. „Für das Thema ‚Wert-schätzung der ärztlichen Arbeit und Leistung in der Gesellschaft’ habe ich mich schon seit Jahren aktiv engagiert. Insofern war die Imagekampagne der KBV genau mein Thema.“

Ehe er sich’s versieht, wird Bar-chasch zu einem der Hauptdarstel-ler des 60-sekündigen TV-Spots der Kampagne. Die Arbeit am Set hat ihn fasziniert. „Die Verantwort-lichen haben unheimlich professi-onell gearbeitet. Für mich als Me-dienneuling war alles zwar sehr auf-

regend, aber trotzdem einfach. Ich wurde herzlich und sicher durch die Aufnahmeprozedur für den Fern-sehspot und das anschließende In-terview geführt. Alle haben mir das Gefühl gegeben, dass ich mich nicht zu ‚blöd’ anstelle. Trotzdem würde ich meinen jetzigen Beruf niemals gegen den eines Film- oder TV-Darstellers eintauschen.“

Damit, dass sein Gesicht nun deutschlandweit bekannt ist, hat der Flensburger kein Problem. Er werde nur von wenigen darauf an-gesprochen. „Das liegt wohl daran, dass nicht allzu viele Bürger den

TV-Spot bewusst wahrgenommen haben.“ Deprimierend findet er, dass nur wenige seiner Kollegen die Kampagne und den Spot inter-essiert verfolgt hätten, obwohl die auf fünf Jahre angelegte Aktion für die gesamte Ärzteschaft extrem wichtig sei, damit eine öffentliche Diskussion und auch eine entspre-chende Nachhaltigkeit entstehen könne. „Dafür muss sich aber auch die überwiegende Mehrheit der Ärzteschaft mit der Kampagne und ihren Zielen identifizieren und sie aus Überzeugung mittragen. Die Kampagne bietet die einmalige Chance, all die Jahre des Erduldens, des Nichtreagierens und des feh-lenden Engagements vom Tisch zu wischen. Es ist genug Diffamierung durch Krankenkassen, Politik und Presse über uns ausgeschüttet worden. Es liegt nun an uns Ärzten, die längst überfällige Diskussion zum Thema ‚Wertschätzung unse-rer Leistung’ auf den Weg zu brin-gen. Dies sind wir vor allem auch den nachfolgenden Ärztegenerati-onen schuldig.“

Marion Munke (KVB)

Dr. Wolfgang Barchasch ist eines der gesichter des tV-spots. Die Dreharbeiten haben ihn sehr fasziniert. trotz-dem würde er seinen arztberuf nie eintauschen.

gesUNDheitsPOlitiK22

K VB FORUM 9/2013

M it dem Paragraf 115a SGB V hat der Gesetz-geber unter anderem die

Voraussetzungen der Kooperation zwischen Krankenhäusern und nie-dergelassenen Vertragsärzten hin-sichtlich der Erbringung vor- und nachstationärer Leistungen gere-gelt. So räumt der Paragraf 115a SGB V Krankenhäusern die Möglich-keit ein, bei Verordnung von Kran-kenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung zu be-handeln,

� um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhaus-behandlung zu klären,

� die vollstationäre Krankenhaus-behandlung vorzubereiten oder

� im Anschluss an die vollstationä-re Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

Obgleich die vor- und nachstatio-näre Behandlung gemäß Paragraf 115a SGB V „ohne Unterkunft und Verpflegung“ erfolgt, handelt es sich um keine ambulante, sondern um eine stationäre Behandlungs-form. Daher kann eine vor- bezie-

hungsweise nachstationäre Be-handlung durch das Krankenhaus nur dann erfolgen, wenn vorab eine Verordnung von Krankenhausbe-handlung durch den niedergelas-senen Vertragsarzt erfolgt ist (sie-he hierzu auch „Einweisung oder Überweisung ins Krankenhaus“ in KVB FORUM, Ausgabe 7-8/2013, Seite 22).

Wichtig: Alle Leistungen, die der niedergelassene Vertragsarzt vor-ab erbringt, um die Erforderlichkeit einer Verordnung von Krankenhaus-behandlung festzustellen, gehören nicht zur vorstationären Behand-lung gemäß Paragraf 115a SGB V. Hierbei handelt es sich um ver-tragsärztliche Leistungen.

Beauftragung des Vertragsarz-tes durch das Krankenhaus

Paragraf 115a SGB V sieht die Möglichkeit vor, dass das Kranken-haus die vor- oder nachstationäre Behandlung auch durch hierzu aus-drücklich beauftragte niedergelas-sene Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses oder der Arzt-praxis erbringen lassen kann. Wenn niedergelassene Vertragsärzte von

Krankenhäusern im Rahmen einer vor- beziehungsweise nachstatio-nären Behandlung ausdrücklich be-auftragt werden, Leistungen im Vorfeld oder Nachgang einer voll-stationären Behandlung zu erbrin-gen, handelt es sich hierbei um Leistungen des Krankenhauses und damit um Leistungen außer-halb der vertragsärztlichen Ver-sorgung (Paragraf 3, Absatz 2, Nummer 8 Bundesmantelvertrag). Diese Leistungen können nicht über die KVB abgerechnet, son-dern müssen den Krankenhäusern direkt in Rechnung gestellt werden.

hierbei sind folgende Punkte zu beachten:

1. Sofern eine Kooperation zwi- schen niedergelassenem Ver- tragsarzt und Krankenhaus beid- seitig gewünscht ist, ist es emp- fehlenswert, eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen, in der die Rahmenbedingungen der gemeinsamen Zusammen-arbeit festgehalten werden. Beim Abschluss einer solchen Vereinbarung ist darauf zu ach- ten, dass Leistung und Gegen- leistung, das heißt der erbrachte

Eine enge Zusammenarbeit von niedergelassenen Vertragsärzten und Kranken-häusern ist im Sinne einer guten Patientenversorgung wünschenswert und in vielen Fällen gelebte Praxis. Dennoch entstehen hier vereinzelt Unklarheiten, die die KVB und die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) im Sinne eines partnerschaftlichen Miteinanders vermeiden wollen. Eine gemeinsame Artikel-serie soll über die wichtigsten Regeln der Kooperation zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern informieren. Teil 2 beschäftigt sich mit dem Thema „Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus“. Der Beitrag erscheint gleich-lautend auch in den BKG-Mitteilungen.

VOR- UND NachstatiONÄRe BehaNDlUNg iM KRaNKeNhaUs

23gesUNDheitsPOlitiK

K VB FORUM 9/2013

Leistungsumfang und die Ver- gütung, in einem angemessenen Verhältnis stehen. Als Maßstab für eine angemessene Vergü-tung können beispielsweise be- stehende Gebührenordnungen (EBM, GOÄ) herangezogen wer- den. Damit kann dem Vorwurf einer Zuweisung gegen Entgelt entgegengewirkt werden.

2. Das Vorliegen einer Kooperati-onsvereinbarung ersetzt nicht die Beauftragung im Einzelfall. Um Leistungen gegenüber dem Krankenhaus in Rechnung stel- len zu können, ist es erforder-lich, dass in jedem Einzelfall eine ausdrückliche und nach- weisliche, das heißt schriftlich abgefasste Beauftragung sei- tens des Krankenhauses erfolgt.

Für die Krankenhäuser be- deutet dies:

� Die Erbringung und Abrechnung vor- beziehungsweise nachsta-tionärer Leistungen ist nur nach vorheriger Verordnung von Kran- kenhausbehandlung möglich.

� Sollen niedergelassene Vertrags- ärzte vor- beziehungsweise nachstationäre Leistungen er- bringen, muss das Krankenhaus diese vor der Leistungserbrin-gung ausdrücklich und nach- weislich beauftragen.

Für den niedergelassenen Vertragsarzt bedeutet dies:

� Ohne vorherige ausdrückliche und nachweisliche Beauftragung des niedergelassenen Vertrags-arztes durch das Krankenhaus ist eine Abrechnung gegenüber dem Krankenhaus nicht möglich.

� Ohne Beauftragung muss der niedergelassene Vertragsarzt abwägen und entscheiden, ob und welche ambulanten Leis-

tungen erbracht werden müssen und gegenüber der KVB abge- rechnet werden können.

Fallbeispiele

Beispiel 1: Patient A sucht das Krankenhaus mit Verordnung von Krankenhausbehandlung auf. Er kommt zum einweisenden Vertrags-arzt zurück und erklärt mündlich, das Krankenhaus habe ihm mitge-teilt, der niedergelassene Vertrags-arzt solle zunächst noch bestimm-te Untersuchungen durchführen. Hierbei handelt es sich um keine ausreichende Beauftragung des niedergelassenen Vertragsarztes zur Durchführung vorstationärer Leistungen. Es besteht keine Grund-lage für eine Rechnungsstellung gegenüber dem Krankenhaus.

Beispiel 2: Patient B sucht unter Verordnung von Krankenhausbe-handlung das Krankenhaus auf. Das Krankenhaus beauftragt den einweisenden Vertragsarzt im Rah-men der vorstationären Behandlung schriftlich mit der Erbringung be-

stimmter Untersuchungen. Hierbei handelt es sich um eine ausrei-chende Beauftragung des nieder-gelassenen Vertragsarztes zur Durchführung vorstationärer Leis-tungen. Die erbrachten Leistungen werden dem Krankenhaus vom niedergelassenen Vertragsarzt in Rechnung gestellt.

Beispiel 3: Patient C sucht das Krankenhaus ohne Verordnung von Krankenhausbehandlung auf. In diesem Fall ist keine vorstatio-näre Behandlung und dementspre-chend auch keine Beauftragung nach Paragraf 115a SGB V möglich.

Susanne Fuchs (KVB)Heike Oesterwinter (BKG)

Das Kranken-haus kann ge-mäß Paragraf 115a sgB V die vor- oder nach-stationäre Be-handlung auch durch hierzu ausdrücklich be-auftragte nie-dergelassene Vertragsärzte in den Räumen des Krankenhauses oder der arzt-praxis erbringen lassen.

gesUNDheitsPOlitiK24

K VB FORUM 9/2013

D ie Wissenschaftler des ZI haben in verschiedenen Regionen Deutschlands

ausgewertet, wie sich ein hoher An- teil von ambulanten ärztlichen Be-handlungen im Verhältnis zu einer niedrigeren Zahl an Krankenhaus-behandlungen auswirkt. Das Ergeb- nis: In diesen sogenannten „Best-Practice-Regionen” werden die Men- schen deutlich günstiger behandelt als in Gegenden mit einem höheren Anteil einer stationären Versorgung. In Bayern gehören beispielsweise die Stadt und der Landkreis Mün-chen zu diesen Regionen.

Würde die Aufteilung zwischen der ambulanten und der stationären

Versorgung überall in Deutschland nach diesem Vorbild gestaltet, könn- ten trotz der erwarteten demogra-fischen Entwicklung bis zum Jahr 2030 etwa vier Milliarden Euro ein- gespart werden, so das ZI. Die Stu- die des ZI belegt also, dass es loh-nenswert ist, in die ambulante Ver- sorgung zu investieren. Es lohnt sich sowohl für den einzelnen Pa-tienten, der Vertrauen zu seinem Arzt oder Psychotherapeuten vor Ort hat, als auch für die gesamte Volkswirtschaft, die sich durch die eingesparten Kosten im Gesund-heitswesen eine gleichbleibend hochwertige medizinische Versor-gung trotz des demografischen Wandels leisten kann.

Angesichts der Erkenntnisse des ZI erscheint die Forderung der Krankenkassen, Arztsitze in angeb- lich überversorgten Gebieten nicht nachzubesetzen, mehr als kontra-produktiv – vor allem mit der damit verbundenen abschreckenden Wirkung für den niederlassungs-willigen medizinischen Nachwuchs. Mit dem viel beschworenen Grund-satz „ambulant vor stationär“ ist dies kaum in Einklang zu bringen.

Eine Zusammenfassung der Studie finden Sie im Internet unter www.zi.de in der Rubrik Presse/2013/ 25. Juni 2013.

Redaktion

Die medizinische Versorgung einer immer älter werdenden Gesellschaft kann bezahlbar gemacht werden – aber nur durch die Stärkung der ambulant tätigen Ärzte und Psychotherapeuten vor Ort. Dies ist eine der zentralen Aussagen einer Studie zu den Potenzialen der ambulanten Versorgung, die das Zentralin-stitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) Mitte des Jahres veröffentlicht hat.

gRUNDsatz „aMBUlaNt VOR statiONÄR“ Mit leBeN FülleN!

Praxiskosten: Vierte bundesweite Befragung läuft seit Mitte JuniMehrere tausend Praxen erhiel-ten Mitte des Jahres wieder Post vom ZI und können sich bis zum 30. September an der bundes-weiten Kostenstrukturerhebung im Rahmen des ZI-Praxis-Panels (ZiPP) beteiligen. Die Befragung liefert den KVen und der KBV ei-ne wichtige Datengrundlage für die Verhandlungen mit den Kran- kenkassen.

