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P.b.b. Erscheinungsort Wels, Verlagspostamt 4600 Wels Zulassungsnummer GZ 03Z034889 M Mitteilungen der Landsmannschaft der Donauschwaben in Oberösterreich JAHRGANG 43 MAI,JUNI,JULI,AUGUST 2010 NR.2 Mitglieder der Landsmannschaft erhalten die Mitteilungen kostenlos Fortsetzung Seite 7 Die Donauschwaben in Oberösterreich im WWW ! Nach einer langen, intensiven Vorbereitungsphase, freut es uns sehr, Ihnen mit Stolz verkünden zu können: „Wir gehen online!“ Drei kurze Worte, die jedoch substantiell in ihrer Grundbedeutung ein brandneues Kapitel, einen weiteren modernen und zeitadäquaten Zugang zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Donauschwaben einläuten. Ab 1. Oktober 2010 finden Sie unter der Internet-Adresse: www.donauschwaben-ooe.at unsere erste offizielle Homepage, die im ansprechenden, stilvollen, aber funktionell gehaltenen Layout interessierten Personen aller Altersklassen tiefe Ein- und auch weitreichende Ausblicke in die Zeitgeschichte unserer Vorfahren und Landsleute gewährt. w ww.d o n a usch w a b en-oo e . a t Ein T eil d er jungen, ambitionier ten h o mepage-MannschaftW ir g e h en o n l i n e von Bernhard Stegh

Mitteilungsblatt Nr. 2/2010

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Mitteilungsblatt der Donauschwaben in Oberösterreich

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Page 1: Mitteilungsblatt Nr. 2/2010

P.b.b. Erscheinungsort Wels, Verlagspostamt 4600 Wels Zulassungsnummer GZ 03Z034889 M

Mitteilungen der Landsmannschaftder Donauschwaben in Oberösterreich

JAHRGANG 43 MAI, JUNI, JULI, AUGUST 2010 NR. 2

Mitglieder der Landsmannschaft erhalten die Mitteilungen kostenlos

Fortsetzung Seite 7

Die Donauschwaben inOberösterreich im WWW!

Nach einer langen, intensiven Vorbereitungsphase, freut es uns sehr, Ihnen mitStolz verkünden zu können: „Wir gehen online!“ Drei kurze Worte, die jedochsubstantiell in ihrer Grundbedeutung ein brandneues Kapitel, einen weiterenmodernen und zeitadäquaten Zugang zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft der

Donauschwaben einläuten.

Ab 1. Oktober 2010 finden Sie unter der Internet-Adresse:www.donauschwaben-ooe.at

unsere erste offizielle Homepage, die im ansprechenden, stilvollen, aberfunktionell gehaltenen Layout interessierten Personen aller Altersklassentiefe Ein- und auch weitreichende Ausblicke in die Zeitgeschichte unserer

Vorfahren und Landsleute gewährt.

www.donauschwaben-ooe.at

Ein Teil der jungen, ambitionierten „homepage-Mannschaft“

Wir gehen online –von Bernhard Stegh

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„Hätten sich die Millionen Vertriebenennach 1945 ähnlich wie die Palästinenser ver-halten, hätten wir heute keinen Frieden inEuropa“. Mit dieser in Fachkreisen getätig-ten Feststellung wurde eine Tatsache ausge-sprochen, die bisher in der Weltöffentlich-keit so nicht wahrgenommen wurde, aberdurch die Verleihung des Friedensnobel-preises ihre hoch verdiente Anerkennungfinden würde.Dieses noble Thema haben wir bereits inunserem Mitteilungsblatt Nr. 1/2009 auf-gegriffen. Wir finden, dass die Zeit dafür

längst reif ist und wirwerden daher diesesehrenwerte Vorhabengemeinsam mit unsgut gesinnten EU-Abgeordneten gezieltweiterverfolgen. Da-bei hoffen wir sehr,dass vielleicht dochauch das eine oderandere Mitglied derösterreichischen Bun-desregierung zu die-ser Einsicht kommtund auch den Mutdazu findet, diesesVorhaben öffentlich –sprich: weltweit – zuunterstützen.

Fortsetzung Seite 6

Klare Worte von Landeshauptmann Dr. Pühringer an die

VERANTWORTLICHEN unserer VERTREIBERSTAATEN und zu60 JAHRE CHARTA der deutschen Heimatvertriebenen

von Anton Ellmer

Foto oben: Eine Tänzerin der rumänischen Tanzgruppe übergibt LH Dr. Pühringer einGastgeschenk; unten: Prof. Dr. Porr, Hermannstadt, H. Waretzi (Sieben Bürger),LH Dr. Pühringer, A. Ellmer (Donauschwaben), P. Ludwig (Sudetendeutsche)und Dr. Frank (Ehrenobmann Sieben Bürger)

In seiner Festansprache beim 3. offiziellen Erinnerungstag des Landes OÖ am 12. Juni 2010 inMarchtrenk richtete Landeshauptman Dr. Josef Pühringer klare und unmissverständliche Worte andie verantwortlichen Politiker in unseren Vertreiberstaaten, welche hoffentlich auch bei uns inÖsterreich zum Nachdenken anregen.Auch die Bedeutung der am 5. August 1950 vor aller Welt feierlich verkündeten Charta der Heimat-vertriebenen würdigte er in gebührender Weise.Wenn man heute überlegt, dass die deutschen Heimatvertriebenen in einer Zeit, wo die tiefenWunden ob dem zugefügten Leid noch lange nicht verheilt waren, der Weltöffentlichkeit gegenübereine feierliche Erklärung abgaben, in der sie u.a. ausdrücklich auf Rache und Vergeltung verzichtenund dass sie mit ihrem vorbildlichen Verhalten die von Stalin geplante kommunistische Welt-revolution mitverhindert und damit den Frieden in Europa gesichert haben, dann wären sie wohl fürden Friedensnobelpreis prädestiniert wie kaum eineandere Institution.

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Die volksdeutschen Heimatvertriebenen proklamierten am 6. August 1950 vor 150.000 Menschenin einer Feierstunde der Weltöffentlichkeit gegenüber ihre Bereitschaft, auf Rache und Vergeltung zuverzichten, beim wirtschaftlichen Wiederaufbau durch harte, unermüdliche Arbeit zu helfen und

„jedes Beginnen mit allen Kräften zu unterstützen, das auf die Schaffung eines geeintenEuropa gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“,

Damit ging Hand in Hand eine Integrationsleistung vor sich, welche inzwischen von der ganzen Weltbewundert wird. Dazu kommt, dass sie damit auch die von Stalin geplante kommunistischeWeltrevolution mitverhindert und damit den Frieden in Europa gesichert haben.

Damit hätten sich die Heimatvertriebenen eine Auszeichnung mit dem Friedensnobel-preis sehr wohl verdient, denn wo und von wem wurde jemals eine derartige friedens-stiftende Leistung erbracht?

Die in der öffentlichen Diskussion der letzten Zeit aufgebrachte Idee, den „(deutschen) Heimat-vertriebenen“ den Friedensnobelpreis zu verleihen, findet Unterstützung durch den oberöster-reichischen EU-Abgeordneten Dr. PaulRübig.

Paul Rübig hat schon 2009 versichert,dass das Europäische Parlament in dieserAngelegenheit aktiv werden wird.

Auch dieses Jahr bekräftigt er seineUnterstützung für dieses Anliegen:„Ich halte diesen Vorschlag für sinnvoll,da es wichtig ist, dass die geschichtlicheWahrheit in der Bevölkerung stark ver-ankert wird!“

Die Heimatvertriebenen haben positivam Aufbau eines europäischen Verständ-nisses mitgewirkt. Sie sollen Beispiel sein,wie durch harte Arbeit Europa wieder-aufgebaut wurde und nun in Freiheitgeeint ist.

60 Jahre Charta der Heimatvertriebenen

Das Dokument, welches den Weg zurSchaffung eines geeinten Europa wies

Friedensnobelpreis für die Heimatvertriebenen

Dr. Paul Rübig, Mitglied desEuropäischen Parlaments, ist dafür!

von Anton Ellmer

LO Ellmer mit EU-Abgeordneten Dr. Paul Rübig

Anlässlich des Jahrestages der Unterzeichnung der Charta fand am 5. August 2010 inihrem Geburtsort Stuttgart eine überwältigende und würdige Veranstaltung statt.Der Bundesobmann der Donauschwaben in Deutschland, Hans Supritz, hat stellver-tretend für die weltweite donauschwäbische Gemeinschaft an der Gedenkfeier beimVertriebenendenkmal im Schlosspark in Bad Cannstatt teilgenommen und mit einemBlumengruß der Toten gedacht.

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bogen. Heute könnte dies als Hinweis aufdie für die Zukunft Europas erforderlichenationale Toleranz gedeutet werden.Die Veranstaltung begann mit einem ökume-nischen Gottesdienst vor dem „Denkmal derVertreibung“ in Marchtrenk, gestaltet von denev. Pfarrern Gerhard Grager und GeorgZimmerman mit dem kath. Kaplan von Traunund der Siebenbürgischen Blasmusik diesesOrtes. Jedem Teilnehmer wurde die gedank-liche Tiefe des Leitgedankens und auch dessenAktualität bewusst.

Die eigentliche Festveranstaltung fand nacheinem wohlorganisierten Bus-Transfer derTeilnehmer im Volkshaus Marchtrenk stattund erfasste bei geschmackvoll dekoriertenTischen über 400 Teilnehmer. EhrenobmannKonsulent Hans Waretzi eröffnete das Pro-gramm mit einer kurzen Ansprache zugrundsätzlichen Fragen des Erinnerungstagesund des Leitgedankens und konnte an-schließend viele Ehrengäste begrüßen, vorallem den Landeshauptmann von Oberöster-reich, Dr. Josef Pühringer, die Botschafterinvon Rumänien in Wien, Exz. Silvia Davidoiu,den Honorarkonsul von Rumänien in Linz,Dir. Dr. Wolfgang Bergen-Vogel und den Vor-sitzenden des Demokratischen Forums derDeutschen in Siebenbürgen, Univ.-Prof. Dr.Paul-Jürgen Porr sowie die Vertreter der mit-feiernden Landsmannschaften, die anschlie-ßend in Grußadressen zu Wort kamen. Vorhergab es noch eine kurze DVD-Projektion, dieden Zusehern die Schönheit und den kulturel-len Reichtum Siebenbürgens in Erinnerungrief und auch Bilder von der Flucht und vomAufbau der neuen Heimat zeigte.

Landeshauptmann Dr. Pühringer dankte inseiner Festansprache dem Personenkreis allerHeimatvertriebenen für die Mitwirkung amAufbau des Landes nach 1945, der dasBundesland heute in die Reihe der höchstent-wickelten Regionen Europas gehoben hat. Erzitierte als Beispiel hierfür auch die Lebens-leistung des im Saal anwesenden Siebenbür-gers Günther Fronius und die Erfindungenseines Unternehmens auf dem Gebiet derElektrotechnik und Photovoltaik.

Unter dem anspruchsvollen Leitgedanken„Im Rückblick dankbar“ haben die Sieben-bürger Sachsen am 12. Juni in Marchtrenkden „Erinnerungstag der Heimatvertriebe-nen“ abgehalten und ein eindrucksvollesBekenntnis aller Landsmannschaften zurÜberwindung der Kriegs-, Flucht- und Not-zeiten durch die Brauchtumstreue und denGemeinschaftssinn der volksdeutschen Hei-matvertriebenen abgegeben.2008 hat das Land Oberösterreich die Paten-schaft über die im „Kulturverein der Heimat-vertriebenen in Oberösterreich“ organisiertenLandsmannschaften der Donauschwaben,Sudetendeutschen, Siebenbürger Sachsen,Buchenlanddeutschen und Karpatendeut-schen übernommen und alljährlich die Ab-haltung eines „Erinnerungstages“ über dasSchicksal dieser Menschen festgelegt. Dienunmehr dritte Veranstaltung dieser Artwurde heuer vom Verband der Sieben-bürger Sachsen in OÖ ausgerichtet. Sie botauf hohem Niveau mit vielen sächsischenTrachtenträgern und der Mitwirkung je einerrumänischen und ungarischen Brauchtums-gruppe aus Siebenbürgen ein eindrucksvollesBild vom Brauchtumsreichtum der Völker indiesem Raum und war zugleich auch ein Aus-druck des einst in Siebenbürgen typischenZusammenlebens dreier Völker im Karpaten-

Der Erinnerungstag des Landes Oberösterreich wurde vonden Siebenbürger Sachsen hervorragend ausgerichtet

3. OFFIZIELLER ERINNERUNGSTAG derHeimatvertriebenen in Oberösterreich

Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer (links),Festredner in Marchtrenk, neben EhrenobmannKons. Hans Waretzi

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dienen, den Kenntnisstand über Vergangenesfür die Zukunft zu sichern.

Im anschließenden Programmteil boten dieeingeladenen Brauchtumsgruppen „Cununa depe Somes“ aus Bistritz und „llavasi Gyopär“aus Linz durch charakteristische Volkstänzeeinen stark akklamierten Eindruck von derBuntheit und Vitalität dieses Zweiges derrumänischen und ungarischen Volkskultur.

Der Funke der Erinnerung erfasste sichtlichviele der Anwesenden und ließ zu den Gästeneine herzliche Beziehung entstehen. Es bestä-tigte sich, dass Brauchtum eine kulturelle,menschliche Brücke ist. So war auch derthematische Übergang zur nächsten Darbie-tung kein Problem. Die Lesung von FrauMonika Görig aus dem Erinnerungsbuch ihrerMutter über die Flucht im September 1944,die Aufnahme an der deutschen Grenze, dieAnkunft in Bad Hall und die Mühsal des Auf-baus einer Familienexistenz fand ein mit demThema vertrautes, intensiv mitlebendes Publi-kum. Der Vortrag endete mit dem Dank derFamilie für den beendeten Bau eines Eigen-heimes, womit die Verbindung zum Leitge-danken der Veranstaltung hergestellt wurde.

Danach lud Obmann Manfred Schuller dieAnwesenden zu einem gemütlichen Beisam-mensein ein. Das von der oö. Landesregierungund den sächsischen Frauen gebotene Imbiss-und Kuchenbüfett beendete eine gelungeneVeranstaltung im heimatlichen Geist miternstem Kern und offenem Blick in die Zu-kunft. Die Zufriedenheit aller Teilnehmer ent-schädigte die aktiven Amtswalter für dieMühen der Vorbereitung und der Organi-sation.

Dr. Fritz Frank

Die Botschafterin Davidoiu würdigte die tra-ditionell guten Beziehungen der SiebenbürgerSachsen in Osterreich zu Rumänien, verwiesauf den Beitrag des rumänischen Kulturinsti-tutes in Wien zur Mitwirkung einer Kultur-gruppe aus Bistritz am Programm undwünschte sich für die Zukunft eine Fortset-zung solcher Initiativen. Zu diesen Überle-gungen konnte der Sprecher der Sudetendeut-schen, Ing. Peter Ludwig, den Sachsen inseinem Grußwort nur gratulieren und mussteauf den totalen Stillstand der Gespräche mitder Regierung in Prag hinweisen. Indes gebees Hinweise auf eine Neubetrachtung derGeschehnisse in der tschechischen Bevölke-rung aus denen Anstöße zur Behandlung dervielen offenen Fragen entstehen könnten.Auch der Sprecher der Donauschwaben, Dir.Ing. Anton Ellmer, formulierte Hoffnungenund Ziele. Für die kommenden Schuljahrewerde die Aufnahme des Vertreibungs- undIntegrationsgeschehens in die Unterrichts-programme angestrebt. Die Sprecherin derBukowina-Deutschen, Abgeordnete Anne-liese Kitzmüller, versprach, sich im Österrei-chischen Parlament intensiv für die Belangeder volksdeutschen Heimatvertriebenen ein-zusetzen.

Die Serie der Grußadressen, aufgelockertdurch Musikeinlagen der Blasmusikkapelleund einen Auftritt der Volkstanzgruppe derSiebenbürger Sachsen, fand ihren Abschluss inder Festansprache von Prof. Dr. Paul-JürgenPorr aus Hermannstadt, der auch die Grüßedes leider verhinderten Bundesvorsitzendendes Verbandes der Siebenbürger Sachsen inDeutschland, Dr. Bernd Fabritius, über-brachte. Der Redner spannte den Bogen derErinnerungen vom Fluchtvor-gang der Nordsiebenbürger imJahre 1944 über deren Nieder-lassung in Osterreich, USA,Kanada und Deutschland bis zuden aktuellen Zuständen in deralten Heimat. Wo heute einekleine Anzahl von SiebenbürgerSachsen vor großen kulturellenund sozialen Aufgaben stehe, dienur durch neue Ideen, neueWege und den Zusammenhaltaller gelöst werden könnten.Hierzu sei, so Dr. Porr, bei allenBeteiligten viel Kenntnis undMut sowie nationale Toleranzund Verständnis erforderlich. DiePflege der Erinnerung solle dazu

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Die Trachtenkapelle Traun „Siebenbürger“ beim Denkmal „in Aktion“

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Insgesamt zwei Millionen Menschen verlorenihre Heimat, den erarbeiteten Besitz, vielesogar ihr Leben. Auch das ist untrennbar mitdem Jahr 1945 verbunden.Zum Erinnern gehört auch, uns den wichtigenBeitrag zu vergegenwärtigen, den Sie, dieVertriebenen, für unser Land geleistet haben.Der Anfang war alles andere als leicht. DieVertriebenen und Flüchtlinge mussten denVerlust der Heimat verkraften und sich zugleichein neues Leben in fremder Umgebung auf-bauen.Viele hatten materiell alles verloren. Sie fingenmit nichts an. Doch die Vertriebenen resignier-ten trotz all der bitteren Erfahrungen nicht.Sie haben angepackt, was anzupacken galt. Siehaben sich durch harte Arbeit unermüdlich amWiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landesbeteiligt. So trugen sie maßgeblich zum Wirt-schaftswunder und zum Aufstieg unseresLandes zu einem starken Wirtschaftsraum in

Europa bei. Diese Aufbauleistung unddie Unverzagtheit trotz aller Schwie-rigkeiten sind eine kaum zu überschät-zende historische Leistung, die Sieerbracht haben. Dafür gebührt Ihnenunser allergrößter Respekt. Dafürgebührt Ihnen unser aller Anerken-nung. Diesen Respekt und diese An-erkennung möchte ich Ihnen heuteauch im Namen des Landes Ober-österreich überbringen.“

„Dazu kommt noch etwas, aus meinerSicht ganz Bemerkenswertes. Nämlich

Ihre immer ausgestreckteHand. Die Heimatvertriebe-nen haben sich nie zurück ge-zogen, sondern stets den Dialoggesucht. Sie haben Rache undGewalt abgeschworen und er-kannt, dass es ist die europä-ische Einigung ist, die den Wegin die Zukunft weist. Das wirdschon in der Charta der Hei-matvertriebenen, die heuer 60Jahre alt ist, deutlich. Damitwurden die Heimatvertriebe-nen zu Botschaftern der Ver-ständigung in Europa. DasEuropa, das wir heute kennen,ist auch durch Sie geformtworden.In diesem neuen, besserenEuropa, das in der zweiten

„Der heurige, 3. Erinnerungstag der Heimat-vertriebenen ist ein Tag des gemeinsamenGedenkens. Gedenken an Ihre alte Heimat, andie Vertreibung, aber auch – das habe ich alsVertreter Ihrer neuen Heimat besonders zubetonen – ein Tag der Dankbarkeit, für das, wasseither in diesem Land gelungen ist.Wir tun das heute gemeinsam. Aus gutemGrund. Die Geschichte hat uns zusammengeführt und damit auch die Geschichte derHeimatvertriebenen zu einem Teil der Landes-geschichte gemacht.Vor 65 Jahren ist in Europa der 2. Weltkrieg zuEnde gegangen und ein eigenständiges Öster-reich wieder erstanden. Es gehört aber auch zurGeschichte des Jahres 1945, dass mit demKriegsende das Unrecht in Europa nicht be-endet werden konnte. In der damaligen Tsche-choslowakei, im damaligen Jugoslawien, aberauch in vielen anderen Gebieten Mittel- undOsteuropas.

