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Momo und ihre Übersetzungen Eine Analyse der Multimodalität in Michael Endes Momo Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (MA) an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Marlene FISCHER, BA am Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Pekka Kujamäki Graz, 2019

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Momo und ihre Übersetzungen Eine Analyse der Multimodalität in Michael Endes Momo

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (MA)

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Marlene FISCHER, BA

am Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Pekka Kujamäki

Graz, 2019

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Danksagung

Danke möchte ich allen sagen, die mir dabei geholfen haben, diese Masterarbeit fertigzustel-

len, denn hinter jedem großen Projekt stecken viele helfende Hände und achtsame Augen.

Zu diesen Personen zählt insbesondere Herr Kujamäki, dessen hilfreiche Ratschläge

geholfen haben, das Beste aus mir und meiner Arbeit herauszuholen.

Ein großer Dank geht auch an meine zwei „Lektorinnen“, Verena und Miriam, die sich

die Mühe gemacht haben, meine Arbeit aufmerksam durchzulesen, um auch noch den letz-

ten Fehler auszubessern.

Und schließlich möchte ich all jenen danken, die mir tagtäglich – um es mit den Wor-

ten Michael Endes zu sagen – meine Seele frisch bügeln. DANKE!

Page 3: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

Inhaltsverzeichnis

Einleitung .............................................................................................................................. 5

1 Kinder- und Jugendliteratur ................................................................................................ 8

1.1 Definition(en) von Kinder- und Jugendliteratur ............................................................. 8

1.2 Herausforderungen bei der Übersetzung von Kinder- und Jugendliteratur ..................10

1.2.1 Pädagogische Aspekte .........................................................................................10

1.2.2 Mehrfachadressiertheit .........................................................................................12

1.2.3 Fremdkulturelle Markierungen ..............................................................................14

1.2.4 Illustrationen .........................................................................................................15

2 Definition(en) von Bilderbüchern........................................................................................18

3 Multimodalität ....................................................................................................................22

3.1 Multimodalität im Allgemeinen .....................................................................................22

3.2 Multimodalität in Bilderbüchern ...................................................................................23

3.2.1 Der visuelle Modus ...............................................................................................24

3.2.2 Die Beziehung zwischen Text und Illustration .......................................................26

3.2.3 Der auditive Modus ...............................................................................................29

4 Momo oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den

Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte .......................................................................32

4.1 Der Autor Michael Ende ..............................................................................................32

4.1.1 Seine Biografie .....................................................................................................32

4.1.2 Seine Werke .........................................................................................................34

4.2 Momo ..........................................................................................................................35

4.2.1 Hauptcharaktere ...................................................................................................36

4.2.2 Handlung ..............................................................................................................37

4.2.3 Übersetzungen .....................................................................................................39

5 Empirische Analyse ...........................................................................................................41

5.1 Analysemethode und -modell ......................................................................................41

5.2 Analyse der deutschen Fassung von Michael Ende (112018) ......................................43

5.2.1 Visuelle Charakteristika in Momo (112018) ............................................................43

5.2.2 Beziehungen zwischen Text und Illustrationen in Momo (112018) .........................47

5.3 Analyse der englischen Übersetzung von Lucas Zwirner und Marcel Dzama (2013) ..64

5.3.1 Visuelle Charakteristika in Momo (2013) ..............................................................64

5.3.2 Beziehungen zwischen Text und Illustrationen in Momo (2013) ............................66

5.4 Analyse der englischen Übersetzung von John Maxwell Brownjohn und Chris Riddell

(2009) ...............................................................................................................................74

5.5 Auswertung .................................................................................................................76

5.6 Diskussion ..................................................................................................................78

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5.6.1 Visuelle Charakteristika im Vergleich ....................................................................79

5.6.2 Funktionen der Beziehungen zwischen Text und Illustrationen im Vergleich ........81

5.6.3 Fehlende Illustrationen bei Momo (2009) ..............................................................82

5.6.4 Beantwortung der Forschungsfragen ....................................................................84

6 Zusammenfassung ............................................................................................................87

Bibliografie ...........................................................................................................................89

Primärliteratur ...................................................................................................................89

Sekundärliteratur ..............................................................................................................89

Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................95

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Einleitung

Es wird häufig davon ausgegangen, dass Übersetzer und Übersetzerinnen ausschließlich

einen Text von einer Sprache in die andere übertragen müssen. Dabei wird jedoch außer

Acht gelassen, dass nicht nur der verbale Modus, sondern zum Beispiel auch der visuelle

Modus eine tragende Rolle spielen kann. So kann etwa die Beziehung zwischen Text und

Illustrationen von Bedeutung sein, indem dadurch bestimmte Funktionen, die zum Erzählen

der Geschichte beitragen, erfüllt werden. Dieses Zusammenspiel der Modi, auch Multimoda-

lität genannt, rückt immer mehr in den Fokus der Forschung (Oittinen/Ketola/Garavini

2018:19). Einen Beweis dafür stellt auch die steigende Anzahl von Analysen multimodaler

Medien und deren Übersetzungen dar, zu denen unter anderem Bilderbücher als Teil der

Kinder- und Jugendliteratur zählen.

Die vorliegende Masterarbeit schließt sich diesem wachsenden Interesse an der Mul-

timodalität an und beschäftigt sich mit der Thematik im Rahmen von Bilderbüchern. Dazu soll

eines der bekanntesten deutschen Werke der Kinder- und Jugendliteratur analysiert werden,

nämlich Momo von Michael Ende, der nicht nur den Text verfasste, sondern das Buch auch

selbst illustrierte. Untersucht werden dabei die deutsche Fassung aus dem Jahr 2018 sowie

zwei Übersetzungen des Werkes in die englische Sprache. Die erste der beiden Überset-

zungen wurde von Lucas Zwirner verfasst, von Marcel Dzama neu bebildert und vom Verlag

McSweeney’s McMullens herausgegeben, während die zweite Übersetzung, die im Verlag

Puffin Books erschienen ist, von John Maxwell Brownjohn verfasst wurde und außer der Il-

lustration auf dem Buchumschlag von Chris Riddell keine Illustrationen enthält.

Anhand einer vergleichenden Analyse der drei Werke befasst sich die Arbeit konkret

mit der Beantwortung der folgenden vier Forschungsfragen:

In welchen Arten von Beziehung stehen der Text und die Illustrationen in Michael En-

des deutscher Fassung von Momo, in der englischen Übersetzung von Lucas Zwirner

und Marcel Dzama sowie in der ebenfalls englischen Übersetzung von John Maxwell

Brownjohn und Chris Riddell?

Welche Funktion üben die Beziehungen zwischen dem Text und den Illustrationen in

der jeweiligen Fassung aus?

In welchem Zusammenhang stehen die visuellen Charakteristika in den jeweiligen

drei Werken zum Text?

Welche Schlüsse können aus dem Vergleich zwischen den drei Werken im Hinblick

auf das Leseerlebnis gezogen werden?

In Bezug auf die vierte Frage wird die Hypothese aufgestellt, dass bei der Überset-

zung von Brownjohn und Riddell aufgrund der fehlenden Illustrationen gewisse Aspekte ver-

loren gegangen sind, da Translationswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen, die sich mit

der Multimodalität genauer auseinandersetzen, immer wieder die Bedeutung des multimoda-

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len Zusammenspiels betonen und dieses in der Ausgabe von Puffin Books nicht so wie in

Michael Endes Fassung gegeben ist.

Durch die Beantwortung der gestellten Forschungsfragen soll das allgemeine Ziel der

vorliegenden Arbeit erreicht werden. Dieses besteht darin, zu veranschaulichen, wie wichtig

es ist, dass Übersetzer und Übersetzerinnen die Multimodalität in Bilderbüchern beachten.

Dafür wurde speziell ein Werk ausgewählt, für das der Autor selbst Illustrationen zur Erfül-

lung bestimmter Funktionen anfertigte. Eine Änderung im Zusammenspiel zwischen Text und

Illustrationen könnte dazu führen, dass die vom Autor intendierten Funktionen nicht erfüllt

werden.

Der Hauptteil dieser Masterarbeit gliedert sich in fünf Kapitel, von denen drei dem

theoretischen Teil gewidmet sind, der die Basis für den empirischen Teil legt. Das erste Kapi-

tel beschäftigt sich mit der Kinder- und Jugendliteratur. Da es sich hierbei um einen sehr um-

fassenden Begriff handelt, wird dafür zuerst eine Definition gesucht und festgelegt. Anschlie-

ßend wird auf jene Herausforderungen bei der Übersetzung von kinder- und jugendliterari-

schen Werken eingegangen, die laut der für die Arbeit begangenen Recherche am häufigs-

ten genannt werden, um einen guten Überblick zu geben und vom Allgemeinen zum Spezifi-

schen überzugehen. Zu den Herausforderungen zählen pädagogische Aspekte, die

Mehrfachadressiertheit, fremdkulturelle Markierungen und Illustrationen, wobei ein besonde-

res Augenmerk auf die letzte der erwähnten Herausforderungen gelegt wird. Das darauffol-

gende Kapitel behandelt nämlich das Medium der Illustrationen: das Bilderbuch, eine Gat-

tung der Kinder- und Jugendliteratur. Auch zu diesem Begriff lassen sich vielerlei Definitio-

nen finden, weshalb sich das Kapitel der Festlegung einer Definition, die für diese Masterar-

beit verwendet wird, widmet.

Im dritten Kapitel geht es um die Multimodalität. Diese wird zuerst im Allgemeinen

und anschließend im Rahmen von Bilderbüchern besprochen. In Bezug auf Multimodalität in

Bilderbüchern wird näher auf den visuellen Modus, zu dem mehr als nur Illustrationen zäh-

len, auf die Beziehung zwischen Text und Illustration sowie auf den auditiven Modus, der

beim Vorlesen eine Rolle spielt, eingegangen.

Im Anschluss daran beschäftigt sich das vierte Kapitel mit dem Material, das für die

vergleichende Analyse verwendet wird, das bedeutet mit den drei ausgewählten Versionen

von Momo. Zuerst werden der Autor Michael Ende und seine Werke und danach die Haupt-

charaktere und die Handlung von Momo sowie die beiden Übersetzungen vorgestellt.

Schließlich folgt im fünften Kapitel die empirische Analyse. In diesem Abschnitt wer-

den die Analysemethode und das Analysemodell, das auf der Basis von vier anderen Model-

len aus der Literatur erstellt wurde, beschrieben und die einzelnen Werke hinsichtlich des

visuellen Modus und der Beziehungen zwischen dem Text und den Illustrationen analysiert.

Danach werden die Ergebnisse der Analyse ausgewertet und zusammengefasst sowie aus-

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führlich im Vergleich zueinander diskutiert, um die Forschungsfragen beantworten zu kön-

nen. Abgerundet wird die vorliegende Arbeit mit der Zusammenfassung.

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1 Kinder- und Jugendliteratur

Die Kinder- und Jugendliteratur (im Folgenden mit KJL abgekürzt) wurde lange Zeit als min-

derwertiger Bereich der Literatur angesehen (Odber de Baubeta 2013:191), der von der Wis-

senschaft kaum bedacht wurde (Shavit 1986:IX). Dies beruht auf diversen Faktoren, wie et-

wa der Tatsache, dass Kinder- und Jugendbücher früher überwiegend von Frauen verfasst

wurden, deren damalige untergeordnete Stellung in der Gesellschaft zur Folge hatte, dass

auch die von ihnen geschriebene Literatur und somit die KJL als zweitrangig betrachtet wur-

den (ibid.:39).

Erst in den 70er-Jahren erlebte die KJL einen Aufschwung und Wissenschaftler und

Wissenschaftlerinnen begannen, sich mit dieser Gattung der Literatur auseinanderzusetzen.

Zugleich wurden immer mehr Studien zur Übersetzung von KJL veröffentlicht (Tabbert

2002:303) und 1976 widmete sich die International Research Society for Children’s Literature

(IRSCL) zum ersten Mal der Übersetzung von KJL (Lathey 2006:1). Dieser Wandel ist,

Reinbert Tabbert (2002:303) zufolge, auf vier verschiedene Gründe zurückzuführen. Dazu

zählen die Anerkennung der KJL als Mittel zur Verbindung von Kulturen sowie das wachsen-

de Interesse an einer weniger angesehenen Literaturgattung, an dem jungen Zielpublikum

und an den Herausforderungen, welche kinder- und jugendliterarische Werke an den Über-

setzer beziehungsweise die Übersetzerin stellen.

Doch trotz des steigenden Interesses an der Übersetzung von kinder- und jugendlite-

rarischen Büchern und obwohl die Namen der Übersetzer und Übersetzerinnen mittlerweile

viel häufiger auf den Titelseiten oder sogar auf den Bucheinbänden aufscheinen (Lathey

2016:137), ist es für Mitglieder dieser Berufsgruppe weiterhin oftmals schwierig, eine ange-

messene Entlohnung und Wertschätzung zu erhalten (ibid.:127), da etwa im heutigen elekt-

ronischen Zeitalter inoffizielle Übersetzungen von Laienübersetzern und -übersetzerinnen im

Internet kursieren (ibid.:134). Eithne O’Connell (2006:21) betont daher die Notwendigkeit

weiterer Studien zur Übersetzung von KJL.

Um sich näher mit der KJL beschäftigen zu können, bedarf es jedoch zunächst einer

Definition des Begriffes, die im folgenden Kapitel festgelegt wird.

1.1 Definition(en) von Kinder- und Jugendliteratur

Wie der Titel dieses Kapitels bereits andeutet, sind die Definitionen für die KJL zahlreich.

Einige Forscher und Forscherinnen, die sich mit dieser Thematik befassen, sprechen auch

nur von „Kinderliteratur“. Jedoch existieren bereits unterschiedliche Auffassungen darüber,

was eigentlich unter „Kind“ beziehungsweise „Kindheit“ verstanden wird:

We are all individuals; some of us remain children for a longer period of time, some of us never lose the child in us, and some of us have lost touch; some of us were children yes-terday, some of us are children now. (Oittinen 2000:41)

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Die Altersgrenze für die Kindheit unterliegt neben den von Riitta Oittinen genannten unter-

schiedlichen individuellen Ansichten zudem verschiedenen geschichtlichen Auffassungen. In

den 60er-Jahren der DDR galten beispielsweise 14-Jährige noch als Kinder, in den 70er-

Jahren der BRD lag die Grenze bei zwölf Jahren. Der Begriff „Kinderliteratur“ wird daher zu-

meist weiter gefasst und in Verbindung mit der Jugendliteratur gesetzt. Gemeinsam bilden

sie eine feste Einheit: die Kinder- und Jugendliteratur (Ballis/Burkard 2014:9).

Definitionen für die KJL werden häufig durch das Zielpublikum dieser Literaturgattung

bestimmt. So sind beispielsweise Verena Rutschmann und Denise von Stockar der Auffas-

sung, „dass KJL sich in erster Linie von ihrem Zielpublikum her definiert“ (Rutschmann/von

Stockar 1996:6). Oittinen macht in dieser Hinsicht jedoch auf einen essentiellen Unterschied

aufmerksam: „Children’s literature can be seen either as literature produced and intended for

children or as literature read by children“ (Oittinen 2000:61). Anneli Fjordevik vertritt etwa

den ersten Standpunkt, denn für sie ist die KJL „eine an Kinder bzw. Jugendliche adressierte

Literatur“ (Fjordevik 2012:6). Rutschmann und von Stockar (1996:6f.) unterscheiden diesbe-

züglich zwischen Kinder- und Jugendliteratur und Kinder- und Jugendlektüre. Der erste Ter-

minus bezieht sich dabei auf „die Literatur, die für Kinder und Jugendliche im Schulalter ge-

schrieben und veröffentlicht wird, die Literatur, die bewusst diese Zielgruppe anspricht“

(ibid.:6f.), während der zweite Terminus „die Gesamtheit der Lesestoffe, die von Kindern und

Jugendlichen tatsächlich gelesen wird“ (ibid.:7) umschreibt.

Deutlich wird in jedem Fall, dass die Leser und Leserinnen der KJL eine zentrale Rol-

le spielen (Oittinen 2000:61). In der Übersetzung kann daher zum Beispiel ein Buch, das

ursprünglich für Erwachsene intendiert war und von diesen gelesen wurde, je nach seiner

Funktion in der Zielkultur zu einem Buch für Kinder und Jugendliche werden (ibid.:63). Pro-

minente Beispiele dafür sind Gulliver’s Travels von Jonathan Swift, Robinson Crusoe von

Daniel Defoe oder Moby Dick von Herman Melville (Odber de Baubeta 2013:190).

Charakteristisch für die KJL ist jedoch oftmals neben der intendierten jungen Leser-

schaft auch das Phänomen der Mehrfachadressiertheit, nach dem nicht nur Kinder KJL rezi-

pieren, sondern auch Erwachsene (Rutschmann/von Stockar 1996:26). So bildet die

Mehrfachadressiertheit etwa einen wichtigen Teil der Definition von Anneli Fjordevik:

Bei genauerem Hinsehen findet man eine relativ komplizierte Mehrfachadressierung, denn neben dem offiziellen Adressaten – dem Kind – gibt es auch einen inoffiziellen, den mitlesenden Erwachsenen […]. (Fjordevik 2012:6)

Erwachsene spielen zudem insofern eine wichtige Rolle, als sie diejenigen sind, die den Kin-

dern beispielsweise als Autoren und Autorinnen, Verleger und Verlegerinnen oder Buch-

händler und Buchhändlerinnen Bücher vermitteln (O’Sullivan 2000:117), denn „[i]t is adults,

after all, who wield power and influence and it is they who decide what is written and, ultima-

tely more importantly, what is published, praised and purchased“ (O’Connell 2006:17). Durch

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diesen Umstand entsteht eine asymmetrische Kommunikation (O’Sullivan 2000:117), wes-

halb Emer O’Sullivan den Anspruch an die KJL stellt, „der kommunikativen Distanz zwischen

den ungleichen Partnern“ (ibid.:118) entgegenzuwirken und sich an die Fähigkeiten der jun-

gen Rezipienten und Rezipientinnen anzupassen (ibid.:117). Dieser Meinung schließen sich

Rutschmann und von Stockar an. Auch sie sprechen sich dafür aus, dass die KJL „dem emo-

tionalen und kognitiven Entwicklungsstand ihres Zielpublikums angepasst“ (Rutschmann/von

Stockar 1996:7f.) werden muss, etwa durch die Vereinfachung der Sprache oder durch die

Reduzierung schwieriger Themen (ibid.:8). Auf die Mehrfachadressiertheit wird weiter unten

im Kapitel 1.2.2 noch genauer eingegangen.

Weitere definierende Merkmale sind schließlich zum einen noch die Tatsache, dass

die KJL nicht ausschließlich der Unterhaltung dient, sondern auch der Erziehung und Bildung

von Kindern (Brandt 2015:66), und zum anderen der Aspekt des Vorlesens, der sich in

Oittinens Definition finden lässt: „I see children’s literature as literature read silently by

children and aloud to children“ (Oittinen 2000:4). Beide Aspekte sollen jedoch ebenso später

noch ausführlicher behandelt werden (siehe dazu die Kapitel Pädagogische Aspekte und Der

auditive Modus).

Für die vorliegende Masterarbeit soll nun unter Beachtung der verschiedenen Ansich-

ten in der Forschung eine Definition für die KJL aufgestellt werden: So hat sich herauskristal-

lisiert, dass insbesondere das Zielpublikum von Bedeutung ist. Die KJL beschreibt demnach

eine Literatur, die primär Kinder und Jugendliche adressiert. Berücksichtigt wird dabei je-

doch, dass ihre sekundären Rezipienten und Rezipientinnen neben den primären – Kindern

und Jugendlichen – Erwachsene sind, was unter der Mehrfachadressiertheit zusammenge-

fasst werden kann.

1.2 Herausforderungen bei der Übersetzung von Kinder- und Ju-

gendliteratur

Grundsätzlich müssen sich Übersetzer und Übersetzerinnen von KJL mit denselben Proble-

men beschäftigen wie Übersetzer und Übersetzerinnen von literarischen Texten im Allge-

meinen. Jedoch geht die Forschung in Bezug auf die Übersetzung von KJL auf gewisse

Schwierigkeiten, die auftreten können, genauer ein. Die am häufigsten genannten Heraus-

forderungen bilden dabei die pädagogischen Aspekte, die oben bereits erwähnte Mehrfach-

adressiertheit, die fremdkulturellen Markierungen sowie die Illustrationen.

1.2.1 Pädagogische Aspekte

Die pädagogischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der KJL stellen, lauten: „What is

a good book for a child? What is the influence of a book on a child? How can it contribute to

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the child’s development?“ (Shavit 1986:X). Da die Vorstellungen davon, was pädagogisch

richtig ist, stark variieren, führen diese Fragen zu unterschiedlichen Antworten beziehungs-

weise Meinungsäußerungen, die grob in zwei Gruppen eingeteilt werden können: Zum einen

sollen Kinder und Jugendliche möglichst lange ihre Kindheit und Jugend genießen können,

zum anderen sollen sie mithilfe der KJL auf die Zukunft vorbereitet werden, wobei Rutsch-

mann und von Stockar anmerken, dass es sich bei beiden Sichtweisen um Utopien handelt

(Rutschmann/von Stockar 1996:10).

Richtet sich ein kinder- und jugendliterarisches Werk nach der Meinung der ersten

Gruppe, kann es in manchen Fällen zur sogenannten Purification kommen. Darunter versteht

Göte Klingberg „bringing the target text into correspondence with another set of values“

(Klingberg 1986:12), wobei die Werte von Erwachsenen gemeint sind. So werden entspre-

chend dieser Auffassung beispielsweise ängstigende Elemente aus einem Buch herausge-

strichen, da die KJL, wie etwa Christian Rittelmeyer (2009:67) zufolge, ihrer Leserschaft kei-

ne Furcht einflößen soll. Denn würden kinder- und jugendliterarische Bücher in solchen Fäl-

len nicht purifiziert werden, können, so Rittelmeyer, bei den jungen Lesern und Leserinnen

systematisch Gefühle der Angst und Bedrohung entstehen. Wichtig sei es demnach, Furcht-

einflößendes je nach Alter zu dosieren (ibid.:76f.).

Neben ängstigenden Passagen können auch zum Beispiel vulgäre Elemente purifi-

ziert werden. In der spanischen Ausgabe von Harry Potter wurde beispielsweise die derbe

Sprechweise des Halbriesen Hagrid eliminiert, da die Auffassung vertreten wurde, sie hätte

einen schlechten Einfluss auf das junge Zielpublikum (Lorenzo 2008:344). Die Erwachsenen

werden durch diese Anpassungen zu Mediatoren und Mediatorinnen; sie entscheiden, was

Kinder und Jugendliche lesen sollen (Lathey 2010:120). Beachtet werden dabei „jeweils gül-

tige pädagogische, aber auch religiöse, gesellschaftskritische, politische, ethische und men-

talitätsgeschichtliche Vorstellungen und Modelle“ (Rutschmann/von Stockar 1996:25).

Heike Brandt spricht sich jedoch gegen das Purifizieren aus: Sie ist der Auffassung,

dass die KJL ihren jungen Lesern und Leserinnen keine heile Welt vortäuschen sollte

(Brandt 2015:67):

Für meine Begriffe – und auf dieser Grundlage übersetze, schreibe und empfehle ich Kinder- und Jugendbücher – sollten Bücher Kindern ermöglichen, sich mit der sie umge-benden Welt auseinander zu setzen […]. (Ibid.:66)

Dieser Meinung schließt sich O’Sullivan an, die darauf hinweist, dass „die Rezeptionsfähig-

keit und die Interessen der Kinder eher hypothetische Konstrukte als empirisch gesicherte

Größen sind“ (O’Sullivan 2000:222). Die Adaptationen würden vielmehr etwas „über die pä-

dagogischen und entwicklungspsychologischen Kindheitsvorstellungen der Zielkultur zu ei-

nem gegebenen Zeitpunkt“ (ibid.) aussagen. Oittinen (2000:50f.) zeigt außerdem auf, dass

Erwachsene häufig Anpassungen vornehmen, ohne dabei den Lehrwert zu erkennen. Wird

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Kindern und Jugendlichen nämlich die Möglichkeit gegeben, sich mit eher negativen Gefüh-

len auseinanderzusetzen, können sie daraus womöglich einen Nutzen ziehen und etwas für

ihre Zukunft lernen.

