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MITTEILUNGEN am dem Stadt- und Stiſtsarchiv Aschaffenbur g ISSN 0174-5328 Bd. 6 (1999-2001), Heft 5 -_ - - . - -·- . · ' �-- - -�- l -� . - -· ' _ .. - ." ' Haupteingang Schönborner Hof (Zeichnung: Rainer Erzgraber, Aschaffenburg) --�- _- - ---·-.� 1 ' März 2001 -- IJ

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Page 1: MITTEILUNGEN - Stadt- & Stiftsarchiv...München 1997, Sp. 1285-1286. 11 Zu diesem, der vor seiner Wahl Roben von Genf hieß und ab 1379 bis zu seinem Tod als Papst in Avignon residierte,

MITTEILUNGEN am dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg ISSN 0174-5328 Bd. 6 (1999-2001), Heft 5

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Haupteingang Schönborner Hof

(Zeichnung: Rainer Erzgraber, Aschaffenburg)

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März 2001

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Page 2: MITTEILUNGEN - Stadt- & Stiftsarchiv...München 1997, Sp. 1285-1286. 11 Zu diesem, der vor seiner Wahl Roben von Genf hieß und ab 1379 bis zu seinem Tod als Papst in Avignon residierte,

Inhalt

Hans-Bernd Spies, Aschaffenburger ·als Studenten an der Univ rsität Erfurt von ihrer Gründung (1392) bis zum Beginn des 16. Jahrhundert 225

Hans-Bernd Spies, Dalbergs zweimalige Titulaturänderung im Frühjahr 1805 .......................... .

Hans-Bernd Spies, Der Lauf der Nachrichten über Dalbergs R ise von Aschaffenburg nach Konstanz in der deutschen Presse zwischen

. 235

Mai und Bodensee im Oktober 1813 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Hans-Bernd Spies, Der Spessart im Gedicht „Deutschlands Flotte" von Friedrich Saß (1841/42) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 246

Werner Krämer, Die Aschaffenburger Gesellschaft Gambrinia . . . . . . . 251

Hans-Bernd Spies, Eine Auseinandersetzung in der Aschaffenburger Presse über eine unterbrochene Tanzprobe in Mainaschaff (1894) ....... 270

Mitarbeiter

Werner Krämer, Deutsche Str. 59, 63739 Aschaffenburg Dr. phil. Hans-Bernd Spies, M. A., eubaustr. 27, 63814 Mainaschaff

Vorschau auf kommende Hefte:

Hans-Bernd Spies, Dalbergs Würzburger Preisausschreiben (1804) - Hans­Bernd Spies, Änderung der in Aschaffenburg gedruckten Kalender auf französi­schen Wunsch (1807/08) - Hans-Bernd Spies, Aschaffenburg um 1840. Bemer­kungen eines kundigen Zeitgenossen

Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg im Auftrag der Stadt Aschaffen­

burg - Stadt- und Stiftsarchiv - herausgegeben von l lans-Bernd Spies

Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Wermbachstraße 15, D-63739 Aschaffenburg

Gesamtherstellung: Verlagsdruckerei Schmidt Gmbl 1, 914.13 Neustadt an der Aisch

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Aschaffenburger als Studenten an der Universität Erfurt von ihrer Gründung (1392) bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts

von Hans-Bernd Spies

Die Universität Erfurt wurde nach denen in Prag (1348), Wien (1365), Heidel­berg (1385) und Köln (1388) 1392 als fünfte im nördlich der Alp n gelegenen Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher ation errichtet 1

. Ihre Gründung geht wie die Kölns auf städtische Initiative und nicht wie die d r drei erstge­nannten auf die des jeweiligen Landesherrn zurück2

. Da die Stadt an der Gera zum Erzstift Mainz gehörte3 und es dort keine sonstige Universität gab - die in Mainz wurde erst 1476 gegründet4

-, war die Hochschule in Erfurt gleichsam mainzische Landesuniversität, wie sich auch aus der Herkunft ihrer Studenten ergibt5 . Das Verhältnis zwischen der aufstrebenden thüringischen Handelsstadt und den Erzbischöfen von Mainz war allerdings nicht spannungsfrei, und so war es bereits seit dem 13. Jahrhundert immer wieder zu Streitigkeiten über ihre jeweilig n Rechte in Erfurt g kommen6 . Mithin ist auch die Universitätsgrün­dung als ein Versuch zur w iteren Verselbständigung d r Stadt Erfurt von ihrem Landesherrn zu sehen.

Zur ;:illgemeinen Anerkennung einer Universität war damals ein päpstliches Pri­vil g erforderlich, das all rdings nicht die Hochschule gründete, sondern ei­g ntlich nur bestätigte, daß all Anforderungen an ein Generalstudium erfüllt und somit die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Universität gegeben wa-

1 Vgl. Nainer /1. Müller, Geschichte der Universität. Von der mitrelalterlichen Universitas zur deutschen l lochschule, München 1990, S. 12 u. 39-44, sowie jacqlleS Verger, Grundlagen, in: Walter Rüegg(l lrsg.), Geschichte der Universi1iit in Europa, Bel. J: Mittelalter, München 1993, S. 49-80, dies S. 71.Das ptipstliche Privileg für die Universi1är Prag wurde 1347, die landesherrliche Gründungsurkunde1348 ausgestellt; vgl. Miiller, S. 39. Das ptips1liche Privileg für l leidelberg wurde 1385 ausgestellt, die lanclcshcrrlichen Stiftungsurkunden folgten 1386; vgl. ebd., S. 42.

; Vgl. Miil/er (wic Anm. 1 ), S. 43, sowie Werner Mägdeji·au, Erfurt in der Geschichte Thüringens - Von der ersten schriftlichen Erwähnung 742 bis zur Gründung der Universität 1392, in: Ulman Weiß (l lrsg.), Erfurt 742-1992. Stacltgcschichre - Universitätsgeschichte, Weimar 1992, S. 21-37, dies S. 37.

·1 Mille des 8. Jahrhunderts war das Bistum Erfurt mit Mainz vereinigt worden, rund 200 Jahre später er­langtc das Erzstift Mainz auch die weltlichc Herrschaft über Erfurt; vgl. Mägdefrau (wie Anm. 2), S. 22 u. 24, Karl 1/einemeyer, Erfurt im frühen Miuelalter, in: Ulman Weiß (Hrsg.), Erfurt. Geschichte und

,eg ·nwan (Schriften des Vercins für dic Geschichte und Altertumskuncl' von Erfurt, Bel. 2), Weimar1995, S. 45-66, dies S. 46, sowic lV/icbael Gockel, Erfurts zenrralörtlichc Funktion im frühen und hohen Miudtlter, in: ebd., S. 81-94, dies S. 84 f. u. 89 f.

·• Vgl. Miiller (wie Anm. 1 ), S. 12, 44 u. 50, sowie Ve1ger (wie Anm. 1 ), S. 71.� Vgl. Peter Moraw, Die iilicre Univcrsitlit Erfurt im Rahmen der deutschen und europiiischen Hoch­

schulgeschichte, in: Weiß, Erfun (wie Anm. 3), S. 189-205, dies S. 204, sowie Nai11er Cbristopb Scbwin-8es, Erfuns Universirätsbcsucher im 15. Jahrhundert. Frequenz und riiumliche Herkunft, in: ebcl., S. 207-222, dies S. 214-221.

6 Vgl. Mä�d({/i1w (wie Anm. 2), S. 30 ff., Peter Willicks, Die Konlliktc zwischen Erfurt und dem Erzbi­schof von Mainz am Ende dcs 15. Jahrhunderts, in: Weiß, Erfurt 742 (wie Anm. 2), S. 225-240, bes. S. 225 f., sowie h'berbard lloltz, Zur politischcn und rechtlichen Si1ua1ion Erfuns im J 5. Jahrhundert im Vergleich mit anderen milleldeutschen Siüclten, in: Weiß, Erfun (wie Anm. 3), S. 95-'I05, dies S. 95 f. LI. 103 f.

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ren7. Erfurt hatte erstrnals 1379 ein Universitätsprivileg8 erhalten, all rdings auf­grund der im Jahr zuvor eingetretenen Kirchenspaltung9 - 1378 waren nach­einander die Päpste Urbanus VI. (um 1328-1389) 10 und Clemens VII. (1342-1394) 11 gewählt worden, letzterer, der ab 1379 in Avignon residiert , wurde u. a. von Frankreich, ersterer u. a. von England und, was letztlich für die Lage im Reich entscheidend war, von Kaiser Karl IV. (1316-1378) 12 und König W nzel (1361-1419) 13 anerkannt - vom ,falschen' Papst; rst am 4. Mai 1389 stellte,nachdem Erfurt die Seite gewechselt hatte14 , der römische Papst, also UrbanusVI., ebenfalls ein entsprechendes Privileg15 aus, so daß die Hochschule im Früh­jahr 1392 als anerkannte Universität ihren Lehrbetrieb aufnehmen konnte.

Eine Durchsicht der Matrikel der Universität Erfurt vom Sommersemester 1392 bis zum Wintersemester 1501/02 zeigt, daß dort innerhalb die es Zeitraumes von 110 Jahren 51 Studenten studierten, die Aschaffenburg als ihren Heimatort bzw. Wohnort angaben. Daß es sich dabei nicht einfach um die Erwähnung der

7 Vgl. ßirgen Mielbke, Die mi1telaltcrliche niversitäi in der Gesellschafl, in: Weiß, Erfun (wie Anm. 3), S. 169-188, hier S. 172 f.: ,,Generalsruclien ex cons11el11di11e waren die älteren, Generalstudien ex pri­uilegio die jüngeren Anstal1en 1 ... 1; an der prinzipiellen Gleichberechtigung und in g ·wisscm Sinne auch Gleichrangigkeit aller eneralstuclien iinclerte sich dadurch nichts. 1 ... 1 Nur die jüngeren Grün­dungen bedurften zu ihrer Anerkennung eines solchen Rechtsaktes, wie er im Universitätsgründungs­privileg Form gewann. [ ... ! die mittelalterliche europäische Universität definierte sich selbst zunächstnicht als Stiftung aus einem Gründerwillen, so wichtig ein solcher Gründungswille im Einzelfall fürdas Gelingen des Plans, für die Etablierung der l lochschule, für ihre winschaftliche Subsistenz, für dieÜberwindung der ersten schwierigen Zeiten des Neubeginns auch sein und bleiben mochte. Ein s/1I­dium generale war auch nicht prinür durch den hoheitlichen Akt bcgrüncle1, der es als ·in solches an­erkannre, vielmehr bestimmte sich eine Universit:il zu allererst aus ihrer Funktion. Wie bereits derName sI11dinm gen.era/e besagt, verstand sich eine mittclaherliche Universität zuerst und vor allem als eine Schule, die allgem ·ine Anerkennung genoß. Ein päpstliches Gründungsprivileg machte die Hochschule nicht zu einer piipstlichen Stiftung, sie stellte vielmehr nur durch D ·krel die allgemeineAnerkennung her, die si ·h im Falle der ex consue1udi11e gewachsenen Universi1iiten von selbst ver­stand. [ ... ! Mit ein-·m solchen sogenannten Gründungsprivileg wurde keineswegs! ... ! der Paps! (oder Kaiser) zum eigentlichen Gründer der l lochschule: er erkannte - nach Prüfung der Unterlag ·n - nuran, daß diese Schule alle Anforderungen an ein sl11di11m genera/e erfüllte."

8 Druck: .f(obann} C/brislicm} 1 -lerrnann Vv'eissenbon-1. (13earb.), Acten der Erfurter UniversiIae1, Tl. 1-2(Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender G 'biete, Bel. 8), Halle J88 l-l884, dies Tl.1, s. 1 ff.

9 Zu dieser von 1378 bis 1417 bzw. '1423 währenden Kir henspaltung vgl. llerma1111 '/i'icble, Abenclliin­clisches Schisma, in: Lexikon des Mi11elal1crs. Bel. 1, München/ Zürich 1980, Sp. J9-22.

10 Zu diesem, der vor seiner Wahl ßartolomeo Prignano hieß und bis zu seinem Tod römischer P:ipsl war, vgl. Georg Kre11ze1; Urban VI. (13artolomeo Prign:ino), Papst, in: Lexikon des MitIelal1crs, 13d. 8. München 1997, Sp. 1285-1286.

11 Zu diesem, der vor seiner Wahl Roben von Genf hieß und ab 1379 bis zu seinem Tod als Papst in Avignon residierte, vgl. Georg Kre11zer, Clemens VII. (Roben v. enf), avignones. Paps!, in: Lexikon des Mittelaliers, IJcl. 2, München/ Zürich 1983, Sp. 2144-2145.

12 Zu cli 'sem, zurüchst J 346 zum Gegenkönig gewiihli, 1349 erneut gewiihl1 und allg ·mein als rö111isch­cleu1scher König anerkannt, 1355 zum Kaiser gekrönt und bis zu seinem Tod regierend, vgl. f'eter Mu­

raw, Karl IV., röm.-clt. Ks., in: Lexikon des Mittelaliers, IJcl. 5, Münchcn / Zürich 1991, Sp. 971-974. 1.1 Zu diesem, Sohn Kaiser Karls IV., 1376 zum römisch-deutschen König gewählt, 1378 im !(eich N�1ch­

folger seines Vaters und dort 1400 abgesetzt, vgl. Ivan l-llauacek, Wenzel IV., Kg. v. llöhm •n, eil. Kg., in: Lexikon, Bel. 8 (wie Anm. JO), Sp. 219 -2192.

1•1 Zur I laltung Erfurts gegenüber beiden Ptipsten vgl. Peler Muraw, Universitiil (wie Anm. 5), S. 201 f. 15 !)ruck: !,rieb Klei11eidarn, Die Gründungsurkunde Paps! Urbans VI. für die UnivcrsiIüI Erfun vom 4.

Mai l 389, in: Weil,;, Erfun 742 (wie Anm. 2), S. 135-153, dies S. 137 f.

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nächsten größeren Stadt in der ähe des jeweiligen Ortes handelte, sondern Aschaffenburg in der Tat selbst gern int war, ergibt sich aus der Tatsache, daß Studenten, die aus d m mland kamen, b i ihrer Immatrikulation durchaus den entspre ·henden Ortnam n nannten, so z.B. im ommersemester 1402 - also im gleichen S mester wi der vierte in Erfurt studierende Aschaffenburger - ,,Io­hannes Schafheym de Bobenhausen"16

(= Babenhausen), im Wintersemester1408/09 ,,Tohannes Drinckusz de Selghinstat" 17 ( = S ligenstadt), im Winterseme­ster 1454/55, unmittelbar vor dem unten als r. 24 aufgeführten Studenten aus Aschaffenburg, ,,Johannes Swarcz de Ossenheym" 18

(= Kleinostheim) und im Sommersemester 1473 „Heinricus In uria I= im Hof bzw. Imhof] alias GI ser de Framarspach"19

(= Frammersba ·h) im selben Semest r wie d r unt n als Nr. 34aufgelistete Ascha ffenbu rger.

Jene 51 Stud nten, die bei ihrer Immatrikulation an der Univ rsität Erfurt als Heimat- bzw. Wohnort Aschaffenburg angaben, waren - nach Semestern ge­gliedert - folgende20 :

Wintcrsem 'Ster 1395/96 1) Johannes Brandigel de Aschoffinborg21

Somm 'rsemester 1398 2) onradus Assefinburg22

"' Weisse11hom (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 64. Aufgrund des ramiliennamcns besteh! kein Zweifel darüber, d:if., es sich in dies ·m Fall um das hessische 13abcnhausen handelte. Diese Eindeutigkeit fehlt bei­spielsweise b ·i dem im Wintersemester ·I409/ I O immatrikulierten .Nicolaus Molitoris ßabenhusen. "; ·b 1., S. 88. 1) ·r im Wintersemester 1477/78 immatrikulierte ,,lodocus Dorffelder de Ostheym·· dürfte

au� Großostheim stammen, denn unmi11clbar nach ihm sind die beiden unten als r. 40 und 41 auf­geführt ·n Aschaffcnburger eingetrag ·n; ebd., S. 370. Die beiden im Sommersemester 1483 unmittel­bar nach ·inander eingetragenen .Mi ·hacl Klupffel de Osthcym" und „Johannes l leym de Osr.heym" könnten sowohl aus rof�osthcim al� auch aus einem der Orte namens Ostheim stammen, doch sprichI für ersteres zumindest, daß im gleichen Semester der unten als r. 43 aufgefüh11e Student aus Aschaffenburg immatrikuli ·rt wurde; ebd., S. 400.

'7 Ebd., S. 85. IH I-:bd., s. 246. "! Ebd., S .. �51. '" In licser Aufstellung wcrd ·n Namen und Ortsangaben dem Matrikeldruck entsprechend wiedergege­

ben, all ·rdings ohne Anf'ührungszcich ·n. " \'(leisse11/)()m (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 45. Ein 11 ·rmann 13randigil ist 1343 als Metzger in Aschaffenburg

belegt; vgl. No111c111 Fischer, Aschaffenburg im Min ·!alt ·r. Studien zur Geschichle der Stach von den An­fringcn bb wm Beginn der cuzcil (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffen­burg, 13 1. 32), As haffenburg 1989, S. 254.

" \f/eisse11/Jon1 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 52; ·inc and ·re Matrikelhandschrift hat „Aschaffcnborch" stall .As­scf'inborg". l:s ist nicht klar, ob es sich bereils um einen ramiliennam ·n oder noch um eine Her­kunftsb ·z ·ichnung handelte; jedenfalls gab es 1385 und 1387 in rrankfurt am Main mehrere Perso­nen, ;iuf 1 ·rcn Vornamen die ll ·zcichnung „As ·haffinburg", ,,von Aschaffinburg", ,,von Asschaffin­hurg", ,,Asschaffinburgcr", ,,Aschaffinburgcr" und „von Aschaff ·nburg" folg1 ·; vgl. Fiscber (wie Anm. 2 1 ), S. :\82 f'.

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Sommers mester 1401 3) Albertus Sartoris de Aschaffenburg23

Sommersemester 1402 4) Johannes Caldariator de Aschaffinborg24

Wintersem ster 1403/04 5) Mathias Henseberch de Aschaffinborch25

Sommersemest r 1407 6) rredericus Karbach de Aschaffinborg26

7) eins Conradus de Hannow canonicus eccl sie Aschenburgensis27

Konrad von Hanau war 1388 Dekan, also geistliches Oberhaupt28, des Stiftes St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg, verzichtetaber 1396 auf dieses Amt und blieb Kanoniker des Stift s, als sol­ch r zul tzt 1419 rwähnt29. Da er in der Universitätsmatrikel als Herr (d[omi]n[u]s) bezeichnet wurde, nicht aber die anderen Aschaffenburger Stiftsherren30 , bezieht si h dies eindeutig aufseine adlige Herkunft. Mithin gehörte er zum Geschl ehr der ler­ren von Hanau51 und war vermutlich mit jenem Konrad von Hanau identisch, der 1384 Pfarrer in Altenhaßlau war12.

Sommerseme ter 1409

8) Theoclericus de Staffel canonicus ecclesie Aschaffenburgensisj3

Theoclerich bzw. Dietrich (von) Staffel wurde 1 09 Kanoniker desStiftes St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg34 .

2.l Weissenhor11 (wie.: Anm. 8), Tl. 1, S. 62. Dc.:r Famili ·nnamc.: Schnc.:ickr/Snydc.:r - Sanor - l:11c.:inisch: Schneider; weiter unten wc.:rdc.:n in dc.:n en1sprc.:chc.:ncll:r1 Fiillen di · la1cinischc.:n Familic.:nnamc.:n in den Anmerkungen glei h in ihrer d 'Utschen Form angq;eben - ist für di' Zc.:it um 1400 mehrfach in Aschaffenburg bekgt; vgl. Aiji-ed F Wo!J'ert, Aschaffc.:nburger Wappenbuch (Vc.:röffc.:ntlichungc.:n dc.:s

Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, 13d. 20), Aschaffc.:nburg 198:\, S. 200, Fiscber(wic.: Anm. 21), S. 390, sowie Cla11s /Jrt'igma,m, Das :.iltesl • c.:krolog dc.:s S1ifb St. Pc.:ter und Alc.:xander zu Aschaffenburg. Ein Bc.:itrag zur Erschließung spcilmittelalterlicher Nc.:krologc.: (V ·röffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, Hd. 3 ), Aschaffenburg 1989, S. 208.

24 Weissenhorn (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 64. 25 Ebcl., S. 69. 26 Ebcl., S. 79; vgl. unJen Nr. 12. 27 Weissenhorn (wie Anm. 8), S. 79.2" Vgl. dazu A11g11s/ A111rbei11, Di, Priilatc.:n und C:1noniker d ·s ehc.:maligen Collc.:gia1s1if1s St. l'c.:1c.:r und

Alexander zu Asch:tffc.:nburg, Würzburg 1882, S. 41 u. 47 f. l.'/ Vgl. ebd., S. 89 u. 180 f., sowie /3r(iµnw1111 (wie Anm. 23), S. 185. �, Siehe unJen Nr. 8, 13, 32, 45 und 49. " Dies noch abgelehnt von /;'rnsl.J. Zim111en11a1111, 1 lanau. Stadt und Land. Kul1urgeschich1e und Chro­

nik ein ·r friinkisch-we11c.:rauischen S1adt und ehc.:m:1I. Grafschaft. >Vlit bc.:sonderer 13 •rücksich1igung dc.:r älteren Zeit, 1lanau _11919, S. 797: ,,Es ist nicht anzunehmen, daß dies ·r Konrad von I bn:1u aus dc.:r Fa­mile der 11 ·1Ten von l lanau stammt" .

.l2 Vgl. Det/eu Scbwe11nicke (l lrsg.), Euro p:iische Stammtafeln. S1ammta� ·In zur Gc.:schichte dc.:r c.:urop:ii­schen StaaJen, N ·ue l'olge, 13d. 16: Hayern und Frank ·n, 13 ·rlin 199'>, Tal'. 1'>9 .

.l.l \.'(leisse11born (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 85. 11 Vgl. Amrbein (wi · Anm. 27), S. 183; vgl. auch Wo!Jert (wie Anm. 2:1), S. 1'>2

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Wintersemester 1409/10 9) Wygandus Tref r de Aschoffenborg35

10) Gotfridus Ernesti d Aschofinburg36

Sommersemester 1412 11) Johann s Drebe de A chaffenborg37

Sommersemester 14] 912) Johannes Karbach de Asschaffenborg38

Sommerseme 'ter 1424 13) Petrus Molitoris de Bensh ym, canonicus Aschaffenburgensis39

Di ser aus Bensheim stammende Peter Müller war seit 1423 Ka­noniker des Stiftes St. Peter und Al xander zu Aschaffenburg -dort als Peter von Bensheim (,,Petrus de Bensheim") bezeichnet -und starb als olcher 145240.

