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Master Thesis zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science Modellierung der patientennahen Strahlführung einer Partikeltherapieanlage mit Hilfe des Monte-Carlo-Codes FLUKA unter exakter Berücksichtigung modulierender Elemente vorgelegt von Kilian-Simon Baumann aus München eingereicht an der Technischen Hochschule Mittelhessen - University of Applied Sciences im Fachbereich Krankenhaus- und Medizintechnik, Umwelt- und Biotechnologie am Institut für Medizinische Physik und Strahlenschutz 13.02.2015 Referent: Prof. Dr. rer. nat. Klemens Zink Korreferent: Dr. rer. nat. Uli Weber

Modellierung der Strahlfuehrung einer

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Modellierung der Strahlfuehrung einer Partikeltherapieanlage mit Hilfe des Monte-Carlo-Codes FLUKAMaster Thesis zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science
Modellierung der patientennahen Strahlführung einer Partikeltherapieanlage mit Hilfe des
Monte-Carlo-Codes FLUKA unter exakter Berücksichtigung modulierender Elemente
vorgelegt von
Kilian-Simon Baumann
aus München
13.02.2015
Referent: Prof. Dr. rer. nat. Klemens Zink Korreferent: Dr. rer. nat. Uli Weber
II
Inhaltsverzeichnis
2.1.2 Anwendung der Partikelstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.1.3 Energiemodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.2.2 Näherung von Highland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3 Magnetische Strahlfokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.4.1 Der Monte-Carlo-Code FLUKA zum Transport geladener Teilchen 19
2.5 Strahlkopf der Partikeltherapieanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.5.1 Ionisations- und Multi-Wire-Kammern . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.5.2 Ripple-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.1 Analyse der Anoden- und Kathoden-Folien der Dosiskammern . . . . . . 24
3.1.1 Untersuchung der Modulationseffekte durch die Gewebefolien . . . 26
3.1.1.1 Methode I: Energiemodulation . . . . . . . . . . . . . . 26
3.1.1.2 Methode II: Geometrische Modulation der Dicke . . . . 30
3.1.2 Untersuchung der Streuwinkelverteilung der Folien der Dosiskam- mern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
III
3.2 Modellierung des Strahlkopfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.3 Strahlfokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.4 Vergleich zwischen Molières Theorie der Vielfachstreuung und der Nähe- rung von Highland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4 Ergebnisse & Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.1.1 Methode I: Energiemodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.1.2 Methode II: Geometrische Modulation der Dicke . . . . . . . . . . 41
4.1.3 Untersuchung der Streuwinkelverteilung der Folien der Dosiskam- mern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.1.3.1 Untersuchung der Streuwinkelverteilung bei Variation des Nickelanteils der Folien . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.2 Modellierung des Strahlkopfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.3 Strahlfokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.4 Vergleich zwischen Molières Theorie der Vielfachstreuung und der Nähe- rung von Highland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
5 Zusammenfassung & Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
2.2 Der Effekt des Ripple-Filters auf die Tiefendosiskurve bei verschiedenen Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.3 Aufbau eines 2-dimensionalen Ripple-Filters . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.4 Aufbau und magnetisches Feld eines Quadrupolmagneten . . . . . . . . . 15
2.5 Der schematische Aufbau des Strahlkopfes des Beschleunigers . . . . . . 21
3.1 Raster-Elektronen-Mikroskop-Aufnahme und Querschnitt der Polyester- Nickel-Folien aus den Dosiskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2 Schematischer Aufbau der FLUKA-Simulationen zur Untersuchung der Folienmodulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
3.3 Tiefendosiskurven und Faltungskern für elf Folien als Gitter . . . . . . . 28
3.4 Gauss’sche Wahrscheinlichkeitsverteilung der Dicke von elf bzw. einer Folie 31
3.5 Der schematische Strahlengang bei Verwendung des Strahlkopfes und zwei Quadrupolmagneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.1 Tiefendosiskurven der Folien als Gitter und der mittels USRmed-Routine modulierten homogenen Folien für 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . 40
4.2 Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Dicke einer Folie . . . . . . 41
4.3 Tiefendosiskurven der Folien als Gitter und der mittels den Source-Routinen modulierten homogenen Folien für 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . 42
4.4 Tiefendosiskurven der Folien als Gitter und der mittels Benutzerroutinen modulierten homogenen Folien für 150 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . 44
4.5 Streuwinkelverteilung der verschiedenen Folien für 80 MeV/u Kohlenstoff- Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.6 Die Breiten σ der Streuwinkelverteilungen für verschiedene Nickelanteile α und Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.7 Tiefendosiskurven bei Verwendung des Strahlkopfes für verschiedene Kom- binationen der Bauteile bei 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . . . . . 48
V
4.8 Auswahl an Tiefendosiskurven bei Verwendung des Strahlkopfes für ver- schiedene Kombinationen der Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.9 Tiefendosiskurven bei Verwendung des Strahlkopfes für verschiedene Kom- binationen der Bauteile bei 400 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . . . . . 51
4.10 Fluenz in der x-z-Ebene im Bereich des Strahlkopfes und des anschlie- ßenden Nahfeldes für 270 MeV/u Kohlenstoff-Ionen . . . . . . . . . . . . 53
4.11 Fluenzen in der x-z- und y-z-Ebene bei Verwendung von Quadrupolma- gneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.12 Fluenzuntersuchung der Kohlenstoff-Ionen im Isozentrum für fokussierte Strahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.13 Vergleich der Breite σ der Streuwinkelverteilung nach Molière und der Näherung nach Highland bei Variation des Nickelanteils . . . . . . . . . . 57
VI
ZUSAMMENFASSUNG
In dieser Arbeit wurde der Strahlkopf einer Partikeltherapieanlage detailliert erfasst
und der Teilchentransport von 80 MeV/u und 400 MeV/u Kohlenstoff-Ionen durch die-
se Bestrahlungsanlage mithilfe des Monte-Carlo-Codes FLUKA simuliert. Der Strahl-
kopf besteht aus drei Ionisationskammern, 2 Multi-Wire-Kammern und einem 4 mm
Ripple-Filter. Es wurden die Effekte der verschiedenen Dosiskammern und des 4 mm
Ripple-Filters auf die Tiefendosiskurven untersucht. Die Anoden- und Kathodenfolien
der Dosiskammern bestehen aus einem feinmaschigen Gewebe, welches einen modulie-
renden Effekt auf die Tiefendosiskurven hat. Dieser Effekt wurde mathematisch durch
einen normalverteilten Faltungskern beschrieben. Mithilfe dieses Faltungskernes ließen
sich für FLUKA Benutzerroutinen programmieren, die die Rechenzeit um 90% verkür-
zen. Es wurde gezeigt, dass die Multi-Wires ebenfalls einen modulierenden Effekt haben,
welcher aber schwächer ausgeprägt ist. Der 4mm Ripple-Filter wurde ebenfalls mithilfe
einer Benutzerroutine in FLUKA implementiert. Es wurde gezeigt, dass der Spread-Out
Bragg Peak des Ripple-Filters die modulierenden Effekte der Gewebefolien und Multi-
Wires verschmiert.
Des Weiteren wurde die Strahlfokussierung zweier Quadrupolmagnete berechnet. Hier-
für wurde in Matlab ein Werkzeug entwickelt, mit dem sich die Magnetfeldstärken der
Magnete für ein gegebenes ionenoptisches System optimieren lassen. Diese Magnetfeld-
stärken konnten dann in FLUKA übergeben werden, um den Teilchentransport exakt
zu berechnen.
(ϑ) von 80
MeV/u Kohlenstoff-Ionen nach durchlaufen verschiedener Materialien untersucht und
die Theorie der Vielfachstreuung nach Molière mit einer Näherung von Highland vergli-
chen. Es wurde gezeigt, dass die Näherung nach Highland zu Abweichungen von unter
7% in der Breite der Winkelverteilungen gegenüber der Theorie von Molière führt.
VII
ABSTRACT
In this work the beammonitor system (BAMS) of a particle therapy facility was analyzed
in a detailed manner. Therefore the transport of 80 MeV/u and 400 MeV/u carbon-
ions through the BAMS was simulated by using the Monte Carlo code FLUKA. The
BAMS consists of three ionization chambers, two Multi-Wire chambers and a 4 mm
ripple filter. The effects of these chambers and the ripple filter on the depth-dose curve
were analyzed. The chamber’s anodes and cathodes consists of a mesh-like foil that
results in a modulating effect due to its heterogenity that broadens the Bragg Peak. To
describe this effect a mathematic modell was developed, that uses a normally distributed
convolution. Using this convolution a user-routine for FLUKA was programmed, which
results in a shortening of the computing time of about 90%. It was also shown, that
the Multi-Wires have an modulating effect, which is however more subtle compared to
the modulating effect of the mesh-like anode- and cathodefoils. The 4mm ripple filter
was implemented in FLUKA by using a user-routine. It was shown, that the spread-out
Bragg Peak induced by the ripple filter smears out the modulating effects of the foils
and the Multi-Wires.
Furthermore the beam-focussing by two quadrupole magnets was analyzed. Therefore a
Matlab-tool was developed, which can optimize the magnetic field strength for a given
system. These magnetic field strengths can be transfered to FLUKA to exactly simulate
the particle transport.
In an additional examination the distribution of the scattering angles dNd (ϑ) of 80 MeV/u
carbon-ions after traversing various materials was analyzed. The theory of multiple
scattering by Molière was compared to an approximation by Highland. It was shown,
that the approximation by Highland leads to aberration less than 7% in the width of
the distribution compared to Molière’s theory.
VIII
1.1 Motivation & Einleitung
Nach Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (über 350 000 Todesfälle im Jahr 2013) sind Krebsleiden (über 230 000 Todesfälle im selben Jahr) die häufigste Todesursache in Deutschland [1]. Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland ist zwischen den Jahren 2010 und 2030 mit einem Anstieg der Krebsneuerkrankungen von 20% zu rechnen [2]. Die häufigsten Lokalisationen maligner Erkrankungen sind die männliche Prostata, weibliche Brustdrüsen, der Darm und die Lunge [2]. Neben operativen Eingriffen und der Chemotherapie stellt die Strahlentherapie ein wich- tiges Standbein in der kurativen sowie palliativen Behandlung maligner Erkrankungen dar. Um optimale Heilungschancen zu erzielen, bietet sich in den meisten Fällen eine Kombination dieser drei Modalitäten an [3, 4, 5]. Ziel der Strahlentherapie ist es, durch ionisierende Strahlung Schädigungen der DNS im Zellkern hervorzurufen, sodass die Tumorzelle nicht mehr überlebensfähig ist [6]. Dabei ist in erster Näherung die Anzahl der Schädigungen proportional zur deponierten Ener- gie. Die Chance der Abtötung der Tumorzellen steigt also mit der applizierten Dosis im Zielvolumen an. Allerdings muss das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen durch Dosisbelastungen des umliegenden, gesunden Gewebes gering gehalten werden, weshalb die Dosisapplikation im Zielvolumen begrenzt ist. Bei der perkutanen Strahlentherapie, bei der sich zwangsläufig immer auch gesundes Gewebe im Strahlengang befindet, liegt die Herausforderung also in der Optimierung der Dosisverteilung. Eine Lösung hierfür bietet die intensitätsmodulierte Strahlenthe- rapie mit Photonen (IMRT) in Kombination mit bildgebenden Systemen. Nachteil der Photonentherapie ist aber zum einen, dass aufgrund der Wechselwirkungsmechanismen stets die maximale Dosis in geringen Tiefen appliziert wird. Zum anderen ist es auf- grund der Streueigenschaften nur schwer möglich, steile Dosisgradienten am Rand des Zielvolumens zu erhalten.