Was also für pädagogisch richtig erachtet wird, hängt stark davon ab, wie die Kindheit

und Jugend von Erwachsenen wahrgenommen wird; ob sie die junge Generation vor dem

Unschönen im Leben bewahren oder sie genau darauf vorbereiten möchten, indem sie sie

damit konfrontieren. Es ist schwierig festzustellen, wo genau die Grenze zwischen purifizie-

ren und beschützen liegt (ibid.:51).

1.2.2 Mehrfachadressiertheit

Die Mehrfachadressiertheit wurde bereits im Kapitel Definition(en) von Kinder- und Jugendli-

teratur erwähnt. Nun soll dieser Begriff ausführlicher behandelt werden. Grundsätzlich wird

darunter die Existenz von unterschiedlichen Zielgruppen eines Textes verstanden. Im Falle

der KJL handelt es sich um eine duale Adressiertheit, wobei O’Sullivan die Bezeichnung

„Mehrfachadressiertheit“ präferiert, da diese die doppelte Adressiertheit einschließt und die

unterschiedlichen Rollen der Leser und Leserinnen betont. So wird die KJL häufig nicht nur

von Kindern und Jugendlichen, die die offensichtliche Zielgruppe bilden, rezipiert, sondern

auch von Erwachsenen und zwar auf drei verschiedene Arten (O’Sullivan 2000:122ff.).

Zum einen sind sie, wie oben bereits erwähnt, meist diejenigen, die Kinder- und Ju-

gendbücher veröffentlichen, übersetzen, auswählen etc. Zu dieser Zielgruppe gehören also

unter anderem „editors, translators, teachers, librarians and parents“ (Alvstad 2010:24). Da

sie oft zum Erfolg eines Kinder- und Jugendbuches beiträgt, sollten Übersetzer und Überset-

zerinnen der KJL neben den jungen Lesern und Leserinnen auch diese Zielgruppe bei ihrer

Arbeit berücksichtigen (Pascua-Febles 2006:111).

Zum anderen können Erwachsene die Rolle von Vor- beziehungsweise Mitlesern und

-leserinnen einnehmen (O’Sullivan 2000:122). Kinder- und Jugendbücher sind nämlich häu-

fig dazu gedacht, laut vorgelesen zu werden – ein Aspekt, auf den später in dieser Arbeit im

Rahmen der Multimodalität näher eingegangen wird –, wodurch der erwachsene Leser oder

die erwachsene Leserin neben Kindern und Jugendlichen zum Rezipienten beziehungsweise

zur Rezipientin wird (Oittinen 2008a:3).

Und schließlich sind manche Kinder- und Jugendbücher auch für Erwachsene inte-

ressant zu lesen (O’Sullivan 2000:122). Gina Weinkauff und Gabriele von Glasenapp be-

schreiben solche Bücher als doppelsinnig:

Seit der Kinderliteratur der Romantik kommt es auch vor, dass die erwachsenen Mitleser nicht (oder: nicht ausschließlich) in ihrer Eigenschaft als Pädagogen, sondern (auch) als literarisch versierte Leser mit eigenen, nicht nur aus ihrer Vermittlerrolle hervorgehenden Lektüreinteressen angesprochen werden. Solche Kinderbücher, die eine dem kindlich

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naiven Leser verborgene Sinnschicht besitzen, nennt man doppelsinnig. (Weinkauff/von Glasenapp 2010:170f.; Hervorhebung im Original)

Beispiele dafür gibt es viele, unter anderem werden Harry Potter von Joanne K. Rowling

(Ballis/Burkard 2014:82), Das war der Hirbel von Peter Härtling (Fjordevik 2012:14), Winnie-

the-Pooh von Alan Alexander Milne oder Alice in Wonderland von Lewis Carroll (Shavit

1986:66) genannt.

Die Mehrfachadressiertheit ist charakteristisch für die KJL und macht sie interessant,

doch sie stellt Übersetzer und Übersetzerinnen, wie Rutschmann und von Stockar (1996:27)

anmerken, häufig vor eine gewisse Herausforderung, da sie die unterschiedlichen Ebenen,

auf denen das junge beziehungsweise erwachsene Zielpublikum angesprochen werden soll,

„erkennen, in ihrer Mehrdimensionalität verstehen und übertragen“ (ibid.) müssen.

Um diese Schwierigkeit bei der Übersetzung eines Buches mit Mehrfachadressiertheit

zu veranschaulichen, wird im Folgenden ein Beispiel aus A. A. Milnes Werk Winnie-the-

Pooh, das von Emer O’Sullivan (vgl. 1994) analysiert wurde, beschrieben. Im Rahmen ihrer

Analyse verglich O‘Sullivan eine Ausgabe in der Originalsprache Englisch aus dem Jahr

1965 (die Ersterscheinung erfolgte 1926) mit zwei deutschen Übersetzungen. Die erste der

beiden Übersetzungen wurde 1928 von Edith Lotte Schiffer verfasst, während die zweite

Übersetzung von Harry Rowohlt aus dem Jahr 1987 stammt, wobei O’Sullivan für Schiffers

Übersetzung eine Ausgabe aus dem Jahr 1947 und für Rowohlts Übersetzung eine Ausgabe

aus dem Jahr 1989 heranzog (ibid.:132ff.).

Im folgenden Beispiel bittet Pu Eule darum, ein Geburtstagsgeschenk für I-Aah zu

beschriften. Eule kann jedoch, obwohl er sich für äußerst intelligent hält, nicht richtig buchs-

tabieren. Zu seinem Glück kann Pu seinerseits jedoch nicht lesen:

So Owl wrote […] and this is what he wrote: HIPY PAPY BTHUTHDTH THUTHDA BTHUTHDY. Pooh looked on admiringly. “I’m just saying ‘A Happy Birthday’,” said Owl carelessly. “It’s a nice long one,” said Pooh, very much impressed by it. “Well, actually, of course, I’m saying ‘A Very Happy Birthday with love from Pooh.’ Natu-rally it takes a good deal of pencil to say a long thing like that.” (Milne 1965:74; Hervorhe-bung im Original]

Sowohl für junge als auch für erwachsene Leser und Leserinnen ist dieses Buchstabenspiel

lustig, doch Erwachsene erkennen zudem, wie Eule Pu austrickst, um seinen Ruf als schlau-

es Tier nicht zu verlieren (O’Sullivan 1994:147). Rowohlt erkannte Milnes Intention und über-

setzte den Geburtstagsgruß mit „HIRZ LERZ NUCKWNÜSCH UZM BUBU BUGEBU BURZ-

KAT“ (Milne 1989:85). Schiffer entschied sich hingegen für „Ein frohs Mohs Gbuchtstach fst“

(Milne 1947:107), was zwar auch nicht der korrekten Schreibweise entspricht, aber, so

O’Sullivan, „kein so verrücktes Schriftbild, wie es das [sic] Ausgangstext mit all seinen ,B‘

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und ,TH‘s und Rowohlt mit der Häufung von ,BU‘s vorführen, erzeugt und zu systemkonform

ist“ (O’Sullivan 1994:147).

1.2.3 Fremdkulturelle Markierungen

Kulturelle Unterschiede zwischen Ausgangs- und Zielkultur bilden bei der Übersetzung von

literarischen Texten im Allgemeinen häufig eine Herausforderung, doch insbesondere auch

bei der Übersetzung von kinder- und jugendliterarischen Werken, da bei diesen Büchern

umso genauer darüber reflektiert werden muss, ob und inwieweit Kinder und Jugendliche

aufgrund ihres geringeren Weltwissens in der Lage sind, fremdkulturelle Markierungen zu

verstehen (Lathey 2006:7). Die Meinungen dazu unterscheiden sich dabei sehr.

Grundsätzlich gibt es zwei Methoden, die Übersetzer und Übersetzerinnen wählen

können, um mit kulturellen Unterschieden, wie etwa in Bezug auf Ortsnamen, Speisen, Maß-

einheiten und Währungen (González Cascallana 2006:103), umzugehen. Sie werden von

Lawrence Venuti (vgl. 1995) als Domestication und Foreignization bezeichnet. Bei der ersten

Methode, der Methode der Domestication, wird der zu übersetzende Text an die Zielkultur

angepasst, während Eigenheiten der Ausgangskultur bei der Foreignization-Methode in der

Übersetzung beibehalten werden, um dem Leser oder der Leserin die Ausgangskultur näher

zu bringen (ibid.:20). Diese Unterscheidung ähnelt jener zwischen Adaptation und Alienation.

Bei der Adaptation orientiert sich der Übersetzer oder die Übersetzerin am Zieltext, bei der

Alienation hingegen am Ausgangstext (Stolt 1978/2006:68).

Venuti (1998:67) erkennt an, dass Translation stets ein domestizierender Prozess ist,

spricht sich aber klar für die Methode der Foreignization aus (Venuti 1995:20), da er der Auf-

fassung ist, dass eine Übersetzung dadurch „a form of resistance against ethnocentrism and

racism, cultural narcissism and imperialism“ (ibid.) darstellen kann. Dem fügt O’Sullivan hin-

zu, dass junge Leser und Leserinnen „im Laufe eines erfolgreichen Leselernprozesses Stra-

tegien zur Bewältigung des Nicht-Verstehens“ (O’Sullivan 2000:234) von Eigenheiten einer

fremden Kultur entwickeln, indem sie lernen, „das Nicht-Verstandene erst einmal zu überle-

sen, sich nicht durch Fremdes ,stören‘ und den Lesefluß nicht von kleineren Irritationen un-

terbrechen zu lassen“ (ibid.).

Im Gegensatz dazu meint Gillian Lathey (2006:11f.) jedoch, dass bei der Überset-

zung von KJL die (noch vorhandene) Unwissenheit der jungen Leserschaft berücksichtigt

werden muss. So könnte es sein, dass das junge Zielpublikum Werke, die mit der Foreigni-

zation-Methode übersetzt wurden, nicht liest, da es keinen Gefallen daran finden kann (Oitti-

nen 1997:515). Adaptationen in Form von Ergänzungen, Umformulierungen oder Auslassun-

gen könnten hingegen dazu beitragen, dass Texte aus fremden Kulturen verständlicher für

Kinder und Jugendliche sind (Lathey 2016:23) und nicht befremdlich auf sie wirken (Lathey

2010:118). Diese Ansicht teilt Oittinen (2000:76). So sollten Übersetzer und Übersetzerinnen

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den Kindern und Jugendlichen gegenüber loyal sein: „Adaptations are made for various rea-

sons, and one of the reasons may well be loyalty to children“ (ibid.). Sie argumentiert zudem,

dass Domestication zum Übersetzen dazu gehört, wie auch bereits von Venuti anerkannt

wurde, da ein Text stets an eine bestimmte Zielgruppe angepasst wird (ibid.:83f.).

Lathey vertritt, wie oben beschrieben, die Auffassung, dass Anpassungen beim Über-

setzen von KJL durchaus sinnvoll sind, verfolgt jedoch einen eher moderaten Ansatz und rät

Übersetzern und Übersetzerinnen, Anpassungen von fremdkulturellen Markierungen nur

dann vorzunehmen, wenn diese notwendig sind, und sie ausschließlich durch eigenkulturelle

Markierungen zu ersetzen, die sorgfältig ausgewählt wurden und einen passenden Ersatz

mit ähnlicher Wirkung wie im Ausgangstext bieten. Eine Auslassung fremdkultureller Markie-

rungen sollte hingegen selten vorgenommen werden (Lathey 2016:43f.).

Die Vor- und Nachteile von Domestication beziehungsweise Foreignization sind also

genau gegeneinander abzuwägen. Es sei jedoch auch angemerkt, dass Übersetzer und

Übersetzerinnen ihre Entscheidungen diesbezüglich freier treffen können, je nachdem, ob

„sich ein Text an der Peripherie des jeweiligen literarischen Subsystems befindet“ (O’Sullivan

2000:237) oder nicht. Ein Beispiel für eine solche periphere Literatur bildet hierbei etwa die

triviale KJL (ibid.).

1.2.4 Illustrationen

Domestication oder Foreignization kann auch bei der Gestaltung von Illustrationen stattfin-

den (Oittinen 2003:131), die eine weitere Herausforderung bei der Übersetzung von KJL bil-

den. Je älter das Zielpublikum, desto weniger Illustrationen tauchen grundsätzlich in literari-

schen Texten auf, in der KJL spielen sie allerdings noch eine äußerst bedeutende Rolle. Bir-

git Stolt meint etwa:

The importance of illustrations in children’s books cannot be rated high enough, especial-ly in the case of books for small children. Ideas of fairy tale characters, castles, princes and princesses are frequently formed for life from childhood picture books. Thus great emphasis must be put on the quality of illustrations. (Stolt 1978/2006:78)

Die Bedeutung von Illustrationen beruht zudem darauf, dass sie die Aufmerksamkeit ihres

Zielpublikums wecken und somit zum Erfolg eines Buches beitragen (Ippolito 2008:86). Oitti-

nen (2000:5) ist sogar der Ansicht, dass Illustrationen in kinder- und jugendliterarischen

Werken wichtiger als der Text sein können, und auch für O’Sullivan (2000:276) und Pereira

(2008:117) bilden Illustrationen einen integralen Teil der KJL.

Dabei können Illustrationen verschiedene Zwecke erfüllen. Nach Martin B. Fischer

(2008:99) existieren etwa folgende sieben Funktionen: Zum einen drücken Illustrationen die

Kreativität und Textinterpretation eines Illustrators oder einer Illustratorin aus, zum anderen

sind sie mit dem Text eines Buches verknüpft (dies wird zu einem späteren Zeitpunkt in der

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16

vorliegenden Arbeit noch ausführlicher behandelt). Des Weiteren können die Illustrationen im

Kontrast zum Text stehen und dadurch in gewisser Weise eine weitere Lektüre für die Leser

und Leserinnen bieten. Zudem können sie, ebenso wie der Text, auch als Allusionen dienen

und sie können gewisse Gefühle im Text verstärken. So kann mit ihrer Hilfe eine Komik ent-

stehen, die allein anhand des Textes nicht ausgedrückt werden hätte können. Illustrationen

spiegeln außerdem in der Regel Kunststile der Gegenwart wider und schließlich können sie

Informationen zu einer Kultur liefern, indem sie beispielsweise Speisen, Kleidung etc. zeigen,

die typisch für die jeweilige Kultur sind.

Zur Verknüpfung von Text und Illustrationen (siehe zweite Funktion Fischers) zählt

die Charakterisierung der Figuren im Buch durch die Darstellung ihres Äußeren (Staiger

2014:16). So können beispielsweise Charaktere durch Illustrationen verändert werden, wie

Stolt (1978/2006:78ff.) anhand der deutschen Übersetzung von Astrid Lindgrens Emil i Lön-

neberga aufzeigt. Für das schwedische Original wurden die Illustrationen von Björn Berg

angefertigt, der sie an das im Text beschriebene ländliche Milieu anpasste. Für die deutsche

Fassung wurde der Text jedoch neu von Rolf Rettich illustriert und das bäuerliche Milieu

verwandelte sich in ein kleinbürgerliches. Rettich kleidete die Frauen im Buch zum Beispiel

in mit Rüschen besetzte Schürzen und hochhackige Schuhe, was den Beschreibungen im

Text widerspricht.

Des Weiteren können Illustrationen dazu dienen, dem Leser oder der Leserin Hinwei-

se zum Verlauf der Geschichte zu geben, um dadurch die Spannung zu steigern, sowie die

Geschichte auszuschmücken (Gannon 1991:91). Illustratoren und Illustratorinnen wird also

eine große Verantwortung zugeschrieben. Ihre Aufgabe ist es, bestimmte Aspekte einer Ge-

schichte hervorzuheben und den Text zu konkretisieren (Teodorowicz-Hellmann 2003:178).

Auf diese Weise lenken ihre Illustrationen die Aufmerksamkeit der Leser und Leserinnen

(Oittinen 2000:103ff.).

Auch Übersetzer und Übersetzerinnen tragen bei der Übertragung eines Buches mit

Illustrationen eine gewisse Verantwortung, denn sie müssen verstehen, was mit den Illustra-

tionen vermittelt werden soll (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:57). Sie benötigen daher, so das

Postulat Oittinens, die Fähigkeit, Illustrationen richtig lesen beziehungsweise interpretieren

zu können, was Oittinen (2003:139) als Visual Literacy bezeichnet. Dies bedeutet:

[T]ranslators need to identify the type and kind of picture books they are translating as well as the indexical relationship of the verbal and the visual. They also need knowledge about visual cultural differences like the symbolism of colors and reading directions. They need to know when to domesticate and give additional information and when to leave it to the visual. (Ibid.)

Um diese Visual Literacy zu erlangen, bedarf es, so Oittinen (2000:114), einer besonderen

Ausbildung innerhalb der Translationswissenschaft, im Rahmen derer sich Übersetzer und

Übersetzerinnen auch mit Kunst beschäftigen.

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17

Beim Übersetzen von illustrierten Werken können die Illustrationen dabei einerseits

als Hilfestellung dienen und Klarheit darüber verschaffen, wie gewisse Textstellen übersetzt

werden können. Beispielsweise können sie verwirrende Textstellen explizieren (Borodo

2015:25), indem sie etwa den Schauplatz oder, wie oben bereits erwähnt, Charaktere einer

Geschichte zeigen. Andererseits können Illustrationen das Übersetzen häufig aber auch

schwieriger gestalten (Oittinen 2008a:13f.). Bei Co-Prints, mit denen ein Werk kostengünstig

in verschiedenen Sprachen gleichzeitig veröffentlicht wird (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:17),

kann etwa nur der Text, nicht aber die Illustrationen verändert werden, was den Übersetzer

oder die Übersetzerin einengen kann (ibid.:71).

Dass Übersetzer und Übersetzerinnen nicht nur den Text eines Buches, sondern

auch die Illustrationen beachten müssen, wird oftmals außer Acht gelassen, weshalb es zu

Fällen kommen kann, bei denen sich Text und Illustrationen widersprechen, wie etwa bei

einer Übersetzung von Lewis Carrolls Klassiker Alice in Wonderland ins Finnische. Die Illust-

rationen dazu stammen von Tove Jansson, die sie im Einklang mit dem schwedischen Text

von Åke Runnquist anfertigte und mit welchen sie das Werk modernisierte. Im Finnischen

veröffentlichte das Verlagshaus Werner Söderström Osakeyhtiö ihre Illustrationen allerdings

zusammen mit dem Text von Anni Swan, der ursprünglich im Jahr 1906 mit Illustrationen von

John Tenniel erschienen war. Das Resultat war eine Inkongruenz zwischen Swans alter

Übersetzung und der modernen schwedischen Version von Jansson (Oittinen 1990:45f.).

Damit solche Fälle weniger häufig auftreten, betont Oittinen daher die Bedeutung der

Visual Literacy und appelliert an Verlage sowie Übersetzer und Übersetzerinnen: „[T]he

translator of illustrated literature must know the language of illustrations“ (Oittinen 2006:95).

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18

2 Definition(en) von Bilderbüchern

Im vorherigen Kapitel wurde bereits über Illustrationen in der KJL gesprochen. Nun soll ein

Blick auf ihr Medium, eine Gattung der KJL (Ballis/Burkard 2014:11), geworfen werden: das

Bilderbuch.

Als Wegbereiter des Bilderbuches wird vielfach Johann Amos Comenius‘ Werk Orbis

sensualium pictus aus dem Jahr 1658 genannt (ibid./Künnemann 1974:99/Weinkauff/von

Glasenapp 2010:162), das als Anschauungswerk für Flora, Fauna und vieles mehr angefer-

tigt wurde (Künnemann 1974:99f.). Weinkauff und von Glasenapp meinen: „Diese Zuordnung

ist berechtigt, wenn man unter Bilderbuch eine durch den hohen Anteil von Illustrationen ge-

prägte Buchgattung versteht“ (Weinkauff/von Glasenapp 2010:162; Hervorhebung im Origi-

nal).

Die Quantität der Illustrationen wird in vielen Definitionen als hervorstechendes Cha-

rakteristikum von Bilderbüchern genannt. Bereits Horst Künnemann und Helmut Müller

(1975:159) führten in den 70er-Jahren an, dass in Bilderbüchern die Illustrationen gegenüber

dem Text überwiegen und auch Lathey (2016:56) zieht dieses Merkmal für ihre Definition

heran. Sie unterscheidet dabei sogar zwischen Bilderbüchern und illustrierten Büchern. Illust-

rierte Bücher seien demnach als Buchgattung zu verstehen, bei welcher der Text gegenüber

den Illustrationen vorherrscht, wohingegen der Text und die Illustrationen bei Bilderbüchern

„a satisfying whole“ (ibid.) bilden. Hierbei wird angenommen, dass Lathey die tragende Rolle

von Illustrationen in Bilderbüchern hervorhebt.

Eine ähnliche Definition stellt Uri Shulevitz zur Verfügung, der dabei zwischen Bilder-

und Geschichtebüchern unterscheidet:

A story book tells the story with words. Although the pictures amplify it, the story can be understood without them. The pictures have an auxiliary role, because the words them-selves contain images. In contrast, a true picture book tells a story mainly or entirely with pictures. When words are used, they have an auxiliary role. A picture book says in words only what pictures cannot show […]. It could not, for example be read over the radio and be understood fully. In a picture book, the pictures extend, clarify, complement, or take the place of words. (Shulevitz 1985:15f.; Hervorhebung im Original)

Seine Definition unterstreicht zum einen die Quantität der Illustrationen, aber auch ihre Quali-

tät, indem er darauf hinweist, dass Illustrationen in einem Bilderbuch hauptverantwortlich für

das Erzählen der Geschichte sind. Auch Weinkauff und von Glasenapp definieren Bilderbü-

cher nicht nur anhand ihres hohen Anteils an Illustrationen, wie das obige Zitat aufgezeigt

hat, sondern betonen neben der Quantität ebenso die Qualität von Illustrationen: „Im Bilder-

buch sind die Illustrationen selbstständige Bedeutungsträger, ihre Funktion geht über eine

bloße Veranschaulichung oder Kommentierung des Verbaltextes hinaus“ (Weinkauff/von

Glasenapp 2010:164; Hervorhebung im Original).

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19

Für Oittinen (2001:110) ist das Merkmal der Quantität im Gegensatz zu den oben

genannten Definitionen nicht bestimmend für das Bilderbuch. Sie ist der Ansicht, dass etwa

Shulevitz‘ Unterscheidung zwischen Bilder- und Geschichtebuch in vielen Fällen schwer zu

treffen ist und verwendet die Bezeichnung „Bilderbuch“ daher zum Beispiel in ihrem Artikel

On Translating Picture Books für alle literarischen Werke, die eine Geschichte basierend auf

einem Text und Illustrationen erzählen. Für Oittinen gilt: „Sometimes it is the visual that takes

on and tells the story; sometimes the verbal takes over“ (Oittinen 2003:130).

Sehr ausführlich mit der Definition von Bilderbüchern hat sich außerdem Emma

Bosch Andreu (vgl. 2007) beschäftigt. Sie stellt vier verschiedene Perspektiven zur Verfü-

gung, nach denen ein Bilderbuch als Buchgattung, als Kombination von Text und Illustratio-

nen, als Bildersequenz sowie als Kunst definiert werden kann (ibid.:28ff.). Diese vier Per-

spektiven wurden von Riitta Oittinen, Anne Ketola und Melissa Garavini (2018:16) um zwei

zusätzliche Perspektiven erweitert, die zum einen die Performance von Bilderbüchern und

zum anderen die Wirkung auf das Zielpublikum in den Vordergrund stellen.

Die erste Perspektive beschäftigt sich mit den oberflächlichen Merkmalen eines Bil-

derbuchs. Dazu zählen unter anderem das Format und der Einband (Bosch Andreu 2007:28)

sowie die Anzahl der Seiten (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:17). Cyndi Giorgis und Kimberly

J. Hartman (2000:34) zufolge umfassen Bilderbücher im Normalfall ungefähr 32 Seiten. Bil-

derbücher sind demnach also eher kurze Geschichten.

