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Modularisierung von Gaswäschern für die CO 2 -Entfernung aus Biogas Andrea Ohle 1, *, Michael Obst 2 , Norbert Mollekopf 1 und Leon Urbas 2 DOI: 10.1002/cite.201300163 Herrn Dr. Ralf Goedecke zum 70. Geburtstag gewidmet Als eines der Forschungsfelder der „50 %-Idee“ wurde die Modularisierung identifiziert. Eine Entwicklungsmethodik für Module muss sowohl Skaleneffekte für die Investitionskosten als auch Kosten der Betriebsführung und Instandhaltung berücksichtigen. Dieser Beitrag untersucht die Folgen eines in diskreter Durchmesserstaffelung angebotenen Absorber- moduls auf den Gesamtprozess am Beispiel der CO 2 -Abtrennung aus Biogas. Die Simulationsrechnungen zeigen die Aus- wirkungen auf den Desorberdurchmesser sowie den Energiebedarf des Prozesses und bilden damit die Grundlage für die Anwendung von Kostenmodellen. Schlagwörter: Absorption, Biogas, CO 2 -Abtrennung, Modularisierung, Prozessführung Eingegangen: 18. November 2013; akzeptiert: 17. Februar 2014 Modularization of Gas Scrubbers for CO 2 Separation from Biogas Modularization has been identified as one of the research fields of the „50 % idea“. A development methodology for modules must consider both the economies of scale for investment costs and costs of operation and maintenance. In this paper, the impact of an absorber module, which is offered as discretized diameter scaling, on the total process is investi- gated at the example of the CO 2 separation from biogas. The simulation shows the effect of this approach to the stripper diameter and the energy demand of the process. The calculations form the basis for applying cost models. Keywords: Absorption, Biogas, CO 2 separation, Modularization, Process control 1 Einleitung Die bisher übliche Vorgehensweise für die Berechnung ver- fahrenstechnischer Anlagen ist, diese für spezifische Last- fälle auszulegen. Dabei werden zwar Erfahrungswerte aus dem Betrieb ähnlicher Anlagen herangezogen, aber die eigentliche Auslegung erfolgt jedes Mal neu und erfordert dementsprechend einen erhöhten Einsatz von zeitlichen und damit finanziellen Ressourcen. Im 48. Tutzing Sym- posium der ProcessNet 2009 wurde das als „50 %-Idee“ zusammengefasste Ziel diskutiert, bei gleichbleibender Qualität und Sicherheit die benötigte Zeit von der Produkt- idee bis zur produktionsfertigen Anlage auf die Hälfte zu verkürzen [1]. Dabei wurde die Modularisierung als ein zen- traler Ansatz zur Beschleunigung der Projektlaufzeiten identifiziert [2]. Ein eigenes Themenheft der CIT im Mai vorletzten Jahres betont die Bedeutung dieses Themas für die Prozessindus- trie. Dabei werden z. B. verschiedene Modultypen und ihr Einfluss auf den Planungsprozess analysiert [2], das Modul als Baustein entsprechend der Funktionalität verfahrens- technischer Grundoperationen definiert [3] oder der Fokus auf die Wiederverwendung des Engineerings und des Equipments sowie der Qualitäts- und Wissenssicherung gelegt [4]. Der gesamte Entwicklungsprozess vom chemi- schen Grundbaustein bis zur produktionsreifen Anlage bleibt weiterhin sehr komplex [5], weshalb tragfähige Lösun- gen nur durch die intensive Zusammenarbeit der beteilig- ten Disziplinen, wie der Verfahrenstechnik und der Auto- matisierungstechnik, erreicht werden können. Daraus ist ersichtlich, dass das Thema der Modularisie- rung ein weites Feld mit vielen Aspekten ist. Die im Folgen- den beschriebenen Arbeiten konzentrieren sich auf die Ana- lyse eines Gesichtspunktes, dem Variantenmanagement für © 2014 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 5, 640–648 1 Dr.-Ing. Andrea Ohle ([email protected]), Prof.Dr.-Ing. Norbert Mollekopf, Technische Universität Dresden, Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, 01062 Dres- den, Deutschland; 2 Michael Obst, Prof.Dr.-Ing. Leon Urbas, Tech- nische Universität Dresden, Professur für Prozessleittechnik, 01062 Dresden, Deutschland. 640 Forschungsarbeit Chemie Ingenieur Technik

Modularisierung von Gaswäschern für die CO 2 -Entfernung aus Biogas

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Modularisierung von Gaswäschern für dieCO2-Entfernung aus BiogasAndrea Ohle1,*, Michael Obst2, Norbert Mollekopf1 und Leon Urbas2

DOI: 10.1002/cite.201300163

Herrn Dr. Ralf Goedecke zum 70. Geburtstag gewidmet

Als eines der Forschungsfelder der „50 %-Idee“ wurde die Modularisierung identifiziert. Eine Entwicklungsmethodik für

Module muss sowohl Skaleneffekte für die Investitionskosten als auch Kosten der Betriebsführung und Instandhaltung

berücksichtigen. Dieser Beitrag untersucht die Folgen eines in diskreter Durchmesserstaffelung angebotenen Absorber-

moduls auf den Gesamtprozess am Beispiel der CO2-Abtrennung aus Biogas. Die Simulationsrechnungen zeigen die Aus-

wirkungen auf den Desorberdurchmesser sowie den Energiebedarf des Prozesses und bilden damit die Grundlage für die

Anwendung von Kostenmodellen.