1
Ein anderer Ansatz ist die Bestrahlung mit schweren geladenen Teilchen, also zum Bei- spiel Protonen und Schwerionen [7]. Im Gegensatz zur Photonenstrahlung wird bei der Bestrahlung mit schweren geladenen Teilchen ein Großteil der Dosis in einer definier- ten Tiefe deponiert [7, 8, 9]. Diese Tiefe hängt von der primären Energie der Teilchen ab, kann also an die Lage des Zielvolumens angepasst werden. Die am häufigsten ver- wendeten Teilchen sind Protonen und Kohlenstoff-Ionen. Während bei Protonen die biologische Wirksamkeit vergleichbar mit der der Photonen ist, ist sie für schwerere Io- nen, also insbesondere Kohlenstoff-Ionen, signifikant größer [10, 11]. Des Weiteren kann bei Verwendung der Teilchenstrahlung in vielen Fällen eine bessere Konformität der Dosis gegenüber der IMRT erreicht werden [12]. Zudem können die Teilchenstrahlen im Gegensatz zur Photonentherapie mithilfe von Magneten fokussiert werden, was eine Bestrahlung mit Pencil-Beams ermöglicht. Insgesamt ist es möglich, eine höhere Dosis homogen im Zielvolumen zu applizieren, während die Dosis im umliegenden, gesunden Gewebe gering gehalten wird. Die Bestrahlung mit schweren geladenen Teilchen hat also für bestimmte Lokalisationen von Tumoren signifikante Vorteile gegenüber der Bestrah- lung mit Photonen [11, 13].
Problemstellung und Ziele dieser Arbeit
Allerdings birgt diese Form der Bestrahlung auch Nachteile. Neben hohen Kosten für den Bau und die Wartung eines Teilchenbeschleunigers besteht noch ein großer Bedarf an kostenintensiver Forschungsarbeit [14]. Diese ist zwingend notwendig, um die Präzision der Dosisapplikation zu verbessern, sodass die physikalischen Vorteile der Teilchenthe- rapie bestmöglich klinisch umgesetzt werden können. In dieser Arbeit wurde mithilfe des Monte-Carlo-Codes FLUKA der Teilchentransport durch den Bestrahlungskopf der Beschleunigeranlage am Partikel-Therapie-Zentrum in Marburg simuliert. Die einzelnen Bestandteile wurden detailliert in Hinsicht auf Ma- terial, Aufbau, Abmessung und Position im Strahlengang analysiert. Die wichtigsten Bestandteile des Strahlerkopfes sind neben dem Vakuumfenster die drei Ionisations- kammern zur Dosisüberwachung und zwei Multi-Wire-Kammern zur Überwachung der Strahlposition und -richtung. Wahlweise kann ein Ripple-Filter zur Verbreiterung des Bragg Peaks verwendet werden. Untersucht wurden die Tiefendosiskurven in einemWas- serphantom im Isozentrum bei Bestrahlung mit Kohlenstoff-Ionen. Als Energien wurden meist 80 MeV/u und 400 MeV/u gewählt. Diese Energien entsprechen Reichweiten von 2 bis 30 cm in Wasser und stellen die Grenzenergien dar, welche am Beschleuniger er-
2
zeugt werden können. Aufgenommen wurden die Tiefendosiskurven bei verschiedenen Kombinationen der genannten Bauteile, um deren jeweiligen Effekte sichtbar zu machen. Insbesondere wurden dabei die Anoden und Kathoden der Ionisationskammern unter- sucht. Der Grund hierfür liegt in ihrer gewebeartigen Struktur, die zu einer Modulation der Tiefendosiskurve führt. Problematisch war dabei die hohe Rechenzeit, die FLUKA benötigt, um solche heterogenen Geometrien zu berechnen. Aus diesem Grund wurde der Effekt der Modulation durch ein schnelleres, mathematisches Modell ersetzt. Dieses Modell wurde programmtechnisch über eine Benutzerroutine in FLUKA eingebunden. Dies bietet den Vorteil, dass FLUKA eine homogene Geometrie berechnet, die Routine die Geometrie aber so verändert, dass die Effekte der heterogenen Geometrie zu sehen sind. So lässt sich ein Vielfaches an Rechenzeit sparen. Weiterhin wurde die Strahlfokussierung in FLUKA auf Basis zweier Quadrupolmagnete implementiert. Hierfür wurden die optimalen Magnetfeldstärken für gegebene Teilchen und Energien mithilfe von Abbildungsmatrizen in Matlab bestimmt. Zusätzlich wurden Untersuchungen zu Molières Theorie zur Vielfachstreuung gemacht. Dabei wurde mittels FLUKA die Streuwinkelverteilung für verschiedene Materialien be- rechnet. Parallel wurde für dieselben Materialien mithilfe einer Näherung von Highland ebenfalls die Streuwinkelverteilung bestimmt. Die Ergebnisse wurden verglichen.
3
2.1.1 Wechselwirkung geladener Teilchen mit Materie
Auf ihrem Weg durch ein Medium übertragen geladene Teilchen ihre kinetische Energie auf die Targetatome durch Stöße mit deren Kernen und Hüllenelektronen. Den über- wiegenden Anteil an der Gesamtdosis haben diejenigen Wechselwirkungen, bei denen der Stoßparameter (anschaulich: Abstand des geladenen Teilchens zum Atom) größer als der Atomradius ist und es zu inelastischen Stößen der geladenen Teilchen mit den Targetelektronen kommt [7, 15, 16]1. Dieser Energieverlust wird als elektronisches Stoß- bremsvermögen bezeichnet, welches als deponierte Energie dE pro zurückgelegter Weg- strecke dx definiert ist und durch die klassische Bethe-Bloch-Gleichung beschrieben wird [19, 20]: (
dE dx
) − β2
] (2.1)
Hierbei ist n die Anzahl der Targetelektronen pro Volumen, z die Ladung des Projektils, cβ seine Geschwindigkeit, e die Elementarladung, me die Ruheenergie des Elektrons, ε0 die elektrische Feldkonstante und I das sogenannte mittlere Anregungspotential der Targetatome. Aus der reziproken Proportionalität des Energieverlustes zum Quadrat der Geschwin- digkeit folgt der charakteristische Bragg Peak der Tiefendosiskurven schwerer geladener Teilchen [6, 7, 8] (vgl. Abbildung 2.1).
1Bei einem Stoßparamter kleiner dem Atomradius kann es zu einem inelastischen Stoß mit dem Atomkern kommen [7]. Allerdings trägt dieser Mechanismus nur geringfügig zum gesamten Energie- übertrag bei [7, 17]. Noch seltener sind Wechselwirkungen, bei denen es zu direkten Stößen des Teilchens mit den Hüllenelektronen (Stoßparameter liegt in der Größenordnung des Atromradius) oder dem Nu- kleus des Targetatoms (Stoßparamter ist kleiner als der Kernradius und die kinetische Energie des Teilchens ist größer als ∼ 100 MeV) kommt [7, 18].
4
Die Reichweite eines Teilchens in einem Material lässt sich über die Integration des reziproken Stoßbremsvermögens berechnen [7]:
R =
∫ E0
0
( 1
ρ
dE (2.2)
Hierbei ist ρ die Dichte des Targetmaterials und E0 die Primärenergie des Teilchens. Es folgt, dass die Reichweite geladener Teilchen in einem Medium mit größer werdender Primärenergie des Projektils zunimmt [9]. Des Weiteren hängt die Reichweite von der Massen- und Ladungszahl des Teilchens ab. Zur Abschätzung der Reichweite von Pro- tonen und Alpha-Teilchen in Wasser wurde im ICRU Report Nummer 49 eine Formel zur Verfügung gestellt [21]:
R(E,Z,A) ≈ 2, 56 · 10−3 · E1,74 · Z 2
A (2.3)
Hierbei ist E die Energie der Teilchen in MeV/u, A die Massen- und Z die Ordnungs- zahl. Das Ergebnis der Reichweite ist in cm. Da der in Gleichung (2.1) beschriebene Energieverlust von der Verteilung der Elektronen im Targetmaterial abhängt, welche nicht homogen ist, ist der Energieverlust ein stochas- tischer Prozess. Dies bedeutet, dass manche Teilchen auf ihrem Weg durch das Material mehr Stöße und damit einen größeren Energieverlust erfahren, als andere Teilchen, was in einer endlichen Ausdehnung des Bragg Peaks resultiert. Dieser Mechanismus wird als Energieverlust-Straggling bezeichnet [8]. Teilchen mit höheren Primärenergien wei- sen neben einer größeren Eindringtiefe folglich auch einen breiteren Bragg Peak auf, da der Effekt des Energieverlust-Stragglings mit zunehmendem, zurückgelegten Weg größer wird [8] (siehe Abbildung 2.1). Ein weiterer Effekt, den man gut in Abbildung 2.1 sehen kann, ist die Fragmentierung [9]. Projektile mit mehr als einem Nukleon können durch Stöße mit den Atomkernen Protonen oder Neutronen verlieren. Für den Fall, dass die Teilchen Protonen verlieren, sinkt ihre Ladungszahl. Folglich nimmt also das Stoßbremsvermögen nach Gleichung (2.1) ab. Dies wiederum resultiert in einer größeren Reichweite der Fragmente [6, 8]. Aus diesem Grund fällt die Dosisverteilung nach dem Bragg Peak nicht direkt auf 0 ab, sondern zeigt noch einen flachen Dosisausläufer (vgl. Abbildung 2.1), der aus einem Gemisch von Projektilen resultiert. Diese Projektile besitzen Ladungszahlen kleiner der Primärladung und weisen ein breites Energiespektrum mit Energien kleiner der Primär- energie auf.
5
Abbildung 2.1: Relative Tiefendosiskurven von Kohlenstoffionen in Wasser für verschie- dene Energien. Normiert wurde die Dosis auf den Wert in der Tiefe 0 cm. Mit zunehmender Energie rutscht der Bragg Peak in größere Tiefen und wird aufgrund des Energieverlust-Stragglings breiter.
Eine Erweiterung der Bethe-Bloch Gleichung für die Abschätzung des Stoßbremsvermö- gens in inhomogenen Materialien findet sich in der Bragg’schen Regel [22]:
1
ρges
homogenen Materials ist. Die Terme 1 ρi
( dE dx
) i sind die mit ihrer Dichte normierten
Stoßbremsvermögen des jeweiligen Bestandteils i, die mit den Faktoren wi gemäß ihres Massenanteils gewichtet werden:
wi = aiAi∑ i aiAi
(2.5)
6
Hierbei steht ai für die Anzahl der Atome einer bestimmten Sorte i im Molekül mit seiner Massenzahl Ai. Formel (2.4) liefert aber lediglich eine Näherung für das Stoßbremsvermögen in einem inhomogenen Material, da sich das Anregungspotenzial I und die Elektronendichte n (vgl. Gleichung (2.1)) eines Elements in einem Verbund anders verhalten können, als im elementaren Zustand. Jedoch weicht das so berechnete Stoßbremsvermögen vom Tatsächlichen um maximal 20% ab [23, 24].
2.1.2 Anwendung der Partikelstrahlen
Zur erfolgreichen Behandlung einer Tumorerkrankung wird in der Regel bei den kli- nischen Anwendungen der Partikelstrahlen eine homogene Dosisverteilung im maligen Gewebe gefordert2. Hierfür gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Anwendungsmetho- den: Die ältere und häufig verbreitete Methode ist die passive Strahlapplikation. Dabei wird der Strahl durch passive Bauteile wie Scatterer, Kollimatoren, Boli und Kompen- satoren an die laterale Ausdehnung des Zielvolumens angepasst [13, 25]. Zur Anpassung des Strahls an die Tiefe können bei Zyklotrons passive Bauteile verwendet werden. Syn- chrotrons bieten die Möglichkeit der Extraktion von Teilchen der benötigten Energie. Die zweite Methode ist das sogenannte Raster-Scan-Verfahren [25, 26, 27]. Bei diesem Verfahren wird das Volumen in Schichten gleicher Tiefe aufgeteilt. Jede dieser Schichten wird mit einem Raster belegt. Der Partikelstrahl wird durch Scanning-Magnete so ab- gelenkt, dass er nach und nach jede durch das Raster festgelegte Strahlposition belegt. Die Intensitätsmodulation kann durch Variation der Intensität des Beschleunigers sowie über die Verweildauer des Strahls auf einer Position verwirklicht werden [25, 27]. Der klare Vorteil des Raster-Scan-Verfahrens ist eine verbesserte Dosiskonformität ge- genüber der passiven Strahlführung [13, 25, 27].