Fortsetzung von Seite 2: „Klare Worte an die Verantwortlichen“

Auszüge aus der Festansprache von LH Dr. Josef Pühringer:

Foto oben: Die Trachtenkapelle Traun „Siebenbürger“;unten: Eine Gruppe Sieben Bürger Frauen in ihrer bunten Trachtwährend der Andacht am Denkmal

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Hälfte des 20. Jh. entstanden ist, darf aber dieErinnerung an die Gewalt und Vertreibung,deren Opfer die Heimatvertriebenen wurden,nicht verloren gehen.Die Heimatvertriebenen in Oberösterreichkennen aus langjähriger leidvoller Erfahrungdie Dialogverweigerung der kommunistischenVertreiberstaaten, aber auch – und das ist imgemeinsamen Europa besonders schmerzlich – dieihrer demokratischen Nachfolgestaaten.Daher an dieser Stelle erneut ein Appell an diepolitischen Verantwortungsträger in diesen Län-dern: ‚Beginnen Sie zu verstehen, dass Europa zuallererst eine Wertegemeinschaft ist und dass sichin einer Wertegemeinschaft die Wahr-heit auf Dauer nicht leugnen lässt.‘Oberösterreich wird auch in Zukunftdarauf drängen, dass geschehenesUnrecht einbekannt wird und jeneDekrete, die die Rechtsgrundlagedieses Unrechts waren, offiziell fürnichtig erklärt worden sind.Zu einem Gedenken nach den Maß-stäben von Wahrheit und Gerechtig-keit gehört auch die Erinnerung andas Leid und das Unrecht der Ver-treibung. Darum geht es. Wir erin-nern uns nicht, um alte Wunden auf-zureißen. Wir erinnern uns, damitdie Ereignisse des 20. JahrhundertsMahnung für die Zukunft sind. Wirerinnern, um Wahrhaftigkeit undechte Versöhnung mit unseren Nach-

barn möglich zu machen. Wahrhaftige Erinne-rung um daraus zu lernen und Gegenwart undZukunft in Versöhnung zu gestalten – das ist dieAufgabe heute meine Damen und Herren!“

„In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und unsallen, dass es auch in Zukunft gelingt, ebensoaufrichtig wie umsichtig miteinander umzu-gehen. Genau das zeichnet ein modernes, welt-offenes und einiges Europa aus.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. HerzlichenDank für Ihre Arbeit. Sie sind ein wertvollerTeil unseres Landes. Wir sind gemeinsamOberösterreich.“

Landeshauptmann Dr. Pühringer mit denEhepaaren Wildmann und Ellmer

@Neben zahlreichen historischen und aktuellen Berichten in den Themenrubriken „Geschichte“,„Gegenwart“, „Kommunikation“ und „Lebenswelten“ werden wichtige und interessante Extrakte rundum das Leben der Donauschwaben Oberösterreich – von wissenswerten Eckdaten, über Details zudiversen donauschwäbischen Kunst- und Kulturschaffenden bis hin zu Rezepten traditioneller, kulina-rischer Köstlichkeiten – dem Besucher der Websites näher gebracht. Dazu leisten wir kontinuierlichexakte, professionelle Recherche- und Redaktionsarbeit, so dass unser Webauftritt stets „up to date“(auf dem neuesten Stand) ist.Essentielle Literatur zur Historie der deutschen Heimatvertriebenen, wie die Chronik „60 JahreDonauschwaben in Oberösterreich 1944 – 2004“, können via Online-Publishing (eine Variante derdigitalen Publikation) zu jeder Zeit auf Abruf gelesen und studiert, aufschlussreiche Zeitzeugen-Inter-views in Form von Tondokumenten im MP3-Format gehört und Termine nach Registrierung/Anmeldung über das User-Formular gepostet (veröffentlicht) werden. Zudem bietet ein Forum fürregistrierte User genügend Platz zu spannenden Diskussionen, kommunikativem Informationsaus-tausch, Meinungsäußerungen und Interaktivität.Während unter dem Menüpunkt „Downloads“ verschiedene Schriftstücke, wie unser regelmäßigerscheinendes Mitteilungsblatt, zum Herunterladen zur Verfügung gestellt werden, verweisen die Web-adressen unter „Links“ zu den Internetpräsenzen unserer Freunde, Partner und Unterstützer.Mit dieser Homepage, so meinen wir, ist es uns gelungen, einen soliden Meilenstein im Hier und Jetztzu setzen und ein breitgefächertes Publikum anzusprechen. Dieses informative, aber auch unterhalt-same Medium stellt ein weiteres Zeugnis der aktiven Landesgruppe dar, das nicht zu übersehen ist.

Fortsetzung von Titelseite: „www.donauschwaben-ooe.at“

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Historiker Srdan Cvetkovic erklärt gegenüberdem Blatt „Blic nedelje“

„Neue Gräber der Kommunismus-Opfer“Marko Petkovic – 16.05.2010.

In den letzten Tagen haben die Bürger einigeLokalitäten von bisher unbekannten Massen-gräbern entdeckt, in denen sich die sterblichenÜberreste von Personen befinden, die nach der

Befreiung 1944 ohne Gerichtsprozess erschossenwurden, erklärt gegenüber dem Blatt „Blicnedelje“ Srdan Cvetkovic, Sekretär der Kommis-sion für die Entdeckung geheimer Gräber.

Das geheime Grab Jelak bei Knja evac

– An die Kommission haben sich an die Dut-zende von Menschen mit neuen Informationen

Die serbische Regierung(Justizministerium) hat eineKommission formiert, wel-che die geheimen Gräberder von den Partisanen 1944bis 1946 liquidierten Per-sonen aufdecken soll. DerDruck kam auf die BelgraderRegierung wohl aus ver-schiedenen Ecken. Die Ver-wandten und die Nachkom-men wollen endlich Ge-wissheit haben und wollendie sterblichen Überresteihrer Lieben auf öffentlichenFriedhöfen beerdigen – undda ist ja auch noch die Fragenach dem Grab des Cetnik-Generals Draza Mihajlovic.Damit auch die im Herbst1944 liquidierten jugoslawi-schen Staatsbürger deut-scher Nationalität in dieNachforschungen der Kom-mission mitaufgenommen werden, hat derBundesobmann der Donauschwaben inDeutschland, DI Hans Supritz, sowohl andie serbische Botschaft in Berlin als auch anden Vorsitzenden der Kommission SrdanCvetkovic entsprechende Schreiben gerichtet.In diesen Schreiben bietet Lm Supritz auchdie volle Unterstützung von uns Donau-schwaben an, zu der auch die Bereitstellungvon umfangreichen Dokumentationen überdie Namen und Herkunftsorte sowie auch dieOrte an denen die Liquidierungen stattgefun-den haben, gehören. Die Kommission hat sichnun über die Medien an die Bevölkerunggewandt und bittet diese, bei der Lokalisie-

rung der gesuchten Gräbermitzuhelfen. Weil es unseregemeinsame Aufgabe ist,dafür zu sorgen, dass dieVerbrechen von damals andie Öffentlichkeit kommenund den Opfern ihre Würdezurückgegeben wird, damitsie in Ehren beigesetzt wer-den können, hat sich LmSupritz bereit erklärt, auchInformationen von in Öster-reich lebenden Landsleutenentgegenzunehmen, bzw.diese gegebenenfalls auchweiterzuleiten.Sein Aufruf an unsereLandsleute lautet:Wer ganz konkrete Hin-weise geben kann auf Ört-lichkeiten und vor allem aufdie Namen und die Her-kunft der Ermordeten, istjetzt aufgefordert, es der

Landsmannschaft zu melden. Wir rechnenganz fest mit Ihrer Unterstützung und, dassSie uns für Fragen zur Verfügung stehen.

Ihre Antwort richten Sie bitte an:Landsmannschaft der DonauschwabenPostfach 2802, 89018 UlmFax: 0731/483155E-Mail: [email protected]

Die Landsmannschaft der Donauschwabenin Oberösterreich dankt auch auf diesemWege Herrn Bundesobmann Hans Supritzfür seine unermüdlichen Bemühungen imDienste unserer Landsleute und für diegute Zusammenarbeit.

Vorbemerkung von Landesobmann Anton Ellmer

Die Kommission „Geheime Gräber“ inSerbien hat ihre Arbeit aufgenommen

Den „Mittelungen“ unserer Landsleute in Deutschland entnehmen wir nachfolgenddie Übersetzung des diesbezüglichen Berichtes aus der serbischen Presse:

Hans Supritz, Bundesobmann derDonauschwaben in Deutschland

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gewandt, die Vermisste gemeldet haben, überdie wir keine Angaben hatten. Wir haben übereinige neue Lokalitäten wie jene in Smederevound Lipovica erfahren. An uns hat sich auch derMann gewandt, der im Erschießungskommandowar, jedoch abgelehnt hat, sich an diesem Ver-brechen zu beteiligen, sagt Cvetkovic.Die Kommission hat Anfang dieses Monats eini-ge Lokalitäten mit Geheimgräbern im KreisZajecar besucht und fotografiert, in der Absichtbis Ende des Jahres die Gräber zu erfassen undListen der getöteten und vermissten Personen inweiteren acht Kreisen in Serbien, wie Jablanica,Pirot, Morava, Südbanat und Nordbatschka zuerstellen.– Die Hauptaufgabe der Kommission ist, einemöglichst genaue Liste der umgekommenenPersonen zu erstellen, aber auch Kontakt mit derlokalen Selbstverwaltung herzustellen, die dieKommission bei der Organisation und Öffent-lichkeitsarbeit unterstützen würde. Diese Unter-stützung würde in der Zustellung von Infor-mationen und Auffindung von Zeugen sowie imProzess der Bestätigung der Lokalitäten und derspäteren eventuellen Beisetzung der sterblichenÜberreste am Stadtfriedhof nach der Exhumie-rung ersichtlich sein, sagt Cvetkovic.Der erschwerende Umstand für die Mitgliederder Kommission ist die geringe Zahl von Per-sonen, die über die Verbrechen aus dieser Zeitaussagen könnten.

– Die Regierung Serbiens hat kürzlich dieBezeichnung „geheim“ von den Unterlagenentfernt und das wird bei der Erstellung derListe der Erschossenen von großer Hilfe sein.Doch die Auffindung der Lokalität ohne Hilfeder Bürger wird viel schwerer sein – betontCvetkovic.

Er fügt hinzu, dass die Exhumierung der Ge-töteten zurzeit keine Priorität darstellt, vor allemaus finanziellen Gründen. Die Exhumierungwird nur dann vorgenommen werden, wennzuverlässige Angaben über die Identität derOpfer vorhanden sind.

– Erst wenn wir richtige Zeugen finden, diebestätigen können, dass einige Personen auf derkonkreten Lokalität erschossen wurden, könnenwir dieses Verfahren einleiten. Aber auch dannist es nicht gewiss ob die Exhumierung durch-geführt wird, da die Feststellung der Identitätaufgrund der DNA-Analyse sehr teuer ist, er-klärte Srdan Cvetkovic.

Aufruf der Kommission an die BürgerDer Sekretär der Kommission für die Ent-deckung der geheimen Gräber Srdan Cvetkovicbat die Bürger, die irgendetwas über die getöte-ten Personen und die Lokalitäten der Gräberwissen, sich an die Kommission unter folgendenTelefonnummern zu melden:011/339-8248 und 065/877-1757.

Übersetzt von JS. Quelle: BLIC 16.05.2010

An alle Landsleute, die sich mit demGedanken tragen, ihrer Toten dort in be-sonderer Weise zu gedenken, ergeht derAufruf, dies eventuell durch eine Gedenk-tafel mit einem von ihnen selbst formu-lierten Text zu tun. Noch ist es nicht zuspät dafür.

Die diesjährige offizielle Gedenkfeier inRudolfsgnad wird am Samstag, 25. Sep-tember stattfinden. Die nächste Feier wirddann erst in zwei Jahren abgehalten werden.Der VGR möchte insbesondere bei allenRudolfsgnadern und ihren Landsleuten ausden Nachbarorten sowie bei den Hinter-bliebenen der im Rudolfsgnader Lager umge-kommenen Familienangehörigen herzlichdafür werben, dass sich möglichst viele zurTeilnahme an der diesjährigen Gedenkfeierentschließen mögen.

Volker Lehmann

Die Gedenkstätten bei den Massengräbern aufdem Rudolfsgnader Friedhof und auf derTeletschka „stehen“ zwar, aber die Aufgabendes VGR und die an ihn gestellten finanziellenAnforderungen sind weiterhin beträchtlich.Für die generelle Pflege der Gedenkstättenerhält der Schwesterverein in Knicanin/Rudolfsgnad auch in diesem Jahr eine Pau-schale von 1.000,– Euro und für die Repa-raturarbeiten an der Kapelle sowie den Baum-schnitt wurden bereits vor einigen Wochen790,– Euro an unsere Freunde in Knicaninüberbracht.

Der VGR möchte erneut und nachdrücklichdarauf aufmerksam machen, dass weiterhin dieMöglichkeit besteht, sowohl an der Gedenk-stätte auf der Teletschka als auch an jener aufdem alten Rudolfsgnader Friedhof indivi-duelle Gedenktafeln anbringen zu lassen. Aufder Teletschka ist hierfür noch Platz frei für12 Tafeln und auf dem Friedhof für 9 Tafeln.

Der Verein Gedenkstätten Rudolfsgnadteilt u.a. mit:

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Serbien:

Neues aus:Serbien · Kroatien · Rumänien · Ungarn

Im März d. J. wurde in Leserbriefen der Tages-zeitung DANAS im Zusammenhang mit derErrichtung einer Gedenkstätte am Schinderplatzin Werschetz eine Auseinandersetzung zwischenDr. Teodor Kovac, Aleksander Necak, beidesjüdische Bürger in Serbien, und mir geführt.Was war geschehen? Nach achtjährigen Ver-handlungen mit der Gemeinde Werschetz wurdegrünes Licht für die Errichtung eines Denkmalsfür Opfer der Gewalt gegeben.

Es sollte ein gemeinsames Denkmal der Deut-schen und Serben als Zeichen der Versöhnungsein. Die Einladungen für die Einweihungsfeierwurden verschickt. Da kam der Einspruch sei-tens des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeindenin Serbien Aleksandar Necak. Es wurde sogar derIsraelische Botschafter in Serbien nach Wer-schetz eingeladen und viel Staub aufgewirbelt.Schließlich gelang es Herrn Necak die Ein-weihung des Denkmals zu verhindern. SeineForderung lautete: Es soll zunächst nachgewiesenwerden, dass es sich um unschuldige Opfer han-delte. Herr Necak schlug vor, dass die Nächstender Opfer, ihre Freunde und Nachbarn, mitdenen sie bis Ende 1944 in Frieden gelebt undgearbeitet haben das bezeugen könnten, „weil siesich nicht nur an ihre Namen, sondern auch anihre guten Taten erinnern werden“.

Ich habe in meinem Leserbrief erwidert, dassdieser Vorschlag naiv sei, weil die meisten Nach-barn und Freunde der Opfer gar nicht mehrleben. Außerdem würde dieses Verfahren einenunheimlichen Aufwand bedeuten und überJahre dauern. Schließlich schlug ich mit ser-bischen Freunden vor, sich an einen Tisch zusetzten und die Argumente auszutauschen undzu einer Lösung zu kommen. Man schlug vierTeilnehmer jeder Seite vor. Von unserer Seitekamen die vereinbarten vier Teilnehmer, von deranderen Seite zehn, darunter auch Angehörigeder ehemaligen UDBA (Uprava drzavne bez-bednosti) zu Deutsch: Des Staatssicherheits-dienstes. Es kam zu keinem Ergebnis. Ich selbsthabe an dieser Sitzung nicht teilgenommen.