Schlagwörter: Absorption, Biogas, CO2-Abtrennung, Modularisierung, Prozessführung

Eingegangen: 18. November 2013; akzeptiert: 17. Februar 2014

Modularization of Gas Scrubbers for CO2 Separation from Biogas

Modularization has been identified as one of the research fields of the „50 % idea“. A development methodology for

modules must consider both the economies of scale for investment costs and costs of operation and maintenance. In this

paper, the impact of an absorber module, which is offered as discretized diameter scaling, on the total process is investi-

gated at the example of the CO2 separation from biogas. The simulation shows the effect of this approach to the stripper

diameter and the energy demand of the process. The calculations form the basis for applying cost models.

Keywords: Absorption, Biogas, CO2 separation, Modularization, Process control

1 Einleitung

Die bisher übliche Vorgehensweise für die Berechnung ver-fahrenstechnischer Anlagen ist, diese für spezifische Last-fälle auszulegen. Dabei werden zwar Erfahrungswerte ausdem Betrieb ähnlicher Anlagen herangezogen, aber dieeigentliche Auslegung erfolgt jedes Mal neu und erfordertdementsprechend einen erhöhten Einsatz von zeitlichenund damit finanziellen Ressourcen. Im 48. Tutzing Sym-posium der ProcessNet 2009 wurde das als „50 %-Idee“zusammengefasste Ziel diskutiert, bei gleichbleibenderQualität und Sicherheit die benötigte Zeit von der Produkt-idee bis zur produktionsfertigen Anlage auf die Hälfte zu

verkürzen [1]. Dabei wurde die Modularisierung als ein zen-traler Ansatz zur Beschleunigung der Projektlaufzeitenidentifiziert [2].

Ein eigenes Themenheft der CIT im Mai vorletzten Jahresbetont die Bedeutung dieses Themas für die Prozessindus-trie. Dabei werden z. B. verschiedene Modultypen und ihrEinfluss auf den Planungsprozess analysiert [2], das Modulals Baustein entsprechend der Funktionalität verfahrens-technischer Grundoperationen definiert [3] oder der Fokusauf die Wiederverwendung des Engineerings und desEquipments sowie der Qualitäts- und Wissenssicherunggelegt [4]. Der gesamte Entwicklungsprozess vom chemi-schen Grundbaustein bis zur produktionsreifen Anlagebleibt weiterhin sehr komplex [5], weshalb tragfähige Lösun-gen nur durch die intensive Zusammenarbeit der beteilig-ten Disziplinen, wie der Verfahrenstechnik und der Auto-matisierungstechnik, erreicht werden können.

Daraus ist ersichtlich, dass das Thema der Modularisie-rung ein weites Feld mit vielen Aspekten ist. Die im Folgen-den beschriebenen Arbeiten konzentrieren sich auf die Ana-lyse eines Gesichtspunktes, dem Variantenmanagement für

www.cit-journal.com © 2014 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 5, 640–648

–1Dr.-Ing. Andrea Ohle ([email protected]), Prof. Dr.-Ing.Norbert Mollekopf, Technische Universität Dresden, Lehrstuhl fürThermische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, 01062 Dres-den, Deutschland; 2Michael Obst, Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas, Tech-nische Universität Dresden, Professur für Prozessleittechnik, 01062Dresden, Deutschland.

640 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

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ein Modul. Sie untersuchen die Fragen,welchen Einfluss ein in diskreter Grö-ßenstaffelung angebotenes Bauteil aufden Gesamtprozess hat und welche Maß-nahmen (z. B. eine angepasste Fahr-weise) erforderlich sind, um trotz einernicht optimalen Bauteilgröße die Einhal-tung eines geforderten Betriebspunktessicherzustellen.

Die Beantwortung der aufgezeigtenFragestellungen soll anhand des Bei-spiels der CO2-Abtrennung aus Biogaserfolgen. Bramsiepe [2] hat bereits fest-gestellt: „Für Produktionsprozesse, dieauf verteilt vorkommenden Rohstoffenbasieren, wie es z. B. meist bei biogenenRohstoffen der Fall ist, bietet die klein-skalige modulare Bauweise besondereVorteile.“ Soll der Heizwert des Biogasesfür die thermische Nutzung vor Orterhöht oder sogar die für die Einspeisung als Biomethan ineine Erdgaspipeline erforderliche Qualität erzeugt werden,ist die Abtrennung eines Großteils des enthaltenen CO2

erforderlich. Es sind demnach viele ähnliche Anlagen fürverschiedene Gasvolumenströme erforderlich, bei deneneine lange und teure Planung für den Abnehmer (z. B. denLandwirt) nicht bezahlbar ist. Gerade bei kleinen Anlagendominieren bei der bisherigen spezifischen Auslegung diePlanungskosten die Gesamtinvestition überproportional,was besonders im Hinblick auf die Erzeugung eines nichtbesonders hochpreisigen Produktes kritisch zu sehen ist.Eine Besonderheit kommt bei diesem Anwendungsfallnoch hinzu, da die Gasreinigung nicht im Verbund einerGroßanlage mit entsprechend geschultem Bedienpersonalarbeitet: Die Anlage soll weitgehend ohne Benutzereingriffstabil laufen, was besondere Anforderungen an die Steue-rungstechnik stellt.