2Es gibt aber auch neuere Ansätze mit dem sogenannten Dose-Painting, bei dem definiert inhomo- gene Dosisverteilungen geplant werden.
7
Spread-Out Bragg Peak
Um bei der Bestrahlung eines Tumors eine homogene Dosisverteilung in Strahlrichtung (also der Tiefe des Tumors) zu erreichen, werden mehrere Bragg Peaks unterschiedlicher Energien und Intensitäten übereinander gelegt. Durch die Superposition der einzelnen Tiefendosiskurven ergibt sich eine Tiefendosiskurve mit einem homogenen Dosisplateau, dem sogenannten Spread-Out Bragg Peak (kurz: SOBP) [9]. Je nach Anzahl der abge- tasteten Energien kann die Breite des SOBP variiert werden. Bei Verwendung kleiner Energien sind die Bragg Peaks, aus denen der SOBP geformt werden soll, sehr scharf; wie in Abbildung 2.1 zu sehen ist. Dementsprechend müssen viele Energien abgetastet werden, um einen breiten SOBP zu erhalten, was in einer unverhältnismäßig langen Bestrahlungszeit resultieren würde. Aus diesem Grund wurden passive Strahlelemente entwickelt, die den Bragg Peak der Tiefendosiskurve einer Energie definiert verbreitern. Hierzu zählen zum Beispiel ”Modulator Wheels” (Koehler et al. [28]) und ”Ridge Filter” (Nakagawa und Yoda [29]). Diese Elemente bestehen aus einer heterogenen Material- struktur und verbreitern den Bragg Peak der Tiefendosiskurve einer Primärenergie um bis zu 15 cm. Bei Verwendung solcher Strahlelemente reicht es, eine Primärenergie zu verwenden.
Inhomogene Materialien
Der Effekt, der beim Durchstrahlen solcher Elemente zu einem breiteren Bragg Peak führt, tritt generell beim Bestrahlen inhomogener Materialien auf. Dies wurde bereits 1986 von Urie et al. durch Untersuchungen der Tiefendosiskurven bei Bestrahlen inho- mogener Materialien mit Protonen und Schwerionen festgestellt [30]. Heutzutage spielt die Berücksichtigung solcher Inhomogenitäten zur genauen Berechnung der Dosisver- teilung im Zielvolumen eine wichtige Rolle im klinischen Alltag [31, 32]. Generell un- terscheidet man zwei Kategorien von Inhomogenitäten [27, 30]: Zum einen einfache Zusammensetzungen makroskopischer Strukturen und zum anderen komplexe Konfigu- rationen heterogener Strukturen. Geometrien der ersten Kategorie führen dazu, dass sich Materialübergänge parallel zum Strahl im Strahlengang befinden. Dadurch dass die Teilchen unterschiedliche Materiali- en durchlaufen, kommt es zu zwei unterschiedlichen Tiefendosiskurven, die sich zu einer
8
überlagern. Dies resultiert in einer Tiefendosiskurve mit zwei Bragg Peaks [33]. Bei Geometrien der zweiten Kategorie durchlaufen die Teilchen unterschiedliche Dicken an Material. Dadurch erfahren die Teilchen nach Gleichung (2.1) verschieden starke Energieverluste, die ihrerseits nach Gleichung (2.3) in unterschiedlichen Eindringtiefen resultieren. Die Superposition der Tiefendosiskurven dieser einzelnen Teilchen ergibt ei- ne Tiefendosiskurve mit einem breiten Bragg Peak. Die Breite dieses SOBP hängt dabei von der Feinheit der Inhomogenität des Materials ab. Der Effekt einer solchen Inhomogenität auf die Dosisverteilung kann durch verschiedene Modelle beschrieben werden. Sawakuchi et al. haben zum Beispiel die Auswirkungen verschiedener Pixelgeometrien untersucht [32]. So konnte ein Zusammenhang zwischen verschieden feinen Strukturen und dem distalen Dosisabfall der Tiefendosiskurve unter- sucht werden. Pflugfelder et al. haben eine ”Heterogenitäts-Nummer” eingeführt, die in der Lage ist, laterale Inhomogenitäten mathematisch zu beschreiben [34].
Ripple-Filter
Ein weiteres Strahlelement, welches den Bragg Peak verbreitert, ist der ”Ripple-Filter” (kurz: RiFi) (Weber und Kraft [35]). Der Effekt des Ripple-Filters auf die Tiefendosis- kurve ist in Abbildung 2.2 zu sehen. Die Verbreiterung eines Bragg Peaks durch den RiFi beträgt wenige Millimeter und ist somit wesentlich feiner gegenüber der Verbreiterung des Peaks durch ”Modulator Wheels” oder ”Ridge Filter”. Bei Verwenden eines Ripple-Filters wird die Anzahl der abzutastenden Energien reduziert, die nötig sind, um einen SOBP zu erhalten. Neben der Verbreiterung des Bragg Peaks wird die Reichweite der Teilchen etwas verkürzt. Dies resultiert aus der zusätzlichen Massenbelegung durch das passive Strahlelement im Strahlengang, die zu einem zusätzlichen Energieverlust nach Gleichung (2.1) führt. In Abbildung 2.3 ist der Aufbau der neuen Generation von Ripple-Filtern zu sehen. Während die erste Generation eine eindimensionale Struktur hatte, die aus Gründen der Stabilität mit einer Grundplatte versehen war, besteht die neue Generation aus einer zweidimensionalen Struktur aus periodisch angeordneten Noppen [36]. Bei dieser Struktur benötigt man keine Grundplatte mehr, die in der ersten Generation noch für einen erhöhten Streuanteil gesorgt hatte. Durchläuft ein Partikelstrahl endlicher Ausdehnung den Ripple-Filter, so durchqueren die Teilchen in Abhängigkeit ihrer lateralen Position unterschiedliche Dicken des Fil- termaterials, was zu einer Verbreiterung des Bragg Peaks führt. Die Verbreiterung ist
9
dabei direkt mit der geometrischen Form des Filters verknüpft und kann analytisch beschrieben werden [36].
Abbildung 2.2: Vergleich der Tiefendosiskurven von Kohlenstoff-Ionen in Wasser für drei unterschiedliche Primärenergien mit und ohne Ripple-Filter. Neben der Verbreiterung des Bragg Peaks kommt es zu einer reduzierten Reich- weite der Teilchen, welche durch die zusätzliche Massenbelegung des Filterelements im Strahlengang verursacht wird (aus [35]).
Abbildung 2.3: Aufbau des 2-dimensionalen Ripple-Filters der neuen Generation (aus [37]).
10
Bei jeder Wechselwirkung geladener Teilchen mit den Targetelektronen kann es zu einer Richtungsänderung kommen [6]. Diese Richtungsänderungen folgen einer statistischen Verteilung. Je nach Anzahl der Streuprozesse in einem Medium spricht man von Ein- zelstreuung, Mehrfachstreuung (2-20 Streuereignisse) oder Vielfachstreuung (mehr als 20 Streuereignisse) [6]. Bei der Mehr- und Vielfachstreuung werden dabei die einzelnen Streuereignisse zu einer Gesamtstreuung mit einem entsprechenden Gesamtstreuwinkel zusammengefasst. Da die Berechnung der Einzelstreuung kompliziert ist, bietet es sich an, Verteilungsfunktionen für die Vielfachstreuung zu benutzen, wann immer dies mög- lich ist. Es wurden mehrere, verschiedene Theorien zur Vielfachstreuung veröffentlicht [38]. Mo- lière [39] sowie Snyder und Scott [40, 41] veröffentlichten Theorien, bei denen unter der Annahme kleiner Streuwinkel die Streuwinkelverteilung als Entwicklung der Besselfunk- tionen beschrieben wird [38]. In Arbeiten von Goudsmit und Saunderson [42, 43] wurden Legendre-Polynome verwendet, um eine Theorie der Streuwinkelverteilung für beliebig große Winkel zu entwickeln [38]. In einer Arbeit von Lewis [44] wurde ebenfalls eine all- gemeingültige Theorie auf Basis der Entwicklung mit Legendre-Polynomen vorgestellt. Zusätzlich konnte Lewis zeigen, dass diese Theorie mit einer Kleinwinkelnäherung in die Theorie von Molière, Snyder und Scott übergeht [38].
2.2.1 Molières Theorie der Vielfachstreuung
Im Folgenden wird die Theorie der Vielfachstreuung nach Molière vorgestellt. Dabei wird auf eine exakte Herleitung verzichtet3. Grundlage dieser Theorie ist die Kleinwin- kelnäherung, sodass gilt sin(θ) ≈ θ. Für die in ein Intervall dθ gestreute Anzahl an Teilchen f(θ)θdθ gilt [38]:
f(θ)θdθ = ϑdϑ [ f (0)(ϑ) +B−1f (1)(ϑ) +B−2f (2)(ϑ) + . . .
] (2.6)
4 u2
)]n (2.7)
3Die Herleitung findet sich in mehreren Veröffentlichungen, wie zum Beispiel in einer Arbeit von Bethe [38].
11
Dabei ist J0 die Besselfunktion erster Gattung, u = B 1 2y, wobei über y integriert wird.
ϑ = θ/ ( χcB
( χc χ′a
)2 definiert. Der Winkel χc hat dabei die Eigenschaft des minimalen Streuwinkels bei einer Einfachstreuung und wird über folgende Gleichung berechnet [38]:
χ2 c =
(pv)2 (2.8)
Hierbei ist n die Anzahl an Elektronen pro Volumen im Material der Dicke t mit Ord- nungszahl Z. e ist die Elementarladung. Die gestreuten Teilchen mit Ladungszahl z haben den Impuls p und die Geschwindigkeit v. Der Winkel χ′a ist ein von Molière eingeführter, sogenannter Screening-Winkel, der wie folgt definiert ist [38, 45]:
(χ′a) 2 = 1, 167 · χ2
a = 1, 167 · c2
β2
) (2.9)
Hierbei ist p der Impuls der Teilchen mit der relativistischen Geschwindigkeit β. Die Größen c1 und c2 lassen sich dabei wie folgt berechnen [38]:
c1 ≡ [(
e2
~c
) zZ
]2
(2.10)
c2 ≡ [
1
]2
(2.11)
Hierbei ist ~ das Planksche Wirkungsquantum, z die Ladungszahl der Teilchen, Z die Ordnungszahl des Targetmaterials und mec
2 ≈ 0, 511 MeV die Ruheenergie des Elek- trons mit Elementarladung e.
Der Kern dieser Streuwinkelverteilung nach Molière (Gleichung (2.6)) ist der Gauss’sche Term f (0)(ϑ) = 2e−ϑ, der für sehr kleine Streuwinkel dominant ist. Die weiteren Terme f (n)(ϑ) ergänzen diese Gauss’sche Verteilung und werden mit zunehmender Größe der Streuwinkel wichtiger und sorgen dafür, dass die Verteilungsfunktion für große Streu- winkel breiter als die Normalverteilung verläuft. Das Besondere an dieser Formel ist, dass die Streuwinkelverteilung nur vom Verhältnis der Winkel χc und χ′a (also der Größe B) abhängt [38]. Die Größe B liegt in der Regel im Bereich 5 ≤ B ≤ 20 und beinhaltet über die Winkel χc und χ′a die Eigenschaften der Teilchen sowie des Targetmaterials. Aus Gleichung (2.8) folgt, dass χ2
c proportional
12
zur Elektronendichte und Dicke sowie dem Quadrat der Ordnungszahl des Targetma- terials ist. Je schwerer bzw. dicker das Streumaterial ist, desto größer ist also χ2
c bzw. B.4 Für große B dominiert jedoch der Term der Normalverteilung f (0)(ϑ) = 2e−ϑ aus Gleichung (2.6), da für höhere Ordnungen von f (n)(ϑ) die Größe B im Nenner steht. Für dicke bzw. schwere Materialien folgt die Streuwinkelverteilung also näherungsweise einer Normalverteilung.