Nach der zweiten Perspektive wird ein Bilderbuch anhand des Textes und der Illustra-

tionen definiert (Bosch Andreu 2007:30ff.). Mithilfe dieser zwei Modi, die zu einem späteren

Zeitpunkt in der Arbeit ausführlicher besprochen werden, soll dem Zielpublikum die Ge-

schichte vermittelt werden (Arizpe/Styles 2003:22).

Bei der Übersetzung von Bilderbüchern liegt der Fokus in vielen Fällen primär auf

dem Text, da die Übertragung des Textes häufig als einzige Aufgabe von Übersetzern und

Übersetzerinnen angesehen wird (Oittinen 2003:139). Diese zweite Perspektive zeigt jedoch

die Bedeutung von Illustrationen und ihre Verbindung zum Text auf. Es muss daher darauf

geachtet werden, dass die beiden Modi eine Einheit bilden (ibid.:130).

Bei der dritten Perspektive von Bosch Andreu wird das Bilderbuch als „una encade-

nación de imágenes“ (Bosch Andreu 2007:32) bezeichnet, was im Deutschen als Bilderse-

quenz übersetzt werden kann. Dabei geht es um die Abfolge der Illustrationen in einem

Buch, die sich auf den verschiedenen Buchseiten befinden. Indem der Leser oder die Lese-

rin die Seiten umblättert, entfaltet sich die Geschichte (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:19).

Hier steht also, im Vergleich zur zweiten Perspektive, weniger die Beziehung zwischen Text

und Illustrationen im Vordergrund, als das Aufeinanderfolgen der einzelnen Illustrationen,

denn „[t]he dynamics of a picturebook is not based on single images but the totality of the

book“ (ibid.:64).

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20

Diese Perspektive kann am besten anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht

werden: Im Buch Where the Wild Things Are von Maurice Sendak begibt sich der junge

Hauptcharakter namens Max auf eine (Fantasie-)Reise, was mit den Illustrationen im Buch

veranschaulicht wird, auf denen Max von Seite zu Seite immer mehr nach rechts wandert,

bis er schließlich eine Insel erreicht. Auf seinem Weg nach Hause bewegt er sich anschlie-

ßend wieder zurück nach links. Auf diese Weise werden die Illustrationen ein wichtiger Be-

standteil der Erzählung der Geschichte (Oittinen 2003:135).

Nach Bosch Andreus (2007:33) vierter Perspektive können Bilderbücher auch als

Ausdruck von Kunst betrachtet werden. Oittinen, Ketola und Garavini (2018:22) führen hierzu

einige Definitionen anderer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an und stellen fest,

dass das Bilderbuch aufgrund der Verbindung zwischen Text und Illustrationen zu einer ein-

zigartigen Form von Kunst wird.

Die fünfte Perspektive richtet ihr Augenmerk darauf, dass Bilderbücher häufig dazu

gedacht sind, vorgetragen beziehungsweise „performt“ zu werden. Dabei handelt es sich um

einen Aspekt der bereits beschriebenen Mehrfachadressiertheit, nach dem sich kinder- und

jugendliterarische Werke – also auch Bilderbücher als Gattung der KJL – nicht nur an Kinder,

sondern auch an Erwachsene richten, da sie diejenigen sind, die Kindern Bilderbücher vorle-

sen (ibid.:19f.).

Schließlich beschäftigt sich die sechste und letzte Perspektive mit der Wirkung, die

Bilderbücher auf ihr Zielpublikum ausüben. In Bezug auf diese Perspektive wird beispiels-

weise die Tatsache aufgegriffen, dass Bilderbücher oftmals einen pädagogischen Zweck

erfüllen und/oder ihr Publikum unterhalten sollen. Mithilfe von Bilderbüchern werden zudem

häufig kulturelle Werte vermittelt (ibid.:21f.), weshalb sich Übersetzer und Übersetzerinnen

entscheiden müssen, was für die Zielkultur geeignet ist, wie auch bereits im Kapitel Fremd-

kulturelle Markierungen der vorliegenden Arbeit behandelt wurde. In der im Jahr 2010 er-

schienenen Übersetzung des Märchens The Three Little Pigs in Syrien wurden etwa die drei

Schweine sowohl im Text als auch in den Illustrationen zu Ziegen, um die Übersetzung an

die Zielkultur anzupassen, da Schweine in dieser Kultur bekanntermaßen als unrein gelten

(ibid.:122f.).

In Anbetracht all dieser Definitionen orientiert sich diese Masterarbeit an der Definiti-

on von Oittinen, nach der alle Bücher als Bilderbücher bezeichnet werden, deren Geschichte

anhand eines Textes sowie anhand von Illustrationen erzählt wird. Diese Entscheidung be-

ruht auf Oittinens Argument, welches hervorhebt, dass die Unterscheidung zwischen Bilder-

und Geschichtebuch nach Shulevitz oder auch die Unterscheidung zwischen Bilderbuch und

illustriertem Buch nach Lathey, welche beide auf der Anzahl der Illustrationen in einem Buch

basieren, in vielen Fällen schwer zu treffen ist. Dieses Merkmal der Quantität, das in vielen

Definitionen bestimmend ist, scheint auch aus dem Grund nicht tragend zu sein, da selbst

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wenige Illustrationen einen wertvollen Beitrag zu einer Geschichte leisten können, was bei-

spielsweise die Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte einschließt (Teodoro-

wicz-Hellmann 2003:178; siehe dazu auch das Kapitel Illustrationen dieser Arbeit).

Da die nun für diese Arbeit festgelegte Definition von Bilderbüchern darauf beruht,

dass Text und Illustrationen gemeinsam die Geschichte eines Bilderbuches erzählen, soll

diese Definition auch aufzeigen, wie wichtig die Beziehung zwischen Text und Illustrationen

ist, welche auch bei der zweiten Perspektive Bosch Andreus im Vordergrund steht. Demnach

scheint die Seitenanzahl eines Bilderbuches (siehe dazu Bosch Andreus erste Perspektive)

weniger aussagekräftig, da auch längere Geschichten, wie das später in dieser Arbeit analy-

sierte Werk von Michael Ende, Momo, solche Beziehungen zwischen Text und Illustrationen

aufweisen.

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3 Multimodalität

Die Multimodalität wurde bislang nur indirekt angesprochen. Das dritte Kapitel wird im Fol-

genden jedoch genauer erläutern, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Dabei wird die

Multimodalität zuerst im Allgemeinen und anschließend im Rahmen von Bilderbüchern be-

handelt, wobei im Kapitel Multimodalität in Bilderbüchern konkret auf den visuellen und audi-

tiven Modus sowie auf die Beziehung zwischen Text und Illustration eingegangen wird.

3.1 Multimodalität im Allgemeinen

Vielfach wird angenommen, dass sich Translatoren und Translatorinnen ausschließlich mit

dem zu übersetzenden – schriftlichen oder mündlichen – Text, sprich dem verbalen Modus,

beschäftigen. Tatsächlich bildet das Verbale in der Translationswissenschaft den als am

wichtigsten angesehenen Aspekt. Übersehen wird dabei jedoch häufig, dass neben dem

verbalen Modus oftmals auch andere Modi existieren, die zur Übermittlung einer intendierten

Botschaft beitragen und die es bei der Translation zu beachten gilt (Oittinen 2008b:76). Die-

se Existenz verschiedenster Modi führt zum Begriff „Multimodalität“, den Gunther Kress und

Theo van Leeuwen, die gemeinsam zur Popularisierung der Multimodalität beigetragen ha-

ben, als „the use of several semiotic modes in the design of a semiotic product or event“

(Kress/van Leeuwen 2001:20) beschreiben. Anders ausgedrückt wird dies in der Definition

von John Bateman, Janina Wildfeuer und Tuomo Hiippala:

Multimodality is a way of characterizing communicative situations (considered very broadly) which rely upon combinations of different ‘forms’ of communication to be effec-tive–the TV programme uses spoken language, pictures and texts; the book uses written language, pictures, diagrams, page composition and so on; talking in the cafeteria brings together spoken language with a host of bodily capabilities and postures; and the com-puter game might show representations of any of these things and include movement and actions as well. (Bateman/Wildfeuer/Hiippala 2017:7; Hervorhebung im Original)

Die diversen Modi beziehungsweise die von Bateman, Wildfeuer und Hiippala genannten

Kommunikationsformen sind demnach für die Multimodalität bestimmend. Kress bezeichnet

sie als „a socially shaped and culturally given resource for making meaning“ (Kress 2017:60).

Dazu zählen etwa der verbale, visuelle und auditive Modus, die weitere Modi, wie etwa Far-

be (Kress 2010:1), Gestik, Mimik, Haltung (Jewitt 2017:15), Intonation, Sprechgeschwindig-

keit, Layout, Typografie (Stöckl 2014:13) und viele mehr, umfassen. Für Gunther Kress

(2010:1) spielen diese Modi eine sehr wichtige Rolle, da sie gemeinsam eine Bedeutung

schaffen: „Each mode does a specific thing: image shows what takes too long to read, and

writing names what would be difficult to show“ (ibid.; Hervorhebung im Original). So hat jeder

Modus „its distinct potentials for meaning“ (ibid.). Kress und van Leeuwen (1996:39f.) gehen

dabei davon aus, dass alle Modi über unterschiedliches Potenzial verfügen, Bedeutung zu

konstruieren, und so auf verschiedene Art und Weise eingesetzt werden können, um die ge-

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wünschte Botschaft zu übermitteln, wobei die einzelnen Modi ständig miteinander interagie-

ren.

Im Rahmen der Translation unterscheidet Klaus Kaindl (2013:261f.) dabei bei der

Übertragung multimodaler Texte grundsätzlich zwischen vier Arten, die er wiederum in

Translationen, welche den Modus betreffen, und Translationen, welche das Medium betref-

fen, unterteilt. In Bezug auf den Modus nennt er die intramodale und die intermodale Trans-

lation. Bei der intramodalen Translation wird ein Modus mit demselben Modus übertragen,

zum Beispiel, wenn in der Übersetzung eine Illustration durch eine andere Illustration ersetzt

wird. Hingegen wird bei der intermodalen Translation ein Modus durch einen anderen Modus

ersetzt. So könnte etwa eine rein auf Bildern basierende Anleitung verschriftlicht werden.

Hinsichtlich des Mediums unterscheidet Kaindl zwischen intramedialer und intermedi-

aler Translation. Intramediale Translation beschreibt dabei „intracultural and transcultural

media transfers“ (ibid.:262). Als Beispiel dafür nennt der Autor die Produktion von Musikvi-

deos für verschiedensprachige Publika. So könnte etwa ein Musikvideo eines Künstlers oder

einer Künstlerin für englischsprachige und eines für spanischsprachige Zuseher und Zusehe-

rinnen produziert werden. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass dieses von Kaindl gegebene

Beispiel die Unterscheidung zur intramodalen Translation nicht allzu deutlich hervorhebt. Die

intermediale Translation befasst sich im Gegensatz zur intramedialen Translation mit dem

Wechsel des Mediums bei der Übertragung. Das vielleicht prominenteste Beispiel dafür bil-

det die Filmadaption von Büchern.

Medien, die auf dem Zusammenspiel unterschiedlicher Modi basieren, gibt es zahl-

reiche. Als Beispiele dafür können Werbungen, Websites, Ausstellungen in Museen, Lehrbü-

cher, Comics (Borodo 2015:23), Opern, Theaterstücke, Filme, Serien, Computerspiele

(Kaindl 2013:261ff.) oder eben auch Bilderbücher (Oittinen 2008b:76) genannt werden. Das

folgende Kapitel setzt sich nun intensiver mit der Multimodalität in Bilderbüchern auseinan-

der.

3.2 Multimodalität in Bilderbüchern

Bilderbücher werden als „multimodal entities“ (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:82) verstanden,

zu denen als solche immer mehr Studien veröffentlicht werden, da die Multimodalität an Inte-

resse innerhalb der Forschung gewinnt (ibid.:19). Dabei bestehen Bilderbücher vordergrün-

dig aus dem verbalen und dem visuellen Modus. Gina Weinkauff und Gabriele von Glase-

napp (2010:165) sprechen etwa von einer bi-codal erzählten Handlung mit einer verbalen

und einer piktoralen Ebene und auch Michael Staiger sieht Bilderbücher als „einen multimo-

dalen Text, der zwei verschiedene Zeichensysteme miteinander verknüpft“ (Staiger 2014:12;

Hervorhebung im Original).

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Jedoch kann auch argumentiert werden, dass Bilderbücher aus insgesamt drei ver-

schiedenen Modi bestehen, wenn die Tatsache, dass Bilderbücher häufig vorgelesen werden

(siehe auch das Kapitel Mehrfachadressiertheit dieser Arbeit), berücksichtigt wird, denn „[a]n

illustrated text, like a picture book, is not just a combination of words and illustrations; it has

both sound and rhythm“ (Oittinen 2000:109). Demnach wäre der dritte Modus der auditive.

Dies ist auch der Grund, warum viele Bilderbücher mit Filmen oder auch mit Theaterstücken

verglichen werden (Oittinen 2006:93). Beide Medien verfügen über einen – geschriebenen

und/oder gesprochenen – Text, Bilder und einen Ton, der bei Bilderbüchern in gewisser Hin-

sicht durch das Vorlesen der Geschichte entsteht (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:58). Die

folgenden Unterkapitel werfen einen genaueren Blick auf den visuellen Modus, die Bezie-

hung zwischen Text und Illustrationen sowie den auditiven Modus.

3.2.1 Der visuelle Modus

„An understanding of the role of the visual in children’s texts is essential for any translator

working for a child audience“ (Lathey 2006:111), wobei mit „the visual“ nicht nur Illustrationen

gemeint sind, deren Bedeutung und Funktionen bereits im Kapitel Illustrationen ausführlich

behandelt wurden, sondern auch viele weitere Elemente, die ein Buch visuell gestalten und

die nun vorgestellt werden.

Zum visuellen Modus gehört etwa die Verwendung von Farben. So können Illustratio-

nen eines Bilderbuchs beispielsweise in Schwarz und Weiß gehalten sein oder aus vielen

verschiedenen Farben bestehen. Die Verwendung von Schwarz und Weiß kann einerseits

die Fantasie der Leser und Leserinnen anregen, indem sie die Illustrationen quasi selbst mit

bunten Farben füllen (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:59f.), andererseits kann dadurch im

Vergleich zu farbigen Illustrationen auch eine eher drückendere Stimmung entstehen, wie

dies etwa Roberto Martínez Mateo (vgl. 2015) anhand einer Analyse von Munro Leafs Kin-

derbuch The Story of Ferdinand und zwei spanischen Übersetzungen aufzeigte. So wurden

in der Übersetzung von Pura Belpré aus dem Jahr 1994 Illustrationen in Schwarz-Weiß von

Werner Klemke verwendet, welche zu einer etwas tristen Repräsentation der Charaktere im

Buch führen. Im Gegensatz dazu stehen die farbigen Originalillustrationen von Robert Law-

son in Jacqueline Ruzafas Übersetzung aus dem Jahr 1962, durch die eine fröhlichere

Stimmung erzielt wird.

Bei der Wahl der Farben sollte in der Übersetzung auch darauf geachtet werden,

welche Bedeutung sie in der Zielkultur haben, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Nicht

in jeder Kultur steht die Farbe Schwarz zum Beispiel für Trauer. Die Verwendung einer spe-

zifischen Farbe kann zudem auf gewisses Aspekte aufmerksam machen (Oitti-

nen/Ketola/Garavini 2018:61). Im Falle von Die unendliche Geschichte von Michael Ende

werden für gewöhnlich die Farben Rot und Blau eingesetzt, um den Lesern und Leserinnen

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aufzuzeigen, ob die Handlung gerade in der Welt der Menschen oder in Phantásien, dem

Reich der Fantasie, spielt, indem die Textstellen in roter (Welt der Menschen) beziehungs-

weise blauer Farbe (Phantásien) geschrieben sind.

Ein weiteres visuelles Element bilden Linien: „Using lines, artists create shapes,

models, surfaces, shadows, and movement“ (ibid.:59f.). Mithilfe von dickeren Linien kann

beispielsweise die Stärke von Charakteren repräsentiert werden, wohingegen dünnere Linien

schwächere Charaktere darstellen können. Die altersschwache Großmutter in Mile-High

Apple Pie, geschrieben von Laura Langston und illustriert von Lindsey Gardiner, wurde zum

Beispiel mit sehr leichten Linien gezeichnet (ibid.:60).

Des Weiteren zählt zur visuellen Aufmachung das gesamte Layout (Oittinen

2006:94). In diesem Zusammenhang spielt auch die Form des Bilderbuchs eine Rolle. Hori-

zontal rechteckige Bücher beschreiben etwa häufig ein Abenteuer oder eine Reise, da sich

ihre Form gut dazu eignet, die Bewegung von einem Ort zum anderen darzustellen. Als Bei-

spiel wird hier von Oittinen, Ketola und Garavini das Buch Where the Wild Things Are, das

von Maurice Sendak geschrieben und illustriert wurde, genannt (Oittinen/Ketola/Garavini

2018:62). Ein weiteres Beispiel wäre The Very Hungry Caterpillar von Eric Carle. Doch nicht

nur die Form, auch die Größe des Bilderbuchs kann eine Bedeutung haben, da kleinere Bü-

cher eher für ein jüngeres Zielpublikum gedacht sein können, wie etwa The Tale of Peter

Rabbit von Beatrix Potter (ibid.)

Auch die Größe und Positionierung der Charaktere in einem Buch sind Teil des visu-

ellen Modus, da dadurch Macht oder umgekehrt Schwäche dargestellt werden kann. So gel-

ten groß gezeichnete Charaktere oder Charaktere, die von unten gezeigt werden oder sich in

der Mitte der Seite befinden, als mächtiger. Die Einnahme einer bestimmten Perspektive ist

nicht nur in Bezug auf Charaktere, sondern auch bei Szenen von Bedeutung. Diese können

aus der Vogel- oder Froschperspektive oder auch auf Augenhöhe gezeigt werden, wobei es

oftmals viele verschiedene Perspektiven in Bilderbüchern gibt. Dadurch kann eine Geschich-

te aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und den Lesern und Leserinnen können mehr

Informationen vermittelt werden (ibid.:62f.).

Visuelle Elemente können auch einen Einfluss auf das Vorlesen eines Bilderbuches

haben. Zu diesen zählen Satzzeichen, die dem Vorleser oder der Vorleserin anzeigen, wo er

beziehungsweise sie innehalten muss, sowie die Länge eines Satzes oder einer Zeile, die

das Vorlesen flüssiger gestalten und dadurch erleichtern können. Ein weiteres Element des

visuellen Modus, welches das Vorlesen beeinflusst, ist die Größe der Buchstaben. Große

Lettern signalisieren dem oder der Vorlesenden beispielsweise, dass ein Charakter schreit

und dass auch er beziehungsweise sie die betreffende Passage mit lauter Stimme vorlesen

sollte. Doch die Größe der Buchstaben kann auch andere Bedeutungen haben. Im Kinder-

buch Jack and the Beanstalk von Richard Walker mit Illustrationen von Niamh Sharkey wird

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die Größe der Buchstaben etwa auf einer Seite dazu eingesetzt, das Wegfliegen des Riesen

zu unterstreichen, indem die Buchstaben immer kleiner werden. Dies erzeugt auch eine ge-

wisse Bewegung im Buch (ibid.:65f.).

Ebenso Teil des visuellen Modus sind Vignetten oder aufwendig gestaltete Buchsta-

ben am Anfang eines Kapitels (ibid.:65), die Typografie im Allgemeinen (Oittinen 2000:102),

zu welcher unter anderem kursive oder handgeschriebene Schrift zählt (Lathey 2016:65),

sowie der Bucheinband. Dieser ist von großer Bedeutung, da er den potentiellen Käufern

und Käuferinnen einen ersten Eindruck vom Buch verschafft und zum Kauf dessen verleiten

soll (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:68). Schließlich ist in Zusammenhang mit dem visuellen

Modus noch das Einrahmen von Illustrationen zu erwähnen. So können Rahmen eine visuel-

le Distanz zum Leser oder zur Leserin schaffen, während Illustrationen ohne Rahmen dazu

einladen, richtig in die Geschichte einzutauchen (Nikolajeva/Scott 2006:62).

Die genannten visuellen Elemente sind je nach Bilderbuch von größerer oder gerin-

gerer Bedeutung. Bei manchen handelt es sich auch nur um Teilelemente von Illustrationen,

wie zum Beispiel bei der Positionierung von Charakteren oder bei der Perspektive der dar-

gestellten Szene. Für die empirische Analyse dieser Masterarbeit werden später jene visuel-

len Charakteristika ausgewählt, die bei Momo in Bezug auf den verbalen Modus von Bedeu-

tung sind.

3.2.2 Die Beziehung zwischen Text und Illustration

Dass Illustrationen in Bilderbüchern eine fundamentale Rolle spielen und von Übersetzern

und Übersetzerinnen bedacht werden müssen, wurde bereits aufgezeigt. Dabei ist wichtig,

dass auch die Beziehung zwischen den Illustrationen und dem Text beachtet wird. Nilce M.

Pereira meint dazu:

Illustrations are illustrations exactly because they are linked to a text, otherwise they would be paintings, drawings, or any other type of visual work that could be placed inde-pendently in an art gallery. (Pereira 2008:105)

Durch diese Verknüpfung wird den Rezipienten und Rezipientinnen die Geschichte vermit-

telt, wie Staiger aufzeigt: „Diese [Informationsvergabe] erfolgt in einer Kombination aus bildli-

chen und verbalen Codes, die in Abhängigkeit und Wechselwirkung zueinander stehen“

(Staiger 2014:12; Hervorhebung im Original). Auch Giorgis und Hartman führen an: „Both the

text and illustrations in a picture book work together to create meaning“ (Giorgis/Hartmann

2000:34).

Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Wie interagieren Text und Illustrationen? Dies

kann anhand verschiedener Modelle veranschaulicht werden. Ein mehrfach genanntes Mo-

dell ist jenes von Maria Nikolajeva und Carole Scott (2000:225f.), die insgesamt fünf ver-

schiedene Interaktionsarten definieren. Die erste ist die Symmetrical Interaction, bei welcher

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27

der Text und die Illustrationen dieselbe Geschichte erzählen. Die beiden Autorinnen spre-

chen dabei auch von „two mutually redundant narratives“ (Nikolajeva/Scott 2006:12). Die

Informationen werden demnach mithilfe von zwei unterschiedlichen Modi wiederholt. Wenn

also beispielsweise eine Illustration schlicht und einfach das abbildet, was im Text bereits

beschrieben wurde, so ist die Beziehung zum Text symmetrisch (ibid.:161).

Bei der zweiten Interaktionsart, der Enhancing Interaction, führen die Illustrationen die

Bedeutung des Textes weiter aus und umgekehrt, indem sie beziehungsweise er weitere

Details liefern. Der jeweilige Modus unterstützt dadurch den anderen Modus. Hier besteht ein

Übergang zur dritten Art von Interaktion, der Complementary Interaction, wenn die Enhan-

cing Interaction besonders signifikant ist, sprich wenn etwa der Text nicht mehr hauptverant-

wortlich für das Erzählen der Geschichte ist (Nikolajeva/Scott.:225ff.). Dabei füllt ein Modus

die Lücken des jeweils anderen (Nikolajeva/Scott 2006:12). Die Grenze zwischen diesen

beiden Interaktionsarten kann als fließend bezeichnet werden (vgl. Nikolajeva/Scott

2000:230ff.).

Bei der vierten Interaktion, der Counterpointing Interaction, bedingen die beiden Modi

einander, denn nur zusammen können sie in diesem Fall die Bedeutung übertragen. Als Bei-

spiel dafür führen Nikolajeva und Scott (2000:225ff.) eine Stelle aus dem Bilderbuch

Princess Smartypants von Babette Cole an. In diesem Buch heißt es zu Beginn, dass die

Protagonistin und Titelgebende nicht heiraten möchte, da sie es genießt, eine „Ms“ zu sein.

Auf der dazugehörigen Illustration ist zu sehen, wie das Dasein einer Miss von ihr interpre-

tiert wird: Sie sieht mit ihren vielen Haustieren in einem Chaos aus Essensresten, Socken

und Müll fern. Nur durch das Zusammenwirken von Text und Illustration kann hier der Humor

übertragen werden, was als Counterpointing Interaction bezeichnet wird.