Für die Abtrennung von CO2 aus Biogas hat sich das Ver-fahren der Absorption, also der Auswaschung mithilfe einerAbsorptionsflüssigkeit bewährt. Der Absorptionsprozess istin Abb. 1 als vereinfachtes Verfahrensschema dargestellt.Das CO2 wird im Absorber durch den intensiven Kontaktmit dem flüssigen Absorptionsmittel aus dem Rohbiogasentfernt, das die Kolonne als Biomethan am Kopf verlässt.Um das Waschmittel im Kreislauf führen zu können, mussdie Flüssigkeit regeneriert, also von ihrer CO2-Fracht befreitwerden. Die Regeneration erfolgt im Desorber durch Auf-heizen der Flüssigkeit auf Siedetemperatur, wodurch dasCO2 wieder in die Gasphase überführt und aus dem Prozessabgezogen werden kann.

2 Berechnungsmethodik

Am konkreten Einsatzfall der CO2-Abtrennung aus Biogaswurde untersucht, welche Folgen ein aufgrund einer Ange-

botsstaffelung vom optimalen Wert abweichender Ko-lonnendurchmesser für das Prozessergebnis hat. Dabeiwurden als typische Lastfälle eine Bandbreite des Rohbio-gasvolumenstromes zwischen 50 und 3000 m3

Nh–1 gewähltund mit einem CO2-Gehalt von 35 Vol-% im Rohbiogasgerechnet. Als Absorptionsmittel dient Methyldiethanol-amin (MDEA) in wässriger Lösung (50 Ma.-% Wasser).

2.1 Optimaler Durchmesser der Kolonnen

Zuerst wurde für den spezifischen Einsatzfall der optimaleDurchmesser für die Absorptions- und die Desorptions-kolonne und der resultierende Energiebedarf der Waschmit-telregeneration berechnet. Für die hydraulische Auslegungder Kolonnen wird die im Kreislauf geführte Waschmittel-menge �NL benötigt. Diese ergibt sich mit dem Faktor f, derdas sich bei endlicher Kolonnenhöhe nicht einstellendeGleichgewicht berücksichtigt, und aus der minimalenWaschmittelmenge �NL�min. Diese wird standardmäßig auseiner Stoffmengenbilanz um die Kolonne bestimmt:

�NL � f �NL�min � f �NGYein � Yaus

Xaus � Xein(1)

Darin erfolgt die Multiplikation des Stoffmengenstromesdes Gases �NG mit dem Quotienten aus der gasseitigenYein � Yaus� � und der flüssigkeitsseitigen Xaus � Xein� � Bela-

dungsänderung zwischen Ein- und Austritt. Dabei wirddavon ausgegangen, dass die Beladung der Flüssigkeit amKolonnenaustritt mit der Beladung der an dieser Stelle ein-tretenden Gasphase im Gleichgewicht (Index *) steht:

Xaus � X* Yein� � (2)

Die Daten des Gas/Flüssigkeits-Gleichgewichtes für dasSystem MDEA/Wasser/CO2 sind [6] entnommen. Die Bela-

Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 5, 640–648 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Abbildung 1. Vereinfachtes Verfahrensschema eines Absorptions-/Desorptionsprozesses.

Forschungsarbeit 641ChemieIngenieurTechnik

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dung des Absorptionsmittels Xein am Absorbereintritt wirddurch die Intensität der Waschmittelregenerierung be-stimmt und berechnet sich mit:

Xein � 1 � C� �X* Yaus� � (3)

Darin repräsentiert der neu eingeführte Gütegrad derWaschmittelregenerierung C die Vorbeladung der Absorp-tionsflüssigkeit beim Eintritt in den Absorber. Diese hateinen signifikanten Einfluss auf den Energiebedarf des Pro-zesses und die Auslegung der Kolonnen und nimmt Wertezwischen Null und Eins an. Für den Grenzfall C = 1 ist dieEintrittsbeladung der Absorptionsflüssigkeit Xein in denAbsorber gleich Null, entspricht also einem vollständigregenerierten Waschmittel. Dies wäre nur durch eineunendlich große Verweilzeit im Desorber und einen sehrhohen Energieeinsatz zu erreichen. Die Absorptions-kolonne könnte in diesem Fall mit einem vollständig rege-nerierten Waschmittel mit der geringsten Stufenzahl ausge-legt werden, da die Triebkraft des Stofftransportes maximalist.

Nimmt der Gütegrad C den Wert 0 an, bedeutet das eineminimale Waschmittelregenerierung nur bis auf eine Rest-beladung, die der Gleichgewichtsbeladung X* zur ange-strebten Beladung des Reingases Yaus entspricht. Damitgeht die Triebkraft der Stoffübertragung am Kolonnenkopfgegen Null und es wäre eine unendliche Stufenzahl imAbsorber erforderlich. Gleichzeitig ist der spezifische Ener-giebedarf der Waschmittelregenerierung minimal. DerGütegrad der Waschmittelregenerierung stellt damit einwichtiges Optimierungskriterium für den Absorptions-/Desorptionsprozess dar.