Wie bereits angesprochen, ist der Gauss’sche Term f (0)(ϑ) für sehr kleine Streuwinkel ϑ . 2 dominant. Die Streuwinkelverteilung lässt sich in diesem Fall mit einer Normal- verteilung der Breite θw annähern [38]:
θw = χcB
1 2
2.2.2 Näherung von Highland
Allerdings haben Hanson et al. [46] gezeigt, dass für den Fall sehr kleiner Streuwinkel die Näherung der Winkelverteilung mit einer Gauss’schen Verteilungsfunktion besser ist, wenn die Breite etwas kleiner gewählt wird, als in Gleichung (2.12) angegeben [38]. Für die Standardabweichung θw gilt demnach:
θw = χc(B − 1, 2)
√ 2
(2.13)
Da B normalerweise im Bereich 5 ≤ B ≤ 20 liegt, weicht die so berechnete Breite θw um 3% bis 12,8% von der Breite aus Gleichung (2.12) ab. Für die in Gleichung (2.13) gegebene Näherung entwickelte Highland [47] eine einfache Formel, um die Größe θw aus Materialeigenschaften zu bestimmen [45]:
θw = 14, 1 MeV
( η
RL
)] (2.14)
Hierbei ist pv das Produkt aus Impuls und Geschwindigkeit des Projektils mit La- dungszahl z. η = ρ · d ist die Massenbelegung5 des Targets als Produkt aus Dichte ρ
4Bei schweren Materialien ist die Elektronendichte zwar geringer, aber die Ordnungszahl, welche quadratisch in χ2
c eingeht, größer. Insgesamt ist χ2 c also größer, je schwerer ein Material ist.
5Der Energieverlust von Teilchen beim Durchlaufen eines Mediums ist nicht nur von dessen Dicke, sondern vor allem von der Dichte abhängig. Die Massenbelegung verbindet diese beiden Eigenschaften eines Materials.
13
und geometrischer Dicke d. RL ist die Strahlungslänge in g/cm2. Die Strahlungslänge RL eines Elements6 kann dabei über folgende Formel abgeschätzt werden [48, 49]:
RL ≈ 716, 4 · A
mol cm2
(2.15)
Mit Z als Ordnungs- und A als Massenzahl des Targetmaterials. Setzt man die Massen- zahl A in g/mol ein, so hat die Strahlungslänge die Einheit g/cm2. Für heterogene Materialien kann die resultierende Strahlungslänge aus den Strahlungs- längen der Bestandteile folgendermaßen ermittelt werden [49]:
RL = 1∑ i αi RLi
(2.16)
Dabei ist RLi die Strahlungslänge des Stoffes i und αi sein Anteil an der Gesamtmasse.
2.3 Magnetische Strahlfokussierung
Um einen Strahl beschleunigter geladener Teilchen zu fokussieren, werden Quadrupol- magnete verwendet [50]. In einem solchen Magneten sind vier Spulen so angeordnet, dass sich zwischen je zwei Spulen abwechselnd magnetische Nord- und Südpole aus- bilden. Zusätzlich sind zwischen den Spulen hyperbolische Eisenjoche eingebracht, um die Feldlinien zu krümmen und den magnetischen Fluss zu erhöhen. Die daraus resul- tierenden Feldlinien sind in Abbildung 2.4 zu sehen. Bewegt sich ein positiv geladenes Teilchen senkrecht zur Zeichenebene, so wirkt die Lorenzkraft, die zu einer Beschleuni- gung senkrecht zur Bewegungsrichtung führt. Aufgrund der Richtung des Magnetfeldes wirkt ein Quadrupol nur in einer Ebene fokussierend [51]. In der dazu senkrecht stehen- den Ebene ist eine defokussierende Wirkung zu beobachten. Aus diesem Grund benötigt man zur Strahlfokussierung immer zwei Quadrupolmagnete, die in Strahlrichtung einen bestimmten Abstand zueinander besitzen und deren Ausrichtung um 90 gegeneinander gedreht ist [51].
6Die Strahlungslänge ist diejenige Länge eines Materials, an der die Energie der Partikel auf 1/e abgefallen ist [48].
14
Abbildung 2.4: Links: Der Aufbau eines Quadrupolmagneten und die daraus resultie- renden Feldlinien (grau) und auf ein positiv geladenes Teilchen wirkende Lorenzkraft (blau), bearbeitet nach [52]. Rechts: Schematische Darstel- lung der Magnetfeldstärke eines Quadrupolmagneten in Abhängigkeit der lateralen Position.
Für die mathematische Beschreibung der Quadrupole lässt sich das magnetische Feld wie folgt definieren:
Bx = g · y
By = g · x
Bz = 0
wobei Bx, By und Bz die Komponenten des magnetischen Feldvektors ~B sind. g be- schreibt den Gradienten der Feldstärke in T/m und legt über das Vorzeichen die Rich- tung der Fokussierung fest. Die Ausbreitungsrichtung der Teilchen ist in positiver z- Richtung, das magnetische Feld steht also stets senkrecht zur zentralen Strahlachse und ist auf dieser gleich Null . Die Bewegung eines Teilchens durch ein solches magnetisches Feld lässt sich mithilfe von Abbildungsmatrizen beschreiben [51, 53]. Dem Teilchen wird vor dem Eintritt in das Quadrupolfeld eine initiale laterale Position (x0, y0) und eine Steigung der Teilchenbahn (x′0, y
′ 0) zugeordnet. Die Steigung x′ = dx
dz gibt dabei die Änderung des lateralen Abstandes des Teilchens in x-Richtung zur Sollbahn (x = 0)
entlang der z-Achse an. Die Position (x, y) und Steigung (x′, y′) des Teilchens nach dem Durchlaufen eines Ma-
15
gneten lassen sich mittels einer Matrixmultiplikation berechnen [51, 53]: x
x′
y
y′
= M ·
x0
Hierbei steht M für den in x-Richtung fokussierenden und y-Richtung defokussierenden (MFx, g > 0) bzw. in x-Richtung defokussierenden und in y-Richtung fokussierenden (MDx, g < 0) Quadrupolmagneten [51, 53]:7
MFx =
− √ |k| sin cos 0 0
0 0 cosh 1√ |k|
sinh
(2.18)
MDx =
|k| sinh cosh 0 0
0 0 cos 1√ |k|
sin
(2.19)
wobei k = e·g |~p| definiert ist. Die Einheit von k ist 1/m2. e gibt die Ladung des zu fokus-
sierenden Teilchens an, ~p ist sein Impuls und g steht für den Gradienten der Magnetfeld- stärke in T/m. Der Term =
√ |k| ·L beinhaltet die Länge des Quadrupolmagneten L.
Die Größen k und L sind Größen, die das ionenoptische System des Quadrupolmagneten beschreiben. Aus k lassen sich die korrespondierenden Magnetfeldstärken für Teilchen einer gewissen Energie und Ladung berechnen. Für eine feldfreie Driftstrecke (k → 0) der Länge l lassen sich die Abbildungsmatrizen vereinfachen [51]:8
MFx = MDx = MD =
Lösung dieser Gleichung findet sich im Appendix. 8Eine Herleitung der vereinfachten Abbildungsmatrizen findet sich im Appendix.
16
Ebenfalls vereinfachen lassen sich die Matrizen, falls die Ausdehnung L des Quadrupol- magneten in Strahlrichtung klein gegenüber der Brennweite f = 1
kL ist. Für einen in
x-Richtung fokussierenden Quadrupolmagneten folgt:
1
(2.20)
Für einen in x-Richtung fokussierenden Magneten ist k > 0, dementsprechend also auch f > 0. In Analogie zur geometrischen Strahloptik steht − 1
f für eine Fokussierung (Sam-
mellinse), falls f > 0. Andernfalls liegt eine defokussierende Wirkung vor (Streulinse). Mithilfe dieser Matrizen lässt sich nun die Strahlführung für beliebige Anordnungen von Quadrupolmagneten und Driftstrecken berechnen. Wird ein Strahl zum Beispiel durch einen in x-Richtung fokussierenden Magneten ge- führt, dem anschließend eine Driftstrecke der Länge l und ein in y-Richtung fokussie- render Quadrupolmagnet folgt, erhält man für die gesamte Matrix:
M = MQuad−Fy·MD·MQuad−Fx =
1 L 0 0 1 f
1 0 0
− l f2
l + 2L
(2.21)
Wählt man neben der kleinen Ausdehnung des Quadrupolmagneten L f auch eine kurze Driftstrecke l f , sowie eine geringe Steigung der Teilchenbahn x′, so folgt l+L f 1 und (l + 2L) · x′ x. Für die Abbildungsmatrix M ergibt sich:
M ≈
1
(2.22)
17
Gut zu sehen an dieser Form ist, dass die Kombination aus einem in x-Richtung fo- kussierenden und einem in x-Richtung defokussierenden Quadrupolmagneten insgesamt fokussierend wirkt, da f 2 > 0, die Brennweite also positiv ist. Die charakteristische Größe eines Quadrupolmagneten ist die Brennweite f = 1
k·L = |~p| e·g·L , die angibt, in welchem Abstand hinter dem Quadrupolmagneten die maximale Fokussierung erreicht wird [51]. Will man den Ort dieser Fokussierung konstant halten, muss die Magnetfeldstärke angepasst werden, falls Teilchenstrahlen gleicher Ladung aber anderer Energie fokussiert werden sollen. Die Länge des Quadrupolmagneten lässt sich nicht anpassen. Bei Teilchenstrahlen hoher Energie muss der relativistische Effekt be- rücksichtigt werden. Für den Zusammenhang zwischen kinetischer Energie pro Nukleon Ek, Ruheenergie pro Nukleon E0 und dem relativistischen Impuls p eines Teilchens mit Massenzahl A gilt:
|~p| = A
√ E2 k + 2EkE0 (2.23)
Für die Anpassung des Gradienten g der Feldstärke an die Energie der Teilchen bei gleicher Massenzahl (A1 = A2) und Ladungszahl (e1 = e2) gilt somit:
f1 = f2 ⇒ |~p1| e1g1L
Unter der Monte-Carlo-Methode versteht man das numerische Lösen komplexer Integra- le unter der Verwendung von Zufallszahlen [54]. Hierfür wird ein mathematisches Modell benötigt, welches die Aufgabenstellung in Form von Funktionen und Wahrscheinlich- keitsverteilungen beschreibt. Das so aufgebaute Zufallsexperiment wird anschließend mehrmals wiederholt und so die gewünschte Größe angenähert [55]. Der Durchschnitt der berechneten Größe aus den einzelnen Experimenten wird dann gegen die wahre Lösung des Problems konvergieren [55]. Die Genauigkeit des Ergebnisses ist dabei pro- portional zu 1/
√ N , wobei N die Anzahl der Wiederholungen ist [56]. Der Einsatz von
Monte-Carlo-Methoden ist immer dann sinnvoll, wenn klassische numerische Methoden eine zu geringe Konvergenzgeschwindigkeit besitzen. Hierzu zählen Problemstellungen aus der Meteorologie und der Finanzwelt sowie der Strahlungstransport [18, 27]. Für die Berechnung des Strahlentransportes benötigt man die physikalischen Wechsel- wirkungsquerschnitte, welche die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die verschiedenen
18
Ereignisse liefern. Neben der Anzahl der verwendeten Teilchen wird in diesem Fall die Genauigkeit des Ergebnisses durch die Unsicherheiten der physikalischen Größen be- grenzt [55]. Ein großer Vorteil der Monte-Carlo-Methoden liegt in ihrer Fähigkeit, die Berechnun- gen zu parallelisieren. Dies ermöglicht die Verwendung von Rechenclustern, sodass die Simulationszeiten drastisch verkürzt werden können [56].