Winterseme r·r 142 /29 14) Henricus Czymm r de Aschaffinburg41

Sommersemester 1429 15) Johannes Coci d Aschaffinburg42

Sommersem ster 1432 16) Hanemannus Venatoris de Oschaf� nborg43

Sommersemester 1433 17) onradus Quancz de Aschaffenburg44

1� Weisse11bor11 (wit: Anm. 8), Tl. 1, S. 88.11' Ebd., S. 90. Er war vt:rmu1lich t:in Sohn od ·r Enkt:I des aus 1 \ersfeld stammenden und seit 1377 als

Notar in As ·haffonburg 1:itigen Goufrit:d Ernst; vgl. Fischer (wie Anm. 21 ), S. 193. 17 \.'(leisse11bont (wit: Anm. 8), Tl. ·1, S. 96. ll< Elxl., S. 114; vgl. oben r. 6. >9 Weisse11bon1 (wit: Anm. 8), Tl. ·1, S. 128. lO Vgl. A111rhei11 (wie Anm. 27), S. 276 f. 11 Weisse11bom (wit: Anm. 8), Tl. 1, S. 143. Im :iltesten Aschaffenburger ßürgerbuch - Stadt- und Stiftts­

archiv Aschaffenburg, Stacliarchiv Mainzer Zeit, 14-, das l·:intragungen für die.Jahre 1509-1621 enthält, isl t:rstmals unlt:r dt:m 21. St:pl ·mber 1530 ein ,.Wendel Zimerer" erwähnt. Allerdings gab es einen zwi­schen 1323 und 1347 in Würzburg belegten otar Eberhard Zymmern, der aus Aschaffenburg stammte; vgl. 1-'ischer(wic Anm. 21), S. 193.

ll Weisse11bor11 (wi · Anm. 8), '\'I. 1, S. 1 5; vgl. unten r. 33. Der Familienname Koch ist seit der ersten II:ilfl · d ·s 14. Jahrhunderts immer wieder in Aschaffenburg bei ·gt; vgl. A111rbein (wie Anm. 27), ·. 165 r., l'iscber(wie Anm. 21), S. 96, 168 u. 389, sowie ßri'igJ11a1111 (wie Anm. 23), S. 44.

11 Weisse11bom (wie Anm. 8), '\'I. 1, S. 155. Der :ilL 'Sle bisher bekannte Beleg des Familiennamens Jäger in Aschaffenburg s1ammt allerdings ·rsl aus dem Jahr· 1588: Laut Bürgerbuch (wie Anm. 41) wurde am 14. Mai 1588 der aus Worms stamm •nde „Ibn(,; MelchiorJeger" Bürger.

11 Weisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 158. Der :ilieste bekannt • Beleg für diesen Familiennamen in /\schaff ·nburg isl im llürgerbuch (wie Anm. 41) die Eintragung, daf,; .,\ \ans quancz" am 21. Februar 1527 llürger wurde.

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Sommersemester 144145

18) Heinricus Burckardi de Aschaffenburg19) Johannes Caldarificis d Aschaffenburg20) Iohannis Cellerarii de Aschaffenburg46

21) Nicolaus Heuer de Aschaffenburg

Wintersemester 1441/ 42 22) Nicolaus Dypurg de Assenuenburg47

Wintersemester 1448/49 23) icolaus de Aschaffenburch''8

Wintersemest r 1454/55 24) Iohanes Nuyn de Osscafenborch49

Wintersemester 14 57 /58 25) Theodoricus Cellerarii de Asschaffenborch50

Sommersemest r 1458 26) Fred ricus Schoenbruyt de Aschaffenborch51

Die Familie Schönbrot ist für die Zeit von 1271 bis 156 inAs haffenburg nachweisbar52 ; im 15. Jahrhundert waren drei Mit­glieder dieser Familie Kanoniker des Stiftes St. Peter und Alexan­der, darunter.Johannes Schönbrot, der, 1420 Kanoniker geworden,von 1425 bis zu seinem T d 1448 D kan des Stiftes war5·-1_ Wahr­scheinlich wurde auch der Erfurter Student Friedrich SchönbrotMitglied des Aschaffenburger tiftes, denn ein Friedrich Schönbrotwurde dort 1459 Kanoniker und starb als solcher 149154 .

Wintersemester 1461/62 27) Nicolaus Smanck de Aschenvomburg55

'' \.Veissenborn (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 185. ir, Vgl. un1en Nr. 25.

•11 Weisse11born (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 187. l)er Wcb ·r llcnne l)i ·burg au, A,chaffenburg wurde 1432 13ürger in Frankrun am M,iin; vgl. 1-"iscber(wi · Anm. 21), S. 384.

'" \.Veisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 218; vgl. Ausrührungen in Anm. 22. 19 Weisse11bom (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 246. ><J 1-:bd., S. 264; vgl. oben r. 20. " \.Yleisse11bor11 (wi · Anm. 8), Tl. 1, S. 275. " Vgl. 1-"iscber (wie Anm. 21 ), S. 3'17, 579 u. 390. s.1 Zu diesem vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 91 u. 22j; zu P ·ter Schönbro1, von 1428 bis zu seinem Tod

146<; Kanoniker, S. 261. '' Vgl. ebd., S. 188. ss Weisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 289; ·in · :inder · Ma1rikelh�1nd�chrif"1 h:11 .,A,choffenburg" s1:i11

,.Aschenv<Hnburg".

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Sommers mester 1466 28) Nicolaus Kolb d Oschaffenborg56

Wintersemester 1466/67 29) Petrus Gilman de Asschaffenburg57

Sommersemester 1469 30) Nycolaus Tzan de Aschaffenburg58

Wintersemester 1470/71 31) Martinus Muldenhawer d Schiffenburg59

Wintersemester 1471/72 32) Johannes Lauwerbach canonicus Aschaffenburg nsis60

Johannes von Lau rbach war 1470 Kanoniker des Stiftes St. Peterund Alexander zu Aschaffenburg geworden61.

Wintersemester 1472/73 33) Iohannes Coci de Aschoffenborg62

ommersernester 1473 34) Johannes H xheym de Aschoffenburg63

�6 Ebd., S. 315; vgl. unten Nr. 47 u. 51. Als erster Aschaffenburgc..:r Bürger dieses Familiennamens ist l leilmann Kolbe 1294 b ·legt; vgl. Fischer (wie Anm. 21 ), S. 243. Zu Triigern dieses Namens, die von 1521 bis 1618 in Aschaffenburg Bürger wurden, vgl. das Register des genannten ßürgerbuches (wie Anm. 41).

�7 \.rleisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. J, S. 319.'iH Ebd., S. 332. Für di ·se Zeit sind keine weiteren Tr,iger des Namens Zahn in As ·haffenburg belegt, aber

1503 wurd · Theodor Zahn Kanoniker des Stiftes St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg - vgl. Am-1'heil1 (wie Anm. 27), S. 191 - und 1524, wie aus dem 13ürgerbuch (wie Anm. 41) hervorgeht, der WeiRgerh ·r „Conr:ll Znnn·' Aschaffenburger 13ürgc..:r.

�·> \.'(leisse11bor11 (wie Anm. 8), '1'I. 1, S. :34 1. c,o Elxl., S. 346. <,, Vgl. A111rbei11 (wi · Anm. 27), S. 209. lkreits 1437 war sein Verwandter Widerold von Lauerbach Ka­

noniker des Stift<.:s geworden, der von 1461 bis zu seinem Tod im Jahre 1477 als Kustos verantwort­lich für di, Kirche und d ·ren Inventar war; vgl. ehd., S. 51, 122, 205 u. 389, sowie Wolfer/ (wie Anm. 23), S. 69 LI. 99.

6' Weisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 350; vgl. oben Nr. 15. 6·1 Weisse11bor11 (wie Anm. 8), '1'I. 1, S. 352. l'.r war w:1hrscheinlich verw:1n lt mit dem 1396 in einer Ur­

kund · des A.sch:1ffonburger Stil'tcs als „Wc..:ncze l lcxheim" erwtihnten Mainzer Domvikar Wenzel 11 -chtshcim; vgl. Wo(/ert (wie Anm. 23), S. 206.

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Sommersemester 147564

35) Iohannes Wiler de Aschoffenburg65

36) Steffan. Wernheri de Aschaffenburg

37) Iohannes Gern de Asschoffenburg

38) loh. de Aschenvonborg66

Wintersemester 1477 /7867

39) Conradus Erwyn de Asßchoffenburgk Conrad Erwein d. J. wurde 1483 Kanoniker des Stiftes St. Peter

und Alexander zu Aschaffenburg und starb als solcher 149068.

40) Iohannes Czingkgreffe de Aschoffenburgk69

41) Iohannes Leub de Aschaffenburg

Sommersemester 1482

42) Philippus Keiner de A -chafenburg70

Sommersemester 1483

43) P trus uerl r de Os hoffenburg71

Wintersemester 1485/86

44) Petrus Dorß cl Asschaffenburgk72

64 lf/eissenhorn (wie Anm. 8), Tl. .1, S. 361. 65 Entweder ein Mitglied des Adelsgeschlechtes von Weiler, das sowohl zwei Aschaff ·nburger Stadt­

schultheißen im 14. Jahrhundert als auch vom 13. bb ins 16. Jahrhundert mehrere Kanoniker des Stif­tes St. Peter und Alexander stellte - vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 100 ff., 113 f., 147, 154 f., 157 f'., 160, 168, 172 f., 178,227 u. 231, Wo((ert (wie Anm. 23), S. 1 3, Fiscber(wie Anm. 21), S. 77, 88, 96, 348 369,375 u. 380, sowie ßrt'igma,111 (wie Anm. 23), S. 29, 47 f., 190 f., 193, 203 f. u. 206- oder d ·r bürgerlichen Familie Weiler, aus der mit ,Ja ·ob Weyler" I 527 erstmals einer als Aschaffenburger Hür­ger im iiltesten überlieferten llürgerbuch (wie Anm. 41) nachweisbar. VerllluJlich hand ·lte es sich Ulll den Geistlichen Johann Weyler den Jungen, der u. a. mit delll Laien Contz Wyler d 'lll Alt ·n 1481 vom Stiftskanoniker Conrad Erwein d. Ä. - Kanoniker seit 1456 und als solcher 1490 versJorlx:n, 1480 bis spätestens 1483 Kustos; vgl. Amrbein, S. 123 u. 220, sowie W1o((ert, S. 153- zu dessen 13ürgen ernannt wurde; vgl. Amrbein, S. 123.

66 Vgl. Anm. 22. 67 lf/eissenhorn (wie Anlll. 8), Tl. 1, S. 370. (,H Zu dieselll, .. Conradus E1winus junior, canonicus huj. eccl.", vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 199. Zu

Conrad Erwein d. Ä. vgl. den Schluß von Anm. 65. ,.l lench ·n Erwin" im llürg ·rbuch (wie Anm. 41) erstmals für ·15·12 als llürg ·rmeist ·r ·1wähnt.

W Im Bürgerbuch (wie Anm. ,j 1) ·1527 erstmals miJ ,.! !ans Zen1graff'· ein Triiger dieses Namens als Asch:if­fenburger 13ürger geführt.

70 \'(leisse11born (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 392. 1464 war ein Johann ·s Keiner Kanoniker des Stiftes St. !'et ·r und Alexander zu Aschaffenburg geworden, der vermutlich vor Ende 1483 vt:rstarb; vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 198 f.

71 \'(leisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 400. 1472 war ein Triiger dicses Familiennam ·ns Kanonik ·r des Stiftes St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg g ·worden, d ·r 1502 als ,Johann ·s Suerbicr, canoni­cus" starb; vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 282.

u W1eisse11born (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 409. Im iilt ·sten üherli -f'erten llürgcrbuch (wie Anm. 4 1) tauch! als erster b ·kannter Ll ·I ·g dieses Namens in A�chaffenburg der Schneid ·r ,.Pangracius dorsch" auf'.

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Sommersemester 1488 45) Hugo Lorich canonicus Aschaffinburgensis73

Hugo von Lorch war 1485 Kanoniker des Stiftes St. Peter undAlexander zu Aschaff nburg geworden74.

Sommersemester 1492 46) Heinricus Nyderberg de Aschoffenburg75

Wahrscheinlich handelte es sich bei diesem um jenen HeinrichNied rnberger, der 1502 Kanoniker de Stiftes St. Peter und Alex­ander zu Aschaffenburg wurde76.

Wintersemester 1492/93 47) Philippus Kolbe de Oschaffenburg77

Wintersemester 1493/94 48) Henricus Piscatoris de Aschenburg78

Sommersemester 149779

49) Iohannes Reckwil canonicus AsschaffenburgensisJohann s Reckwil wurde im gleichen Jahr Kanoniker des Stiftes St.Peter und Alexander zu Aschaffenburg80

.

50) Conradus Reckwil de Asschaffenburg

Wintersemester 1501/02 51) Johannes Kolb de Aschoffenburgk81

Die Aufstellung zeigt, daß in den m isten Fällen lediglich ein Aschaffenburger im jeweiligen Semester als Student nach Erfurt ging, aber es gab auch Jahre, in denen zwei (Sommersemest r 1407, Wintersemester 1409/10 und Sommers -mester 1497), drei (Wintersemester 1477/78) und sogar vier (Sommersemester 1441 und 1475) dort immatrikuliert wurden. Für den überprüften Zeitraum ( 1392-1501/02) lag das Schw rgewicht eindeutig auf der zweiten Hälfte (22 bzw. 29 lmmatrikulationen), was der Besucherfrequenz dieser Universität ent­sprach, denn im Zeitraum 1392-1411 kamen durchschnittlich über 200 Studen-

71 \'(leisse11hor11 (wi · Anm. 8), Tl. 1, S. 421.71 Vgl. A111rhei11 (wie Anm. 27), S. 191. 7� Weisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 2, S. 170. 76 Vgl. A111rbei11 (wie Anm. 27), S. 282. n Weisse11horn (wie Anm. 8), Tl. 2, S. 173; vgl. oben r. 28 bzw. umen r. 51. 7" Weisse1dx1r11 (wie Anm. 8), Tl. 2, S. 180. Als erster Trtiger des Namens Fischer 1519 im ßürgerbuch

(wie Anm. 41) der Seifensied -r ,,! !ans nscher" crwtihnt. 79 Weisse11bor11 (wie Anm. 8), Tl. 2, S. 197. "" Vgl. A111r/Jei11 (wie Anm. 27), S. 286. "' Weisse11bom (wi · Anm. 8), Tl. 2, S. 222; vgl. oben Nr. 28 u. 47.

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ten nach Erfurt, 14 12-1438 waren es knapp unter 200, 1439-1467 durchschnitt­lich über 350 und 1468-1505 rund 30082.

icht all Familiennamen jener Student n, die Aschaffenburg als Herkunftsort angaben, konnten hier eindeutig nachgewiesen werden. Lediglich n un der 51 [mmatrikulierten sind bisher in Aschaffenburger Quell n faßbar, nämli h zunächst jene, die bereits als Kanoniker des Stiftes St. P t r und Alexander nach

Erfurt gingen (Nr. 7, 8, 13, 32, 45 und 49), und dann drei weitere, die dies an­schließ nd wurden (Nr. 26, 39 und 46), wenn obige Identifizierungsversuch zutr ffen. Außerdem kann mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen wer­den, daß jener Iohannes Wiler (Nr. 35), der 1475 in Erfurt immatrikuliert wurde,

d r 1481 als Bürge in einer Aschaffenburger Urkunde genannte Geistliche Jo­hannes Weyler der Junge war.

Aufgrund der herangezogenen Erfurter Universitätsmatrikel weiß man nun, wo einige Aschaffenburger Stiftsherren des 15. Jahrhund rts studierten, so daß die bisher bekannten, zumeist recht kna1 pen Angaben zu ihr r Biographie ergänzt werden können. Außerd m ist nun geklärt, daß der tifi:sherr Konrad von I anau (Nr. 7) in der Tat Angehöriger des G schle htes der H rr n von Hanau war.

"' Vgl. ·cb11 1i11ges (wi<.: Anm. 5), S. 210 r.

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Dalbergs zweimalige Titulaturänderung im Frühjahr 1805

von Hans-Bernd Spies

Am 25. Juli 1802 starb in Aschaffenburg Erzbischof Friedrich Carl Joseph von Mainz 1 , welcher als solcher zugleich Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewesen und das Amt des Reichserzkanzlers bekleidet hatte. Sein Nachfolger wurde sogleich der 1787 von d n Domkapiteln in Mainz und in Worms zu seinem Coadjutor gewählte Carl Reichsfreiherr von Oalberg (1744-1817)2 , der seit 1800 bereits Bischof von Konstanz war3. Einige Monate später wurd �n das Erzstift Mainz und das Hochstift Worms, di damals nur noch aus ihr ·n rechtsrheinischen Teilen bestanden, durch den Reichscleputationshaupt­s ·hlu(� vom 25. Februar 1803, der am 27. April 1803 durch kaiserliche Ratifika­tion in Kraft trat, säkularisien, sie v rloren also ihren tatus als geistliche Für­stentümer des Reiches. Oalberg wurd mit den Fürstentümern Aschaffenburg, das größtenteils aus d m Ob ramt Aschaffenburg und weiteren zuvor mainzi­schen ebieten bestand, und R gensburg, d. h. d r bisherigen Reichsstadt glei­chen N-,mens und drei Reichsherrs ·haften, sowie d r R ich stadt Wetzlar in der Eigens ·haft einer Grafschaft neu ausgestattet, außerdem wurcl sein Erzbi­schofssitz von Mainz nach Regensburg verlegt4.

Als R ·i ·hsfürst führte Dalberg nach dem R ichscleputationshauptschluß folgen­d n Tit ·I: ,Carl von Gottes naden Erzbischof, d s Heiligen Römisch n Reichs Erzkanzler und Kurfürst, Fürst zu Aschaffenburg und zu Regensburg, Graf zu Wetzlar etc.'� Nachd 111 di Verlegung d s Erzbischofssitzes von Mainz nach Re-

1 Zu Friedrich Carl Jos<.:ph lkichsfreiherr von Erthal ( 1719-1802), 177'1 (13ischofsweihe erst 1775) bis zu s ·inem Tod Erzbischof von Mainz und 13ischof von \Xlorms, vgl. /leriher/ Naab, Friedrich Karl Frhr. v. Enh:d, Kurfürsl und Erzbischof von Mainz, in: Neue D<.:utsche Biographi ·, 13d. 5, Berlin 1961, S. 517-518, sowie Friedbe/111 j(irge11s111eie1; Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal, in: Erwin atz (l lrsg.), l)i · Bischöfe des I kiligen Römischen Rcich<.:s 1648 bis I803. Ein biographisches Lexikon, Ber­lin 1990, S. 95-99.

'Zu dies<.:m vgl. di • bei l-lt111s -!Jen1d pies, l)albergs Reis· von Aschaffenburg nach Konstanz und in dieSchweiz 1813, in: Z •itschrif1 für die Geschichte d<.:s b ·rrheins 148 (2000), S. 277-291, dies S. 277 f.,ang ·fühn · Literatur.

-1 Vgl. dazu zusamm<.:nfassend Mwifred \'(/eitlr111JJ; Karl Theodor von Dalb ·rg als Bischof von Konstanz(1800-1817), in: Konrad Miarial Färber, Albrecht Klose u. Hermann Reidel (l lrsg.), Carl von Dalberg­Erzbischof und Staatsmann ( 1744-1817), Hegensburg 1994, S. 74-79.

1 Vgl. d:11.u l la11s-l:Jer11d S/1ies, Von Kurmainz zum Königreich l 3ayern. Änderungen der territorial ·n und landcsh ·rrlichen Verh:iltnisse im Raum Aschaff ·nburg 1803-1816, in: Mitteilungrn aus dem Stadt- und S1il'ts:1rchiv Aschaff<.:nburg 2 ( 1987-1989), S. 263-287, dies S. 264-269, ders., Erthals Tod und Dalbergs Regierungs:1ntri11 in Aschaff·nburg und R ·gensburg, in: d<.:rs. (l lrsg.), 'arl von Dalberg 1744-1817. lkilr:ig · zu seiner lliographie (Veröffomlichung<.:n des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, 13 1. '10), Aschaffenburg 1994, S. 120-139, lies S. 131 ff., sowie Georg chwaiger, Der Erzbischof Dal­berg und das Erzbistum Regensburg, in: Karl l lauslx:rger (l lrsg.), arl von l)alberg. Der letzte geistli­ch· lkichsfürst (Schriftenreihe der niversit:it Regensburg, 13 1. 22), Regensburg 1995, S. 59-72, dies S. 60-(Jj.

'Si ·h · Abbildung S. 237. Die 'J'itul:it.ur konnt · �lall ,Fürst zu' auch .Fürst von' buten; vgl. '/7Jeodorjo,!ej]Scbe1;�. Da� Schulwc�en unt ·r Karl von Dalberg b ·�onders im Fürsten1um A�chaf� ·nburg 1803-1813 un I im Crol�h ·rzogtu111 l'r:1nkl"urt 1810-181:\, Mi.in ·hen-Solln 19:19, S. 54, sowie Spies, Kurmainz (wie Anm. 4), S. 266.

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gensburg am 1. Februar 1805 auch päpstlicherseits bestätigt worden war6, än­derte Dalberg im März 1805 seine Titulatur, indem er nun auch den Erzbi­schofssitz7 darin aufnahm, in: ,Carl von Gottes Gnaden Primas von Deutsch­land, des heiligen Stuhls zu Regensburg Erzbischof, des Heiligen Römischen Reichs Erzkanzler und Kurfürst, Fürst zu Aschaffenburg und zu R gensburg, Graf zu Wetzlar etc.'. Entsprechend wurden die kurfürstlichen Behörden in Re­gensburg durch ein vom Viz präsidenten des dortigen Landesdirektoriums, Kaspar Graf von Sternbergs8 (1761-1838), unterzeichnetes Rundschreiben vom 22. März 1805 informiert9.

Nicht einmal vier Wochen später schickte der Viz präsident d s Landesdirekto­riums am 17. April 1805 ein weitere Rundschreiben in dieser Angelegenheit mit folgendem Inhalt hinaus 10

: Nachdem Kurfürst arl ,die neue Titulatur dahin zu ändern geruhet haben, daß das Fürstenthum Regensburg vor dem Fürstenthum Aschaffenburg in Zukunft gesezt werden sollen, so werden nachstehend K[ur­fürstliche] Departeo1ents und Behörden zu Anwendung und Beobachtung in vorkommenden Fäll n hiemit in Kenntniß gesetzet und gegenwärtiges Circu­tare unt rschriebener zurückgewärtigt'. Das bedeutete, daß Dalberg fortan, d. h. bis zu dem im Zusammenhang mit seinem Beitritt zum Rheinbund mit W ir­kung vom 1. August 1806 ausgesprochenen Verzicht auf seine mit dem Reichv rbund n n W ürden und Ämter als Kurfürst und Erzkanzl r 11

, den Tit 1 , arlvon Gottes Gnaden Primas von Deutschland, des heiligen Stuhls von Regens­burg Erzbi chof, des Heiligen Römischen Reichs Erzkanzler und Kurfürst, Fürstzu Regensburg und zu Aschaffenburg, Graf zu Wetzlar etc.' führte 12. Dies Um­st llung in d r Titulatur, also zunächst di ennung des mit Regensburg und dann des mit Aschaffenburg verbundenen Fürstentitels, erfolgte wahrsch inlich deshalb, weil Regensburg Dalbergs Erzbischofssitz war.

6 Nach eiern Tod des bisherigen Bischofs von Regensburg am 4. April 180.3 war Dalberg am 1 'i. Juli 180.3 päpstlich ·rseits zuntichst nur zum provisorischen Administrator des Bistums R 'gensburg bestelli wor­den, erst durch die offizielle päpstliche Bestätigung der Verlegung des Erzbischofsitzes am 1. Februar 1805 wurde er Erzbischof von Regensburg; zum Erzbistum Regensburg gehörten nur die rech1srheini­schen Sprengel des Erzbistums Mainz und cl ·s Bistums Worms sowie das Fürstentum Regensburg, f'ür den übrigen Teil des Bistums Regensburg blieb Dalb ·rg bis an sein Lebensende lediglich Administra­lor. Zu diesem ganzen Sachv ·rhalt vgl. Schwaiger(wieAwn. 4), S. 62-65.