Das ZiPP ist die einzige fachüber-

greifende repräsentative Erhebung, die eine Beurteilung der wirtschaft-lichen Situation der Praxen im Zeit-ablauf zulässt. Das ZI erhebt die Da-ten seit 2010 regelmäßig einmal pro Jahr. In den vergangenen drei Erhe- bungen haben sich bereits 8.200 Praxen mit rund 11.000 Ärzten und Psychotherapeuten beteiligt. Je größer der Rücklauf, desto aus-sagefähiger ist die Datengrundlage. Aufgerufen zur Teilnahme sind so-wohl Ärzte und Psychotherapeu-

ten, die sich bereits in den ver-gangenen Jahren beteiligt ha-ben, als auch solche, die in ei-nem repräsentativen Stichpro-benverfahren ausgewählt wur-den. Um die Teilnahme zu för- dern, bietet das ZI auch eine Aufwandsentschädigung. Bei Rückfragen können sich die an-geschriebenen Praxen an die Telefonnummer 0 30 / 40 05 – 24 44 wenden oder sich unter www.zi-pp.de informieren.

25PsychOtheRaPie

K VB FORUM 9/2013

G etarnt sind diese Vorstöße als gut gemeintes Infor-mationsangebot für die Ver-

sicherten. Der Zugang zur Psycho-therapie soll durch die kasseneige- ne Patientensteuerung schneller möglich werden. Sieht man jedoch genauer hin, so zeigt sich ein deut- licher Eingriff in die Beziehung zwi-schen Patient und Arzt beziehungs- weise Patient und Psychotherapeut. Hier wird sowohl die freie Arzt- und Psychotherapeutenwahl der Versi-cherten als auch die Therapiefrei-heit massiv eingeschränkt! Es steht den Krankenkassen nicht zu, darü-ber zu entscheiden, ob und mit wel-cher Stundenzahl in einem kon-kreten Fall Therapiebedarf besteht und welche Therapieform die ge-eignete ist. Das ist Sache der be-handelnden Ärzte und Psychothe-rapeuten, nur sie verfügen über die entsprechenden Qualifikationen und Erfahrungen. Ein durch die Kran-kenkassen gestellter Fallkoordina-tor, gerne englisch als „Terminma-nager“ oder „Casemanager“ be-zeichnet, kann diese Leistung nicht erbringen. Hinzu kommt, dass die Aufnahme des Erstkontaktes zum Psychotherapeuten durch den Pa-tienten neben dem Erstgespräch von großer Bedeutung für die the-rapeutische Beziehung ist. Hier wird zusammen mit dem Patienten die

Art und Dauer der Behandlung be-sprochen. Dies kann ein von den Krankenkassen gestellter Fallkoor-dinator nicht leisten. Darum soll-ten sich die Kassen bessere Mög-lichkeiten zur Verwendung ihrer Gelder einfallen lassen.

Besuche durch den MDK

Ein weiteres Ärgernis für die nieder-gelassenen Ärzte und Psychothe-rapeuten sind Besuche oder Anfra-gen durch die Krankenkassen oder durch die medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (MDK). Die Vertragsärzte und -psychothe-rapeuten sind zwar verpflichtet, diese Anfragen zu beantworten, allerdings nur dann, wenn diese bestimmte formale und inhaltliche Anforderungen erfüllen. Hierzu tritt ab 1. Oktober 2013 der ein-heitliche Bundesmantelvertrag mit folgenden Änderungen in Kraft: Künftig müssen die Kassen für formlose Anfragen bei Ärzten ein Rahmenformular verwenden. Das Rahmenformular soll zudem die Rechtsgrundlage der Anfrage dar-stellen, um Rechtsunsicherheiten insbesondere in Bezug auf die Schweigepflicht und den Daten-schutz zu vermeiden. Das Formu-lar soll darüber hinaus Hinweise auf eine mögliche Vergütung ent-

halten, da die Ärzte und Psycho-therapeuten künftig für Gutachten oder Bescheinigungen mit gutach-terlicher Stellungnahme eine ent-sprechende Vergütung erhalten.

Ob diese Neuerungen die ge-wünschte Wirkung haben, wird sich ab Oktober zeigen. Die Reali-tät in den Praxen ist bisher, dass die Krankenkassen häufig unnötige und unzulässige Anfragen stellen und somit den Verwaltungsaufwand in den Praxen deutlich erhöhen. Dabei handelt es sich um wertvol-le Zeit, die für die Behandlung der Patienten nicht zur Verfügung steht.

Cornelia Maier (KVB)

Immer häufiger greifen die Krankenkassen in die ärztliche und psychothera-peutische Behandlung ein. So haben einige Kassen angekündigt, eine eigene Koordinierungsstelle für ihre Versicherten mit psychotherapeutischem Behand-lungsbedarf einzurichten. Über diese soll der Versicherte – so ein entsprechen-des Thesenpapier – „bedarfsgerecht in die Therapie gesteuert“ werden. Es handelt sich also um einen massiven Eingriff in die freie Arzt- und Psychothe-rapeutenwahl der Patienten.

eiNgRiFFe UND aNFRageN DeR KRaNKeNKasseN

hat der Versi-cherte bei der arzt- und Psy-chotherapeuten-suche bald schon keine Wahl mehr? eini-ge Krankenkas-sen wollen ihre Mitglieder künf-tig „bedarfsge-recht in die the-rapie steuern.“

PsychOtheRaPie26

K VB FORUM 9/2013

W enn ein Mensch unheil-bar krank ist, ist nicht allein der Patient belas-

tet. Die Erkrankung wirkt sich auch erheblich auf das familiäre Umfeld aus. Etwa ein Drittel bis die Hälfte der Angehörigen palliativer Patien-ten entwickelt Anpassungsstörun-gen – oft unmittelbar nach Diagno- sestellung oder bei Verschlechte-

rung des Gesundheitszustands des Betroffenen.

total-Pain-Konzept

Als Gründungsdatum der modernen Palliativbewegung gilt die Eröffnung des St. Christopher Hospice in Lon-don durch Dame Cicely Saunders im Jahre 1967. Sie verstand das

Schmerzerleben von Tumorpatien-ten nicht nur als medizinisches Pro-blem, sondern als somato-psycho-sozio-spirituelles Krankheitsgesche-hen. Mit ihrem Konzept „Total Pain“ brachte sie zum Ausdruck, dass die existenzielle Situation des Ein-zelnen und das Leiden der Betrof-fenen im Mittelpunkt stehen müs-sen.

Die Behandlung körperlich schwer kranker Patienten und ihrer Angehörigen wird zunehmend auch Aufgabe niedergelassener Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Neben ihrer psychotherapeutischen Grundkompetenz werden sie mit Fragen der Krankheitsbewältigung und dem verbleibenden Lebenssinn konfrontiert. Außerdem müssen der Umgang mit Trauerprozessen, existenziellen Ängsten, depressiven Reaktionen sowie Einschränkungen der Lebensqualität mit den Patienten und ihren Angehörigen erörtert werden.

PalliatiVe caRe FüR PsychOtheRaPeUteN

Menschen, de-ren angehörige

schwer erkrankt sind oder im

sterben liegen, benötigen oft

psychotherapeu-tische Unter-

stützung. auch den Patienten

selbst kann mit hilfe eines

Psychotherapeu-ten so manche angst genom-men werden.

27PsychOtheRaPie

K VB FORUM 9/2013

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) greift dies auf, indem sie Palliative Care definiert als „An-satz zur Verbesserung der Lebens-qualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen kon-frontiert sind, welche mit einer le-bensbedrohlichen Erkrankung ein-hergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorg-fältige Einschätzung und Behand-lung von Schmerzen sowie ande-ren Problemen körperlicher, psy-chosozialer und spiritueller Art.“ (WHO 2002).

Dynamische entwicklung der Palliativversorgung

Die moderne Palliativbewegung sieht ihre Aufgabe nicht nur im Lin-dern beziehungsweise im Verhin-dern des Leidens. Es geht ihr auch darum, Sterben und Tod als etwas dem Leben Zugehöriges erfahrbar zu machen. Nachdem Sterben und Tod in der modernen Medizin lan-ge Zeit tabuisiert und ausgeblen-det wurden, kommt es in den letz-ten Jahren auch in Deutschland zu einer dynamischen Entwicklung auf dem Gebiet der Palliativversor-gung.

Im Jahr 2010 gab es bereits über 400 Palliativstationen und statio-näre Hospize mit zirka 3.000 Bet-ten. Es ist davon auszugehen, dass von den etwa 850.000 Menschen, die jährlich in Deutschland ster-ben, zehn bis zwölf Prozent im letz- ten Jahr ihres Lebens eine spezia-lisierte Palliativversorgung benöti-gen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird Palliative Care in den kommenden Jahren eine be-sondere Bedeutung zukommen.

spezielle Fortbildungs- angebote nutzen

Psychotherapeutinnen und Psycho- therapeuten werden auf dem Ge-

biet der Palliativversorgung eine immer wichtigere Rolle spielen, auf die sie sich mit speziellen Fortbil-dungsangeboten gut vorbereiten können. Bereits im vergangenen Jahr wurde von der KVB der Basiskurs „Palliative Care für Psychothera-peuten“ angeboten. Er beinhaltete die psychotherapeutischen Grund-fähigkeiten im Umgang mit körper-lich Schwerkranken und vermittel-te Einblicke in die multiprofessio-nelle Zusammenarbeit der betei-ligten Berufsgruppen (Seelsorge, Soziale Arbeit, Pflege, Medizin etc.).

aufbaukurse 2013

Auch in diesem Jahr findet wieder eine solche Fortbildung statt. In Kooperation mit der Christopho-rus-Akademie am Klinikum Groß-hadern haben wir einen Aufbau-kurs konzipiert, in dem wir in Klein- gruppen intensiv an psychothera-peutischen Methoden und einer individuellen Haltung bei der Un-terstützung von Palliativpatienten und deren Angehörigen arbeiten.

Wir verstehen diesen Kurs als Ver-tiefung für Kolleginnen und Kolle-gen, die sich mit der Betreuung schwer kranker Patienten und ihrer Angehörigen intensiver beschäfti-gen wollen. In Kleingruppen sollen möglichst interaktiv die Besonder-heiten der Behandlung von Pallia-tivpatienten herausgearbeitet wer-den. Dabei geht es uns nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um die Etablierung einer per-sönlichen Haltung gegenüber den Betroffenen.

Im Kurs soll das Spektrum psycho-therapeutischer Interventionsme-thoden möglichst umfassend ab-gebildet werden (Tiefenpsycholo-gie, Verhaltenstherapie, systemi-sche Therapie etc.). Dabei werden auch Belastungsfaktoren für pro-fessionell in diesem Arbeitsfeld Tätige berücksichtigt.

Weitere Informationen zu den Ver-anstaltungen und den Anmelde-modalitäten finden Sie unter www.psychotherapie-muenchen.de.

Dr. Martin Fegg, Petra Rechenberg-Winter

PD Dr. Martin Fegg ist Psycho-logischer Psy-chotherapeut, supervisor, Do-zent und seit über zehn Jah-ren im Bereich Palliative care tätig.

Psychotherapeu-tin Petra Rechen- berg-Winter ist Kinder und Ju-gendlichenpsy-chotherapeutin, Familien- und lehrtherapeutin sowie superviso- rin.

KVB iNteRN28

K VB FORUM 9/2013

G emeinsam mit den bayeri-schen Krankenkassen hat die KVB die Basis geschaf-

fen, um den Bedarf an ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen im Freistaat künftig genauer planen und steuern zu können: Mitte Juni hat man sich auf einen Bedarfsplan geeinigt. Dieser legt fest, wie viele Vertragsärzte und -psychothera-peuten sich jeweils in einer Region niederlassen dürfen. Die neuen Re-gelungen zur Bedarfsplanung wir-ken sich auf die einzelnen Versor-gungsebenen unterschiedlich aus.

Für die Hausärzte wird die Bedarfs-planung kleinräumiger gestaltet. Aus bisher 79 bayerischen Planungs-bereichen werden nun 138. Grund- lage der Planung ist dabei die Raum- ordnungsgröße der Mittelbereiche. Diese weisen allerdings in ihrer Ausdehnung zum Teil so große Un-terschiede auf, dass in einzelnen Regionen eine Teilung in kleinere Planungsbereiche notwendig und sinnvoll erscheint. Die Anzahl der Zulassungsmöglichkeiten in der hausärztlichen Versorgung sinkt in ganz Bayern um 80 Sitze. Verant-wortlich für diesen Rückgang ist einerseits die nun gültige einheitli-che Verhältniszahl von 1.671 Ein-wohnern pro Hausarzt sowie an-dererseits der zwingend anzuwen-dende sogenannte Demografiefak-tor. Dieser kann – abhängig von der Altersstruktur der Bevölkerung – in einem Planungsbereich die Verhältniszahl erhöhen oder ab-senken und damit die Zahl der

nach den Regeln der Bedarfspla-nung benötigten Ärzte absenken oder erhöhen.

Für die allgemeine fachärztliche Versorgung – etwa durch Augen-ärzte, Frauenärzte, Orthopäden und Psychotherapeuten – ändert sich hinsichtlich Zahl und Art der Pla-nungsbereiche (Stadt- und Land-kreise) nichts. Bei der Beplanung werden die Mitversorgungseffekte der einzelnen Planungsbereiche berücksichtigt, um damit den be-sonderen Gegebenheiten im länd-lichen und städtischen Raum Rech-nung zu tragen. Insgesamt steigt die Anzahl der Zulassungsmöglich-keiten bei den Arztgruppen dieser Versorgungsebene an. Spitzenrei-ter ist dabei die Gruppe der Psycho-therapeuten mit bayernweit zirka 250 Zulassungsmöglichkeiten.