2.4.1 Der Monte-Carlo-Code FLUKA zum Transport geladener
Teilchen
FLUKA ist ein Monte-Carlo-Code zur Berechnung der Wechselwirkungen und den Transport von Teilchen in Materie [57, 58]. Die erste Version von 1962 wurde am CERN (European Organization for Nuclear Research) entwickelt und konnte lediglich hoch- energetische Protonen berechnen [55]. Die neue Version von FLUKA, die seit 1992 in einer Zusammenarbeit zwischen CERN und dem INFN (National Institut for Nuclear Physics in Frascati) stetig weiterentwickelt wird, basiert auf fünf vollständig integrier- ten Modulen, welche es möglich machen, verschiedene Teilchen und Wechselwirkungen zu simulieren. Unter anderem zählen hierzu Hadronen, Elektronen, Photonen, nieder- energetische Neutronen sowie Schwerionen [55]. Außerdem wurde die Energiespanne der Teilchen vergrößert, sodass Energien bis in den TeV-Bereich berechnet werden können. Der Strahlungstransport wird mithilfe verschiedener physikalischer Modelle berechnet, die je nach Bedarf aktiviert werden können. Der Energieverlust durch Stöße mit den Hüllenelektronen eines Materials wird mithilfe der Bethe-Bloch-Gleichung (Gleichung (2.1)) beschrieben [59]. Für die Berechnung der effektiven Ladungszahl wird dabei die Barkas-Formel verwendet [27, 59]. Da der Energieverlust dieser Soft-Collisions sehr gering ist, geschehen viele solcher Ereig- nisse, bis ein Teilchen und die von ihm produzierten Sekundärteilchen zur Ruhe kommen. Würden all diese Ereignisse einzeln berechnet werden, würde dies in unverhältnismäßig langen Rechenzeiten resultieren. Daher wird in FLUKA die Condensed-History-Technik verwendet [60]. Dies bedeutet, dass die Energieverluste und Richtungsänderungen meh- rerer solcher Soft-Collisions zu einer Richtungsänderung zusammengefasst werden. Die bei diesen Ereignissen abgegebene Energie wird zu Teilen auf Sekundärteilchen über- tragen, der Rest wird lokal deponiert. Grundlage der Condensed-History-Methode sind Theorien der Vielfachstreuung. FLUKA verwendet die in Kapitel 2.2.1 beschriebene Theorie nach Molière und entwickelt Gleichung (2.6) bis zur zweiten Ordnung [61]. In
19
Geometrien kleiner Ausdehnung kann es sein, dass die Anzahl der Streuereignisse kleiner als 20 ist. In diesen Fällen ist die Vielfachstreuung nicht gültig (vgl. Kapitel 2.2) und es muss ein Streualgorithmus für die Einzelstreuung verwendet werden. Die Umschaltung zwischen den beiden Algorithmen geschieht in FLUKA vollautomatisch [27]. Im Gegensatz zu den Soft-Collisions stehen die Hard-Collisions, bei denen es zu Kern- reaktionen (einschließlich Fragmentierung) sowie großen Energieverlusten der primären Teilchen kommen kann. Zur Berechnung der nuklearen Wechselwirkungen werden abhängig von der Energie verschiedene Modelle verwendet: Bei Energien E < 100 MeV/u findet ein Modell An- wendung, welches die Boltzmanngleichung löst [27, 62]. Für Energien 100 MeV/u < E <
5 GeV/u wird das RQMD (Relativistic Quantum Molecular Dynamics Model) verwen- det [62]. Kern-Wechselwirkungen für Protonen werden mit dem PEANUT-Modell (Pre- Equilibrium Approach to NUclear Thermalisation) berechnet [63, 64]. Alle diese Modelle sind in der Literatur gut beschrieben, in FLUKA seit längerer Zeit implementiert und es wurden Benchmarks durchgeführt, um die Richtigkeit dieser Mo- delle zu zeigen [65]. Alle Einstellungen der Modelle, die FLUKA vollautomatisch einsetzt, können vom Be- nutzer geändert werden. So können Cut-Off Energien9 für verschiedene Teilchen fest- gelegt werden. Außerdem kann der Benutzer zur Reduktion der Rechenzeit Wechsel- wirkungsquerschnitte für bestimmte Reaktionen erhöhen und die mittleren freien Weg- längen verändern. In FLUKA sind verschiedene Kombinationen solcher Grenzenergien und Wechselwirkungsquerschnitte für verschiedene Teilchen und Wechselwirkungen vor- definiert, die der Benutzer je nach Problemstellung verwenden kann. Zudem hat der Benutzer die Möglichkeit, mittels sogenannter Benutzerroutinen direkt in die Transportwege der Teilchen einzugreifen. So wird es möglich, spezielle Fragestel- lungen zu bearbeiten. Diese Routinen werden in Fortran 77 programmiert und erlauben zum Beispiel das Verwenden von Magnetfeldern, Energiespektren für eine Teilchenquelle oder das Manipulieren von Geometrien. Grundlage eines jeden Monte-Carlo-Codes ist das Erzeugen von Zufallszahlen. FLUKA benutzt einen deterministischen Generator, der mittels eines mathematischen Algorith- mus Zufallszahlen erzeugt, die benutzt werden, um das Schicksal eines Teilchens (Art einer Wechselwirkung, Energieübertrag, Richtungsänderung, etc.) zu ermitteln.
9Die Cut-Off Energie gibt an, bis zu welcher Energie die Wechselwirkungen von Teilchen einer bestimmten Art berechnet werden. Sinkt die Energie des Teilchens unterhalb diese Schwelle, so wird das Teilchen vernichtet und seine Restenergie lokal deponiert.
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Die Unsicherheit des mit FLUKA berechneten Ergebnisses setzt sich aus einer syste- matischen und stochastischen Unsicherheit zusammen. Die systematische Unsicherheit ist bedingt durch die Genauigkeit der von FLUKA benutzten physikalischen Größen. Durch fortwährende Verbesserung der Datenbänke wird dieser Anteil an der Gesamtun- sicherheit immer kleiner. Die stochastische Unsicherheit der mit FLUKA berechneten Größe hängt von der Anzahl der berechneten Ereignisse ab. Hierbei nutzt man die Tatsache aus, dass das Ergebnis mit steigender Anzahl an Wiederholungen gegen eine Normalverteilung geht, dessen Mittelwert µ gegen den wahren Wert konvergiert. Die Breite σ dieser Normalvertei- lung entspricht der stochastischen Unsicherheit des Ergebnisses. FLUKA gibt demnach als Wert der gesuchten Größe µ ± σ aus. Dementsprechend wird in dieser Arbeit die Unsicherheit aller mit FLUKA berechneten Größen zu 1σ angegeben.
2.5 Strahlkopf der Partikeltherapieanlage
Der schematische Aufbau des Strahlkopfes und seine Position bezüglich des Isozentrums ist in Abbildung 2.5 zu sehen. Zur Orientierung ist in der Abbildung ein Koordinaten- system eingezeichnet. Das Isozentrum befindet sich im Punkt (0,0,0). Der Strahl geht stets in positiver z-Richtung. x und y werden als die lateralen Richtungen definiert. Der in dieser Arbeit untersuchte Strahlkopf ist ähnlich zu dem an der GSI in Darmstadt verwendeten und ist in der Literatur gut beschrieben [66, 67, 68, 69, 70, 71].
Abbildung 2.5: Der schematische Aufbau des Beschleunigerstrahlkopfes und seine Posi- tion in Bezug zum Isozentrum.
21
Der Strahl kommt von links und verlässt das vakuumierte Strahlrohr in einem Abstand von 142 cm zum Isozentrum. Der Abschluss des Beschleunigerrohrs wird durch zwei Austrittsfenster markiert. Diese Austrittsfenster dichten das Rohr ab und erhalten so das Vakuum aufrecht. Sie bestehen aus einem Doppelsystem aus je einer Schicht Polyester mit einer Massenbelegung von 14 mg/cm2 und einer Schicht Kevlargewebe mit einer Massenbelegung von 6,1 mg/cm2. Das Polyester sorgt für die erforderliche Dichtheit und erhält durch das Kevlargewebe die nötige Stabilität.
2.5.1 Ionisations- und Multi-Wire-Kammern
Der eigentliche Strahlkopf besteht aus fünf Dosiskammern. Diese sind zur Überwachung der Strahlqualität und applizierten Dosis unerlässlich. Beginnend mit einer Multi-Wire- Kammer (WMK1) folgen drei Ionisationskammern (IK) und abschließend die zweite Multi-Wire-Kammer (MWK2) (vgl. Abbildung 2.5). Jede dieser Kammern besitzt eine Länge von 4 cm und ist mit einem Gas gefüllt, das zu 80 Volumenprozent aus Argon und 20 Volumenprozent aus Kohlenstoffdioxid besteht. Die resultierende Massenbele- gung des Gases beträgt 6,8 mg/cm2 pro Kammer. Abgedichtet sind die Kammern mit je einer Schicht Polyester am Anfang und Ende mit einer geometrischen Dicke von je 24 µm, was einer Massenbelegung von 1,4 mg/cm2 entspricht. Hinter jeder Kammer befinden sich je 3 cm Luft. In den drei Ionisationskammern befinden sich je zwei Anoden und eine Kathode. Diese bestehen aus einer in Kapitel 3.1 näher beschriebenen Folie. Kern dieser Folien ist ein Polyestergewebe, welches mit Nickel bedampft wurde, um die für die Funktionalität der Dosiskammern erforderliche elektrische Leitfähigkeit zu erhalten. Durch die heterogene Struktur dieses Gewebes kommt es wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben zu einer Modulati- on der Tiefendosiskurve, welche in den folgenden Kapiteln näher untersucht wird. Die Kathode ist mittig in der Ionisationskammer angebracht. Die Anoden stehen in Strahl- richtung in einem Abstand von 0,5 cm vor und hinter der Kathode. Durch Anlegen einer Spannung an den Folien bildet sich zwischen diesen ein homogenes, elektrisches Feld aus. Durchlaufen Teilchen die Kammern, werden durch Wechselwirkungen die Gasatome io- nisiert und die so entstandenen freien Ladungsträger je nach Ladung zur Kathode bzw. den Anoden hin beschleunigt [8]. Die Elektronen werden an den Anoden abgesaugt und es ist ein Strom messbar. Die Anzahl der erzeugten und abgesaugten Elektronen ist dabei proportional zur deponierten Energie der Teilchen. Über eine Kalibrierung kann ein Zusammenhang zwischen gemessenem Strom und der in der Kammer applizierten
22
Ionendosis hergestellt werden [6]. In den Multi-Wire-Kammern besteht lediglich die Kathode aus dem mit Nickel be- dampften Polyestergewebe. Anstatt der beiden äußeren Anodenfolien ist je eine Viel- Draht-Ebene vor und hinter der Kathode verbaut. Diese bestehen aus 50 µm dicken Wolframdrähten, die in einem Abstand von 1 mm zueinander angeordnet sind. Dabei stehen diese Drähte der in Strahlrichtung ersten Anode in x- und die der zweiten in y-Richtung. Die jeweilige Position der Anoden und Kathoden ist analog zu den Posi- tionen in den Ionisationskammern. Die Funktionsweise dieser Multi-Wire-Kammern ist ähnlich wie die der Ionisationskammern. Nur wird der Strom an jedem einzelnen Draht der Anoden gemessen, wodurch eine Positionsbestimmung des Partikelstrahls möglich ist [72]. Die Kammer kann also Informationen über die horizontale und vertikale Positi- on des Strahls liefern. Verwendet man zwei Kammern, so kann man über die Änderung der lateralen Position des Strahls zwischen den Kammern Aussagen über die Richtung des Strahls treffen.
2.5.2 Ripple-Filter
Den Kammern folgt ein 4 mm dicker Ripple-Filter (”RiFi”).10 Dieser besteht aus PMMA (H24C21O4) und hat wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben eine noppenartige Struktur. Die Höhe der Noppen beträgt dabei 4 mm. Zwischen dem RiFi und dem Isozentrum befindet sich Luft.
10Eigentlich ist zwar der 3 mm RiFi der Standardfilter am Strahlkopf, allerdings soll in dieser Arbeit der neue 4 mm RiFi untersucht werden.
