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Tumoren der vorderen und mittlerenSchädelbasis stellen wegen ihres grenz-überschreitenden Wachstums in denArbeitsbereich mehrerer operativerFachdisziplinen und wegen ihres engenKontakts zu vitalen anatomischenStrukturen eine besondere therapeuti-sche Herausforderung dar. Für die ope-rative Therapie wurden zahlreiche ex-trakraniale, intrakraniale und kombi-niert extra- und intrakraniale Zugangs-varianten beschrieben [3, 5, 7–12, 18, 20, 21–23, 25]. Diese entsprechengrundsätzlich einer transfazialen,transkranialen oder kraniofazialen Vor-gehensweise. Ein kombiniert extra-in-trakranialer Zugangsweg ist immerdann indiziert, wenn sich die Tumorennach intrakranial und gleichzeitig indie Nasenhaupthöhle, die paranasalenRäume und/oder in die Orbita ausdeh-nen. Hier haben sich Operationsver-fahren durchgesetzt, die ursprünglichzur Therapie von kraniofazialen Fehl-bildungen konzipiert wurden [13, 14,24]. Im Vordergrund steht dabei dievon Mühling und Mühling et al. be-schriebene frontoorbitale Osteotomie[15–17]. Die Erfahrung hat gezeigt,daß mit den folgenden 2 standardisier-ten Modifikationen die Mehrzahl derSchädelbasistumoren operativ thera-piert werden kann: die frontoorbitona-sale und die frontoorbitozygomatische
Osteotomie. Nachfolgend sollen dieMöglichkeiten dieser beiden kraniofa-zialen Zugangswege aufgezeigt werden.
Methode
Frontoorbitonasale Osteotomie
Bei Tumoren, die sich weit in die Nasenhaupt-höhle ausdehnen, kann das orbitale Segment enbloc mit der knöchernen Nasenpyramide osteo-tomiert werden. Diese sog. frontoorbitonasaleOsteotomie (Abb.1) ermöglicht neben der gutenÜbersicht auf die vordere Schädelbasis eine tiefe Einsicht in den oberen Nasenraum. Der ope-rative Zugang erfolgt über einen Bügelschnitt,wobei die subperiostale Weichteilpräparation biszur knöchernen Nasenspitze ausgedehnt wird.Dadurch ist es möglich, über die Apertura piri-formis auch die intranasalen Weichteile abzulö-sen (Abb.2). Nach Osteotomie und Herausnah-me des orbitonasalen Knochensegments könnenauch Tumoren aus dem Winkel zwischen Nasen-haupthöhle und medialer Orbitawand übersicht-
Mund Kiefer GesichtsChir (1998) 2 [Suppl 2] : S25–S28 © Springer-Verlag 1998
Modifikationen der frontoorbitalen Osteotomie als Zugangswege zur vorderen und mittleren Schädelbasis
J. E. Zöller1, F. K. Albert2, J. Mühling3
1 Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Prof. Dr. Dr. J. E. Zöller), Universität zu Köln2 Neurochirurgische Klinik, Paracelsus-Klinik (Priv.-Doz. Dr. F. K. Albert), Osnabrück3 Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Prof. Dr. Dr. J. Mühling), Universität Heidelberg
Prof. Dr. Dr. J. E. Zöller, Klinik und Poliklinikfür Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Ker-pener Str. 62, D-50937 Köln
S25
Zusammenfassung
Für die operative Therapie von Tu-moren der vorderen und mittlerenSchädelbasis wurden zahlreicheextrakraniale, intrakraniale undkombiniert extra- und intrakrania-le Zugangsvarianten beschrieben.Ein kombiniert extra-intrakrania-ler Zugangsweg ist immer dann in-diziert, wenn sich die Tumorennach intrakranial und gleichzeitigin die Nasenhaupthöhle, die pa-ranasalen Räume und/oder in dieOrbita ausdehnen. Durch 2 stan-dardisierte Modifikationen derfrontoorbitalen Osteotomie – diefrontoorbitonasale und die fronto-orbitozygomatische Osteotomie –lassen sich diese Schädelbasistu-moren sicher operativ entfernen.Der operationstechnische Vorteilgegenüber anderen Zugangswe-gen besteht in der guten extra- undintrakranialen Einsicht bei gleich-zeitiger geringer Traumatisierungdes Gehirns. Zusätzliche transfa-ziale Hilfsinzisionen sind in derRegel nicht notwendig. Die opera-tiven Techniken werden demon-striert und die Ergebnisse bei 108Schädelbasistumoren dargestellt.