7 Vorher hatte Dalbergs Titula1ur, wenn er seine geistliche Funktionen genauer angab, gelautet: ,Carl von oues naclen des l leiligen Römis ·h ·n Reichs Erzkanzler und Kurfürs1, Erzbischof zu Mainz diesseits des Rheins, l3ischof zu Worms und Kons1anz, in spiritualibus provisorischer Aclministr:ttor cl ·s

l3istums Regensburg und Aschaffenburg, ,raf zu Wetzlar etc.'; vgl. Schwaiger(wi, Anm. 4), S. 6/i. "zu diesem, der 1802-1806 Vizepräsident des Landeskommissariats bzw. l.andesdirek1oriums Reg<:ns­

burg war, vgl. Ko11rad M(aria/ Färber, Domkapi1ular Graf Kasp:tr von Sternberg und sein Wirk ·n für Regensburg, in: Verhandlungen cl<:s I listorisch<:n Ver<:ins f'ür Oberpfalz und Regensburg 124 ( 1984), S. 395-420.

9 Rundschreiben des l..anclesclirektoriurns <Regensburg, 22. März 1805, Abschrift mit Eingangsverm ·rk der Empfängerseite vom 31. März 1805) an den Stadtmagistrat Regensburg: Stadtarchiv Regensburg, Magistratsregistrntur, 914.

10 Run !schreiben des L.anclesdirek1oriums <Regensburg, 17. April 1805, Ab�chrift) an den S1:1dtmagiMr:1t Regensburg: ·bei. Diploma1isch' Wiedergabe der Vorlage.

11 Vgl. /)ies, Kurmaill7. (wie Anm. 4), S. 271. 12 Siehe Abbildung S. 2:38.

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m3 tr � a rl �on@omi ®na5en�r&6if d)of, beß f)edtgen momif c{}en

ffleid)ß@r3r an5ler unb furf1irft, �litft 5u �f d)affcnburg unb 5u megcn�burg, @raf 5u m3e�l�r ic. ic.

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N ·nnung i\schaffenburgs vor l{egenshurg in der Ti1ula1ur; ers1e Textseite aus: Kurrürstlich-l löchstc Wit­

tih-lnsti1u1s-Verordnung für die kurerz Kanzlerische Civildienerschafl des l'ürs1en1humes Aschaffenburg de d:110 i\sch:IITcnhurg den t ·n Seplemher 1804.

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· 'ff}a t' f 't foit �titfiß '©ftäbert 'itltiihaij i,on ieutfdJla1tbJ, 1'1 beß·tteiligen. erublß oU ffiegenoburg @r!bif dJOf, · :be;ß bed • .:fflömif d)en ffieid)j: l�r3f cm3ler:unb

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. IDief� ttpfecc �erorN111ng foll a-ur ongemeinen Q:Biffenfd)oft (le.:tirucft., unb in bcn refµ. �onl)ec;3-eitu11gen betonnt gemC1d)t wei:llen. -�fc()olfenf'1u:g·�en 6te.n ro?at 1805.

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lll'k:1nn1111:1chung von l'ri.stcn für diL- lll'rufung an das Olx:r�1ppcll:11ion.sgcrich1 vom 6. M:1i 1805 milder cnnung 1kg ·n.sburg� vor A�ch:dknhurg in der Titul:11ur

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Als Dalberg 1810 Grofsherzog von l;rankfun wurde und bei der damit ·inher­gehenden territorialen Neugestaltung s ·incs I Jcrrschaf'tsb 'reiches auf das Für­stentum Regensburg verzichtet •1\ cmf'iel auch der entsprechende Titel; seitdemlautete seine Titulatur bis zu sein ·r Abdankung irn Jahre 1815: ,Carl von Gottes

,naden rürstprimas des rheinischen Bundes, ,roghcrzog von Frankfurt, Erzbi­s ·hof von Regensburg, souver�incr Fürst von Aschaff ·nburg, Frankfurt, Fulda, llanau und Wetzlar ctc.'1 '.

"Vgl. \/111'.\ Kur111.1in1 (wie /\nm 1), � 27.� '' Vgl. �1:i:11, C::ilcndc, ru, das (;ro,lw11.og1hum I r.111klur1 1812, l 1,111klur1 ,llll \l.1111 o J 1181 tl. <, t.

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Der Lauf der Nachrichten über Dalbergs Reise von Aschaffenburg nach Konstanz in der deutschen Presse

zwischen Main und Bodensee im Oktober 1813

von Hans-Bernd Spies

Am Abend des 30. September 1813 verließ Carl von Dalberg (1744-1817) 1 , da­mals Großherzog von Frankfurt, Fürstprimas des Rheinbundes, Erzbischof von Regensburg und Bischof von Konst'1nz, letztmals seine Residenzstadt Aschaf­fenburg und begab sich, u. a. begleitet vom Geistlichen Rat Georg Ludwig Carl Kopp (1774-1834)2, nach Konstanz, wo er nach Übernachtungen in Bruchsal (vom 1. auf den 2. ktober), Karlsruhe (2./3.), Emmendingen (3./4.), Neustadt im Schwarzwald (4./5.) und in Stockach (5./6.) am 6. Oktober eintraf. Diese mit drei Kutschen angetretene Reise war keine geheime Angelegenheit, sondern die Nachricht darüber wurde von Anfang an in der Presse verbreitet, die auch über Dalbergs Aufenthalt mit Üb rnachtung in Karlsruh , wo r den Hof des Großherzogs von Baden aufsuchte, und seine mehrstündige Fahrtunterbre­chung in Freiburg mit Besichtigung des Münsters berichtete.

Die Zeitungsmeldungen begannen naturgemäß in Aschaffenburg mit der Ab­reise und setzten sich in der andernorts erschienenen Presse entsprechend dem Fahrtverlauf bzw. eiern jeweiligen Nachrichtenstand bei den einzelnen Blättern fort. Insgesamt gibt es über den Reiseverlauf sechs verschiedene Meldungen: Die erste erschien am 1. Oktober im Aschaffenburg r Blatt mit der Nachricht von Dalbergs Abreise un I die letzte am 18. Oktober mit der seiner Ankunft am Rei­seziel Konstanz in den in Frankfurt am Main g druckten Zeitungen. Si lauten:

1)3 „Aschaffenburg den 1. Okt. Sl.) k. H. der Großherzog ist gestern Abends in kirchlichen Angelegenheiten des Bisthums Konstanz in Be­gleitung des Hrn. geistl. Rathes Kopp auf einig Zeit nach Konstanz abgereist, woselbst sich der Hr. Weihbischof und Staatsminister Frhr. v. Kolborn4 seit Mitte des vorigen Monats befindet."

1 Zu arl Theodor Anton Maria lki ·hsfreiherr von Dalberg und zu seiner Reise nach Konstanz vgl. mit den entsprechend ·n Nachweisen l-la11s-Ben1d Spies, Dalbergs letzte Reise von Aschaffenburg nach Regensburg 1813-1814. Üb ·rstürzte Flucht oder geplctnt 'r Rückzug?, in: clers. (1 lrsg.), Carl von Dalberg 1744-1817. Ueitr'.ig · zu seiner 13iogr:1phie (Veröffen1lichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, Hel. 40), Aschaffenburg 1994, S. 227-2'50, bes. S. 232-238, sowie ders., Dalbergs Reise von Aschaff ·nburg nach Konslanz und in die Schweiz 1813, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 148 (2000), S. 277-291, bes. S. 279-28'5.

2 Zu diesem vgl. Frw1z Xcwer Biscboj; 1 as Ende des 13is1ums Konstanz. Hochstift und Bistum Konstanz im Spannungsf ·lcl von Siikularisation und Suppression (1802/3-l821/27) (Münchener Kirchenhistori­sch · Stucli ·n, ßcl. 1 ), Stuttgart/ Berlin/ Köln 1989, S. 356, sowie Spies, Dalbergs letzte Reise (wie Anm. 1 ), S. 232.

' Aschaffenburger Anzeig ·r 1813, Nr. 1 '59 ( 1. Oktober), S. 131. 1 lier und b ·i allen weiteren Zitaten diploma­tische Wiederg:1b · cl -r Vorlage, lediglich .J der Frakturschrift nach heutig ·m Gebrauch in 1 bzw. J aufgelöst.

1 Zu Joseph 1 lieronymus Karl Freiherr von Kolborn ( 1744-1816), von 1806 bis zu seinem Tod Weihbi­schof mit Sitz in Aschaffenburg, am 29. Juni 1813 zum Staatsminister für die geistli hen Angelegen­heilen cl ·s Grofsherzog1ums Frankfurt ·rnann1, vgl. 5/Jies, Dalbergs letzte Reise (wie Anm. 1), S. 233.

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2)5 „K a r I s r u h e, den 2. Okt. Heute Vormittags sind Se. königl. Hoheit der Großherzog von Frankfurt, auf einer Reise nach der Konstanzi­schen Diöcese in kirchlichen Angelegenheiten, dahier angekommen. Se. königl. Hoh. haben das Diner bei unsrem durchlauchtigsten Großherzoge6 angenommen, und wollt n diesen Abend Ihre Reise fortsetz n."

3)7 „Se. königl. Hoh. der Großherzog von Frankfurt haben erst heute, am 3. d., Morgens nach 6 Uhr Ihre Reise von Karlsruhe nach Konstanzfortgesezt."

4)8 „F r e y b u r g, den 4. Okt. 'eine Königliche Hoheit der Großherzog von Frankfurt sind heute früh dahier angekommen, und im Gasthof zum Mohren9 abgestiegen. Bald darauf besuchten Höchstdieselben unser ehrwürdiges Münster und setzten nach einem Aufenthalte von wenigen Stunden gegen Mittag fhre Reise nach Konstanz fort."

5) 10 „Se. königl. Hoh. der Großherzog von Frankfurt sind in d 'r Nacht vom 5. auf den 6. d., auf Ihrer Reise nach Konstanz, durch Singen passirt."

6) 1 1 „Am 51.J Okt. ist Se. königl. Hoheit der roßh rz g von Frankfurt 11it einem ansehnlichen efolge in K o n s t a n z eingetroffen, und hat das Baron Fingerlinsche Haus 12 bezogen."

Die Durchsi ·ht von sieb n Blättern - ,,Aschaffenburger Anzeiger" (AA), Aschaf­fenl urg, ,,Zeitung d s Großherzogthums Frankfurt" (ZF), ,, Gazette du Grand­Duche de Francfort" (GF), j 'weils Fnnkfurt am Main, ,,Grofsherzogli ·h Badi­sche Staats-Zeitung" (BS), K-1rlsruhe, ,,Königlich privilegirte Stuttgarter Zeitung" (SZ), Stuttgart, ,,Fr yburger Wochenblatt" (FW), Freiburg im Breisgau, und „All­gemeine Zeitung" (AZ), Augsburg - rbra hte folgendes Ergebnis:

� Grof:,herzoglich 13a lische Staals-Zeitung 1813, Nr. 273 (2. Oktob ·r), S. 1109. 6 Das war von 1811 bis zu seinem Tod Großherzog Karl von 13ad ·n ( 1786-1818); vgl. S/Jies, l)alhergs

R ·ise (wie Anm. 1 ), S. 280. 7 Grof,herzoglich lkidische S1a:ns-Zeitung 1813, r. 274 (::\. Ok1ob ·r), S. 1113. 8 Freyburg ·r Wochenblau 1813, Nr. 80 (6. Ok1ober), S. 657. 9 !)er Gas1hof zum Mohren trug damals die l lausnummer 6 und ,1and in der damaligen Kais ·rstrar, · (­

h •u1iges Anwesen Kaiser-Jos ·ph-S1raße Nr. 149), also in der iih · des Müns1ers; vgl. .�/Jies, Dalbergs Reise (wie Anm. 1 ), S. 282.

10 Großherzoglich 13adische Staats-Zci1ung 1813, Nr. 281 ( 10. Oktober), S. 1 14 1. llei di ·s ·r abgedruckten Nachrichl handeli' es sich um ein · Falschmeldung; vgl. S. 2 li.

11 Allgem •ine Z ·i1ung 1813, r. 288 ( 15. OklOb ·r), S. 1 150. n�,, in die,er M ·ldung ang ·geben · An­kunf1sdatum isl ni ·h1 richl ig, vgl. S. 244.

11 13 •i dies •m ! laus hw1delie es sich um di · eh ·malige 1)0111prop,1ei, da mal, l lau, r. 903. h ·utc Hh ·in­gassc r. 20; vgl. Spie.\ l)albergs Reise (wie Anm. 1 ), S. 283.

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Nachrichten über Dalbergs Reise von Aschaffenburg nach Konstanz

Zeitung Datum (jeweils Oktob r 18] 32 der jeweiligen Zeitungsausgabe 1. 2. 3. 4. 5.

AAlj A14 ssis B C A GF16 A B

zr1 7 A B

sz 18 B

Az 1 9 Fwzo

A = Abreise aus Aschaffenburg (1)21

B = Ankunft in Karlsruhe (2)

C = Weiterreis von Karlsruhe (3) D = Aufenthalt in Freiburg (4)

6. 7.

B

A,C B

B/C, D

E = Auf dem Weg durch Singen nach Konstanz (5) F = Ankunft in Konstanz (6)

8. 10. 13. 15. 18.

D E D F D F

A F

Diese Übersicht zeigt, wie schnell sich di einzelnen Nachrichten verbreiteten. Interessant ist in di sem Zusammenhang, daß cli Meldung über Dalbergs Ab­reise aus Aschaffenburg mit dem Ziel Konstanz in der Karlsruher Presse (,,Grof�herzoglich Badische Staats-Zeitung") erst mitgeteilt wurde, als dieser die badische Residenzstadt schon einen Tag verlassen hatte, wohingegen die ach­richten über seine Ankunft in Karlsruhe und seine Al reise von dort bereits am Tag d 'S jew iligen Ereigniss s gebracht worden waren.

Erstveröffentlichung, Quellen bzw. Ähnlichkeit der gemeldeten achrichten

Nachricht Zeitungen in der Reihenfolge der Mitteilungen der jeweiligen Nachrichten

A: AA (selbst22 ), ßS (,,Nach Briefen aus Aschaffenburg"), AZ (,,Die Frankfurter Zeitung schreibt aus Aschaffenburg vom 1. Okt.")

11 Asdi:ilTenburger Anzeiger 1813, Nr. 159 ( 1. Ok1ober), S. 131, bzw. 1 r. 162 (6. Oktober), S. 131. 11 l lalbf'e11 gedruckle lluchsiaben w ·isen auf die jeweilig ·n Erslmeldung ·n hin. I� Grof�herzoglich 13adische S1aa1s-Zei1ung 1813, r. 273 (2. ktober), S. 1109, Nr. 274 (3. Oktober),

S. 1113, Nr. 275 (4. Oktober), S. 1117, r. 279 C8. Ok1ober), S. 1133, u. r. 281 (10. Ok1ober), S. 1141. ,r, Gazette du ,rand-Duch(: de Frandol'I 1813, Nr. 276 (3. Oktober), S. 141, r. 278 (5. Oktober), S. [4].

Nr. 286 ( 13. Ok1ob ·rJ, S. 141, u. Nr. 291 ( 18. Oktober), S. 141. ,- Zeil,ung des ,roßherzogihums Frankf'un 1813, Nr. 276 (3. Oktober), S. [31, Nr. 278 (5. Oktober), S. [3 f.l,

r. 286 ( 13. k1ober), S. 141, u. Nr. 291 ( 18. Ok1ober), S. 131. '" Königlich privilc:gine S1u11ga11 ·r Zeilung 1813, Nr. 160 (5. Oktober), S. 859, u. r. 161 (7. Oktober), S. 862. ''' Allge,neine Zeilung 1813, 1 r. 279 (6. Oktober), S. 1116, r. 280 (7. Ok1ober), S. 1118, Nr. 281 (8. Ok-

10ber), S. 1 12:\ u. Nr. 288 ( 15. Ok1oher), S. 1 150. ,o Freyburg ·r Wochenbl:111 1813, r. 80 (6. Ok1ob ·r), S. 657. ,, Diese.: Z,1hlen bc.:zid1c.:n sich auf die.: obc.:n S. 241 f. zi1ier1en Ers1mc.:ldungen. "Zw,11· kt:ine Quc.:II · gt:n:1nn1, doch gemeldt:1 ·s Ereignis f'and am Ort der en1sprechenden Zeitung s1.at1.

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B:

C:

D:

E:

F:

BS (selbst), SZ (=23 BS), AA (= BS), AZ2 (= BS)25, FW26 (= BS) BS (selbst), SZ ( = BS), AZ27 ( = BS), FW 28 ( = BS) FW (selbst), BS (= FW) BS (Quelle unbekannt) AZ (Quelle unbekannt)

Au die er Aufstellung ergibt sich, daß die ersten vier Erstmeldungen vom Ort des jeweilig n Geschehens stammen, während über die Quellen der beid n an­

deren achrichten, die jeweils nicht einwandfrei sind - Dalberg fuhr nicht über Singen (E), auß rdem erreichte r Konstanz erst am 6. und nicht bereits am 5. Oktober (F) -, keine Angaben möglich ind. Für Dalbergs Reisebeginn führte

das Karlsruher Blatt Briefe aus Aschaffenburg als Quelle an, wohing gen·sich das Augsburger auf eine Zeitungsmeldung aus Frankfurt berief. Für die eben­falls in tuttgart, Augsburg und Freiburg gemeldeten achrichten B und war, das ergibt sich au dem nahezu gleichen Wortlaut des Textes, das Karlsruher Blatt di Quelle. Der außer am Ort des Geschehens noch in Karlsruhe und we­sentlich später in Frankfurt gemeldete Aufenthalt Dalbergs in Fr iburg wurde

seitens des Karlsruher Blattes von dort übernommen, wie der fast identische Text belegt, wohingeg n in Frankfurt eine achricht aus Stuttgart vom 11. Ok­tober als Quelle ang geben wurde.

lj Dieses Zeichen bedeutet, daß die Ähnlichkeil der Nachrichl mil der d ·r Erstveröffen1lichung so groß ist, daß letztere als Vorlage angesehen werd ·n muß.

24 Allgemeine Zeitung ·1313, Nr. 279 (6. ktober), S. 1116: ,,Am 2 Okt. Vormittags Irar der Großherzogvon r-rankl'un, aur einer Reise nach der Konstanzischen Diözes in kirchlich ·n Ang ·leg ·nheit ·n, zu Karlsruhe ein. Se. königl. l loheit nahmen das Diner bei dem l lcrrn Grof3h ·rzog · von Bad ·n ein, und wollten am Abend Ihre Reise l'onsezcn." Dieser Text weist in der Reihe der vorgenannten ZciIung ·n noch die größten nterschiede gegenüber d ·m Wortlaut d ·� Karlsruher ßbnes aur.

25 Es handelte sich bei dieser achricht in allen vier Zeitungen um 13 ·richterst,1uung mit totaler Ähnlich­keit - vgl. dazu Jiirge11 Wilke, achri ·htenauswahl und Medienrealität in vier Jahrhunderten. Eine Mo­dellstudie zur Verbindung von historis her und empirischer l'ublizistikwissenschaft, 13 ·rlin / N ·w York 1984, S. 181-214, bes. S. 197-207-, denn alle zeitlich späteren 13Wuer hatten nahezu den gleichen Wcm­laul, gaben jedenfalls alle Tatsachen d ·r Erstveröffentlichung wied ·r. Wenn man vom Fehlen des l lin­weiscs, daß ursprüngli h noch am Tag der Ankunn in Karlsruhe die Wci1erfahrt vorg ·sehen war, ab­sieh! - aufgrund d ·r Zusammenfossung der achrichten 13 und C erübrigte sich diese J\'lilt ·ilung -, dann erfüllt ;1uch die enlsprcchcnde Meldung in der fünf'tcn Zeilung - vgl. den Wo11but in Anm. 26 -die Bedingungen der totalen Ähnlichkeit.

26 In di ·sem Blatt achrichten 13 und C zu einer zusammengefaßt: ,,Karlsruhe, d ·n 3ten Okt. ,esl ·rn Vor­mittags sind Sc. Königl. I loheil der Großherzog von Frankfurt, auf Ihrer Reise nach ck:r Konstanzi­schcn Diöcese im kirchlichen Ang ·lcgcnhci1 ·n, dahier angekommen. Sc. Königl. l lohcil haben das Diner bei unserm Durchlauchligsten roßherzog angenommen, und h,ilx:n heul · früh um 3 Uhr Ihre Reis· rongesetzt."

i7 In diesem Blau ab Weiterreisetag r:ilschli ·hweise der 1. Oktob •r angegeben - .. Se. kiinigl. ! loh ·iI der Grof,herzog von Frankfurt halle ersI am I Okt. Morgens n,1ch 6 Uhr seine R ·ise von K:irlsruh · n,1ch Konstanz f'ortg ·sczt." -; das ri ·htige DaIu111 in Nachricht 3, oben S. 242.

2H In diesem lllatt als Uhrzeil der Weit ·rreise f:ilschlich ·1weis · Jrüh um j Uhr" - vgl. Anm. 26 - ang ·­b •n; die rich1ige Zeit in Nachricht 3, ob ·n S. 242.

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Angaben über Zweck der Reise und Teilnehmer, Zusatzinformation

Zeitung Datum (jeweils Oktober 1813) der jeweiligen Zeitungsausgabe

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

AA A/B GF A/B A

ZF A/B A

BS A A/B sz A A/B AZ A A/B FW A

A = kirchliche Angelegenheiten des Bistums Konstanz B = b gleitet vom Geistlichen Rat Kopp, Weihbischof Kolborn b reits seit Mitte September in Konstanz

Hieraus g ht hervor, daß in allen sieben Blättern mindestens einmal erwähnt wurde, daß Dalberg in Angelegenheiten des Bistum Konstanz unterwegs war. Jnsgesamt läßt sich feststellen, daß ül er Dalbergs Reise von Aschaffenburg nach Konstanz in der hi r h rangezog nen Presse angem ss n berichtet wurde. Das gilt auch für seine am 9. Novemb r angetretene Reise in die Schweiz, die er na h Auf nthalten in Zürich und Luzern am 23. Dezember 1813 wieder in Ri htung Konstanz verli ß29.

i'i Vgl. Sples, D:tlb ·rgs Hcisc (wie Anm. 1 ), S. 287-291.

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Der Spessart im Gedicht „Deutschlands Flotte" von Friedrich Saß (1841/42)

von Hans-Bernd Spies

Als Anfang der 1840er Jahre eine Welle der nationalen Begeisterung durch Deutschland ging', wurd in m hreren Veröffentlichungen der Bau einer deut­schen Kriegsflotte gefordert2

, denn das nicht zuletzt durch den 1834 in Kraft ge­tretenen Deutschen Zollverein3 wirtschaftlich erstarkende, staatlich aber immer noch nicht g einte Deutschland - den lo ker n Zusammenhalt d r souveränen deutschen Fürsten und der vier freien tädte bildete damals der 1815 gegrün­dete Deutsche Bund4 - war bei zur See ausgetragen n Auseinanders tzungen nah zu handlungsunfähig, da alle Mündungen der großen deutschen Flüsse von fremden Flotten leicht gesp rrt w rd n konnten. In diesem Zusammen­hang ist vor allem auf die britische Vorherrschaft in der ords e - damals gehörte Helgoland5 noch zu Großbritannien - hinzuweisen, wodurch die Mün­dungen von Weser- und Elbe gefährdet waren. Ein dieser Stimmen, die eine eigene deutsche Kriegsflotte forderten, war der in Lübeck als Sohn eines Arztes g borene Journalist Friedrich Saß (1817-1851)6, der 1841 in einer in Altona r­scheinenden Zeitschrift niedergeschlagen über seine Erkenntnisse, die er auf ei­ner R ise nach St. P tersburg gewonnen hatte, berichtet ; zusammengefaßt lau­tete s in Urteil: Von Reval bis Flensburg ist die Ostsee d utsch, aber politisch ist sie russisch 7.