Während meines Aufenthaltes im Juli in Serbienhaben Frau Nadezda Radovic und ich mit HerrnNecak ein Gespräch vereinbart. Ich wollteHerrn Necak kennenlernen und seine Meinung,ohne die Öffentlichkeit, hören. Wir haben unsin Belgrad, in den Räumen der Jüdischen Ge-meinde, getroffen. Auf meine Frage, wieso ermich im Leserbrief persönlich mit Unterstellun-gen angegriffen habe, obwohl er mich doch garnicht kenne, hat er geantwortet: Das gehört zumeinem Geschäft.Herr Necak hat im Sechsaugengespräch gesagt,er habe nichts gegen die Errichtung eines Denk-mals für umgekommene Donauschwaben, wederauf dem Schinderplatz noch sonst wo. Voraus-setzung sei aber, dass diese Opfer unschuldigsind. Auf meine Frage wie die Schuldfragegeklärt werden soll hat Herr Necak geantwortet:Sie sind unschuldig, wenn sie nicht gerichtlichverurteilt wurden.Dieser Standpunkt hat mehrere Schönheitsfeh-ler. Zunächst ist es so, dass in zivilisierten Län-dern nicht die Unschuld, sondern die Schuldbewiesen werden muss. Außerdem gab esUnschuldige, die ohne Gerichtsurteil getötetwurden und Schuldige, die sich der Verant-wortung durch Flucht entzogen haben. EinZugang zu den Archiven, um die Schuldfrage zuklären, ist uns bis heute verwehrt worden. Eineerneute Rückfrage bei Herrn Necak ergab fol-gende Klarstellung: Wir sollen alle Namen, dernach unserer Meinung unschuldigen Opfer, auf-führen. Wenn niemand Einspruch erhebt unddurch ein Gerichtsurteil nachweist, dass das Opferverurteilt wurde, so gilt die Unschuldsvermutungund das Opfer ist unschuldig. Wir kennen nur dieNamen der Opfer, die wir durch unsere Heimat-ortsgemeinschaften registriert haben. Ein Zu-gang zu den serbischen Archiven ist uns nachwie vor verwehrt. Wir wissen auch, dass sichLagerbücher mit den Namen in den ehemaligenOrten, wo sich Lager befanden, existieren.Dieses Verfahren ist natürlich sehr aufwendig,wenn man an das Lager Jarek mit über 6.000Opfern denkt.

Bedingungen für die Errichtung von Gedenkstätten für Donauschwaben,die nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer der Gewalt wurdenEin Gespräch mit Herrn Aleksandar Necak, Vorsitzender der

Jüdischen Gemeinden in Serbien ein Bericht von Stefan Barth

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Auch der jetzige Vorschlag von Herrn Necak istschwer praktikabel. Es muss geklärt werden wodie Namen der Opfer veröffentlicht werden sol-len und auf welche Zeit die Einspruchsfristbegrenzt werden soll. Es können nur die Namensein, die von der Donauschwäbischen Kulturstif-tung im Buch in vier Bänden Leidensweg derDeutschen im kommunistischen Jugoslawien ver-öffentlicht wurden, da wir keinen Zugriff aufArchive haben. Die Einspruchsfrist darf nicht zuVerzögerungen des Baues eines Denkmals füh-ren, da während des Genehmigungsverfahrensgenügend Zeit besteht um die Namen zu prü-fen. Da wir nie die Absicht hatten Namen aufden Tafeln zu veröffentlichen, ist es ohnehinnicht einzusehen warum ein Text, der angibt,dass das Denkmal den unschuldigen Opferngewidmet sei, diese Aussage auch für die schul-digen Opfer gelten solle. Es ist schließlich nureine symbolische Geste unseren Opfern gegen-über.Herr Necak behauptet, dass man auf dem Ge-lände des Schinderplatzes in Werschetz, wo diemenschlichen Überreste vermutet und Probe-grabungen durchgeführt wurden, bei Boden-untersuchungen für ein Gebäude keine mensch-lichen Überreste gefunden worden sind. DieseBehauptung muss noch entkräftet werden, istaber kein Hinderungsgrund für die Errichtungdes Denkmals.Ich habe Herrn Necak mein Buch „Ein Jungeaus der Nachbarschaft“ mit folgender Wid-mung geschenkt: Unsere Vergangenheit ist Teilder Gegenwart und Zukunft. Von uns hängt esab, ob wir den Weg der Versöhnung, des Ver-trauens und der gegenseitigen Hochachtunggehen wollen. Im Gegenzug schenkte er mir fünfBücher über Lebensgeschichten von Juden.

Wir gehen offen mit unsererGeschichte um

Nachdem ich ihm erzählt habe wo bereits inSerbien Lesungen über mein Buch durchge-führt wurden, schlug er spontan eine Lesung inder Bibliothek Sveti Sava (Heiliger Save) inSemlin vor. Ich sagte sofort zu. Warum er geradeSemlin vorgeschlagen hat konnte ich nur ver-muten. Auf dem Messegelände in Semlin (auchunter dem Namen Judenlager Semlin bekannt)standen, als Krankenwagen getarnte Gaswagen,in denen Juden und Roma, überwiegendFrauen und Kinder, von SS-Angehörigen unddem Sicherheitsdienst umgebracht wurden,eines der schändlichsten Kriegsverbrechen, aus-gedacht von gestörten menschlichen Kreaturen

und vollzogen von sadistisch veran-lagten Menschen. Auch die serbi-sche Regierung Nedic, die jafaschistisch und antisemitischwar, hat mit ihrer Polizei Judenverhaftet und zur Tötung ausgeliefert,wie aus neuesten Archivunterlagen er-sichtlich ist (Logor Banjica – logorasi 1941–1944, Buch 1 und 2, Historisches Archiv Belgrad,Belgrad 2009, Seiten 707+ 830). Herr Necakhatte vorher im Leserbrief behauptet, dass auchDonauschwaben an den Verbrechen auf demMessegelände beteiligt waren. Dem habe ichwidersprochen, weil uns darüber tatsächlichkeine Informationen vorliegen und Herr Necakes trotz Aufforderung nicht belegen konnte.Es blieben nur sechs Tage Zeit für Einladungen.Die Lesung fand an einem heißen Spätnachmit-tag statt. Auf dem Podium saßen außer mir nochProf. Dr. Ranko Koncar, Historiker und ZlatojeMartinov, Redakteur der Zeitschrift Republika.Herr Necak wollte nur zur Begrüßung kommen,war aber während meines gesamten, längerenReferats anwesend.Ich habe, nachdem ich auf das Schicksal derDonauschwaben mit über 60.000 Todesopfernnach dem Zweiten Weltkrieg eingegangen war,unter anderem gesagt, dass die Juden die größ-ten Opfer des Krieges waren und ich nie ver-sucht habe das Leid dieser Menschen zu rela-tivieren. In Jugoslawien wurden die Juden zu90% vernichtet. Serbien war das erste Land, dasvon Nazis als „judenfrei“ bezeichnet wurde. Ichhabe betont, dass die Vertreibung und Ver-nichtung der Juden für Deutschland und Öster-reich ein großer Verlust waren, weil sich unterihnen viele Wissenschaftler, Schriftsteller, Kom-ponisten, Musiker, Kulturschaffende, Ärzte usw.befanden.

Wenn man von den Kriegszeiten spricht, so gehtes in der Regel um Menschen, die sich im Kampfhervorgetan haben oder infolge des Kriegesumgekommen sind. Es ist wenig von Menschendie Rede, die Widerstand geleistet haben, indemsie ihre Nächsten, ihre Freunde oder Nachbarn,beschützten oder retteten. Im Namen desHumanismus müssen wir für die nächsten Gene-rationen auch das Andenken an Menschenbewahren, die trotz eines brutalen Machtappa-rats, trotz Mord, Kollaboration, Verschweigenund Gleichgültigkeit, andere gerettet haben. ImLeben waren das ganz „normale“ Menschen,Christen, Sozialdemokraten, Kommunisten,Liberale, hohe Amtsträger, Offiziere, Ärzte undvor allem Frauen. Es ist wichtig, über diese

Fotonachweis: H. Kraml/Land OÖ, A. Lehmann, Museum OÖ, Dr. P. Fraunhoffer, E. Wildmann, H. Weinzierl,Dr. Rübig, M. Sterz, J. Krumpholz und A. Planitzer

Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht in jedem Falle mit der Meinung der Landesleitung übereinstimmen.

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wenig bekannten, unbesungenen Helden desWiderstandes zu sprechen, zu forschen und zuschreiben. Ich habe darüber berichtet wie vieleDeutsche Juden vor den Nazis, vor dem sicherenTod, gerettet haben. Professor Lustiger, selbstjüdischer Abstammung, fand bei seinen Recher-chen 20.000 Deutsche, die Juden retteten. Nur400 von ihnen wurden namentlich am Denkmal(Yad) Yadvashem, dem Ort, an dem man inIsrael die Erinnerung bewahrt und den Ermor-deten einen Namen (Shem) gegeben hat, als„Gerechte“ verewigt. Ich habe auch Beispielegenannt, wo Donauschwaben serbische Freundevor den Ustascha retteten.

Die Erinnerung hat in Deutschland Zukunft.Auf Initiative von Deutschen wurden 180Gedenkstätten in einstigen Konzentrations-lagern, Gefängnissen und Synagogen errichtet.Von diesen Gedenkstätten sind 98 immer geöff-net und verfügen über pädagogische Program-me. Sie werden von etwa 3,5 Millionen Men-schen jährlich besucht. Im Rahmen derchristlichen „Aktion Sühnezeichen“ arbeitenZehntausende junger Deutscher freiwillig an120 Projekten in 13 Ländern. Jährlich werden20 internationale Jugendtreffs in Sommerlagernorganisiert. Es gibt Schülerreisen nach Dachau,Auschwitz und zu anderen Gedenkstätten. InDeutschland arbeiten an den erwähnten Objek-ten Menschen, die sich der Geschichte stellenund ihre Lehren an ihre Kinder, Enkelkinderund Mitbürger weitergeben. Das Gesagte giltauch für die Erinnerungskultur in Österreich.

Wie sieht es anderswo aus?

Unsere Demokratie geht offen mit derGeschichte um. Schaut man über den Zaun, sofällt auf, dass es keine Denkmäler für die Millio-nen Zivilopfer Stalins in den Ländern der ehe-maligen Sowjetunion gibt. Die VerbrechenStalins wurden geschichtlich nur teilweise auf-gearbeitet. Sie wurden durch die VerbrechenHitlers überlagert und von den Kommunistenverschwiegen oder in den Hintergrund ge-drängt. Im ehemaligen Jugoslawien, Polen undTschechien, bemühen sich unsere LandsleuteDenkmäler für ihre Opfer zu errichten. Dasgelingt nur sehr mühsam, weil es immer nochauf Vorbehalte uneinsichtiger Politiker stößt, diedie unangenehmen Seiten ihrer Vergangenheit

lieber verdrängen und vergessen wollen. Eswerden uns fast unakzeptable Bedingun-

gen gestellt, wenn es um die Formulie-rung der Texte für Gedenkstätten

geht. Es dürfen keine Opfer-zahlen, oder der Hinweis, dass

sie Opfer der Gewalt waren und essich um Konzentrationslager handelte

genannt werden, Wir gehen mit unserer Ge-schichte offen um und erwarten dasselbe auchvon anderen.

Herr Necak hat sich, nach meinem Referat ver-abschiedet, ohne während der Lesung das Wortergriffen zu haben.

Unsere serbischen Freunde wurden über dasGespräch mit dem Vorsitzenden der JüdischenGemeinden in Serbien informiert.

Serbien befindet sich im Umbruch

Was heute in Serbien genau geschieht kann manals Außenstehender kaum verstehen. In der brei-ten Öffentlichkeit werden nationale Fragen kon-trovers diskutiert. Es ist eine Retraditionalisie-rung über alle möglichen Bereiche im Gange.Insbesondere aus der „Notwendigkeit zur Füh-rung einer nationalen Politik“ heraus versuchenpolitische Kreise, sowohl aus der Regierung, alsauch aus der Opposition die ehemalige serbischeRegierung unter Milan Nedic, der serbischerMinisterpräsident in der anfänglichen Marionet-tenregierung (offizielle Bezeichnung: „Regie-rung der nationalen Rettung“) war, die nach derOkkupation Serbiens durch Deutschland 1941installiert wurde, und die ehemaligen Tschetniksunter ihrem Anführer Draza Mihajlovic, zu reha-bilitieren. Bekanntlich waren Milan Nedic, alsauch Dimitrije Ljotic Faschisten und Antisemi-ten. Selbst unter den Tschetniks waren vieleAntisemiten und Gegner der nationalen Minder-heiten in Serbien, die sie lt. ihrem Programm,nach der Befreiung Serbien, vertreiben wollten.

Da prallen verschiedene Strömungen aufeinan-der: Die Altnationalen, die Kommunisten ausTeilen der Altkommunisten, die orthodoxe Kir-che und die gemäßigten demokratischen Kräfte,die Ballast abwerfen, neue Wege der Versöhnungmit Nachbarn und dem ehemaligen „Bruder-volk“ einschlagen und die Nähe zu Europaanstreben wollen. Neue Wunden wurden in denkriegerischen Auseinandersetzungen in denneunziger Jahren und durch den Zerfall Jugosla-wiens aufgerissen. Die orthodoxe Kirche lebtnoch immer in einer Welt der Mythen, die sichum Kosovo ranken, und hat die Bodenhaftungschon lange verloren. Die Arbeitslosigkeit istgroß, die Jugend hat keine Perspektive, die klu-gen Köpfe gehen außer Landes, die Korruptiontreibt Blühten, Serbien ist international nach wievor isoliert und die Bevölkerung gespalten, obsie in die EU möchten oder nicht. Die Parteien-landschaft in Serbien ist diffus, verschwommen,instabil. Nach der Spaltung der Radikalen Parteizwischen den Anhängern des Demagogen Seseljund des gemäßigten Nikolic, hat sich die Par-teienlandschaft in Serbien weiter verändert. Die

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Radikalen um Nikolic sind gesprächs- und kom-promissbereiter geworden.Diese Auseinandersetzung kann man vielleichtetwas besser verstehen, wenn man sich an dieStudentenunruhen an den Universitäten inDeutschland Mitte der sechziger Jahre erinnert.Die Studenten muckten auf, gegen den Krieg inVietnam, gegen überfüllte Lehrsäle, autoritäreErziehung, die verlogene sexuelle Moral und1968 gegen die Notstandsgesetze. Die Studen-

ten fragten ihre Eltern und Großeltern, warumsie Hitler nicht verhindert hatten. Warum dieNazi-Richter, -Beamten, -Rechtsanwälte und-Lehrer nicht aus dem Dienst entfernt wordenwaren? Diese Zeiten liegen weit hinter uns undunsere Demokratie ist gefestigt und unsereunheilvolle Geschichte wird offen diskutiert.Serbien hat diesen schweren Weg noch vor sich.

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Ein weiterer kleiner Einblick in das unvorstellbare LagerlebenAuszug aus einem lesenswerten Buch (siehe Ende des Artikels „Bettelkinder von Gakovo“)

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Die für den 12. Juni 2010 vorgeseheneEINWEIHUNG des WerschetzerGedenkkreuzes musste durch „Unvor-hergesehenes“ auf unbestimmte Zeitverschoben werden. So die offizielleVersion der unermüdlichen Aktivistender deutsch-serbischen Versöhnung.

Wenn man aber den Bericht von Herrn Dipl.-Ing. Stefan Barth ab Seite 10 liest, dann kom-men schon massive Zweifel auf, ob es den„übereifrigen Gutmenschen“ tatsächlich umein friedliches Miteinander der Völker geht,denn die Vorgangsweise des Vorsitzenden derJüdischen Gemeinden in Serbien, AleksandarNecak, spricht eine andere Sprache. Nichtnur, dass er die Einweihung des donauschwä-bisch-serbischen Gedenkkreuzes verhinderthat, sondern auch seine Einstellung zu un-schuldigen Opfern muss hinterfragt werden.Das hat unser Landsmann Stefan Barth imSinne eines friedlichen Miteinanders getan –ihm gebührt daher unser Dank für sein offenesund ehrliches Eintreten für die Ehrung derunschuldig zu Tode gebrachten Menschen.Ebenso gebührt ihm unser Respekt für seineobjektive Sicht in der Betrachtung und Be-urteilung der Geschichte – sowohl der eigenen,

als auch die anderer Länder, die er in seinemBericht Bedingungen für die Errichtung vonGedenkstätten für Donauschwaben, die nachdem Zweiten Weltkrieg Opfer der Gewaltwurden, zum Ausdruck gebracht hat. Mögensich doch die ewigen Verhinderer ein Beispielan dieser Einstellung nehmen!

Entschädigung:In der Frage der Entschädigung gibt es nichtsNeues. Eine Bürgerinitiative in Serbienerinnert zwar die Regierung an ihr Verspre-chen die Frage der Enteignung zu klären, abergetan hat sich noch nichts. Zunächst muss jaerst ein Gesetz darüber im Parlament be-schlossen werden.

Rehabilitation:Zu der Frage der „Rehabilitation“ hört man inSerbien selbst wenig. Sie ist aber im Zusam-menhang mit der Entdeckung geheimerGräber zu sehen. Diese (mehrheitlich serbi-schen) Angehörigen fordern eine Rehabili-tation für ihre Opfer der Gewalt.Da man sich vorstellen kann, wie kompliziertes sein wird deutsche Opfer zu rehabilitieren,gilt es für uns abwarten, wie man bei denSerben diese Frage lösen möchte.

Entschädigung:

Der Jura-Professor Ivo Josipovic ist bekanntlich zu Beginn des Jahres zum neuen kroatischenStaatsoberhaupt gewählt worden. Gilt als sachlicher Politiker, was auch angesichts der triestenSituation im Lande dringend notwendig ist.„Das europäische Kroatien hat gewonnen“, sagte nach der Wahl der scheidende Präs. Stjepan Mesic.Nachdem Mesic eine Behandlung des von den Delegationen der beiden Länder ausgehandeltenZwischenstaatlichen Abkommens durch das kroatische Parlament verhindert hat, kann man bei demEU-freundlichen Josipovic doch wieder Hoffnung schöpfen – wenigstens das!

Kroatien:

Gibt es das im Jahre 2010 wirklich noch?– quo vadis Serbien?

EINWEIHUNG des Werschetzer Gedenk-kreuzes verhindert !!! von Anton Ellmer

Aus Rumänien berichten wir heute nur von der Brauchtanzgruppe, welche beim 3. Erinnerungstagder Heimatvertriebenen in OÖ in Marchtrenk aufgetreten ist und einen sehr guten Eindruck hinter-ließ (siehe eigenen Bericht zum Erinnerungstag im vorderen Teil des Mitteilungsheftes).