Schlüsselwörter
Schädelbasistumor · Kraniofazia-ler Zugangsweg · Frontoorbitona-sale Osteotomie · Frontoorbitozy-gomatische Osteotomie
O R I G I N A L I E N
Abb. 1. Frontoorbitonasale Osteotomie alstransfrontaler Zugang zur vorderen Schädelbasis
lich entfernt werden. Anschließend können derSchädelbasisdefekt mit gesplittetem Knochenabgedeckt und die frontoorbitonasalen Segmen-te reponiert werden. Durch diese Vorgehenswei-se gelingt es, Tumoren in dieser schwer zugäng-lichen Region ohne zusätzliche transfazialeSchnittführungen sicher zu entfernen.
Frontoorbitozygomatische Osteotomie
Bei Befunden im Übergangsbereich zwischenvorderer und mittlerer Schädelbasis ist die fron-totemporale Eröffnung in Form einer frontoor-bitozygomatischen Osteotomie indiziert (Abb.3).
Auch hier erfolgt über einen Bügelschnittdie Osteotomie der Segmente. Nach Transposi-tion des M. temporalis ist ein guter Überblicküber den rückwärtigen Anteil der Frontobasisund über die mittlere Schädelbasis gegeben(Abb.4). Auch durch diesen Zugang gelingt es,Befunde dieser Region übersichtlich und sicheranzugehen.
Das Ausmaß der Osteotomie wird durch dieLage und die Größe des Tumors bestimmt. Sokann bei kleineren Tumoren, beispielsweise imBereich des Sinus cavernosus und der benach-barten Abschnitte der mittleren Schädelbasis,der orbitale Anteil der Osteotomie kleiner ge-halten werden.
Beidseitige frontoorbitale Osteotomie
Auch monströse Schädelbasistumoren könnenüber eine modifizierte frontoorbitale Osteoto-mie ohne zusätzliche transfaziale Schnitt-führungen reseziert werden. Dies soll anhand ei-nes Fallbeispiels demonstriert werden:
Bei einer 63jährigen Patientin lag ein weitfortgeschrittenes Meningiom vor. Das präope-rative Kernspintomogramm und die computer-tomographische 3D-Rekonstruktion lassen er-kennen, daß durch das Meningiom die vordereknöcherne Schädelbasis und das gesamte zen-trale Mittelgesicht tumorös zerstört waren (Abb.5 a, b). Auch hier wurde die Tumorresektionausschließlich über einen Bügelschnitt vorge-nommen, wobei die frontoorbitozygomatischeOsteotomie beidseitig durchgeführt wurde. DieRekonstruktion der Schädelbasis, der medianenOrbitawandungen und des Nasenskeletts erfolg-te über M.-temporalis-gestielte Kalottentrans-plantate beidseits. Das präpoperative Bild ver-deutlicht, in welchem Ausmaß der Tumor diebeiden Augenbulbi weit nach lateral verdrängthatte (Abb. 6 a). Die postoperative Aufnahmezeigt 3 Wochen nach dem Eingriff das erreichteunauffällige äußere Erscheinungsbild (Abb.6b).
S26
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Mund Kiefer GesichtsChir (1998) 2 [Suppl 2] :S25–S28© Springer-Verlag 1998
Modifications of the fronto-orbital osteotomy to access the anterior and medial cranial base
J. E. Zöller, F. K. Albert, J. Mühling
Summary
Various extracranial, intracranialand combined extra-intracranialapproaches have been described forthe surgical therapy of tumours ofthe anterior and medial cranialbase. Acombined extra-intracranialapproach is indicated in cases inwhich the cranial base tumourspreads out intracranially and at thesame time into the main nasal cav-ity, the paranasal space and/or theorbits. These tumours of the skullbase can be surgically removed bytwo standardised modifications ofthe fronto-orbital osteotomy – thefronto-orbito-nasal and the fronto-orbito-zygomatic osteotomy. Theadvantage of these surgical tech-niques in comparison with othermethods is that they permit a goodextracranial and intracranial viewwith only minimal brain trauma.Generally, additional transfacial in-cisions are unnecessary. The opera-tive techniques are described andthe results of 108 cases of tumoursof the skull base shown.