Schließlich gibt es noch die Contradictory Interaction, bei welcher der Text und die Il-

lustrationen im Widerspruch zueinander stehen, was Leser und Leserinnen vor eine gewisse

Herausforderung stellt (ibid.:226): „This ambiguity challenges the reader to mediate between

the words and pictures to establish a true understanding of what is being depicted“ (ibid.). Als

Beispiel können hier Rolf Rettichs Illustrationen in Emil i Lönneberga genannt werden, die

durch ihre vom Text abweichende Darstellung der Charaktere einen Kontrast zum Verbalen

bilden.

Nikolajeva und Scott (ibid.) weisen bei ihrem Modell darauf hin, dass Text und Illustra-

tion in einem Bilderbuch kaum ausschließlich einen Interaktionstyp aufweisen. Das bedeutet,

dass die Beziehung zwischen dem Text und einer Illustration oftmals zum Beispiel nicht rein

symmetrisch oder rein widersprüchlich ist.

Eine vereinfachte Version dieses Modells bildet das Modell von Kaindl (2013:265),

der drei verschiedene Beziehungsarten unterscheidet. Die erste Art, die Illustrating Function,

entspricht grundsätzlich der Symmetrical Interaction von Nikolajeva und Scott. Denn auch

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28

diese Art beschreibt die Tatsache, dass die Modi im Grunde dieselben Informationen vermit-

teln. Die zweite Art ist die Commenting beziehungsweise Extending Function, bei der ein

Modus den jeweils anderen konkretisiert und zusätzliche Informationen liefert, was entweder

der Enhancing oder auch der Complementary Interaction entspricht. Als dritte und letzte Art

von Beziehung nennt Kaindl schließlich die Contradictory Function, bei der sich die Bedeu-

tungen der Modi, wie bei der Contradictory Interaction nach Nikolajeva und Scott, widerspre-

chen.

Ein anderes Modell, jenes von Jens Thiele (22003:74ff.), verfügt ebenso wie Kaindls

Modell über drei Formen der Beziehung zwischen Text und Illustrationen. Diese umfassen

die Parallelität, den geflochtenen Zopf und die kontrapunktische Beziehung, wobei Thiele

hervorhebt, dass die Illustrationen und der Text „am häufigsten wohl in der Vermischung und

Durchdringung der genannten Möglichkeiten ihre Erzählform finden“ (ibid.:75). Wie bereits

Nikolajeva und Scott merkt also auch Thiele an, dass eine Illustration verschiedene Bezie-

hungen zum Text aufweisen kann.

Bei der Parallelität erzählen beide Modi die Geschichte, wobei sie sich gegenseitig

ergänzen und bereichern. Thiele schreibt dazu: „Parallelität ist hier nicht als schlichte Doppe-

lung der Aussage zu verstehen, sondern als durchdachte Korrespondenz von Inhalt (Erzäh-

lung) und Form (Bild)“ (ibid.). Demnach entspricht diese Form nicht der Symmetrical Interac-

tion oder Illustrating Function, sondern vielmehr der Enhancing Interaction beziehungsweise

der Commenting/Extending Function, da die Modi einander bereichern. Beim geflochtenen

Zopf bedingen Text und Illustrationen einander, sie übernehmen jeweils abwechselnd das

Erzählen der Geschichte, wodurch sie gleichermaßen Träger der Handlung sind. Dies kann

mit der Counterpointing Interaction verglichen werden. Die dritte Form, die kontrapunktische

Beziehung zwischen Text und Illustration, liegt hingegen dann vor, wenn die beiden Modi

nicht zusammenpassen und Gegensätze zueinander bilden. Diese Form kommt der Contra-

dictory Interaction und der Contradictory Function gleich (ibid.:75f.). Wie Nikolajeva und Scott

merkt Thiele jedoch ebenfalls an, dass auch hierbei eine Einheit gebildet wird, die „durch die

Konstruktion gegensätzlicher Aussagen zu einem gemeinsamen Thema und durch die Be-

reitschaft des Betrachters und Lesers, Unvereinbares zusammenzudenken“ (ibid.:76) ent-

steht.

Auf nur zwei Formen der Beziehung zwischen Text und Illustrationen beruht Denise

E. Agosto (1999:267) ihre Überlegungen. Sie unterscheidet dabei zwischen Parallel und In-

terdependent Storytelling. Beim Parallel Storytelling wird die Handlung vom Text und den

Illustrationen simultan geschildert, was am meisten an die Symmetrical Interaction und die

Illustrating Function der oben beschriebenen Modelle erinnert. Bei der zweiten Form arbeiten

beide Modi hingegen zusammen, um die Geschichte zu erzählen. Sowohl der Text als auch

die Illustrationen müssen also „gelesen“ werden, um die Handlung verstehen zu können. Am

Page 29: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

29

meisten entspricht das Interdependent Storytelling demnach der Counterpointing Interaction

und dem geflochtenen Zopf.

In der folgenden Tabelle findet sich zur Übersicht eine kurze Zusammenfassung der

vier vorgestellten Modelle:

Nikolajeva und Scott Kaindl Thiele Agosto

Symmetrical

Enhancing

Complementary

Counterpointing

Contradictory

Illustrating

Commenting

beziehungsweise

Extending

Contradictory

Parallelität

Geflochtener

Zopf

Kontrapunktische

Beziehung

Parallel

Interdependent

Tabelle 1: Modelle zu verschiedenen Beziehungsarten zwischen Text und Illustration

Es wird deutlich, dass Übersetzer und Übersetzerinnen nicht nur Illustrationen an sich be-

rücksichtigen müssen, sondern auch deren Beziehung zum Text, wie O‘Sullivan treffend

formuliert:

I think that, in a genre combining words and pictures, an ideal translation reflects aware-ness not only of the significance of the original text but also of the interaction between the visual and the verbal, what the pictures do in relation to the words […]. (O’Sullivan 2006:113)

Und auch Oittinen schreibt diesbezüglich: „It is this unique relationship of the verbal and the

visual that translators need to be aware of“ (Oittinen 2003:130). Wird einer der beiden Modi

verändert, kann es zu einer Inkongruenz kommen, wenn die Beziehung zwischen Text und

Illustrationen missachtet wird (Oittinen 2008a:5), da der Text den Illustrationen einen Kontext

gibt und umgekehrt (Oittinen 2003:132). Ein Fall, bei dem diese wichtige Interaktion von Text

und Illustrationen ignoriert wurde, ist die finnische Übersetzung von Alice in Wonderland des

Verlags Werner Söderström Osakeyhtiö, die im Kapitel Illustrationen bereits beschrieben

wurde. Es ist also wichtig, dass Übersetzer und Übersetzerinnen die Gesamtheit, welche

sich aus Text und Illustrationen ergibt, übertragen (ibid.).

3.2.3 Der auditive Modus

Neben dem verbalen und visuellen Modus können Bilderbücher auch über einen auditiven

Modus verfügen, wenn durch das Vorlesen eine Art Ton entsteht. Dieser Modus verfügt über

eine ähnliche Verknüpfung zum Text wie dies Illustrationen tun, denn er kann dem Text ei-

nerseits widersprechen oder eine Einheit mit ihm bilden (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:57f.).

Dies lässt sich anhand eines konkreten Beispiels veranschaulichen:

Page 30: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

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[I]f in a fairytale a giant speaks in a loud booming voice, s/he is believable and creates a frightening atmosphere, whereas if the same giant speaks in a squeaking voice, s/he be-comes comical and less frightening. (Ibid.:58)

Doch nicht nur zwischen dem Ton und dem Text, sondern auch zwischen dem Ton und den

Illustrationen finden sich einige Verbindungen, da die visuellen Merkmale eines Bilderbuches

das Vorlesen beeinflussen. So können Satzzeichen Stellen markieren, die beim Vorlesen

besonders betont werden sollen (Oittinen 2000:103), Lücken im Text können Hinweise auf

den Rhythmus geben (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:57) und die Größe der Buchstaben

kann aufzeigen, in welcher Lautstärke ein Charakter spricht (ibid.:66).

Diese Hinweise in Bezug auf das Vorlesen sollten bei der Übersetzung von Bilderbü-

chern berücksichtigt werden, was eine komplexe Übersetzungsaufgabe darstellt (Dollerup

2003:82). Lathey (2016:97f.) rät Übersetzern und Übersetzerinnen deshalb, den Ausgangs-

sowie den potentiellen Zieltext laut vorzulesen, wobei sie im Falle des Zieltexts vorschlägt,

diesen nicht nur sich selbst, sondern auch Kindern vorzutragen, um die Übersetzung durch

ihre Reaktion gegebenenfalls zu verbessern. Mithilfe dieser Technik kann „rhythm, intonati-

on, and tone of the story“ (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:69) erfasst werden, wobei Readabi-

lity und Singability wichtig sind (Oittinen 2000:111), denn „[t]he text must flow while being

read (spoken, sung)“ (ibid.). Auch Tiina Puurtinen (vgl. 1995), die sich intensiv mit Readabil-

ity auseinandersetzte, hebt diesbezüglich hervor: „One of the general requirements made of

children’s books is that they should be easy to read aloud fluently both by adults and by chil-

dren themselves“ (ibid.:164).

Dabei sind zum einen die Vorleser und Vorleserinnen wichtig, die eine gewisse Moti-

vation zeigen (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:72), eine Verbindung zur Geschichte aufbauen

und diese mit der notwendigen Emotionalität vorlesen sollten (Oittinen 2000:34), aber natür-

lich auch die Übersetzer und Übersetzerinnen. Ihre Aufgabe ist es, einen Text nicht nur für

den Zuhörer oder die Zuhörerin zu übersetzen, sondern auch für den Vorleser oder die Vor-

leserin, für den oder die sie das Vorlesen möglichst einfach, sprich flüssig, gestalten sollten:

„[W]e should translate, not just for the eye and the ear, but also for the adult’s mouth“ (Oitti-

nen 2006:93). Oittinen appelliert daher: „[T]he text should live, roll, taste good on the reading

adult’s tongue“ (Oittinen 2000:32). Das bedeutet, dass auf Basis dieser Auffassung in man-

chen Fällen der Rhythmus eine größere Bedeutung als die Beachtung von Grammatikregeln

hat. So könnten zum Beispiel Satzzeichen anders gesetzt werden, als dies grammatikalisch

korrekt wäre (Oittinen 2006:93).

Damit ein Text readable und singable ist, sollte des Weiteren die Satzlänge beachtet

werden: „Sentence length is also a visual factor influencing the aloud-reader’s task as well as

the contents and the style of the story“ (Oittinen 2003:135). Die Satzlänge stellt somit eine

weitere Parallele zum visuellen Modus dar.

Page 31: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

31

Zudem sollte bei der Übersetzung darauf geachtet werden, dass Kinder Spaß beim

Zuhören haben (Oittinen 2000:168). Dies ist von großer Bedeutung, da Kinder, die noch

nicht lesen können, Bilderbücher (mit Text) nur dann rezipieren können, wenn sie ihnen vor-

gelesen werden. Einzig und allein die Person, die ihnen eine Geschichte vorliest, ermöglicht

es ihnen, mit Literatur in Berührung zu kommen (ibid.:32). Übersetzer und Übersetzerinnen

tragen daher bei der Übersetzung von Bilderbüchern eine große Verantwortung.

Die Schwierigkeit der Übertragung des auditiven Modus in eine andere Sprache kann

mithilfe von Oittinens finnischer Übersetzung des Bilderbuchs Elusive Moose von der Autorin

Joan Gannij und der Illustratorin Clare Beaton genauer aufgezeigt werden. Darin beobachtet

und beschreibt der Erzähler oder die Erzählerin der Geschichte verschiedenste Tiere Nord-

amerikas (vgl. Gannij 2006). Als schwierig erwiesen sich bei diesem konkreten Fallbeispiel

vor allem die Reime, mit denen die Geschichte erzählt wird, da die Übersetzung als Co-Print

veröffentlicht werden sollte und daher mit den abgebildeten Tieren übereinstimmen und

gleichzeitig der Rhythmus erhalten bleiben musste (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:69ff.).

Eine Textpassage im Original lautete beispielsweise wie folgt:

I’ve met geese and goslings; I’ve crept very near. I’ve seen a brown bear. I’ve seen caribou dear. (Gannij 2006:[o.S.])

Diese Passage wurde von Oittinen kürzer gefasst, da sie sich dafür entschied, bestimmte

Einzelheiten auszulassen und stattdessen sicherzustellen, dass alle Tiere genannt werden

und die Textstelle weiterhin rhythmisch zu lesen ist (Oittinen/Ketola/Garavini 2018:70f.). Oit-

tinens Übersetzung lautet demnach (wörtlich vom Finnischen ins Englische übersetzt) fol-

gendermaßen:

I saw geese with their many babies,/ a bear, a caribou with its calves. (Ibid.:70)

Das Beispiel zeigt, dass Oittinen in ihrer Übersetzung besonderen Wert auf den Aspekt des

Vorlesens legte. Sie ließ einige Details aus und wählte hingegen eine Übersetzung, die den

Rhythmus des Originals überträgt (ibid.).

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32

4 Momo oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben

und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit

zurückbrachte

Nachdem sich der theoretische Teil der vorliegenden Masterarbeit mit der Kinder- und Ju-

gendliteratur, dem Bilderbuch und der Multimodalität auseinandergesetzt hat, erfolgt nun die

Behandlung des Materials für den empirischen Teil. In diesem soll Michael Endes Werk Mo-

mo oder, wie das Buch mit vollständigem Titel lautet, Momo oder Die seltsame Geschichte

von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrach-

te analysiert werden. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit dem Autor und seinen Wer-

ken und geht anschließend näher auf sein Werk Momo sowie auf zwei englische Überset-

zungen davon ein, die im Rahmen der empirischen Analyse mit der deutschen Fassung ver-

glichen werden.

4.1 Der Autor Michael Ende

Michael Ende zählt zu den bedeutendsten deutschen Kinderbuchautoren, dessen Geschich-

ten vielfach übersetzt wurden und sich noch heute großer Beliebtheit erfreuen. Dieses Kapi-

tel befasst sich im Folgenden mit seiner persönlichen Geschichte sowie seinen Werken.

4.1.1 Seine Biografie

Michael Andreas Helmuth Ende wird am 12. November 1929 als Sohn von Edgar Ende, ei-

nem Maler, und Luise Ende (frühere Bartholomä), der Inhaberin eines Preziosengeschäfts, in

Garmisch-Partenkirchen geboren. Der Beruf des Vaters hat schon früh einen großen Einfluss

auf ihn (AVA international GmbH 2019a): „Die künstlerische Welt, die ihn umgibt, stellt für

den Heranwachsenden eine stärkere Wirklichkeit dar als die äußere Realität“ (ibid.).

Die Familie zieht nach München, um die Karriere von Edgar Ende voranzutreiben, wo

Michael Ende den benachbarten Maler Fanti kennenlernt, dessen Geschichten, die er den

Kindern aus der Nachbarschaft erzählt, sehr prägend für Ende sind (ibid.). Über Fanti erzählt

er:

Meine eigentliche Erziehung habe ich durch einen Nachbarn genossen, der ein vollkom-men verrücktes Huhn war […]. Wir haben diesen Mann einfach geliebt. Rückblickend kann man sagen, diese Zeit war die glücklichste meiner Kindheit. (Ibid.)

Die Arbeit des Vaters floriert und Michael Ende wächst in einem Umfeld auf, in dem die

Kunst äußerste Wertschätzung erfährt und in dem er viel Austausch mit anderen Kunstlieb-

habern erhält. Seine ersten Versuche als Dichter werden von den Eltern sehr unterstützt. Als

jedoch 1936 Edgar Endes Gemälde als entartete Kunst eingestuft werden, geht es der Fami-

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33

lie wirtschaftlich schlechter. Luise lernt daher Heilgymnastik und Massage und wird zur Er-

nährerin der Familie. Die Ehe der Eltern wird auf eine Belastungsprobe gestellt, auch weil

sich ihre unterschiedlichen Charaktere bemerkbar machen.

1941 wird sein Vater eingezogen und Michael Ende kommt 1943 mit der Kinderland-

verschickung nach Garmisch, wo er viele Gedichte schreibt. Als auch er im letzten Kriegsjahr

eingezogen werden soll, zerreißt er seinen Stellungsbefehl und kehrt nach München zu sei-

ner Mutter zurück. Der Krieg ist jedoch bald zu Ende und auch sein Vater kann nach Hause

kommen. Die letzten zwei Schuljahre verbringt er an der Freien Waldorfschule in Stuttgart.

Seit 1943 schreibt Michael Ende Gedichte und kurze Erzählungen, 1947 wird sein

erster Text in der Esslinger Zeitung veröffentlicht, das Sonett Der Gaukler. Um bessere The-

aterstücke zu schreiben, geht er zudem an die Schauspielschule Otto Falckenberg der

Münchner Kammerspiele. Die Zeit darauf ist schwer für ihn; seine Schauspielkarriere erlebt

er als ernüchternde, wenn auch lehrreiche Erfahrung und 1953 verlässt sein Vater die Fami-

lie, weshalb Michael Ende nun alleine für sich und seine Mutter sorgen muss, die nach der

Trennung mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen. An Silvester 1951 lernt er jedoch

seine spätere Frau, die Schauspielerin Ingeborg Hoffmann, kennen, die ihm durch ihre vielen

Bekanntschaften Aufträge verschaffen kann. So erhält er durch seine schriftstellerische Ar-

beit zum ersten Mal ein Einkommen.

Seine Reise nach Palermo im Jahr 1956 im Auftrag des Bayerischen Rundfunks

(ibid.), für den er als Filmkritiker arbeitet (AVA international GmbH 2019b), ist äußerst prä-

gend für ihn. Dort hört er Geschichtenerzählern auf der Piazza aufmerksam zu (AVA interna-

tional GmbH 2019a) und meint: „[…] das ist ein Ziel […]: Dass hundert Jahre nach meinem

Tod meine Geschichten in Palermo von Geschichtenerzählern auf der Straße erzählt werden

können“ (ibid.).

Michael Ende beginnt, an der Geschichte von Jim Knopf und Lukas der Lokomotiv-

führer zu arbeiten, mehr als zehn Verlage lehnen sein Manuskript jedoch ab. Erst der Thie-

nemann Verlag ist bereit, es zu veröffentlichen. Ende übernimmt dabei gemeinsam mit Franz

Josef Tripp, dem Verantwortlichen für die Gesamtausstattung, die Ausstattung des Werkes

und 1960 erfolgt die Ersterscheinung. Von da an geht es mit Endes Schriftstellerkarriere

bergauf, es folgen weitere Veröffentlichungen und unzählige Preise und Auszeichnungen.

Auch Werke für Erwachsene finden sich unter seinen Publikationen, diese werden aber

meist Seite an Seite von Kinderbüchern rezensiert (ibid.). Endes Erklärung dafür weist auf

den niedrigen Status der KJL hin: „Man darf von jeder Tür aus in den literarischen Salon tre-

ten […]. Nur aus einer Tür darf man nicht kommen, aus der Kinderzimmertür“ (ibid.).

1964 heiratet er Ingeborg Hoffmann und das Paar zieht einige Jahre später nach

Genzano in der Nähe von Rom, wo er sich befreit fühlt, da die fantastische Literatur dort, im

Gegensatz zu Deutschland, nicht als Fluchtliteratur angesehen wird. Ende beschäftigt sich

Page 34: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

34

zudem immer mehr mit der Musik und strebte die Verbindung von Wort, Bild und Musik an,

was in starkem Zusammenhang zur Multimodalität steht.

Neben seinem beruflichen Erfolg, der ihn zum großen Teil eher belastet, erleidet En-

de persönliche Schicksalsschläge. 1965 stirbt sein Vater an einem Herzinfarkt, 1973 seine

Mutter an Magenkrebs und 1985 seine Frau Ingeborg an Lungenembolie. Nach dem Tod

seiner Frau kehrt er nach München zurück. Etwa ein Jahr später stirbt sein letzter Verwand-

ter, sein Onkel Helmuth Ende. In München verbringt der Autor jedoch viel Zeit mit Mariko

Sato, einer engen Freundin und Übersetzerin einiger seiner Werke ins Japanische, und 1989

heiraten die beiden.

Michael Ende stirbt am 28. August 1995 mit 65 Jahren an Krebs (ibid.). Über seine

Leser und Leserinnen meinte er einmal:

Meine Leser sollen sich nicht nachträglich schämen müssen, gelacht und geweint zu haben bei dem Spiel, das ich ihnen vorgeschlagen habe, vielleicht hat es sie sogar durchgeschüttelt, aber sie kommen – und wenn es nur ein paar Stunden anhält – mit frischgebügelter Seele heraus. (Ibid.)

4.1.2 Seine Werke

Zu Michael Endes Werken zählen unter anderem Romane, Märchen, Theaterstücke, Gedich-

te und Libretti, wobei er vor allem für seine Bücher für Kinder und Jugendliche bekannt wur-

de. Dazu gehören etwa die Geschichten von Jim Knopf und Lukas aus Lummerland, Jim

Knopf und Lukas der Lokomotivführer (1960) und Jim Knopf und die Wilde 13 (1962), die ihn

zu einem namhaften Autor machten (AVA international GmbH 2019c). Für das erste der bei-

den Bücher erhielt er den Deutschen Kinderbuchpreis und schaffte es auf die Ehrenliste des

Hans-Christian-Andersen-Preises (AVA international GmbH 2019d). Einen großen Beitrag

zur Bekanntheit von Jim Knopf und Lukas leistete zudem die Augsburger Puppenkiste (AVA

international GmbH 2019c).

Endes wohl bekanntestes Werk ist Die unendliche Geschichte (1979), in dem der

Hauptcharakter Bastian in das Reich der Fantasie, Phantásien, eintaucht (AVA international

GmbH 2019e). Zu seinen dafür erhaltenen Preisen zählen der Preis der Leseratten des ZDF,

der Wilhelm-Hauff-Preis zur Förderung von Kinder- und Jugendliteratur und der Europäische

Jugendbuchpreis (AVA international GmbH 2019d). Das Buch wurde 1984 verfilmt, was es

vermutlich noch bekannter machte, jedoch war Ende alles andere als glücklich mit der Ver-

filmung (AVA international GmbH 2019a). „Ein gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz,

Plüsch und Plastik“ (ibid.) nannte er sie. Bereits im Vorfeld hatte es Differenzen zwischen

Bernd Eichinger, dem Produzenten, und Michael Ende gegeben. Eichinger hatte sich jedoch

durchgesetzt und auch den Rechtsstreit gegen Ende gewonnen. Dieser zog, nachdem er

den Film gesehen hatte, seinen Namen vom Projekt zurück (ibid.).

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Weitere seiner Werke für Kinder und Jugendliche sind beispielsweise Das Traumfres-

serchen (1978), Der Lindwurm und der Schmetterling oder Der seltsame Tausch (1981) oder

auch Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch (1989) (AVA international GmbH

2019c), während zu seinen bekannteren Werken für Erwachsene Der Spiegel im Spiegel.

Ein Labyrinth (1983) zählt, das Illustrationen von seinem Vater Edgar Ende enthält und in

dem er seine Leser und Leserinnen mit skurrilen Geschichten konfrontiert (AVA international

GmbH 2019f). Neben Romanen schrieb Michael Ende zudem Texte für das Theater und die

Oper. So veröffentlichte er Stücke wie Das Gauklermärchen (1982) und Libretti wie zum Bei-

spiel für Der Rattenfänger (1993) (AVA international GmbH 2019c).

Michael Ende war es wichtig, mit seinen Werken vor allem „Sinnerlebnisse zu bieten

und Vorschläge für neue Sichtweisen der Welt zu unterbreiten“ (AVA international GmbH

2019a). Das Schreiben war für ihn oftmals ein langer Prozess. Darüber sagte er: „Schriftstel-

lerei ist – bei mir jedenfalls – in erster Linie eine Geduldsarbeit“ (ibid.).