1 Zur Entwicklung eines wachsenden deutschen Nalionalbewuf�lseins um 1840 vgl. u. a. 'f710111as Nip­perdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. 13ürgerwell und starker St.aal, München 1983, S. 311 f., /le/11-ricb Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen. Deutschland '1815-1866 (Die I eutschen und ihre Nation, Bel. 2), ßerlin 1985, S. 199-204 u. 495, Wo!fr,1111 ieman.11, Vom Staatenbund zum ationalstaal, Deutschland 1806-'187'I (Neue Deutsche Geschi hte, 13d. 7), München 1995, S. 35:3-362, sowie Man­fred Botzen.bart, Reform, Restauration, Krise. Deutschland 1789-1847, Darmstadi 1997, S. 139-142.

2 Vgl. Helge Bei der Wieden, D ·r AnIeil Lüb ·cks an der deutschen Flone 1848-1853, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschicht, und Altertumskunde 79 (1999), S. 208-2:36, di ·s S. 212 f .

.\ Zum Deutschen Zollverein vgl. u. a. Nipperdey (wie Anm. 1 ), S. 358-361, Uotze11bar1 (wie Anm. 1 ), S. 99-104, sowi · N11do// Ne11z, Deutscher Zollverein, in: Gerhard Ta ld ·y (l lrsg.), Lexikon der d ·ut­schen GeschichIe. Ereignisse, lnsIi1utionen, Personen. Von den Anf'iingen bis zur Kapi1ulaIion 1945,Stuugan 11998, S. 260-261.

4 Vgl. dazu u. a. Nipperdey (wie Anm. 1), S. 355 ff., ie111a1111 (wie Anm. 1 ), S. 320-:3.'30, 395-407 u. 471 f'., sowie R11do//Renz, D ·utscher Bund, in Taddey (wie Anm. 3), S. 256.

5 Diese Insel kam erst durch den l lelgoland-Sansibar-Vertrag vom 1. Juli 1890 an Deu1schland; vgl. G'i'i11-1er Cordes, l lelgoland-Sansib:ir-Venrag, in: Taddey (wie Anm. 3), S. 537.

6 Zu diesem, der in Kiel und Rostock Medizin studiert und schon als Stud ·nt I3citriige für verschieden· 13IiiIIer geschri ·ben haue und seit 1841 als Journalisl und RedakI ·ur t:itig war, vgl. /Jembard Fabian (I Jrsg.), DeuIschcs Biographisches Archiv. Eine KumulaIion aus 25/i cl ·r wi 'hlig,ten biographi,chen

achschlagewerke für den d ·utschen 11 ·r ·ich bis zum Au,gang de, neunzehnIcn .Jahrhun lerts -Microf'iche-Edition, München/ New York/ Lerndon/ Pais 1982, Fich · 1081,401 f' ..

7 Vgl. !Je/ der Wiec/,,1 (wi · Anm. 2), S. 21:3.

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Im gleichen Jahr veröffentlichte der in Stuttgart geborene, damals in der Schweiz lebende und gerade durch den ersten Teil seiner „Gedichte eines Le­b ndigen"8 b rühmt gewordene Dichter und Schriftsteller Georg He1wegh (1 17-1875)9, dort, nämlich in einem in Zürich und Winterthur sitzenden Verlag, als achtseitige Flugschrift 10 sein Gedicht „Die deutsche Flotte. Eine Mahnung an das deutsche Volk"; in di ser Druckschrift nannte Herwegh seinen amen nicht, gab sich aber durch den Hinweis „vom Verfasser der Gedichte eines Le­bendigen" als Autor zu erkennen. Der Titel der Flugschrift schließt mit der Wid­mung „Zur sechsten Säkularfeier der Stiftung des Hansabundes" - ein Hinweis auf den 1241 zwischen Lübeck und Hamburg geschlossenen Vertrag über di gemeinsame Sicherung der Wege zwischen beiden Städten und darüber hinaus bis zu den Mündungen von Elbe bzw. Trave 1 1 , der damals als Gründung der Städtehans 12 angesehen wurde. He1weghs 16strophiges Gedicht „Die deutsche Flott "13 b gann wi folgt:

,,Erwach', mein Volk, mit n uen Sinnen! Blick' in des chicksals goldnes Buch, Li s aus den Sternen dir den Spruch: D u s o l l s t d i e W e l t g w i n n e n ! Erwach', mein Volk, heiß deine Töchter spinnen! Wir brauch n wieder einmal deutsches Linnen Zu d utschem Segeltuch.

Hinweg di feige Knechtsgebärde; Z rbrich d r Heimat Schneckenhaus,

" Druck: 1 Ceo,gl 1-lerwegh, Werke, Tl. :1-3, hrsg. v. l lermann Tardel, Berlin / Leipzig/ Wien / Stuttgart o. J. 119091, cli ·s Tl. l : Gedichte eines Lebendigen, S. 21-98; der zweite Teil dieses Gedichtzyklus - Druck: ebd., S. 99-152 - ers hien 1843; vgl. ebd., S. 5 (Einleitung des Herausgebers).

9 Zu diesem vgl. u. a. Mar/i11 Cla11brechl, Georg Friedrich Rudolf Theodor Andreas He,wegh, Dichter, Revolutionär, in: Neue Deulsche Biographie, Bel. 8, Berlin 1969, S. 723-726, sowie Horst Daemmrich, Georg (Friedrich Rudolf Theodor Andr as) l-le,wegh, in: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch­bibliographisches l landbuch, begr. v. Wilhelm Kosch, Bel. 7, hrsg. v. Heinz Rupp u. Carl Ludwig Lang, Uern / München ·11979, SI. '1033-1035.

IIJ Alle Angaben cbzu nach 1/enuegb (wie Anm. 8), Tl. 3: Neue Gedichte, S. 181 (Anmerkungen des l-ler­ausg ·IJl:rs), sowie Bei der Wiede11 (wie Anm. 2), S. 214.

11 Druck: Urkundcnbuch dcr Stach Lübeck, Tl. 1, hrsg. v. Vcrcin für Lübeckische Geschichte (Codex di­plom:1Iicus Lubeccnsis. Lülx:ckisch ·s Urkundenbuch, Abt 1), Lübeck 1843 r. 95, S. 95 f.; vgl. außer­clcm ebd. r. 96, S. 96

" Zur G ·schichtc dcr l lanse vgl. u. a. Pbilippe 1Jolli11ger, Die I lanse, Stuttgan 41989, Klaus Friedla11d,Di · l lanse, Stuugart / 13erlin / Köln 1991, sowie Jörfie11 Bracke,; Volker 1-/enn u. Nainer Postei (Hrsg.), Die l lansc. Lebenswirklichk ·it und Mythos, Lübeck '1998, darin besonders Volker /-le1111, Was war di • II:inse?, S. 14-23; zur erst im Wcstf:ilischen Frieden (1648) erlangten völkerrechtlichen Anerkennung dcr ·, l:inse vgl. / /011s-Ber11d Spies, Lübeck, clic l lansc und der Westfälisch,; Fri<:den, in: Hansische Ge­schichIsbliiucr 100 (1982), S. 110-124; zu dem Vertrag zwischen Lübeck und I lamburg von 1241 vgl. liri ·b l !o.Jji1w1111, Lübcck im ! loch- und Spütmill ·lalter: Die große Zeil Lübecks, in: Antjekathrin Graß­mann (l lrsg.), Lüb ·ckis ·h · ·schichlc, Lübeck '1989, S. 79-339 u. 802-824, dies S. 123 f. u. 806, so­wi · !Jei der Wiede11 (wi · Anm. 2), S. 216.

11 Ziliert<:r Druck: 1/e,weg/J (wie Anm. 8), Tl. 1, S. 108-111; zu diesem Gedicht vgl. ebd., S. 9, 13 u. 17 (liinl<:itung des l lcr:,usgcb ·rs), sowi · Bei der Wiede11 (wie Anm. 2), 214 f.

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Zieh mutig in die Welt hinaus, Daß sie dein eigen w rde! D u bist der Hirt der großen V ölkerherde, D u bist das große Hoffnungsvolk der Erde, Drum wirf den Anker aus!"

Angeregt durch dieses G dicht Herweghs schrieb Saß sein zehnstrophiges Gedicht ,,Deutschlands Flott ", das er zunächst im Dezemberheft 1841 einer Zeitschrift ver­öffentlichtete 14 und dann 1842 mit einer Einleitung versehen als 24seitige Flugschrift in Hamburg herausgab 15. In der Einleitung, der er eine Widmung an seine Vaterstadtvoranstellte (,,Seiner Vaterstadt Lübeck zur Erinnerung an jene glorreichen Tage, da ihr kühner Adler I6 der mächtigen Hansaflotte voranflog, und in der Hoffnung, daß Lübeck in nicht mehr ferner Z it Deutschlands erster Kriegs- und Handelshafen an der Ostsee werde gewidmet von dem Verfasser.") I7, gab Saß zu erkennen, daß Her­weghs Gedicht ihn veranlaßt hatte, benfalls ein solches mit ähnlicher Zielsetzung zu schreiben 18: ,,Herwegh hat ein Gedicht ,die deutsche Flotte' geliefert, ich üb r­gebe hier ein zweites: ,Deutschlands Flotte', nicht aus Nachahmungssu ht, sondern aus innerm Drange." Sein anschließendes Lob auf Herw ghs Gedicht versah Saß so­g! ich mit einer Einschränkung: ,,Es ist schön und erheb nd, daß auch au dem deut chen Süden, daß aus den Thalen und von den Firnen der Schweiz der Ruf und die Sehnsucht nach einer deutschen Flotte r challt, aber er müßte kühner und kraftvoller tönen!" Für Saß war unzweifelhaft, daß „ein Lied, welches jauchze, don­n re und strudle wie das über die Zwergdeiche d r ßinnenhndspolitik hineinbrau­sende Meer, ein Lied, w lches einfa h-wehmüthig und dennoch wahnsinnig-wild erklinge"19, um Schlesier und S hwaben zu veranlassen, ,,sich den rollenden Wogender Se anzuvertrauen"20, nur ein Küstenbewohner schreiben könne2 1 :

,,Ich bin fest überz ugt, in solches Lied wird nur am Gestade des Meeres selbst empfangen, jedoch nicht etwa schon von dem ßinncn­landspoeten, der eine flüchtige Bad saison durchmacht, nein, es wird nur von dem als S lbstschrei des Meeres wiedergegeben w rden, dem das Meer die Amme und stete Vertraute war."

14 Vgl. Fabian (wie Anm. 6), Fic:he 1081,402: ,,Freihafen 184 1, 1 ccemberhdt S. 21 u. 22." 15 Friedricb ass, Deutsc:hlands Flotte.:. Ein Rur in's d •utschc Volk, l lamburg 1842. 16 Uih ·ck f'ührte als Wappentier seit tl ·r crstcn l lälf'te des 14. J:thrhund ·r1s zun:ichst den cin- und h:tld

darnuf' den doppelköpf'igen Adler; vgl. Jobc11111es Krelzscbmar, Wappen und Farh ·n von Lübcck, in: Lübische Forschungen. Jahrhund Ttgahe des Ver ·ins für Lübeckische G ·schichte u. Altertumskunde '1921, Lühe k 1921, S. 27-89, di ·s S. 39 r.

17 Sass (wie Anm. J 5), S. 3. 18 Ebd., S. 5; dort auch das folgende.: Zitat. I? Ebd., s. 5 f. io l•:bd., s. 6. ii Eh 1., wo Sa(� allerdings au ·h zugab: .,Zwar werde ich in den folgcnden Stroph ·n j ·nen Anford ·run­

gen, die ich selbst an ein solches Lied st ·II ·, keineswegs g ·nüg ·n könn ·n. lc:h h ·uge mich unter die Macht d 'f Kritik, aber ich lasse mir mein ' Freude und kindli ·h · l lingebung an's Meer niemals ver­kümmern. Sehern der Gedanke an das Me ·r und die Vorspi ·gelungen seiner rein ·n Gröf�e wird mich immer über den literarischen Wirrwar ·rh ·ben und über Anrcindungen tröst ·n."

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Im Flugblattdruck stellte Saß die erste Strophe von Herweghs Gedicht „Die deutsche Flotte" auf der gegenüberliegenden Seite22 seinem mit folgenden Ver­sen beginnenden Lied „Deutschland Flotte"23 voran:

„Frisch auf, mein Volk, es branden freie Wellen Um deine Brust, tauch' in die blaue Fluth, Laß deine Segel freiheitsdurstig schwellen, Erob're dir der Ahnen heil'ges Gut! Aus schwülem Thal auf's Meer, das freie, weite, Wo sich der Blick ermuthigt und verklärt! Horch' auf den Dichter, daß er dir's bedeute, Was dir das M er, die heil'ge See, bescheert.

Nur dort ist Einheit, Freiheit auf den Wogen, Wo dich kein Zoll, kein bunter Schlagbaum hemmt; Sie haben dich um's Erbtheil frech betrogen, Sie haben dich zerstückt und abgedämmt! Z rbrich die Ketten, alter, deutscher Hüne, Komm in die Brandung, horche, was sie singt, Schön ist dein Süden, doch des Nordens Düne Ist schöner, wo des Meeres Ode klingt."

Nachdem er in den weiteren Strophen vor allem di Freiheit des Meeres ge­priesen hatte, kam Saß in d r siebten Strophe auf die Ausrüstung der Flotte zu sprechen 24:

„So ist's, o sei's! Du sollst nicht ruhn noch rasten Bis j de Fess 1, die dich drückt, gesprengt; Dann liefert dir dein Sp ssart schlanke Masten, Mit Schlesiens Leinwand werden sie behängt, der Harz beut Eisen für der Anker Ketten, -Bald ist die Flotte Deutschlands ausgeziert, Und aus den Bergen, Thalen und den Städten Wird deutsch Mannschaft auf die See geführt!"

Die zul tzt zitierte Stroph spielt auf die damals schon erheblich geringer ge­wordene Bedeutung der Spessarteiche für den Schiffbau an. Von 1803 bis etwa 1835 war diese in drei Qualitätsstufen verkauft worden, nämlich als Holländer­holz, als Nutzholz und als Bauholz. Ersteres wurde so genannt, weil es zum

22 Ebcl., S. 20.,.i Ebcl., S. 21-24; cli · folg ·nck:n beiden Strophen el cl., S. 21. '4 Ebcl., S. 23.

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Schiffbau vornehmlich in die niederländische Provinz Holland verflößt25 wurde.W ährend Nutz- und Bauholz als Stückholz in den Handel gelangten, wurde Holländerholz als Langholz - ungekürzte Stämme von 20-27 m Läng - ver­kauft. Aufgrund des 1835 einsetzenden Preisverfalls für Holz in W'i steuropa en­dete der Holzhandel nach den Niederlanden, und das beste Eichenholz wurde fortan als Möb 1- und Fournierholz verarbeitet26. eben dem Spessart als Holz­lieferanten wurden von Saß als weitere deutsche Landschaften, di für die Aus­stattung eines Schiffes wichtige Teile liefern sollten, Schlesien wegen seiner Tuchindustrie27 und der Harz wegen seines Eisenerzes28 genannt. Wenngleich auch Harz und Schlesien waldreich waren und es dort ebenfalls Holzhandel gab, so wurde doch ausdrücklich der Sp ssart als Lieferant von Holz für die Ma­sten der Schiff einer wünschenswerten deutsch n Kriegsfl tte hervorgehoben. Ob Saß nun wirklich den Spessart als den entscheidenden Holzli feranten an­sah oder lediglich auf eine ausgewogene Erwähnung deutscher Landschaften achtete - schließlich heißt s in der folgenden Strophe auch29: ,,Du bi t einSchwab' und du aus Sachsenland!" -, läßt sich allerdings nicht mehr entsch i­den. Fest steht jedenfalls, daß man auch damals in orddeutschland den Spes­sart mit Waldreichtum gleichsetzte.

25 Vgl. Wink/er, Spessart (Spechthart), in: l leinrich August Pi ·rer (l lrsg.), Universal-Lexikon der Gegen­wart und Vergang ·nheit oder neuestes encyclopiiclisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, Bel. 29, Altenburg 21845, S. 296: ,,Das reichliche l lolz geht bis nach l lollancl, wozu cl<.:r den S. clurchnießencle Main elegenheit gibt." Zum Flößen auf eiern Main vgl. l le/m11t P11.chert, Das l lolz­triften auf den Spessartbächen und das rlöfkn auf cl ·m Main vom ·16. bis zum 20. Jahrhundert, in:Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Lancl<.:skuncl<.: und Kunst des nt<.:rmaingd,iews 11/12( 1988), S. 223-261, dies S. 249-255.

26 Vgl. /-/ell11111th Wo/ff; Der Spessart. Sein Wirtschaflsld,en, Aschaf� ·nburg ( 1905), S. 71. 27 Vgl. Wink/er u. //. S. l'iere,; Schlesien (n. <.:ogr.), in: Pierer (wi' Anm. 25), llcl. 27, Ali<.:nburg 21845,

S. 154-155: ,,Producte: 1 ... 1 ans<.:hnlich<.: Walclung<.:n 1 ... 1. 1 ... 1 Industrie, wichtig sind L<.:inwancl- u. Schl<.:ierfabrikation (i lauplsitz im ,<.:birg·), die Tu ·h- u. Woll ·nz ·ugrnanufactur (in viekn Stliclt ·n), das Eisenhü1tengew<.:rbe 1 ... 1. 1 ... 1 1 <.:r Handel ist becleut<.:ncl, war es ab -r in früh<.:rn Zeilen noch m<.:hr, wo schles. Leinwand allenthalben gesucht wurde 1 ... 1; es scheint der Lcinwanclhanclel aber zum Theil durch eigne Schuld gelitten zu haben, indem, um nur recht wohlfeile Leinwand zu li ·fern, man ·s an der Qualitiit abgehn ließ."

28 Vgl. Wink/er, l larz (Geogr.), in: Pierer (wi · Anm. 25), 13d. J :3, Altenburg 2184:3, S. 402: ,,Producte. Der ganze 1-1. isl gut mil Na cl c 1 - u. L a u b h o I z bestanden 1 ... 1; das Mill<.:lgehirg bt sehr e r z -h a l t i g; Gold sehr wenig, mehr Silber, Kupfer, 13Iei, Eisen, 1 ... 1. 1 ... 1 Erwerbszweige, 1 ... 1 ll e r g -b a u (s ·il dem 10 . .Jahrh. durch frtink. IJergleute eröffn ·1 u. seit dieser l.eit zu ckm wichtigsten 1) ·utschlancls zu ziihlen) u. 11 o I z h a n d e I."

29 Sass (wie Anm. 15), S. 23.

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Die Aschaffenburger Gesellschaft Gambrinia

von Werner Krämer

Da 19. Jahrhundert war für Aschaff nburg nicht nur das Jahrhundert der Ver­einsgrünelungen, sondern es entstanden auch in bisher nicht gekannter Zahl Stammtischrunden, Lese- und Theaterzirkel, gesellschaftliche Gruppen und In­teressenbünde, die sich sogar Namen und Verhaltenskodex gaben, ohne daß sie als Verein registriert oder anerkannt waren'. Das Wirken dieser Gruppen, zumeist nur aus Männer bestehend, hat zweifellos seinen Platz in der Kulturge­schichte d r Stadt, ist aber nur schwer darzustellen, da öffentliche Zeugnisse kaum vorhanden sind.

Einer dieser Zusammenschlüsse in Aschaffenburg nannte sich Gesellschaft Gambrinia in Verehrung des sagenhaften Flanclernkönigs und angeblichen Er­finders des Bierbrauens Gambrinus2. Es waren ehemalige Corpsstudenten, vor­nehmlich der Jurisprudenz, die am 17. April 1845 diesen „Convent", wie es in einem ihrer Gedichte zum Stiftungsfest hieß, gründeten. Daß Aschaffenburg seit 1833 Sitz des Appellationsgerichtes und damit Mittelpunkt der Rechtsprechung in Unterfranken war3, mag mit ein Grund für die Gründung der Gambrinia ge­wesen sein. Allg mein ist über diese Gambrinia so gut wie nichts bekannt. Sie ist weder in den seit 1890 in den Adreßbüch rn der Stadt abgedruckten Aufli­stungen der Aschaffenburger Vereine4 genannt, noch sind Hinweise im Bayeri­schen Hauptstaatsarchiv München, im Staatsarchiv Würzburg oder im Institut für Hochschulkuncl an der Universität Würzburg zu finclen5. In den Aschaffen­burger Tageszeitungen des 19. Jahrhunderts besagen außer der Berichterstat­tung zum 49. Stiftungsfest im Jahre 18946 nur spärliche otizen, daß es diese

1 Vgl. hierzu Werner Krärner, Das Aschaffenburger Vereinsleben vor 100 Jahren, in: Aschaffenburger .Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes 19 (1997), S. 197-220.

L ame und Aussage, Gambrinus sei der Erfinder des ßierbrauens, gehen auf Fälschungen und Über­setzungsfehler zurück. Trot:zdem lebt Gambrinus als König der ßraukunst und als trinkfester Kumpan in der Volksmeinung und insbesoncler' in studentischen Kommersliedern fort. Vgl. hierzu W(o!Jgang/Sla111111/er, Gambrinus, in: l lanns füichtolcl-Stiiubli (Hrsg.), l lanclwörterbuch des deutschen Aberglau­bens (1 bndwörterbuch der d ·utschen Volkskunde, Abt. 1: Aberglaube), 13d. 3, Berlin/ Leipzig ·1930-1931, Sp. 282-288, bes. 286 f ..

1 Das Appellationsgericht, 7.uvor in Würzburg, wurd · 1833 nach Aschaffenburg verlegt, um die Bedeu­tung der Stadt zu heben; vgl. entsprechende Anordnung in: 1 ntelligenzblau für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern 1833, Nr. 26 (5. März), S. 119. Im Jahre 1873 wurde das Appellationsgericht Aschaffenburg aufgelöst und mit d ·m in 13amberg zusammengelegt; vgl. entsprechende Bekanntma­chung in: Königlich Bayerisches Kreis-Amtsblatt von Unterfr:1nken und Aschaffenburg für das Jahr 187:3, Nr. 121 (26. Septemb ·r), Sp. 1278.

1 Erste Aullistung der Aschaffenburger Vereine: Aschaffcnburger Adrcß-13uch. Adrcß- und Geschäfts­I landbuch für die kg!. bayer. Stadt Aschaffenburg, Aschaff ·nburg 1890, Abt. 111, S. 35-46.

� Vgl. Schreiben des Bayerischen l lauptstaats:1rchivs München vom 14. Mai .1998, des Staatsarchivs Würzburg vom 29. Mai 1998 und d ·s Instituts für llochschulkundc an der nivcrsität Würzburg vom 8. Juni 1998 :in d:1s Stadt- und Stiftsarchiv Asch,dTenburg.

<, Vgl. Anm. 'jj,

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Gesellschaft gab7. Auch die Ankündigung von Zusammenkünften, immer im In­seratenteil der Aschaffenburger Zeitung und stets mit ler Überschrift „Brr!"8

, ist nicht allzu häufig zu finden. Nur zwei Bücher9, in denen die jeweilige Auf­nahme neuer Mitgliedern in die Gambrinia namentlich und in Gedichtform fest­gehalten ist, sowie ein Konvolut10 mit Schriftstücken dieser Gesellschaft imStadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg ermöglich n es, eine Aussage über di Gambrinia zu machen 11.