Mit Kenntnis der im Absorber im Gegenstrom geführtenStröme von Gas und Flüssigkeit ist die Dimensionierungdes Kolonnendurchmessers möglich. Je größer dabei derDruckverlust in der Kolonne, desto intensiver ist der Stoff-austausch zwischen den Phasen. Um eine Flutung derKolonne im Betrieb sicher zu verhindern, wird dabei dieGasbelastung so gewählt, dass der Druckverlust in derKolonne 80 % der Flutgrenze erreicht. Der für einenbestimmten Füllkörpertyp daraus resultierende, optimaleKolonnendurchmesser wird mithilfe der in Kohl [7] darge-stellten Diagramme ermittelt.

Um für den Desorber dieselbe hydraulische Dimensionie-rung vornehmen zu können, erfolgt auch hier zuerst dieBestimmung der Mengenströme von Gas und Flüssigkeit.Für die Regenerierung wird das Waschmittel auf Siedetem-peratur erhitzt und zusätzlich, zur Unterstützung derDesorptionswirkung, mit aus dem Waschmittel ausge-dampftem Wasserdampf gestrippt. Der Gasmengenstromsetzt sich deshalb aus dem desorbierten CO2 und dem fürdie Regeneration erzeugten Wasserdampf zusammen. Umdie gewünschte niedrige Waschmittelrestbeladung für dieRückführung in den Absorber zu erzeugen, muss der CO2-Partialdruck pCO2

* in der Gasphase des Desorbers mindes-tens auf den zugehörigen, aus dem Gas/Flüssigkeitsgleich-

gewicht bei Siedetemperatur resultierenden Wert gesenktwerden. Eine Abschätzung der dafür erforderlichen mini-malen Dampfmenge �VD�min kann auf Basis des Gesetzesvon Dalton erfolgen:

pCO2* � yCO2

pges ��VCO2

�VCO2� �VD�min

pges (4)

Darin ist der Partialdruck das Produkt aus CO2-MolanteilyCO2

in der Gasphase und Gesamtdruck pges. Der Molanteilwird gebildet aus dem Quotienten des CO2-Volumen-stromes �VCO2

und der Gesamtgasmenge, der Summe ausCO2- und minimalem Dampf-Volumenstrom �VD�min. Ähn-lich der Vorgehensweise bei der Ermittlung der erforder-lichen Waschmittelmenge wird die realisierte Dampfmengeum einen Faktor zur Berücksichtigung des sich bei end-licher Kolonnenhöhe nicht einstellenden Gleichgewichteserhöht.

Die im Kreislauf geführte Waschmittelmenge ist bekanntund wird im Desorber noch durch einen kleinen Anteil anzurückgeführtem Kondensat ergänzt. Die Menge des kon-densierten Wasserdampfes resultiert aus einer Kühlung desam Desorberkopf austretenden Gasstromes auf 40 °C. Da-mit kann der optimale Desorberdurchmesser analog zurVorgehensweise beim Absorber ermittelt werden.

Der Energiebedarf der Waschmittelregeneration ist maß-geblich für die Betriebskosten des Gesamtprozesses. Derspezifische, auf die desorbierte CO2-Menge �mCO2

bezogeneEnergiebedarf �q setzt sich zusammen aus der Aufheizungdes Waschmittels auf Regenerationstemperatur, der Erzeu-gung des Wasserdampfes und dem Zuführen der Absorp-tionsenthalpie:

�q � �mLcp�LDT � �mDDhV�D

�mCO2

� hAbs (5)

Darin ist �mL der Massestrom des Waschmittels, cp�L diespezifische Wärmekapazität der Flüssigkeit, DT die Tempe-raturänderung, �mD der Dampfmassestrom, DhV�D die spezi-fische Verdampfungsenthalpie von Wasser und hAbs die spe-zifische Absorptionsenthalpie des CO2.

2.2 Gestaffelter Absorberdurchmesser

Soll nun nicht mehr jede Gaswäsche für ihren spezifischenBetriebspunkt auf den optimalen Kolonnendurchmesserausgelegt, sondern aus einem vorhandenen gestaffeltenDurchmesserangebot die passende Kolonne ausgewähltwerden, müssen die Folgen für das Betriebsergebnis bzw.die Kompensationsmaßnahmen zur Sicherstellung dergewünschten Abscheideleistung bekannt sein. Die folgendeBetrachtung geht davon aus, dass vorerst nur der Absorbereiner Modularisierung unterzogen und für die Desorberaus-legung die bisherige Vorgehensweise beibehalten wird. DieIntegration eines modularisierten Desorberdurchmessers indie sich im Kreislaufprozess gegenseitig beeinflussendeLeistung von Wäsche und Regeneration ist für zukünftige

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642 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

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Arbeiten geplant. Auch die Anpassung des Waschmittel-umlaufs als Freiheitsgrad der Optimierung soll noch ge-prüft werden.