4.2 Momo

Ein weiteres Werk von Michael Ende und das zentrale Werk dieser Masterarbeit ist sein im

Jahre 1973 im Thienemann Verlag erschienenes Buch Momo. Alle darin enthaltenen Illustra-

tionen, welche mit Tusche angefertigt wurden, stammen von Ende selbst, der eine klare Vi-

sion davon hatte, wie die Illustrationen aussehen sollten (AVA international GmbH 2019g).

Das Buch wurde mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet und gelangte

zudem auf die Ehrenliste des Europäischen Jugendbuchpreises (AVA international GmbH

2019d). Die von Ende als Märchenroman bezeichnete Geschichte ist bislang aber nicht nur

in Buchform, sondern auch als Hörbuch, Hörspiel, Zeichentrickserie und -film sowie als Re-

alverfilmung erschienen (AVA international GmbH 2019g). Letzterer fand bei Michael Ende

weitaus mehr Anklang als der Film aus dem Jahr 1984 zu seinem Buch Die unendliche Ge-

schichte, auch wenn er damit ebenfalls nicht übermäßig glücklich war, da er befand, dass

der Film seine Erzählung verharmlose (AVA international GmbH 2019a).

Die Geschichte spielt in Italien, was nie im Buch erwähnt wird, jedoch geben gewisse

Elemente Hinweise darauf. So wohnt Momo in einem alten Amphitheater und viele der Cha-

raktere tragen italienische Namen, wie etwa Girolamo, Nicola oder Claudio. Die Wahl des

Schauplatzes der Geschichte ist darauf zurückzuführen, dass Michael Ende mit seiner Frau

nach Rom gezogen war, um dem zur damaligen Zeit einengenden Deutschland zu entkom-

men (AVA international GmbH 2019g):

Die Atmosphäre der Geringschätzung, die ihm in der deutschen Kulturwelt entgegen-schlug, lähmte und blockierte ihn. Im Deutschland der Siebziger Jahre hatte Literatur „re-alistisch“ und „politisch“ zu sein […]. Für Phantasie und Zauber, Grazie und Geheimnis ließ eine solche Maxime keinen Platz. (Ibid.)

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Bereits in Deutschland hatte Ende begonnen, an Momo zu arbeiten, doch erst in Italien fühlte

er sich befreit und konnte sein Buch fertigstellen. Momo gilt als seine Hommage an seine

Wahlheimat (AVA international GmbH 2019a).

Obwohl das Werk bereits vor über 45 Jahren veröffentlicht wurde, ist die Botschaft

von Momo äußerst aktuell. Giulia Pines (2018) vergleicht die grauen Herren, die Antagonis-

ten der Geschichte, etwa mit Smartphones und sozialen Netzwerken: „After all, these devi-

ces promise to save time and bring people closer together, yet often end up doing the oppo-

site“ (ibid.). Hier zeigt sich auch die Mehrfachadressiertheit des Buches, da dieser Vergleich

wohl eher von Erwachsenen als von Kindern gezogen wird. Auch die Krankheit, welche die

grauen Herren verbreiten und welche im Buch als tödliche Langeweile bezeichnet wird (Ende

112018:271), ist vermutlich nur für Erwachsene eine Analogie für Burnout beziehungsweise

Depressionen:

Am Anfang merkt man noch nicht viel davon. Man hat eines Tages keine Lust mehr, ir-gendetwas zu tun. Nichts interessiert einen, man ödet sich. Aber diese Unlust verschwin-det nicht wieder, sondern sie bleibt und nimmt langsam immer mehr zu. Sie wird schlim-mer von Tag zu Tag, von Woche zu Woche […]. Man wird ganz gleichgültig und grau, die ganze Welt kommt einem fremd vor und geht einen nichts mehr an. (Ibid.)

Für Michael Ende war das Alter seiner Leser und Leserinnen nebensächlich. „Wer Ende

liest, braucht keinen Qualifikationsnachweis, sondern muss sich das Staunen bewahrt ha-

ben, die Absichtslosigkeit und das magische Denken“ (AVA international GmbH 2019g). Da-

her verfügt das Buch auch über keine Altersangabe (ibid.).

4.2.1 Hauptcharaktere

Die wichtigste Figur im Buch ist – natürlich – die titelgebende: Momo. Niemand weiß, woher

sie stammt und wer ihre Eltern sind, nicht einmal sie selbst, doch scheint sie dieser Umstand

nicht sonderlich zu stören, solange sie im Beisein ihrer vielen Freunde und Freundinnen ist.

Momo ist ein Mädchen von etwa zehn Jahren, wobei ihr Alter ebenso wie ihre Herkunft nicht

wirklich bekannt ist, und lebt in einer Kammer, die sich unter der Bühne eines alten Amphi-

theaters befindet. Ihr Aussehen wirkt etwas wild, denn ihre Haare sind ganz zerzaust und

gleichermaßen schwarz wie ihre Füße, da sie, außer im Winter, immer barfuß läuft. Auch ihre

Kleidung ist ein buntes Sammelsurium. Ganz charakteristisch ist dabei ihr alter, viel zu gro-

ßer Mantel, den sie immer trägt. Momo besitzt keine übernatürlichen Fähigkeiten, wie dies in

vielen fantastischen Geschichten der Fall ist, jedoch eine ganz besondere: Sie kann zuhö-

ren. Und zwar so:

Sie konnte so zuhören, dass ratlose oder unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden. (Ende

112018:17)

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37

Durch diese Begabung sowie ihr offenes und freundliches Naturell schließt Momo schnell

viele Freundschaften. Zu ihren zwei besten Freunden zählen Beppo Straßenkehrer und Giro-

lamo „Gigi“ Fremdenführer, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Beppo ist ein älterer Mann, der aufgrund seiner Größe und gebückten Haltung nicht

viel größer als Momo ist. Sein „Nachname“ ist gleichzeitig sein Beruf und das Straßenkehren

bereitet ihm auch Freude, vor allem wenn er sich seiner Arbeit am frühen Morgen voll und

ganz widmen kann. Jede Frage beantwortet er mit Bedacht und manchmal auch erst nach

einigen Stunden, wenn er ausreichend darüber nachgedacht hat.

Gigi hingegen ist jung und voller Energie und des Redens nie müde. Ganz im Gegen-

teil, denn das Erzählen von Geschichten ist seine Leidenschaft und Begabung, was er sich

gerne zunutze macht, wenn sich Touristen und Touristinnen ins Amphitheater verirren. Dort

erzählt er den ahnungslosen Besuchern und Besucherinnen das Blaue vom Himmel herunter

und verdient sich so mal mehr, mal weniger Kleingeld. Einige seiner Geschichten hebt er

jedoch nur für Momo auf.

Eine weitere wichtige Rolle spielt Meister Secundus Minutius Hora, der Wächter über

die Zeit, der jedem Menschen auf der Erde seine Zeit zuteilt. Er kann jederzeit das Alter

wechseln und durch seine Brille alles in der Welt überwachen. Seine treue Gefährtin ist seine

Schildkröte Kassiopeia, die mithilfe ihres Panzers, auf dem sie Buchstaben aufscheinen las-

sen kann, mit den Menschen kommunizieren und ihnen so wertvolle Hinweise geben kann.

Kassiopeia verfügt nämlich über die Fähigkeit, eine halbe Stunde in die Zukunft sehen und

so potentielle Gefahren erkennen zu können.

Die großen Antagonisten der Geschichte sind die grauen Herren, die graue Anzüge,

graue Hüte und graue Aktentaschen tragen und sogar eine graue Haut besitzen. Sie stehlen

den Menschen ihre Zeit, indem sie sie dazu bringen, diese auf ihre Zeitsparkasse einzuspa-

ren. Dies gelingt ihnen, indem sie ihren Opfern manipulativ aufzeigen, wie diese durch „un-

nötige“ Aktivitäten, wie etwa das Pflegen von Angehörigen, immer mehr an Lebenszeit ver-

geuden und wie sie durch das Unterlassen dieser Tätigkeiten Zeit für ihr späteres Leben

sparen können. Durch die eingesparte Zeit können die grauen Herren entstehen und durch

sie können sie sich am Leben erhalten. Von großer Wichtigkeit sind dabei ihre Zigarren, die

aus getrockneten Blüten gestohlener Stunden-Blumen, welche die Zeit der Menschen reprä-

sentieren, bestehen und die sie ständig rauchen müssen, um am Leben zu bleiben.

4.2.2 Handlung

Die Geschichte von Momo gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil, Momo und ihre Freunde,

auf den der Titel dieser Arbeit anspielt, fungiert als Einleitung. Darin werden Momo, Beppo

und Gigi vorgestellt und ihre Zeit im Amphitheater, die sie mit vielen anderen Kindern aus der

naheliegenden Stadt verbringen, beschrieben. Noch ist es eine glückliche, friedliche Zeit.

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38

Im zweiten Teil Die grauen Herren tauchen jedoch die Zeitdiebe auf, welche die Be-

wohner und Bewohnerinnen der Stadt nach und nach manipulieren und ihnen ihre Zeit rau-

ben. Sie bleiben allerdings unerkannt, da sie die Menschen vergessen lassen können, dass

sie sie gesehen haben. Als immer weniger von Momos erwachsenen Freunden und Freun-

dinnen (Kinder sind gegen den Bann der grauen Herren immun) im Amphitheater auftau-

chen, besucht Momo sie, um sich nach ihnen zu erkundigen. Sie schafft es, dass einige sich

wieder die Zeit nehmen, sie zu besuchen, doch dies ist den grauen Herren ein Dorn im Au-

ge. Einer von ihnen, Agent BLW/553/c, besucht das Mädchen daher und bietet ihr die „beste

Puppe der Welt“ sowie allerlei Zubehör als Ersatz für ihre Freunde und Freundinnen an.

Momo kann jedoch nichts mit der Puppe anfangen und schafft es hingegen mit ihrer außer-

gewöhnlichen Gabe, dem Zuhören, dass ihr der Agent das Geheimnis der grauen Herren

verrät. Dieser flüchtet Hals über Kopf, doch Momo ist die erste, die seine Existenz nicht ver-

gisst.

Sie erzählt Beppo, Gigi und den anderen Kindern von ihrer Begegnung, die daraufhin

eine Kundgebung veranstalten möchten, um den Erwachsenen von den grauen Herren zu

berichten. Ebendiese durchkreuzen allerdings die Pläne der Kinder und beschließen, Momo,

die eine immer größere Gefahr darstellt, loszuwerden. Kassiopeia kann sie aber noch recht-

zeitig retten, indem sie ihr den Weg zu Meister Horas Nirgend-Haus in der Niemals-Gasse

zeigt, zu dem die grauen Herren nicht gelangen können. Dies liegt daran, dass sie einerseits

den Weg nicht kennen und andererseits die Zeit auf dem Weg dorthin rückwärts läuft, was

bedeutet, dass die grauen Herren beim Entlanggehen dieses Weges sterben, während die

Menschen nur ein Stückchen jünger werden. Im Gegensatz zu den Menschen bestehen die

grauen Herren nämlich ausschließlich aus gestohlener Zeit.

Meister Hora weist Momo in das Geheimnis der Stunden-Blumen ein und erst nach

langer Zeit, zu Beginn des dritten Teils Die Stunden-Blumen, als Meister Hora befindet, dass

Momo bereit ist, kehrt das Mädchen in die Stadt zurück. Die grauen Herren haben während

ihres Verbleibens im Nirgend-Haus jedoch die Zeit ihrer Freunde und Freundinnen geraubt.

Ihr Plan ist es, Momo zu zwingen, ihnen im Tausch für die Zeit der Menschen, die ihr lieb

sind, den Weg zu Meister Hora zu zeigen. Momo weigert sich, doch als Kassiopeia sie zu-

rück zu Meister Hora führt, folgen ihnen die grauen Herren unauffällig und entdecken so den

Weg zum Nirgend-Haus. Betreten können sie das Haus aufgrund der rückwärts laufenden

Zeit nicht, doch belagern sie es und sorgen durch den Rauch ihrer Zigarren dafür, dass die

Zeit, die Meister Hora den Menschen schickt, zu Zeit wird, welche die Menschen erkranken

lässt.

Meister Hora beschließt daher, in einen tiefen Schlaf zu fallen, um die Zeit anzuhal-

ten. Nur die grauen Herren, Kassiopeia und Momo, die von Meister Hora eine Stunden-

Blume erhalten hat, können sich noch bewegen. Als die Zeit still steht, geraten die grauen

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Herren in Panik und flüchten überstürzt in ihr Hauptquartier, wo sie die gestohlene Zeit auf-

bewahren. Aus Gier reißen sie sich auf dem Weg gegenseitig ihre Zigarren aus dem Mund.

Jene, die keine Zigarre mehr haben, lösen sich sofort auf. Momo, die ihnen gefolgt ist,

schließt mithilfe der Stunden-Blume unbemerkt die Tür zu den Vorratsspeichern, wodurch

die grauen Herren noch panischer werden. Die letzten von ihnen kämpfen um die übrig ge-

bliebenen Zigarren und bringen sich im Kampf schließlich durch ihre Gier selbst um. Momo

kann in letzter Sekunde die Stunden-Blumen befreien und den Menschen ihre Zeit zurück-

geben.

4.2.3 Übersetzungen

Momo wurde bislang in über 40 Sprachen übersetzt, unter anderem ins Arabische, Färöische

und Japanische (Ende 112018:304), was den internationalen Erfolg des Buches unterstreicht.

Für die empirische Analyse dieser Masterarbeit wurden zwei Übersetzungen ins Englische

ausgewählt. Zum einen die Übersetzung von Lucas Zwirner und Marcel Dzama und zum

anderen die Übersetzung von John Maxwell Brownjohn und Chris Riddell.

40 Jahre nach der Ersterscheinung der deutschen Ausgabe von Momo erschien die

englische Übersetzung des Schriftstellers und Übersetzers Lucas Zwirner mit neuen Illustra-

tionen von Marcel Dzama als Jubiläumsausgabe im Verlag McSweeney’s McMullens. Zwir-

ner studierte Philosophie und Komparatistik (Ende 2013:319) und lernte Momo bereits in

frühen Jahren durch seinen Vater, den Galeristen David Zwirner (Wiebking 2017:1) kennen,

der ihm das Buch in seiner Kindheit vorlas. Später las er die Geschichte selbst mehrmals

und entschied, sie neu zu übersetzen, auch weil die bisherigen Übersetzungen von Momo in

den USA seit längerer Zeit nicht mehr gedruckt worden waren. Einen Sommer lang arbeitete

Lucas Zwirner intensiv an der Übersetzung. In einem Interview mit Amanda Arnold (2013),

einer Praktikantin bei McSweeney’s, wird deutlich, wie genau er sich mit Michael Endes Stil

auseinandergesetzt hat:

[…] I continued to remind myself that it was Ende’s book, and that I had no business try-ing to manipulate the tempo of that first part. There are also more lyrical moments – when Master Hora takes Momo to see the Hour Blossoms – which required more sensitivity and a few more rounds of tweaking. (Ibid.; Hervorhebung im Original)

Zwirner spricht im Interview auch die Mehrfachadressiertheit des Buches an. So sagt er zu

Arnold: „In my ideal scenario, a parent is reading the book out loud to his or her child, and

both people are letting themselves learn from it in different ways“ (ibid.).

Zur Vervollständigung der Übersetzung wurden, wie auch in Endes deutscher Fas-

sung, Illustrationen hinzugefügt. Zwirner bat dazu seinen Freund, den Künstler Marcel Dza-

ma (ibid.), der bereits einige Bücher illustriert hatte (Zwirner 2019), diese anzufertigen, der

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40

die Übersetzung las und zustimmte (Arnold 2013). Auf die Frage, wie viel Freiheit er Dzama

bei der Anfertigung der Illustrationen gelassen hatte, antwortete Zwirner:

Ende originally did drawings for the book, images that were built into the text. So there were a few drawings – the final drawing of the turtle and the drawing of the children with the posters – that Marcel had to put in because of how Ende wrote the book. But other than that, he had complete freedom. He drew whatever he found interesting or moving. And he did it in his own style, which is exactly what I was hoping for. He has given us a part of his own imaginative process in those images – what he saw when he read the book – and the results are captivating. (Ibid.)

Über die Entstehung der zweiten Übersetzung, die für die nachfolgende Analyse ausgewählt

wurde, ist im Gegensatz zur Übersetzung von Lucas Zwirner kaum etwas bekannt. Sie er-

schien im Verlag Puffin Books im Jahr 2009 mit der Übersetzung von John Maxwell Brown-

john, einem literarischen Übersetzer, der bereits mehr als 160 Bücher übersetzt hat und

mehrfach ausgezeichnet wurde (Thames & Hudson 2017). Im Buch selbst finden sich keine

Illustrationen, jedoch wurde der Einband vom Illustrator Chris Riddell neu gestaltet. Dieser ist

unter anderem für seine Illustrationen für die Klippenland-Chroniken (1998-2019) bekannt,

deren Bücher gemeinsam mit dem Autor Paul Stewart entstanden sind.

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5 Empirische Analyse

Nach Behandlung der Theorie und des literarischen Materials für die Analyse erfolgt nun der

Übergang zum empirischen Teil der vorliegenden Arbeit. Zunächst geht das Kapitel dabei

auf die Analysemethode und das ausgewählte Analysemodell ein. Anschließend werden die

Werke, das bedeutet die deutsche Fassung und die beiden vorgestellten englischen Über-

setzungen, jeweils einzeln analysiert und schließlich erfolgen die Auswertung und Diskussion

der Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfragen.

5.1 Analysemethode und -modell

Die empirische Analyse wird mithilfe der Methode des Vergleichs durchgeführt, wobei die

elfte Auflage von Momo aus dem Jahr 2018 mit der englischen Übersetzung von Lucas

Zwirner und Marcel Dzama aus dem Jahr 2013 sowie mit der ebenfalls englischen Überset-

zung von John Maxwell Brownjohn und Chris Riddell aus dem Jahr 2009 verglichen wird.

Der Text und die Illustrationen der Version aus dem Jahr 2018 entsprechen dabei dem Ori-

ginal von 19731. Mithilfe der vergleichenden Analyse soll aufgezeigt werden, inwiefern sich

die deutsche Fassung und die beiden englischen Übersetzungen hinsichtlich des Zusam-

menspiels von verbalem und visuellem Modus gleichen beziehungsweise inwiefern sich die

Werke unterscheiden.

Zum einen wird dazu ein Vergleich der visuellen Charakteristika angestellt. Im Kapitel

Der visuelle Modus wurden in diesem Zusammenhang die Verwendung von Farben, Linien,

das Layout (inklusive Größe und Form des Buches), die Positionierung der Charaktere sowie

ihre Größe, die Wahl der Perspektive für die abgebildete Szene, visuelle Hilfsmittel für Vorle-

sende wie Satzzeichen, die Satz- und Zeilenlänge und die Größe der Buchstaben, Vignetten,

dekorierte Anfangsbuchstaben, die Typografie im Allgemeinen, der Bucheinband und das

Einrahmen von Illustrationen genannt. Von diesen Charakteristika wurden für die Analyse

jene ausgewählt, welche den verbalen Modus der ausgewählten Werke beeinflussen bezie-

hungsweise in engem Zusammenhang mit ihm stehen. Dazu zählen die Farben, die Per-

spektive der Szene, die allgemeine Typografie, der Bucheinband beziehungsweise im Falle

der Übersetzung von Lucas Zwirner und Marcel Dzama auch der Buchumschlag sowie die

eventuell vorhandenen Rahmen der Illustrationen.

Zum anderen werden die Beziehungen zwischen den Texten und Illustrationen vergli-

chen. Dazu wird ein eigens erstelltes Analysemodell herangezogen, das auf den vier Model-

len von Maria Nikolajeva und Carole Scott, Klaus Kaindl, Jens Thiele sowie Denise E.

Agosto, die im Kapitel Die Beziehung zwischen Text und Illustration beschrieben wurden,

1 Dies wurde per E-Mail-Korrespondenz von einer Mitarbeiterin der Abteilung Public Relations des

Thinemann-Esslinger Verlags, Frau Lisa Häfner, bestätigt (Häfner 12019/Häfner

22019).

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basiert, um alle vier Modelle zusammenfassend zu repräsentieren. So kristallisierten sich

nach näherer Befassung mit diesen Modellen vier entscheidende Beziehungen heraus, die

im Modell für diese Masterarbeit als symmetrisch, ergänzend, interdependent und wider-

sprüchlich definiert werden.

Die symmetrische Beziehung entspricht der Symmetrical Interaction (Nikolajeva und

Scott), der Illustrating Function (Kaindl) und dem Parallel Storytelling (Agosto) und beschreibt

die Beziehung zwischen einem Text und einer Illustration, die dasselbe beschreiben bezie-

hungsweise darstellen. Wird beispielsweise ein im Text erwähnter Gegenstand oder eine im

Text beschriebene Person oder Szenerie abgebildet und entspricht diese Abbildung der Be-

schreibung, so wird dies als symmetrische Beziehung bestimmt. Keine symmetrische Bezie-

hung liegt hingegen dann vor, wenn der Gegenstand, die Person oder die Szenerie zum Bei-

spiel nicht im Text vorkommt.

Die ergänzende Beziehung ist am ehesten mit der Enhancing Interaction (Nikolajeva

und Scott), der Commenting beziehungsweise Extending Function (Kaindl) und der Paralleli-

tät (Thiele) zu vergleichen und bezeichnet eine Beziehung, bei der ein Modus den jeweils

anderen Modus durch die Bereitstellung zusätzlicher Informationen ergänzt. Dabei geht es

nicht um den Kontext, sondern ganz konkret um den abgebildeten beziehungsweise be-

schriebenen Sachverhalt. Ein Beispiel für diesen Beziehungstyp wäre die Abbildung eines

Objektes, das keine Erwähnung im Text findet, dem Text auch nicht widerspricht und keine

Verantwortung im Zusammenspiel mit dem verbalen Modus für das Erzählen der Geschichte

trägt.

Die interdependente Beziehung kann mit der Counterpointing Interaction (Nikolajeva

und Scott), dem geflochtenen Zopf (Thiele) und dem Interdependent Storytelling (Agosto)

verglichen werden. Dabei geht die Beziehung über eine bloße Ergänzung hinaus, denn die

beiden Modi bedingen einander, da sie beide die Handlung tragen. Das bedeutet, dass das

Erzählen der Geschichte nicht ohne den jeweils anderen Modus möglich ist.

Schließlich beinhaltet das erstellte Modell noch die widersprüchliche Beziehung, wel-

che der Contradictory Interaction (Nikolajeva und Scott), der Contradictory Function (Kaindl)

und der kontrapunktischen Beziehung (Thiele) entspricht und eine Beziehung bezeichnet, bei

der die Modi unterschiedliche Sachverhalte beschreiben beziehungsweise darstellen und

somit im Widerspruch zueinander stehen.

Somit wurden mit Ausnahme der Complementary Interaction von Nikolajeva und

Scott alle Beziehungstypen in einem Modell vereint. Die Complementary Interaction wurde

aus dem Grund nicht direkt in das Modell inkorporiert, da diese Art von Beziehung in keinem

der anderen drei Modelle wirklich vorkommt (die Commenting beziehungsweise Extending

Function nach Kaindl kann schließlich auch mit der Enhancing Interaction verglichen werden

– siehe dazu das Kapitel Die Beziehung zwischen Text und Illustration). Zudem beschreiben

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43

Nikolajeva und Scott diese Beziehung selbst nur als eine signifikante Form der Enhancing

Interaction, die Grenze zwischen diesen zwei Beziehungstypen ist also fließend. Im für diese

Masterarbeit erstellten Modell werden sie daher in der ergänzenden Beziehung praktisch

zusammengefasst.

In Bezug auf das Modell ist noch zu erwähnen, dass ein und dieselbe Illustration ver-

schiedene Beziehungen zum Text aufweisen kann, wie dies auch Nikolajeva und Scott sowie

Thiele beschreiben. Beispielsweise kann eine Illustration Sachverhalte abbilden, die im Wi-

derspruch zum Text stehen, während sich andere, auf derselben Illustration abgebildete

Sachverhalte symmetrisch zum Text verhalten.

5.2 Analyse der deutschen Fassung von Michael Ende (112018)

Wie oben bereits erwähnt wurde, fertigte der Autor Michael Ende selbst die Illustrationen für

sein Buch an. Auch der Schutzumschlag des Originals wurde von ihm entworfen, er war also

maßgeblich an der visuellen Gestaltung seines Buches beteiligt (AVA international GmbH

2019g). In der folgenden Analyse werden nun die visuellen Merkmale sowie die diversen

Beziehungen zwischen dem Text und den jeweiligen Illustrationen Endes genauer analysiert.