Von den Aufnahmebüchern verzeichnet das erst 12 für die Zeit vom 17. April 1845bis einschließlich 17. Januar 1860 d n Beitritt von 134 Personen, von denen min­destens 71 ein Jurastudium absolviert hauen. Das zweite Buch 13 umfaßt den Zeit­raum vom 17. Oktober 1860 bis zum 17. Nov mb r 1872 und füh1t 49 Neuzugänge, darunter 33 Juristen, auf. Die ehemaligen Jura tudenten waren bei ihrer Aufnahme in die Gambrinia als Accessist, Assessor, Incipient, Concipient oder Rechtsprakti­kant - so in den Aufnahmebüchern bezeichnet - am Appellationsgericht, am Be­zirksgericht, beim Magistrat oder in ein r Anwaltskanzlei tätig 14. Über Neuaufna­men in die Gambrinia nach dem 17. ovemb r 1872 sind zwar keine Unterlagen vorhanden, jedoch aus späteren Gedichten bzw. Veranstaltungshinweis n in dem ber its genannten Konvolut15 weitere 21 neue Namen von Mitgliedern bekannt.

7 Vgl. Aschaffenburger Zeitung (künftig: AZ) '1865, r. '170 (17. Juli), S. 131: ,,Am Samstag Abend veran­staltete im k. Park Schönbusch die esellschaft ,Gambrinia' in dem hiezu hübsch geschmückten Tanz­saale einen Commerce, zu welchem auch viele Eingeladene erschienen waren. Ein während dessel­ben abgebranntes Feue,werk, wel ·hes von dem Mitglied, der esellschaft, l lerrn Fr. Kittel, verfertigt war, erregte wegen seiner besonderen Schönheit allgemein Bewunderung." Ebd. 1877, Nr. 13 0 5. Ja­nuar), S. 131, unler „Aus Stadt und Kreis" im Artikel zum 70. eburtslag des Aschaffenburger Rechts­anwaltes Dr. Leopold Mayersohn - zu diesem vgl. Anm. 28 - die ambrinia ebenfalls erwähnt.

"Dieses „ßrr1", das in den Inseraten von '1870 bis 1898 zu finden ist, dürfte der GruG der Gambrinianer gewesen sein, ähnlich dem „Lulu" der Schlaraffen. Viele Gepflogenheiten d 'r Gambrinia ähnel1en de­nen der 1881 gegründeten Aschaffenburger Schlaraffia - zur Schlaraffia Asciburgia vgl. Chronik des Verbandes Alls hlaraffia zur l lundertjahrfeyer in orimberga a. . 100 (1959). Entstehung „Schlaraffia" im Jahre 1859, Geschichte, Verfassung, Wesen, Zweck, Einrichtung, 13räuche und Allgemeines, Ge­schichtsberichte der Schlaraffenreyche, hrsg. v. Verband Allschlaraffia, ßd. 1, Landshut ·1959, S. 436-439, zur Gründung S. 436 -, ohne da(:; Gemeinsamkeiten bekannt sind; vgl. aber Anm. 46.

9 Die e beiden Aufnahmebücher wurden dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg im Jahre 2000 freundlicherweise von Herrn tto 13rass, As haffenburg, überlassen.

10 Dieses im Stadt- und S1iftsar ·hiv Aschaffenburg ursprünglich unter der l.3ezeichnung „ ambrinia-Reste Gesch nk von Herrn Oberbauamtmann Kurz" geführte Konvolut enthält Aussagen, üb ·rwiegend in Gedichtform, über das Wirken der Gambrinia im letzt ·n Drittel des 19. Jahrhundetts. Zu dem ge­nannten Schenker ist f'estzuswllen: In d ·n AdreGbüchern ·1379 und 1882 - Wohnungs-Anzeig ·r nebs1 Adreß- und eschäftshandbuch f'ür di, S1ad1 As ·haff ·nburg auf das Jahr 1879, zusammengcstellt v. Max l lochsprung, Aschaffenburg 1879, S. 60, und Adreß- und G ·schäftshandbuch ncbst Wohnungs­Anzeiger für die Stadt Aschaffenburg auf das Jahr 1882, zusammengcstelli v. Lorcnz Lieb, As haffcn­burg 1882, . 29 - ist ein Karl Kurz, wohnhafl in der Suicardusstraße, als Bauamtspraktikant beim Straßen- und Flußbaumam1 Aschaffenburg aufgcfühn. Auch unter den ambrinianern gib! cs einen mit dem Namen Kurz, über desscn weitcren Vcrbleib nichts b ·kannl ist.

11 Die beiden Aufnahmebücher und das Konvolu1 bilden im Stadl- und Stiftsar hiv As haff ·nburg nun d ·n 13estancl Gambrinia.

12 S1aclt- und Stif1sarchiv Aschaffenburg, ambrinia, 1. 1J S1ad1- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, ambrinia, 2. 14 Vgl. hi ·rzu di · Auflis1ung der Personen, di · 1845-1872 in die Gambrinia auf'g ·nomm ·n wurdcn, un­

ten S. 265-269. 15 Stadt- und Stiftsarchiv As ·haff ·nburg, Gambrinia, 3.

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Die Gambrinia war eine reine Männerges llschaft, und als eine Art Satzung kann der Prolog verstanden werden, der bei der Aufnahme dem jeweiligen Kandidaten vorgelesen wurde. Es hieß darin 16:

,,So von tifterzeit sind hergebracht gewesen, Genau und deutlich thut verlesen, Auf daß ein Jeder weiß, was er zu thun in unserm Bund, Was er zu lassen hab' von dieser Stund!

Vor All m thut es Noth, Zu halten unser Hauptgebot: Trinkt, seid fidel, frisch, frei, nicht stumm, Das Maul macht auf, doch schwätzt nicht dumm! Bei uns gibt's weder Coq us juris, noch Lex, Weder Pandekten noch Codex, Es erbt sich fort von Geschlecht zu Ge chlecht, Mündlich das alt gambrinianische Recht!

Einen ächten Gambrinus Sohn, Erkennt man von Außen schon. Es muß der Mann nach altem Brauch, B i sich führ'n 'nen dicken Bauch!

Wer Gambrinus treu will sein, Komm' jeden Abend hi r herein. Wer in andern Loech rn will kneipen, Der mag ganz daheim bleiben.

W r in diesem Haus will leb n,

D r muß Deutschland hoch erheben. Darf nicht sein Duckmäuser oder Jesuit,

Solche Waar gedeiht hier nit!"

Wi aus d r Angab „Zeit: 17. April 1845 Abends. - Scene: Casinogarten." des Festspiels „Wies kam" anläßlich des Feier des 49jährigen Bestehens 17 erkennbar, wurde die Gambrinia im Garten d s 1824 errichteten Gebäudes der Casino-Ge­

sellschaft, Pfaffengasse 13 18, gegründet. Dieses Gesellschaftshaus dürfte

16 Wi · Anm. 12. 17 edruck1es Programm cl r ,,Erinnerungsfeier am 28. April 1894.": wie Anm. 15. Faksimilewiedergabe

uni. ·n S. 254-257, lies S. 255. 1" Zu cli ·sem cbiiudc vgl. Alois Grimm, Aschaffenburger l läuserbuch II. Altstadt zwischen Dalberg­

straßc und Schloß, Mainufer - Mainbrücke - Löherslraße (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kuns1ver ·ins Aschafh1burg, l3cl. 34), Aschaffenburg 1991, S. 91-.I04, in diesem Zusammenhang bes. s. 94 f. u. 102.

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®rr! - Jlf c(,(lfftnßurg�

17. Jlprif 1845

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O 'ijocl,l;eifomc\rf cl,) aus �em „Sommernad)ts, traum" . . . . . . . . . menbelsfol]n,�artl]olby.

2) t)ut,erture 1813 aus bem <l:yclus t8t3 u. \� <l:. m. o. Weber.

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Jm '{[qeater :

.feftmuria nad} <Ba1it6rianif d}en Qnotfoen i,on §. �ff.

· · �its {t(lm.j'eftfpiel mit einem Dorf piel auf bem '{[qeater.

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(Perfonen bes Q?orfpiefe:

i!:omifomitgfic�. - �ci�opoct. - .aurtiger �atß.

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§lißnri� l5<1pptf.

'i1i)r . .Rppiano .

.Ru� Sinn.

�ßom<IIJ, d::<1rinofal\tot11m.

z'cit : 17 . .Rprif 1845 .RSett�(I. - �Unt: d::<1rinog<1tfon.

II.

Q;)orträgt �er Qnuftil �eß ilgf. ßaper. 2. Jdger � Qg,afoiffonß.

O 6riimerung aus IB,. Ql)agner's ,,�annß<'iufer",

;Santafte .

2) 'i?Jer erffo @fummftraur,, !Dal3er

3) 'iiluett unb �ßor aus ber Q)per „Der Poftillon

f;amm.

!Dalbteufel.

von ltonjumeau'' . Ubam.

· �) <Brur, an's J5er3fieß(ßen, �oncert,po!fa 23öqner.

5) IB,eifeßinier, Dioertiffement . J. Refd).

6) §rußfingsßfütßen, <Baootte !Deig!.

7) �u11edure „Die biebif d)e �lfter" Rofftni.

8) �t'inllfieb aus ber Q)per „Unbine" . ltor�ing.

9) Jtus unb mit bem (l?ußfillum1 Potpourri ;Setras.

{O) ,,IB,uße;aßf", fleines ffiärd)enbilb (Galopp

fantastigue) !)ei11eman11.

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III.

a,{eber. �-

. .:§'tftffo�. (Wuf, i�t !lltübet, !nfit uuß loa!ltn.)

Uus bes (foges Uotfi unb qel,e Slü<f?tet eu<f? an bief en Q)rtl qier ift freie S<f?nabelwet.,e Unb ber Srofifinn Eofungswort. Ui<f?t vorbei bie S<f?ritte lenfen · Sollt ifir, weil es rau<f?t •nnb 3iefit,. liommt 311 fro(iem Ee<f?erf<f?ivenfen; Sreiem Wort unb beutfcl)em Ei�_b.

Ver, bem qo<f?mut11 beibe Eacfen. , .. Wie 3roei Segel aufgebläfit, Unb wer mit gebeugtem Uacfen Unb verbrefiten Uuges gefit, Weitet ber, aus beffen munbe rtie ein fecfer Wortblil, jfommt, Eleibe fern ber a::afelrunbe, Eleibe bort, wofier er flammt.

Hommt, Eriiber, trinPet frol1 mit mir, Sefit, mie bie Eed)er fcfiliumen 1 Eei vollen ©läfem wollen mir <Ein Stünbd)en filer verträumen 1 Das Uuge flammt, bie Wange glül1t, Jn fülir1en ([önen rctnfd)t bas Eieb. Sd)on minft ber ©öttermein 1 Scf/enft ein I Sd1enft ein 1

Vod) was end) tief im qer3en road)t, Das will id) jet.,t begriijjen: Dem Eiebd)en f ei bies <!)las gebrad)t, Ver <Eitt3igen, ber Süjjen ; llas fiöcf/f!e <!3liicf für menfcfienbrufl, Das ift ber Eiebe <Bötterlnft, Sie trägt e11d1 fiimmelan 1 Stojjt an I Stojjt an !

llo·<f? JVi.llfommen, weffen Seele ©er.n- b.i,e · Euft be,r Sreil1eit trinft,

-Dodi willfom.men, beffen l{e(ile, Wie von lauter Silber flingt, llodi willfommen, wer mit f!infer qanb ein ffiligblein gern umfafitl

'·3eber- roacf're, wtffe ([f.infer Sei willfommen uns als ©aft 1 , ' . ' ' � . ,, ' . -: . Elüfie, bi$··. bie le.t.,te ftol3e -Speffarteicf/e nieberfinft; -Elül1e, bis vom born'gen qol3e<Elnf! bi'e -let.,to-Rofe bliitft; -l3lii�e1 bis vom lel,ten �ecfier <Einft �er fet.,te Sd1liicf gefd)al1 -So lang bliil1e - fieb_t b_ie l3ed)er -qurral1, 'qo_cf/ ·<3<1m6Tinfo,!

<Ei.n qer3 im Uampf unb Streit l1ewäl1rt Eei ftrengcm Sd)icffalsmalten, <Ein freies qer3 if! ©olbes roert11, Das miijjt ifir fefl erl1alten. Oergänglid/ if! bes Eebens <Bliicf, l)'rum pf!ücft in jebem Uugenblicf <Eucfi einen frifcfien Strctujj 1 0:rinft ans 1 ([rinft n_us 1

Jet.,t finb bie ©läfer aHe leer:1 SüUt fie nocl) einmal 1vieber !

<Es wogt im fier3en fiod) 11nb fiefir, Wir finb ja Ulle Eriiber, Oon einer Slamme angefacfit, Dem beutfd)en Oolfe fei's gebra<f?t,

1 U11f bajj es 9liicflid1 feiUnb frei I Unb frei 1

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1 •

Stojjt an, <Be11116rinie1 lebe, qurraq qocf/ 1 Wir jingen ein {leb 3u Deinem preis, iffom6rinue-, freunblicf/cr ficlbengreis. fiurraq <Be11116rin !

Stojjt an, freies Wort lebe, qurraq qod) 1 Seit oier3ig jaqren naqm niemanb ein 8latt Vor feinen munb-an biefer Statt,

..... ;

• 1.,

. ·iJ

Stojjt an,. 5,ed)erlufl lebe, qurraq qod) 1 i; Wir fcf/wingen bas <ß(as unb wir leer_en's 3um <ßrunb-, -1'; Unf're <ßurgel ift imme� frifd) nnb gefnJJb. ·,, ·r

Stojjt an, beutfd)es 0

i:ieb iebe, qurraq· ·qo·cJi 1 <Ein jube.lnbes {ieb, ein ranfcJienber Sang mit CI:romnielbegleitnng unb <ßlliferflang,

Sto5t m1, Ra11cJitabaf lebe, qurraq qocJi 1 8ei uns wirb· gebamp�. bei uns wirb geraucJit, Dafj man einen Säbel 3u111 DurcJiqauen braucf/t.

Stojjt an, /l'iugluft lebe, qurraq qod) 1 Wenn bie Welt in CI:riimmer unb Scfieiben 3erjliebt, Dann Pommt ber trag, wo's feine meqr gibt,

Stojjt an, <Be11116rini<1 lebe, qurraq qod) 1 Dir flang nnfer {ieb, Dir Plingt unfer Sang, Q) lebe, blüqe, grüne lang 1 <3<11118rinfo qocfi 1

7

UJculanbt'fd?t Dructcrri Uct.,<i,. l.lfcf?affrnburg.

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zunächst, wenn auch nur kurz - höchstens einige Monate 19 -, das Stammlokal der Gambrinianer gewesen sein. Es muß wohl zu Differenzen zwischen Gam­brinia und Casino-Gesellschaft gekommen sein, die die Ver! gung des Stamm­lokales ins benachbarte Cafe Sehlink, Pfaffengasse 1120

, bewirkten. So h ißt es in dem Gedicht „Casino-Einzug"2 1, das zunächst einen Rückblick auf die Ver­gangenheit der Gambrinia gibt, u. a.: ,,Wie dazumal als sich entschlossen zum Auszug m iner und Genossen, hinüber übern Karlsplatz schräg" - zwischen den Anwesen Pfaffengasse 11 und 13 liegt der Karlsplatz. Das Cafe chlink, eine Verbindung von Cafe, Bier- und Weinwirtschaft, wurde von 1828 oder später von Melchior Anton Sehlink (1777-1855)22 und anschließend von 1845 bis 1885 von seinem Sohn Adam (1815-1885)23 geführt. Anläßlich der Renovierung die­ses Lokales im Jahre 1852 wurde die Trinkstube der Gambrinia mit den Wap­pen, die den Mitgliedern bei ihrer Aufnahme zugeteilt worden waren, ausge­schmückt. In dem Gedicht „Bei der feierlichen Eröffnung des restaurirten Gam­brinia-Locales"24 vom 14. September 1852 wurde auch der Gastwirt erwähnt:

„So möge st ts voll edler Kraft uns spenden Sehlink der Gerste Saft".

Das Cafe Sehlink blieb bis 1897 Stammlokal der Gambrinia.

Eine regelmäßige �111d nach Datum geordn te Eintragung in das erste Aufnah­mebuch25 erfolgte erst ab September 1847. Damals wurde dieses überhaupt erst angelegt, denn es beginnt mit der Eintragung:

„Erinn rung an die Einweihungsfeier des Locales d r Gambrinia. Am llten Septemb r 1847. Seinen Gambrinianern gewidmet von Fr. Eng­lert, Gambrinianer".

19 Das ergibl sich aus d 111 u111.en S. 264 zi1i ·n ·n ,edichL „Auszug Sehlink", wo 1897 von 53 J:1hr ·n im af<'.: Sehlink die Rede isL.

,o Zu diesem Gebüude vgl. Cri111m (wie Anm. 18), S. 80-88. "Wie Anm. 15. 22 Sein Schwiegervaler Johann Adam Eisenberger ( 1762-1832) halle das Anwesen 1828 für Melchior An­

ion Sehlink, der 1832 gemeinsam rnil s ·in ·r l'rau Sophie, geb. Fisenberger ( 1792-1869), Eig ·nLümer wurde, erworben; 1851 wurdc das l laus versl ·ig ·rt, wobei Adam Sehlink, der Sohn des Eh ·paares, Meistbie1end 'r blieb und das Anwesen erhieh; vgl. Gri111111 (wi · Anm. 18), S. 82 u. 86.

'·1 Vgl. ebd., S. 82 u. 87. Nach dem Tod Adam Sehlinks pachtel · di<: Bayerische Aklienbraucrci Aschaffen­lJurg die as1wirtschaf1, die, 1897 bereiLs nüehenrniif,ig verkl •im:n, 1907 geschloss ·n wurde; vgl. ·hd., s. 83 u. 87.

ll Wie Anm. 12. ,� Wie Anm. 12.

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Franz Englert (1817-1910)26, der spätere Bezirksgerichtsrat, dürfte das erste Auf­nahmebuch der Gambrinia bis 1853 geführt haben und als Verfasser vieler Ge­dichte anläßlich der Aufnahme neuer Mitglieder gelten.

Die Aufnahme in die Gesellschaft Gambrinia erfolgte jeweils mit einem Ge­dicht, in dem gemäß des gambrinianischen Verses27 „Seit Schaffung dieser Welt ist's schon gewesen in unserer Gambrinia Brauch, daß jedem Mann wird weid­lich vorgelesen, was Sünden ruh'n auf seinem Bauch" dem neuen Mitglied seine Besonderheiten und Schwächen aufgezeigt wurden. Dabei teilte man ihm auch ein Wappen zu. Das Gedicht wurde ins Aufnahmebuch eingetragen, das Wappen in einigen Fällen mit Bleistift skizziert. So wurde dem Rechtsanwalt Dr. jur. Leopold Meyersohn (1807-1886)28, einem der Gründungsmitglieder der Gambrinia, ein Wappen zugedacht, das im oberen Schrägfeld die Gesetztesta­feln Moses' und im unteren ine sich neigende Waage zeigt. Im dazugehörigen Gedicht heißt es29 :

,,Zwar hat in jenem Bund dem alten, Jehova einst befohlen streng zu halten die 2mal fünf Gebote, selbst bis zum Märtyrertode. Doch hast du immer so gethan, du betst statt Gott den Mammon an. Auch sollst du oft vom rechten Pfade weichen, drum thut sich auch die eine Schale neigen."

ln der Gambrinia spielte außerdem die Zahl Sieben eine besondere Rolle, ohne daß die Gründe hierfür ermittelt w rden konnten. Die Aufnahme neuer Mit­glieder erfolgte überwiegend am 7., 17. oder 21. (3 x 7) eines Monates. Die „7" erscheint neben „Brr" auf Vervielfältigungen von gambrinianischen Liedern30, und man feierte die Stiftungsfeste nicht nach Dezenien, sondern im Siebener-

2<, Zu diesem, Mitglied der Gambrinia seil 21. April 1845, der auch Gedichte veröffentlichte - u. a. Franz li11p,lerl, Zur Erinnerung an die ,runclsteinlegung des Oestreicher -Denkmab bei Aschaffenburg am Sonntag den 14. Juli 1867, o. 0. o . .J. !Aschaffenburg J867J, ders., Zur Feier der Einweihung des Kö­nig-Luclwigs-ßrunnens in Aschaffl:nburg am 5. Septemb ·r 1897, in: Erziihler am Main. Belletristische lk:ilage zum 13 ·obachter am Main 1897, Nr. 132 (4. Septemb ·r), S. 525, ders., Spessart-Klänge. Allen Spess:1rtfreunden gewidmet, Gicf3cn o . .J. 119031. -, vgl. Rat Englens ßegriibnis, in: AZ 1910, Nr. 234 ( 11. Mai - Mittagsausgabe), S. 121.

27 Wie Anm. 12. 2" Lebensdaten mch Stach- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, l leimatregister Israel, Tab. 57. 29 Wie .Anm. 12. j(J Vgl. bcispielsweis · die Abbildung auf S. XX sowie C11il. Mol. Amerbacensis /= \.Ylilbelm Müller-Amor­

bach/, Psalteriu111 Gambrini das ist sieb ·n auserwehlte Geseng und Liecllein nach allerley Weisen gut zu singen ercl;icht, ge111:1cht und an's Licht gebracht, o. 0. IAschaffenburgl 1894, wo S. 3 der Über­schrift des ersten Gedichtes ein rotg ·clrucktes „ßrr!" vor,1ngestcllt und S. 17 eiern siebten und zugleich 1 ·tzten ,eclicht ein · rotgeclruckt<: ,,7" nachgestellt ist. Diese Schrift, ,,Zum :incl ·rn Male uffgclegt u. ge­druckt in diesem .J:1hr ( 17. Apr. MDCCCXCIV)", erschien zur Feier des 49jiihrigen Bestehens der Gam­brini:1.

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sprung, so beispielsweise das 49. (7 x 7) im Jahre 1894 und das 56. (8 x 7) im Jahre 190131 .

Nicht immer wurden Vornamen und Berufe in die beiden Aufnahmebücher ein­getragen; nachträgliche genaue Identifizierungen sind kaum möglich, da man­cher Gambrinianer, weil im bayerischen Staatsdienst tätig, nach kurzer Z it wie­der versetzt wurd . Es ist allerdings aus den vorhandenen Unterlagen ersicht­lich, daß mit den Jahren zunehmend auch ichtjuristen in die Gambrinia auf­genommen wurden. Daß dazu Eisenbahningenieure sowie Post- und Bahnb -dienstete gehörten, mag seine Ursache darin haben, daß in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts in der Region Aschaffenburg der Bau der Eisenbahnlinien er­folgte32. Zu den Aufnahmen in die Garni rinia nach November 1872, deni Endedes zweiten Aufnahmebuches, fehlen die entsprechenden Unterlagen. Lediglichaus dem erwähnten Konvolut33 lassen sich als spät r hinzukommende Mitglie­der folgende Familiennamen feststellen: Asmann, Friederich, Fröhlich, Heigl,Hübner, Karben, Kelemann, Kurz, Liges, Lor nz, Niedlich, Peter, Pistor, Schenk,Scheppler (junior), Schultes, Samhaber, Seifert, Siebold, Stahlmann und Telmann.