Wird für die Absorptionskolonne eine diskretisierteDurchmesserstaffelung angeboten, so ist im Vergleich zumzuvor berechneten, optimalen Kolonnendurchmesser Dopt

der tatsächliche Apparatedurchmesser Dmod im Allgemei-nen zu groß und nur im Ausnahmefall genau gleich. IstDmod �Dopt, verringert sich der Wert für die Höhe einerÜbertragungseinheit HTU, die umgekehrt proportional zudem Produkt aus Stoffübergangskoeffizient b und Kolon-nenquerschnittsfläche AKQ ist:

HTU0G�ov� 1

b0G�ovAKQ

(6)

Der Stoffübergangskoeffizient verringert sich aufgrunddes sinkenden Druckverlustes in der Kolonne und derdadurch verursachten verringerten Schubspannung zwi-schen Gas- und Flüssigphase. Dieser Einfluss wird über-kompensiert durch die mit steigendem Durchmesser stei-gende Kolonnenquerschnittsfläche AKQ, wodurch der HTUinsgesamt sinkt. Bei dieser Betrachtung wird davon aus-gegangen, dass eine vollständige Benetzung der Kolonnen-einbauten und damit eine gleichmäßige Verteilung desAbsorptionsmittels über den Kolonnenquerschnitt sicher-gestellt ist (volumenspezifische Austauschfläche a bleibtkonstant). Soll die Gesamthöhe HK der Kolonne bei gleicherAbscheideleistung beibehalten werden, so muss die Anzahlder Übertragungseinheiten NTU entsprechend steigen:

HK ��NG

�qGb0G�ovaAKQ

� Yein

Yaus

dYY � Y* X� � �HTU0

G�ovNTU0G�ov (7)

Darin ist �qG die molare Gasdichte und der Integraltermdes NTU gibt an, wie oft der als Triebkraft wirkende Bela-dungsunterschied (Y–Y*(X)) in der gesamten Beladungsän-derung des Gasstromes zwischen Ein- (Yein) und AustrittYaus enthalten ist. Um die Abnahme des Stoffübergangsko-effizienten bmod im Vergleich zum Wert bopt bei optimalemKolonnendurchmesser darzustellen, wird auf den allgemei-nen Potenzansatz zur Berechnung der Sherwood-Zahl Shaus einer Konstanten K1, der Reynolds- (Re) und derSchmidt-Zahl Sc zurückgegriffen:

Sh � bLc

d� K1 Rem Scn (8)

Hierbei repräsentiert Lc die charakteristische Länge (Füll-körperabmessung), d den Diffusionskoeffizienten und msowie n die Exponenten der Kennzahlen. Unter Zusammen-fassung aller konstant bleibenden Parameter zur Konstan-ten K2 kann die Veränderung des Stoffübergangskoeffizien-ten über die veränderte Leerrohrgeschwindigkeit und damitüber den Durchmesser D dargestellt werden:

b � K1 D�2m (9)

Der Exponent m kann dabei für eine turbulente Grenz-schicht aus [8] in erster Näherung zu 0,85 abgeschätztwerden. Da der Kolonnenquerschnitt proportional zumQuadrat des Kolonnendurchmessers ist, lässt sich dasVerhältnis des modularisierten zum optimalen HTU aus-drücken über:

HTUmod

HTUopt� Dopt

Dmod

� �2 1�m� �(10)

Um die Abnahme des HTU über einen gestiegenen NTUkompensieren zu können, muss eine höhere Waschmittel-restbeladung X vorliegen, d. h. die Waschmittelregenerationdarf weniger vollständig arbeiten. Dies wird über einegedrosselte Reboilerleistung in der Desorption und damiteine verringerte Dampfmenge eingestellt, wodurch auchder Desorberdurchmesser absinkt. Damit werden die quali-tativen Veränderungen auf der Desorptionsseite deutlich,die aus einem modularisierten Durchmesserangebot für dieAbsorptionskolonne resultieren.

3 Simulationsergebnisse und Diskussion

Im Folgenden sollen einige Ergebnisse von Simulations-rechnungen diskutiert werden, deren Berechnung nach deroben beschriebenen Methodik erfolgte. Dazu bleibt zunächstder Gütegrad der Waschmittelregenerierung konstant aufeinem mittleren Wert.

Abb. 2 zeigt die zu erwartenden Unterschiede zwischeneiner auf den Punkt optimierten Auslegung (durchgezo-gene Markierung) und einem äquidistanten Modulschnittfür den Durchmesser des Absorbers. Bei optimaler Aus-legung und einer Berechnung mit konstantem Abscheide-grad zeigen die Abbn. 2 und 3 jeweils die erwartbaren Ver-

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Abbildung 2. Abhängigkeit des Absorberdurchmessers vom Roh-gasvolumenstrom.

Forschungsarbeit 643ChemieIngenieurTechnik

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läufe für den Kolonnendurchmesser von Absorber und De-sorber in Abhängigkeit des Rohgasvolumenstromes �Vgas�N,da der zur Verfügung stehende Strömungsquerschnitt mitdem Quadrat des Durchmessers ansteigt. Die Reboiler-leistung �q im Desorber ist konstant, da der spezifische Wertpro abgetrenntem kg CO2 angegeben ist (Abb. 4).

Ist nun die Beschränkung des Durchmesserangebotesauf einige vordefinierte Kolonnendurchmesser geplant, soist der ausgewählte Apparatedurchmesser Dmod im All-gemeinen größer als die zuvor berechnete optimale Abmes-sung Dopt und nur im Ausnahmefall genau gleich (Abb. 2,gestrichelte Markierung).