Rumänien:

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In Zusammenarbeit mit der Landsmannschaftder Donauschwaben – Orts- und KreisgruppeRastatt – hatte der Freundeskreis für europä-ische Jugendarbeit (FeJ) zu einem Dia-Vor-trag nach Rastatt eingeladen. Thema: Pécs/Fünfkirchen – Europahauptstadt 2010 undZentrum der deutschen Minderheit in Süd-ungarn. Referent Martin Schmidt, Journalistund Publizist sowie Vorstandsmitglied derDonauschwäbischen Kulturstiftung, zeigtesich erfreut über das große Besucherinteresse,zu welchem auch Gäste aus dem benachbartenElsass beitrugen.

Fünfkirchen im Süden Ungarns, nahe der kro-atischen Grenze, gilt als eine der schönstenund ältesten Städte des Landes, seine klima-tisch begünstigte Lage am Fuße der Mecsek-Berge und die zahlreichen Baudenkmälerverleihen dem Ort eine ausgesprochen medi-terrane Atmosphäre. Unter dem Motto „Stadtohne Grenzen“ hatte man sich im Oktober2005 bei der nationalen Kür zur EuropäischenKulturhauptstadt 2010 gegen starke Rivalenwie das Megazentrum Budapest erfolgreichdurchgesetzt.

Ausgehend vom Széchenytér (Dreifaltigkeits-platz) veranschaulichte Martin Schmidt inseinen Dias kaleidoskopisch das städtischeZentrum der Schwäbischen Türkei. Die aufden Ruinen einer christlichen Kirche erbauteMoschee des Paschas Gasi Khasim als größteserhaltenes Zeugnis der Türkenherrschaft inUngarn, eine zu österreichisch-ungarischenZeiten im 18. Jahrhundert errichtete „Säuleder Dreifaltigkeit“ sowie die Häuser wohl-habender donauschwäbischer und jüdischerBürger der späten k.u.k-Ära. Dazu ein üppigerJugendstilbrunnen mit der für die örtlicheZsolnay-Keramikmanufaktur charakteristi-schen Eosin-Glasur und das 1907 vollendeteneobarocke Rathaus. Nur die archäologischenRelikte der einstigen römischen Provinzhaupt-stadt Sopianae fehlen hier. Sie sind am Randedes Dommuseums in Form einer frühchrist-lichen Grabkirche aus der Mitte des 5. Jahr-hunderts sichtbar gemacht.

Nicht nur am Domplatz und am Széchenyitérwird dem Besucher schnell klar, dass dassüdungarische Fünfkirchen als Stadt kultur-

geschichtlicher Synthesen dem Titel „Euro-päische Kulturhauptstadt 2010“ alle Ehremacht. Denn nicht nur zu römischer Zeit,sondern auch im Mittelalter war das zumKönigreich Ungarn gehörende „QuinqueEcclesiae“ (fünf Kirchen) ein bedeutendesKultur- und Handelszentrum mit Bischofs-sitz, zahlreichen Ordensniederlassungen undder 1367 gegründeten ersten Universität desLandes.

Dieses reiche kulturhistorische Erbe beflügeltedie Mitglieder einer Bürgerinitiative, die imEinvernehmen mit einem Großteil der Stadt-bevölkerung die Bewerbung zum Erfolgmachte. Doch die Euphorie des Jahres 2005ist längst verflogen. Die Kluft zwischen den

Ungarn: FÜNFKIRCHEN – Zentrum der donau-schwäbischen Minderheit in Südungarnein Vortrag von DKS-Vorstandsmitglied Martin Schmidt

Denkmal zur Erinnerung an die Massenvertreibungder Donauschwaben im Hof des Fünfkirchener

„Nikolaus-Lenau-Hauses“

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hochfliegenden Plänen, allem voran fünf gro-ßen Repräsentationsbauten und den realisti-schen Umsetzungsmöglichkeiten ist beacht-lich, dies auch als Folge eines wirtschaftlich-politischen Pessimismus und dem traditionellungarischen Zentralismus, der sich auch hiervorbehielt, die Feierlichkeiten von Budapestaus zu organisieren. Dennoch sind die Bürgerder zwischen Donau und Drau gelegenen160.000 Einwohner-Stadt zuversichtlich, mitdem Kulturhauptstadt-Programm viele Besu-cher anzulocken und somit noch mehr inseuropäische Bewusstsein zu gelangen.

In einem weiteren Teil seines Vortrags be-schäftige sich der Referent mit der Situationder Minderheiten, so auch den rund 60.000Personen zählenden Donauschwaben in undum Fünfkirchen. Nach Vertreibung und Dik-tatur sind die Ungarndeutschen heutzutagewieder gut organisiert. Dank dem ungarischenMinderheitengesetz, das inzwischen euro-päischen Vorbildcharakter besitzt, haben sichdie Voraussetzungen der kulturellen Selbstbe-hauptung verbessert. So gibt es wieder deut-sche Schulen wie zum Beispiel das Valeria-Koch-Gymnasium, deutschsprachige Zweigean der Universität und die Vertretung inkommunalen Gremien. Schmerzlich dagegendie seinerzeit von der rot-grünen Bundes-regierung veranlasste Schließung des Kon-sulats in Fünfkirchen, das bis dahin eine wich-tige Brückenfunktion nach Deutschlandgebildet hatte.

In einem Schlusswort dankte Veranstaltungs-leiter Erich Lienhart dem Referenten MartinSchmidt für den informativen und beein-druckenden Lichtbildervortrag, den er als eineergänzende Veranstaltung zu den erfolgreichdurchgeführten Europäischen Kulturtagen2010 (Thema: Zwischen den Zeiten und Welten:Budapest und Pécs) in Karlsruhe wertete.

Erich Lienhart

Gründerzeitliche Prachtentfaltung: Bürgerhäuser mitdonauschwäbischen Spuren gibt es in Fünfkirchen zuhauf

wir werden immer weniger…Stimmt nicht, eigentlich

werden wir täglichmehr, da wir uns ja

laufend multiplizieren.Aber viele von uns haben

keine Ahnung mehr, kein In-teresse und keine Informationen

über ihre Herkunft. Andererseitsfällt mir auf, dass sich heute dochimmer mehr auf ihre Wurzeln be-sinnen und mehr über die Heimatihrer Vorfahren wissen möchten.Um mit den Nachfahren der Do-nauschwaben den Kontakt zu fördern, Infor-mationen auszutauschen und internationaleKontakte zu pflegen, habe ich

in facebook die Gruppe: Junge Donau-schwaben und Donauschwäbinnenmit folgendem Schwerpunkt gegründet:Interessengruppe für Nachkommen von

Donauschwaben. Wir sind dieKinder, EnkelInnen und UrenkelIn-nen von Donauschwaben, die imheutigen Rumänien, Serbien,Kroatien und Ungarn geboren sind.Heute sind wir ÖsterreicherInnen,Deutsche, AmerikanerInnen, Brasi-lianerInnen und vieles mehr – unddoch haben wir einen gemeinsa-men Hintergrund und eine gemein-same Geschichte. Es wäre schönüber diese Seite zueinander zu fin-den und neue Freundschaften zuschließen!

Außerdem könnt Ihr gerne auf meiner priva-ten Seite unter meinem Namen

Silvia de Carvalho oder über meineE-Mail: [email protected] mit mir aufnehmen.

Liebe Grüße, Silvia

Silvia de Carvalho-Ellmer

Liebe junge Donauschwaben und Donauschwäbinnen,

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Der Ursprung unserer Zusammenarbeit mit den donauschwäbischen Organisationen liegt wohl inunserer langjährigen Tätigkeit, vor allem aber an unserer Teilnahme und unserem Mitwirken an dengroßen Schwabentagen in den 50er bis 70er Jahren und sonstigen Veranstaltungen der Donau-schwaben mit Austausch der Gruppen im In- und Ausland.

Die engere Zusammenarbeit mit Entre Rios begann, als der Vorsitzende der Agraria, Lm MatthiasLEH, eine Reise nach Europa plante, um den Mitgliedern der Jugend Tanz- und TrachtengruppeDeutschland und Österreich zu zeigen.

Der Besuch von Linz war etwas Besonderes, denn hier wollte Lm LEH den Teilnehmern jene Stellezeigen, wo das Lager 65 stand und wo deren Eltern und Großeltern die Ausreise nach Entre Riosantraten. Außerdem hatte der eine oder andere noch Verwandte bzw. Landsleute hier.

Nach dem Besuch der Jugend-Tanz- undTrachtengruppe 1988, folgte 1989 dieJugendblaskapelle, 1995 der Siedlerchor,1996 die Jugendtanz- und Gitarrengruppe.Die Gruppen traten jeweils mit einem gutenProgramm im Volksheim Langholzfeld auf.

Schließlich kam am 30. Mai 2010 die Thea-tergruppe nach Pasching.

Die Gruppe trat noch am selben Abend miteiner Verwechslungskomödie im gut besuch-ten Volksheim auf. Die lustige Darbietungfand bei den Besuchern großen Anklang undwurde mit viel Beifall aufgenommen.

Die Gruppe erfreute auch unsere Landsleuteim Altersheim Langholzfeld mit ihren Dar-bietungen. Auch der Siedlerchor brachte1995 bei seinem Besuch bei uns unseremDichter, Landsmann Hans Wolfram Hockl,im Altersheim in Traun, ein Ständchen dar.

Die Gruppen wurden auch von den Landes-hauptmännern Dr. Ratzenböck und Dr.Pühringer im Landhaus empfangen, wie aufdem Bild oben zu sehen ist.

Es ist uns erfreulicherweise bis jetzt immergelungen, die Gruppen privat unterzubrin-gen. Ob das in Zukunft möglich sein wird, istfraglich, da die älteren Landsleute nicht mehraufnehmen können und die Jungen leiderkeinen Bezug dazu haben. Die letzten Grup-penmitglieder waren bei folgenden Familienuntergebracht:

Führer Gottfried, Wels; Geist Johann, Wels;Kopf Johann, Leonding; Kübek Ferdinand,Pasching; Krenn Elisabeth, Pasching; ReisJakob, Traun; Wirth Georg, Haid-Ansfeldenund Stertz Michael, Pasching.

Nochmals herzlichen Dankan alle Familien.

Theatergruppe Entre Rios/Brasilienin Pasching

von Michael Sterz

ObmannSterz bei seinerTischrede

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Die Darstellermit ihrer

Leiterin MariaDolores

Schneiders(in Weiß)

LH Dr. Ratzen-böck (re) begrüßtein Mitglied vonEntre Rios(1988)

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Eva Butzschedel, geb. Nadelstumpf, geboren1931 in Filipowa, schildert 1947 nach derFlucht ihre in zwei Jahren gewonnene bittereLagererfahrung (gedruckt in ArbeitskreisDokumentation, Leidensweg der Deutschenim kommunistischen Jugoslawien, Band III,S. 598–609). Ihr Bericht, noch ganz unterdem Eindruck der Ereignisse aufgezeichnet,gehört wohl mit zum Erschütterndsten, wasDonauschwaben über ihr Schicksal über-liefert haben. Ergreifender Höhepunkt sindder Tod der Mutter (am 4. Februar 1946Leidensweg III, 605f.) in Gakowa und diesieben Wochen einer zähen und verzweifeltenFlucht der Nadelstumpf-Kinder, der 15-jähri-gen Eva und ihres noch nicht vierjährigenSchwesterchens Monika (geb. 1942), um derEinweisung in ein jugoslawisches Kinderheimzu entgehen.

Der Vater, vom Krieg heimgekehrt, musstesich täglich beim Kommando der Partisanenmelden, wurde gefoltert, samt anderen Män-nern fortgeschleppt und landete in russischerGefangenschaft. Vom einzigen Sohn Franz(Jg. 1925) kam zwei Jahr vorher das letzteLebenszeichen aus Frankreich. Die zweiälteren Töchter Rosi (1923–1977) und Bar-bara (Jg. 1928) waren auf Zwangsarbeit inArbeitslagern der Batschka. Eva kam nach derAustreibung der Filipowaer am 31. März1945 zusammen mit ihrer Mutter und dernoch kleinen Monika ins Lager Gakowa,musste aber fortwährend „auf die Robot“ inArbeitslagern der Umgebung. Nach einerFlucht zusammen mit Freundinnen von derArbeitsstelle erwischt und schwer misshandelt,gelangte sie durch Gottes Fügung wieder insLager Gakowa zur Mutter und der kleinenSchwester. Es folgten Bettelgänge aus demLager, Erwischtwerden, Misshandlungen im„Keller“ – Lageralltag im Winter 1945/46 –Hoffnungslosigkeit.

Die Mutter erkrankt schwer an Typhus. EvaButzschedel schreibt: „Der Zustand in unse-rem Zimmer, aber auch der der Mutter, wurdevon Tag zu Tag schlimmer. Wir beteteninständig. Mutter hörte überhaupt nicht mehrauf zu beten. Aber der liebe Gott wollte esanders mit ihr. Ihr Zustand verschlimmertesich, und wir sahen ihren Tod kommen. ImZimmer lagen alle bereits in hohem Fieber. Indiesem Zustand wusste keiner etwas vom

anderen. Nur Tante Sali (Rosalia) krabbeltenoch etwas auf, obwohl sie fast selbst nichtmehr konnte und half uns Kindern, die Mut-ter zu pflegen. Monika und ich waren nochgesund. Als Monika merkte, dass Mutter demTod entgegenging, da war sie nicht mehr vonihr wegzubringen. Sie rief immer: ‚Mutti, geldu schterbsch net, gel Mutti, du losch uns netallo(n)ich!‘ Sie flehte: ‚Dreimal WunderbareMutter, helf der Mutti !‘ Mit ihren Händentastete sie immer wieder die Mutter ab undsah, dass sie immer schwächer wurde. Datropften ihre Tränen ununterbrochen auf dieTodkranke, als glaubte sie, damit die Muttervom Tode retten zu können. Ich glaube, eskann auf der Welt einem Kinde nichts Schlim-meres zustoßen, als in einer so schrecklichenVerlassenheit, umringt von Tod und Not, amTodeslager der Mutter zu knien und ihr inihrer Todesnot nicht helfen zu können undmit ansehen zu müssen, wie der Tod langsamnach ihr greift und sie für immer raubt.

Am 4. Februar 1946 in der Früh um sechsUhr wurde Mutter immer ruhiger. Ganzplötzlich und unerwartet trat Schwester Aure-liana (Maria Lung, aus Filipowa, Orden derKreuzschwester, 1918–1980, Anm. Red.), dievon weither gekommen war, in das Zimmer,sah uns bei der Mutter knien und bitterweinen. Blitzschnell riss sie ihre Tasche aufund griff nach der Spritze, um der krankenMutter noch zu helfen. Als sie am Puls fest-stellte, dass der Tod bald eintreten werde, sahsie, dass sie zu spät gekommen und der Mut-ter nicht mehr zu helfen war. Sie kniete sichdann neben Monika und mich und betete mituns die Sterbegebete, währenddessen unservielgeliebtes und teures Mutterherz sanft fürimmer entschlief. Arm lag unsere gute undstets selbstlose Mutter auf einem bisschenStroh auf kalter Erde im ungeheizten Zimmertot da. Sie hatte den grausamen Kampf desLebens friedlich beendet. Wir zwei, Monikaund ich, knieten alleine von ihren fünfKindern, die ihr doch alles im Leben warenund soviel für sie bedeutet hatten, am Sterbe-lager und weinten und schluchzten in dieheilige Stille des Krankenzimmers, in demeines neben dem anderen auf dem Boden lagund mit dem Fieber kämpfte.

Wir falteten der Mutter die Hände und bette-ten sie, wie es in diesem Lager üblich war, auf

Der Tod im Lager Gakowa

GAKOWA – TOD einer Mutter

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ihr schwarzes Wollhalstuch. Wie sie als Klein-kind in das Kinderpolster gebunden wordenwar, so schlugen wir das untere Ende über dieFüße, dann wurde der rechte und linke Teilübereinandergeschlagen und zugenäht. Derobere blieb noch offen. Dieses warme Tuchwurde zum Sarg für die Mutter. Wir trugen siein die hintere Kammer und legten sie aufden eiskalten Boden. Alles musste jaschnell gehen, und die Toten musstenaus dem Zimmer entfernt werden, damites wieder für Andere Platz gab. Ich gingund verkaufte Mutters letzte Kleidungs-stücke, um für sie ein Extragrab zu be-sorgen. Als ich heimkam, fand ichMonika, das arme Kind, in der dunklenKammer bei der Mutter knien und sah,wie sie deren Augen immer öffnenwollte und sagte: ‚Mutti, schau dochnoch amool dei Monika oo(n), schaudoch bitte!‘ Sie weinte und schluchztein einem fort. Als ich sie aus der kaltenKammer wegbringen wollte, da mussteich fast Gewalt anwenden.