Key words
Tumor of the skull base · Cranio-facial approach · Fronto-orbito-na-sal osteotomy · Fronto-orbito-zy-gomatic osteotomy
Abb.2. Einzeichnung der Osteo-tomielinien der frontoorbitonasa-len Osteotomie
Abb.3. Frontoorbitozygomatische Osteotomieals frontotemporaler Zugang zum Übergangs-bereich zwischen vorderer und mittlerer Schä-delbasis
Abb. 4. Nach temporärer Entfernung der fron-toorbitozygomatischen Segmente und Transpo-sition des M. temporalis ist ein guter Überblicküber den rückwärtigen Anteil der Frontobasisund die mittlere Schädelbasis gegeben
Ergebnisse
Unsere Ergebnisse bei der Resektionvon 108 Schädelbasistumoren über ei-
nen ausschließlichen frontoorbitalenZugangsweg sind in Tabelle 1, 2 dar-gestellt. Es handelt sich im wesentli-chen um fortgeschrittene Tumoren. Beieinem Teil der Patienten wurde 6 Wo-chen postoperativ eine zusätzliche Ra-diatio durchgeführt. Auffallend ist dieniedrige Komplikationsrate. Insbeson-dere trat bei keinem der Patienten ein„frontales Durchgangssyndrom“ auf.
Diskussion
Durch Modifikationen der frontoorbi-talen Osteotomie können auch fortge-schrittene Tumoren der vorderen undangrenzenden mittleren Schädelbasisoperativ freigelegt werden [1, 2, 4].Das Ausmaß der Osteotomie wirddurch die Tumorgröße und die Tumor-lokalisation bestimmt. Da die entspre-chend konfigurierten Knochenseg-mente einen übersichtlichen Zugangerlauben, sind zusätzliche transfazialeHilfsinzisionen in der Regel nicht not-wendig. Der operationstechnische Vor-teil gegenüber anderen Zugangswe-gen, wie z.B. dem transbasalen-trans-ethmoidalen Zugang nach Escher [6]oder dem subkranialen Zugang nachRaveh et al. [19], besteht in der gutenextra- und intrakranialen Einsicht beigleichzeitiger geringer Traumatisie-rung des Gehirns. Hierdurch werdendie Knochen- und Weichteilresektio-nen in dieser sonst schwer zugängli-chen Region entscheidend erleichtert,die Radikalität erhöht und das Operati-onsrisiko gesenkt. Mit einer postopera-tiven Nachbestrahlung sollte erst nachweitgehender Konsolidierung derKnochenheilung, etwa 6 Wochen nachdem Eingriff, begonnen werden. Durchdie Kombination dieser kraniofazialenOperationstechniken mit den moder-nen plastischen Rekonstruktionsver-fahren wird die Komplikationsrate in-folge von Liquorfisteln und Infektio-nen gesenkt. Aufgrund der niedrigenKomplikationsraten stellen wir zwi-schenzeitlich die Indikation für diesenfrontoorbitalen Zugangsweg auch fürbestimmte fortgeschrittene rein extra-kraniale Tumoren, wie z.B. ausge-dehntere benigne mediane Orbitatu-moren, bei denen wir bislang einentransfazialen bzw. lateralen Zuganggewählt hatten. Zusätzlich gewährlei-stet die exakte Reposition der fronto-orbitalen Segmente optimale ästheti-sche Ergebnisse.
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S27
Tabelle 1Anzahl und Dignität der operier-ten Schädelbasistumoren (n =108)
Meningiome 28Chordome 23Chondromyxoidfibrome 5Neurinome 10Riesenzellgranulome 3Olfaktoriusneuroblastome 3Intraorbitale Zyste 1Fibröse Dysplasien 8Adenoid-zystische Karzinome 16Undifferenzierte Siebbeinkarzinome 2Chondosarkome 2Fibrosarkome 4Rhabdosarkome 3
Tabelle 2Komplikationen (n = 13)
Temporäre Liquorfistel 7Operationspflichtige Liquorfistel,
Meningitis 4Schwere dienzephale Entgleisung 1Subgaleales Aneurysma spurium
mit Ruptur 1
Abb.5 a, b. 63jährige Patientin mit weit fortgeschrit-tenem Meningiom, das die vordere knöcherne Schä-delbasis und das gesamte zentrale Mittelgesicht tu-morös zerstört hat, Kernspintomogramm (a), compu-tertomographische 3D-Rekonstruktion (b)
a
b
Abb. 6a, b. Die Tumorresektionwurde ausschließlich über einenBügelschnitt und eine beidseitigefrontoorbitale Osteotomie vorge-nommen. Die Rekonstruktion derSchädelbasis, der medianen Orbi-tawandungen und des Nasenske-letts erfolgte über M.-temporalis-gestielte Kalottentransplantatebeidseits, a präoperatives Bild, b postoperatives Bild 2 Wochennach dem Eingriff
a b
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