Die Anpassung des Betriebsregimes an die verändertenBedingungen im Absorber wird, wie oben beschrieben, übereine Verringerung der Reboilerleistung �q sichergestellt

(Abb. 4, gestrichelte Markierung). Die Verringerung derReboilerleistung bewirkt eine geringere Dampfmenge imDesorber, was in diesem Apparat zu einem kleinerenDurchmesser führt. Die Abb. 3 zeigt für eine lineare Durch-messerstaffelung des Absorbers den resultierenden säge-zahnartigen Verlauf (gestrichelte Markierung) für denDesorberdurchmesser. Damit werden die Veränderungenauf der Desorptionsseite deutlich, die aus einem modula-risierten Durchmesserangebot für die Absorptionskolonneresultieren.

Die folgenden Ergebnisse zeigen den Einfluss des Güte-grades C der Waschmittelregenerierung (vgl. Gl. (3)). Je bes-ser das Absorptionsmittel von seiner CO2-Fracht befreitwird, desto kleiner ist die zur Erfüllung der Reinigungsauf-gabe erforderliche Waschmittelmenge, was sich in einemgeringer werdenden, optimalen Absorberdurchmesser inAbb. 5 zeigt. Solange keine Staffelungsgrenze überschrittenwird, ist der modularisierte Absorberdurchmesser (gestri-chelte Markierung) konstant. In Abb. 6 ist dargestellt, dassdie verbesserte Waschmittelregenerierung allerdings miteinem überproportional ansteigenden Energiebedarf be-zahlt wird. Der Energiebedarf der modularisierten Varianteliegt dabei, wie oben diskutiert, unterhalb des für den opti-malen Absorberdurchmesser berechneten Wertes. Die erfor-derliche große Menge an Regenerationsdampf erhöht dannentsprechend den Desorberdurchmesser erheblich (Abb. 7).

Da die durchströmte Querschnittsfläche des Absorbersmit dem Quadrat des Durchmessers zunimmt, werden imFolgenden erste Berechnungsergebnisse mit einer quadra-tischen Staffelung des Absorberdurchmessers dargestellt(Abb. 8). Der daraus resultierende Verlauf der Reboiler-leistung (Abb. 9) ähnelt qualitativ sehr dem Ergebnis füreine lineare Staffelung (vgl. Abb. 4). Da sich aus der mit derReboilerleistung korrelierenden Dampfmenge unmittelbarder Durchmesser des Desorbers ergibt, entstehen hier wie-

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Abbildung 3. Abhängigkeit des Desorberdurchmessers vom Roh-gasvolumenstrom.

Abbildung 4. Abhängigkeit der spezifischen Reboilerleistungvom Rohgasvolumenstrom.

Abbildung 5. Abhängigkeit des Absorberdurchmessers vomWaschmittelgütegrad (Rohgasvolumenstrom: 1500 m3

Nh–1).

644 ForschungsarbeitChemieIngenieurTechnik

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derum ähnliche Verläufe. Deshalb wird auf eine gesonderteAbbildung verzichtet. Eine detailliert Analyse der quantita-tiven Unterschiede soll unter Einbeziehung von Kosten-modellen in weiteren Arbeiten erfolgen, um so eine Opti-mierung zu ermöglichen.

Wird aufgrund einer diskretisierten Durchmesserstaffe-lung ein zu großer Absorberdurchmesser verwendetet, hatdas einen erhöhten Materialeinsatz und damit größereInvestitionskosten zur Folge. Wie oben dargestellt, sinktgleichzeitig der auf den neuen Betriebspunkt ausgelegteDesorberdurchmesser leicht ab, wodurch ein Teil der erhöh-ten Investitionskosten kompensiert wird. Außerdem sinkendurch die Einsparungen in der Reboilerleistung für dieWaschmittelregenerierung die Betriebskosten. Es entstehtsomit ein klarer Zielkonflikt zwischen Betriebs- und Inves-

titionskosten für die Optimierung einer Biogaswäsche. DieEinbeziehung eines Modells für die Quantifizierung derInvestitionskosten und den Aufwand für die Vorhaltung derModule ist im Rahmen zukünftiger Arbeiten geplant.

4 Herausforderung der Modularisierung

Ziel der Modularisierung ist es, eine Reduktion der System-komplexität durch Vereinfachung zu erreichen. „Modulari-sierung stellt eine gestalterische Strategie zur Reduktionvon Unklarheit bei der Systemgestaltung dar“ [9]. UnterModularisierung wird die geeignete Gliederung eines Pro-duktes verstanden, indem die Abhängigkeiten zwischen Ele-menten (Modulen) verringert bzw. die Schnittstellenvarian-

Chem. Ing. Tech. 2014, 86, No. 5, 640–648 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Abbildung 6. Abhängigkeit der spezifischen Reboilerleistungvom Waschmittelgütegrad (Rohgasvolumenstrom: 1500 m3

Nh–1).

Abbildung 7. Abhängigkeit des Desorberdurchmessers vomWaschmittelgütegrad (Rohgasvolumenstrom: 1500 m3

Nh–1).

Abbildung 8. Abhängigkeit des Kolonnendurchmessers vomRohgasvolumenstrom bei quadratischer Durchmesserstaffelung.

Abbildung 9. Abhängigkeit der spezifischen Reboilerleistungvom Rohgasvolumenstrom bei quadratischer Durchmesserstaffe-lung des Absorbers.