Facharzt-Spezialisten wie zum Bei-spiel Anästhesisten oder Fachinter-nisten werden nach der neuen Be-darfsplanungsrichtlinie auf 18 Pla-nungsbereiche, die sogenannten Raumordnungsregionen, aufgeteilt. Für die Arztgruppen dieser Versor-gungsebene sind bayernweit nur wenige Zulassungsmöglichkeiten vorhanden. Die gesonderte fach-ärztliche Versorgung durch Arzt-gruppen mit zumeist wenig direk-tem Patientenkontakt (Laborärzte, Pathologen oder Humangenetiker) wird auf Ebene der gesamten KV-Region beplant. Bayern gilt bezo-gen auf diese Arztgruppen aktuell als überversorgt.

Der jetzt vorgelegte Bedarfsplan ist eine „Momentaufnahme“ der ambulanten ärztlichen Versorgung in Bayern und soll kontinuierlich weiterentwickelt werden. So sollen in den nächsten Monaten zahlrei-che Planungsbereiche daraufhin geprüft werden, ob hier künftig ei-ne Unterversorgung droht. Dafür werden auch prospektive Elemente wie die Bevölkerungsentwicklung oder die Altersstruktur der nieder-gelassenen Ärzte und Psychothe-rapeuten in den Planungsbereichen berücksichtigt. Auch notwendige regionale Anpassungen wie die Teilung von Planungsbereichen der hausärztlichen Versorgung sollen möglichst bald umgesetzt werden. Damit beginnt ein fortlaufender Anpassungs- und Optimierungs-prozess, dessen erster Schritt die Umsetzung der neuen Regelungen zur Bedarfsplanung war.

Regionale gestaltungsmöglich- keiten

Weil der Gesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) die Möglichkeit ge-schaffen hat, die Bedarfsplanung an regionale Gegebenheiten anzu-passen, haben KVB und Kranken-kassen bei der Aufstellung des Be-darfsplans für Bayern zum 30. Juni 2013 erstmals von dieser Möglich-keit Gebrauch gemacht.

Als Planungsbereiche für die haus-ärztliche Versorgungsebene hat der G-BA die Raumordnungsgröße

Zu Beginn des Jahres ist die neue Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft getreten. Seit Juli gilt nun auch der neue, nach den Vorgaben der Richtlinie aufgestellte Bedarfsplan für Bayern.

NeUe BeDaRFsPlaNUNg – aUsWiRKUNgeN FüR BayeRN

29KVB iNteRN

K VB FORUM 9/2013

in zusammen- arbeit mit den Regionalverant-wortlichen vor Ort wurde der Mittelbereich haßfurt in die zwei Planungs-bereiche ebern (oben) und haß-furt (unten) auf-geteilt.

der Mittelbereiche herangezogen. Ziel war es, die Planung für die Hausärzte wohnortnäher zu ge-stalten. Die Mittelbereiche in Bay-ern sind in ihrer Größe und Aus-dehnung jedoch zum Teil sehr un-einheitlich, mit der Folge, dass zahlreiche Planungsbereiche ge-nauso groß oder vereinzelt sogar größer sind als die Planungsberei-che der „alten“ Bedarfsplanung. Um eine kleinräumigere Planung zu ermöglichen, sollen daher suk-zessive zahlreiche Mittelbereiche daraufhin überprüft werden, ob ei-ne Aufteilung in kleinere Planungs-bereiche notwendig ist.

Grundlegendes Kriterium, um in diese Prüfung einbezogen zu wer-den, ist, dass ein Mittelbereich ei-ne Ausdehnung von mehr als 30 Kilometern aufweist, gemessen von den Ortsmitten der am wei-testen auseinander gelegenen Ge-meinden. Dies trifft in Bayern auf 43 Mittelbereiche zu. Um außer-dem diejenigen Planungsbereiche zu identifizieren, für die darüber hinaus ein besonderer Handlungs-bedarf besteht, wurden folgende Kriterien hinzugezogen:

� Zulassungsmöglichkeiten bis zur Sperrgrenze (Versorgungs- grad 110 Prozent): Sind Zulas-sungsmöglichkeiten vorhanden, besteht die Möglichkeit einer Ungleichverteilung, wenn sich Ärzte in bereits gut versorgten Regionen niederlassen. Dies ist besonders relevant, wenn inner-halb eines Planungsbereichs be-reits erhebliche Versorgungs-unterschiede vorliegen.

� Versorgungsunterschiede im Mittelbereich: Anhand eines standardisierten Verfahrens wird geprüft, ob die Teilberei-che innerhalb eines Planungs-bereichs ausgeprägte Versor-gungsunterschiede aufweisen.

Bei der Suche nach einer möglichst sachgerechten Lösung für die Auf-teilung von Planungsbereichen bin-det die KVB die für die Regional-planung verantwortlichen Experten ein. Dies soll gewährleisten, dass den regionalen Gegebenheiten an-gemessen Rechnung getragen wird. Bereits bei der Aufstellung des neuen Bedarfsplans zum 30. Juni 2013 konnte auf Basis dieses Ver-fahrens die Teilung eines ersten Planungsbereichs umgesetzt wer-den: So wurde der unterfränkische Mittelbereich Haßfurt in die zwei Planungsbereiche Haßfurt und Ebern aufgeteilt (siehe Grafik).

Auch wenn der Schwerpunkt der regionalen Betrachtung zunächst auf der hausärztlichen Versorgung liegt, müssen die fachärztlichen Versorgungsebenen ebenso dar-aufhin überprüft werden, ob regio-nale Besonderheiten eine Anpas-sung der Bedarfsplanung erfor-dern. Die KVB wird die Versor-gungssituation daher laufend beobachten.

Janina Bär, Ariane Schreiber (beide KVB)

Regionale gestaltungsmöglichkeit am Beispiel des Mittelbereichs haßfurt in UnterfrankenAnzahl Einwohner je Gemeinde

≤ 1.671 ≤ 3.342 ≤ 5.013 ≤ 10.026 ≤ 18.381

Bundorf

Aidhausen

Riedbach

Hofheim i. Ufr

Ermers- hausen

Gädheim

Königsberg i Bay.

HaßfurtTheres

Wonfurt

Knetzgau

Rauhenebrach

Sand am Main

Zeil am Main

Burgpreppach

Maroldsweisach

Pfarrweisach

Ebern

Unter- merzbach

Rentweins-dorf

Kirchlauter

Breitbrunn

Ebelsbach

Stett- feld

Eltmann

Oberaurach

Quelle: KVB

KVB iNteRN30

K VB FORUM 9/2013

M it dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Ver-sorgungsstrukturgesetz

haben die Kassenärztlichen Verei-nigungen (KVen) die Möglichkeit er-halten, zur Finanzierung von Förder-maßnahmen in Gebieten mit (dro-hender) Unterversorgung oder zu-sätzlichem lokalen Versorgungsbe- darf einen Strukturfonds nach Pa-ragraf 105 Absatz 1a SGB V zu bil-den. Die KVen können hierfür bis zu 0,1 Prozent der morbiditätsbe-dingten Vergütung zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen müs-sen zusätzlich einen Betrag in glei-cher Höhe entrichten. Vor diesem Hintergrund hat die KVB am 5. Ju-ni 2013 in der Vertreterversamm-lung folgende finanzielle Förder-maßnahmen in einer KVB-Sicher-stellungsrichtlinie beschlossen:

� Zuschuss zur Niederlassung als Vertragsarzt/Vertragspsycho-therapeut

� Zuschuss zur Errichtung einer Zweigpraxis

� Zuschuss zur Beschäftigung ei-nes angestellten Arztes/Psycho- therapeuten

� Zuschuss zur Beschäftigung ei-ner hausärztlichen Versorgungs- assistentin

� Zuschuss zur Fortführung einer Vertragsarztpraxis/Vertrags-psychotherapeutenpraxis über

das 63. Lebensjahr hinaus � Zuschuss zur Beschäftigung ei-nes Weiterbildungsassistenten beziehungsweise eines Psycho-therapeuten in Ausbildung

Förderungsfähige Planungs- bereiche

Die finanziellen Fördermaßnahmen können nur in Planungsbereichen beantragt werden, für die der Lan-desausschuss der Ärzte und Kran-kenkassen zum Zeitpunkt der An-tragstellung nach Paragraf 100 Ab-satz 1 oder 3 SGB V (drohende) Un-terversorgung oder einen zusätzli- chen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt hat und nur solange die Mittel aus dem Strukturfonds nicht ausgeschöpft sind. Für Planungs-bereiche, in denen ein Versorgungs-grad von weniger als 75 Prozent im hausärztlichen und von weniger als 50 Prozent im fachärztlichen Be-reich vorliegt, ist eine Unterversor-gung anzunehmen. Kriterien für ei-ne in absehbarer Zeit drohende Un-terversorgung werden derzeit von KVB und Krankenkassen gemein-sam erarbeitet.

Wie geht es weiter?

Die KVB-Sicherstellungsrichtlinie ist am 22. Juni 2013 in Kraft getreten.

Eine Förderung kann jedoch erst er-folgen, wenn für mindestens einen Planungsbereich ein Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen auf (drohende) Un-terversorgung oder zusätzlichen lo-kalen Versorgungsbedarf vorliegt. Die nächste Sitzung des Landes-ausschusses findet voraussicht-lich im Herbst 2013 statt. Nach ei-ner entsprechenden Beschlussfas-sung gemäß Paragraf 100 Absatz 1 oder 3 SGB V wird von der KVB ein planungsbereichspezifisches Förderprogramm für die förderungs-fähigen Planungsbereiche ausge-schrieben. Erst nach dieser Aus-schreibung, in der die genauen För-dermöglichkeiten und auch die Aus-schreibungsregularien enthalten sind, können Anträge zu Förder-maßnahmen aus der KVB-Sicher-stellungsrichtlinie gestellt werden. Aktuell ist damit zu rechnen, dass Anspruchsberechtigte zu Beginn des nächsten Jahres gefördert werden können. Über den genau-en Beginn der Förderung sowie die entsprechenden Antragsfor-mulare werden wir Sie selbstver-ständlich rechtzeitig informieren.

Esther Scherpf (KVB)

Am 5. Juni 2013 hat die Vertreterversammlung der KVB die Richtlinie zur Sicher-stellung der Versorgung in Bayern verabschiedet. Diese ist mit der Veröffentli-chung im Bayerischen Staatsanzeiger am 22. Juni in Kraft getreten. Sie besagt, dass eine Förderung erst dann erfolgen kann, wenn der Landesausschuss für bestimmte Planungsbereiche einen Beschluss auf (drohende) Unterversorgung oder zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf getroffen hat. Aufgabe der KVB ist es dann, ein planungsbereichsspezifisches Förderprogramm auszuschreiben.

Weitere informa-tionen zur KVB-

sicherstellungs-richtlinie finden

sie unter www.kvb.de in der Rubrik

Praxis/Rechts-quellen/Rechts-quellen Bayern/Buchstabe „s“/

sicherstellungs-richtlinie der

KVB.

KVB-sicheRstellUNgs- RichtliNie iN KRaFt getReteN

31KVB iNteRN

K VB FORUM 9/2013

K napp 50 Interessenten wa-ren in die KVB-Bezirksstelle nach Mittelfranken gekom-

men, um den Ausführungen der Referenten, darunter KVB-Vor-standsmitglied Dr. Pedro Schmelz, zu folgen.

Zunächst informierte Regina Reu-schenberg von der KBV die Anwe-senden über die allgemeinen Hin-tergründe der neuen Rahmenvor-gabe. Die Kassenärztliche Bundes-vereinigung, so Reuschenberg, sei überzeugt, dass das Qualitätsma-nagement in den Praxen längst ge-lebt werde. Nun müsse der Fokus auf das netzübergreifende Quali-tätsmanagement gelegt werden. Die Rahmenvorgabe sei der erste Schritt, um die hierzu notwendigen Anforderungen auszugestalten und tatsächlich umsetzen zu kön-nen.

Im Anschluss sprach Dr. Veit Wambach, Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze e. V., über die Morbiditätsunter-schiede in den Versorgungsregio-nen und die daraus abgeleiteten Handlungsfelder für Praxisnetze. Wambach erläuterte die unter-schiedlichen Praxisnetztypen und die Chancen, die sich durch den Paragrafen 87b SGB V für sie er-geben. Darüber hinaus stellte er

verschiedene Finanzierungsmög-lichkeiten für Vernetzungen vor, wobei er betonte, dass er keine Praxisnetzförderung zulasten von Nicht-Praxisnetzmitgliedern unter-stütze. Am Ende seines Vortrags bedankte sich Wambach bei der KVB dafür, dass diese die Umset-zung des Paragrafen 87b SGB V schon weit vorangetrieben habe.