23
Dosiskammern
Die wichtigsten Bauteile des im Beschleuniger benutzten Strahlkopfes sind die Ionisations- und Multi-Wire-Kammern. Dabei bestehen die Anoden und Kathoden der Ionisations- kammern sowie die Kathoden der Multi-Wire-Kammern wie in Kapitel 2.5 beschrieben aus einer Folie. Diese Folie ist aus einem feinen Polyestergitter aufgebaut, welches mit Nickel bedampft wurde, um die für die Funktion der Dosiskammern wichtige elektrische Leitfähigkeit zu erhalten. Insgesamt befinden sich elf solcher Folien im Strahlkopf1. Für die genaue Analyse dieser Folien wurde ein Stück der Folie unter einem Raster- Elektronen-Mikroskop untersucht. So kann die Größe der Strukturen und der Aufbau des Gitters untersucht werden. In Abbildung 3.1 ist eine Aufnahme zu sehen. Zudem bietet ein Raster-Elektronen-Mikroskop die Möglichkeit, die Größe von Strukturen zu vermessen. Der Radius der Drähte des Gitters r konnte zu ∼20 µm bestimmt werden. Die Periodizität λ der Drähte beträgt ∼83 µm. Die Unsicherheit des Radius beträgt 1 µm, die der Periodizität 3 µm. Diese beiden Unsicherheiten kommen vor allem daher, dass die Drähte an den Knotenpunkten zusammengedrückt werden, der Durchmesser der Drähte also nicht konstant ist. Um festzustellen, wie groß der Anteil des auf die Folien gedampften Nickels an der Gesamtmasse ist, wurde zudem das Folienstück mit einer Feinwaage gewogen. Die Mas- senbelegung η (Gewicht pro Fläche) beträgt 6,7±0,1 mg/cm2. Aus diesen Größen lassen sich nun alle weiteren Größen aus geometrischen Überlegun- gen berechnen. Dabei ist ρPET = 1,4 g/cm3 die Dichte von Polyester und ρNi = 8,902 g/cm3 die Dichte von Nickel2. Die Unsicherheiten aller berechneten Größen ergeben sich
1Zwei Multi-Wire-Kammern à eine Folie und drei Ionisationskammern à drei Folien. 2Die Angaben zu den Dichten wurden der ICRU-Materialliste [73] entnommen
24
aus der Gauss’schen Fehlerfortpflanzung der Unsicherheiten von r, λ und η:3
• Gesamtdichte: ρges = λ·η 2·π·r2 = (2, 2± 0, 25) g/cm3
• Massenanteil des Nickels: α = ρNi ρNi−ρPET
− 1 ρges · ρNi·ρPET ρNi−ρPET
= 0, 36± 0, 09
• Radius des Polyesterkerns: rPET =
π·(ρPET−ρNi) = (18, 9± 0, 1) µm
• Dicke der Nickelschicht: rNi = r − rPET = (1, 1± 0, 1) µm
Abbildung 3.1: Raster-Elektronen-Mikroskop-Aufnahme des mit Nickel bedampften Po- lyestergitters aus den Dosiskammern (links) und eine schematische Dar- stellung des Querschnitts eines Drahtes, aus dem das Gitter aufgebaut ist (rechts)
Da die Unsicherheit des Massenanteils α mit 25 % sehr groß ist, wurde zusätzlich eine zweite Methode gewählt, um den Wert genauer zu bestimmen. Hierfür wurde ein Stück der Folie mit Alkohol gereinigt und mit einer Feinwaage gewogen. Anschließend wurde die Folie 24 Stunden lang in einer Petrischale in 1-molariger Salzsäure eingelegt. Durch die Salzsäure wurde das Nickel vom Polyesterkern gelöst. Dabei wurde die Petrischa- le mithilfe eines Shakers leicht geschüttelt, um ein gleichmäßiges Lösen des Nickels zu erreichen. Anschließend wurde die Folie erst mit Wasser gereinigt und in einem Trocken- schrank bei 50 C 60 Minuten lang getrocknet. Anschließend wurde die Folie mit Alkohol gereinigt und das Gewicht wieder mit der Feinwaage bestimmt. Die Differenz der Masse zum ersten Wiegen entspricht genau der Masse des Nickels auf der Folie. Hieraus ergab
3Eine Herleitung der benutzten Formeln ist im Appendix zu finden.
25
sich ein Massenanteil von α = 0, 43. Dieses Ergebnis stimmt mit dem Ergebnis der geo- metrischen Überlegungen überein. Die Angabe einer Unsicherheit dieses Ergebnisses ist nicht möglich, da keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob das Nickel zu 100% durch die Salzsäure entfernt wurde.
3.1.1 Untersuchung der Modulationseffekte durch die Gewebe-
folien
3.1.1.1 Methode I: Energiemodulation
Die heterogene Struktur der Folien führt wie in Kapitel 2.1.3 beschrieben zu einer Modu- lation der Tiefendosiskurve. Um diese Modulation qualitativ und quantitativ zu bestim- men, wurden Berechnungen mit dem Monte-Carlo-Code FLUKA vorgenommen. Dafür wurde eine Quelle an der Position z = -140 cm definiert, die einen parallelen Strahl monoenergetischer Kohlenstoff-Ionen mit einer Energie von 80 MeV/u in positiver z- Richtung emittiert (siehe Abbildung 3.2). Die Energie wurde deshalb so niedrig gewählt, da wie in Kapitel 2.1.1 beschrieben für höhere Energien der Effekt des Energieverlust- Stragglings ansteigt. Dadurch könnten kleinere Effekte wie die Modulation der Tiefen- dosiskurve durch die heterogene Geometrie der Folien verschmiert werden.
Abbildung 3.2: Schematischer Aufbau der FLUKA-Simulationen zur Untersuchung der Folienmodulation. Vergleiche Abbildung 2.5
Die laterale Intensitätsverteilung des simulierten Teilchenstrahls wurde gaussförmig in x- und y-Richtung mit einem FWHM von 2 mm gewählt. Dadurch ist gewährleistet, dass die Ausdehnung des Strahls deutlich größer als die zu untersuchende Struktur (Periode des Gitters von ∼83 µm) ist. An der Position z = 0 cm wurde ein zylinderförmiges Was- serphantom platziert. In einer ersten Simulation wurde die Tiefendosiskurve im Was- serphantom aufgenommen, ohne, dass sich etwas im Strahlengang befand. Diese Kurve
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wird als Referenzkurve bezeichnet. In einer zweiten Simulation wurden die elf Folien aus den Dosiskammern im Strahlengang entsprechend Abbildung 3.2 eingebracht. Um die Gitterstruktur der Folien zu verwirklichen, wurden die Folien aus Zylindern aufgebaut, die einen Radius von 18,9 µm haben und aus Polyester bestehen. Umgeben waren diese Zylinder mit einer 1,1 µm dicken Schickt aus Nickel. Die Zylinderachsen hatten einen Abstand von λ = 83 µm zueinander (vgl. Kapitel 3.1). Jede Folie bestand aus einer Reihe Zylindern, die in x-Richtung ausgerichtet waren und einer Reihe aus Zylindern in y-Richtung. Die Folien waren zudem lateral zufällig gegeneinander verschoben. Der Mittelpunkt der ersten Folie wurde auf die Strahlachse gelegt. Die Mittelpunkte der anderen zehn Folien waren jeweils um einen Wert a in x- und y-Richtung gegenüber dem Mittelpunkt der ersten Folie verschoben. Die Werte für a wurden für jede einzel- ne Folie zufällig aus dem Intervall [0:83] µm bestimmt. Auf ein Loch einer Folie folgte also nicht das Loch einer anderen Folie. Dies wurde deshalb gemacht, da im Strahlkopf des Beschleunigers die Folien ebenfalls zufällig gegeneinander verschoben sind. Lateral hatten die Folien eine Ausdehnung von 2 cm x 2 cm. Die laterale Ausdehnung wurde so gewählt, dass keine Teilchen an den Folien vorbeigehen. Die Tiefendosiskurve, bei der sich elf Folien als Gitter im Strahlengang befanden, ist gegenüber der Referenzkurve wegen der größeren Massenbelegung im Strahlengang ver- schoben und aufgrund des modulierenden Effekts verbreitert. Um die Verschiebung und Verbreiterung der Kurve quantitativ zu beschreiben, wurde analog zu einer Arbeit von M. Witt [27], in der die Modulationseffekte bei Durchstrahlen von inhomogenem Lun- gengewebe untersucht wurden, mittels Matlab ein normalverteilter Faltungskern nach den Größen µ und σ so optimiert, dass die Referenzkurve gefaltet mit diesem Fal- tungskern der Tiefendosiskurve der elf Folien als Gitter entspricht. Ein Beispiel ist in Abbildung 3.3 zu sehen. Der Mittelwert µ beträgt 0,062 cm und die Breite σ = 0, 0123
cm. Allgemein ist eine Tiefendosiskurve die Superposition der Tiefendosiskurven der ein- zelnen Teilchen. Der normalverteilte Faltungskern ist also so zu verstehen, dass er die Wahrscheinlichkeit angibt, dass der Schwerpunkt der Tiefendosiskurve eines einzelnen Teilchens gegenüber der Referenzkurve um einen bestimmten Wert verschoben wird. Der Mittelwert µ entspricht also der Verschiebung des Schwerpunktes der Referenzkur- ve durch das Einbringen der elf Folien in den Strahlengang. Somit gibt er die mittlere wasseräquivalente Dicke der elf Folien wieder. Diese Größe stellt allgemein den Zusam- menhang zwischen der Dicke eines beliebigen Materials und der entsprechenden Dicke des Materials Wasser dar.
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Das Berechnen der Folien als Gitter mit FLUKA bedarf einer hohen Rechenzeit. Der Grund hierfür liegt darin, dass für die elf Folien mit einer lateralen Ausdehnung von 2 cm x 2 cm mehr als elftausend Geometrien (Zylinder) benötigt werden. Je mehr Geometrien verwendet werden und je kleiner diese sind, desto mehr Rechenzeit benötigt FLUKA zum Einlesen der Geometrien und berechnen der Wechselwirkungsschritte. Aus diesem Grund soll eine Methode gefunden werden, die Rechenzeit zu verkürzen.
Abbildung 3.3: Oben: Relative Tiefendosiskurven bei Bestrahlung eines Wasserphan- toms mit 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen mit und ohne elf Folien als Gitter im Strahlengang. Die Dosis ist dabei jeweils auf den Dosiswert in der Tie- fe 0 normiert. Der Graph zeigt vergrößert den Ausschnitt um die Bragg Peaks. Unten: Normalverteilter Faltungskern, der den Zusammenhang zwischen den beiden Kurven oben beschreibt.