Forschungsarbeit 645ChemieIngenieurTechnik

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ten reduziert werden. Ergebnis der Modularisierung sindvordefinierte Systembausteine. Eine schnelle und einfacheRealisierung und Veränderung eines Systems wird erreicht,indem die Systembausteine zusammengesetzt, ausge-tauscht oder angepasst werden. Damit eine Modularisie-rung Wettbewerbsvorteile bringt, muss sie sowohl technischals auch organisatorisch vollzogen werden [10].

4.1 Modularisierung als Optimierungsproblem

Die Modularisierung, wie sie im vorhergehenden Abschnittbeschrieben wurde, kann als ein Optimierungsproblem zurBestimmung geeigneter Modulschnitte unter Berücksich-tigung der ebenfalls genannten Randbedingungen betrach-tet werden. Die Bewertung der Modulschnitte erfolgt unterBerücksichtigung geeigneter Kriterien. Im Bereich derSoftware-Entwicklung werden für die Bewertung eines mo-dularen Softwareentwurfs die Kriterien Kapselung, Änder-barkeit, Wartbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Gemein-samkeit formuliert [11]. Daraus leitet sich die Frage ab,inwieweit sich diese allgemeinen Optimierungskriterienauf die Prozessindustrie übertragen lassen. Mögliche Analo-gien sind:– Kapselung: minimale Interaktionen zwischen den Mo-

dulen;– Änderbarkeit, Wartbarkeit, und Wiederverwendbarkeit:

minimale Anzahl an Verbindungen zwischen den Mo-dulen;

– Gemeinsamkeit: ein Modul sollte nur eine Funktion fürden Rest der Anlage anbieten.Neben solch allgemeinen Kriterien zur Bewertung eines

modularen Optimierungsproblems spielen noch eine Reihedomänen- und problemspezifischer Kriterien wie z. B. Pro-dukteinführungszeit, Kosten, Durchsatz oder erzielte Pro-duktgüte eine Rolle. Dabei bietet die Modularisierung eineetablierte Technologie, um entsprechende Skaleneffekte zuerreichen, die Produktionskosten und Entwicklungszeit zusenken sowie die Transparenz zu erhöhen und die Komple-xität zu beherrschen. Für die Modularisierung eines Pro-blemfeldes stehen eine Reihe von Methoden und Ansätzenzur Verfügung. Die Design Structure Matrix (DSM) in Kom-bination mit Clustering-Algorithmen [12], Funktions-Heu-ristiken [13], Modular Function Deployment (MFD) [14] undDesign for Variety (DFV) [15] sind dabei als Hauptvertreterzu nennen. Für eine abschließende Bewertung der Modu-larisierung hinsichtlich der zuvor gesetzten Optimierungs-kriterien bietet sich die Modularization Benefit Matrix [16]an. Die im Rahmen dieser Untersuchung ermitteltenErgebnisse zur Identifizierung möglicher Modulschnittewerden in einem nächsten Schritt mit den oben genanntenMethoden einer Bewertung unterzogen werden.

4.2 Modularisierung und Automation

Die etablierten Konzepte der Modularisierung aus demBereich der Software-Entwicklung werden bereits in derAutomation, besonders in der Fertigungstechnik, unter-sucht und eingesetzt [17]. Die Strukturierung der Fließ-bandproduktion in separate Arbeitsstationen, wobei jedeStation eine andere Aufgabe übernimmt, steht in direkterÄhnlichkeit mit dem Aufbau modularer Software. Dabeispielt der interdisziplinäre Zusammenhang zwischen Hard-und Software-Entwicklung der Automatisierungssystemeeine bedeutende Rolle [18]. Im Bereich der Prozessindustriebeschreibt der Namur AK 1.12 Auswirkungen auf die Auto-matisierungstechnik, die durch die Standardisierung undModularisierung in der Verfahrenstechnik entstehen [19].Demnach ist aus automatisierungstechnischer Sicht „daswesentliche Merkmal [eines Moduls] die Möglichkeit, mo-dulübergreifende Steuerungen in einem übergeordnetenSystem zu realisieren. Wenn nur Module verwendet wer-den, deren Schnittstellen und Fahrweisen [...] im Automa-tisierungssystem bekannt sind, dann lassen sich Schritt-ketten [...] ohne weiteres modulübergreifend verwirklichen“.Inwieweit die Modularisierungskonzepte der Software-Entwicklung auch auf die Modularisierung der Prozess-industrie übertragbar sind, muss noch untersucht werden.Die Schwierigkeit besteht jedoch in der Verteilung der ein-zelnen Funktionen auf die Module und die damit verbun-dene Definition der Schnittstellen. Die Untersuchungen in[3] haben gezeigt, dass die Funktionskapselung der modula-ren Automatisierung auf den ersten Blick zu einer komple-xeren Implementierung und zu notwendigen Schleifen zurInformationsrückführungen führt, da die Anzahl der ver-wendeten Bausteininstanzen steigt. Jedoch benötigt dermodulare Entwurf keinen Zugriff auf globale Variablen imProzessabbild, wodurch die Fehleranfälligkeit sinkt, dieWiederverwendbarkeit steigt und eine lokale Prüfbarkeitmöglich ist. Die Bewertung der Qualität der Modulari-sierung eines Software-Systems kann z. B. über eine Ana-lyse des Kopplungsgrads und der Kohäsion der einzelnenModule erfolgen [20].