Dieses Lob nahm der erste stell-vertretende KVB-Vorstandsvorsit-zende Dr. Pedro Schmelz gerne entgegen und ging sodann aus-führlich auf die Umsetzung der Rahmenvorgabe in Bayern ein. Bereits lange vor Inkrafttreten des Paragrafen 87b SGB V habe die KVB Praxisnetze unterstützt, so Schmelz. Der genannte Paragraf bewirke nun, dass KVen und Pra-xisnetze wieder näher zusammen-rücken und der ambulante Sektor bei Vertragsverhandlungen ge-stärkt werden könne. „Der Para-graf 87b hat für mich deshalb auch einen gesamtgesellschaftli-chen Nutzen.“ Nicht ohne Stolz hob der KVB-Vize die Sonderstel-lung Bayerns bei der Anzahl und der Qualität der Praxisnetze her-vor. „Bayern ist hier innovativer als der Rest der Republik!“, so sein Resümee. In der anschließenden Podiumsdiskussion, bei der sich auch das Publikum zu Wort mel-

den konnte, ging es unter anderem um das Thema Praxisnetzgröße, da einige Netze in Bayern bisher nicht in der von der KBV vorgegebenen

Spanne zwischen 20 bis maximal 100 Praxen liegen. Auch das The-ma einer möglichen Förderung von Praxisnetzen wurde ausgiebig erörtert und alternative Möglich-keiten wie beispielsweise die För-derung analog der Vorgehenswei-sen anderer KVen diskutiert.

Jeannie Knopf (KVB)

Am 1. Mai 2013 ist die Rahmenvorgabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Anerkennung von Praxisnetzen nach Paragraf 87b, Absatz 4 SGB V in Kraft getreten. In ihr sind die Kriterien definiert, nach denen ein Praxisnetz als besonders förderungswürdig anerkannt werden kann. Da der Anerkennungspro-zess den jeweiligen Länder-KVen obliegt, hat die KVB Anfang Juli hierzu zahlreiche Praxisnetzvertreter zu einer Informationsveranstaltung nach Nürnberg eingeladen.

aNeRKeNNUNg FüR PRaXisNetze

Befürwortet den Paragrafen 87b sgB V, da durch ihn KVen und Praxisnetze wieder näher zu-sammenrücken können: Dr. Pedro schmelz, erster stellver-tretender KVB-Vorstandsvorsit-zender, bei seinem Vortrag in Nürnberg.

QUalitÄt32

K VB FORUM 9/2013

U nterweisungen sind auf-grund gesetzlicher Vorga-ben vorgeschrieben. Als

Bestandteil des Qualitätsmanage-ments sollen sie in das praxisinter-ne QM eingebunden werden. Die

Grundlagen zur Unterweisungs-pflicht ergeben sich insbesondere aus dem Arbeitsschutzgesetz (Pa-ragraf 12), der Biostoffverordnung (Paragraf 12), der Gefahrstoffver-ordnung (Paragraf 14), der Medizi-nischen Hygieneverordnung Bayern (Paragraf 12) und den Vorschriften der Berufsgenossenschaft wie den BGR 250/TRBA 250. Darüber hin-aus müssen Unterweisungen zum Bereich Hygiene und gegebenen-falls zu Medizinprodukten durch-geführt werden.

zu folgenden themen sind regelmäßig Unterweisungen durchzuführen:

� Biologische Arbeitsstoffe (Biostoffverordnung BioStoffV Paragraf 12), zum Beispiel Vorgehen bei Nadelstichverlet-zungen

� Brandschutz � Datenschutz und Schweige-pflicht

� Gefahren am Arbeitsplatz, Ge- fahrstoffe (Schutzmaßnahmen)

� Hygiene (alle Inhalte des Hygieneplans, einschließlich Abfallentsorgung)

� Medizinprodukte (MPBetreibV) einschließlich der Aufbereitung von Medizinprodukten

� Verhalten bei Unfällen und Notfällen in der Praxis

� wenn erforderlich zu Anlagen und Geräten

� wenn erforderlich zur Röntgen-verordnung und radioaktiven Substanzen

Prüfen Sie, ob weitere – spezifi-sche – Unterweisungen in Ihrer Praxis notwendig sind.

Warum sollen Unterweisungen stattfinden?

Nur ausreichend informierte Mit-arbeiter können sich im Praxisall-

tag sowie bei Gefahren, Störungen und Notfällen sicher verhalten. Da-her sind Unterweisungen keine „Schikane“, sondern dienen auch dem eigenen Schutz. Praxismitar-beiter sollten deshalb in den Un-terweisungen einen persönlichen Nutzen erkennen. Ein sicherer Praxisablauf kann nur unter ge-fahrlosen Arbeitsbedingungen ge-währleistet werden.

Wer führt Unterweisungen durch?

Unterweisungen werden vom Pra-xisinhaber selbst durchgeführt, können aber in Einzelfällen befähig-ten Mitarbeitern mit Vorgesetzten-funktion oder Weisungsbefugnis übertragen werden. Einweisungen in Geräte oder in Medizinprodukte werden häufig zunächst durch den Hersteller an einzelne Mitarbeiter (Medizinprodukteverantwortliche) vermittelt. Diese können dann das Wissen im Praxisteam weitergeben.

Zu Themen für den Arbeitsschutz wird das gesamte Praxisteam un-terwiesen. Spezielle Unterweisun-gen haben an die jeweils betroffe-nen Personen zu erfolgen. Denken Sie daran, dass auch Reinigungs-kräfte – zum Beispiel zum Thema Hygiene – und gegebenenfalls Per-sonen, die Wartungen oder Repa-

Regelmäßige Unterweisungen von Mitarbeitern sind ein wesentlicher Bestand-teil eines wirksamen Arbeits- und Patientenschutzes im Rahmen des Qualitäts-managements (QM). Unterweisungen sollen daher vom Praxisteam nicht als

„Schikane“ aufgefasst, sondern als wichtiger QM-Baustein verstanden und akzeptiert werden, mit dessen Hilfe sich die wichtigen Arbeitsschutzmaßnah-men in der Praxis realisieren lassen.

haBeN sie ihRe UNteR- WeisUNgsPFlichteN iM gRiFF?

Unterweisungen müssen vom

Praxisinhaber oder einem be-fähigten Mitar-

beiter mit Vorge-setztenfunktion

beziehungsweise Weisungsbefug-

nis durchgeführt werden.

Bei Fragen zum Thema Unterweisungen oder zum Qualitätsmanage-ment erreichen Sie unsere QM-Experten der KVB unter:

Telefon 09 11 / 9 46 67 – 2 21 oder – 3 36 Fax 09 11 / 9 46 67 – 6 62 21E-Mail [email protected]

Weitere Informationen zum Thema „QM in Praxen“ finden Sie unterwww.kvb.de in der Rubrik Praxis/Qualität/Qualitätsmanagement.

Bitte beachten Sie auch unser umfangreiches Seminarangebot zum Thema „QM in Praxen“ in den KVB-Seminarbroschüren für Praxisin-haber und Praxismitarbeiter 2013.

33QUalitÄt

K VB FORUM 9/2013

raturen in Ihrer Praxis ausführen, zum Beispiel zum Thema Daten-schutz der Unterweisungspflicht unterliegen.

Wie oft und wann muss unter-wiesen werden?

Grundsätzlich haben Unterweisun-gen einmal jährlich zu erfolgen, wo-bei nicht alle auf einmal abgehan-delt werden sollten. Bei jugendli-chen Mitarbeitern bis zu 18 Jahren, beispielsweise bei Auszubildenden, greift das Jugendarbeitsschutzge-setz (Paragraf 29). Diese Mitarbei-ter sind zu Gesundheits- und Un-fallgefahren halbjährlich zu unter-weisen. Empfehlenswert ist eine Aufstellung, welche Mitarbeiter in welchen Themengebieten unter-wiesen werden sollen. Dies sollten Sie in einem Jahresplan festlegen. Anlassbezogen müssen Unterwei-sungen bei Neueinstellungen, Ver-änderungen von Arbeitsbedingun-gen oder beispielsweise bei Wech-sel von Gefahrstoffen (zum Beispiel Desinfektionsmitteln) durchgeführt werden. Fallen unsicheres Verhal-ten oder Fehler bei bestimmten Ab-läufen auf, wird zu Arbeitsabläufen verstärkt nachgefragt oder tritt gar ein Unfallgeschehen auf, sind die Unterweisungen umgehend zu wie-derholen. Durchgeführt werden Unterweisungen meist im Bespre-chungs- beziehungsweise Sozial-raum. Falls erforderlich und sinn-voll, kann die Unterweisung auch arbeitsplatzbezogen„vor Ort“ statt-finden. Wichtig ist, dass die Unter-weisungen für alle in verständlicher Form stattfinden.

Wie sollten sie vorgehen?

Die Unterweisungen müssen alle wesentlichen Informationen enthal-ten. Unterweisungen haben stets in Form von Gesprächen oder in-nerhalb von Teambesprechungen zu erfolgen und müssen einen offi-ziellen Charakter haben. Nur dann

ist es möglich, Fragen sofort zu beantworten oder bei Unsicher-heiten aufzuklären. Auch praktische Übungen sind sinnvoll und können bei Bedarf eingebracht werden (Notfälle, Reanimationsmaßnahmen etc.). Unterweisungen und Informa-tionen in rein schriftlicher Form sind nicht ausreichend, da sie kei-ne Möglichkeit zum Nachfragen bieten. Schriftliche Informationen sind zum Beispiel bei Gefahrstof-fen in Form von Betriebsanweisun-gen erforderlich und zusätzlich zur mündlichen Unterweisung auszu-geben sowie zum Aushang am Ar-beitsplatz gedacht.

Wichtig: � Zeigen Sie die Gefahren bei Arbeitsabläufen auf und erläu- tern Sie die notwendigen Sicher- heitsvorkehrungen.

� Begründen Sie die Anweisungen. � Bringen Sie Beispiele aus Ihrem speziellen Praxisalltag ein.

� Gehen Sie auf Fragen ein. � Überzeugen Sie sich durch Nachfragen, ob Ihr Praxisper-sonal die Unterweisung ver- standen hat.

sind Unterweisungen zu dokumentieren?

Ja. Der Zeitpunkt und der jeweilige Inhalt der Unterweisung müssen schriftlich festgehalten werden.

Lassen Sie die unterwiesenen Per-sonen unterschreiben, dass die Unterweisung stattgefunden hat und der Inhalt verstanden wurde. Diese Dokumentation dient nicht zuletzt als Nachweis dafür, dass Sie die gesetzlichen Vorgaben er-füllt haben.

Was passiert danach?

Überzeugen Sie sich fortlaufend, ob sich Ihre Mitarbeiter an die An-weisungen halten. Dulden Sie feh-lerhafte Arbeitsabläufe nicht, loben Sie bei korrektem Verhalten. Fallen Unsicherheiten auf, ist zu klären, ob eine Wiederholung der Unter-weisung notwendig ist. Geben Sie Ihrem Praxispersonal das Gefühl, dass es sich jederzeit mit Nachfra-gen an Sie wenden kann. Nutzen Sie auch die Unterstützungsange-bote der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrts-pflege. Insbesondere sei hier auf die Broschüren „BGR 250/TRBA 250“, „Ratgeber Unterweisung“ und „Gefährdungsbeurteilung in der Arztpraxis“ hingewiesen, die unter www.bgw-online.de in der Rubrik Humanmedizin kostenfrei erhältlich sind.

Michael Sachse (KVB)

Recht iNteRessaNt34

K VB FORUM 9/2013

hausärzte

Der Einheitliche Bewertungsmaß-stab (EBM) wird für den hausärztli-chen Versorgungsbereich weiter-entwickelt. Die hausärztliche Ver-sichertenpauschale und die Versi-chertenpauschale für Kinder- und Jugendärzte werden mit Wirkung ab 1. Oktober 2013 noch stärker nach Altersgruppen differenziert: Statt bisher drei Altersgruppen gibt es zukünftig fünf, die mit einer un-terschiedlichen Punktzahl bewer-tet sind. Aus der Versichertenpau-schale werden in Zukunft Kosten ausgegliedert, die für die Vorhal-tung solcher Praxisstrukturen an-fallen, die zur Erfüllung von Aufga-ben der hausärztlichen Grundver-sorgung notwendig sind. Hausärz-te sowie Kinder- und Jugendärzte erhalten dafür ab Oktober neben der Versichertenpauschale eine Zusatzpauschale für das Vorhalten bestimmter Strukturen. Diese so-genannte Vorhaltepauschale kann einmal im Quartal abgerechnet werden, nicht jedoch in Behand-lungsfällen, in denen der Arzt zu-sätzlich oder ausschließlich Leis-tungen durchführt, die nicht dem grundsätzlich hausärztlichen Ver-sorgungsauftrag zuzurechnen sind.

Neu ist ferner, dass der sogenann-te „Chroniker-Komplex“ – der Zu-

schlag für die Behandlung und Be-treuung eines Patienten mit chro-nischer Erkrankung – künftig ent-sprechend dem Aufwand vergütet wird. Überdies werden für die haus- ärztliche geriatrische Betreuung, die palliativmedizinische Versor-gung sowie die sozialpädiatrische Versorgung durch Kinder- und Ju-gendärzte neue Leistungen im EBM aufgenommen. Für diese Leistun-gen haben die Krankenkassen zu-sätzliche Finanzmittel bereitge-stellt.