Bevor man die Mutter für den letztenWeg auf den Friedhof vorbereitete, warenwir Kinder allein um sie, und Monika riefimmer wieder: ‚Mutti, wach doch uf !‘ Wirzitterten am ganzen Körper vor Angst undLiebe. Wir streichelten und küssten sie nocheinmal unter Schluchzen und Weinen, dochdie Liebe erweckte die tote Mutter nichtmehr. Da kam Tante Sali, selbst auch nochkrank, ihre Mutter, Frau Katharina Hoff-mann und Frau Anna Schwellinger und näh-ten Mutter in das Tuch ganz ein. Man legtesie ganz behutsam auf den Schubkarrenund fuhr sie auf den Friedhof.“

Als Monika, nunmehr elternloses Kind, inein staatliches Kinderheim fortgebrachtwerden sollte, wagte Eva mit ihr die Flucht ausdem Todeslager Gakowa. Nach abenteuer-lichen Wanderungen durch die Deckung bie-tenden Kukuruzfelder von einem Arbeitslagerzum anderen, zwischendurch stets Tage undWochen in Kammer und auf Dachboden ver-steckt, trafen sie auf ihren Onkel, der im LagerBatsch-Brestowatz als Barbier zwangsinter-niert arbeitete. Der Lagerkommandant dul-dete, dass ihr Onkel sie betreut. Die Arbeits-lager wurden aber aufgelöst und die Insassenkamen in das Todeslager Kruschiwl. Über dierettenden Grenzgänge schreibt sie: „Dort (inKruschiwl, Anm. Red.) ließ Onkel auch dieanderen Angehörigen von Gakowa herüber-

kommen. Am 1. Mai 1947 rettete uns HansZollitsch aus diesem Lager nach Ungarn.Bevor wir aber diesen Ort verlassen haben,ging mein Blick noch einmal hinüber nachGakowa zum Grab der Mutter. Ich bat sie, siemöge ihre Kinder auf ihrer weiteren Wande-rung nicht vergessen und sie stets segnen.“

Bilder und Erlebnisse, die zeit-lebens nicht mehr loslassen: „Ausgehungerte“ 1945

im Lager Gakowa, im damaligen Jugoslawien

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Lehrer und bald auch als Rektoran Sonderschulen.Robert Rohr besaß die außerge-wöhnliche Gabe, gerade solchenKindern Lernstoff beizubringen,denen es schwerfällt, gesprocheneSprache in Schrift und Schrift ingesprochene Sprache umzusetzen.In seinen vierzig Jahren Berufs-erfahrung hat er mit seiner Me-thode, Kindern das Lesen undSchreiben beizubringen, das Auf-treten von Legasthenie verhin-dern können. Wenn Rohrs Me-thode in den Schulen Verwen-dung fände, dann könnte sich derStaat das Geld für teure Förder-stunden sparen. Neben demHören und dem Sehen bezog

Rohr nach dem Vorbild seines eigenen Lehrersin der Heimat auch Handbewegungen für jedenBuchstaben ins Lernen ein. Bis heute bleibtRohrs Werk unübertroffen. Es ist ein wertvollesArbeitsmittel in der Hand jeder Grundschul-lehrerin und jedes Grundschullehrers, aber auchjeder Mutter und jedes Vaters.

Zu beziehen ist das Buch über die Buchhand-lungen und beim Verlag www.rottenbücher-verlag.deund kostet 19,50 Euro.

Robert Rohrs Werk „Lega undSteni, ein Lernsystem zur Vermei-dung oder Behebung der Lese-und Rechtschreibschwäche (Le-gasthenie)“ wurde in verbesserterAuflage herausgegeben. Die ersteAuflage von 1979 war längst ver-griffen und vergessen. Die jetzigeHerausgeberin Elisabeth Hamel(Tochter von Hans Kanz ausWerschetz und Rosa Kanz/Rot-tenbücher aus Kikinda) konntesich die Rechte von Rohrs Witwesichern und will Rohrs erprobteLernmethode in der verbessertenNeuauflage der Nachwelt zugäng-lich machen. Beim Namen desVerlags „Rottenbücher Verlag“stand ihr musikalischer GroßvaterJohann Rottenbücher Pate. Die neuen, sehransprechenden Illustrationen gestaltete HamelsNeffe, Maximilian Wust, der Graphik undDesign studiert hat – das Ganze ist nun einFamilienwerk.Robert Nikolaus Rohr (1922–2008) wuchs inWerschetz (heute Vrsac in Serbien) auf. Dortbestand er 1941 die erste Lehramtsprüfung.Nach dem Krieg konnte er erstmals 1948 in derOberpfalz wieder als Volksschullehrer arbeiten.1952 zog er nach München und wirkte als

Robert Rohrs Werk „Lega und Steni“in verbesserter Auflage erschienen

„Was damals – in den Jahren 1944 bis 1948 – geschah, waren meine Beweggründe, das Buch:

Ich hörte die Totenglocken läutenDer Völkermord an den Donauschwaben in Jugoslawien

zu schreiben. Es soll und darf nicht geschehen, dass nach weiteren Jahrzehnten die Geschichte ver-gessen hat, dass es einmal die Donauschwaben gab. Es geht mir in dieser „Generalbeichte“ nicht ummeine eigenen Erlebnisse. Was ich in diesem Buch erzähle, haben in ähnlicher Weise zehntausendeLandsleute erleiden müssen. Um das nicht der Vergessenheit anheimfallen zu lassen, soll dieses Buchverhindern helfen. „Ich glaube es ist gut geeignet, es unseren Kindern und Enkeln in die Hand zudrücken, damit sie niemals vergessen, was damals geschah.“ schreibt Landsmann Peter Kaip.Nachdem dieses großartige Buch vergriffen ist, wird von unseren Landsleuten nachgefragt, ob es viel-leicht aus zweiter Hand zu erwerben ist.

Aktuell liegt uns folgende Anfrage vor: Mein Vater heißt Peter Beissmann, ist aus Apatin undwurde am 7. Juni 2010 81 Jahre alt. Er hat in einem Mitteilungsblatt der Donauschwaben Ober-österreich einen Beitrag über ein Buch von Herrn Peter Kaip gelesen. Der Titel des Buches lautet:Ich hörte die Totenglocken läuten – Der Völkermord an den Donauschwaben in Jugoslawien.

Können Sie mir weiterhelfen dieses Buch doch noch für meinen Vater zu besorgen?

Anni Decker [mailto: [email protected]]

Buch-Nachfrage

Elisabeth Hamel-Rohrin D-85560 EbersbergHerausgeberin dieserverbesserten Ausgabe

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Am 24. Juli 2010 wurden die Heimattafeln derHeimatortsgemeinschaften Futok und Jarek an derStadtmauer am Donauufer eingeweiht.Die Eröffnungsveranstaltung leitete ein Bläserquartett miteinem Choral ein.

Danach begrüßte der Bundes- und Landesvorsitzende derLandsmannschaft der Donauschwaben Hans Supritz die Gästemit einer kurzen Ansprache.

Anschließend begrüßte der Oberbürgermeister der Stadt Ulm,Herr Ivo Gönner, die Gäste. Es erfolgte die Enthüllung derTafeln an der Stadtmauer am Donauufer, begleitet durch dasBläserquartett mit einem Choral. Es wurde ein gemeinsamesBlumengebinde für Futok und Jarek am Ahnenauswanderer-Denkmal, das sich neben der Mauer mit den Heimattafelnbefindet, zum Gedenken der Toten, unter den Klängen „Ichhatte einen Kameraden“, niedergelegt.

Es folgte eine kurze Ansprache durch die Vertreter der Hei-matortsgemeinschaften Futok, Franz Helfrich und Jarek,Michael Schmidt sowie ein Schlusswort des Vorsitzenden HansSupritz.

Danach gingen wir zum gemeinsamen Mittagessen und imAnschluss daran ins Donauschwäbische Zentralmuseum.

Heimattafeln der Heimatortsgemein-schaften Futok und Jarek eingeweiht

von Stefan Barth

Foto oben:Veranstaltungs-Teilnehmer aus Futok…

…und aus Jarek

Heimattafeln der OrtsgemeindenFutok und Jarek

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Die sinngemäße Übersetzung lautet:

„Es war ein Kampf“Die Schwaben kamen in unser Heimatland. Siesetzten Dörfer in Brand und mordeten das Volk.Mit den Schwaben kamen auch die Ustaschi.Unsere Volkskämpfer verteidigten das Dorf inder Banija. Der Kampf wurde am Waldrand aus-getragen. Die Kämpfer schossen und warfenBomben. Unsere Kämpfer schlugen die Schwa-ben und die Ustaschi zurück. Das Dorf wargerettet. Der Kampf brachte uns den Sieg. AlleEinwohner des Dorfes freuten sich. Heute gibtes keinen Krieg mehr. Wir haben gesiegt. Es gibtkeine Ustaschas und keine Schwaben mehr. DerKampf hat uns gerettet. Wir sind frei.Man beachte in dem Text, der beim Buchstaben„B“ im Lesebuch für die ABC-Schützen desTito-Regimes abgedruckt wurde, dass dortsteht: „Die Schwaben kamen und mit ihnenkamen auch die Ustaschi“. Schon den Kleinstenwurde mit dem Begriff „Schwaben“ die kollek-tive Beschuldigung der „Schwaben“ eingetrich-tert und damit der Samen für den Hass auf dieSchwaben immer wieder aufs Neue gesät.Es steht also hier nicht, der Feind, oder die deut-schen Soldaten oder die Deutsche Wehrmacht,sondern die Schwaben. So aber hat man inJugoslawien nur die Donauschwaben (Volks-deutsche) bezeichnet !Wenn man das weiterspinnt, dann haben TitosVolksbefreier nicht auf die Soldaten geschossen

und Bomben geworfen, sondern auf dieSchwaben.

Im Gegensatz dazu wird die BezeichnungUstascha korrekt verwendet, was nicht eineVolksgruppe beschreibt, sondern bewaffnetekroatische Einheiten unter dem FaschistenführerAnte Pavelic.

Nun kann die Frage gestellt werden, was hatdenn das heute noch für eine Bedeutung, wodoch das kommunistische Jugoslawien schonlängst zerfallen ist und sich Slowenien, als einerder Nachfolgestaaten, bereits in der EU-Ge-meinschaft befindet und Kroatien demnächstauch diese Hürde nehmen wird und Serbien denAntrag zur Aufnahme gestellt hat?

Ob eine solche Frage heute noch relevant ist,hängt vom Blickwinkel ab, aus dem man die Zeitbetrachtet, in der der Staat das totale Meinungs-und Bildungsmonopol hatte und alle Medienund Institutionen kontrollierte, zu denen na-türlich auch die Schulen und Universitätengehörten.

Alles war in dieser Zeit zentralistisch gelenkt undwurde vom Staatssicherheitsdienst überwacht,insbesondere aber was über die Zeit des „Volks-befreiungskampfes“ gelehrt und in die Ge-schichtsschreibung und Schulbücher einge-flossen ist.

Und hier sind wir an dem Punkt des obengenannten Blickwinkels, der sich auf die Epochejugoslawischer und später serbischer Geschichts-

Rückblick und Gegenwart

Was lernten die ABC-Schützen unterden Tito-Kommunisten?

Es gibt das Sprichwort, „Die Erziehung beginnt schon in der Wiege“ und „was Hänschennicht lernt, lernt der Hans nimmer mehr“. Diese Methode der nachhaltigen Früh-erziehung schöpfte das TITO-Regime voll aus für seine kommunistisch indoktrinierteErziehung der Kinder und Jugendlichen. Der kleine Auszug aus dem ABC-Lesebuchzeigt uns deutlich, wie man schon die Kleinsten programmierte.

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schreibung richtet, die heute offen als die Zeitbezeichnet wird, in der das Thema Donau-schwaben ein absolutes Tabu-Thema war, unddas dauerte über 50 Jahre lang!Nun sollte man meinen, dass diese, vom kom-munistischen Staat gelenkte und überwachteGeschichtsschreibung durch die viel gepriesene,vom Parlament der Vojvodina eingesetzte Kom-mission zur Wahrheitsfindung, nach freiheitlichdemokratischen Regeln eine Bereinigung statt-gefunden hätte und endlich auch von dieserSeite „sauberes“ Quellenmaterial für die For-schung zur Verfügung stünde.Dem ist aber leider nicht so !Eine erkennbare Läuterung hat bei den serbi-schen Historikern, die in der Kommunistenzeitihr Handwerk erlernen und ausübten, bis heutenicht stattgefunden.Ihre Werke werden auch heute noch kommen-tarlos und ungeniert von jüngeren serbischenHistorikern und Doktoranten als wissenschaft-liches Quellenmaterial für ihre „neueren“ For-schungen und Dissertationen benutzt.Leider tun dies auch Historiker aus dem west-lichen Ausland. Sie benutzen diese sog. wissen-schaftlichen Quellen für ihre Geschichtsschrei-bung. Damit aber bleibt die Objektivität undmit ihr die Wahrheit auf der Strecke und trittsich fest.Da drängt sich die Frage auf, warum ist dasimmer noch so?Auf donauschwäbischer Seite sind in vielen Jahr-zehnten mit sorgfältiger Forschungsarbeit diehistorisch wertvollen Dokumentationen: „Lei-densweg der Deutschen im kommunistischenJugoslawien“, „Verbrechen an den Deutschenim Jugoslawien 1944 –1948“, „GENOCIDE“an der deutschen Minderheit in Jugoslawien1944 –1948 in englischer und serbischer Spra-che und das „Rechtsgutachten über die Verbre-chen an den Deutschen in Jugoslawien 1944 –1948“, entstanden.Sie lassen kaum eine Frage zu den Geschehnis-sen, insbesondere in der Zeit 1944 bis 1948,offen.Trotzdem sind diese auf mehreren tausend Sei-ten dokumentierten Erkenntnisse, Fakten undDaten nur ganz schwach in die jüngere Ge-schichtsschreibung in Serbien eingeflossen.Ganz im Gegenteil werden diese Werke auchheute immer noch als nicht wissenschaftlichgenug abgetan oder einfach ignoriert.Einer der Gründe dafür ist sicher der, dass esbis heute keine „harte“ Auseinandersetzungzwischen den Historikern beider Seiten zurWahrheitsfindung stattgefunden hat. Die auf do-nauschwäbischer Seite erbrachten Forschungs-

ergebnisse wurden nicht auf wissenschaftlicherAugenhöhe dem gegenüber gestellt, was in derKommunistenzeit unter dem Deckmantel derWissenschaft geschrieben wurde.

Die donauschwäbischen Dokumentationen, ins-besondere der GENOCIDE-Band in serbischerSprache, wurden in großen Stückzahlen nachSerbien gebracht. Sie wurden aber zum großenTeil nicht so verteilt, wie es hätte sein müssen,wofür es auch Gründe gibt, denn die in der lan-gen Kommunistenzeit aufgebauten Strukturenwirken noch heute nach und, wer unter denWölfen lebt, muss, um nicht gefressen zu wer-den, mit ihnen heulen. Unsere Kontaktleutehatten ganz einfach Angst ! Die Bücher konntenihre Wirkung nicht entfalten, weil sie auf demStapel oder in den Regalen blieben!

Das ist bitter, aber wahr.

Wenn wir Dokumentationen erstellen und wirdamit nicht in die direkte, wenn nötig auchöffentliche und aggressive, Auseinandersetzungmit den serbischen Historikern gehen, dannhaben wir zwar sehr viele unserer Landsleuteinformiert und weltweit Bibliotheken versorgt,aber die Revision der Geschichtsfälschung in denVertreiberstaaten haben wir bis heute nicht ver-mocht auch nur anzustoßen.

Wir sind nicht in die Höhle des Löwen ge-gangen!

Dies wurde auch jüngst durch die Ausstellung„Daheim an der Donau“ und dem dazuge-hörigen Katalog sichtbar. Hierauf erfolgte eineheftige und berechtigte Reaktion, die schon vielfrüher hätte stattfinden müssen.

Und gerade deswegen sind jetzt seitens derdonauschwäbischen Gemeinschaft große An-strengungen notwendig, auf eine Korrektur dervielen Unwahrheiten, Verdrehungen und Weg-lassungen mit geeigneten Methoden und Stra-tegien hinzuarbeiten.

Poltern in der Öffentlichkeit hilft da wenig!Beharrlich auf eine Bereinigung hinzuarbeitenist jetzt dringend angesagt.

Man muss, wie schon oben angedeutet, in dieoffene Konfrontation, auf wissenschaftlicherEbene gehen.

Es wird nun in kurzer Zeit aufzuarbeiten sein,was nicht erst seit vorgestern bekannt ist.

Dies ist in erster Linie eine originäre Aufgabederer, die auf donauschwäbischer Seite ge-forscht und dokumentiert haben. Gemeint istdie Donauschwäbische Kulturstiftung in Mün-chen. Sie gilt es nun mit allen Kräften zu unter-stützen!

Hans Supritz, Bundesvorsitzender(der Donauschwaben in Deutschland, Anm. Red.)

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Die Ausstellung zeigt in eindrucksvollerWeise die Ursachen, den Verlauf und dasAusmaß der Gräueltaten auf, die an denDonauschwaben durch das kommunistischeTitoregime im ehemaligen Jugoslawienbegangen wurden. Der Ausstellung wurdendie wissenschaftlich fundierten Ergebnissedes Arbeitskreises „Dokumentation – Ver-brechen an den Deutschen in Jugoslawien1944 –1948“ zu Grunde gelegt, welche imAuftrag der „Donauschwäbischen Kultur-stiftung München e.V.“ unter der Leitungvon Prof. Dr. Georg Wildmann auf derGrundlage zahlreicher Dokumente undBerichte von Zeitzeugen ermittelt wurden.Im Zuge der Vorbereitungen zu dieser Aus-stellung haben die Verantwortlichen derLandsmannschaft der Donauschwaben –Landesverband Bayern e.V, aber auch selbsteine Vielzahl an Dokumenten, Gutachtenund Erlebnisberichten gesichtet, geprüftund in die Texte eingearbeitet. Da es vondiesen grauenhaften Geschehnissen kaumFotographien gibt, wurden zur besserenVeranschaulichung viele Tuschzeichnungendes aus Brestowatz/Batschka stammendenKunstmalers Sebastian Leicht mit verwen-det, welcher selbst Zeitzeuge und Betrof-fener war und so authentisch und aus seinemeigenen Erleben heraus die damaligen Ge-schehnisse bildmäßig eindrucksvoll wieder-gegeben hat.

In seiner Eröffnungsansprache erklärte derVorsitzende der Landsmannschaft der Do-nauschwaben – Landesverband Bayern e.V.,Hermann Schuster, dass es zuvorderst Zielder Ausstellung ist, den zahllosen Opfernein Gesicht zu geben und sie dem Vergessenzu entreißen, gleichzeitig unterstrich er aberauch die Notwendigkeit, den dunkelstenZeitabschnitt in der über 300-jährigen Ge-schichte der Donauschwaben mehr in das

Bewusstsein der öffentlichen Meinung zubringen: einerseits weil man sich energischgegen jegliche Versuchung wehren müsse,die seinerzeitigen Opfer zu Tätern zu ma-chen, und weil es andererseits erschreckendsei, wie wenig man auch hierzulande überdie Entrechtung, Vertreibung, Verschlep-pung und den an den Donauschwaben ver-übten Völkermord wisse. Er wies aber auchdarauf hin, dass auch die Donauschwabenmit den anderen Vertriebenen bereits imJahre 1950 die Charta der Deutschen Ver-triebenen unterzeichnet haben, in der vonden Vertriebenen ausdrücklich auf Racheund Vergeltung verzichtet wurde und inwelcher der uneingeschränkte Wille be-kundet wurde, auf ein friedliches Zusam-menwirken der Menschen hinzuwirken. Sosei das Handeln und Streben der Donau-schwaben auf Ausgleich und Versöhnungausgerichtet. Er zitierte in diesem Zusam-menhang auch einen Satz von Kardinal JosefRatzinger, unserem heutigen Papst BenediktXVI., der uns anlässlich seiner Predigt ausdem Jahr 1979 als Wegweisung aufgegebenhat: „Aber eine Versöhnung, die den Ver-zicht auf geschichtliche Wahrheit voraus-setzt, ist keine wahre Versöhnung. Sie hatein schlechtes Fundament!“

Die Ausstellung ist als Dauerausstel-lung konzipiert und kann während derÖffnungszeiten des Hauses der Do-nauschwaben in Haar besucht werden;für Gruppen könnten auch gesonderteBesuchszeiten telefonisch (0049-89/456 99190) vereinbart werden.