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Grundlage dieser Methode ist sinnvollerweise, anstatt der Folien als Gitter alle Folien aus einer homogenen Geometrie gleichen Materials einzulesen. So reduziert man die Anzahl der Geometrien von elftausend auf elf. Die Umrechnung der Folien als Gitter in homogene Geometrien kann leicht vorgenommen werden. Aus der gemessenen Massen- belegung η = 6,7±0,1 mg/cm2 und der berechneten, mittleren Dichte ρges = 2,2 g/cm3
lässt sich die Dicke d der homogenen Geometrie berechnen:
d = η
ρges = 30, 5 µm (3.1)
Anstatt der elf Folien als Gitter können also elf Folien aus einer homogenen Struktur mit einer Dicke von jeweils 30,5 µm verwendet werden. Für das Material dieser Folien wird ein Stoffgemisch (entsprechend der Folien als Gitter) aus Polyester und Nickel ver- wendet. Der Massenanteil α von Nickel beträgt dabei wie bei den Folien als Gitter 0,43 (vgl. Kapitel 3.1). Dadurch, dass bei diesen Folien homogener Struktur dasselbe Materi- al verwendet wird, wie bei den Folien als Gitter, ist gewährleistet, dass der Schwerpunkt der entsprechenden Tiefendosiskurven in der gleichen Tiefe liegt. Allerdings geht von der homogenen Geometrie kein modulierender Effekt aus. Um den modulierenden Effekt zu erhalten, kann der gefundene Faltungskern aus Ab- bildung 3.3 verwendet werden. Der durch den Mittelwert dieser Verteilung definierte Verschub wird durch das Einbringen der homogenen Folien im Strahlengang erreicht. Um von der unmodulierten Tiefendosiskurve dieser Folien auf die Tiefendosiskurve der Folien als Gitter zu kommen, muss die Kurve entsprechend der inhomogenen Gitter- struktur verbreitert werden. Diese Verbreiterung wird dabei durch die Streuung der Normalverteilung aus Abbildung 3.3 beschrieben. Es kann also eine neue Verteilung de- finiert werden, die den Mittelwert Null und dasselbe σ hat. Diese Verteilung beschreibt nun anschaulich die Wahrscheinlichkeit für die Änderung der Reichweite z eines Teil- chens ausgehend vom Schwerpunkt der Tiefendosiskurve der elf homogenen Folien. Mit der in den Grundlagen gegebenen Gleichung (2.3) kann die Reichweite eines Teilchens in Wasser in Abhängigkeit seiner Energie abgeschätzt werden. Mithilfe der Ableitung dieser Gleichung kann also aus der Änderung der Reichweite z eine Änderung der Energie E berechnet werden:
R(E,Z,A) ≈ 2, 56 · 10−3 · E1,74 · Z 2
A ⇒ E ≈ 224, 5 · Z2
A · E0,74 ·z (3.2)
Für die Teilchen wird nun anhand der neuen um Null verteilten Normalverteilung eine
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Modulation z der Reichweite bestimmt. Mit Gleichung (3.2) wird daraus eine Ände- rung der Energie E bestimmt, die zu der Energie der Teilchen nach Durchlaufen der elf homogenen Folien addiert wird. In FLUKA kann dies mithilfe der Benutzerroutine USRmed verwirklicht werden. Diese Benutzerroutine wurde so programmiert, dass sie auf die Teilchen nach Durchlaufen der elf Folien homogener Struktur zugreift. Für jedes Teilchen wird eine Reichweitenände- rung z nach der beschriebenen Verteilung gewürfelt, daraus eine Energieänderung E
berechnet und somit die neue Energie der Teilchen bestimmt. Für die Simulation wur- de dieselbe Teilchenquelle und derselbe Aufbau wie in der Simulation zuvor verwendet (vgl. Abbildung 3.2). Lediglich die Folien als Gitter wurden in diesem Aufbau durch die Folien homogener Struktur ersetzt. Hinter der letzten Folie wurde eine Grenze definiert. Passieren die Teilchen diese Grenze, so wird die Benutzerroutine aufgerufen und die Energie der Teilchen nach dem beschriebenen Konzept manipuliert.
3.1.1.2 Methode II: Geometrische Modulation der Dicke
Verschiedene Experten der FLUKA-Gemeinschaft raten jedoch davon ab, in FLUKA die Energie der Teilchen zu verändern, da dies zu Fehlern im Code und zu falschen Berechnungen führen kann. Aus diesem Grund wurde eine zweite Methode entwickelt, die ebenfalls mit homoge- nen Folien arbeitet und trotzdem die Modulationseffekte liefert. Hierfür wurde von der Energiemodulation der Teilchen direkt zu einer Modulation der Foliendicke d überge- gangen. Ausgangspunkt ist wieder die Verteilungsfunktion aus Abbildung 3.3. Wie bereits in Kapitel 3.1.1.1 beschrieben, kann aus dem Mittelwert dieser Funktion und der Dicke der elf homogenen Folien die wasseräquivalente Dicke des Folienmaterials hergestellt werden. Die Dicke von elf Folien ist 11 mal 30,5 µm, also 335,5 µm. Der Schwerpunkt der Verteilungsfunktion ist 0,062 cm (=620 µm) Wasseräquivalent (vgl. Kapitel 3.1.1.1). 1 cm Folie entspricht also ≈ 1,84 cm Wasser. Über diesen Zusammenhang kann aus der Verteilung des Verschubes gegenüber der Referenzkurve eine Verteilung der Dicke der elf Folien hergeleitet werden. Hierfür muss lediglich der Verschub in Wasser über die wasseräquivalente Dicke in die Dicke des Folienmaterials umgerechnet werden. Dies be- deutet, dass die Werte für den Mittelwert µ und die Streuung σ der Verteilungsfunktion des Verschubes durch 1,84 geteilt werden müssen. Die so berechnete Verteilung ist in Abbildung 3.4 (links) zu sehen. Ihr Mittelwert ist 335,5 µm (also die Dicke von elf ho-
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mogenen Folien) und ihre Streuung ist σ = 67 µm. Anschließend wurde eine Source-Routine programmiert. In dieser Benutzerroutine wird für jedes Teilchen anhand der Verteilungsfunktion aus Abbildung 3.4 (links) eine Dicke für die Folie bestimmt und dem Teilchen zugeordnet. Jedes Teilchen sieht also eine andere Dicke der Folie.
Abbildung 3.4: Normalverteilte Wahrscheinlichkeit der Dicke für elf homogenen Folien (links) und die daraus entwickelte Verteilung für die Dicke einer Folie (rechts). Die Kurve wurde im negativen Bereich gestrichelt dargestellt.
Der Nachteil dieser Methode ist, dass anstatt elf geometrisch voneinander getrennten Folien nur eine Folie, die elfmal so dick ist, verwendet ist. Dies kann veränderte Streu- eigenschaften zur Folge haben, sowie weitere Artefakte verursachen. Aus diesem Grund wurde aus dem normalverteilten Faltungskern für elf Folien der nor- malverteilte Faltungskern für eine Folie berechnet. Hierbei gilt gemäß den bekannten Faltungsregeln für Normalverteilungen für den Mittelwert µ1 Folie = 1
11 · µ11 Folien und
für die Standardabweichung σ1 Folie = 1√ 11 · σ11 Folien.
Die so gefundene Normalverteilung ist in Abbildung 3.4 (rechts) zu sehen. Problema- tisch ist, dass als Ergebnis dieses Verfahrens endliche Wahrscheinlichkeiten bei negativen Dicken auftreten, die physikalisch nicht sinnvoll sind. Um eine realistische Verteilungsfunktion für die Dicke einer Folie zu finden, wurde ein iterativer Ansatz gewählt. Es wurde eine Funktion gewählt, dessen Bedingung ist, dass ihr Funktionswert für alle Werte kleiner gleich Null gleich Null ist (f(x < 0) = 0). Außerdem sollte das Integral über die Funktion gleich 1 sein. Diese Normierung ist Vor- aussetzung für eine Wahrscheinlichkeitsfunktion. Die Funktion wird für diskrete Werte definiert. Diese Werte werden iterativ so optimiert, dass deren elffache Faltung mit sich
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selber eine minimale Abweichung (definiert über die Fehlerquadratsumme) zur Aus- gangsfunktion aus Abbildung 3.4 (links) hat. Der Graph der so optimierten Modula- tionsfunktion für die Dicke einer Folie ist in Abbildung 4.2 in Kapitel 4.1.2 zu sehen. Um die Modulation der Folien mithilfe dieser Verteilungsfunktion zu simulieren, wurden in FLUKA elf homogene Folien verwendet. Ihre Positionen entsprachen den ursprüng- lichen Positionen der Folien als Gitter. Außerdem wurde wieder dieselbe Teilchenquelle wie in den Simulationen zuvor verwendet (vgl. Abbildung 3.2). Zusätzlich wurde wieder eine Source-Routine programmiert. In dieser Benutzerroutine wird für alle Teilchen nach der in Abbildung 4.2 gegebenen Verteilungsfunktion die Dicke für jede der elf Folien bestimmt. Dafür werden zwei Zufallszahlen verwendet: Die erste Zufallszahl A wird gleichverteilt zwischen 0 und 80 gewürfelt (Dies entspricht demjeni- gen Intervall, in dem die Funktion Werte ungleich 0 annimmt). Diese Zahl entspricht der Dicke der Folie in µm. Anschließend wird eine zweite Zufallszahl B gleichverteilt zwischen 0 und dem maximalen Wert der Verteilung (0,13) gewürfelt. Ist diese gewür- felte Zahl B kleiner als der Funktionswert der Modulationsfunktion an der Stelle der Zufallszahl A, so wird diesem Teilchen die Dicke der Folien entsprechend der Zufallszahl A zugeordnet. Ist die Zufallszahl größer als der Funktionswert, so wird für das Teilchen erneut eine Zufallszahl A gewürfelt und der Vorgang wiederholt.
Um die Gültigkeit aller Benutzerroutinen auch bei anderen Energien zu zeigen, wurden alle Simulationen auch für 150 MeV/u Kohlenstoff-Ionen durchgeführt. Die Benutzer- routinen und die entsprechenden Geometrien der Simulationen wurden gleich gelassen.
3.1.2 Untersuchung der Streuwinkelverteilung der Folien der
Dosiskammern
Neben den Tiefendosiskurven als Charakteristik der Strahlqualität ist auch die Strahl- breite von Bedeutung. Aus diesem Grund wurde neben den Tiefendosiskurven in einem Wasserphantom die Streuwinkelverteilung der Kohlenstoff-Ionen nach Durchqueren der elf Folien bestimmt. Hierfür wurden mit FLUKA fünf Simulationen durchgeführt. Bei jeder Simulation wurde dieselbe Teilchenquelle benutzt, die einen parallelen Strahl mo- noenergetischer Kohlenstoff-Ionen mit 80 MeV/u emittiert. Anstelle des Wasserphan- toms wurde an der Position z = 0 cm eine Grenze definiert, an der die Fluenz dN
d (ϑ)
in Abhängigkeit des Polarwinkels ϑ durch FLUKA berechnet wurde. Der Winkel ϑ ist dabei zwischen der Trajektorie eines Teilchens und der Sollbahn definiert. Die Folien
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wurden dabei wie im vorherigen Teil besprochen in der Simulation eingelesen:
• elf Folien als Gitter (vgl. Kapitel 3.1)
• elf Folien homogener Struktur (vgl. Kapitel 3.1.1.1)
• elf homogene Folien mit Verwendung der Benutzerroutine USRmed (vgl. Kapitel 3.1.1.1)
• eine homogene Folie mit Verwendung der Source-Routine und der Verteilungs- funktion für die Dicke von elf Folien (vgl. Kapitel 3.1.1.2 und Abbildung 3.4, links)
• elf homogene Folien mit Verwendung der Source-Routine und der Verteilungsfunk- tion für die Dicke einer Folie (vgl. Kapitel 3.1.1.2 und Abbildung 4.2)
3.1.2.1 Untersuchung der Streuwinkelverteilung bei Variation des Nicke- lanteils der Folien
Da die Unsicherheit des in Kapitel 3.1 bestimmten Nickelanteils der Folien mit 25% sehr groß ist, soll untersucht werden, wie groß die Unsicherheit der Breite der Streuwinkelver- teilung aufgrund der Unsicherheit des Nickelanteils ist. Hierfür wurden in einer weiteren Simulation elf Folien homogener Struktur eingelesen und die Fluenz in Abhängigkeit des Streuwinkels berechnet. Da es bei der Streuung wie in Kapitel 2.2.2 beschrieben lediglich auf die Massenbelegung im Strahlengang ankommt, wurden die Folien aus Zeit- gründen nicht als Gitter eingelesen. Für die Berechnung der winkelabhängigen Fluenz wurde der Nickelanteil der Folien zwischen 10 und 90 Massenprozent in 10er-Schritten variiert. Für jeden Nickelanteil wurde anschließend die berechnete Streuwinkelvertei- lung mit einer Normalverteilung gefittet, um so die Breiten σ der Winkelverteilungen in Abhängigkeit des Nickelanteils zu ermitteln. Diese Untersuchung wurde sowohl für 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen als auch für Kohlenstoff-Ionen der Energie 400 MeV/u ge- macht. Diese beiden Energien stellen die Grenzen des am Beschleuniger einstellbaren Energiespektrums dar.