5.2.1 Visuelle Charakteristika in Momo (112018)

Der Bucheinband der elften Auflage von Momo aus dem Jahr 2018 entspricht in Bezug auf

das Layout nicht mehr dem Schutzumschlag des Originals, das im Jahr 1973 erschienen ist,

denn anstelle eines sepiafarbenen Drucks wurden die Farben Orange und Blau verwendet.

Beibehalten wurden jedoch beide Illustrationen, die von Michael Ende für den Umschlag an-

gefertigt worden waren (Häfner 22019).

Die Illustration auf dem vorderen Deckblatt (siehe Abbildung 1) zeigt Momo und Kas-

siopeia mittig in der unteren Hälfte der Illustration und in blauer Farbe, um die beiden Haupt-

charaktere vor dem orangefarbenen Hintergrund hervorzuheben. Auf diesem ist eine Vielzahl

von Uhren in den verschiedensten Arten und Formen – von kleinen Weckern bis zu meter-

hohen Kirchtürmen mit Uhren – abgebildet, wobei es sich bei diesem Ort um den großen

Uhrensaal in Meister Horas Nirgend-Haus handelt:

Momo stand in dem größten Saal, den sie je gesehen hatte […]. Das tausendfältige Schnurren und Ticken und Klingen und Schnarren, welches Momo bei ihrem Eintritt ver-nommen hatte, kam von unzähligen Uhren jeder Gestalt und Größe. Sie standen und la-gen auf langen Tischen, in Glasvitrinen, auf goldenen Wandkonsolen und in endlosen Regalen. Da gab es winzige edelsteinverzierte Taschenührchen, gewöhnliche Blechwe-cker, Sanduhren, Spieluhren mit tanzenden Püppchen darauf, Sonnenuhren, Uhren aus Holz und Uhren aus Stein, gläserne Uhren und Uhren, die durch einen plätschernden Wasserstrahl getrieben wurden. Und an den Wänden hingen alle Sorten von Kuckucks-uhren und anderen Uhren mit Gewichten und schwingenden Perpendikeln, manche, die langsam und gravitätisch gingen, und andere, deren winzige Perpendikelchen emsig hin- und herzappelten […]. In der Mitte des Saales erhob sich ein ganzer Wald von Standuh-

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ren, ein Uhr-Wald sozusagen, angefangen von gewöhnlichen Zimmerstanduhren bis hin-auf zu richtigen Turmuhren. (Ende

112018:161f.)

Die Illustration und der Text stimmen in ihrer Darstellung beziehungsweise Beschreibung des

Raumes überein und verfügen so über eine symmetrische Beziehung zueinander. Ebenso

verhält es sich zwischen der Abbildung von Momo und der Beschreibung ihres Äußeren, die

wie folgt lautet:

Sie hatte einen wilden, pechschwarzen Lockenkopf, der so aussah, als ob er noch nie mit einem Kamm oder einer Schere in Berührung gekommen wäre. Sie hatte sehr große, wunderschöne und ebenfalls pechschwarze Augen und Füße von der gleichen Farbe, denn sie lief fast immer barfuß. Nur im Winter trug sie manchmal Schuhe, aber es waren zwei verschiedene, die nicht zusammenpassten und ihr außerdem viel zu groß waren. Ihr Rock war aus allerlei bunten Flicken zusammengenäht und reichte ihr bis auf die Fuß-knöchel. Darüber trug sie eine alte, viel zu weite Männerjacke, deren Ärmel an den Handgelenken umgekrempelt waren. (Ibid.:10)

Auf der Illustration finden sich alle genannten Charakteristika: die wirren schwarzen Haare,

der zu große Mantel mit den umgekrempelten Ärmeln, der geflickte Rock, der bis zu Momos

Knöcheln reicht, und die nackten Füße. Allein die schwarzen Augen sind nicht zu sehen, da

nur Momos Rückseite abgebildet ist.

Dabei handelt es sich um die einzige Illustration von Momo. Mit Ausnahme von drei

Zeichnungen der Schildkröte Kassiopeia – zwei im Buch und eine auf dem Bucheinband –

sind ansonsten keine Illustrationen von den Charakteren vorhanden, obwohl auf der offiziel-

len Internetseite zu Momo Illustrationen von Ende mit Momo, Gigi und Beppo veröffentlicht

wurden. Es könnte daher sein, dass der Verlag und/oder der Autor die Absicht hatten, die

Leser und Leserinnen ihrer Fantasie zu überlassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich

selbst nur anhand der Beschreibungen sprichwörtlich ein Bild von den Charakteren zu ma-

chen.

Aufgrund der Übereinstimmung zwischen den Beschreibungen im Text und der Illust-

ration, herrscht hier also ein symmetrisches Verhältnis zwischen verbalem und visuellem

Modus. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch der Bucheinband in engem Zusammen-

hang zum Schriftlichen steht und eine wichtige Rolle spielt. Die Wichtigkeit des Buchein-

bands liegt des Weiteren darin, dass dieser einen ersten Eindruck darüber verschafft, worum

es in der Geschichte gehen könnte. So sind nicht nur zwei zentrale Charaktere, nämlich

Momo und Kassiopeia, abgebildet, sondern auch die vielen Uhren, die auf ein zentrales

Thema in der Geschichte verweisen: die Zeit.

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Abb. 1: Illustration auf der Vorderseite des Bucheinbandes (Ende 112018)

Wie die Illustration auf der Vorderseite bildet auch jene auf der Rückseite des Bucheinban-

des (siehe Abbildung 2), die ganz in Orange gehalten ist, den riesigen Saal im Nirgend-Haus

ab. Sie zeigt jedoch zusätzlich zu den unzähligen verschiedenen Arten von Uhren auch an-

dere Gegenstände im Saal, wie etwa die entzündeten Kerzen sowie eines der Planetarien.

Im Text heißt es dazu:

Das goldene Licht, das diesen unermesslichen Raum durchwebte, kam von unzähligen Kerzen, die überall aufgesteckt waren und deren Flammen so reglos brannten, als seien sie mit leuchtenden Farben gemalt und brauchten kein Wachs zu verzehren, um zu strah-len […]. Und überall hingen, lagen und standen Uhren. Da gab es auch Weltzeituhren in Kugelform, welche die Zeit für jeden Punkt der Erde anzeigten, und kleine und große Planetarien mit Sonne, Mond und Sternen. (Ibid.:161f.)

Es kann festgehalten werden, dass sich diese Illustration ebenfalls symmetrisch zum Text

verhält, da die beiden Modi dasselbe darstellen beziehungsweise beschreiben.

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Abb. 2: Illustration auf der Rückseite des Bucheinbandes (Ende 112018)

Im Gegensatz zum Einband sind die übrigen Illustrationen im Buch in den Farben Schwarz

und Weiß abgedruckt. Auch dies könnte darauf hindeuten, dass die Fantasie der Rezipienten

und Rezipientinnen angeregt werden soll, dass sie die Illustrationen also praktisch in ihren

Köpfen mit Farben ausmalen sollen. Andererseits könnte der Druck in Schwarz und Weiß

auch gewählt worden sein, um auf diese Weise die drückende Stimmung, welche die grauen

Herren unter den Bewohnern und Bewohnerinnen der Stadt verbreiten, am besten wieder-

geben zu können. Dies wird beispielsweise besonders gut mit der Illustration auf Seite 62

zum Ausdruck gebracht, auf der unzählige Reihen an identischen quadratischen Wohnblö-

cken zu sehen sind, die unter dicken Rauchschwaden am Himmel kein Ende zu nehmen

scheinen. Das Schwarze und Weiße verstärkt dabei die Eintönigkeit und Trostlosigkeit. Ein

weiteres gutes Beispiel dafür findet sich zudem auf Seite 255, auf der die Stadt, in der

Momos Freunde und Freundinnen leben, abgebildet ist. Hier erscheint die Stadt sogar noch

düsterer, da überwiegend schwarze Farbe verwendet wurde.

Jeder der drei Teile des Werkes wird mit jeweils einer Illustration eingeleitet, die eine

ganze Seite einnimmt und eingerahmt ist, wodurch sie besonders hervorgehoben wird und

im Vergleich zu den restlichen Illustrationen eine andere Wertigkeit erhält. So dienen diese

drei großen Illustrationen als Ausblick über den jeweils nachfolgenden Teil. Die Illustration

auf Seite 6 zeigt beispielsweise das Amphitheater und somit den Schauplatz des ersten

Teils, in dem den Lesern und Leserinnen Momos Leben an jenem Ort beschrieben wird. Die

Illustration zum zweiten Teil ist jene auf Seite 62 mit den Wohnblöcken und verweist auf die

Ankunft der grauen Herren, welche die Stadt in diesem Teil unter ihre Kontrolle bringen wer-

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den. Schließlich findet sich zu Beginn des dritten Teils auf Seite 188 eine Abbildung des

Stadtteils, in dem sich die Niemals-Gasse befindet, der wohl wichtigste Ort im dritten Teil.

Die übrigen Illustrationen wurden nicht eingerahmt, um sie vermutlich mehr in den Text zu

inkorporieren und die Leser und Leserinnen dadurch in die Geschichte eintauchen zu lassen.

Bei den ersten zwei dieser drei größeren Illustrationen ist des Weiteren die Perspekti-

ve erwähnenswert, da für diese Szenen im Vergleich zum Großteil der restlichen Illustratio-

nen die Vogelperspektive gewählt wurde. Dadurch wird die Funktion der Illustrationen, einen

Überblick über den ersten beziehungsweise zweiten Teil zu geben, nochmals verstärkt. An-

dere Illustrationen bei denen die Vogelperspektive wichtig ist, sind die Zeichnung von Kas-

siopeia auf Seite 300 sowie die Abbildung der Tür zum Uhrensaal auf Seite 149. Der Grund

für die Perspektive bei der Schildkröte Kassiopeia ist ganz offensichtlich, denn nur so können

die Buchstaben, die das Wort „Ende“ bilden, vollständig erkannt werden. Bei der Abbildung

der Tür im Nirgend-Haus lässt die Vogelperspektive die Tür hingegen der Beschreibung ent-

sprechend klein wirken – ein direkter Zusammenhang zum Text.

Hinsichtlich der Typografie im Allgemeinen fallen noch die unterschiedlichen Arten

der Hervorhebung auf. Dazu zählen Kapitälchen (Beispiel: „ERSTES KAPITEL“; ibid.:7; Hervor-

hebung im Original), Kursivschrift (beispielsweise für zu betonende Textstellen zur Unterstüt-

zung für Leser und Leserinnen, insbesondere für vorlesende Personen), Großbuchstaben,

Fettschreibung sowie eine andere Schriftart. Die letzte genannte Hervorhebungsart ist von

besonderem Interesse, da sie ausschließlich für die Schilder mit der Aufschrift „Niemals-

Gasse“, „Das Nirgend-Haus“ und „Meister Secundus Minutius Hora“ verwendet wird und die

Besonderheit dieser Orte beziehungsweise von Meister Hora unterstreicht, welche sie in der

Geschichte innehaben.

5.2.2 Beziehungen zwischen Text und Illustrationen in Momo

(112018)

Neben den zwei Illustrationen auf dem Bucheinband befinden sich im Buch selbst 28 weite-

re, die zumeist eher klein sind und maximal eine halbe Seite einnehmen. Eine Ausnahme

davon bilden die drei Illustrationen zu Beginn eines jeden Teils der Geschichte, die jeweils

eine ganze Seite beanspruchen. Dazu zählt etwa die erste Illustration im Buch vom Amphi-

theater (siehe Abbildung 3). Die Beziehung zum Text ist symmetrisch, da beide Modi dassel-

be erzählen. So beschreibt Michael Ende Amphitheater im Allgemeinen folgendermaßen:

Sie sahen ähnlich aus, wie ein Zirkus noch heute aussieht, nur dass sie ganz und gar aus Steinblöcken gefügt waren. Die Sitzreihen für die Zuschauer lagen stufenförmig überei-nander wie in einem gewaltigen Trichter. Von oben gesehen waren manche dieser Bau-werke kreisrund, andere mehr oval und wieder andere bildeten einen weiten Halbkreis. (Ende

112018:7)

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Über das Amphitheater, in dem Momo wohnt, schreibt er zudem konkret:

Draußen am südlichen Rand dieser großen Stadt, dort, wo schon die ersten Felder be-ginnen und die Hütten und Häuser immer armseliger werden, liegt, in einem Pinienwäld-chen versteckt, die Ruine eines kleinen Amphitheaters. (Ibid.:9)

All diese Charakteristika sind auf der Illustration zu finden: Das Amphitheater ist eine kreis-

förmige Ruine, besteht aus steinernen Stufen und ist von Pinien umgeben. In der Ferne sind

die Ausläufer der Stadt ersichtlich und etwas näher ein kleines Haus.

Abb. 3: Amphitheater (Ende 112018:6)

Auch die zweite Illustration, die ein aus einer Mauer ragendes Ofenrohr zeigt (siehe Abbil-

dung 4), weist eine symmetrische Beziehung zum Text auf, in dem beschrieben wird, wie

Momos neu gewonnene Freunde und Freundinnen ihr dabei helfen, eine Kammer im besag-

ten Amphitheater häuslich einzurichten. Dabei wird auch das abgebildete Ofenrohr erwähnt:

„Einer von ihnen, der Maurer war, baute sogar einen kleinen steinernen Herd. Ein rostiges

Ofenrohr wurde auch aufgetrieben“ (ibid.:13). Diese Beziehung wird daher als eine symmet-

rische definiert.

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Abb. 4: Ofenrohr (Ende 112018:14)

Nachdem sich Momo gut in der Kammer im Amphitheater eingerichtet hat, spricht sich ihre

besondere Begabung, anderen zuzuhören und ihnen dadurch zu helfen, schnell herum.

Selbst einen Kanarienvogel bringt sie mithilfe ihrer Fähigkeit dazu, wieder zu singen. Eben-

dieser Vogel befindet sich auf der nächsten Illustration (siehe Abbildung 5) – eine klare

symmetrische Beziehung, da die Abbildung zeigt, was im Text beschrieben wird.

Abb. 5: Kanarienvogel (Ende 112018:23)

Durch ihre Begabung und ihre Freundlichkeit wird Momo bald bei allen, Erwachsenen wie

Kindern, äußerst beliebt. Letztere spielen unheimlich gerne mit ihr, da sie dank Momo immer

die besten Ideen haben. Einmal fängt es dabei kräftig an zu regnen und gegen Ende des

Kapitels befindet sich die Zeichnung einer Wäscheleine mit einigen Kleidungsstücken (siehe

Abbildung 6). Diese Beziehung zwischen Text und Illustration ist im Gegensatz zu den vor-

herigen Beziehungen nicht symmetrisch, sondern ergänzend, da die Wäscheleine nicht im

Text erwähnt wird und auch nicht für das Erzählen der Geschichte mitverantwortlich ist, denn

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der verbale Modus vermittelt auch alleine, dass die Kinder eingeregnet worden sind: „,Ich

glaube‘ sagte das Mädchen, das sein kleines Geschwisterchen mitgebracht hatte, ,es hat

wirklich geregnet. Ich bin jedenfalls patschnass‘“ (ibid.:37). Die Illustration hat hier also eine

ergänzende Funktion, indem sie weiter ausführt und die nasse Kleidung auf der Wäscheleine

zeigt.

Abb. 6: Wäscheleine (Ende 112018:37)

Die fröhlichen Zeiten nehmen jedoch mit der Ankunft der grauen Herren bald ein Ende. An

einem Abend sieht Momo sie – ein Anblick, der ihr großes Unbehagen bereitet und sie er-

schauern lässt: „Zu hören war nichts gewesen, aber Momo hatte es plötzlich auf eine Art

gefroren, die sie noch nie empfunden hatte“ (ibid.:46). Dieses Gefühl der Kälte wird durch die

nächste Illustration verstärkt, auf der durch Wind aufgewirbelte Blätter und gebogene Gras-

halme zu sehen sind (siehe Abbildung 7) – eine Ergänzung zum Text.

Abb. 7: Wind (Ende 112018:46)

Auch die nächste Beziehung zwischen Text und Illustration ist ergänzend. Hier erzählt Gigi

Momo eine Geschichte von einer Prinzessin und einem Prinzen. Die dazugehörige Abbil-

dung zweier Kronen auf einem Kissen, die keine Erwähnung im Text finden, ist für die Ge-

schichte nicht notwendig, untermalt diese jedoch (siehe Abbildung 8).

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Abb. 8: Kronen (Ende 112018:60)

Der zweite Teil beziehungsweise das sechste Kapitel des Buches beginnt mit der einge-

rahmten Zeichnung der scheinbar unendlich langen Reihen von Wohnblöcken (siehe Abbil-

dung 9). Wie schon die erste eingerahmte Illustration verfügt auch diese über eine symmetri-

sche Beziehung zum Text. Dort heißt es am Ende des Kapitels:

Im Norden der großen Stadt breiteten sich schon riesige Neubauviertel aus. Dort erhoben sich in endlosen Reihen vielstöckige Mietskasernen, die einander so gleich waren wie ein Ei dem anderen. Und da alle Häuser gleich aussahen, sahen natürlich auch alle Straßen gleich aus. Und diese einförmigen Straßen wuchsen und wuchsen und dehnten sich schon schnurgerade bis zum Horizont – eine Wüste der Ordnung! (Ibid.:80)

Diese Beschreibung entspricht exakt der Abbildung mit dutzenden Reihen an eintönigen

Häusern, die bis zum Horizont verlaufen und kein Ende zu nehmen scheinen.

Abb. 9: Reihen von Wohnblöcken (Ende 112018:62)

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Die Illustration der Häuserreihen verweist bereits auf die tragende Rolle der grauen Herren

im zweiten Teil der Geschichte und im sechsten Kapitel werden sie dem Leser beziehungs-

weise der Leserin genauer vorgestellt. Dazu zeichnete Michael Ende eine Aktentasche und

einen runden Hut nebeneinander (siehe Abbildung 10), zwei der Markenzeichen der grauen

Herren: „Sie trugen runde steife Hüte auf den Köpfen und rauchten kleine aschenfarbene

Zigarren. Jeder von ihnen hatte stets eine bleigraue Aktentasche bei sich“ (ibid.:46). Somit

weist die Illustration eine symmetrische Beziehung zum verbalen Modus auf.

Abb. 10: Aktentasche und Hut (Ende 112018:80)

Eine symmetrische Beziehung besteht auch zwischen dem Text und der nächsten Illustrati-

on, auf der eine kleine Schiefertafel mit einem Sprung in der Mitte zu sehen ist, mit der Mo-

mo das Schreiben lernen soll (siehe Abbildung 11). Michael Ende schreibt dazu:

Gigi zuckte die Schultern und löschte gedankenvoll einige Buchstaben, die er auf eine al-te Schiefertafel gekratzt hatte, mit Spucke aus. Die Schiefertafel hatte der alte Beppo vor einigen Wochen in einer Mülltonne gefunden und Momo mitgebracht. Sie war natürlich nicht mehr ganz neu und hatte in der Mitte einen großen Sprung, aber sonst war sie noch gut zu gebrauchen. (Ibid.:81)

Der Sprung in der Mitte der Tafel sowie einige darauf gekritzelte Buchstaben sind gut auf der

Illustration zu erkennen – ein klares Beispiel für eine symmetrische Beziehung.

Abb. 11: Schiefertafel (Ende 112018:89)

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Mittlerweile üben die grauen Herren immer mehr Macht auf die Stadt sowie ihre Bewohner

und Bewohnerinnen aus, doch Momo versucht, ihre Freunde und Freundinnen davon zu

überzeugen, wieder einmal bei ihr im Amphitheater vorbeizukommen und ihre Zeit nicht im-

mer nur der Arbeit zu widmen. Einen Freund, Nino, und dessen Familie kann sie dazu über-

reden: „Und Nino und seine dicke Frau kamen tatsächlich. Auch das Baby brachten sie mit

und einen Korb voll guter Sachen“ (ibid.:95). Die nachfolgende Illustration bildet diesen Korb

mit allerlei Obst sowie Brot, Käse und einer Flasche mit einem Getränk ab (siehe Abbil-

dung 12). Somit verfügt die Illustration sowohl über eine symmetrische als auch ergänzende

Beziehung zum verbalen Modus. Symmetrisch ist sie, weil die Illustration den im Text be-

schriebenen Korb abbildet, und ergänzend, weil der Text nicht ausführt, welche guten Sa-

chen der Korb genau enthält, und die Illustration diese Information ergänzt.

Abb. 12: Korb (Ende 112018:96)

Momo mischt sich unwissend in die Angelegenheiten der grauen Herren ein und bringt sie

dadurch gegen sie auf. Einer der grauen Herren, Agent BLW/553/c, beschließt daher, zu ihr

ins Amphitheater zu kommen, um sie mit allerlei Geschenken ruhig zu stellen, doch sein

Plan schlägt fehl. Stattdessen kann Momo ihm das Geheimnis um die Existenz der grauen

Herren entlocken. Dieser flüchtet überstürzt und hinterlässt nur seine gerauchte Zigarre: „Vor

ihr im dürren Gras stieg eine kleine Rauchsäule auf. Dort qualmte der zerdrückte Stummel

der grauen Zigarre und zerfiel langsam zu Asche“ (ibid.:109). Diese Textstelle verhält sich

symmetrisch zur Illustration, auf der die beschriebene am Boden qualmende und zerdrückte

Zigarre zu sehen ist (siehe Abbildung 13).

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Abb. 13: Zigarre (Ende 112018:109)

Gemeinsam mit Beppo, Gigi und den Kindern der Stadt organisiert Momo eine Kundgebung,

um die Erwachsenen vor den grauen Herren zu warnen. Dazu erstellen sie Schilder, die von

Ende bildlich dargestellt wurden (siehe Abbildung 14) und auf denen Sätze stehen wie

„KOMT BITTE ALLE ZUR GROSEN FERSAMMLUNG NECHSTEN SONNTAG UM 6 IM

ALTEN ANFITEATHER“ (ibid.:121; Hervorhebung im Original) oder „ZEIT SPAHREN?

ABER FÜR WEHN?“ (ibid.; Hervorhebung im Original). Die dabei eingebauten Fehler sind

für erfahrenere Leser und Leserinnen, die mit der korrekten Rechtschreibung vertraut sind,

recht amüsant. Dem jüngeren Zielpublikum werden sie jedoch eher nicht auffallen. Dies bil-

det somit ein Beispiel dafür, wie die Mehrfachadressiertheit nicht nur für den verbalen, son-

dern auch für den visuellen Modus ein Thema ist.

Indem die Illustration zeigt, was die Kinder auf die Schilder gemalt haben, ergänzt sie

den Text um diese Informationen, denn im Text selbst kommen die Beschriftungen der

Schilder nicht vor. Interdependent ist die Beziehung nicht, da die Illustration die Geschichte

hier auch ohne den Text erzählen kann, denn alle wichtigen Informationen befinden sich auf

den gezeichneten Schildern.

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Abb. 14: Schilder (Ende 112018:121)

Für die Beschriftung der Schilder haben die Kinder „Papier und Töpfe voll Farbe und Pinsel

und Leim und Bretter und Pappe und Latten und was sonst noch alles nötig war“ (ibid.:120)

beschafft. Davon abgebildet wurden die Farbeimer, in denen Pinsel stecken (siehe Abbil-

dung 15) – eine symmetrische Beziehung zwischen dem verbalen und visuellen Modus.

Abb. 15: Farbeimer und Pinsel (Ende 112018:122)

Die Kundgebung wird von den grauen Herren vereitelt, doch bevor sie Momo in die Hände

bekommen, rettet Kassiopeia das Mädchen und führt es zu Meister Horas Nirgend-Haus in

der Niemals-Gasse:

Und Schrittchen für Schrittchen ging [Momo] hinter der Schildkröte her, die sie langsam, sehr langsam aus dem steinernen Rund herausführte und dann die Richtung auf die gro-ße Stadt einschlug. (Ibid.:134)

Durch die nachfolgende Illustration, auf der Kassiopeia von hinten gezeigt wird (siehe Abbil-

dung 16), können sich die Rezipienten und Rezipientinnen bildlich vorstellen, wie Momo der

Schildkröte folgt. Es handelt sich hier also um eine weitere symmetrische Beziehung.