Für die Vorstandsschaft Hermann Schuster,Vorsitzender

„Die Verbrechen an den Donauschwaben inJugoslawien in den Jahren 1944 bis 1948“

Ausstellung eröffnet:

Am 16. Mai 2010 hat der Vorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben –Landesverband Bayern e.V, Hermann Schuster, im Haus der Donauschwaben inHaar bei München die Ausstellung „Die Verbrechen an den Donauschwaben inJugoslawien in den Jahren 1944 bis 1948“ eröffnet.

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Der Donauschwabe Andreas Urteil (1933–1963) aus Gakowa –ein „Klassiker“ der österreichischen Bildhauerkunst nach 1945

Kulturnachrichten von Silvia de Carvalho-Ellmer

Im Wiener Museum MUSA-Museum auf Abruf,ist zur Zeit die Ausstellung

> raum körper einsatz <zu sehen und ich hatte das Vergnügen, mir heutepersönlich ein Bild über die ausgestellten Skulptu-ren unseres Landsmannes Andreas Urteil zumachen, und möchte Ihnen den donauschwäbi-schen Bildhauer hier nun gerne vorstellen:Andreas Urteil wurde am 19. Jänner 1933 inGakova geboren. Es ereilte ihn das Los vieler unse-rer Landsleute und wurde 1945 gemeinsam mitseiner Mutter und seinem Bruder interniert. ImSpätherbst desselben Jahres gelang ihnen dieFlucht nach Wien, wo Andreas Urteil seinen Vaterwiedertraf.Andreas’ Vater war Steinmetzmeister und der Sohnhatte dieses Talent geerbt. Er war bereits ab 1947autodidaktisch als Bildhauer tätig, bevor er imJahre 1948 eine Lehre zum Steinmetz bei derFirma Eduard Hauser in Wien begann. Danebenbesuchte er abends auch Kunstvorlesungen ander Wiener Volkshochschule und begann sich mitdem Zeichnen zu beschäftigen. 1951 begann er ander Wiener Akademie der Bildenden Künste zustudieren. Dort lernte er zuerst zwei Jahre beiFranz Santifaller, bevor er 1953 Schüler in FranzWotrubas legendärer Meisterklasse wurde. Einerseiner Kommilitonen im Atelier Wotruba war unteranderem der berühmte österreichische BildhauerAlfred Hrdlicka…Die u.a. ausgestellte Skulptur eines liegendenJünglings entstand im Jahr 1955 im Auftrag derStadt Wien als eine Freiplastik. Sie ist aus Natur-stein, hat die Maße 60 x180 x 50 und stehtstilistisch Wotrubas Jünglingsfiguren nahe, diedieser vor seiner Flucht in die Schweiz im Jahre1938 erschaffen hatte. 1962 wurdediese Skulptur von der StadtWien im Rahmen von„Kunst am Bau“ in einerWiener Wohnhausanlageaufgestellt. Urteils„Liegender Jüng-ling“ beeindrucktvor allem durch diefragile Balance zwi-schen entspannterRuhelage und ei-ner leichten Bewe-gung, die durchkaum merklicheVerschiebung derGliedmaßen sicht-bar wird.

Im Jahr 1961 bekam Urteil einen Lehrauftrag fürSteinbildhauerei an der Akademie der BildendeKünste in Wien. Ab Ende der 1950er Jahre er-hielt seine Kunst internationale Beachtung. Erstellte in der Wiener Sezession, im Wiener Museumdes 20. Jahrhunderts, in der Hochschule für Bil-dende Künste in Berlin und im Palais des Beaux-Arts in Brüssel aus. Im Sommer 1962 nahm er amBildhauersymposion St.Margarethen im Burgen-land teil.Im Jahr 1963 starb er, schwer erkrankt in Wien.Auch nach seinem Tod wurden und werden seineArbeiten weiterhin in aller Welt ausgestellt.Andreas Urteil hinterließ ein reichhaltiges Lebens-werk aus Zeichnungen und Skulpturen in Stein,Bronze, Holz und Stampfbeton. Er schuf zahl-reiche spontan modellierte Knorpelfiguren undimaginäre Figurationen.Urteil erhielt im Jahr 1962 den ÖsterreichischenStaatspreis für Bildhauerei. Im Jahr 1977 wurdeihm ein dauerhaftes Denkmal gesetzt, als in WienDonaustadt (22. Bezirk) der Andreas-Urteil-Wegnach ihm benannt worden ist.Unser allseits geschätzter Historiker Dr. GeorgWildmann meint dazu: „Wir können auf unserenLandsmann, der in kurzer Zeit zu einem der füh-renden Bildhauer Österreichs emporgestiegen ist undhier den alten Meistern Wotruba und Hrdlickagleichgestellt wird, stolz sein. Es war ihm leider, viel-leicht auch eine Folge der Vertreibung, nur eine sehrkurze Lebensspanne vergönnt. Er galt als großebildhauerische Begabung und hätte wohl eine großeKarriere vor sich gehabt“.Ich war heute jedenfalls sehr stolz, als Donau-schwäbin die wunderbaren Werke unseres berühm-ten, leider viel zu früh verstorbenen Landsmannes

in natura bewundern zu dürfen.

raum körper einsatz .Positionen der Skulp-

tur MUSA-Museumauf Abruf, 1010

Wien, Felderstra-ße 6–8, bis 9. Ok-tober ’10, Di bisFr 11–18 Uhr,Do bis 20 Uhr,Sa 11–16 Uhr(Eintritt frei).

Quellen: Wikipedia,Ausstellungskatalog

(Franz Smola)

Frau

de

Carvalho-Ellmer bei der ausgestellten Skulptur eines liegenden

Jünglings

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sah sich veranlasst, die Jugendlichen zur Ruhezu mahnen.10 Am 12. April hegte Janko offenbarnoch die Hoffnung, dass die deutschen Truppenin Neusatz einziehen würden, zogen sie dochschon unter Peterwardein vorbei, momentannoch nach Meinung der Volksgruppenführunginfolge der gesprengten Brücken am Einzuggehindert. Janko rief am selben Tag die Deut-schen von Neusatz in einem Flugblatt „zurBegrüßung der Soldaten Adolf Hitlers“ auf.Kein deutsches Haus sollte ohne Hakenkreuz-fahne bleiben. Indessen konnte nur ein einzigerdeutscher Soldat per Auto von Palanka heran-geholt werden. Es kam zu einem inszeniertenEinzug bis hin zum mit Hakenkreuzfahnengeschmückten Habag-Haus, der demonstrierensollte, die Stadt sei schon den Deutschen über-geben.

Da nun die örtliche Polizei als letzte Ordnungs-macht ihrer Aufgabe nicht mehr sicher war,einigte man sich darauf, eine Bürgerwehr aufzu-stellen, die paritätisch aus Deutschen, Ungarnund Serben gebildet wurde. Sie besetzte diestrategisch wichtigen Punkte der Stadt, währendeine Gruppe deutscher Jugendlicher sich be-waffnete und besagte Waffen herbeikarrte, sodass Janko sich genötigt sah, diese im Habag-Haus zu verwahren.11

Josef Beer übernahm die Aufgabe, serbischeOffiziere über die Donau zu bringen. Dieseübergaben sich dort den deutschen Truppen.Beer konnte indes auch eine Gruppe von etwa20 deutschen Soldaten veranlassen, mit nachNeusatz zu kommen. So konnte eine Delegationder Volksgruppe den auf Befehl vom 9. Aprilaus der Batschka in Richtung Syrmien sich abset-zenden größeren Verbänden der 1. jugo-slawischen Armee („Nordarmee“) erklären,Neusatz sei schon von deutschen Truppenbesetzt. Einheiten dieser Armee hatten angeb-lich mit dem „Spuk der Bürgerwehr“ in Neusatzaufräumen wollen; sie zogen jedenfalls inRichtung Titel ab.12 Die Verschleppung undErmordung von neun bewaffneten deutschenMännern der Bürgerwehr von Pantschowa/

von Georg Wildmann Fortsetzung und Schluss von Heft 1/2010

Gab es unter den Donauschwabender Vojvodina LANDESVERRÄTER?

Das Verhalten der Volksgruppen-führung in Neusatz

Was nun die Haltung der Volksgruppenführungselbst betraf, so wurden am 27. März 1941, demTag des Putsches, Janko, Awender, Lichten-berger, Wüscht und Hamm in ihren Häusernunter Hausarrest gestellt. Doch schon am 29.März hatte sich die Lage normalisiert, Jankowurde nach Belgrad gerufen und der neueRegierungschef Ducan Simovic bat ihn, eineVermittelrolle zu übernehmen und nach Berlinzu reisen, wozu es aber nicht mehr kam. DieVolksgruppenführung vereinbarte, bei Ausbrucheines Krieges im Habag-Haus zusammenzu-kommen und sich dort mit Sandsäcken zu ver-barrikadieren. Am 5. April konnten 20 Pistolen,eine Maschinenpistole und einige Handgranatenvon der Deutschen Gesandtschaft abgeholt wer-den. Ihr Vorhandensein wurde dem Vize-BanusMilutin Nagulic mitgeteilt, der dies zur Kennt-nis nahm.6 Verbindung mit den Siedlungsgebie-ten bestand nur per Kurier. „Janko vertrat dieAuffassung, dass die Volksgruppe in keinerWeise an militärischen Operationen teilnehmendürfe. Die Männer in den grenznahen Gebietensollten eventuell nach Rumänien flüchten. Sogingen ‚einige Hundert‘ nach Rumänien, diedann später mit den deutschen Truppen zurück-kehrten, zum Teil als Soldaten.“ 7 Am 6. Aprilumstellte die Polizei das Haus, um die Insassenvor Bandenüberfällen zu schützen.

Was die „Waffentransporte“ betrifft, die lautSchieder-Dokumentation im Habag-Haus ein-trafen,8 sollte man die Vorgeschichte kennen.Am 11. April, als die ungarische Armee vonNorden kommend die Batschka zu besetzenbegann, hatte ein jugoslawisches Regimentsämtliche Waffen in Neusatz abgelegt. ZurWaffenniederlegung waren sie vom Bürger-meister der Stadt und dem Polizeipräsidenten,alles Serben, überredet worden. Es handelte sichdemnach ausschließlich um jugoslawische Waf-fen,9 die vor allem von volksdeutschen Jugend-lichen ins Habag-Haus gebracht wurden. Janko

6 Vgl. Wüscht, Beitrag, S. 73.7 Shimizu, Akiko: Die deutsche Okkupation des serbischen Banats 1941–1944 unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Volksgruppe in

Jugoslawien. Regensburger Schriften aus Philosophie, Politik, Gesellschaft und Geschichte, Bd. 5, Münster 2003, S. 93 (Fortab abg. Shimizu,Okkupation).

8 Etwa 1000 Gewehre, etwa 30 LMG, 15 SMG, 3 Pak, etwa 60.000 Schuss Infanteriemunition und große Mengen Handgranaten, so nachDok. V, S. 47E.

9 Vgl. Wüscht, Beitrag, S. 77f.10 Vgl. Beer, Zeitgeschichte, S. 111.11 Vgl. Beer, Zeitgeschichte, S. 110f., Shimizu, Okkupation, S. 96f.12 Vgl. Beer, Zeitgeschichte, S. 111.

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Hans und Elisabeth Haubert aus Batschsentivanfeierten im Kreise ihrer Lieben am 10. Juni 2010

die Diamantene Hochzeit. Dazu hatten ihreKinder eine tolle Feier organisiert. Getanzt

wurde im Grünen – wie vor 60 Jahren.

Für die Stadt Wels überbrachte Frau Vizebgm. SilviaHuber die Glückwünsche der Stadt sowie ein Geschenk.

Das Ehepaar Haubert, dass zwei Kinder, drei Enkelkinderund zwei Urenkel hat und in Wels wohnt, wo außer ihnenaus Sentivan nur noch die Kusine der Jubilarin, Frau BarbaraRettig, geborene Heiser lebt, grüßt alle Sentivaner rechtherzlich.

Die Landesleitung unserer Landsmannschaft gratuliertauf das Herzlichste zu diesem schönen Fest und wünschtalles erdenklich Gute für die Zukunft.

13 Zum genaueren Ablauf der Ereignisse in Pantschowa wurde in den „Mitteilungen“ schon gehandelt.14 Johann Wüscht, Die magyarische Okkupation der Batschka 1941–1944. Dokumentarische Stellungnahme zur jugoslawischen Darstellung,

Selbstverlag, Kehl a. Rh. 1975, S. 7 (abg. Okkupation)15 Wüscht, Okkupation, S. 1216 Zur ausführlichen Darlegung der schrecklichen Ereignisse vgl. Beer, Zeitgeschichte, S. 112f.

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Pancevo durch ein abziehendes jugoslawischesInfanterieregiment demonstriert die Gefährlich-keit des gesamten Unterfangens.13

Über das Verhalten der Donauschwaben beimEinmarsch der ungarischen Truppe in derBatschka kann allgemein gelten, was Wüschtfeststellt: „Eine Zusammenarbeit der deutschenVolksgruppenführung mit der Führung derungarischen Volksgruppe bestand in diesenTagen überhaupt nicht. Den Einzug der ungari-schen Truppen quittierten die deutsche Volks-gruppenführung und der Großteil der deutschenBevölkerung, insbesondere die jüngere Gene-ration, mit ausgesprochener Unfreundlichkeit,Enttäuschung und Verbitterung … Die Volks-deutschen auf dem Lande empfingen demon-strativ ungarische Truppen mit Hakenkreuz-fahnen. Es kam vielerorts zu heftigen Aus-einandersetzungen.“ 14

Die Abneigung gegen die Ungarn und die Er-innerung an das gemeinsame Los des massivenMagyarisierungsdruckes von vor 1918 führtenin gemischtethnischen Gemeinden freilich auchzu schönen Solidaritätsschritten der einheimi-schen Deutschen zugunsten ihrer serbischenMitbürger. So berichtet Wüscht: „Nach demEinmarsch der ungarischen Truppen suchtenund fanden jugoslawische Polizeioffiziere und-mannschaften im Habag-Haus Schutz und Asylvor dem ungarischen Pöbel, wo sie tagelang

kostenlos verpflegt und untergebracht und zumTeil nach Belgrad geschleust wurden. Aus vielendeutschen Gemeinden liegen im BundesarchivBerichte über volksdeutsche Interventionen beiungarischen Behörden um Freilassung festge-nommener Serben und über ähnliche Sym-pathiebekundungen für die serbische Bevölke-rung vor.“ 15

Über die Belagerung des Habag-Hauses, demSitz der Bundesleitung des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes in Neusatz, hat JosefBeer als unmittelbar Beteiligter ausführlichberichtet. Seiner Darstellung ist auch zu ent-nehmen, dass beim Einzug der ungarischenTruppen in Neusatz einige Freischärler ausDachgeschossen Feuer auf vorbeiziehende unga-rische Soldaten eröffneten, worauf es zu einerSchießerei kam, die das ungarische Kommandobewog, massive Vergeltungsmaßnahmen zutreffen. In den serbischen Stadtteilen wurdenwahllos Erschießungen vorgenommen und mehrals dreißig Personen, um ein abschreckendesExempel zu statuieren, in den Straßen öffentlicherhängt. Bei der anschließenden Jagd auf serbi-sche Polizisten konnten etwa 40 von ihnen imHabag-Haus Unterschlupf finden. Angehörigeder Volksgruppenführung sorgten später für ihrfreies Geleit nach Belgrad.16

=Die Adresse des Jubelpaares lautet:

Hans und Lisi Haubert,Stadlhofstraße 47, A-4600 Wels

„DIAMANTENE HOCHZEIT“ im HauseHaubert in Wels, Oberösterreich

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Rudolfsgnad war, nach dem VernichtungslagerGakowa, etwa zwei Monate lang der Aufent-haltsort unserer Restfamilie: der Großmutter,Mutter und uns zwei Kindern. Dieses Internie-rungslager beschreiben zu wollen, hieße dieGakowaer Zustände zu beschreiben, nur nochum einiges schwärzer, trostloser, auswegloser.Während Gakowa in der Oberbatschkaer offe-nen Ebene liegt und damals kaum eine natür-liche Ortsgrenze hatte, war das in grausamemÜbermaß in Rudolfsgnad – heute Knicanin – derFall. Die südliche und westliche Dorfseite wardurch Donau und Theiß fast ausbruchsicher, imNorden war die rettende Fluchtgrenze zuUngarn keine drei Gehstunden wie bei Gakowa,sondern einen Wochenmarsch weit entfernt.Blieb nur die östliche Richtung für eventuelleFluchtversuche oder Bettelaktionen.