N ben dem Kneipen, der jeweils feierlich gestaltet n Aufnahme neuer Mitgli -der, und den Weihnachtsfeiern trat die Gambrinia im letzten Drittel des 19. Jahr­hunderts auch bei Faschingsveranstaltungen auf. Man hatte in d r Gambrinia sogar eine Ranzengarde gegründet34, di auch I ei Faschingsbällen der Casino­G sellschaft mitwirkte35. Auch Liedertexte und verschiedenartige Bühnenstück - so eines mit dem Titel „Wahrhaftige Darstellung der gefährlichen Gefangen­nahme, gerechten Aburtheilung und schaud rhaften Hinrichtung des Erzräu­bers u. Mörders Gauswürger" - brachte die Gambrinia, b sonders dank der Mit-

jJ Wie Anm. 15. j2 Damals bildeLen PosL und ßahn im Königreich eine 13 ·hörde; in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts

wurden die Eisenbahnlinien Aschaffenburg-1 lanau und Aschaffenburg-Würzburg (b ·id • 1854) und Aschaffenburg-DarmsLaclJ (1858) eröffne!; vgl. d:.izu Wer11er Krämer, Vor 140 Jahren wurd, Aschaffen­burg ßahnstation, in: Mineilungen aus d ·m SLadl- und Stirtsarchiv Aschaffenburg 4 (1993-1995), S. 4 3-409, sowie der.,·., Die ErweiLerung des Eisenbahnnetzes in der As ·haffenburger Region, in: ebd., S. 419-432, dies S. 419 F.

3; Wie Anm. 15. ;4 In sieben handgeschrieb ·nen Kriegsartikeln wurden Zucht und Ordnung d ·r Ranzengarde f ·stgelegL;

da das Schriftstück - wie Anm. 15 - nichL daLiert ist, isl der ZeiLpunkl der Niederschrift nicht mehr fest­zustellen .

.l5 In dem oben in Anm. 15 genannten Konvolut befinden si ·h sowohl ·ine Einladung der Casino-Ge­

sellschafl an die Gambrinia zum Auftriu der Hanzengarde wie auch ·in Dankscilr ·ilx:n der Casino-Ge­sellschaft für die „so gllinzend g ·lungene Ausführung des schön ·n Zuges der J(anzen- ,arde", beide jedoch ohne DaLum.

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arbeit von Wilhelm Müller (1843-1905)36, der sich als Dichter Müller-Amorbach nannt , hervor. Außerdem pfl gten die Gambrianer den Gesang, als Solisten und im Chor, sowie die Musik als böhmische Schnorranten. Man führte zu be­sonderen Anlässen, so zu dem jeweils im April stattfindenden Bundestag, dem Jahrestag der Gründung, sogar Opernparodien im Stammlokal auf.

Unter den „Reichspoeten", so wurden die Versemacher der Gambrinia genannt, sind neben Franz Englert und Wilhelm Müller-Amorbach noch Joseph Mehling und Franz Kopp zu nennen. Letzterem - er war auch der große Organisator der Gesellschaft - wurde anläßlich seiner Verabschiedung nach Nürnberg Ende der 1870er Jahre ein 306 Zeilen langes Gedicht gewidmet. Den Vorsitz der Gambri­nia hatte seit ihrer Gründung viel Jahre lang der Rechtsanwalt Dr. jur. Leopold Meyersohn inne, ihm folgte in späteren Jahren August von Axthelm (1821-1892)37, Vorstand des Aschaffenburger Post- und Bahnamtes.

Die politische Gesinnung der Gambrinia war national-liberal. Einige ihrer Mit­glieder engagierten sich stark in dem 1869 mit Sitz in Würzburg gegründeten ,,Liberalen Wahlverein für den unterfränkischen Kreis"; Zweck des Wahlverei­nes war, freigesinnte geg n ultrareaktionäre Wahlkandidaten durchzusetzen. Zu den 25 Beisitzern des Vorstandes des Wahlvereines zählten zwei Aschaffenbur­ger Gambrinianer, und zwar Magnus Will (1834-1896)38 und Heinrich Sommer. Dem Aschaffenburger Ortsverband g hörten sieben weitere Mitglieder der Garni rinia an;9: August von Axthelm, Dr. med. Rudolph Döbner, Karl Freiherrvon Fechenbach-Laud nbach (1836-1907)40, Anton Kopf, Jakob Nöthig, Markus

j(, Zu diesem, aus Amorbach stammend, ab 1872 in Aschaffenburg lebend und wahrscheinlich schon seit­dem Mitglied der Gambrinia, Justizrat, Verfasser zahlreicher Dichtungen - außer dem in Anm. 30 ge­nannten Titel u. a. W'i/belm M1'i/ler-Amorbacb, Der Dürrbacher Mostgeist. Ein Würzburger Weinmär­chen, Würzburg 1882, ders., St. Elisabeth. Zu lebenden Bildern, Aschaffenburg 1900, ders., Der Pfäl­zer Löwe. Drei Wappenschwiinke, Kaiserslautern :1901, ders., Schlitzohr. Eine Geschichte aus dem Spessart, Aschaffenburg 1902, ders., Aus der Schelmenecke. Schwänke, Frankfurt am Main o. J. -, vgl. Justizrat Wilhelm Müller, in: AZ 1905, Nr. 346 (15. Dezember), S. [2]; in diesem Nachruf hieß es u. a.: „Wo Müller verkehrte, da wurde er durch seine allgemeine literarische Bildung, durch seine Anregung und s ·inen l lumor, ob er wollte oder ni ·ht, bald der Mittelpunkt der Gesellschaft."

17 Zu di ·sem, aus Nürnberg stammend, Mitglied der Gambrinia seit 21. April 1845, in den 1870er Jahren deren Vorsit�.en lcr, Vorstand des Post- und Bahnamtes Aschaffenburg, vgl. AZ 1892, Nr. '148 (28. Mai), 2. 131:itt, S. 121, untcr „Aus Stadt, Kreis und mgegend" .

• 11< Zu dicsem, aus Wicscn im Spessart, nach dem Junistudium nacheinander an den Bezirksgerichten inLohr und Aschaffenburg tätig, 1867-1877 l3ürgermeistcr von As ·haffenburg und danach bis zu seinemTod als Anwalt tätig, vgl. Carste!I Pol/11ick, Aschaffenburger Stadtoberhäupter von 1818 bis 1983, Würzburg 1983, S. 52-56.

·19 Zweiseitiger Wahlaufruf des Wahlvereins als Beilage zu AZ 1869, Nr. 269 (31. Oktober). 1° Fricdri ·h Karl Konstantin Freiherr von Fcchenbach-Laudenbach, Mitglied der Gambrinia seit 21. Ok­

tobcr 1869 - zu diesem vgl. Karl Die/, Die Freihcrrn von Fechenbach (Veröffentlichungen des Ge­schichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, ßd. !), Aschaffenburg 195:1, S. 17, 19, 57 f. u. 75 -, schrieb W�1hl:1uf'rui'c und hiclt auch Hnlen in Versammlungen der Liberalen; vgl. An die Wtihler, in: AZ 1869, Nr. 26:\ (24. Oktober), S. 111, Meldung aus Aschaffenburg vom 23. November unter „Deutschland", in: clxl., Nr 289 (24. November), S. 121, sowi · Meldung aus Aschaffenburg vom 2. Juni, in: ebd. 1870, Nr. 135 (3. Juni), S.II1.

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Rügemer und Peter Adolph Wailandt (1839-1890)" 1• Bei der Aschaffenburger

Gemeine! wahl des Jahres 1869 waren Mitglieder der Gambrinia ebenfalls poli­tisch aktiv: Von 21 zu wählenden Wahlmännern aus den vier Stadtbezirken42

waren acht Gambrinianer; auch unter den gew�ihlten Gemeindebevollmächtig­ten und unter den Bürg rlichen Magistratsräten war n Gambrinianer.

AJs Magnus Will am 17. Februar 1861 Mitglied der Gambrinia geworden war, wurden ins Aufnahmebuch43 folgende Begrüßungsverse eingeschrieben:

,Jetzt folgt der Mann aus Wiesen, D s Spessarts bärt'ger Sohn, Eifrig des Rechts b flissen, Seit ein'gen Wochen schon, Hier am Bezirksgerichte, Bestellt als Accessist."

Das ihm zugeteilte Wappen zeigt eine Nase (Will soll die Speisen immer erst berochen haben), einen kleinen Wilden (Will sang einen mächtigen Baß im Chor) und eine hochbusige Dame (,,Weil er hochbus'ge Damen besiehet so gern, ins Bild wir eine nahmen, die Gräfin von Wiesern", so der Text dazu).

Ein heute noch in Aschaffenburg vorhandenes, wenngleich verändertes techni­sches Bauwerk, der 1871 vollendete Dämmer Steg, die Fußgängerüber­brückung der Eisenbahngleise westlich des Bahnhofes zwis ·hen der Stadt und dem damals noch selbständigen Damm, ist mit der Gambrinia verbunden. Als der Eisenbahningenieur Markus Rügemer, einer der Konstrukteure des Fußgän­gersteges, am 17. Noveml er 1865 in die Gambrinia aufgenommen wurde, hieß es in dem ihm zugedachten edicht zum Wapp n und zur Person u. a. 14:

,,Ein Monument von Erz, Sieht prangend wappenwiirts, Kräftig wölb n sich die Bögen Hoch dem Himmelszelt entgegen.

[ ... I

Rüg�mer - voll Erbarmen,

11 Zu li ·s '111, zuniichst Oru ·kc.;reih ·sitz ·r, d:1nn lluchh:indl ·r, sc.;il 17. Januar 1866 Mi1gli ·d der ,amhri­nia, vgl. Nachruft unJc.;r .,Aus Stadt und Kreis", in: AZ 1890, r. 221 (12. Augu�t), S.121.

•12 Nach dem baycrischc.;n emc.;indeedikt vom 17 . Mai 1818 - Druck: ln1clligem.blau für den Uni ·r-Main­kreis des Königrc.;ichs Bai ·rn 1818, Nr. 77 (2:3. Juli), Sp. 7 5-760, u. 78 (2'i. Juli), Sp. 761-784 - waren bc,;i den Ge,m;inclcwahl ·n zuniiclist von ;III ·n Wahlhcrechligten der G ·meine! · f'ür j ·den S1acl1hczirk Wahlmiinner aufzustell ·n; clic.;se hallen di · Ccmeind ·hevollmiichligten und 1 ·tztc.;rc wicdL"rum die !Jürg -rli ·hen Magistralsr:itc zu w:ihlen.

41 Wie,; Anm. lj. 1' Wie Anm. 13. Zur Feier im .,Frohsinn" am 28. 1) ·zemhcr 1875 anl:i/,;lich d ·r Versc1zung Hügcmers md1

l3ambcrg vgl. Meldung au� Aschaffenburg vom 29. DczemhL"r unler „DL'ubchc� lkich". in: A'/. l87'i, r. :320 (29. 1) ·z ·mb ·r), S. [21.

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Tausend I ämmer Armen, Tausende von Dämmer Beinen Sind gerettet durch dich Einen1

Nimm der Nachwelt w'gen Dank Für den Dämmer Übergang!"

Im Jahre 1875 rschien eine eig ne Zeitung der Gambrinia; sie hieß „Hopfen­bWtter. Organ für alles Schön und Eclle.", trug d n Hinweis „Erscheint in un­gezwung'nen Heften", war handg schrieben und vervi lfältigt45 . Au den ein­führenden Worten ist zu entnehmen, daß man Abwerbung zu anderen Gesell­schaften b fürchtete und deshalb meinte, daß „eine von treuen und weisen Männern wohl geschriebene Zeitung in so aufgeregten Zeiten gute Wirkung thun könne". Es gibt darin u. a. selbstverfaßte Romane in Kurzform wie „Die scheidende Maid oder Liebe und V, rrat" und Balladen wie „Liebesklage". Auch wurden für das „Sommerbierjahr" 1875 Vorträge mit mehr humorvoll m als wis­senswertem Inhalt angekündigt wie beispi lsweise „Über den Rausch und seine erheiternden Wirkungen auf das menschli ·he Gemüth" oder „Über Knigges Umgang mit den Menschen mit besonderer Rücksichtnahme auf den Verkehr mit Landbewohnern"; Unterricht im „Männergesang unter häufiger Mitwirkung mehrerer Dilettanten" wurde von „Dr. Romulus"46 angeboten.

1877 und 1880 waren Jahre mit besonderen Ereignissen für die Gambrinia. Am 14. Januar 1877 feierte Dr. jur. Leopold Meyersohn s inen 70. Geburtstag. Daswar für di Gambrinia Anlaß, ihrem langjährigen Vorsitzenden ein Ständch n zubringen47. Wilhelm Müller-Amorbach hatte hierzu ein „Gambrinianisches Fest­li �d" gedichtet, das „ a h der Melodie des Gaud amus" gesungen wurde48.1880 wurde Meyersohn der Titel Königlicher Hofrat verliehen, wozu ihm dieGambrinia eine kunstvoll gestaltete Urkunde überr ichte49.

Als 1897 ein Teil des Cafes Sehlink abgebrochen wurde und auf dem freige­wordenen Gelände ein Drucker ig bäude entstand50, mußte sich die Gambrinia nach einem anderen Stammlokal umsehen. Man zog wieder an den Grün­dungsort, in das Casinogebäude, und schloß mit der Casino-Gesellschaft eine

•� Wie Anm. 15.,<, Das war Eduard l{ornrnel ( 1825-1900), 1868-1899 Lei1er der Musikschule Aschaffenburg, 1870 Gründer

des Aschaff ·nburg ·r Musikv ·reim:s, Ko111ponis1 vor alk:111 von hormusik, seil 17. Mai 1 70 Mitglied 1 ·r G:1mbrinia; vgl. Todesfall, in: AZ 1900, r. 4 ( 5. Januar), S. 121, sowie l lern1ci1111 K1111digmber, Chro­

nik der s1:id1ischen Musikschule Aschaffenburg "\810-1910, Aschaffenburg 1910, S. 21-24. Rommel war 111i1 dem Namen Piano der Sai1enscl11iiger auch Ehrenschlaraffe der Schlaraffia Asciburgia; vgl. dazu Chronik (wi · Anrn. 8), S. 436.

17 Vgl. den ob ·n Anm. 6 ang ·führ1en Zeitungsartikel von 1877.1" Wie Anm. 15.

19 Mus· ·n der Stadl Aschaffenburg, lnv.-Nr. 11 lOj. ,o Vgl. Klr111s l:)111w1111, Die \)ruckh:iuser Aschaffenburger Zeitungen. Vom Wohnhaus im Löhergraben

zum Grof.,b ·1rieb an der /\schaff, in: 1 lelmul Teufel u. d ·rs. (1 lrsg.), Von Tag zu Tag. Zeitungsge­schichiL' un I Zei1ges ·h ·hen an, bayerischen Untermain. Zu111 50. Jahrestag der Lizenzierung des ,,M:lin-1·'.chos" a111 24. November 1945, Aschaffenburg 1995, S. 219-253, dies S. 232 u. 239.

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Allianz. Die früheren Umstimmigkeiten waren längst ausgeräumt, denn im Ge­dicht „Casino-Einzug"51 heißt es u. a.: ,,Weit öffnet sich für uns das Thor" und„Wir bekennen voll und ganz, uns zu der neuen Allianz". Mehr als 50 Jahre war das Cafe Sehlink das Stammlokal der Gambrinia gewesen, der Abschied fiel schwer, wie dem Gedicht „Auszug Schlink"52 zu entnehmen ist:

„Alte rauchgeschwärzte Stube, nicht viel besser als ein Loch Da's nun an's Scheiden geht, wie bitter ist der Abschied doch. Ach, wie manch n schlechten Schoppen ßier hab ich geschluckt Und wie manchen schlechten Schoppen Luft, und nicht gemuckt. D'raus uns voll dreiundfünfzig Jahre nichts, wie's auch ging, vertrieb, Alte rauchgeschwärzte Bude, ach, ich hab' dich dennoch lieb."

Der letzte publizierte große Auftritt der Aschaffenburger Gesellschaft Gambrinia fand im Jahre 1894 statt. Man feierte den 49jährige Bestehen. In beiden örtli­chen Tageszeitungen war darauf hingewiesen worden55 Nach dem vorhande­nen Festprogramm54 fand am 27. April 1894 im Stammlokal Cafe Sehlink ein Herrenabend, am 28. April im Theater ein Festspiel und anschließend im Deutschhaussaal ein Familienabend sowie am 30. April ein Frühschoppen statt. Das von Wilhelm Müller-Amorbach rdachte Festspiel „Wi s kam" erinner e an den 17. April 1845, den Gründungstag der Gambrinia.

Vom Fest des 56jährigen B stehens ist lediglich ein handgeschriebenes Festlied ,,Denkst du daran, getreue Tafelrunde, du letztes treues Häunein, enggeschart" überliefert55 und bekannt, daß es am 1. April 1901 stattfand. Ob weiterhin re­gelmäßig Zusammenkünfte erfolgten, ob die Gambrinia in die Casino-Gesell­schaft aufging oder ob sie einfach wegen Überalterung aufhörte zu bestehen, das ist mangels weiterer Quellen unbekannt.

Daß sich im Jahre 1877 unter den Mitgliedern des im selben Jahr gegründeten Aschaffenburger Verschönerungsv reines 19 ambrinianer befanden56, besagt nur, daß, wie damals üblich, Vertreter des gehobene Bürgertums gleichzeitig in mehreren angesehen n Vereinen oder Gesellschaften Mitglied waren. Auch das zeitlich jüngste schriftliche Zeugnis der Gambrinia, ein Tischli d anläfslich eines Ausnuges nach Amorbach am 15. Mai 190457, gibt aufser der Tatsache, dafs es die Gesellschaft damals noch gab, keine weiteren Aufschlüsse.

SI Wie Anm. 21. s, Wie Anm. 15. S.J Vgl. unter „Lokales und aus dem Kr ·isc", in: llt:obachtcr am Main. Asd,affcnburgcr Anzcigcr 1894, Nr.

94 (25. April), S. 121, sowic „Aus Stadl, Krcis und Urngcg ·nd", in: AZ 1894, Nr. 110 (25. April), S. 121;vgl. auch cbd., Nr. 115 (50. April), S. 121. Vgl. au ·h dcn Schlu(� von Anm. jü.

s, Vgl. Anm. 17.ss Wie Anm. 15.S6 Vgl. V·rschöncrungs-Vcrcin Aschaff·nburg, in: AZ 1877, Nr. 196(11. Augw,t), 13cilagc, S. 11-2I.s7 Wic Anm. 15.

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1845-1872 in die Gambrinia aufgenommene Personen58

Aufnahmetag

17. April 1845

21. April 1845

28. April 1845

7. Mai 184517. Juli 184517. August 1845

21. August 1845

28. Januar 184621. März 184617. April 184617. Juni 184621. Juni 1846

17. Juli 1846

Appiano, Dr. med. Amend Freiberg, Freiherr von Zinn R denbacher Ungemach Mertius Happel Keim Freitag Kees, Otto Zang Meyersohn, Dr. jur. Leopold Axthelm, August von Englert, Franz Fritscher Greb Post Kittel, Peter H umüller Scheurer, Franz Müller Ströhlein, Adolph Mantel Reichersberg, Graf von Lisner Hofmann Sch ppler, Franz Kees, Karl Kopp, Franz Schrag Hoffmann Marscher Bamberger Schlicht

Beruf zur Zeit der Aufnahme59

praktischer Arzt Jurist

Baupraktikant Access ist Rechtspraktikant Fähnrich

Access ist Rechtspraktikant Forstassistent Rechtsanwalt Postoffiziant Jurist Jurist Auditor Forstbeamter

Gerichtsassessor Eisenbahningenieur Gerichtsassessor

Baupraktikant Comis Rechtspraktikant Rechtspraktikant Eisenbahningenieur

21. Dezember 18467. Januar 1847 Wagner, Dr. jur. Karl am Appellationsgericht

�" Nach den Eintragungen in den beiden Aufnahmebüchern; vgl. Anm. 12 u. 13. 59 Jurist - abgeschlossenes Jurastudium, - • 13 ·ruf zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht fesr.stellbar.

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2 1. März 1847

17. Mai 1847

21. Juni 184727. Juni 184727. August 184717. September 1847

17. Oktober 184717. November 1847

17. Dezemb r 1847

17. April 1848

21. Juni 1848

17. September 184817. Oktober 184817. November 1848

17. Dezember 1848

17. Januar 1849

17. Oktober 1849

17. Dezember 1849

17. Januar 185017. März 1850

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Appiano Kittel, Franz Asmuth Stirner Gemeiner, Dr. jur. Fuchs R ck Ziegler Hunderisser Dumser Dresch Stadelmeyer, Dr. med. Kropf, Dr. med. Goes Müller, Peter Münster, Freih rr von Heinemann Frankenberger Hagen, von Nees Meinzweig Klemm KI in Reisinger Marg Gerlach Bruekbrey Schneider Gemeiner Loos Mehling, Joseph Häcker Gramich

euffert Bauer Leu bei fing Hartmann Debattist Horn Schattenmann, Wilhelm Karl Braun Kalbskopf Fuchs Schramm, Dr. m 'd. Reith

Pharmazeut Handelsmann

Eis nbahningenieur Jurist

Rechtspraktikant

Leutnant

Arzt Arzt Leutnant Access ist

Rechtspraktikant

Jurist

Jurist Eisenbahningenieur

Rechtspraktikant

Access ist

Jurist

Access ist Leutnant Offizier Accessist Acccssist Postassistent Ac ·cssist Arzt Postassistent

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17.Juni 185017. Juli 1850

17. Sept mber 185017. März 185117. Juni 185117. September 1851

17. Oktober 1851

17. Dezember 1851

17. Februar 1852

17. Mai 185217. Januar 1853

17. Februar 185317. April 1853

17. Februar 1854

ohne Datum

Krebs Mack Fertsch B rg Martini Marzell, Joseph Gechter ßenker Lehner Kempf Wolf Wittmann Washeim Demper, Peter Eduard Staclelmann, J. Chr. Fürther, Hubert Heßler, Franz Kopp, Joseph Müller, Wilhelm Rüde! Fehr, Kaspar Kittel (Obernburg) Sibin Scha 111 berger Braun Eisert (senior) Eisert (junior) Sahm Schattenmann (junior) Oegg, Karl Petersen Simon Wolfsthal

Jenatz, Peter Ludwig Herz Reuter, Friedrich Werbach Prechtlein Greb

arben Fertig Dimroth

17. September 1858 C-1rben, EugenScherer

17. Febru·1r 1859 Friedlein

Access ist Richter im Senat Steuerkommissar Comis Handelsmann

Jurist Access ist Gerichtsrat Forstamtsaktuar

Jurist Conclucteur Eisenbahningenieur Access ist Access ist Forstamtsaktuar Access ist Rechtspraktikant Rechtspraktikant Access ist Concipient Rechtspraktikant Access ist

Jurist Jurist Rechtspraktikant Rechtspraktikant Rechtspraktikant Rechtspraktikant Rechtspraktikant Rechtspraktikant

Jurist Jurist Apotheker Access ist G richtsassessor Gerichtsasse sor Access ist

Jurist

Access ist Jurist Concipi nt Access ist Concipient Access ist

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17. Mai 185917. August 1859

17. November 185917. Januar 1860

17. Oktober 186017. Februar 1861

17. März 186117. Mai 186117. Dezember 186128. April 186221. Mai 186217. Oktober 186217. März 1863

17. Januar 186411. Mai 186427. Dezember 1864

17. März 1865

21. Juni 1865

Kirchgeßner Braungart Jaeger Kohlhaas Alzheimer, Eduard Brand, Eduard Gebhard Leuser Speth, Georg Kopf, Anton Oegg, Dr. med. Joseph Will, Magnus Oegg, Philipp Lanner Geigel, Philipp Zürn, Dr. jur. Zorn, Karl Gebhardt Haider, ·August Faller, Wilhelm Nöthig, Jakob Reißenbach, Valentin Wagner, Karl Escherich, Julius Burkard, Theodor Heun, Peter Oegg, Edmund Protz, Lorenz Bühler, Otto Döbn r, Dr. med. Rudolph Clem nt, Philipp Müller, Friedrich

Helfreich, Karl 17. S ptember 1865 Ingelheim, Joseph Graf von

17. November 1865

17. Januar 186617. Dezember 1866

17. März 186717. Oktober 1867

268

Rügemer, Markus Ebert, August Web r, Jos ph Wailandt, Peter Adolph Oefel in, Dr. med. Franz M rhard, Gabriel Döbn 'r, Oscar Stenger, Heinrich

Rechtspraktikant Gerichtsassessor Ace ssist Access ist Access ist Access ist Access ist Access ist Acce sist Fabrikdirektor Arzt Access ist Concipient Bahnassistent Rechtspraktikant Access ist Bezirksgerichtsaufsicht Ei nbahn ffizial Anwaltsvertreter Rechtspraktikant Access ist

oncipient Gerichtsass ssor Postoffizial G richtsass ssor Gerichtsassessor Rech tspra kti ka n t Rechtspraktikant R chtspraktikant Arzt Rechtspraktikant Bü rgcrl icher Magistratsrat Access ist Kämmerer und Obristleutna nt Eis nl ahningenieur Rechtspraktikant Re htspraktikant Druck reibesitzer Bezirksarzt Rechtspraktikant Rechtspraktikant l:3ü rgerl icher Magistratsrat

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17. Oktober 186817. Januar 186917. März 186921. Oktober 1869

17. März 187017. Mai 1870

17. November 1872

Galluba, Louis Sommer, Heinrich Rödel, Heinrich Stammler, Philipp Fechenbach-Laudenbach, Karl Freiherr von Rottmann, Dr. med. Hermann Herzfelder, Isak Ziegler, Baron von Rommel, Eduard Fahrnbaiker Rothenbücher Stumpf, Alfred

Apotheker Rentamtmann Rechtsanwalt Notar

Grundstückbesitzer Arzt Rechtsanwalt Rechtspraktikant Musikdirektor Rechtsincipient Rechtspraktikant Rechtspraktikant

Von vier weiteren Juristen, die an di sem Tag aufgenommen wurden, sind die Namen im zweiten Aufnahmebuch nicht angegeben; zu ih­nen gehörte vermutlich auch der seit 1872 in Aschaffenburg lebende Wilhelm Müller (-Amorbach)60 .

w Vgl. Anm. j6.