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Abb. 16: Kassiopeia (Ende 112018:134)

Beppo, der dem Plan der grauen Herren, Momo loszuwerden, gelauscht hat, eilt zum Amphi-

theater, findet Momos Kammer jedoch verlassen vor: „Das Tischchen und die beiden Stühle

aus Kistenholz waren umgestoßen, die Decken und Matratze waren aus dem Bett gerissen“

(ibid.:138). Diese Beschreibung entspricht der Abbildung der verlassenen Kammer auf der

darauffolgenden Seite (siehe Abbildung 17) weshalb es sich um eine symmetrische Bezie-

hung zwischen Text und Illustration handelt.

Abb. 17: verlassene Kammer (Ende 112018:139)

Obwohl die grauen Herren alles daran setzen, Momo zu fassen, gelangt das Mädchen dank

Kassiopeias Hilfe sicher zum Nirgend-Haus. An dieser Stelle könnte zuerst eine wider-

sprüchliche Beziehung zwischen Verbalem und Visuellem vermutet werden, da die Illustrati-

on einer Tür zwischen zwei Säulen (siehe Abbildung 18) nicht mit der sich auf derselben Sei-

te befindenden Beschreibung des Eingangs zum Nirgend-Haus übereinstimmt. So schreibt

Ende über die Eingangstür:

[Momo] erschrak ein wenig, weil die figurenbedeckte Tür aus grünem Metall von hier aus nun plötzlich ganz riesenhaft erschien. Ob ich sie überhaupt aufkriege?, dachte Momo zweifelnd. Aber im selben Augenblick öffneten sich schon die beiden mächtigen Torflügel. Momo blieb noch einen Moment lang stehen, denn sie hatte über der Tür ein weiteres

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Schild entdeckt. Es wurde von einem weißen Einhorn getragen und auf ihm war zu lesen: Das Nirgend-Haus. (Ibid.:148f.; Hervorhebung im Original)

Diese Beschreibung hat kaum etwas mit der Illustration gemein. Zum einen wirkt die Tür

durch die gewählte Perspektive von oben bei Weitem nicht so riesenhaft, sondern im Gegen-

teil nahezu winzig – ein Eindruck, der durch die nebenstehenden großen Säulen noch ver-

stärkt wird. Zum anderen verfügt die Tür nicht über zwei Flügel, sondern nur über einen, es

fehlen die erwähnten Details, wie die Figuren auf der Tür und das Einhorn, und das Schild

befindet sich auch nicht über, sondern auf der Tür.

Blättert der Leser oder die Leserin allerdings eine Seite weiter, erkennt er bezie-

hungsweise sie, dass es sich bei der Illustration um eine weitere Tür handeln muss, die, wie

später zu lesen ist, zu dem Saal mit den unzähligen Uhren führt, der auf dem Bucheinband

abgebildet ist. Zu dieser Tür heißt es im Text:

Momo folgte der Schildkröte, die vor ihr her krabbelte, durch den langen Gang. An des-sen Ende blieb das Tier vor einem sehr kleinen Türchen sitzen, gerade groß genug, dass Momo gebückt durchkommen konnte […]. Momo hockte sich nieder und sah direkt vor ih-rer Nase auf der kleinen Tür ein Schildchen mit der Aufschrift: Meister Secundus Minutius Hora (Ibid.:150; Hervorhebung im Original)

Diese Beschreibung entspricht viel eher der Illustration. Die Tür wirkt durch den Blickwinkel

von oben klein und das Schild ist auf der Tür angebracht. Es handelt sich in dieser Hinsicht

um eine symmetrische Beziehung. Allerdings kann auch eine ergänzende Beziehung festge-

stellt werden, da im Text die Information steckt, was auf dem Schild auf der Tür geschrieben

steht.

Abb. 18: Tür zum Uhrensaal (Ende 112018:149)

Nachdem sich Momo in Meister Horas Haus gerettet hat, versammeln sich die grauen Her-

ren in ihrer Zentrale, um sich über das weitere Vorgehen zu beraten. Wie immer rauchen alle

ihre Zigarre, „[n]ur die runden steifen Hüte hatten sie abgelegt“ (ibid.:151). Die Illustration am

Ende des Kapitels zeigt dazu eine endlos lange Reihe an runden Hüten, die auf Haken an

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der Wand hängen (siehe Abbildung 19). Somit ist diese Beziehung symmetrisch, denn beide

Modi erzählen dieselbe Geschichte.

Abb. 19: Hüte (Ende 112018:160)

Während die grauen Herren ihre Versammlung abhalten, betritt Momo nun durch die kleine

Tür im Nirgend-Haus den Uhrensaal. Die folgende Illustration von einigen nebeneinander

brennenden Kerzen (siehe Abbildung 20) verhält sich dabei symmetrisch zum Text, so wie

dies bereits bei der Illustration auf der Rückseite des Bucheinbandes aufgezeigt wurde:

Das goldene Licht, das diesen unermesslichen Raum durchwebte, kam von unzähligen Kerzen, die überall aufgesteckt waren und deren Flammen so reglos brannten, als seien sie mit leuchtenden Farben gemalt und brauchten kein Wachs zu verzehren, um zu strah-len. (Ibid.:161)

Abb. 20: Kerzen (Ende 112018:185)

Zu Beginn des dritten Teils erwacht Momo im Amphitheater. Meister Hora hat sie nach ei-

nem Jahr zurückgeschickt, da er überzeugt ist, dass Momo nun für den Kampf gegen die

grauen Herren gewappnet ist. In diesem Teil befindet sich die letzte eingerahmte Illustration,

eine Abbildung des Stadtteils der Niemals-Gasse (siehe Abbildung 21), die sich grundsätz-

lich in einem symmetrischen Verhältnis zum Text befindet, der das kuriose Viertel wie folgt

beschreibt:

Denn die langen schwarzen Schatten, die sogar die kleinsten Steinchen auf der Straße warfen, liefen in ganz verschiedene Richtungen, als würde jener Baum dort von links, dieses Haus von rechts und das Denkmal da drüben von vorn beleuchtet. Übrigens sah das Denkmal selbst auch recht sonderbar aus. Auf einem großen würfelförmigen Sockel aus schwarzem Stein stand ein riesengroßes weißes Ei. Das war alles. Aber auch die Häuser waren anders als alle, die Momo je gesehen hatte. Sie waren von einem fast

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blendenden Weiß. Hinter den Fenstern lagen schwarze Schatten, sodass man nicht se-hen konnte, ob dort überhaupt jemand wohnte. (Ibid.:145)

Alle genannten Eigenheiten dieses Stadtviertels lassen sich auf der Illustration erkennen. So

werfen kleine Steine auf dem Boden Schatten in unterschiedliche Himmelsrichtungen, im

Hintergrund ist das Denkmal des Eis auf einem Sockel zu sehen und die Häuser haben eine

weiße Wandfarbe und dunkle Fenster.

Die Illustration verhält sich jedoch nicht ausschließlich symmetrisch zum verbalen

Modus, denn zusätzlich gezeichnete Aspekte, die durch ihre Kuriosität hervorstechen, er-

gänzen den Text. Dazu zählen Treppen, die senkrecht nach unten verlaufen, Torbögen, de-

ren Bausteine nicht durch Mörtel, sondern durch reine Luft miteinander verbunden sind, so-

wie Türme, auf deren Dächern große weiße Kugeln platziert wurden.

Abb. 21: Stadtteil der Niemals-Gasse (Ende 112018:188)

Da die grauen Herren während Momos Fernbleiben dafür gesorgt haben, dass ihre Freunde

und Freundinnen keine Zeit mehr für irgendetwas oder irgendjemanden haben, ist Momo nun

ganz allein in ihrer Kammer im Amphitheater, wo sich in dem Jahr, das sie bei Meister Hora

verbracht hat, bereits Spinnen eingenistet haben: „[Ü]berall lag dicker Staub und hingen

Spinnweben“ (ibid.:212). Die dazugehörige Illustration bildet genau dies ab – eine Spinne,

die sich an einem Faden von ihrem Spinnennetz herab seilt (siehe Abbildung 22). Demnach

handelt es sich hier um eine symmetrische Beziehung.

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Abb. 22: Spinne mit Spinnennetz (Ende 112018:213)

Als Momo schließlich großer Hunger packt, macht sie sich auf den Weg zum Restaurant von

Nino, der sie mit Essen versorgt, allerdings viel zu beschäftigt ist, um wirklich mit ihr reden zu

können. Abgebildet ist in diesem Zusammenhang eine Kasse (siehe Abbildung 23), die auch

im Text vorkommt: „Aber dann drängten die nächsten Leute heran und [Nino] tippte wieder

auf der Kasse, nahm Geld ein und gab Wechselgeld heraus“ (ibid.:223). Somit ist hier von

einer symmetrischen Beziehung die Rede.

Abb. 23: Kasse (Ende 112018:222)

Momo kann schließlich Gigis neue Adresse ausfindig machen, der jedoch ebenfalls keine

Zeit für sie hat und stattdessen zu seinem nächsten Termin fliegen muss. Die beiden verab-

schieden sich daher am Flughafen. Begleitend dazu ist ein Flugzeug in der Luft abgebildet

(siehe Abbildung 24), das im Text nicht erwähnt wird, aber auch nicht notwendig wäre, um zu

erzählen, dass Gigi wegfliegt. Es dient somit als Ergänzung zum verbalen Modus.

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Abb. 24: Flugzeug (Ende 112018:234)

Das Mädchen verzweifelt langsam. Niemand ist mehr da, um mit ihr zu spielen, niemand hat

mehr Zeit. Auch Kassiopeia hat sie nach ihrem Besuch bei Gigi verloren und die grauen Her-

ren haben selbst die Kinder unter ihre Kontrolle gebracht, indem sie sie in Kinderheime be-

ziehungsweise sogenannte Kinder-Depots gesteckt haben. Als Momo es nicht mehr aushält

will sie freiwillig in eines der Kinderheime gehen, doch die Tür wird ihr von einem grauen

Herren versperrt, der ihr erklärt, dass andere Pläne für sie vorgesehen sind. Abgebildet wird

dazu die Tür des Kinderheims (siehe Abbildung 25), die auch im Text erwähnt wird und de-

ren Größe das für Momo unüberwindbare Hindernis, ins Kinderheim zu gelangen, gut reprä-

sentiert. Das bedeutet, dass hier ein symmetrisches Verhältnis zwischen verbalem und visu-

ellem Modus besteht.

Abb. 25: Tür des Kinderheims (Ende 112018:243)

Die grauen Herren suchen Momo anschließend auf, um sie davon zu überzeugen, ihnen den

Weg zu Meister Horas Nirgend-Haus zu zeigen, doch Momo verrät ihnen, dass nicht sie,

sondern nur Kassiopeia dorthin zurück finden kann, woraufhin sich die grauen Herren eiligst

auf die Suche nach der Schildkröte begeben und Momo wieder alleine zurücklassen: „Sie

stand allein auf dem großen Platz, über den nur noch ein kalter Windstoß hinfuhr, der wie

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aus einer großen Leere zu kommen schien, ein aschengrauer Wind“ (ibid.:255). Diese Text-

stelle und die dazugehörige Illustration gleich darunter, auf der die Stadt, in der Momos

Freunde und Freundinnen leben, abgebildet ist, weisen hier eine ergänzende Beziehung

zueinander auf, da die zusätzliche Information gegeben wird, dass der Wind nicht nur über

den Platz weht, auf dem Momo sich befindet, sondern über die gesamte Stadt. Zudem ver-

stärkt die Illustration das Gefühl der Einsamkeit.

Abb. 26: Stadt (Ende 112018:255)

Zu Momos großem Glück taucht Kassiopeia wieder auf und führt sie zurück zu Meister Hora.

Die beiden wissen allerdings nicht, dass sie dabei von den grauen Herren verfolgt werden,

die dadurch nun den Weg zum Nirgend-Haus kennen. Dort angekommen fällt Momo er-

schöpft auf ein Sofa, dessen Abbildung der Beschreibung entspricht (siehe Abbildung 27):

„Momo […] warf sich auf das zierliche Sofa und versteckte ihr Gesicht unter einem Kissen,

um nichts mehr zu sehen und zu hören“ (ibid.:263). Die Illustration und der Text verhalten

sich also symmetrisch zueinander.

Abb. 27: Sofa (Ende 112018:263)

Als Momo wieder aufwacht, wartet bereits ein herrlich gedeckter Frühstückstisch auf sie: „die

Kanne mit dampfender Schokolade, der Honig, die Butter und die knusprigen Brötchen“

(ibid.:267). Nachdem Meister Hora jedoch die Zeit angehalten hat, sind nicht nur die Men-

schen, sondern auch alle Gegenstände erstarrt: „Sogar die Brotkrümchen, die auf dem Teller

lagen, waren vollkommen unbeweglich“ (ibid.:278). Beinahe alle genannten Köstlichkeiten,

die Kanne mit flüssiger Schokolade, der Honig, das Brot und die Krumen auf dem Teller, sind

auf der dazugehörigen Abbildung des gedeckten Tisches zu sehen (siehe Abbildung 28).

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Lediglich die Butter fehlt, weshalb hier genau genommen von einer teils symmetrischen, teils

ergänzenden Beziehung zu sprechen ist, da der Text die Illustration um diese Information

ergänzt.

Abb. 28: gedeckter Tisch (Ende 112018:276)

Überstürzt flüchten die grauen Herren nach dem Anhalten der Zeit in ihre Zentrale, um ihre

letzten Zigarrenvorräte zu sichern und um sich zu beraten. Momo folgt ihnen unauffällig und

findet vor dem Eingang der Zentrale ein Verbotsschild, von dem Michael Ende eine Zeich-

nung anfertigte (siehe Abbildung 29) und auf dem Folgendes zu lesen ist: „!ACHTUNG!

HÖCHSTE LEBENSGEFAHR/UNBEFUGTEN IST DER EINTRITT STRENGSTENS VER-

BOTEN“ (ibid.:286; Hervorhebung im Original). Dabei handelt es sich um eine zusätzliche

Information zum Text und folglich um eine ergänzende Beziehung zwischen Text und Illust-

ration.

Abb. 29: Verbotsschild (Ende 112018:286)

Momo schafft es durch viel Glück und Geschick die grauen Herren schlussendlich zu besie-

gen und Kassiopeia, die tatkräftig geholfen hat, kehrt nach ihrem Abenteuer zu Meister Hora

zurück und ist auf der abschließenden Illustration mit dem Wortlaut „ENDE“ (ibid.:300;

Hervorhebung im Original) auf ihrem Panzer abgebildet (siehe Abbildung 30). Dadurch er-

gänzt sie den Text um das letzte Wort. Neben dieser ergänzenden Beziehung gibt es hier

jedoch auch eine symmetrische, da Kassiopeias Beine und ihr Köpfchen kaum mehr zu se-

hen sind, was dem Text entspricht: „Sie zog ihren Kopf und ihre vier Glieder ein“ (ibid.).

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Abb. 30: Kassiopeia mit dem Wortlaut „ENDE“ (Ende 112018:300)

5.3 Analyse der englischen Übersetzung von Lucas Zwirner und

Marcel Dzama (2013)

Für die Ausgabe zum 40-jährigen Jubiläum von Momo mit einer Übersetzung von Lucas

Zwirner fertigte Marcel Dzama neue Illustrationen an. Auch für diese werden die visuellen

Charakteristika sowie die Beziehungen zwischen Text und Illustrationen untersucht.

5.3.1 Visuelle Charakteristika in Momo (2013)

Auf dem farbigen Buchumschlag dieser Fassung befindet sich eine Illustration, die sich von

der Vorder- auf die Rückseite des Umschlages erstreckt (siehe Abbildung 31 und 32). Darauf

abgebildet sind im Vordergrund Momo mit Kassiopeia im Arm und im Hintergrund die grauen

Herren, die hintereinander in einer Reihe marschieren. Während einige der charakteristi-

schen Merkmale der finsteren Gestalten – die runden Hüte, die Zigarren und die Aktenta-

schen – der Beschreibung im Buch entsprechen, stimmt ihre Kleidung nicht mit dem Text

überein, denn anstelle von grauer Kleidung tragen sie hier schwarze. Des Weiteren sind ihre

Köpfe mit Haaren bedeckt, was durch ihre gehobenen Hüte sichtbar ist und ebenfalls im Wi-

derspruch zum Text steht: „They had all removed their round top hats, revealing identical

shiny bald heads“ (Ende 2013:155).

Auch Momos Aussehen ist etwas anders. So trägt sie keinen Rock mit Flicken, der ihr

bis zu den Knöcheln reicht, und ihr Mantel scheint weder sonderlich alt noch zu groß zu sein.

Selbst ihre Schuhe entsprechen nicht der Beschreibung, denn wenn Momo einmal Schuhe

trägt, was sie nur manchmal im Winter tut, wenn es zu kalt ist, dann trägt sie zwei verschie-

dene Schuhe, die ihr zudem zu groß sind. Auf der Illustration sind jedoch zwei gleiche, allem

Anschein nach passende Schuhe zu sehen. All die anders dargestellten Markenzeichen aus

der Beschreibung lassen Momo insgesamt weniger ärmlich wirken als dies aus dem Text

hervorgeht. Ein markantes Merkmal von Momo wurde hingegen beibehalten, nämlich ihr

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schwarzer Haarschopf. Demnach weist der Buchumschlag einige symmetrische sowie wi-

dersprüchliche Verbindungen zum Text auf.

Abb. 31: Vorderseite des Buchumschlages (Ende 2013)

Abb. 32: Rückseite des Buchumschlages (Ende 2013)

Der Umschlag des Buches bildet nicht nur einige der Hauptcharaktere ab, sondern spielt

auch bereits auf das Thema Zeit an, indem das „o“ im Titel beide Male durch eine Uhr ersetzt

wurde. Auch auf dem ansonsten hauptsächlich in Schwarz gehaltenen Bucheinband findet

sich dieser Schriftzug.

Im Vergleich zur Illustration auf dem Buchumschlag wurden die Illustrationen im Buch

selbst ausschließlich in den Farben Schwarz und Weiß angefertigt, um womöglich die durch

die grauen Herren verursachte Düsternis zu verstärken oder um die Fantasie der Leser und

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Leserinnen anzuregen. Keine der Illustrationen verfügt über einen Rahmen, wodurch sie

nicht vom Text abgegrenzt werden und praktisch in die Geschichte einfließen.

Für die Illustrationen wurde beinahe immer die Zentralperspektive gewählt. Eine Aus-

nahme davon bildet lediglich die letzte Illustration im Buch, auf der Kassiopeia mit den zwei

Wörtern „THE END“ (ibid.:310f.; Hervorhebung im Original) auf ihrem Panzer abgebildet ist.

Die Schildkröte ist hier aus der Vogelperspektive gezeichnet, um den Panzer und somit die

Schlusswörter möglichst gut abzubilden.

Im Rahmen der allgemeinen Typografie sind noch die verschiedenen Hervorhebun-

gen zu nennen, wie etwa die Verwendung von kursiver Schrift (zum Beispiel für zu betonen-

de Textstellen, insbesondere als Hilfestellung zum Vorlesen), Groß- und Fettschreibung so-

wie Kapitälchen (beispielsweise für das Schild von Meister Horas Nirgend-Haus, jedoch nicht

für das Schild der Niemals-Gasse oder für das Schild mit Meister Horas Namen darauf, de-

ren Aufschriften überhaupt nicht hervorgehoben werden).

Erwähnenswert ist schließlich noch, dass der Beginn der drei Teile der Geschichte

jeweils mit einer schwarzen Seite markiert wird, auf der in weißen Großbuchstaben nur die

Angabe, um welchen Teil es sich handelt, zu lesen ist (Beispiel: „PART ONE“; ibid.:4; Her-

vorhebung im Original).

5.3.2 Beziehungen zwischen Text und Illustrationen in Momo (2013)

Marcel Dzama fertigte neben der Illustration auf dem Buchumschlag weitere zwölf Illustratio-

nen an, die in den meisten Fällen eine ganze Seite einnehmen. Ausnahmen davon bilden die

Illustration von Momo und Kassiopeia, die sich auf der unteren Hälfte der Seite 197 befindet,

sowie die Illustration von Kassiopeia zum Schluss, die auf eine Doppelseite gezeichnet wur-

de.

Die erste Illustration im Buch zu Beginn des ersten Teils zeigt Momo mit ihrem Mantel

in der Hand im Amphitheater (siehe Abbildung 33) und verweist darauf, dass es im ersten

Teil um Momos Leben in ebenjenem alten Gebäude geht. Zwar ist nur ein kleiner Teil des

Amphitheaters zu sehen, dieser entspricht jedoch der Beschreibung im Text:

These theaters looked the way circuses look today, except that they were built entirely out of stone. The seats for spectators were arranged in the shape of an enormous crater lined with rows that circled upward like a winding staircase. Seen from above, some of the theaters looked round, while others were more oval, and still others formed wide sem-icircles. These last ones—the semicircles—were called amphitheaters. (Ende 2013:7)

Die Szenerie weist also eine symmetrische Beziehung zum Text auf. Die Zeichnung von

Momo verhält sich hingegen teilweise widersprüchlich zum Schriftlichen, denn wie bereits auf

dem Buchumschlag trägt sie auch hier keinen knöchellangen Rock. Stattdessen hat sie ein

Kleid an, das ihr bis zu den Knien reicht. Ob sie hier ebenfalls wieder ein gleiches Paar

Schuhe trägt, ist allerdings nicht zu erkennen, da nur einer ihrer Füße hinter einer abgebrö-

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ckelten Mauer hervor lugt. Auch in diesem Fall herrscht also nicht nur ein symmetrisches,

sondern auch ein widersprüchliches Verhältnis zwischen visuellem und verbalem Modus.

Abb. 33: Momo im Amphitheater (Ende 2013:6)

Nachdem Momo in die Kammer im Amphitheater eingezogen ist, lernt sie schnell viele Men-

schen aus der nahe gelegenen Stadt kennen, wovon zwei zu ihren besten Freunden werden.

Einer von ihnen ist Beppo, der wie folgt beschrieben wird:

The older one was named Beppo Streetsweeper. In reality, he probably had a different last name, but because he was a street sweeper by profession, and because everyone had always called him that, he had simply taken to using it as a surname […]. Because he was an exceptionally small man, and because he had a slight hunch, Beppo was not much taller than Momo. He had a large head that was always slightly cocked to one side with many small white hairs protruding out of it, and he had a tiny pair of wire-rimmed glasses that he wore on the tip of his nose. (Ibid.:37)

Dzama zeichnete Beppo relativ textgetreu (siehe Abbildung 34). Auf der Illustration sind etwa

die Brille mit den winzigen Gläsern auf der Nasenspitze, der leichte Krummrücken, einige

Haarsträhnen unter seinem Hut und der charakteristische Besen in Beppos Hand zu sehen.

Ob Beppo besonders klein ist, kann aufgrund mangelnden Vergleichs nicht festgestellt wer-

den. Ein klarer Widerspruch zur Beschreibung ist allerdings sein Kopf, der weder ungewöhn-

lich groß noch zur Seite geneigt ist. Dementsprechend ist hier genau genommen nicht nur

von einer symmetrischen, sondern auch von einer teils widersprüchlichen Beziehung die

Rede.

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Abb. 34: Beppo (Ende 2013:38)

Der zweite von Momos besten Freunden ist Gigi, der gemeinsam mit Momo auf der nächsten

Illustration abgebildet ist (siehe Abbildung 35). Seine Beschreibung ist im Gegensatz zu je-

ner über Beppo nicht ganz so ausführlich: „He was a handsome youth with dreamy eyes, and

he was a real chatterbox. He was always goofing off and playing practical jokes […]“

(ibid.:42). Da gutes Aussehen immer subjektiv ist, kann die Illustration hinsichtlich dieses

Aspektes nicht beurteilt werden, Dzama hat jedoch den frechen Charakter Gigis getroffen,

indem er ihm etwa eine kecke, leicht schief sitzende Mütze verpasste.