Fachärzte

Aufgrund des medizinischen Fort-schritts erfolgt insbesondere auch in der ambulanten fachärztlichen Versorgung eine zunehmende Spe-zialisierung. Um die daneben not-wendige Grundversorgung (auch) im fachärztlichen Bereich zu stär-ken und attraktiver zu gestalten, wird zum 4. Quartal 2013 in den EBM ein Zuschlag zu den Grund-pauschalen für solche Fachärzte aufgenommen, die ausschließlich Leistungen der Grundversorgung erbringen. Die Pauschale für die fachärztliche Grundversorgung (PFG) wird einmal im Quartal ge-zahlt und zwar für jeden Behand-lungsfall, bei dem der Arzt aus-schließlich konservativ tätig ist und keine spezialisierten Leistun-

gen durchführt. Diese nach Fach-gruppen differenzierte Pauschale wird im Wesentlichen durch zu-sätzliche Honorarmittel und über-dies durch Einsparungen im fach-ärztlichen Versorgungsbereich fi-nanziert. Ganz wichtig: Es erfolgt keine Honorarumverteilung zwi-schen den Arztgruppen! Im Übri-gen muss die PFG nicht vom Ver-tragsarzt bei der Honorarabrech-nung in Ansatz gebracht werden, sondern wird automatisch von der KVB zugesetzt und entsprechend der Regelungen im Honorarvertei-lungsmaßstab (HVM) verteilt.

Bewertung der ärztlichen leistungen

Der EBM bestimmt das wertmäßi-ge, in Punkten ausgedrückte Ver-hältnis der abrechnungsfähigen Leistungen zueinander (§ 87 Abs. 2 SGB V). Zur betriebswirtschaftli-chen Bewertung der EBM-Leistun-gen greift der Bewertungsaus-schuss auf das sogenannte Stan-dardbewertungssystem zurück. In-nerhalb dieses Systems werden Leistungen zunächst in Euro be-wertet und dann mit Hilfe eines kalkulatorischen Punktwerts in Punkte umgerechnet. Dieser kal-kulatorische Punktwert beträgt derzeit bundeseinheitlich 5,1129 Cent je Punkt.

Kurz vor der Sommerpause wurden auf Bundesebene zahlreiche Beschlüsse gefasst, die für die Vertragsärz-te honorarrelevante Auswirkungen haben. In der Gesamt- schau bieten sie – entgegen manch kritischer Stimme im Vorfeld der Beschlussfassungen – eine große Chance, den Kollektivvertrag weiterzuentwickeln.

KOPFgeBURt ODeR gOlDeNeR heRBst?

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35Recht iNteRessaNt

K VB FORUM 9/2013

Mit der Neuordnung der vertrags-ärztlichen Vergütung zum Jahr 2009 wurde vom Bewertungsausschuss ein weiterer Punktwert, nämlich der Orientierungswert – ebenfalls ein bundeseinheitlicher Punktwert – zur Vergütung der vertragsärztli-chen Leistungen festgelegt. Die-ser beträgt aktuell 3,5363 Cent. Dieser Orientierungswert bildet die Grundlage für den zwischen

Kassen und Kassenärztlichen Ver-einigungen zu vereinbarenden re-gionalen Punktwert.

Das Auseinanderfallen von kalku-latorischem Punktwert einerseits und Orientierungswert anderer-seits warf von Beginn an Fragen auf. Dies hatte zur Folge, dass der Bewertungsausschuss die beiden Werte mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 angleicht und auf einheitlich zehn Cent festgesetzt hat. Diese Angleichung geschieht ausgaben-

neutral, mit der Folge, dass so-wohl die von den Krankenkassen zu zahlende morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (mGV) als auch das Volumen der außerhalb der mGV zu vergütenden Leistungen unverändert bleiben. Bewirkt wird diese Neutralität dadurch, dass im EBM die Punktzahlen entsprechend abgesenkt werden.

Aus dem – auf Grundlage des Ori-entierungswerts – auf regionaler Ebene vereinbarten Punktwert und dem EBM wird eine regionale Euro-Gebührenordnung erstellt (§ 87a Abs. 2 SGB V).

ausblick

Die dargestellten Änderungen wur- den von der Bundesebene als ein erster Schritt proklamiert, die Leis- tungen der medizinischen Grund-versorgung sowohl im fachärztli-

chen als auch im hausärztlichen Bereich transparenter darzustellen und besser zu vergüten. Der EBM wird voraussichtlich bis Mitte 2014 schrittweise weiter überarbeitet werden. Ein erklärtes Ziel ist unter anderem, die Bewertung haus- und fachärztlicher Leistungen zu überprüfen und insbesondere die vor Jahren festgesetzten Kalkula-tionszeiten auf den Prüfstand zu

stellen. Dabei sollen auch die ge-stiegenen Praxiskosten in die Neu-bewertung mit einfließen.

Jörg Himbert(Rechtsabteilung der KVB)

PatieNteNORieNtieRUNg36

K VB FORUM 9/2013

S iegrid Rosner (68) und Ursel Ruffershöfer (70) aus Nürn-berg kennen die Interstiti-

elle Cystitis aus eigener leidvoller Erfahrung. Unerträgliche Schmer-zen in der Blase, in der Harnröhre sowie im Bereich des Beckens und der Beckenbodenmuskulatur, stän-diger Harndrang – im Extremfall bis zu hundertmal am Tag oder in der Nacht – machen den beiden Rent-nerinnen den Alltag seit Jahren zur Qual. Doch während sich viele IC-Betroffene von ihrer Umwelt zu-rückziehen, erwerbsunfähig und nicht selten sogar depressiv wer-den, haben die beiden resoluten Nürnbergerinnen den Kampf gegen ihre Krankheit aufgenommen – vor allem den Kampf gegen die Unwis-senheit. „Wenn ein Arzt im Urin keine Bakterien findet, dann glaubt er natürlich, dass alles in Ordnung ist – trotz der geschilderten Be-schwerden seiner Patienten“, meint Siegrid Rosner. Deshalb sei es so

wichtig, die Ärzte über die nicht-bakteriell verursachte Variante der „herkömmlichen“ Blasenentzün-dung zu informieren, die unent-deckt fast immer einen chroni-schen, unheilbaren Verlauf nehme.

erfolglose suche nach passen-der selbsthilfegruppe

Als Siegrid Rosner vor Jahren selbst an der IC erkrankt, macht sie sich nicht nur verzweifelt auf die Suche nach einem Arzt, der ih-re Beschwerden ernst nimmt und sich damit auskennt, sie will auch Kontakt aufnehmen zu einer ent-sprechenden Selbsthilfegruppe. Doch weder in Nürnberg noch in der näheren Umgebung wird sie fündig. Schließlich muss die Seni-orin erkennen, dass es in ganz Bayern, ja in ganz Deutschland keine einzige Gruppe für ihre Er-krankung gibt. „Mir blieb also nichts anderes übrig, als 2007

selbst eine zu gründen.“ Bis heute ist ihre Gruppe deutschlandweit die einzige für IC-Patienten. „Man merkt schon, dass die Interstitielle Cystitis zu den seltenen Erkran-kungen gehört. Es wird zu wenig geforscht und zu wenig darüber kommuniziert. Viele Ärzte und Pa-tienten haben noch nie etwas von der IC gehört.“ Und so kommt es, dass Betroffene oft keine offizielle Diagnose haben.

Aus diesem Grund kämpft die 68- Jährige zusammen mit Ursel Ruf-fershöfer dafür, die Krankheit bei den Ärzten bekannter zu machen und die Erstattungsfähigkeit der für die Betroffenen so wichtigen Untersuchungen und Medikamen-te durchzusetzen. Denn Vieles wird von den gesetzlichen Kran-kenkassen nicht übernommen. „Während IC-Patienten in Italien vollständig von allen Arztkosten und Zuzahlungen für ihre Medika-

In Deutschland leiden schätzungsweise 400.000 Menschen – vorzugsweise Frauen – an einer Interstitiellen Cystitis (IC). Dahinter verbirgt sich eine chro-nische Blasenentzündung, die zu den seltenen Erkrankungen gehört und häufig erst spät diagnostiziert wird. Mit oft schmerzhaften Langzeitfolgen für die Betroffenen.

iNteRstitielle cystitis – Die gROsse UNBeKaNNte

37PatieNteNORieNtieRUNg

K VB FORUM 9/2013

mente befreit sind, werden hierzu-lande zum Beispiel IC-Therapien mit Blasenspülungen nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen“, moniert die Rentnerin.

Was genau verursacht die interstitielle cystitis?

Noch weiß man nicht genau, wie sie entsteht. Die Vermutung man-cher Forscher geht dahin, dass es sich bei der IC um eine Autoimmu-nerkrankung handelt, bei der das Immunsystem die eigene Blase an-greift. Eine zentrale Rolle spielt da-bei die schützende innere Schleim- hautschicht der Blase, die soge-nannte GAG-Schicht (Glycosamino-glycan-Schicht). Ist diese beschä-digt, wird die Schleimhaut durch-lässiger, aggressive Harnbestand-teile können in die Blasenwand

eindringen, das Gewebe reizen und eine Entzündung auslösen. Eine Interstitielle Cystitis entsteht. Wird diese früh genug erkannt und entsprechend behandelt, kann sie ausheilen. Andernfalls wird die IC chronisch. Im schlimmsten Fall führt die Erkrankung zu einer Schrumpfblase, die dann operativ entfernt werden muss.

Wie sieht die optimale Behand-lung aus?

Dr. Winfried Vahlensieck, Urologe und IC-Spezialist an der Rehabilita-tionsklinik Wildetal in Bad Wildun-gen-Reinhardshausen beschreibt dazu in einem Fachartikel [1], wie sich durch das Verfahren der un-ter Vollnarkose gedehnten Harn-blase typische Blutungen und Ge-schwüre nachweisen lassen. Auch eine Biopsie der Blasenwand kön-

ne sinnvoll sein, um eine IC zu dia-gnostizieren und andere Erkran-kungen der Blase auszuschließen. Als Therapie zur Stärkung der GAG- Schicht empfiehlt er – neben einer individuellen Schmerztherapie – die orale Einnahme von Pentosan-polysulfat-Natrium oder die Ein-spritzung von Chondroitinsulfat-Lösung und/oder Hyaluronsäure in die Harnblase.

Siegrid Rosner und Ursel Ruffers-höfer haben für sich herausgefun-den, dass ihnen neben dem Aus-tausch in ihrer Selbsthilfegruppe, auch Entspannungsübungen und der Verzicht auf bestimmte Nah-rungsmittel helfen. „Alles was sau-er ist, zum Beispiel Orangen, muss ich meiden“, betont Ursel Ruffers-höfer. Aber das müsse jeder für sich selbst austesten, ergänzt Siegrid Rosner.

Marion Munke (KVB)

siegrid Rosner (links) leitet zusammen mit Ursel Ruffers- höfer die einzige selbsthilfe- gruppe für ic-Patienten in Deutschland.

[1] Interstitielle Cystitis (IC), Wenn die Harnblase chronisch schmerzt, In: Forum Sanitas – das informative Medizinmagazin, 4. Ausgabe 2008, Seite 27-29

KontaktSelbsthilfegruppe für ICSiegrid RosnerTelefon 09 11 / 6 42 76 25E-Mail [email protected]

aRzNeiMitteltheRaPiesicheRheit38

K VB FORUM 9/2013

S tatine stellen als Hemm-stoffe der HMG-CoA-Re-duktase, dem Schlüsselen-

zym der Cholesterinsynthese, eine effektive Möglichkeit zur Behand-lung der Hyperlipidämie begleitendzu einer Diät und körperlichem Trai- ning dar. Entsprechend Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie können sie bei bestehender vaskulärer Er-krankung [1] oder einem hohen kar- diovaskulären Risiko (größer als 20 Prozent Ereignisrate je zehn Jahre nach Risikokalkulatoren) eingesetzt werden. So wurden im Laufe des Jahres 2012 allein in Bayern zirka eine Million Patienten mit einem Statin behandelt [2]. Trotz aller po-sitiven Effekte einer Statin-Thera-pie auf die kardiovaskuläre Morbi-dität und Mortalität, birgt der Ein-satz von HMG-CoA-Reduktase-In-hibitoren auch Risiken. So können Statine eine Myalgie mit Muskel-schwäche oder Muskelkrämpfen oder eine Myopathie mit zusätzlich erhöhten Kreatinkinase-Spiegeln hervorrufen. In schlimmeren Fäl-len kann sich die Myopathie als Rhabdomyolyse mit Elektrolytstö-rungen und unter Umständen mit akutem Nierenversagen aufgrund von Myoglobinurie manifestieren – teils mit tödlichem Ausgang. Die-ses Risiko steigt mit zunehmenden Statin-Spiegeln im Plasma, ist also

abhängig von der eingesetzten Dosierung beziehungsweise von Einflüssen auf den körpereigenen Statin-Metabolismus.