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Eine Auseinandersetzung in der Aschaffenburger Presse über eine unterbundene Tanzprobe in Mainaschaff (1894)

von ! !ans-Bernd Spies

In ihrer Ausgabe vom 18. August 1894 brachte di, ,,Aschaffenburger Zeitung" folgende Meldung, die sich auf einen Vorfall bezog, der sich am Abend des J 2. August 1 in Mainaschaff zugetragen hatte2 :

,,µv. Mainaschaff, 18. Aug. , nd w i r t a n z e n d o c h am Kirchweihfest3', so hörte ich am vorigen Sonntag Abend einige junge Mädchen beim achhausegehen sprechen. Al· ich mich andern Tags üb r diese Aeußerung erkundigte, theilte man mir mit, dag am ge­nannten Tag in einer hiesigen Wirths haft4 , von d 'r man di ' eber­zeugung hat, daß sie keinen nfug duldet, 'inige Mädchen und Bur­schen sich das unschuldige Vergnügen einer Tanzprobe erlaubten. Nun ges hah das Unerhörte, daß unser I e r r P f a r r e r , mit dem Stock in der Hand in den Saal eindrang und die Tanzenden auseinan­derjagt . Ob der Herr Pfarrer zur Ausübung einer solchen p lizeili­chen Maßregel befugt ist, wird wohl Jed 0rmann bezweifeln."

Pfarrer Johann Kuhn (1860-1935)5, seit 4. März 1891 als Kurat in Mainaschaff tätig und 1893, als aus der Kurali � am ]6. eptember eine s '11,ständige Pfarrei

1 Auf dicsen Tag ficl der in dcr folgcndcn M ·ldung g ·nannte ,vorig· Sonntag'; zum Kalender dcs Jahrc,1894 vgl. llen11ai111 C:rotefe11d, Taschcnbuch dcr Zcitrcchnung dcs dculschen Millcl:1licrs und (k:r 1 euzcil , llannover 111991, S. 150 f.

'i\schaffcnburg ·r Zeitung (künftig: AZ) 1894, r. 220 ( 18. August), S. [21. ll ·i .tllcn ziticrl ·n Zcitung,­ar1ikcln wird dcr Groffüuchs1:1be J dcr l'r:1k1urschrift hier nach modcrn ·m Gebrauch als I bzw. J wic­dcrgcgcbcn.

1 Dicses Fcs1 fand in Mainaschaff damab wie in dcn mcist ·n Jahren am Sonntag nach dem 15. Au­gust - 1894 also am 19. Augusl - stall; dazu und zur zeitwei,en Feier dc, Kirchwcihfcste, n:1ch dcm 11. Novcmber vgl. Lotbar 'c/1/ell, Di · Kir ·!,weihe CKcrb .. ), in: Güni .,. W ·gner (l lrsg.), ascapha- Mainas ·haff , Mainaschaff 1980, S. 394-395. Dic katholischc Pf;1rrkuratic Mainaschaff war am 16. S ·p­tembcr 1893 zu einer sclb"1:indigcn Pfarr ·i crhobcn wordcn; vgl. Friedrich K11k/a, Dil' k:11holbchePl:1rrgcm ·inde Sankt M:1rg:1re1ha , in: cbd., S. 235-259, die, S. 245. Zu dcr 1771 uni ·r Vcrwendung vonl{eslcn des Vorg:ingerbau� erriclnct ·n Kirchc , die l89Y91i re"1aurie11 word ·n war , 1927 bis auf denTurm sowie Maucrrcslc am Chor abgerissen und durch cincn im folgcnden Jahr cingewciht ·n Neu­b:1u ·rse1�.1 wurdc , vgl. Arlo//Fe11l11er u . /Jer11horrl llem1c11111 Nöllµ,er (13 ·arb.), Die I un.,1denk111:ilervon llntcrfr:tnk ·n. XXIV ll ·zirksamt Aschaff ·nburg (Die Kun.,tdenkm:il ·r von llayern. I{ ·gierung�be­zirk Un1crfranken. X IV. llezirks:11111 i\schaffcnburg), Münchcn 1927. S. 72, llen11m111 ll<!/]i1w1111, l)ie Pfarrorganisa1ion in d ·n Dckanalen /\schaff ·nburg -Stadt. A,chaf� ·nhurg-O,1 und i\s ·hartcnhurg-Wcsl ( 1818-1956). Einc Studic zum i\tla, ,.llbtum Würzburg", in: A,chaff ·nburg ·r .J:thrhuclt für Geschichte, Lan lcskundc und Kunst des L ln1er111:1ingebic1c, li ( 1957), S. 911 5-991 . di ·, S. 975, K11k/o, S. 2j9 f. u.21i6, sowie Lo/bar cb/e/1, 500 Jahre kirchlichcs Lchcn in der G 'llll'ind · von 1600-1900, in: 800 .Jahrl'Pfarrei M:tinaschaff 1184-1981 , hr,g. v. l'f;1rrge111einde St. l:trgar ·1ha Maina,ch:iff . l:tin:1sch:1ff 1981,S. 15-26, di ·, S. 22.

' Es handclic .sich um da, Ga,1h:1us zum l lir, ·hen in der l l:tup1.,1r. 20; vgl. C,'ii11ter ll"eµ,11er, lain:i�chaff, C:1s1h:iuser his 1900, in: ders. (wie i\n111. j), S. j20-j26. di ·, S. j21i.

'lliographi.,che Angaben zu die,e111 aufgrund de, Sd1reibcn, dL'� Diil1. ·.,an-i\rchiv� Würzburg (l·:rik Sod ·r von Cüld ·nswbbe) vo111 28. M:irz 1996 :111 da� Si:tdt -und !',1ili,archiv i\sd1alknhurg .

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Page 49: MITTEILUNGEN - Stadt- & Stiftsarchiv...München 1997, Sp. 1285-1286. 11 Zu diesem, der vor seiner Wahl Roben von Genf hieß und ab 1379 bis zu seinem Tod als Papst in Avignon residierte,

wurde, der n erster Pfarrer, ließ dies n Vorwurf nicht auf sich sitzen, sondern wandte sich zwei Tage nach dieser Meldung an die Zeitung, die am 22. August sein Schreiben mit einem Kommentar veröffentlichte6 :

,,• Aus Mainaschaff erhalten wir folgend Z u s c h r i f t : ,Geehr­ter Herr Redakteur! Die 'Aschaffenburger Zeitung'7 brachte in ihrerSamstags-Numer (18. August) eine Notiz aus Mainaschaff, worin be­hauptet wird, 'einige Mädch n und Burschen' hätten sich in einer Wirth­schaft das 'unschuldige V, rgnügen einer Tanzprobe' erlaubt, der Pfar­rer aber sei mit dem Stock in der Hand in den Saal eingedrungen und habe die Tanzenden auseinand rgejagt.8 Unter Hinweis auf das Preß­gesetz (§ 11)9 ersuche ich Sie um Aufnahme folgender Berichtigung: 1) Unwahr ist, daß sich die jungen Leute nur das 'unschuldige Vergnügen einer Tanzprobe' erlaubten; dieselben hielt n vielmehr im Tanzsaal der in meiner nächsten Nachbarschaft 10 gelegenen Wirthschaft eine gesetzlich verbotene Tanzunterhaltung mit Musikbegleitung (Winkel­tanz) ab. 2) Unwahr ist, daß ich in den Saal eindrang und die Tan­zenden auseinanderjagte. 3) Unwahr ist, daß ich einen Stock bei mir führte.

T h a t s a c h e dagegen ist, daß ich mich in Begleitung des Herrn Bürgermeisters 11 in die betreffende Wirthschaft begab und an der

<, AZ (wie Anm. 2) 1894, Nr. 224 (22. August), S. 121. 7 Zitate innerhalb des al.s „Zuschrift" in diesem Artikel zitierten Schreibens des Pfarrers sind hier mit hal­

ben englischen Anführungszeichen versehen, d. h., das eröffnende Anführungszeichen ist oben; das gilt auch für den unten nach Anm. 33 zitierten Artikel der .,Aschaffenburger Zeitung" vom 31. August 1894.

"In d -r Vorlage folgt hier ein abschließendes Anführungszeichen, zu dem ein eröffnendes Gegenstück fehlt.

9 G ·meint ist das „Gesetz über die Presse" vom 7. Mai '1874, das am 10. Mai 1874 im Reichsgesetzblatt verkündet worden war; Druck: Reichs-Ces ·tzblatt. l874. Enthält die Gesetze, Verordnungen &c. vom 7. Januar bis 27. Dezember 187 , nebst zwei Vertriigen und einer Verordnung vom Jahre 1873. (VonN" 980 bis incl. " 1033.) N" 1 bis incl. N11 32., Berlin o . .J. 11874], S. 65-72; ebd., S. 67: ,,§. 11. Der ver­:111twortliche Hedakteur einer periodischcn Druckschrift ist verpflichtet, eine 13erichtigung der in letz­t ·rer mitgetheilten Thats:ichen auf Verl:rngen einer betheiligten öffentlichen 13ehörde oder Privatper­son ohn · Einschaltungen oder Weglassung ·n aufzunehmen, sofern dic Berichtigung von dem Ein­sender unterzeichnet ist, keinen straflx1ren Inhalt hat und sich auf thatsächliche Angaben beschriinkt.Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsendung niichstfolg ·nden, für den Druck nicht bereitsabgeschlossen ·n Nummer und zwar in demselben Theile der Druckschrift und mit derselben Schrift,wi · d ·r Abdruck des zu b ·richtigenden Artikels gescheh ·n. Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweitnicht die Entgegnung den l(aum der zu berichtigenden Mittheilung überschreitet; für die üb 0r diesesMar.� hinausgchenden Zcilen sind die üblichen Einrückungsgebühren 7.u entrichten."

'" 1873 hattc dic Gcmeinde Mainasclrnf das Wohnhaus - heutiges Anwesen l lauptstr. 24 - des vormali­gcn l lofgutes erworb ·n und 187/i/75 zum Pfarr- und Schulhaus umbauen lassen; vgl. Lu/bar Scb/e/1,

Mainaschaff im 19. und 20. Jahrhund -rt, in: Wegner (wi · Anm. J), S. 117-168, dies S. 1<14 u. 149 r. 11 Bürg ·rmeistcr von Mainaschaff war dam:ds seit 1876 und bis 1899 dcr in Mainasch:1ff geborene und

vcrstorbcnc Johann Morh:1rd ( l 8J4-I9 l 5); vgl. l,ot/Jr1r Scble/1, Verfassung und Verwaltung der e­m ·indc, in: Wegner (wic Anm .. 'I), S. 171-208, dics S. 177 f. Lebensd:llcn Morhards und der in Anm. 12, 20 u. 58 genannt ·n l'cr,onen aufgrund dcr gene:dogischen Sammlung von Lothar Schielt, Mainaschaff.

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Page 50: MITTEILUNGEN - Stadt- & Stiftsarchiv...München 1997, Sp. 1285-1286. 11 Zu diesem, der vor seiner Wahl Roben von Genf hieß und ab 1379 bis zu seinem Tod als Papst in Avignon residierte,

Thür des Tanzsaales d r anwesenden Wirth in 12 erklärte, daß ich der k. Gendarmerie I3 Anz ige erstatten würde, wenn das Tanzen fortgesetzt werden sollte. Mainaschaff, 20. August 1894, Achtungsvoll K u h n , Pfarrer.'

Dies die sogenannte Berichtigung des Hrn. Pfarrers, die in Wirklich­keit n u r d a s b e s t ä t i g t, was unser Mainaschaffer µv. Korre­spondent mitgetheilt hat; ob der Hr. Pfarrer einen Stock bei sich ge­tragen oder nicht, ist schließlich gleichgiltig, unser Berichterstatter wird sich vielleicht darüber noch einmal hören lassen. Die Entschei­dung der Frage, ob erlaubte Tanzprobe oder verbotener ,Winkeltanz' gehört jedenfalls vor ein anderes Forum als das pfarramtliche. Daß die nächtlichen Streifpatrouillen des Hrn. Pfarrers zur Förderung des ge­meindlichen Friedens d r zur Erhöhung des seelsorgerlichen Anse­hens beitrügen, wird niemand b haupten wollen und das bischöfl. Ordinariat hat ja in diesem B treff, wie man hört, schon einmal Ver­anlassung gehabt sich speziell zu äußern."

Einen Tag später griff die zweite in Aschaffenburg erscheinende Tageszeitung, der im Gegensatz zur nationallib ralen „A chaffenburger Zeitung" 14 streng ,ka­tholisch ausgerichtete „Beobachter am Main" 15, in diese Debatte ein 16:

,,• Aschaffenburg, 23. August. Die ,Aschaffenb. Ztg.' mußte in ihrer gestrigen Nummer schon wieder eine Berichtigung auf Grund des§ 11 des Pr ßgesetzes aufnehmen, und zwar diesmal von dem Herrn Pfar-

12 Katharina Leitz, geb. Morhard (1869-1925) aus Frickhofen (heule: Dornburg-Fri ·khof·n) bei Lilllburg haue 1892 in Mainas ·haff den aus Kleinos1heiJ11 stamlllenden Gastwin Adalben Leitz (vgl. Anlll. 20) geheiraret.

lj Gellleint ist die Königliche Gendarmcrie-13rigade Aschaffenburg, die Stationen in l lessenlhal, Laufach, Stockstadt und Weib ·rsbrunn haue; vgl. Aschaffenburger Adress-13uch. Adress- und G ·schäfls-1 land­buch für die kgl. bayer. Stadt Aschaffenburg, Aschaffenburg 1896, Abt. 2, S. 33.

14 Zur politischen Einstellung dieser ZciJung vgl. \Verner Krämer, Zwischen zwei Revolutionen. Aschaf­fcnburger Zeitungen ·1848-19"18, in: llclmut Teufel u. Klaus Eymann (l lrsg.), Von Tag zu Tag. Zei­lllngsgeschichte und Zeitg ·schehen am bayerischen Unterlllain. Zum 50. Jahrestag der Lizenzierung des „Main-Echos" alll 24. November 1945, Aschaffenburg 1995, S. 67-102, dies S. 72 f. u. 76; 7.ur Grün­dung der „Aschaffenburger Zeitung" im Jahre 1802 vgl. lla11s-/Jer11d 5/Jies, Wochenblalt und Tageszei­tung. Aschaffenburger Pressegeschichte von d ·n Anf,ingen bis zur Mitte des 19. Jahrhund -rts, in: Teu­fel u. Eylllann, S. 8-66, dies S. 33 ff. u. 60 f.

15 Zur politischen EinsIellung dieser Z ·itung vgl. Krämer (wi • Anm. 14), S. 73 (auf d ·r dort abgebild ·­ten Titelseite volll 22. September 1875: ,,Wie bisher, so werden wir auch in Zukunft bestreb1 s ·in, ge­genüber den· Angriffen auf unsere katholische Kirch · dieselbe der Wahrheit und dem Rechte gellli:ifs lllil aller Entschiedenheit und Energi · zu vertheidigen und ohne achsicht und mit d ·m gröf.�t ·n Frei­muthe, wie es einem ka1holischen M;1nne gebührt, dies· Angriffe alnuwehr ·n such ·n."), 76 u. 83 (auf d ·r dem abgebildeIen Tit ·\seit· vom 28. Septelllber 1907: .,Unser Programm bleibt unveriind -rt das­selbe, es isl das des Centrums: mit Gott für das kathol. Volk, mit Gott für Kirche und Vater­

land!"); zu ihr ·r Gründung vgl. llt111s-/-Jer11d pies, Ein satirisches antipreuf,isch ·, Flughl:11t aus Aschaff ·nburg ( 1866) und sein Drucker, in: Mill ·ilungen aus dem Siadt- und Stiftsarchiv Aschafh:n­burg 1 ( 1983-1986), S. 65-75, dies S. 71 IT., sowie K1ii111er, S. 70 u. 97.

16 ll ·obacht ·r alll Main . J\schaffenburger J\nz ·iger miJ seinen ll ·ilagen „Erziihler am Main", .. F�1mili ·n­freund" und „GemeinnüIziger l laussch:11z" (künflig: 13:JM) 1894, Nr. 192 (25. August), S. 121.

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rer Kuhn in Mainaschaff. Es war nämlich dem Hrn. Pfarrer vorgewor­fen worden, e r sei mit einem Stock in der Hand in einen Saal ein­gedrungen und habe dort einige Mädchen und Burschen auseinander gejagt, die sich das unschuldige Vergnügen einer Tanzprobe erlaubt hatten. Obwohl nun di Berichtigung des Hrn. Pfarrers den ganzen Vorfall vollständig anders darstellt, so daß jeder Unbefangene geste­h n muß, daß der Hr. PFarrer im Recht war, begleitete die ,Asch. Ztg.' die Berichtigung dennoch mit hämischen Ausfall n. Sie kann eben nicht aus der Haut fahren. Wenn sie 17 irgend twas mit einem katholi­schen Geistlichen zu v rhandeln hat, weiß man ja, daß derselbe ver­hohneckelt werden muß. In der Tat ist die ,Asch. Ztg.' nicht einmal unter ihr n früheren protestantischen Redaktionen auf einem so tiefen Niveau gestanden als jetzt unter ihrer auch-katholischen 18

."

Am gleichen Tag meldete sich wieder jener Berichterstart r, der den ersten Ar­tikel über die unterbundene Tanzprobe geschri ben hatte, mit einem weiteren Beitrag zu Wort, der einen Tag später in der Zeitung erschien 19:

,,µv. Mainaschaff, 23. Aug. Die Mittheilung über das u n e r h ö r t e E i n s c h r e i t e n d e s H r n. P f a r r e r s K u h n gelegentlich einer Tanzprobe im Saal eines hiesigen Gasthauses hat denselben zu ein r Berichtigung veranlaßt ( r. 224 der ,Aschaffenb. Zeitung'), w !­ehe in seinem eigenen Interesse wohl besser unt rblieben wäre; denn was in dem beanstandeten Artikel gesagt wurde, b e r u h t e a u f W a h r h e i t und werden einige Wortklaubereien hieran nichts än­dern. Die ganze ,Tanzunterhaltung mit Musikbegleitung,' wie sie der Herr Pfarrer zu nennen beliebte, und von der nicht einmal die im un­tern Wirthszimmer sitzenden Gäst Kenntniß erhalten haben würd n, wenn derselbe nicht so ungestüm ing drung n wäre, bestand in der Ausführung einiger Tänze, zu denen einer der anwesenden Burschen eine Ziehharmonika spielte. Wenn der Herr Pfarrer des Weiter n b hauptet, er habe keinen Stock bei sich geführt, so darf man sich doch wohl die Frage erlauben, wo dieser verbliel en ist, nachdem der Herr Pfarrer doch in s ·iner Erregtheit m i t d e m t o c k am F nster des unteren Wirthszimmers geklopft hatte, um den daselbst anw s n­dcn 1-1 �1Tn Bürgermeister aufzufordern, mit ihm nach dem Tanzsaal zu gehen. Aber nicht der rtsvorstand, der ebenso wenig in di ser Tanz­probe etwas Unerlaubtes erblickte, wie die ganze Gemeindeverwal­tung, verbot dieselbe, sondern der Herr PFarr r mit dem Hinweis, daß er im Weigerungsfall der Gendarmerie Anzeige erstatten würde. Was

17 Vorlctge: Sie. '" l)i · Hedctktcure bcider Zeitungcn wiihrcnd d ·r Jahrc um 1894 aufgcführt b ·i Krä111er (wic Anm. 14),

S. 79. ''1 A'/. (wie Anm. 2) 1894, Nr. 226 (24. Augu�t), S. 121.

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der Herr Pfarrer dabei aber verschweigt, ist die ausgestoßene Dro­hung gegen den Wirth20, der im rsten Augenblick des Einschreitens des Ersteren nicht zugegen war, mit den Worten: ,Ich werde Sie wie­der einmal anzapfen21 !' Daß der Hr. Pfarrer mit seinem Eingreifen in ortspolizeiliche Angelegenheiten, wie schon öfter, zu weit gegangen ist, wird wohl Niemand bestreiten. (Diese abweisende Kritik seiner ,Berichtigung', die sich der Hr. Pfarrer von Mainas ·haff gefallen lassen muß, ist die beste Antwort auf die läppische Wiederkäuerei, die der ,Beobachter' gestern wieder vollführt, und auf die näher einzugehen wir weder Lust noch Muße haben. R d.22)"

Damit war die Ang I genh it aber noch längst nicht erledigt, denn gleich am Erscheinungstag dieses Artikels schrieb PFarr r Kuhn erneut an die „Aschaffen­burger Zeitung", die seine Ausführungen am übernächsten Tag auf der Titel­seite in folgender Weise brachte23 :

,,• Aus Mainaschaff erhalten wir folgende Zuschrift24:

Die ,Aschaffenb. Ztg.' brachte in ihrer Freitags-Numer (24. Aug.) trotz ein r ihr vor einig n Tagen zugestellten Berichtigung abermals einen Artikel aus Mainaschaff, worin die mir im ersten Artikel (Nr. 220) ge­machten Vorwürfe aufr ehr erhalten werden. Unt r Hinweis auf das Preßgesetz (§ 11) forciere ich Sie auf, folgende Erklärung aufzuneh­men: 1) Es handelte sich im vorliegenden Fall nicht blos um ,einige Tänze'; es wurde vielmehr die Tanzunterhaltung bereits gegen 1/2 4 Uhr begonnen und bis in die Nacht hinein fortgesetzt. Au ·h am vorherge­henden Sonntag25, sowie am Fest der Himmelfahrt Mariä26 fanden inderselben Wirthschaft solche Tanzunterhaltungen statt. 2) Auch cl r mich begleitende Herr Bürgermeister erblickte in dieser sogenannten ,Tanzprobe' etwas Unerlaubtes; denn er forcierte die anwesende Wirthin zur Einstellung des Tanzens auf. 3) W o h I h a t t e i c h e i n e n S t o c k in Händen, als ich von meinem Garten aus an das Fenster der Wirthschaft klopfte, da ich wegen der dort befindlichen Wein­stöcke das Fenster mit cJ r Hand nicht erreichen konnte; in di � Wirth­schaft j doch nahm ich keinen Stock mit. 4) Den Ausdruck: ,lch

20 l)er aus Kleinostheim stammende Aclalbert L ·itz ( 1867-1926) halle 1892 das ,asthaus zum l lirschen g ·kauft, 1926 beging er Freitod zwischen Mainaschaff und Aschaffenburg; vgl. \\

1

/eR11er, Gasth[iuser (wie Anm. 4), S. 324.