Aus der Möglichkeit, verschiedene Module für die CO2-Gaswäsche in unterschiedlichen Ausprägungen (z. B. ver-schiedene Durchmesser oder Höhenstaffelungen) vorzuse-hen, ergeben sich neue Varianten der Prozessführung. DieStaffelung der Module hat weiterhin zur Folge, dass je nachLastfall der Prozess nicht im optimalen Betriebspunkt ge-fahren werden kann.

Um flexibel auf unterschiedliche Lastfälle zu reagieren,können bei dem Einsatz mehrerer paralleler Kolonnen ein-zelne temporär ab- und angekoppelt werden, um für die ver-bleibenden Kolonnen einen effizienten Betrieb zu gewäh-ren. Dies erfordert neuartige Führungskonzepte, die dasAn- und Abfahren eines Moduls beschreiben und erklären,welche Schritte innerhalb des betrachteten Moduls und derverbleibenden Module gefahren werden müssen, um einModul im Betrieb der Anlage an- und abzukoppeln. Ein wei-

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teres interessantes Szenario steht unter dem Thema „Fah-ren auf Verschleiß“, bei dem ein Verschleiß bei der Fahrwei-se eines oder mehrere Module in Kauf genommen werdenkann, um näher an den optimalen Betriebspunkt zu gelan-gen.

5 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wird die Modularisierung einesGaswäschers und die daraus resultierenden Folgen für denGesamtprozess am Beispiel der CO2-Entfernung aus Biogasuntersucht. Als Vergleichsbasis dient ein Prozess mit einer,nach bisher üblicher Vorgehensweise, auf einen Betriebs-punkt optimal ausgelegten Absorptionskolonne. Gegenübergestellt werden jeweils die Ergebnisse, die aus einer diskre-tisierten Angebotsstaffelung für den Absorberdurchmesserresultieren. Wird eine Absorptionskolonne nicht mit demoptimalen Durchmesser gebaut, hat dies einen Einfluss aufMaterialeinsatz und Energiebedarf. Dabei werden zweiVarianten der Durchmesserstaffelung verglichen. Weiterhinzeigen die durchgeführten Berechnungen, dass sich eineVeränderung des Gütegrades der Waschmittelregenerierungstark auf den Energiebedarf des Gesamtprozesses und dieerforderlichen Kolonnendurchmesser auswirkt.

Weiterhin wurden die Herausforderungen der Modula-risierung der Absorptionskolonne in Bezug auf die Auto-matisierungstechnik diskutiert. In einem weiterführendenProjekt werden die aufgestellten Fragestellungen unter Be-rücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsmodellen für dieModularisierung in der Chemieindustrie untersucht [21].

Formelzeichen

AKQ [m2] Kolonnenquerschnittsflächea [m2m–3] volumenspezifische

AustauschflächeC [–] Gütegrad der Waschmittel-

regenerierungcp,l [J kg–1K–1] spezifische Wärmekapazität

der FlüssigkeitDopt/mod [m] optimaler bzw. modularisierter

Kolonnendurchmesserf [–] Faktor für minimale Wasch-

mittelumlaufmengeHK [m] KolonnenhöheHTUG,ov

0 [m] Höhe einer Übertragungs-einheit

hAbs [J kg–1] spezifische Absorptions-enthalpie

DhV,D [J kg–1] spezifische Verdampfungs-enthalpie

K1, K2 [–] KonstantenLc [–] charakteristische Längem [–] Exponent

mD [kg s–1] DampfmassestrommL [kg s–1] Massestrom des WaschmittelsNG [kmol s–1] Stoffmengenstrom des GasesNL,(min) [kmol s–1] (minimaler) Stoffmengen-

strom der Waschflüssigkeitn [–] ExponentNTU [–] Anzahl der Übertragungs-

einheitenpCO2

* [Pa] CO2-Partialdruck imGleichgewicht

pges [Pa] Gesamtdruckq [MJ kgCO2

–1 ] spezifische ReboilerleistungRe [–] Reynolds-ZahlSc [–] Schmidt-ZahlSh [–] Sherwood-ZahlDT [K] TemperaturdifferenzX* [molCO2

molL–1] Gleichgewichtsbeladung

der FlüssigkeitXein/aus [molCO2

molL–1] Beladung der Flüssigkeit

am Ein- und Austritt derKolonne

Y* [molCO2molG

–1] Gleichgewichtsbeladungdes Gases

Yein/aus [molCO2molG

–1] Beladung des Gases amEin- und Austritt der Kolonne

yCO2[molCO2

molG,ges–1 ] Molanteil CO2 des Gases

VCO2[m3s–1] CO2-Volumenstrom

VD,min [m3s–1] minimaler Dampfvolumen-strom

Vgas,N [mN3 s–1] Rohgasvolumenstrom im

Normzustand

Griechische Symbole

bG,ov0 [m s–1] gasseitiger Stoffdurchgangs-

koeffizientbopt/mod [m s–1] optimaler bzw. modularisierter

Stoffübergangskoeffizientd [m2s–1] Diffusionskoeffizient�qG [kmol m–3] molare Gasdichte

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