Metabolismus der statine

Wie in Tabelle 1 dargestellt, unter-scheidet sich der Stoffwechsel der einzelnen Statine zum Teil erheb-lich. So werden Simvastatin, Lo-vastatin und Atorvastatin als Sub- strate von CYP3A4 über diesen Teil des Cytochrom P450-Systems me- tabolisiert. Wird eines dieser Stati-ne gleichzeitig mit einem CYP3A4-Hemmstoff eingesetzt, steigt durch den gehemmten Abbau die Statin-Aktivität und damit auch das Risi-ko einer Myopathie oder einer Rhab- domyolyse erheblich. Die Kombi-nation mit potenten CYP3A4-Inhi-bitoren ist für diese Wirkstoffe da-her kontraindiziert (Simvastatin, Lovastatin) beziehungsweise sollte vermieden werden (Atorvastatin). Der Metabolismus von Fluvastatin erfolgt über verschiedene CYP-En-zyme, CYP3A4 ist hier nur in ge-ringem Ausmaß beteiligt. Bei der Biotransformation von Pravasta-tin und Rosuvastatin spielen Cyto-chrom P450-Enzyme insgesamt kaum eine Rolle. Rosuvastatin wird zu zirka 90 Prozent unverändert im Stuhl, zu fünf Prozent renal ausge-

schieden. Ein signifikanter Einfluss durch Hemmstoffe an CYP3A4 ist daher nicht zu erwarten. Bei diesen Statinen ist also die Komedikation mit einem CYP3A4-Inhibitor mög-lich, sollte aber vorsichtig unter Überwachung auf mögliche Symp-tome einer Myopathie erfolgen.

interaktionen mit statinen

Die gefährlichen Wechselwirkun-gen von Statinen mit Fibraten, Ciclosporin oder HIV-/Hepatitis C-Proteaseinhibitoren sind sicher- lich jedem Arzt bekannt und unter- liegen einem strengen Monitoring. Ebenso wichtig ist aber auch der Blick auf die oft kurzzeitige Therapie mit Makrolidantibiotika oder Azol-Antimykotika, die als Komedika-tion zu Statinen ebenfalls schwer- wiegende Interaktionen verursa-chen können. Makrolide gehören wegen ihres antimikrobiellen Spek- trums zu den am häufigsten einge-setzten Antibiotikagruppen. Auf-grund ihrer potenten Hemmung von CYP3A4 müssen bei der An-wendung von Erythromycin, Clari-thromycin oder Telithromycin al-lerdings potenzielle Interaktionen mit CYP3A4-Substraten berück-sichtigt werden. Azol-Antimykoti-ka greifen durch eine Hemmung der 14α-Demethylase in die Ergos-

Statine wurden im Jahr 2011 deutschlandweit in einem Umfang von mehr als 1,5 Milliarden Tagesdosen ver-ordnet. Liegen zusätzlich zu einer Hyperlipidämie bakterielle oder mykotische Infektionen vor, werden Statine häufig mit den entsprechenden Arzneistoffen kombiniert. Diese Ko-medikation kann über mögliche Interaktionen zu einem erhöhten Risiko für Myopathien oder sogar zur Rhabdomyolyse führen.

RhaBDOMyOlyse- RisiKO DURch statiNe

39aRzNeiMitteltheRaPiesicheRheit

K VB FORUM 9/2013

Metabolismus und interaktionspotenzial der einzelnen statine

Wirkstoff Metabolismus Komedikation mit potenten cyP3a4-inhibitoren

Simvastatin CYP3A4 kontraindiziert

Lovastatin CYP3A4 kontraindiziert

Atorvastatin CYP3A4 kontraindiziert

Fluvastatin CYP2C9 und andere CYP-Enzy-me; nur wenig über CYP3A4

mit Vorsicht

Pravastatin kein signifikanter Stoffwechsel über Cytochrom P450

mit Vorsicht

Rosuvastatin kein signifikanter Stoffwechsel über Cytochrom P450

mit Vorsicht

Tabelle 1 Quelle: KVB

[1] (KHK, cerebrovaskuläre Manifestation, pAVK)[2] Quelle: KVB[3] entsprechend Fachinformation bzw. nach Clinical Pharmacology, Indiana University http://medicine.iupui.edu/clinpharm/ ddis/main-table

Relevante arzneistoffgruppen und ihr ausmaß einer interaktion mit statinen

arzneistoffgruppe Wirkstoff ausmaß der inter- aktion mit statinen [3]

Komedikation mit cyP3a4-abhängigen statinen

Makrolide Erythromycin stark kontraindiziert

Clarithromycin stark kontraindiziert

Telithromycin stark kontraindiziert

Azithromycin nicht vorhanden ggf. mit Vorsicht

Roxithromycin nicht vorhanden ggf. mit Vorsicht

Azol-Antimykotika Itraconazol stark kontraindiziert

Ketoconazol stark kontraindiziert

Posaconazol stark kontraindiziert

Miconazol stark kontraindiziert

Voriconazol moderat mit Vorsicht

Fluconazol moderat mit Vorsicht

HIV-/Hepatitis C- Therapeutika

Proteaseinhibitoren stark kontraindiziert

Andere Aprepitant moderat mit Vorsicht

Ciclosporin moderat bis stark mit Vorsicht

Diltiazem moderat mit Vorsicht

Fibrate moderat bis stark mit Vorsicht

Verapamil moderat mit Vorsicht

Tabelle 2 Quelle: KVB

terolsynthese von Pilzen ein und führen so zur Unterbrechung der Membransynthese und letztlich zum Absterben der Pilzzellen. Da-bei hemmen vor allem Itraconazol, Ketoconazol, Posaconazol und Mi-conazol den CYP3A4-abhängigen Metabolismus von Arzneistoffen und können so eine vielfach er-höhte Exposition mit Statinen ver-ursachen. Aus diesem Grund ist die gleichzeitige Anwendung die-ser Wirkstoffe und anderer poten-ter CYP3A4-Inhibitoren mit Sim-vastatin oder Lovastatin kontrain-diziert beziehungsweise sollte ver-mieden werden (Atorvastatin). Die wichtigsten CYP3A4-Inhibitoren sind in Tabelle 2 dargestellt.

lösungsmöglichkeiten

Ist eine Behandlung mit CYP3A4-Inhibitoren zusätzlich zu einer Sta-tin-Therapie unumgänglich, sollte zunächst das Interaktionspotenzi-al abgeschätzt werden. Während einer kurzfristigen Behandlung mit potenten CYP3A4-Inhibitoren kann die Statingabe vorübergehend pau- siert werden. Bei einem längerfris-tigen Einsatz potenter CYP3A4-Hemmer kann eventuell eine Um-stellung auf ein alternatives Statin erfolgen, das nicht über CYP3A4 abgebaut wird und damit unemp-findlicher gegen die Enzym-Inhibi-tion ist. Bei der gleichzeitigen The-rapie mit moderaten CYP3A4-Hem- mern kann gegebenenfalls eine Dosisreduktion des Statins ausrei-chend sein. Informationen zum Ausmaß der Veränderung der AUC (area under the curve = Maß für die Substanzmenge im Körper) der einzelnen Statine durch verschie-dene CYP3A4-Inhibitoren können den entsprechenden Fachinforma-tionen entnommen werden (www.fachinfo.de). Generell sollten Sie auch bei kurzfristigen Therapien die potenziellen Interaktionen mit Statinen berücksichtigen, gegebe-nenfalls die Kreatinkinase-Spiegel

monitoren und Ihre Patienten unter Umständen für die Symptome einer Myopathie oder Rhabdomyolyse wie Muskelschmerzen, -krämpfe oder dunklem Urin (cave: Myoglo-binurie) sensibilisieren.

Katharina Kreitmeyr (KVB)

PRaXisFühRUNg40

K VB FORUM 9/2013

D ie Broschüre richtet sich in erster Linie an junge Ärz-tinnen und Ärzte, die sich

in der Facharztweiterbildung zum Allgemeinmediziner befinden und kurz- oder mittelfristig vor der Ent-scheidung stehen, als Hausarzt ver-tragsärztlich tätig zu werden. Es wer- den aber auch Mediziner angespro-chen, die sich bereits für eine ver-tragsärztliche Tätigkeit im hausärzt-lichen Bereich entschieden haben beziehungsweise unmittelbar vor der Niederlassung stehen. Für sie alle ergeben sich zahlreiche inter-essante Wahlmöglichkeiten, aber auch viele niederlassungsrelevan-te Fragen, die sowohl während der Weiterbildung, als auch unmittel-bar vor der Niederlassung von Be-deutung sind.

Unterstützung während der Weiterbildung

Der Leitfaden beschreibt zunächst die bestehenden Unterstützungs-möglichkeiten in der allgemeinärzt- lichen Weiterbildung. Darüber hin-aus erfahren die jungen Ärzte, wel-che Weichen sie selbst bereits wäh-rend der Weiterbildung stellen kön-nen, um später im Zuge der Zulas-sung alle Voraussetzungen zur Er- bringung und Abrechnung geneh-migungspflichtiger Leistungen zu erfüllen. Ergänzend dazu erhalten

sie wertvolle Informationen zu den einzelnen Fördermöglichkeiten wäh-rend ihrer Weiterbildungszeit.Die Broschüre beschreibt für die spä-tere Niederlassung auch die Grund-züge der Bedarfsplanung sowie zu-lassungsrechtliche Rahmenbedin-gungen, wie beispielsweise das Pra-xisausschreibungsverfahren. Die einzelnen Möglichkeiten zur Teil-nahme an der vertragsärztlichen

Versorgung im ambulanten Bereich sowie deren Vor- und Nachteile werden ebenfalls vorgestellt und ausgiebig erläutert.

erste schritte in die vertrags-ärztliche tätigkeit

Mithilfe des neuen Leitfadens er-hält der Ärztenachwuchs einen gu-ten Überblick über die ersten Schrit-te, die bei der Beantragung einer Zulassung beachtet werden müs-sen. Ergänzt wird die Broschüre durch Informationen über das um-fassende und kostenlose Beratungs-angebot der KVB, das bereits im Vorfeld der Niederlassung genutzt werden kann. Auch Überblicke über die zahlreichen Online-Angebote der KVB sowie über die Kontakt-daten der wichtigsten Institutio-nen im Rahmen der Weiterbildung und Niederlassung kommen in der neuen Broschüre nicht zu kurz.

Fritz-Marcus Birnhäupl (KVB)

Die Förderung und Unterstützung des Ärztenachwuchses – gerade auch im haus-ärztlichen Bereich – liegt der KVB besonders am Herzen. Aus diesem Grund hat sie zu diesem Thema eine neue Broschüre veröffentlicht: Mit dem „Leitfaden für zukünftige Hausärzte – Weiterbildung und spätere Niederlassung bestmöglich verzahnen“ will sie Ärzten in Weiterbildung auf dem Weg in die Niederlassung eine wertvolle Unterstützung an die Hand geben.

Mit dem neuen leitfaden für zu-

künftige haus-ärzte will die KVB

jungen Ärzten die Phase des

übergangs von der Weiterbil-

dung in die Nie-derlassung deut-lich erleichtern.

NieDeRlassUNgsleitFaDeN FüR zUKüNFtige haUsÄRzte

hier erhalten sie ihren leitfaden

Sie finden den Leitfaden unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Service und Beratung/Informationsmaterial/Praxisbetrieb/Praxisfüh-rung. Oder Sie fordern ein kostenloses Exemplar an unter:Telefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 10Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 11 E-Mail [email protected]

41leseRBRieFe

KVB FORUM 9/2013

Wieder mehr Beitragsautonomie für die Kassen

KVB FORUM 6/2013, seite 10

Sehr häufig, so auch in diesem Bei- trag von Max Straubinger (CSU), wird von Politikern der Begriff „Wett-bewerb“ im Zusammenhang mit dem Gesundheitssystem – hier im Speziellen mit den Krankenkassen – verwendet. Die Damen und Her-ren aus der Politik definieren aber diesen Begriff bisher nie genauer. Ist darunter eventuell eines der im Folgenden geschilderten Szenarien zu verstehen? Der Einfachheit hal-ber reduzieren wir die 154 oder 144 (Deutsches Ärzteblatt 2012) be-ziehungsweise 134 (KVB FORUM 2013) Krankenkassen auf zwei und nennen diese Kasse A und Kasse B.

Szenario 1: Kasse A bietet aufgrund hoher Über- schüsse („Rekordreserven von 28 Milliarden Euro“) ihren Versicher-ten mehrere, bisher nicht erstatte-te Leistungen zur Kostenerstattung an – welche kann sich jeder Leser selbst ausdenken (medizinischer Sinn?). Kasse B kann oder will die-sem Vorgehen nicht folgen. Dies führt dazu, dass viele Versicherte von Kasse B zu Kasse A wechseln.

Die gestiegenen Beitragseinnah-men ermöglichen es Kasse A, wei-tere Leistungen zur Kostenerstat-tung anzubieten. Ein Circulus vitio-sus ist in Gang gesetzt, an dessen Ende im Extremfall Kasse B insol-vent wird.

Szenario 2: Die Kassen erhalten ihre Beitrags-autonomie. Kasse B senkt ihren Beitragssatz („Rekordreserven von 28 Milliarden Euro“), kurzfristige Defizite werden aus den Reserven abgedeckt. Versicherte der Kasse A wechseln in großer Zahl zu Kas-se B (durch entsprechende Werbe-maßnahmen darauf aufmerksam gemacht). Der Circulus vitiosus ist erneut in Gang gesetzt und endet – man ahnt es schon – im Extrem-fall mit der Insolvenz von Kasse A. Erinnert sei dabei an einen derar-tigen Vorgang mit menschenun-würdigem Vorgehen vor einigen Jahren!