21 l lier entweder in der Bedeutung ,um Geld biuen' oder ,;1m.üglich ausfrag •n'; vgl. llei11z Kiipper, Illu­striertes Lexikon der deutschen Umgangssprache, 13d. 1, Stuttgart 1982, S. 158, sowie /,11/z l<öbricb, Das grof�e L ·xikon der sprichwörtlichen Redensarten, lld. 1, Freiburg / !las ·1 / Wien 1991, S. 91 f., lies S.91

a In der Vorlage di ·ser Satz nicht in rund ·n, sond ·rn in eckigen Klammern. 21 AZ (wie Anm. 2) 1894, Nr. 228 (26. Augu�t), S. 111. '' In der Vorlage steht der folgende Ahsat1., also das Sehreihen Kulms, ohne Anführungszeichen. "5. August 189/i. '6 Mittwoch, 15. August 189/i.

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werde Sie wieder einmal anzapfen!' habe ich weder der Wirthin noch

dem Wirth g genüber gebraucht. Letzterer hat sich überhaupt vor mir

gar nicht sehen lassen. Mainaschaff, 24. Aug. 1894. K u h n , Pfarrer.

,Als Augen- und Ohrenzeuge des in Frage stehenden Vorfalles kann

ich die volle Wahrheit der unter Punkt 2, 3 und 4 abgegebenen Er­

klärung bestätigen. Mainaschaff, 24. Aug. 1894. Johann Morhard, Bür­

germeister.' (Der letzte Zusatz ist ebenfalls von der Hand des Hrn.

Pfarrers geschrieben und von Hrn. Bürgermeister unterzeichnet.

Red.)"

Gleich anderentags äußerte sich wieder der „Beobachter am Main", allerdings

nur mit einem kurzen, aber recht polemischen Artikel27:

,,* - Schon wieder muß die ,Aschaffenburger Zeitung' in ihrer Sams­

tagsnummer28 eine Berichtigung des hochw. Herrn Ffarrer Kuhn in

Mainaschaff auf Grund des Preßgesetzes aufn hmen. Es ist wirklich

widerlich, was dieses Blatt in neuerer Zeit in der Verdächtigung ka­

tholischer G istlicher leistet und jede noch so kleinliche Mittheilung

irgend eines Buben mit Behagen aufnimmt. Nächst dem ,Würzburger

Journal'29 gibt es kein zweites so schofles Blatt in Bayern, als dieser

Guteclei 10 vom Badberg5I ."

n BaM (wie: Anm. 16) 1894, Nr. 195 (27. Augusl), S. 121. '" Dc:r 26. Augusl 1894, an d ·111 die erwiihntc: ,,Berichtigung" erschienen war, war kein Sonnabend, son­

dern c:in Sonntag. Möglichc:rweise halle der Pfarrer dc:n „ßeobachter" informiert, und beide waren da­von ausgc:gangen, daß die: am 24. August gc:schriebenc: ,,Berichtigung" bereits am 25. August ver­öffentlich! werden würde:.

''1 Das „Würzburg ·r.Journal", 1914 umbenannt in „Würzburger Tagblatt". erschien von 1855 bis ·1915; vgl. Gerd lloge/11,eide, Deutsche: Zeit.ungsbest:inde in 13iblioth ·ken und Archiven (Bibliographien zur Ge­schichte: d ·s Parlainc:ntarismus und dc:r politischen Parteien, l left 6), Düsseldorf 1974, S. 302; diese Zc:ilung nicht erw/ihnt bei /1/ois S1adl111iil/er, Die Gc:schichIe der Würzburger Presse: bis zum Jahre 1900 (Zeilung und Lc:bc:n, lld. 81 ), Würzburg-Aumühle 1940.

"' l)c:r Gutc:del ist eine: seil 1607 in Franken nachweisbare: Hebsorte, die nun typisch für das badische \X/c:inlx1ugc:biet ist; vgl. Friedrich ßassem1a1111:fordw1, Geschichte dc:s Weinbaus unter besonderer lkrücksichtigung der Bayerischen Hhc:in1 falz, 13d. 1, Frankfurt am Main 1907, S. 290 f

f., sowie Herber/

de /Jwy, Eigc:nartc:n dc:r ·urop:iischen Weine, Mainz/ Trautheim über Darmstadt/ Frankrurt am Main 1956, S. 7j

11 Von lföl bis 1899 bei'and sich die: Druckc:rei der „Aschaffenburger Zeitung" in der S1iftsgasse 7: vgl. Klaus /;)111r11111, Die: Druckh:iuser i\sch;iffenburger Zeitungen. Vom Wohnhaus im Löhergraben zum Groffü ·1rieh an der Asch:ilT, in: Teuld u. Eymann (wie Anm. 14), S. 219-253, dies S. 224 f. Allerdings gc:hürt das Anwes ·n S1if1sg:1ssc: 7 nicht zum B:idberg, dem westlichen Tc:il des Altst:idthügc:ls, sondern zum S1if1sherg; vgl. 11/ois (,'ri111111, Asch:1ffonburger II:iusc:rbuch III. Dalbergstraße - Stiftsgasse - Fi­scherviertel (Vc:röffenilichungen des Gc:schichls- und l<unsIverc:ins Aschaffenburg, Bd. 27), Aschaffen­burg 1985, S. 510.

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Derjenige, der mit seiner ersten Meldung diese Pressedebatte ausgelöst hatte, schrieb am gleichen Tag eine Entgegnung auf di neuerlich n Äußerungen Kuhns, die am 29. August veröff ntlicht wurdeR

,,µv. Mainaschaff, 27. Aug. Wenn ich heute nochmals auf die b -kannte leidige Angelegenheit zurü kkomme, so geschieht es wahrlich nicht in der Absicht, neuen Staub aufzuwirbeln, sondern es soll nur konstatirt werden, daß das in meinen beiden Artikeln Gesagte auch jetzt noch von mir aufrecht rhalten wird. Es kommt mir in dieser Be­ziehung zu statten, daß sich der Hr. Pfarrer in seinen beiden Berichti­gungen selbst in Wider prüchen rg ht. So be tritt derselbe in der er­sten Berichtigung, einen Stock bei sich geführt zu haben, was in d r zweiten Berichtigung, wenn auch nur hall wegs, zugestanden wird. Mich will es bedünken, daß der Hr. Pfarrer in seiner ersten Erregtheit diesen Umstand gänzlich übersehen hatte. Ferner sagte der Hr. PFarr r in seiner ersten B richtigung, daß e r der Wirthin erklärte, er müsse d r Gendarmerie Anzeige erstatten, wenn der Tanz nicht sofort einge­stellt werde. In der zw iten Berichtigung wird nun mitg theilt, daß der Hr. Bürgermeister das Verbot und die gleichzeitige Androhung ausge­sprochen habe. Wie aber der Hr. Bürgermeister dazu gekommen jst, dies nachträglich durch Namensunterschrift zu bekräftigen, nachdem mir von glaubhaften Personen das egentheil versichert worden war, das begreife, wer will."

Daß Kuhn diesen Artikel mit Schweigen übergehen würde, war nicht zu erwar­ten. In der Tat griff er anderentags zur Feder, und wieder einen Tag später er­schien als Fortsetzung in diesem Streit folgendes in der „Aschaffenburger Zei­tung"33:

,,* Aus Mainaschaff erhalten wir folgende Zuschrift: ,In der Mittwochs­Nummer (29. August) legt mir die 'Aschaffenb. Ztg.'34 in einem Artikel aus Mainaschaff Widersprüche zu Last, die in meinen 2 Berichtigun­gen vorkommen ollen. Auf Grund dieser angeblichen 'Widersprüche' werden die mir in verschiedenen Artikeln gemachten unwahren Vor­würfe aufrecht erhalten. Unter Hinweis auf das Preßgesctz fordere ich (sic!)35 Sie zur Aufnahm, folgender Erklärung au!': '1)36 Den Stock, mit dem i h von meinem Garten aus an das l�enstcr klopfte, konnte ich in die Wirthschaft überhaupt gar nicht mitnehmen; denn es war kein Spazierstock, sondern die Hälfte einer zerbrochenen Bohnnstange.

ll AZ (wi · Anm. 2) 1894, Nr. 2:31 (29. i\ugusl), S. 131. B Elxl., Nr. 23:3 (31. i\ugusl), S. 121. 11 Wie Anm. 7. ·" In d ·r Vorlage eckige Klammern. 11• Obwohl so b ·gonnen, gib! es kein „2)" in dieser Erklcirung Kuhns.

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Daß ich bei meinem Gang in das Gasthaus zum Hirschen37 keinen Stock in Händen hatte, bestätigen die Unterzeichneten als Aug nzeu­gen. Mainaschaff, 30. August 1894, Kuhn, Pfarrer. Die Wahrheit vor­stehender Erklärung bezeugen: Morhard, Bürgermeister; Emge, Beige­ordneter; Seb. Engler, Thomas Wienand, Landwirth38. - Die beiden Unt rzeichneten gab n der Wirthin gegenüber eine Erklärung ab, die dem Wortlaut nach verschieden war, dem Sinn nach jedoch dasselbe enthielt, nämlich eine Aufforderung zur Einstellung des Tanzens. In der zweiten Berichtigung wird nicht gesagt, daß gleichzeitig auch der Bürgermeister mit Anzeige gedroht habe, wie im letzten Artikel Ihres Blattes fälschlich behauptet wird. Die Erklärungen der Unterzeichne­ten enthalten keinen Widerspruch, sondern ergänzen sich vielmehr gegenseitig. Mainaschaff, 30. August 1894. Kuhn, Pfarrer, Morhard, Bürgermeister.' (Man merkt, es liegt System in den ,Berichtigungen' des Hrn. Pfarrers. Aber das Ein - die Geschichte mit dem Stock ist schließlich ganz gleichgiltig - hat der Hr. Pfarrer noch nicht wegzube­richtigen vermocht und wird es nicl1t können, auch wenn er uns noch hundert Zuschriften schickt: das nämlich, daß er sich, wie allerdings schon öfter, an jenem Kirchw ihvorabend39 eine Funktion wollen wir sagen, angemaßt, die sonst nur O r g a n e n d r P o l i z e i z u­k o m m t und zu der andere seiner Herren Berufsgeno sen schon im lnter sse der W a h r u n g d e s s e e I s o r g e r I i c h e n A n­s e h e n s , sich gewiß nicht herabgelassen hätten. Das bischöfliche Ordinariat dürfte hierin kaum anderer Ansicht sein. Red.40)"

Beendet wurde diese Auseinandersetzung in der Aschaffenburger Presse durch den Schreiber der ersten Meldung über die unt rbunden Tanzprobe mit nach­stehendem am 2. September erschienenen Artikel41:

,,µv. Mainaschaff, 1. Sept. Wie es scheint, gefällt sich Hr. P f a r r e rK u h n darin, die Redaktion der ,Aschaffenb. Zeitung' mit sog. ,Be­richtigungen' zu überhäufen. Ob die Redaktion v rpflichtet ist, den­selben immer wieder eine Aufnahme zu gewähren, wage ich als Laie nicht zu entscheiden. Welcher Art die Berichtigungen übrigens waren, mögen die nachstehenden Zitate aus denselben klar legen. fn der er­sten Berichtigung sagt der Hr. Pfarrer: ,U n w a h r ist, daß ich ein n Stock bei mir führte.' [n der z w e i t e n Berichtigung wird gesagt:

17 In der Vorlag·: ,,zum l lirschcn".1" llci den Aug ·nzcugcn handclLc es sich ncbcn 13ürgcrmeister Morhard (vgl. Anm. 1 J) um die jeweils in

Main:,schaff gcborcncn und verstorbenen Manin l:mge ( 1839-1915), Sebastian Engler(l) ( 1850-19'15) und Thomas \Xiicn:1nd ( 1859-190:$).

l'I „Kirchwcihvor:ibcnd" w:ir in Mainaschaff 1894 der 18. August - Versehen der Zeilungsredaklion, denn der ursprünglich · lkrichl erschi ·n :111 jenem Tag, bezog sich aber auf den 12. August, also auf d 'n d ·111 Kirchw..:ihsonnt:1g vorausgehend..:n Sonmag.

111 In d..:r Vorl:1g..: dies..:r Abschniu nicl11 in rundcn, sondern in cckigen Klammern.11 A"/. (wic Anm. 2) 1894, Nr. 2:$5 (2. Scptcmber), S. 121.

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,W o h I h a t t e i c h e i n e n S t o c k i n H ä n cl e n , als ich von meinem Garten aus an das Fenster der Wirthschaft klopfte ... ' Dritte Berichtigung42 : ,Der Stock, den ich von meinem Garten aus mit­nahm, war kein Spazierstock, sondern die H�ilfte einer zerbrochenen Bohnenstange' (immer schöner). Erste Berichtigung: ,Thatsache ist, daß i c h43 der anwesenden Wirthin erklärte, daß i c h der k. Gen­darmerie Anzeige erstatten würde, wenn das Tanzen fortgesetzt wer­den sollte.' Z w e i t e B e r i c h t i g u n g : ,Der B ü r g e r m e i -s t e r forcierte die anwesende Wirthin zur Einstellung des Tanzens auf.' Dritte Berichtigung: ,Die b iclen Unterzeichn ten (Hr. Pfarrer Kuhn und } -Ir. Bürgermeister Morharcl) gaben gegenüber der Wirthin eine Erklärung ab, die dem W o r t I a u t nach v e r s c h i e cl n war, dem S i n n nach jedoch cl a s s e I b e enthielt, nämlich eine Aufforderung zur Einst llung des Tanzens.' Wenn die Erklärung nach dem Zug ständniß des Hrn. Pfarrers dem Sinn nach dasselbe enthielt, so konnte gewiß aber auch die gemeinsame Androhung mit: der Gen­darmerie nicht ausgeschlossen sein. Kurzum, die drei Berichtigungen enthalten bei einer Vergleichung mit einander der W i cl e r -s p r ü c h e genug, so daß es nicht möglich erscheint, die sog. ,Be­richtigungen' als wahrheitsgetr u aufzufassen."

Bemerkenswert ist, daß der „Beobachter am Main", der noch die ersten beiden „Berichtigungen" Kuhns, die die „Aschaffenburger Zeitung" hatle abdrucken müss n, zu boshaften Kommentaren gegenüber diesem Blatt genutzt hatte, die dritte Gegendarstellung Kuhns und überhaupt den ganzen Sachverhalt ni ·ht mehr erwähnte. L cliglich in ihrem am 3. September abgedruckten Bericht über den Zustand der katholischen Kirch in Mainaschaff nach Abschlufs der He­

staurierungsarbeiten ging die Zeitung indirekt noch einmal darauf ein44:

,,= Mainaschaff, 2. Sept. Unsere emeinde besitzt nunmehr ein GotLes­haus, wie wenig andere im Umkreis [. . .]. [.. J Alles dies haben wir un­serm hochwürdigen H rrn Pfarrer Kuhn zu verdanken, welcher die Anleitung dazu g g ben hat. I. .. ] Möge unser Herr Pfarrer noch langeSeelenhirte uns rer Gemeinde sein, wenn ihm auch man ·he Unan­nehmlichk 'iten bereitet worden, sein Verdienst wird ihm von uns,_ rem lieben Gott gegeben werden."

Zu der geschilderten Auseinandersetzung gibt es außer cl �n ang �führten Zei­

tungsberichten keine weiteren Quellen, und zwar weder im Katholischen pfarr-

'Wiihrend die vorhergehend ·n Zitate genau den jew ·iligen Vorlagen entsprechen, weichen die dr ·i fol­genden aufgrund von l<ürzungcn und d:1s letzte aufgrund einer Um,1 ·llung, ohnc d:iR dcr Sinn vcr­iindcn wiire, von d ·n Vorlagen ab.

4.1 Vorlage: i c h; so ,1Uch b ·i der Wiederholung dieses Personalpronomcns.

41 13aM (wi · i\nm. 16) 1894, Nr. 201 (:3. Sept ·mber), S. 121.

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amt Mainaschaff45 noch im Archiv der Gemeinde Mainaschaff, und eventuell in Frage kommende Unterlagen des Diözesan-Archivs Würzburg sind während des Krieges verbrannt46.

Unbestritten bei dieser in der Presse ausgetragenen Fehde war, daß Pfarrer Kuhn am 12. August, einem Sonntag, gegen die Tanzprobe im Gasthaus zum Hirschen vorgegangen und sie durch sein Einschreiten - ob nun gemeinsam mit dem Bürgermeister oder nicht, das ist im folgenden Zusammenhang unerheb­lich - beendet hatte. Aus der am 26. August erschienenen dritten Berichtigung Kuhns, die er am 24. August, einem Freitag, geschrieben hatte, läßt sich ent­nehmen, daß auch „am vorhergehenden Sonntag, sowie am Fest der Himmel­fahrt Mariä [ ... ] in derselben Wirthschaft solche Tanzunterhaltungen" stattfanden. Kuhn meinte mit d m „vorhergehenden Sonntag" den vor seinem in der Zeitung beschriebenen Auftritt, also den 5. August. So könnte man annehmen, daß er aus falsch verstandenem seelsorgerisch n Eifer und vermutlich auch aufgrund einer beträchtlichen Übersch�itzung seines Aufgabenbereiches der Ansicht war, gegen die wiederholten Tanzprobe oder - wie er in seiner ersten Berichtigung schrieb - ,,gesetzlich verbotene Tanzunterhaltung" vorgehen zu müssen.

Kuhn erwähnte allerdings nicht nur die beiden sonntäglichen Veranstaltun­gen, sondern noch eine weitere, die „am Fest der Himmelfahrt Mariä", also am 15. August, stattgefund n hatte. Dieser Tag liegt nun aber nach dem Sonntag,an dem Kuhn im Gasthaus zum Hirschen eingegriffen hatte. Daraus läßt sichwied rum schließen, daß die Tanzprobe seitens der Gemeinde anders bewertetword n war als vom Pfarrer, denn ansonsten hätte es nach dem 12. Augustkeine weitere am 15. geben dürfen. Ganz offensichtlich hatte Kuhn also seineBefugnisse am 12. August weit überschritten, und seine zweite und dritte Be­richtigung, die von ihm formulierte Erklärungen enthielten, waren von Bürger­meister Morhard vermutlich nicht aus freien Stücken, sondern eher unter - sei­tens des Pfarrers ausgeübtem - Druck unterschrieben worden. Dem Schluß derKommentierung der „Aschaffenburger Zeitung" vom 22. August zur ersten Be­richtigung Kuhns läßt sich entnehmen, daß er wegen ähnlicher Anmaßungenwie in diesem Fall schon einmal seitens des bischöflichen Ordinariats in Würz­burg gerügt worden war.

Ob die im „Beobachter am Main" am 3. September gedruckte Meldung vom Vortag, in der der Wunsch geäußert wurde, Kuhn möge „noch lange Seelenhirte unserer Gemeinde sein", auf kircheninterne Informationen über einen bevor­stehenden Pfarrerwechsel zurückzuführen ist, läßt sich nicht mehr ermitteln. Je­denfalls steht fest, daß Kuhn wenige Wochen später, nämlich am 24. Oktober 1894, für knapp drei Jahre Pfarrer in Stockstadt wurde, so daß davon ausge-

is Mündlich<.; Aussag<.; von Pf'arr<.;r Josd· Üll<.;r g<.;genübcr VI'. auf Schreiben des Stadt- und Stiftsarchivs Aschal'fcnhurg vom 23. Oktober 1997.

I(, Wi<.; Anm. 5.

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gangen werden kann, daß er aufgrund seines Verhaltens in Mainaschaff auf die gegenüberliegende Mainseite strafversetzt wurde47.

Diese Annahme wird noch gestützt durch die Tatsache, daß Kuhn am 19. Januar 1895 von der Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg wegen versuchter Erpressung zu acht Tagen Gefängnis verurteilt wurde48 : Er hatte während seiner Zeit in Mainaschaff einen noch nicht schulpflichtigen Jungen - wegen ungezo­genen Verhaltens in d r Kirche - derart geschlag n, daß dieser „blutunterlau­fene Striemen von den vier Rohrstreichen am Gesäß und den Oberschenkeln" bekam. Daraufhin ging der Vater des Jungen, ein Fabrikarbeiter, vor Gericht; zunächst wurde Kuhn vorn Schöffengericht Aschaffenburg freigesprochen, doch die dortige Strafkammer hob das Urteil auf und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Der Pfarrer verlangte daraufhin in einem Brief an den Fabrikarbei­ter, dieser solle die Kosten seines Anwaltes übernehmen, ansonsten würde er dafür sorgen, daß r seinen Arbeitsplatz verliere; Kuhn wollte den Vater des Jungen „auch der Staatsanwaltschaft anzeigen, und da werde er schon erwir­ken, daß Haftbefehl gegen ihn erlassen werde, auch beschuldigte er den Mann sozialistischer Umtriebe und kündigt ihm an, daß er ihm in der Schöffensit­zung schon seine Sünden vorhalten lassen w rde, was Pfarrer Kuhn bei seiner heutigen Vertheidigung in gravirender Weise wied rholte. In seiner in breitester Weise gegebenen Vertheidigung betont der Hr. Pfarrer, wie er nur seine Auto­rität, seine W ürde und seinen guten Namen habe wahren wollen, und daß er den moralischen Sieg nicht auf Seiten des Fabrikarbeiters erblicke. Er habe die Absicht nicht gehabt, sich durch das Schreiben des Briefes einen materiellen Vortheil zu verschaffen." Das Gericht wertete das Verhalten Kuhns jedoch an­ders und verurteilte ihn zu der rwähnten Gefängnisstrafe.

Wenn man das Verhalten Pfarrer Kuhns in diesem Fall sowie bei der unterbun-denen Tanzprobe und in der sich daran anschließenden Auseinandersetzung betrachtet, muß man zu dem Ergebnis kommen, daß er nicht gerade ein Vorbild und seine Versetzung nach Stockstadt für Mainaschaff eher ein Vorteil als ein Nachteil war.

•17 Angesichts dieser g 'Wiß in Maimschaff nicht g ·ringes Aufsehen erregenden Angelegen heil l:if,t sich folgendem zusammenfassenden S,1tz Ciber die Geschichte der Kirch ·ngem ·inde Mainaschaff wlihrendder Zeil von der Erhebung zur Pfarrei bis 1920 - K11k/a (wie Anm. j), S. 245 - nicht zustimmen: ,,l)ie Amtszeiten der genannten geistlichen l lerren lvon Johann Kuhn bis 1920I verlicl"en - sieht man von den Auswirkungen des Ersten Wellkrieges einmal ab - in ruhiger Kon1inuitlil ohne besondere l lühe­punkle."

'1" Vgl. M ·ldung uni ·r „Aus Stadt, Kreis und Umg ·gend.", in: A'/.. (wie An111. 2), 1985, Nr. 20 (20. Janu,1r), S. 11-2I, wonius auch die folg ·nden i'.ilate.

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