Als wir „Nazischweine“ im Februar 1948, nachder Auflösung des Gakowaer Lagers, in niederenViehwaggons hierher gebracht wurden, hofftenwir, hier würde uns der Vorraum zur Freiheit mitmenschenwürdigeren Zuständen erwarten.Doch was wir antrafen, war der Vorhof zurHölle, denn es waren finstere, ausgestorbenetür- und fensterlose Häuser, die uns aufnahmen.Bestanden im Vorlager noch reguläre Küchenzum Kochen der Gersten- und Krautsuppe, sowar hier dieser Luxus abgeschafft: Es gab nurnoch grammweise Schrot und Mehl, die man animprovisierten Feuerstellen aus Ziegelsteinen inirgendwelchen Blechgefäßen, mit Hilfe vonimmer aufs Neue gesammeltem Reisig und ge-stohlenem Dachholz selbst zubereiten musste.Das Stroh für die Lagerstätten war zu einer dün-nen Schicht Spreu zermahlen. Außer den paarbesseren Gebäuden um die Kommandantur warRudolfsgnad ein totes, ein gestorbenes Dorf, dasin den Häusergruften noch ein paar lebendeLeichname – die letzten der stolzen Donau-schwaben – beherbergte. Die Umstände desTodes, den meine 56-jährige Großmutter schonim ersten Monat erlitt, waren bezeichnend fürviele unserer Menschen, die jeden Morgen inLeinentücher eingenäht auf dem Totenkarrenzum Massengrab gefahren wurden. MeineMutter war fest davon überzeugt, dass die Ur-sache in der Wunde des Fußes zu suchen war, dievon einem Rattenbiss herrührte. Doch es kanndurchaus auch ein Schwinden des Lebenswillensoder die Sehnsucht nach einem besseren Jenseitsgewesen sein, nachdem sie der Tochter mit den

Kindern nicht mehr helfen konnte und ihnenvon dem kargen Essen noch einen Teil weg-nahm. – „Geh Kind, versuch dein Glück“, gabMutter mir zur Antwort, als ich sie fragte, ob iches, zusammen mit anderen Kindern, mit Bettelnversuchen sollte. Es war bekannt, dass in denöstlichen Dörfern die Lagerinsassen währendder vergangenen drei Jahre alles „abgegrast“hatten, deshalb gab es nur die Möglichkeit überdie Theiß in der Batschka nach etwas Essbaremzu suchen. Auf der einzigen Brücke standen diePosten, so mussten wir kriechend auf der Trag-konstruktion den Fluss überqueren. Hinüberkamen wir schon, konnten auch einige wenigeEsswaren in Titel und anderen nahen Dörfernerbetteln, doch auf dem Rückweg hatte uns dasGlück im Stich gelassen, und ich landete für zweiTage in einem dunklen Verschlag. Zum weiterenBettelausbruch sollte es nicht mehr kommen.Nach einem Monat, der an Unerbittlichkeitnichts offen ließ, kam endlich doch die Be-freiung. –Rückblickend kommt es mir vor, als ob plötzlichnach einer langen Regen- und Sturmperiode, soeiner wie sie nur selten über die pannonischeEbene hinwegfegt, Bäume wie Streichhölzerknickend, Dächer aushebend, Menschen ob-dachlos machend, als ob nach so einer Natur-katastrophe plötzlich die herrlich erstrahlendeSonne hervorkam und neue Hoffnung brachte.Es sollte den Schergen doch nicht gelingen, denletzten Rest Nochdeutscher zu vertilgen. DiePhantasie der Quäler war erschöpft, und sieöffneten die Tore, vielleicht untereinander mei-nend: „Sollen sie gehen, die Faschisten, und dieWelt (der wegen Titos Bruch mit den Sowjetsumworbene Westen) wird es unserem guten Willenzuschreiben.“Im April 1948 bekamen wir den Objava (Ersatz-ausweis) in die Hand gedrückt, und ein Zugbrachte uns, ohne Bewachung, auf ein BanaterGroßgut, wo wir „freiwillig“ einen Arbeitsver-trag unterschrieben, in der Kolchose Feldarbeitzu verrichten. Bezeichnend für diese neue Artvon Freiheit war, dass, als Mutter in einigenMonaten heimlich mit uns Kindern einen ge-stopft vollen Zug in die Batschka, nach Apatin,bestieg und sie niemand mehr daran hinderte.

UND DANN GING DIE SONNE AUFDie Befreiung aus dem Lager Rudolfsgnad

ein Erlebnisbericht von Konrad Gerescher

Rudolfsgnad – der Vorhof zur Hölle

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Mit Freunden zu Besuch in unserer„alten Heimat“

Kukujevci fotografiert. Nach einer Einladung beiFamilie Jovica Stevic und Besichtigung des Denk-mals für die im Todeslager „Svilara“ Verstorbenenhaben wir am 10. Juni das orthodoxe KlosterPrivina Glava besucht.Am Nachmittag waren wir in Erdevik und in mei-nem Eltern- und Geburtshaus.Die derzeitige Besitzerin sagte: „Der Hausherrkommt“ und hat mir sogar angeboten, das Hausbillig zu verkaufen. Aber nur das Haus ohne dieGemeinschaft der Menschen, wo wir uns einstgeborgen fühlten kann nicht Heimat sein.Am 11. Juni hat mich Diakon Antonius zum Bahn-hof „Ivanic Grad“ bei Agram gebracht, er hattedort familiäre Verpflichtungen und ich habe dieetwas abenteuerliche Reise per Bahn nach Hauseangetreten.Aber was wäre schon eine Reise in den Balkan ohneAbenteuer.

von Gottfried Stemmer

GottfriedStemmer (li) mitseinen Begleiternvor dem KlosterGrgeteg

GottfriedStemmer (re)

mit DI Stevic vordem Gedenk-

kreuz

Am 3. Juni sind wir mit einem VW-Bus (acht Per-sonen) in das Kloster Batsch gefahren. Im KlosterBatsch wurden wir schon vom Pater JosipSPEHAR erwartet. Batsch ist ein alter Festungsortmit dem fast ebenso alten Franziskanerkloster. DasKloster wurde so weit als möglich in guten Zu-stand versetzt und wenn die Ansprüche nicht sogroß sind (WC und Waschbecken am Gang), bieteter sogar für freiwillige Spenden 10 Klosterzimmerzum Übernachten an. Pater Josip hat Ziegen,Schweine, Hühner etc., einen großen Garten undhält mit zwei Helfern die Stellung. Für uns hat erauch gleich eine junge Ziege schlachten lassen. Eswar eine sehr warmherzige Atmosphäre und allewaren davon begeistert.Von dort aus sind wir am 4. Juni nach Erdevikgefahren. Es hat geregnet aber trotzdem wartetenvor der Kirche eine Gruppe Menschen auf uns. DerEmpfang war sehr herzlich. Getränke und Kuchenwurden im alten Pfarrhaus serviert. Natürlichhaben wir auch den Friedhof besucht. Für denAbend hat uns Pfarrer Valentin in ein Restaurant,an der Hochwasser führenden Donau bei Ilok, ein-geladen.Am 5. Juni sind wir nach Kukujevci gefahren, wowir von kroatischen Katholiken freudig erwartetwurden. Vor dem innerjugoslawischen Krieg 1995lebten dort 2.000 kroatische Katholiken, heutesind es nur noch sieben. Allgemein wurde uns ge-sagt, wenn auch der 2. Weltkrieg schlimm war, aberdieser innerjugoslawische Krieg 1991–1995 warnoch viel schrecklicher. Pfarrer Nikica aus Schiedhat für uns in der barocken aber sehr desolatenKirche in Kukujevci eine Messe gehalten. Dannsind wir nach Morovic gefahren, da sind eine nochältere Kirche aus der Zeit vor den Türkenkriegenund das Lieblingsprojekt zur Restaurierung vonPfarrer Nikica.Am 6. Juni ist meine Reisegruppe wieder nachHause gefahren. Wie mir alle sagten, hätten sie dasErlebte nicht erwartet und waren sehr beeindruckt.Ich bin noch bis 7. Juni im Kloster geblieben, PaterJosip hat mit einem Diakon und mir die ortho-doxen Klöster Krusedol und Grgeteg (Frauen-kloster, Marienbild mit 3 Händen) und das KlosterNovo Hopovo besucht.Dann ist der Diakon Antonius, ein Freund ausAttnang, kroatischer Abstammung, mit seinemAuto gekommen und wir sind in das MilitärhotelMorovic gefahren (ehemals für Tito gebaut, mit300 ha eingezäuntem Jagdgebiet, jetzt versuchensie es irgendwie privat zu vermieten).Am 8. Juni habe ich Ahnenforschung gemacht;Eintragungen im Firmbuch und Gräber in

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SCHÜLER der HTL-Braunaubesuchten die Heimatstube

von Sepp und Evi Frach

Weil Geschichtsprofessor Erich Priewasser vonder HTL Braunau aus Termingründen Film-vorführung „Geschichte und Lebenswelt derDonauschwaben“ im Mai 2009 im Stadt-Theater Braunau nicht sehen konnte, ist er mitder Frage an uns herangetreten, ob er mitseinen Schülern der fünften Klasse die Do-nauschwaben-Heimatstube im HeimathausBraunau besichtigen könnte. Mit großerFreude haben wir natürlich zugesagt, eineFührung für die Schüler durchzuführen.

Am 10.12.2009 fand die Führung statt,wobei die Schüler die Informationen derabwechslungsreichen Geschichte der Donau-schwaben mit großer Aufmerksamkeit undInteresse verfolgten.

Das echte Interesse der Schüler zeigt sichauch daran, dass nach dem Ende der Führungausnahmslos jeder Schüler das Büchlein von

Eva Frach „Ich hatte viele Engel“ erworbenhat. Die Donauschwäbische Heimatstube inBraunau ist mittlerweile eine wichtige Infor-mationsquelle für Schüler und Studenten, weilsie aus dem Vollen schöpfen können. Dasvorhandene Informationsmaterial wird ihnendabei kostenlos zur Verfügung gestellt.

Auf Grund dieses großen Interesses derSchüler über die Geschichte der Donauschwa-ben haben wir mit der Landesleitung un-serer Landsmannschaft vereinbart, der HTLBraunau die 4-bändige Dokumentation undeinige andere Bücher zu schenken.

Die Übergabe der Bücher fand am 5.2.2010in der Schulbibliothek der HWL und derHTL Braunau statt.

Herr Mag. Anton Planitzer übermittelte unsdazu per Mail folgende Zeilen:

Die aufmerksamen Schüler

„Sehr geehrter Herr Frach,

Ihrer Frau und Ihnen nochmals einherzliches Dankeschön für die Bücher,die Sie mir gestern überreicht haben.Im Anhang schicke ich Ihnen die dreiFotos, die bei dieser Gelegenheit vonmeiner Kollegin gemacht wurden.

Das Lern- und Informationszentrumder HLW und der HTL Braunau – sodie exakte Bezeichnung der Schulbiblio-thek – besteht seit vier Jahren und hatmittlerweile rund 14.000 Medien(Bücher, Zeitschriften, DVDs,…). Wirhaben eine eigene Homepage, auf derSie nähere Informationen findenhttp://www.liz-braunau.at

Gerne stehe ich Ihnen aber auch fürweitere Fragen zur Verfügung.

Nochmals vielen Dank und herzlicheGrüße

Anton Planitzer“

Mag. Anton Planitzer,Bildungsberater, Theologe, HTL Braunau

Mag. Planitzer, Kons. Josef und Eva Frach

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v.l.: E. Frach, LO Ellmer, Krumpholz, NR Hagenhofer,Vzbgm. Mahr, H. Hirth-Ellmer, J. Frach und Ing. Kinder

Anmerkung:

Wie immer und alles was die Do-nauschwaben im Raume Braunaubetrifft, wurde auch diesmal derdonauschwäbische Part dieser Ver-anstaltung von unserem „Muster-Donauschwaben-Ehepaar“ Konsu-lent Josef Frach und seiner GattinEva in vorbildlicher Weise wahrge-nommen. Herzlichen Dank, lieberSepp und liebe Evi.

Auch dem fachkundigen Vortragen-den, Herrn Ing. Stefan Ziekel, dersich bereit erklärt hat, diesen Vor-trag am 29. April 2011 in March-trenk zu wiederholen, einen herz-lichen Dank.

Die Landesleitung

…war das Motto des DIA-Vortrages von Ing.Stefan Ziekel, welcher am 16. Mai im Rahmender 750-Jahrfeier der Stadt Braunau stattfand.

Diese gemeinsame Veranstaltung der Donau-schwaben und der Siebenbürger Sachsen fandbei der Bevölkerung großes Interesse, was sichdurch einen sehr guten Besuch der beidenVeranstaltungen um 15 und um 19 Uhr aus-drückte.

Neben Bürgermeister Gerhard Skiba erwie-sen die Frau Abgeordnete zum NationalratMarianne Hagenhofer mit Gatten, Landtags-abgeordneter Franz Weinberger, MonsignoreDechant Stefan Hofer, Mag. Pfarrer JanLange und zahlreiche weitere Ehrengäste derVeranstaltung die Ehre ihres Besuches.

Der Vortrag fand bei den Besuchern großenAnklang, verstand es doch der Vortragendesehr gut, seine geschichtlich fundierten Erläu-terungen mit entsprechendem Bildmaterial zuuntermauern.

Zahlreiche Besucher erhielten erst auf diesemWege Einblick in die Geschichte und der oftsehr schweren Schicksale dieser Menschen, dieseinerzeit aufgrund der tragischen Ereignissedes Zweiten Weltkrieges 1944 ihre Heimatverloren und über Nacht von gutsituiertenBürgern zu besitzlosen Flüchtlingen wurden.

Herr Ing. Ziekel zeigte wie diese Menschenfrüher lebten, wie sie arbeiteten und letztlichwie sie flüchteten – aber auch: Wie sie schließ-lich in Österreich eine neue Heimat fanden,sich hier integrierten und sich mit viel Fleißeine neue Existenz aufbauten.

Ganz besonders aber auch, dass sie sehr dank-bar sind, als Altösterreicher wieder in diesemschönen Land Österreich leben dürfen.

v.l.: Ing. Ziekel, LO Ellmer, Bgm. Skibaund Kons. Frach

DIA-Vortrag im Stadttheater BraunauAus Flüchtlinge wurden österreichische Staatsbürger…

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Geht man dem Vorwurf nach, dieKroatiendeutschen hätten an derJudenverfolgung teilgenommen,dann helfen keine Pauschalurteileund allgemeine Aussagen, weil siedie ganze Volksgruppe unter Ver-dacht stellen. Wenn es um denVorwurf oder Verdacht geht, dassVerbrechen verübt wurden, ist dieeinzig gerechtfertigte Methodejene, die auch Gerichte beschrei-ten: die Behandlung und Prüfungder Einzelfälle (Verdachtsfälle)anhand der vorliegenden Beweise.

In der Zwischenkriegszeit ist un-ter der mehrheitlich agrarkulturellund konservativ geprägten Le-benswelt der DonauschwabenJugoslawiens ein ausgesprochenerAntisemitismus nicht nachweisbar.Wenn man selbst noch Erfahrun-gen aus dieser Zeit mitbringt, sofindet man in der dörflichen WeltRessentiments und Antipathieinfolge ihrer geschäftlichen Tüch-tigkeit im Handel und ihrerbeträchtlichen Dominanz imGroßhandel, was vor allem dasGetreide und dessen Lieferung insAusland betrifft. In Jugoslawienwaren in der Zwischenkriegszeit76,30% der Erwerbstätigen in derLandwirtschaft beschäftigt. Unterden Juden waren es nur 6%,während 60% dem Handel undim Bankengeschäft nachgingen.„Trotz des hohen Anteils derJuden im Handel und im Bank-sektor in Jugoslawien gab es vordem Krieg keine allgemeine anti-jüdische Stimmung“ 1. Mit einwenig Neid sahen die schwer ar-beitenden Dorfbewohner auf diemeist weniger anstrengende städ-tische Lebenskultur der Juden.Der so geprägte Anti-Judaismusverschärfte sich allerdings unterdem Einfluss der während des II.Weltkriegs durch die in Presse-organen der Erneuerungsbewe-gung geübte antisemitischenPropaganda, die es verstand, dieKriegssituation vor allem denMachinationen des „Weltjuden-tums“ zuzuschreiben.

Die hier vorgelegten Untersu-chungen stützen sich im Wesent-lichen auf die Aussagen des Volks-gruppenführers der Kroatien-deutschen, Branimir Altgayer, vordem Untersuchungsrichter derUDBA, d.h. der GeheimpolizeiTitojugoslawiens.2

Auf die Frage, wieweit die Volks-gruppe im USK die „rassistischePolitik der nationalsozialistischenIdeologie gegenüber den Judendurchgeführt habe“, führte Alt-gayer aus: „Angehörige der Volks-gruppe bzw. der Mannschafthaben sich in der ersten Zeit ander Verhaftung der Juden durchdie Polizei des USK beteiligt.Ebenso hat sich die Volksgruppean antisemitischen Kundgebun-gen und an der antisemitischenPropaganda beteiligt. Nach derersten Verhaftungswelle der Judenhat die Volksgruppe an solchenTätigkeiten nicht mehr teilgenom-men, weil diese ausschließlich indie Zuständigkeit der Polizei desUSK übergegangen waren, undim östlichen Teil Syrmiens, imsogenannten Wirtschaftsgebiet,hat das die Deutsche Sicherheits-polizei getan.“ 3

An der Erbringung der anti-jüdi-schen und anti-serbischen Gesetzewar die Volksgruppenführungnicht beteiligt. Der Erlass dieserGesetze entsprach den Ustascha-Grundsätzen von 1. Juni 1933. Esgab auch keine von der Leitungder Volksgruppe befohlene Teil-nahme an der Judenverfolgung.Wohl aber versuchte auch Alt-gayer, wie es offenbar von obenangeordnet war, in der Öffentlich-keit die Juden als die eigentlichenDrahtzieher hinter dem Kriegs-geschehen zu kennzeichnen. Soheißt es im Aufruf des Volksgrup-penführers vom 2. Oktober 1942,wonach die wehrfähigen Männervon 17 bis 35 sich pflichtgemäßzur Musterung für die Waffen-SSund die Männer von 35 bis 50Jahren zur Musterung für die Ein-

satzstaffel und die kroatischeLandwehr zu melden haben: „Icherwarte, dass diese Männer, vorallem die Teilnehmer des Welt-krieges 1914 –1918, meine Kame-raden, mit gleicher Hingabe, sol-datischer Disziplin und Stramm-heit ihre Pflicht erfüllen werden,wie dies jetzt unsere Jungen tun.Die von den Juden angeführtenkommunistischen Räuberbandenwerden die Faust derjenigen spü-ren, die vor 24 Jahren und mehrin Galizien und Wolhynien, amKarst und in den Schluchten desBalkan mannhaft gestritten ha-ben“.4 In seinem Aufruf zum Jah-reswechsel 1942/1943 schreibtAltgayer: „Männer der Einsatz-staffel und des Ortsschutzes! Daserste Jahr, in dem auch unsererVolksgruppe Gelegenheit gebotenwar, sich mit der Waffe in derHand zu bewähren, liegt hinteruns. Kommunistische Banden,hinter denen der Jude steht, ver-suchen auch in unsere Heimat,dem Siedlungsgebiet der Volks-gruppe, Unruhe zu tragen…“ 5

Unter dem Vorsitz von PetarMijacevic arbeitete in der Vojvo-dina nach deren Wiederbesetzungdurch die Partisanen eine Gebiets-kommission für die „Feststellungder Verbrechen der Okkupantenund ihrer Helfer in der Vojvodina1941–1944“ 6. Sie befasste sich inerster Linie mit den Einzelereig-nissen, die sie den Ustascha undden Helfern des Okkupators, alsovor allem den Donauschwaben,anlastete, sofern auch nur eingeringster Anlass dazu bestand.Johann Wüscht hat sich mit dem1946 erschienenen Heft dieserKommission über die „Verbre-chen der Okkupanten in Syr-mien“ 7 anhand des Materials, dassich im Deutschen Bundesarchiv(damals in Koblenz) befindet, kri-tisch auseinandergesetzt. Wüschtberuft sich dabei auf seine „Wis-sensträger“. Der von ihm für dieEreignisse in Ruma aufgeboteneWissensträger spielte im gesell-

von Georg Wildmann

Haben die Kroatiendeutschen 1941 ander Judenverfolgung teilgenommen?