Ich mag nicht darüber nachden-ken, wie sich derartige Szenarien auf alle anderen Vorgänge, zum

Auf dieser Seite kommen unsere Leser zu Wort. Wir freuen uns über Ihre Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge.

hieR ist Platz FüR ihRe MeiNUNg

„Patientenzuwendung statt absurder Bürokratie“

KVB FORUM 7-8/2013, seite 32

Wer im Glashaus sitzt, sollte be-kanntlich nicht mit Steinen wer-fen. Wenn darüber geklagt wird, dass Ärzte in Heimakten hineindo-kumentieren sollen, so ist dies le-

leserbriefe

sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns die Kürzung der Texte vor. Es können nur Zuschriften veröffent-licht werden, die sich auf benannte Artikel in KVB FORUM beziehen. Bitte geben Sie Ihren vollständigen Namen, die komplette Adresse und für Rückfragen Ihre Telefonnummer an. Wir freuen uns über Ihre Leserbriefe, die Sie am besten per E-Mail an [email protected] schicken. Postanschrift: KVB, Redaktion KVB FORUM, Elsenheimer-straße 39, 80687 München, Fax 0 89 / 5 70 93 – 21 95.

Beispiel Honorierung der Leis-tungserbringer, Innovationen bei Medikamenten und Behandlungen etc. im Gesundheitssystem aus-wirken würden. Sieht so Wettbe-werb im Gesundheitswesen aus?

Ludger Koch, Haibach

leseRBRieFe42

KVB FORUM 9/2013

diglich Ausdruck des Zeitgeistes, der stets und überall das eigene Handeln „absichern“ möchte. Noch mehr als bereits jetzt werden wir Ärzte aber durch das Patienten-rechtegesetz in einen Dokumenta-tionswahn verfallen. Kürzlich hatte ich Gelegenheit, dem Patientenbe-auftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller MdB, zuhören zu dürfen, der über dieses Gesetz in-formierte und betonte, das alles, was nicht dokumentiert ist, als „nicht erbracht“ zu gelten habe. Für uns Psychiater heißt das: In der Gesprächstherapie am besten ein Band mitlaufen lassen und das Aufgezeichnete zehn Jahre aufbe-wahren. Dies dient bestimmt nicht der Behandlung des Patienten, aber vielleicht sichert es das ärztliche Überleben.

Dr. Dr. Reinhard PlatzeckAschaffenburg

Die Aussagen im Interview mögen ja juristisch zutreffen – zwischen-menschlich im Sinne einer Koope-ration für eine gemeinsame Patien-tenbetreuung durch Ärzte und Pfle-gende sind sie aber herzlos-büro-kratisch! Gerade den Betroffenen gegenüber. Die vorgegebenen Ver-pflichtungen zur Dokumentation in Pflegeheimen kommen nicht von der Verwaltung des Heims, son-dern entstammen bürokratischen Anforderungen der Pflegekassen und anderer staatlicher Bürokraten zu Lasten der Pflegenden in den Pflegeheimen. Diese leiden ebenso darunter, wie Herr Kollege Böhm es in den letzten Worten seiner ersten Antwort für sich reklamiert. Warum also auf diese Weise polarisieren und eine Konfrontationslinie auf-bauen? Ich sehe einen anderen, aus meiner Sicht besseren Weg: Die „Absicherungsbürokratie“ ins-besondere gegenüber den Verant-wortlichen als solche zu bezeich-

nen, aber dennoch mein Kürzel un-ter die Formular-Medikationspläne zu setzen. Damit habe ich schwarz auf weiß, was durch das Pflegeper-sonal zu verabreichen ist, und noch dazu den Pflegenden mit meinem Kürzel hoffentlich eine kleine Freu-de bereitet. So lebt Zwischen-menschlichkeit auf und bürokrati-sche Mauern werden eingerissen!

Dr. Richard BarabaschPommersfelden

43KURzMelDUNgeN

K VB FORUM 9/2013

BeRUFsKaMMeRN eRhalteN

Kurz vor der Bundestagswahl hat sich der Verband Freier Berufe in Bayern e. V. (VFB) eindeutig für den Erhalt des dualen Krankenversiche-rungssystems in Deutschland und damit gegen die Einführung einer Bürgerversicherung ausgespro-chen. Seine weiteren Forderungen: Erhalt der Berufskammern, ein ge-rechtes Steuersystem sowie die stärkere Förderung von Existenz-gründungen insbesondere auf dem Land, um auch in Zukunft beispiels-weise eine flächendeckende Haus- und Fachärzteversorgung zu ge-währleisten. Beim Parlamentari-schen Abend am 21. Juni im Bei-sein von Bayerns Wissenschafts- minister Dr. Wolfgang Heubisch, Christa Stewens, CSU-Fraktions-vorsitzende im Bayerischen Land-tag, Thomas Hacker (FDP), Dr. Paul Wengert (SPD), Dr. Martin Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Thorsten Glauber (Freie Wähler) wehrte sich der Verband gegen das Vorhaben von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die freien Beru-fe in die Gewerbesteuerpflicht ein-zubeziehen. „Der freie Beruf treibt kein Gewerbe“, betonte VFB-Präsi-dent Dr. Fritz-Eckhard Kempter. Freie Berufe übten einen Vertrau-ensberuf aus und erbrächten ihre Dienstleistungen – wie zum Bei-spiel die Ärzte – zur Daseinsvorsor-ge im Interesse der Gesellschaft. Dies entlaste den Staat. Allerdings nur, wenn weiterhin die Berufskam-mern wichtige öffentliche Aufgaben wie Berufszulassung, Berufsauf-sicht, Berufsgerichtsbarkeit und Fortbildung übernehmen könnten. Ohne Berufskammern, wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gefor-dert, müsse der Staat diese Auf-gaben übernehmen, so Kempter.

Redaktion

checK-UP 35 – PRÄVeNtiON 2013

Die Kassenärztliche Bundesverei-nigung (KBV) hat Mitte Juni ge-meinsam mit den KVen eine Infor-mationskampagne zur präventiven Gesundheitsuntersuchung von Menschen ab 35 Jahren gestartet. Unter dem Motto „Check-up 35 - Stark bleiben“ sollen Versicherte ab Mitte 30 stärker für die Themen Vorsorge und Früherkennung von Krankheiten sensibilisiert werden. KBV und KVen haben im Rahmen der Präventionsinitiative ein um-fangreiches Informationspaket zu-sammengestellt, das Ärzte in ihren Praxen nutzen können, um ihre Pa- tienten auf wichtige Vorsorgeun-tersuchungen hinzuweisen: Ein Pa-tientenflyer informiert, was der Check-up 35 beinhaltet und wie die Untersuchung abläuft. Er ist ent-weder als Kopiervorlage in sechs Sprachen im Internet bei der KBV erhältlich oder kann in gedruckter Form bestellt werden unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Ser-vice und Beratung/Informations-

material/Gesundheit/Prävention unter dem Punkt „Stark bleiben“. Darüber hinaus gibt es ein Warte-zimmerplakat, das Ärzte bei Bedarf unter der E-Mail [email protected] anfordern können. Für Sie selbst ist eine gesonderte Praxisinforma-tion mit Tipps und Hinweisen zur An-sprache Ihrer Patienten erhältlich. Sämtliche Kampagnenmaterialien finden Sie unter www.kbv.de/checkup35.html.

Redaktion

Der kostenlose Check-up für Erwachsene ab 35. Bleiben Sie gesund, gehen Sie zur Vorsorge!

Stark bleiben!

Praxisstempel

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns

Mit ihren rund 24.000 Mitgliedern stellt die KV Bayerns (KVB) die ambulante ärztliche Versorgung im Flächenstaat Bayern mit rund zwölf Millionen Einwohnern sicher. Sie vertritt die Interessen ihrer Mitglieder – aller zugelassenen Vertragsärzte und -psychothera-peuten, der in den Praxen sowie Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) angestellten Ärzte und Psychotherapeuten und der ermäch-tigten Krankenhausärzte – gegenüber Politik und Krankenkassen. Und sie tut auch viel für die Patienten:

Ärztlicher Bereitschaftsdienst 116 117

PatientenInfoline 0 89 / 5 45 46 - 4 04 20

Koordinationsstelle Psychotherapie 09 21 / 78 77 65 - 4 04 10

Arzt- und Psychotherapeuten-Suche online http://arztsuche.kvb.de

Ihr persönlicher Vorsorgekalender

Die folgenden Früherkennungsuntersuchungen gehören zum Leistungs-angebot der gesetzlichen Krankenkassen, das für Sie kostenfrei ist.

Alter Frauen Männer

Ab 20 Jahren

zusätzlich

Ab 30 Jahren

Früherkennung Gebärmut-terhalskrebs und Krebser-krankungen des Genitalesjährlich

Früherkennung Brustkrebsjährlich

Ab 35 Jahren Check-up 35alle zwei Jahre

Check-up 35alle zwei Jahre

Ab 35 Jahren Früherkennung Hautkrebsalle zwei Jahre

Früherkennung Hautkrebsalle zwei Jahre

Ab 45 Jahren Früherkennung Krebs-erkrankungen der Prostata und des äußeren Genitales jährlich

Ab 50 Jahren Früherkennung Darmkrebs (Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl)

jährlich, bis 55 Jahre

Früherkennung Darmkrebs (Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl)

jährlich, bis 55 Jahre

Ab 50 Jahren Früherkennung Brustkrebsalle zwei Jahre bis zum Ende des 70. Lebensjahres: Einladung zum Mammo-graphie-Screening

Ab 55 Jahren Früherkennung Darmkrebs

wahlweise alle zwei Jahre Test auf verborgenes Blut im Stuhl

oder

zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren

Früherkennung Darmkrebs

wahlweise alle zwei Jahre Test auf verborgenes Blut im Stuhl

oder

zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren

Ihr nächster Termin:

Eine Präventions­initiative der KVen und der KBV

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uxMehr Informationen im Internet unter www.kvb.de

gesUNDheits- VeRsORgUNg DeR zUKUNFt Am 5. Juli hat die Landtagsfraktion der GRÜNEN zu ihrem vorerst letz-ten Fachgespräch der Reihe „Ge-sundheitsversorgung der Zukunft“ in den Bayerischen Landtag einge-laden. Themen waren die in KVB FORUM, Ausgabe 07-08/2013, bereits ausführlich vorgestellten Reformvorschläge der gesund-heitspolitischen Fachkommission der grünen Heinrich-Böll-Stiftung zu „mehr Effizienz, Qualität und Humanität in einem solidarischen Gesundheitswesen“.

Unter dem Stichwort „Anreizregu-lationsveränderung“ stellte Helmut Hildebrandt, Gesundheitswissen-schaftler und Co-Vorsitzender der Fachkommission, zunächst die wichtigsten Thesen und Vorschlä-ge des Berichts vor. Im Anschluss daran fand eine rege Podiumsdis-kussion unter Beteiligung des KVB- Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolf-gang Krombholz statt. Neben ihm und Helmut Hildebrandt saßen auf dem Podium Barbara Steffens, Ge-sundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, Dr. Peter Potthoff, Vor-standsvorsitzender der KV Nord-rhein und als Moderatorin Theresa

KURzMelDUNgeN44

K VB FORUM 9/2013

Schopper, gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gut zwei Stunden standen die Ex-perten dem bunt gemischten Pub-likum Rede und Antwort. Ärzte, Me- dizinstudenten, Krankenkassen- und Patientenvertreter, aber auch Betroffene aus dem pflegerischen Bereich nutzten die Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie die hochwertige Gesundheitsversor-gung in Deutschland dauerhaft auf- rechterhalten werden kann.

Susanne Rose (KVB)

Psychische KRiseN iM alteR MeisteRN

Der vierte Altenbericht der Bundes- regierung weist in Bezug auf psy-chische Leiden älterer Menschen in Deutschland alarmierende Zah-len auf: Demnach ist rund ein Vier-

tel der über 65-Jährigen ernsthaft psychisch erkrankt. Vor allem die Depression gilt als zentraler Risi-kofaktor für Suizidhandlungen. In allen Industriestaaten sind es die älteren Menschen, insbesondere die älteren Männer, die am stärks-ten suizidgefährdet sind. So lag der Anteil der über 60-Jährigen an al-len Suiziden im Jahr 2010 bundes-weit bei 41,5 Prozent.

Um auf diese Problematik aufmerk- sam zu machen, hat das Sozialre-ferat der Landeshauptstadt Mün-chen zusammen mit dem Münch-ner Bündnis gegen Depression e. V. das Programm „aufi – Auswege finden bei psychischen Krisen im Alter“ speziell für Menschen über 60 aufgelegt. Ziel von „aufi“ ist es, in der Öffentlichkeit ein Grundver-ständnis dafür zu schaffen, dass psychische Krisen im Alter eine der Hauptursachen für Suizid sein kön- nen. Im Vordergrund des Projekts steht deshalb die Informations- und Aufklärungsarbeit. Betroffe-nen soll aufgezeigt werden, wel-che Auswege es bei psychischen Krisen im Alter gibt. Die Erkrank-ten werden dazu ermutigt, aktiv zu bleiben und den Kontakt mit ihrem sozialen Umfeld zu suchen. Sie sol- len lernen, ihre Erkrankung ernst zu nehmen und möglichst frühzei-tig Hilfe anzunehmen. Auch den Angehörigen bietet „aufi“ ein um-fangreiches Beratungs- und Unter-stützungsangebot, bei dem sie un-ter anderem den Umgang mit ei-nem älteren, psychisch erkrankten Familienmitglied erlernen. Schu-lungen und Seminare für Fachkräf-te runden das „aufi“-Paket ab.

Weitere Informationen über die im Rahmen von „aufi“ angebote-nen Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige finden Sie unter www.aufi-muenchen.de sowie un-ter www.muenchen-depression.de.