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3.2 Modellierung des Strahlkopfs
Nachdem nun die Effekte der Folien der Dosiskammern untersucht wurden, wurde der gesamte Strahlkopf wie in Kapitel 2.5 beschrieben und in Abbildung 2.5 skizziert nach- gebaut.
Implementierung des Ripple-Filters
Der 4 mm Ripple-Filter4 wurde nach einer Methode von Bassler et al [36, 74] in FLUKA implementiert. Um Rechenzeit zu sparen, wird der Filter nicht aus Geometrien aufge- baut. Es wird stattdessen eine Benutzerroutine verwendet. Trifft ein Teilchen auf den Ripple-Filter, so sieht es abhängig von seiner lateralen Position eine gewisse Dicke des Ripple-Filter-Materials, je nachdem, an welcher Stelle es die Noppen der Struktur trifft. In FLUKA wird an der Stelle des Ripple-Filters eine 4 mm dicke Platte aus dem Ripple- Filter-Material eingelesen. Die Benutzerroutine ruft für jedes Teilchen, das diese Region betritt, eine externe Datei auf. In dieser Datei ist die Höhe des Ripple-Filters in Ab- hängigkeit der lateralen Position (x,y) hinterlegt. Das Teilchen wird so weit im Material ohne Energieverlust oder Richtungsänderung nach vorne gesetzt, dass die verbleibende Dicke des Materials der Höhe des Ripple-Filters an dieser lateralen Position entspricht. Da der Ripple-Filter aus periodisch angeordneten Noppen aufgebaut ist, reicht es, in der aufgerufenen Datei die Höhe des Ripple-Filters in Abhängigkeit der lateralen Po- sition (x,y) für eine einzige Noppe auf der Strahlachse zu definieren. Der Betrag der lateralen Position eines jeden Teilchens wird solange um die Breite einer Noppe in x- und y-Richtung verringert (ohne das Teilchen selber zu verschieben), bis er kleiner als die Breite einer Noppe ist. Wäre das Teilchen an dieser neuen lateralen Position, würde es die mittlere Noppe treffen. Das Teilchen wird anschließend anhand der aufgerufenen Datei in Strahlrichtung verschoben. Die laterale Position des Teilchens wird durch die- sen Prozess nicht verändert.
Tiefendosiskurven
Zur Vermessung der Tiefendosiskurven wurde ein zylinderförmiges Wasserphantom im Isozentrum positioniert.
4Wie bereits in Kapitel 2.5 erwähnt, ist zwar der 3 mm RiFi der Standardfilter am Strahlkopf, allerdings soll in dieser Arbeit der neue 4 mm RiFi untersucht werden.
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Die Teilchenquelle befand sich 10 cm vor den Austrittsfenstern. Sie emittierte 80 MeV/u Kohlenstoff-Ionen. Wie auch zuvor wurde die Energie so niedrig gewählt, um die Effekte der Bauteile am besten sehen zu können. Die Intensität war lateral normalverteilt mit einem FWHM von 5 mm. Der Strahl besaß keine Divergenz. Es wurden insgesamt acht Simulationen durchgeführt, bei denen die verschiedenen Bau- teile RiFi, Folien und Multi-Wires kombiniert wurden:
• mit 4 mm RiFi, Folien als homogene Struktur, mit Multi-Wires
• mit 4 mm RiFi, Folien als Gitterstruktur, mit Multi-Wires
• ohne RiFi, Folien als homogene Struktur, mit Multi-Wires
• ohne RiFi, Folien als Gitterstruktur, mit Multi-Wires
• ohne RiFi, ohne Folien, mit Multi-Wires
• ohne RiFi, Folien als homogene Struktur, ohne Multi-Wires
• ohne RiFi, Folien als Gitterstruktur, ohne Multi-Wires
• ohne RiFi, ohne Folien, ohne Multi-Wires
Die Folien als Gitterstruktur wurden dabei nicht aus den einzelnen Zylindern aufgebaut, sondern mithilfe der in Kapitel 3.1.1.2 beschriebenen Source-Routine und der Modula- tionsfunktion für die Dicke einer Folie simuliert, um Rechenzeit zu sparen. Alle diese Berechnungen wurden ebenfalls für Kohlenstoff-Ionen mit einer Energie von 400 MeV/u durchgeführt, um die Effekte der einzelnen Bauteile bei höheren Energien zu bestimmen.
Untersuchung der Fluenz innerhalb des Strahlkopfes und im Nahfeld
In einer Veröffentlichung von Ringbæk et al. [36] wird beschrieben, dass die Struktur des Ripple-Filters zu Inhomogenitäten der Fluenz führt. Aus diesem Grund wurde in einer weiteren Untersuchung die Fluenz der Kohlenstoff-Ionen in der x-z-Ebene innerhalb des Strahlkopfes und im Bereich bis 50 cm dahinter (Nahfeld) berechnet. Die Teilchenquelle wurde wie bei der Berechnung der Tiefendosiskurven 10 cm vor den Austrittsfenstern positioniert. Sie emittierte in Anlehnung an Ringbæks Arbeit 270 MeV/u Kohlenstoff- Ionen. Die Intensität war lateral gleichverteilt mit einer Breite von 2 cm. Der Strahl wies eine normalverteilte Divergenz mit einem FWHM von 3 mrad.
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Abbildung 3.5: Der schematische Strahlengang bei Verwendung des Strahlkopfes und zwei Quadrupolmagneten zur Strahlfokussierung.
Die Teilchen werden nach Erreichen der gewünschten Energie aus dem Synchrotron aus- gekoppelt. Danach werden sie durch Dipolmagnete zum Bestrahlungsraum gelenkt. Die Quelle in diesem Aufbau markiert den Punkt nach der letzten Umlenkung. Um die benötigte Stärke der Magnete zu bestimmen, wurden die in Kapitel 2.3 be- schriebenen Abbildungsmatrizen verwendet. Dafür wurden in Matlab Teilchen anhand von Vektoren definiert, die die Positionen x und y sowie die Steigung der Teilchenbahn in x- und y-Richtung (x′ und y′) enthalten. Dabei waren die Positionen x und y um Null normalverteilt mit einem FWHM von 5 mm. Die Steigung der Teilchenbahnen in x- und y-Richtung waren normalverteilt mit einem FWHM von 3 mrad.5 Die Strahlaus- breitung durch den in Abbildung 3.5 gezeigten Aufbau wurde mithilfe der Matrizen aus den Gleichungen (2.18), (2.19) und (2.20) berechnet. Hierfür wurden die Driftstrecken 3 und 4, sowie der Strahlkopf zu einer Dirftstrecke zusammengefasst, da die Streuung der Teilchen durch den Strahlkopf nicht mithilfe solcher Matrizen beschrieben werden kann. Außerdem wurde der Magnet 1 als in x-Richtung fokussierend und der Magnet 2 als in y-Richtung fokussierend festgelegt. Für jedes Teilchen, das in Matlab mithilfe der beschriebenen Vektoren dargestellt wird, kann also durch die Multiplikation mit den Abbildungsmatrizen die Position und Flugrichtung des Teilchens im Isozentrum berech- net werden (vgl. Gleichung (2.17)). In Matlab wurden für verschiedene Kombinationen aus Magnetfeldkonstanten k1 und k2 der Abbildungsmatrizen des ersten und zweiten Magneten für 50 000 nach der beschriebenen Vorgehensweise erzeugten Teilchen die Po- sitionen im Isozentrum berechnet. Anschließend wurde zu jeder dieser Kombinationen
5Dies entspricht einer normalverteilten Divergenz des Teilchenstrahls mit einem FWHM von 3 mrad.
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der so errechnete Strahlfleck im Isozentrum analysiert. Unter der Voraussetzung, dass der Strahl rund ist, wurde derjenige Strahl gesucht, der den kleinsten Durchmesser hat. Aus den so ermittelten Werten von k1 und k2 aus den Abbildungsmatrizen lässt sich der Gradient der Magnetfeldstärken der Quadrupole für Teilchen einer bestimmten Art und Energie über die Formel k = e·g
|~p| berechnen, wobei |~p| der Impuls nach Gleichung (2.23), e die Ladung der Teilchen und g der Gradient der Magnetfeldstärke in T/m ist. Die so berechneten Größen g1 und g2 (analog zu k1 und k2) konnten dann in FLU- KA zur Simulation der Strahlfokussierung benutzt werden. In FLUKA wurde dafür der Strahlkopf wie in den Kapiteln 2.5 und 3.2 beschrieben, sowie die Magnete aus Ab- bildung 3.5 an den entsprechenden Positionen eingelesen. Die Magnete bestehen dabei aus Vakuum. Mittels der Benutzerroutine MAGFLD kann dann ein Magnetfeld in den Regionen dieser Magnete definiert werden. Dabei ist die Magnetfeldstärke genau die, die mit Matlab optimiert und für FLUKA umgerechnet wurde. Die Umrechnung wurde für 80 MeV Kohlenstoff-Ionen vorgenommen, welche von der Quelle in FLUKA emittiert werden. Genau wie bei der Berechnung mit MATLAB hatte der Strahl lateral eine nor- malverteilte Intensität mit FWHM gleich 5 mm und wies eine ebenfalls normalverteilte Divergenz mit einem FWHM von 3 mrad auf. Berechnet wurde die Fluenz der Kohlenstoff-Ionen in der x-z- und y-z-Ebene entlang der Strahlachse sowie in der x-y-Ebene an der Position z = 0, was der Lage des Isozen- trums entspricht. Anhand der Fluenz in der x-y-Ebene kann die Strahlbreite berechnet werden. Es wurden zwei Simulationen vorgenommen, bei denen die Quadrupolmagnete einmal aktiviert und einmal ausgeschaltet waren, um den Effekt der Quadrupolmagnete sichtbar machen zu können.
3.4 Vergleich zwischen Molières Theorie der Vielfach-
streuung und der Näherung von Highland
In dieser Berechnung soll analog zur Veröffentlichung von Gottschalk [45] geprüft wer- den, ob die in Gleichung (2.14) gegebene Formel eine gute Näherung für die Breite der Streuwinkelverteilung der Vielfachstreuung nach Molière ist. Die Winkelverteilung nach Molière wurde mithilfe von FLUKA berechnet, da dieser Code wie in Kapitel 2.4.1 beschrieben genau diese Theorie verwendet. Dabei entwickelt FLUKA die Formel aus Gleichung (2.6) bis zur zweiten Ordnung. Dafür wurde die Streuwinkelverteilung von 160 MeV Protonen nach Durchlauf verschiedener Materialien berechnet. Es wurde derselbe
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Aufbau wie in Abbildung 3.2 verwendet. Als Streumaterial wurden elf Folien homoge- ner Struktur eingelesen. Die verwendete Quelle emittierte wie in der Veröffentlichung von Gottschalk [45] 160 MeV Protonen in positiver z-Richtung. Der Strahl war dabei parallel und hatte ein FWHM von 2 mm. Anstatt des Wasserphantoms wurde an der Position z = 0 cm eine Grenze definiert, an der die Fluenz in Abhängigkeit des Streu- winkels berechnet wurde. Das Material der elf Folien war dabei wie in Kapitel 3.1.2 das Polyester-Nickel-Gemisch, wobei der Nickelanteil zwischen 10 und 90 Massenprozent in 10er-Schritten variiert wurde. Die so berechneten winkelabhängigen Fluenzverteilungen wurden anschließend mit einer Normalverteilung gefittet und die Standardabweichun- gen σ gegen den Nickalanteil aufgetragen. Parallel dazu wurden die Standardabweichungen σ nach der Formel aus Gleichung (2.14) berechnet. Anschließend wurden die Werte gegen den Nickelanteil in dasselbe Diagramm eingetragen. Für die Berechnung nach dieser Formel werden die Massenbelegung und die Strahlungslänge des Streumaterials benötigt. Die Massenbelegung wurde bereits in Kapitel 3.1 für eine Folie zu η = 6, 7 mg/cm2 bestimmt. Diese Massenbelegung ist unab- hängig vom Nickelanteil stets für alle Berechnungen gleich. Dies ist z