Alle Fußnoten liegen beim Autor und in der Landesleitung auf.

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schaftlichen Leben der Stadt einehervorragende Rolle. Er berichtet:„Tatsache ist, dass die Synagogebald nach dem Einzug der deut-schen Truppen in Ruma niederge-rissen wurde. Wer dies veranlassthat und wer es durchgeführt hat,ist mir nicht bekannt. Von derdeutschen Bevölkerung Rumashat nach meinen Informationenniemand mitgetan…“ 8 Franz Wil-helm, der bedeutende Chronistder Stadtgeschichte Rumas, lieferteine dürftige Ergänzung, wenn erschreibt: „Die Besetzung durchdie deutsche Wehrmacht brachtemanche Veränderungen mit sich.Der Ortskommandant bestimmtedas Geschehen in der Stadt. Ineiner Nacht- und Nebelaktionwurde der jüdische Tempel zer-stört. Für die Zivilbevölkerungwurde eine nächtliche Ausgangs-sperre verhängt.“ 9

Die Synagoge in Essegg wurde lautAussage Altgayers beim Eintreffender deutschen Wehrmacht ange-zündet. Daran hat die DeutscheJugend als solche nicht teilgenom-men, wohl aber einzelne ihrerAngehörigen nebst Ustaschas und„Pfeilkreuzlern“ aus den Reihender magyarischen Minderheit.Über die Zerstörung der Synago-gen von Syrmisch Mitrowitz undSemlin müsste bei evtl. Vorliegenauthentischer Berichte noch ge-handelt werden.

Soweit ersichtlich hat es einengravierenden Fall von schwerenMisshandlungen der Juden in derGemeinde Beocin gegeben, andenen auch Donauschwaben maß-geblich beteiligt waren. Schon imMai 1941 verhafteten Angehörigedes deutschen Militärs und dorti-ge Donauschwaben alle Juden.Laut der zitierten „Zaopstenja“gab man ihnen zehn Tage langkeine Nahrung. Die Männer wur-den auf verschiedene Weise miss-handelt. Sie wurden einige Mal inder Nacht geweckt und gezwun-gen, sich nackt auszuziehen undso trieb man sie im Hof herum,wobei einzelne auch geschlagenwurden. Angeblich haben diesSoldaten der deutschen Wehr-macht „auf Anregung der einhei-mischen Deutschen“ ausgeführt.Die Volksdeutschen hätten diesenUntaten ruhig und mit Vergnügenzugesehen. Kulturbund-Mitglie-

der und Ustascha erpressten jedenJuden nach der Freilassung um500 Kuna und diese mussten eineschriftliche Erklärung unterzeich-nen, dass sie das Geld freiwillig fürWohltätigkeitszwecke spendeten.Diese Misshandlungen der Judenwurden laut Wüscht in wesent-lichen Punkten auch von denGemeindeschicksalsberichten undanderen Zuschriften bestätigt.10

Jüdische Vermögenswerte wurdenbeschlagnahmt, ebenso das Eigen-tum der fast 110.000 aus Groß-kroatien ausgesiedelten Serben,unter ihnen vor allem das derDobrovoljzen.11 Aufgrund der ge-setzlich garantierten Gleichbe-rechtigung der deutschen Volks-gruppe mit dem kroatischenStaatsvolk forderte die Volks-gruppenführung eine dem volks-deutschen Bevölkerungsanteil ent-sprechende Beteiligung am be-schlagnahmten Vermögen. Diesebetrug fünf Prozent und mussteinfolge Nichtberücksichtigungvolksdeutscher Bewerber wieder-holt eingefordert werden.12

Altgayer präzisiert: Von den zu-ständigen Behörden des USK„und auf Vorschlag der Ortsgrup-pen der Organisation der deut-schen Volksgruppe sind in einzel-nen jüdischen Geschäften undanderen Unternehmungen Ver-trauensleute eingesetzt worden.Eine gewisse Zahl von Angehöri-gen der Volksgruppe hat bei dersogen. Arisierung, die im USKNationalisierung genannt wurde,jüdische Geschäfte erhalten.“ 13

Zur Frage der Sonderbesteuerungder Juden meinte Altgayer: „Mirist nur der Fall in Essegg bekanntund das gleich nach dem Eintref-fen der deutschen Wehrmacht.Damals leitete die Tätigkeit derOrtsgruppe der deutschen Volks-gruppe der damalige Gauleiter desKulturbundes Josef Meier, dersich mit einer Proklamation zumVolksgruppenführer erklärt hatte.Ich erfuhr von diesem Fall erstMitte Mai 1941, nach meinerRückkehr aus Berlin, als in dieserSache das Ministerium für Finan-zen bei der deutschen Gesandt-schaft intervenierte. Für dieUntersuchung dieses Falles kameine gemischte Kommission nachEssegg, in der sich auch Vertreter

des Finanzministeriumsdes USK und vonSeiten der deut-schen Gesandt-schaft der Chefder HandelsabteilungDr. Kühn befanden. DerAngehörige der deutschenVolksgruppe Jakob Lutz, einKaufmann, leitete das Einsammelndieser Kontribution und beriefsich auf den Auftrag eines deut-schen Kommandanten, der einegewisse Zeit Ortskommandantvon Essegg war. Das gesamte weg-genommene Geld und andereWerte (Wechsel, Einlagebücherund Ähnliches) übernahm dieseKommission mit der Unterschriftder Geschädigten und brachte sienach Zagreb. In Zagreb wurdengemäß Beschluss von Pavelicselbst, diese Werte in drei Teilegeteilt und zwar auf das Finanz-ministerium des USK, die Stadt-gemeinde Essegg und die deut-sche Volksgruppe. Wieviel Geldinsgesamt zusammengekommenist, kann ich mich nicht mehr erin-nern, und die Volksgruppe bekametwa 4 – 5 Millionen Dinar, die beider deutschen Gesandtschaft hin-terlegt wurden und Ende 1942oder Anfang 1943 für den Bau desdeutschen Hauses in Essegg zurVerfügung gestellt wurden. Meierwie auch den anderen Angehöri-gen der Volksgruppe, die an dieserAktion teilgenommen hatten,geschah trotz der Untersuchungnichts.“ 14

Soweit – nach hier benütztenQuellen – die Mitwirkung Ange-höriger der deutschen Volksgrup-pe im damaligen Kroatien an derVerfolgung der Juden. Die sorg-fältig untersuchten Fakten vermit-teln einen Einblick, was man imkonkreten Fall Angehörigen derVolksgruppe und ihrer Führungals Verbrechen anlasten kann.Soweit – nach den hier ausgewer-teten Quellen – die Mitwirkungder deutschen Volksgruppe imdamaligen Kroatien an der Verfol-gung der Juden. Sie vermittelneinen Eindruck von der Art unddem Ausmaß der Vergehen oderVerbrechen, die man einzelnenAngehörigen der Volksgruppebzw. ihrer Führung anlasten kann.

Alle Fußnoten liegen beim Autor und in der Landesleitung auf.

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Lieber Landesobmann,geschätzte Landesleitung der Donauschwabenin Oberösterreich!

Die Mitteilungsblätter der„Landsmannschaft der Donauschwabenin Oberösterreich“

Jahrgang 36 aus 2003bis

Jahrgang 42 aus 2009

widme ich in Buchform gebunden,unserer Landesleitung mit

Landesobmann Konsulent, Dir. i.R., Ing Anton Ellmerund seinen geschätzten Mitautoren

Konsulent Oskar Feldtänzer († 2009)Wissenschaftlichen Konsulenten Prof. Dr. Georg Wildmann

Primarius Dr. Peter Fraunhoffer

und weiteren namhaften Persönlichkeiten unserer Landsmannschaft, die es verstan-den haben, zur inhaltlicher Bereicherung mit historisch begründeten Beiträgen umdie Wahrheit über das furchtbare Schicksal der Donauschwaben im ehemaligenJugoslawien aufzuarbeiten und der Nachwelt aus der Sicht der Betroffenen gegen-über den einseitigen und bewusst unrichtigen Darstellungen nationalistischer serbi-scher Historiker zu widerlegen.

Jedes Mitteilungsblatt ist ein Spiegelbild unserer „Donauschwäbischen Identität“hinsichtlich Staats- und Volksbewusstsein, Sitten und Brauchtum, Treue und glau-bensstarker Gesinnung, bewusster Heimatliebe zur neuen Heimat Österreich undimmerwährender Dankbarkeit dem Lande Oberösterreich nach dem 2. Weltkrieg.

Mein Dank – unser aller Dank – gilt dem Herausgeber bzw. für den Inhalt verant-wortlichen Landesobmann Anton Ellmer, für seine unermüdliche und erfolgreicheArbeit, ebenso all seinen Mitautoren für deren historischen wichtigen Beiträge gesell-schafts- und heimatbezogenen Inhalts.

Ich schließe mit der Bitte, dass das Mitteilungsblatt auch weiterhin als unerlässlichesBindeglied unserer noch lebenden Landsmannschaft erfreuen möge.

Ehrenobmann

Altbürgermeister OSRKons. Hans Holz

Auch Professor Dr. Georg Wildmannsprach Dankesworte

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Mit Altbürgermeister OSR Kons. Hans Holzlegte im November 2002 bekanntlich ein sehrerfolgreicher Landesobmann unserer Lands-mannschaft die Obmannschaft zurück. Durchseine vorausgegangene jahrzehntelange Funk-tion als Bürgermeister und durch seine da-mit verbundenen Kontakte konnte er in einerlangen Funktionsperiode seine große Er-fahrung in den „Verband“ zu dessen Wohleeinbringen.

„Seine Donauschwaben“ und seine Heimat-verbundenheit waren und sind ihm nach wievor eine tiefverwurzelte Herzensangelegen-heit. Obwohl er seine Funktion nun schon vorknapp acht Jahren in „jüngere Hände“ legte,hält er als Ehrenobmann innigsten Kontaktzur Landesleitung und nimmt auch noch anzahlreichen Vorstandssitzungen und praktischan allen Veranstaltungen der Landsmannschaftteil. Und zwar mit Stolz und großer Zufrie-denheit, wie er stets betont.

Diese Situation ist für unsere Landesleitungsehr erfreulich, denn wenn Verantwortliche inden „Ruhestand“ treten, ist es nicht immer so,dass die Arbeit der „Nachfolger“ geschätztwird. Wir wissen ja alle aus dem praktischenLeben, dass es da vielfach Spannungen, jaEifersüchteleien und ähnliche unschöne Dingegibt. Nicht so bei unserer Landsmannschaft;hier herrscht ein Zusammengehörigkeits-gefühl, welches verbindet, was auch auto-matisch für eine gute Atmosphäre sorgt,welche wieder die Basis für ein erfolgreichesArbeiten im Sinne undAuftrag unserer Lands-leute ist. Gerade dieseAtmosphäre ist es auch,welche unser verehrterEhrenobmann an derArbeit seiner Nachfol-ger in der Landeslei-tung besonders hocheinschätzt.

Um dem Vorstand unddem Landesausschussseine Reverenz zu er-weisen, hat er als sicht-bares Zeichen auf seineKosten alle zwischen

„Donauschwäbische Identität“ in Buchform

Mitteilungsblätter der Landsmannschaft der Donauschwabenin Oberösterreich aus 7 Jahren in Buchform gebunden

von Anita Lehmann

Ehrenobmann Holz und Landesoman Ellmerbei der Buch-Übergabe

dem 1. Jänner 2003 und dem 31. Dezember2009 erschienenen Mitteilungsblätter inBuchform binden lassen. Dieses rund 3 kgschwere „Werk“ hat er nun am 8. Mai 2010bei einer Landesauschusssitzung an seinenNachfolger übergeben. In einer kurzenAnsprache würdigte er dabei die Leistungender Landesleitung – und hier insbesonderejene seines Nachfolgers Anton Ellmer, wobeier nicht vergaß, darauf zu verweisen, dass aucher an diesen Erfolgen beteiligt sei, weil er beider Auswahl und beim „Aufbau“ seines Nach-folgers ein gutes „Fingerspitzengefühl“ be-wiesen habe…Landesobmann Ellmer nahm dieses kostbareGeschenk ebenso wie die lobenden Worteseines Vorgängers mit großer Freude entgegenund dankte ihm für diese besondere und ori-ginelle Art der Anerkennung. Im Anschlusslud er alle Anwesenden zu einem kleinenUmtrunk ein, wo es mit unserem ruhelosenEhrenobmann noch viel zu erzählen gab.

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Eigentümer, Herausgeber und Verleger:Landsmannschaft der Donauschwaben in OÖ.Für den Inhalt verantwortlich:Landesobmann Konsulent Dir. i.R. Ing. Anton EllmerMaria-Theresia-Str. 33, A-4600 Wels, Tel. 07242/45278Privat: Tel. 07243/50931, E-Mail: [email protected] OÖ. Wels, BLZ 20320, Kto.-Nr. 10000017286Hersteller: Denkmayr Druck&Verlag GmbH, A-4020 Linz, Reslweg 3

Das Motto des diesjäh-rigen Wallfahrtsjahres inAltötting, „Orientie-rung und Heimat in derKirche“, passe sehr gutauf die Heimatvertriebe-nen, die den schmerz-lichen Verlust von Hei-mat am eigenen Leibverspürt hätten. NachKriegsende seien Millio-nen entwurzelter Men-schen nach Deutschlandund Österreich gekom-men, die alles verlorenhätten. „Ihren Glaubenhatten sie aber nichtverloren. In ihm warensie weiterhin zu Hause.Er war das einzig Ver-

lässliche, das ihnen noch geblieben war“, sagteRech. Eine erneute kirchliche Verwurzelung seiden Vertriebenen sehr wichtig gewesen.Politische Vereinigungen der Vertriebenen seienvon den Besatzungsmächten verboten gewesen.Deshalb hätten Gottesdienste und Wallfahrteneinen kirchlichen Freiraum geboten, um sich mitebenfalls vertriebenen Landsleuten zu treffen.Unter dem Dach der Kirchen hätten sie sich zuInteressenvertretungen zusammengeschlossen.Dadurch sei es gelungen, im gesellschaftlichen und

politischen Leben Ein-fluss zu nehmen.„Pfarrer WendelinGruber und die In-sassen der Lager Gako-wa und Rudolfsgnadhaben damals aufMariens Hilfe gehofftund auf sie vertraut.Hilfe und Stärkung aufunserem Weg durchGottes Wort – das er-hoffe ich für uns alle.Darauf sollten wir ge-meinsam heute und inder Gemeinschaft unse-rer Kirche vertrauen“,so der Innenminister.

„Mit der Wallfahrt nachAltötting erfüllen dieDonauschwaben nichtnur ein altes Gelöbnis.Sie unterstreichen da-mit auch, dass sie festzur christlichen Tradi-tion der Wallfahrten inder alten Heimat ste-hen. Die Wallfahrt istzudem ein Bekenntnisder Dankbarkeit.“ Dassagte der BW-Landes-beauftragte für Vertrie-bene, Flüchtlinge undAussiedler, Innenminis-ter Heribert Rech, amSonntag, dem 11. Juli2010 in Altötting. DerUrsprung der tradi-tionsreichen Gelöbniswallfahrt der Donauschwa-ben nach Altötting reiche in die Zeit nach demEnde des Zweiten Weltkriegs zurück. Das Tito-Regime habe damals alle Deutschen im ehemaligenJugoslawien entrechtet und von ihren seit Jahr-hunderten bewirtschafteten Besitzungen vertrie-ben … Geistliche seien Frauen, Männern undKindern freiwillig in die Lager gefolgt, um Trost zuspenden. Gemeinsam mit den von Entbehrungengezeichneten Menschen habe Pater WendelinGruber in geheimen Messen in Gakowa undRudolfsgnad ein Gelöb-nis für das Überlebenund die Befreiung abge-legt. „Ein Gelöbnis, dasdie Donauschwabenauch heute – über 60Jahre nach Ende desKrieges – auf dieserWallfahrt zu EhrenMariens mit vollemHerzen erfüllen. Außer-dem gedenken wir dervielen Opfer des Krie-ges, von Flucht undVertreibung und erin-nern uns an das erlit-tene Unrecht und dasgroße Leid“, so Rech.

Musik, Marienmädchen und Funktionsträger mit Bischof Nemethund Innenminister Rech vor dem Einzug in die Basilika

Die Ehepaare Frach (li) und Ellmer mit Bischof Nemethaus Betschkerek

Sprechtage:Jeder 1. und 3. Samstag im Monat von 9.00 bis 11.00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung

im Büro des „Vereinszentrums Herminenhof“, Maria-Theresia-Straße 33, A-4600 Wels

51. GELÖBNISWALLFAHRT der Donauschwaben nach ALTÖTTINGvon Johann Krumpholz