Redaktion

OPeRatiON KaRRieRe

Ende Juni fand in München der erste regionale Nachwuchskon-gress „Operation Karriere“ in der Alten Kongresshalle statt. An der Veranstaltung nahmen rund 300 Medizinstudierende und Klinikärz-te teil und informierten sich über Berufsperspektiven und Karriere-möglichkeiten in ihrer Gegend. Die KVB war nicht nur mit einer Stand-besetzung vertreten, sondern stell- te auch zwei der Referenten: Dr. Astrid Bühren sprach zum Thema „Ärztinnen in der vertragsärztli-chen Versorgung“ und Praxisbera-ter Stephan Haniffa zur „Betriebs-wirtschaftlichen Praxisführung“.

Durch das vielfältige Vortragspro-gramm erhielten die Teilnehmer einen umfassenden Überblick über den aktuellen Arbeitsmarkt und zahlreiche Weiterbildungs-möglichkeiten. Zusätzliche Work-shops zum Einstieg in das ärztli-che Berufsleben und zu unterschied- lichen Karriereoptionen rundeten das Kongressangebot ab.

Darüber hinaus konnte sich der Medizinernachwuchs auf der gleich-

KVB-Praxisberater stephan haniffa im gespräch mit einer Kongressteil-nehmerin.

45KURzMelDUNgeN/iMPRessUM

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impressum für KVB FORUM und KVB iNFOs

KVB FORUM ist das Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen (KVB INFOS). Es erscheint zehnmal im Jahr.

herausgeber (V. i. s. d. P.):Kassenärztliche Vereinigung Bayerns vertreten durch den Vorstand:Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz, Dr. Ilka Enger

Redaktion:Martin Eulitz (Ltd. Redakteur)Text: Markus Kreikle, Marion MunkeGrafik: Gabriele Hennig, Katrin Zentrich

anschrift der Redaktion:Kassenärztliche Vereinigung BayernsElsenheimerstraße 3980687 MünchenTelefon 0 89 / 5 70 93 – 21 92Fax 0 89 / 5 70 93 – 21 95E-Mail [email protected] www.kvb.de

satz und layout:KVB Stabsstelle Kommunikation

Druck:Gebrüder Geiselberger GmbH, Altötting Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier.

Bildnachweis:BayernSPD (Seite 9), Gemeinsamer Bundesausschuss (Seite 16), iStock-photo.com (Titelseite, Seite 2, 4, 5, 11, 17, 23, 25, 26, 32, 35, 36, 37, 42, 47, Rückseite), Jens Ihnken (Seite 4, 18, 19, 20, 21), Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Seite 44), Münchner Bündnis gegen De-pression (Seite 44), privat (Seite 27), KVB (alle weiteren)

Mit Autorennamen gekennzeichnete Beiträge spiegeln ebenso wie Leser- briefe nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich die Veröffentlichung und Kürzung von Zuschriften vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder übernehmen wir keine Haftung. Die hier veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt, ein Abdruck ist nur mit unserer schriftlichen Genehmigung möglich. Wenn aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form eines Wortes genutzt wird („der Arzt“), ist selbstverständlich auch die weibliche Form („die Ärztin“) gemeint.

KVB FORUM erhalten alle bayerischen Vertragsärzte und -psychothera-peuten im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der KVB. Der Bezugspreis ist mit der Verwaltungskostenumlage abgegolten.

zeitigen Karrieremesse mit Vertre-tern und Personalexperten aus Kli-niken, Verbänden und Unterneh-men der Gesundheitswirtschaft über Trends und Entwicklungen auf dem medizinischen Arbeitsmarkt austauschen und erste wichtige Kontakte für die berufliche Zu-kunft knüpfen. So stellten die Mit-arbeiter der KVB beispielsweise ein großes Interesse der Teilneh-mer, vor allem von Frauen mit klei-nen Kindern, an einem Einstieg in die vertragsärztliche Versorgung fest.

Redaktion

KURz Mal Nach-schlageN

Als Unterstützung für die tägliche Arbeit in Praxis und Klinik gibt das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (äzq) regelmäßig Leit-linien für die Versorgung bei be-stimmten Krankheitsbildern heraus. Kürzlich sind neue Publikationen zur chronischen Herzinsuffizienz, Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter, Kreuzschmerz sowie unipolarer Depression auf-gelegt worden. Diese Leitlinien sind als PDF-Varianten in vielfältigen Formen kostenfrei im Internet un-ter www.versorgungsleitlinien.de/themen erhältlich. Neu ist, dass diese auch in gedruckter Form als Kurzfassungen, als Patientenleitli-nien sowie als Pocketcards im Buch- handel sowie bei Online-Anbietern erworben werden können. Die Kurz- fassungen und die Patientenleitli-nien kosten jeweils 4,95 Euro pro Exemplar, die Pocketcards 3,95 Euro pro Set.

Redaktion

KVB seRViceNUMMeRN46

K VB FORUM 9/2013

Persönliche Beratung zur abrechnung

Persönliche Beratung zu Verordnungen

Beratung

Wir helfen Ihnen gerne telefonisch zu folgenden Zeiten und Themen: Montag bis Donnerstag: 7.30 bis 17.30 Uhr Freitag: 7.30 bis 14.00 Uhr

AbrechnungTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 10Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 11E-Mail [email protected]

VerordnungTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 30Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 31E-Mail [email protected]

PraxisführungTelefonnummern siehe rechte SeiteE-Mail [email protected]

IT in der PraxisTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 50Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 51E-Mail [email protected]

� KV-SafeNet* und KV-Ident � Doctor-to-Doctor (D2D)

Online-DiensteTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 40Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 41E-Mail [email protected]

� Mitgliederportal, KVB-Postfach, Editor

� Online-Einreichungen und eDoku

ZugangsdatenTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 60Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 61E-Mail [email protected]

� KVB-Benutzerkennung und PIN � Bearbeitungsstand KV-Ident Karte

KVB-SeminareTelefon 0 89 / 5 70 93 – 4 00 20Fax 0 89 / 5 70 93 – 4 00 21E-Mail [email protected]

� Fragen zur Anmeldung � Vermittlung freier Seminarplätze

*Bitte beachten Sie, dass KV-SafeNet nicht mit der Firma SafeNet, Inc., USA, in firmenmäßiger oder vertraglicher Verbindung steht.

Mittelfranken Monika Gibanica-Maier 09 11 / 9 46 67 – 4 47 [email protected]

Doris Saalwirth 09 11 / 9 46 67 – 4 42 [email protected]

München Stefan Ehle 0 89 / 5 70 93 – 44 50 [email protected]

Martina Huber 0 89 / 5 70 93 – 44 74 [email protected]

Eva Weber 0 89 / 5 70 93 – 44 75 [email protected]

Sonja Weidinger 0 89 / 5 70 93 – 42 22 [email protected]

Niederbayern Dagmar Wiedemann 0 94 21 / 80 09 – 4 84 [email protected]

Nathalie Willmerdinger 0 94 21 / 80 09 – 3 07 [email protected]

Oberbayern Severin Baum 0 89 / 5 70 93 – 44 20 [email protected]

Verena Meinecke 0 89 / 5 70 93 – 44 35 [email protected]

Inga Denise Nordmann 0 89 / 5 70 93 – 35 39 [email protected]

Claudia Schweizer 0 89 / 5 70 93 – 44 32 [email protected]

Oberfranken Christa Hammer 09 21 / 2 92 – 2 26 [email protected]

Jürgen Opel 09 21 / 2 92 – 2 28 [email protected]

Oberpfalz Birgit Reichinger 09 41 / 39 63 – 3 90 [email protected]

Mario Winklmeier 09 41 / 39 63 – 1 90 [email protected]

Schwaben Ute Schneider 08 21 / 32 56 – 2 41 [email protected]

Monika Vachenauer 08 21 / 32 56 – 2 42 [email protected]

Silke Würflingsdobler 08 21 / 32 56 – 2 39 [email protected]

Unterfranken Uwe Maiberger 09 31 / 3 07 – 4 09 [email protected]

Elisabeth Matuszynski 09 31 / 3 07 – 4 10 [email protected]

Bernhard Schmied 09 31 / 3 07 – 4 11 [email protected]

Mittelfranken Dr. Elfriede Buker 09 11 / 9 46 67 – 6 71 [email protected]

Dr. Claudia Fischer 09 11 / 9 46 67 – 6 75 [email protected]

Sonja Hofmann 09 11 / 9 46 67 – 6 73 [email protected]

Angela Krath 09 11 / 9 46 67 – 7 69 [email protected]

München Detlev Bartmus 0 89 / 5 70 93 – 28 79 [email protected]

Anita Bulley 0 89 / 5 70 93 – 21 58 [email protected]

Niederbayern Ulrich Störzer 0 94 21 / 80 09 – 4 46 [email protected]

Oberbayern Marion Holzner 0 89 / 5 70 93 – 45 16 [email protected]

Barbara Krell-Jäger 0 89 / 5 70 93 – 34 12 [email protected]

Oberfranken Sascha Schneider 09 21 / 2 92 – 3 44 [email protected]

Oberpfalz Elisabeth Eisenreich 09 41 / 39 63 – 2 54 [email protected]

Karolin Ihle 09 41 / 39 63 – 3 92 [email protected]

Birgit Schneider 09 41 / 39 63 – 1 70 [email protected]

Schwaben Daniela Bluhm 08 21 / 32 56 – 1 43 [email protected]

Beate Selge 08 21 / 32 56 – 1 41 [email protected]

Unterfranken Annegret Ritzer 09 31 / 3 07 – 5 19 [email protected]

47KVB seRViceNUMMeRN

K VB FORUM 9/2013

Wiebke Robl 09 11 / 9 46 67 – 3 36 [email protected]

Marion Roth 09 11 / 9 46 67 – 3 23 [email protected]

Michael Sachse 09 11 / 9 46 67 – 2 21 [email protected]

Anke Weber 09 11 / 9 46 67 – 3 22 [email protected]

Persönliche Beratung zur Praxisführung

Persönliche Beratung zu Qualitätsmanagement, Qualitätszirkeln und hygiene in der Praxis

Nutzen Sie unsere Beratungskompetenz: � Wir beraten Sie zu allen Bereichen des Qualitätsmanagements von A wie Arbeitsanweisung bis Z wie Zertifizierung.

� Wir unterstützen Sie bei der Ausbildung zum Qualitätszirkel-Moderator, der Planung und Initiierung eines Qualitätszirkels und der Dokumentation Ihrer Sitzungen.

� Wir beraten Sie bei der Umsetzung und dem Aufbau eines Hygienemanagements in der Praxis und bei allen Fragen rund um das Thema Hygiene.

Mittelfranken Frank Eckart 09 11 / 9 46 67 – 4 21 [email protected]

Hans-Dieter Moritz 09 11 / 9 46 67 – 3 50 [email protected]

Joachim Streb 09 11 / 9 46 67 – 3 71 [email protected]

München Miriam Radtke 0 89 / 5 70 93 – 34 57 [email protected]

Ruth Stefan 0 89 / 5 70 93 – 35 67 [email protected]

Anneliese Zacher 0 89 / 5 70 93 – 43 30 [email protected]

Niederbayern Anton Altschäffl 0 94 21 / 80 09 – 3 01 [email protected]

Heidi Holzleitner 0 94 21 / 80 09 – 3 05 [email protected]

Martin Pöschl 0 94 21 / 80 09 – 3 13 [email protected]

Oberbayern Peter Fiedler 0 89 / 5 70 93 – 43 01 [email protected]

Katharina Fränkel 0 89 / 5 70 93 – 32 15 [email protected]

Lisa Huschke 0 89 / 5 70 93 – 43 52 [email protected]

Oberfranken Michaela Hofmann 09 21 / 2 92 – 2 29 [email protected]

Iris Püttmann 09 21 / 2 92 – 2 70 [email protected]

Beate Wolf 09 21 / 2 92 – 2 17 [email protected]

Oberpfalz Franz Ferstl 09 41 / 39 63 – 2 33 [email protected]

Siegfried Lippl 09 41 / 39 63 – 1 51 [email protected]

Schwaben Siegfried Forster 08 21 / 32 56 – 2 23 [email protected]

Michael Geltz 08 21 / 32 56 – 1 05 [email protected]

Sylvia Goldschmitt 08 21 / 32 56 – 2 37 [email protected]

Manuel Holder 08 21 / 32 56 – 2 40 [email protected]

Anja Rößle 08 21 / 32 56 – 2 32 [email protected]

Dieter Walter 08 21 / 32 56 – 2 31 [email protected]

Unterfranken Michael Heiligenthal 09 31 / 3 07 – 3 02 [email protected]

Christine Moka 09 31 / 3 07 – 3 03 [email protected]

Peter Schäfer 09 31 / 3 07 – 3 01 [email protected]

VORschaU

eNtlass- MeDiKatiONAmbulanter und stationä-rer Sektor wollen besser zusammenarbeiten

UNteRstützUNg Bei DePRessiONeNSelbsthilfeverein in Ober-franken wendet sich spe-ziell an Männer

BUNDesMaNtel- VeRtRagEinheitliche Regelungen sollen die Umsetzung in der Praxis vereinfachen

DisKUssiON üBeR PRÄVeNtiONZahlen, Daten, Fakten und Meinungen zum Impfen in Bayern