Momo trägt hier im Vergleich zu den vorherigen Illustrationen keine Schuhe, was

typischer für das Mädchen ist. Ihr fehlender Rock steht jedoch weiterhin im Widerspruch zum

Text, daher besteht auch in diesem Fall eine zweifache Beziehung zwischen Illustration und

Schriftlichem: symmetrisch einerseits und widersprüchlich andererseits.

Abb. 35: Gigi und Momo (Ende 2013:61)

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Zu den Hauptcharakteren von Momo zählen natürlich auch die Antagonisten, die grauen

Herren, von denen einer zu Beginn des zweiten Teils abgebildet ist (siehe Abbildung 36) –

ein Hinweis darauf, dass die grauen Herren in diesem Teil eine zentrale Rolle spielen. Im

Gegensatz zu der Zeichnung auf dem Buchumschlag entspricht diese Illustration exakt der

Beschreibung im Buch:

These men were dressed from head to toe in gray clothing the color of spider webs. Even their faces were as gray as ash. They wore round, gray top hats on their heads and smoked small, ash-colored cigars, and every one of them had a steel gray briefcase with him at all times. (Ibid.:46)

Alle genannten Merkmale – die graue Kleidung, der runde Hut, die Zigarre und die Aktenta-

sche – sind auf der Illustration vorhanden, sodass von einer symmetrischen Beziehung ge-

sprochen werden kann.

Abb. 36: grauer Herr (Ende 2013:64)

Um die grauen Herren zu stoppen und die Erwachsenen vor ihnen zu warnen, erstellen Mo-

mo und die anderen Kinder der Stadt Schilder, wie auf der nächsten Illustration zu sehen ist

(siehe Abbildung 37). Dabei verhält sich die Illustration vordergründig symmetrisch zum Text,

da fast dieselben Informationen sowohl im Text als auch auf der Illustration festgehalten

sind. So sind die – nebenbei bemerkt fehlerfreien – Sprüche auf den Schildern, wie etwa

„THAT NO MORE TIME IS BEING WON THE SECRET’S OUT YOU BETTER COME“

(ibid.:125; Hervorhebung im Original), auch dem Text zu entnehmen. Der Text enthält jedoch

einen Spruch, der nicht auf den Schildern der Illustration abgebildet ist und der verrät, wo

sich die Erwachsenen einfinden sollen: „COME TO A MEETING 3PM NEXT SUNDAY AT

THE OLD AMPHITHEATER“ (ibid.:123; Hervorhebung im Original). Somit besteht hier auch

eine ergänzende Beziehung. Des Weiteren ist auch ein Widerspruch ersichtlich, da Momo

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auf der Illustration mit ihrem fehlenden knöchellangen Rock erneut nicht ganz ihrem be-

schriebenen Aussehen entspricht.

Abb. 37: Kinder mit Schildern (Ende 2013:124)

Die Aktion der Kinder läuft ins Leere und die grauen Herren gewinnen immer mehr an Macht.

Einige der Antagonisten sind ein paar Seiten weiter abgebildet und, wie bereits der graue

Herr auf der Abbildung 36, entsprechen auch sie ihrer Beschreibung, weshalb die Illustration

dem symmetrischen Beziehungstyp zuzuordnen ist (siehe Abbildung 38).

Abb. 38: graue Herren (Ende 2013:140)

Damit Momo ihre Pläne nicht mehr durchkreuzen kann, wollen die grauen Herren das Mäd-

chen aus dem Weg räumen. Momo kann sich jedoch dank Kassiopeias Hilfe in das Nirgend-

Haus retten und erfährt dort von den Stunden-Blumen, die Meister Hora den Menschen

schickt, um ihnen ihre Zeit zu geben. Der Herr der Zeit führt sie dazu in einen unbekannten

Raum mit einem dunklen See, über dem ein riesiges Pendel schwingt:

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As the glittering star pendulum slowly got closer to the surface of the lake, a flower bud emerged. The closer the pendulum came, the wider the bud opened, until it was finally ly-ing on the liquid surface of the mirror in full bloom. (Ibid.:186)

Auf der nachfolgenden Illustration ist Momo mit einer der Stunden-Blumen, die nach und

nach zu blühen beginnt, zu sehen (siehe Abbildung 39), wobei die Stunden-Blume im Wider-

spruch zum obigen Textausschnitt steht, denn durch den langen Stiel über dem Wasser

kann sie nicht auf der Oberfläche des Sees aufliegen. Momo entspricht hier hingegen mit

ihren schwarzen Haaren und dem Mantel ihrem beschriebenen Aussehen (ob sie einen Rock

trägt, ist nicht zu erkennen), weshalb auch eine symmetrische Beziehung vorliegt.

Abb. 39: Momo und die Stunden-Blume (Ende 2013:187)

Momo kehrt zum Amphitheater zurück und zu ihrer Freude wird sie von Kassiopeia begleitet:

„Momo quickly clambered down and crouched on the floor next to it. The turtle only briefly

raised its head to examine the child with its ancient black eyes before it went back to eating“

(ibid.:196). Die abgebildete Szene, auf der Momo neben einer fressenden Kassiopeia im

Gras zu sehen ist (siehe Abbildung 40), entspricht diesem Textausschnitt und weist daher

eine symmetrische Beziehung zu diesem auf. Dies wird durch die Tatsache, dass keine wi-

dersprüchlichen Merkmale hinsichtlich Momos Äußerem zu erkennen sind, unterstützt.

Abb. 40: Momo und Kassiopeia (Ende 2013:197)

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Das Mädchen versucht, seine Freunde und Freundinnen zu finden, die während seiner Ab-

wesenheit unter die Kontrolle der grauen Herren geraten sind. Dazu zählt auch Beppo, dem

die grauen Herren erzählt haben, sie hätten Momo in ihrer Gewalt und um sie wiederzuse-

hen, müsste er ihnen seine Zeit geben. So schuftet Beppo Tag für Tag in der Hoffnung, da-

durch Zeit zu sparen und Momo zu befreien. Momo irrt lange Zeit alleine umher, bis sie eines

Tages Beppo findet:

One evening, while she was sitting on a bridge, Momo saw a hunched figure standing on the distant parapet of another bridge. He was hastily sweeping a broom back and forth, as if his life depended on it. Momo thought she recognized Beppo and began to scream and wave, but the figure never once stopped what it was doing. Momo got up and began to run, but by the time she had arrived at the other bridge it was empty. (Ibid.:244)

Die dazugehörige Illustration verhält sich, wie schon einige Illustrationen zuvor, sowohl

symmetrisch als auch widersprüchlich zum Text (siehe Abbildung 41). Symmetrisch ist die

Beziehung insofern, als im Hintergrund eine gebeugte Gestalt, die auf einer Brücke kehrt, zu

sehen ist. Widersprüchlich ist sie, weil Momo weder auf einer Brücke sitzt noch den An-

schein erweckt, als würde sie schreien oder laufen, da sie mit ihren im Rücken verschränk-

ten Händen relativ gelassen dem Mann auf der Brücke zuzusehen scheint.

Abb. 41: Momo und Beppo (Ende 2013:245)

Wochen und Monate vergehen und Momo wandelt ganz einsam und verlassen durch die

Straßen: „[S]he found nothing, and she couldn’t ask for help because the only living thing in

sight was a skinny, dirty dog“ (ibid.:256). Blättert der Leser oder die Leserin eine Seite um,

sieht er oder sie ebendiesen ausgemergelten Hund, dem sich Momo nähert (siehe Abbil-

dung 42). Nicht abgebildet ist jedoch erneut Momos Rock, weshalb hier eine symmetrische

als auch widersprüchliche Beziehung vorliegt.

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Abb. 42: Momo und ein streunender Hund (Ende 2013:258)

Um seine Feinde zu stoppen, beschließt Meister Hora, die Zeit anzuhalten. Dadurch gelan-

gen die grauen Herren in Bedrängnis und sie fliehen panisch zu ihrem Hauptquartier, nicht

wissend, dass Momo ihnen folgt. Vor dem Eingang zum Quartier bremst Momo ab, um ein

Schild, das auf der nächsten Illustration abgebildet ist, zu lesen (siehe Abbildung 43). Darauf

steht: „BEWARE! HIGHLY DANGEROUS/ENTRY TO UNAUTHORIZED PERSONS

STRICTLY FORBIDDEN“ (ibid.:295; Hervorhebung im Original). Betont wird die Botschaft

durch die Abbildung eines Totenkopfes und zweier Knochen rechts und links davon auf dem

Schild. Die Illustration fungiert hier als Ergänzung zum Text, da die Information auf dem

Schild ausschließlich der Abbildung entnommen werden kann.

Abb. 43: Verbotsschild (Ende 2013:295)

Die Geschichte nimmt ein gutes Ende, Momo und alle, die ihr lieb sind, sind wieder vereint

und Kassiopeia kehrt erschöpft zu Meister Hora zurück: „She pulled her head and her four

limbs into her shell, and then two words, only visible to those who have read this story, slowly

appeared on her back…“ (ibid.:309). Beendet wird der Satz mit einer Zeichnung von Kassio-

peia, auf deren Panzer die Worte „THE END“ (ibid.:310f.; Hervorhebung im Original) zu le-

sen sind (siehe Abbildung 44). Sie verhält sich somit vordergründig ergänzend zum Text, ist

jedoch auch etwas widersprüchlich, da Kassiopeia auf der Illustration ihren Kopf und ihre

Gliedmaßen noch deutlich ausgestreckt hat.

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Abb. 44: Kassiopeia mit dem Wortlaut „THE END“ (Ende 2013:310f.)

5.4 Analyse der englischen Übersetzung von John Maxwell Brown-

john und Chris Riddell (2009)

Die einzige Illustration dieser Ausgabe von Puffin Books befindet sich einmal auf der Vorder-

seite, einmal auf der Rückseite und einmal in Miniaturversion auf dem Buchrücken des

Buchumschlages, der den Rezipienten und Rezipientinnen vermutlich durch seine rote Hin-

tergrundfarbe ins Auge fällt. Auf der farbigen Illustration, die von Chris Riddell angefertigt

wurde, ist Momo mit Kassiopeia im Arm vor den Stufen des alten Amphitheaters zu sehen

(siehe Abbildung 45). Dass das Amphitheater bereits vor vielen Jahren erbaut wurde, ist gut

an den abbröckelnden Steinen und den Gräsern, die auf den Stufen wachsen, zu erkennen –

eine symmetrische Verbindung zum Text, in dem beschrieben wird, wie alt die Gemäuer

sind.

Auf Kassiopeias Panzer sind die zwei Wörter „FOLLOW ME“ (Ende 2009; Hervorhe-

bung im Original) zu lesen, mit denen die Schildkröte Momo aus dem Amphitheater lockt,

bevor die grauen Herren das Mädchen erwischen können. Hier dient die Botschaft nicht nur

als Referenz zum Text, sondern auch als Einladung für die Leser und Leserinnen, in die Ge-

schichte von Momo einzutauchen.

Diese trägt auf der Illustration eine blaue Jacke mit Ärmeln, die ihr zu lang sind und

die sie daher hochgekrempelt hat, ein etwas zerschlissenes Kleid mit vielen bunten Flicken

und keine Schuhe. Ihre Haare sind pechschwarz, lockig und etwas zerzaust und ihre Augen

von dunkler Farbe. Viele dieser Merkmale treffen auf die Beschreibung ihres Äußeren zu.

Der Rock, der in dieser englischen Übersetzung zu einem Kleid wurde („Her ankle-length

dress was a mass of patches of different colours“ (ibid.:13)), reicht jedoch nicht bis zu ihren

Fußknöcheln hinab. Daher ist diese Beziehung zwischen Illustration und Text nicht rein

symmetrisch, sondern auch zu einem kleinen Teil widersprüchlich.

Die Illustration verfügt über einen runden Rahmen, auf dessen oberer Hälfte sich

mehrere Uhren unterschiedlicher Art befinden. Somit werden auf der Titelseite des Buches

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nicht nur zwei der Hauptcharaktere vorgestellt, sondern es wird außerdem darauf hingewie-

sen, dass Zeit eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt.

Abb. 45: Illustration auf der Vorderseite des Bucheinbandes (Ende 2009)

Die Hervorhebung bestimmter Wörter oder Textstellen erfolgt in dieser Fassung mithilfe von

Kursivschrift, Großschreibung und Kapitälchen. Kursive Schrift wird etwa für zu betonende

Textstellen eingesetzt, während große Buchstaben beispielsweise für die auf Kassiopeias

Panzer erscheinenden Wörter verwendet werden. Zu weiteren Beispielen für großgeschrie-

bene Textstellen zählen zudem die Beschriftung der Schilder der Niemals-Gasse und des

Nirgend-Hauses, die Aufschrift auf dem Schild mit Meister Horas Namen sowie die beiden

letzten Wörter, „THE END“ (ibid.:236; Hervorhebung im Original), welche die Illustration zum

Schluss ersetzen.

Kapitälchen werden zum Beispiel für die Schilder benutzt, welche die Kinder für die

Kundgebung anfertigen. Darin finden sich einige Rechtschreibfehler, die zur Unterhaltung für

das mit der korrekten Rechtschreibung vertraute Publikum eingebaut wurden – ein Hinweis

auf die Mehrfachadressiertheit. Beispiele dafür bilden etwa „IF YOU REALLY WANT TO KNOW

PLEESE COME TO THE OLD AMFITHEATRE NEXT SUNDAY AT 6“ (ibid.:99; Hervorhebung im Origi-

nal) oder „IMPORTANT! YOUR TIME IS AT STEAK“ (ibid.; Hervorhebung im Original). Auffällig ist

an dieser Stelle, dass die einzelnen Phrasen, welche die Kinder auf die Schilder schreiben,

nicht einfach untereinander aufgelistet, sondern stattdessen in Grüppchen auf der unteren

Hälfte der Seite verteilt wurden. Es scheint, als hätte John Maxwell Brownjohn hier der Illust-

ration von Michael Ende nur mithilfe des verbalen Modus nachempfunden.

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Kapitälchen werden auch teilweise für die Beschriftung des Verbotsschildes am Ein-

gang zum Hauptquartier der grauen Herren verwendet: „DANGER! KEEP OUT! NO UNAU-

THORIZED PERSONS ADMITTED“ (ibid.:226; Hervorhebung im Original). Um die Botschaft zu

unterstreichen, wurde eine kleine Abbildung eines Totenkopfes mit zwei unter ihm gekreuz-

ten Knochen hinzugefügt. Dies dient als Ersatz für die ursprüngliche Illustration Endes.

Auffallend ist bei dieser Übersetzung schließlich noch, dass jeder der drei Teile des

Buches mit zumindest einer leeren Seite eröffnet wird (eine leere Seite mehr, wenn das dar-

auffolgende Kapitel ansonsten nicht auf der rechten Seite beginnen würde).

5.5 Auswertung

Zur besseren Übersicht werden im Folgenden alle Beziehungen zwischen den Texten und

Illustrationen in den Tabellen 2, 3 und 4 dargestellt:

Nummer der

Abbildung Bezeichnung Seite Beziehung

1 Illustration auf der Vorderseite

des Bucheinbandes - symmetrisch

2 Illustration auf der Rückseite

des Bucheinbandes - symmetrisch

3 Amphitheater 6 symmetrisch

4 Ofenrohr 14 symmetrisch

5 Kanarienvogel 23 symmetrisch

6 Wäscheleine 37 ergänzend

7 Wind 46 ergänzend

8 Kronen 60 ergänzend

9 Reihen von Wohnblöcken 62 symmetrisch

10 Aktentasche und Hut 80 symmetrisch

11 Schiefertafel 89 symmetrisch

12 Korb 96 symmetrisch

und ergänzend

13 Zigarre 109 symmetrisch

14 Schilder 121 ergänzend

15 Farbeimer und Pinsel 122 symmetrisch

16 Kassiopeia 134 symmetrisch

17 verlassene Kammer 139 symmetrisch

18 Tür zum Uhrensaal 149 symmetrisch

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und ergänzend

19 Hüte 160 symmetrisch

20 Kerzen 185 symmetrisch

21 Stadtteil der Niemals-Gasse 188 symmetrisch

und ergänzend

22 Spinne mit Spinnennetz 213 symmetrisch

23 Kasse 222 symmetrisch

24 Flugzeug 234 ergänzend

25 Tür des Kinderheims 243 symmetrisch

26 Stadt 255 ergänzend

27 Sofa 263 symmetrisch

28 gedeckter Tisch 276 symmetrisch

und ergänzend

29 Verbotsschild 286 ergänzend

30 Kassiopeia mit dem Wortlaut „ENDE“ 300 symmetrisch

und ergänzend

Tabelle 2: Beziehungen zwischen Text und Illustration in Momo (112018)

Nummer der

Abbildung Bezeichnung Seite Beziehung

31 und 32 Illustration auf der Vorder- und

Rückseite des Buchumschlages -

symmetrisch

und widersprüchlich

33 Momo im Amphitheater 6 symmetrisch

und widersprüchlich

34 Beppo 38 symmetrisch

und widersprüchlich

35 Gigi und Momo 61 symmetrisch

und widersprüchlich

36 grauer Herr 64 symmetrisch

37 Kinder mit Schildern 124

symmetrisch,

ergänzend und

widersprüchlich

38 graue Herren 140 symmetrisch

39 Momo und die Stunden-Blume 187 symmetrisch

und widersprüchlich

40 Momo und Kassiopeia 197 symmetrisch

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41 Momo und Beppo 245 symmetrisch

und widersprüchlich

42 Momo und ein streunender Hund 258 symmetrisch

und widersprüchlich

43 Verbotsschild 295 ergänzend

44 Kassiopeia mit dem Wortlaut „THE END“ 310

und 311

ergänzend

und widersprüchlich

Tabelle 3: Beziehungen zwischen Text und Illustration in Momo (2013)

Nummer der

Abbildung Bezeichnung Beziehung

45 Illustration auf dem Bucheinband symmetrisch und

widersprüchlich

Tabelle 4: Beziehung zwischen Text und Illustration in Momo (2009)

In der deutschen Fassung aus dem Jahr 2018 fanden sich 23 symmetrische und zwölf er-

gänzende Beziehungen, wobei fünf Illustrationen eine zweifache Beziehung zum Text auf-

weisen. Interdependente oder widersprüchliche Beziehungen wurden nicht erkannt.

Die Illustrationen in der englischen Übersetzung von Lucas Zwirner und Marcel

Dzama verfügen in den meisten Fällen, genau genommen in acht, über eine zweifache Be-

ziehung zum Text und einmal sogar über eine dreifache. Nur bei vier Illustrationen wurde

lediglich eine Beziehungsart erkannt. Insgesamt ließen sich in dieser Fassung elf symmetri-

sche, drei ergänzende und neun widersprüchliche Beziehungen zwischen Illustration und

Text feststellen. Eine interdependente Beziehung liegt nicht vor.

Bei der englischen Übersetzung von John Maxwell Brownjohn und Chris Riddell gab

es nur eine zu analysierende Illustration. Diese stand in einem symmetrischen und teils wi-

dersprüchlichen Verhältnis zum Text.

5.6 Diskussion

Nachdem die drei Werke einzeln analysiert und die Ergebnisse dieser Analyse ausgewertet

wurden, erfolgt in diesem Unterkapitel die Diskussion. Bevor jedoch mit der Diskussion be-

gonnen wird, ist noch festzuhalten, dass die Beziehung zwischen dem Text und einer Illust-

ration in einigen Fällen nicht leicht zu definieren ist. Beispielsweise liegen manche der ge-

fundenen Widersprüche in Details. Diese Anmerkung beruht auch auf der Erkenntnis von

Nikolajeva und Scott in Bezug auf ihr Modell:

[T]he relationship between words and pictures in a picturebook will never be completely symmetrical or completely contradictory […]. While some simple word/picture relation-

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ships are easy to characterize, more complex works involve a variety of aspects. For ex-ample, although characterization might be predominantly complementary or enhancing, plot line or modality might be counterpointing or even contradictory. (Nikolajeva/Scott 2000:226)

5.6.1 Visuelle Charakteristika im Vergleich

Die Bucheinbände beziehungsweise der Buchumschlag der McSweeney’s McMullens-

Ausgabe verfügen über zwei auffallende Gemeinsamkeiten. So verweisen beispielsweise

alle drei auf das Thema Zeit, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Ende bildete

dafür den Uhrensaal auf der Vorderseite des Einbandes ab, während Dzama zwei Uhren in

den Titel integrierte und Riddell den runden Rahmen seiner Illustration mit Uhren schmückte.

Eine weitere Gemeinsamkeit stellt die Abbildung von zwei der Hauptcharaktere – Momo und

Kassiopeia – dar. Dabei entspricht jedoch nur Endes Zeichnung exakt der Beschreibung von

Momo. Riddells Illustration ist durch das etwas kürzer ausfallende Kleid leicht widersprüch-

lich und Dzamas Abbildung unterscheidet sich in vielen Punkten, wodurch Momo sehr viel

gepflegter und weniger ärmlich wirkt als sie eigentlich beschrieben wird.

Neben den Gemeinsamkeiten gibt es jedoch auch Unterschiede. So ist bei Dzama

und Riddell Momos Gesicht zu sehen, was im Vergleich zu Endes Illustration der Anregung

der Fantasie entgegenwirkt. Dies ist bei Dzama noch markanter, da neben Momo und Kassi-

opeia auch die grauen Herren im Profil abgebildet sind. Einen weiteren Unterschied bildet

der Hintergrund. Während Ende den Uhrensaal als Verweis auf die Zeit-Thematik nutzte,

verwendete Riddell das Amphitheater, um Momos Wohnstätte und einen der zentralen

Schauplätze zu zeigen. Dzama wiederum bildete Momo, Kassiopeia und die grauen Herren

vor einem ausschließlich weißen Hintergrund ab und entschied sich somit dagegen, einen

der zentralen Plätze der Geschichte auf dem Buchumschlag vorzustellen.

Im Gegensatz zum farbigen Äußeren der drei Bücher sind die Illustrationen – im Falle

der Thienemann- und der McSweeney’s McMullens-Ausgabe – ausschließlich schwarz und

weiß. Auf diese Weise blieb Dzama den Funktionen der ursprünglichen Illustrationen treu,

denn sowohl in seiner als auch in Endes Fassung wird mithilfe der schwarz-weißen Zeich-

nungen die düstere Stimmung, welche von den grauen Herren verbreitet wird, übertragen

und die Fantasie der Leser und Leserinnen angeregt.

Die Art und Weise, die drei Abschnitte der Geschichte zu unterteilen, ist bei jedem

der drei Werke anders. Bei Ende wurde dafür zum Beispiel jeweils eine große eingerahmte

Zeichnung verwendet, bei Zwirner und Dzama eine schwarze Seite und bei Brownjohn und

Riddell mindestens eine leere Seite. Bei der Thienemann- und McSweeney’s McMullens-

Ausgabe wurde also mehr auf den visuellen Modus gesetzt als bei der Version von Puffin

Books, was dem Umstand entspricht, dass der visuelle Modus bei der letztgenannten Aus-

gabe allgemein eine nicht ganz so wichtige Rolle spielt.

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Für den Beginn der ersten beiden Abschnitte fertigte Dzama jeweils eine Illustration

an, die der entsprechenden Illustration von Ende in Bezug auf die Funktion ähnelt. Die

Zeichnung von Momo im Amphitheater bildet etwa, wie Endes Zeichnung vom Amphitheater,

auch den Hauptschauplatz des ersten Teils ab (siehe Abbildung 3 und 33) und die Reihen an

identischen Wohnhäusern und der graue Herr verweisen beide auf die zentrale Rolle der

grauen Herren im zweiten Teil (siehe Abbildung 9 und 36). Ein Punkt, in dem sie sich jedoch

unterscheiden, ist die Perspektive der Szene. So wählte Dzama in beiden Fällen die Zentral-

perspektive, während Ende mithilfe des Blicks von oben die vorausschauende Funktion der

Illustrationen unterstrich. Des Weiteren verwendete Dzama keine Rahmen, die bei Ende die

Funktion, dem Leser oder der Leserin einen Ausblick über die Geschichte zu geben, zusätz-

lich verstärken. Dabei ist jedoch anzumerken, dass Dzama wahrscheinlich nicht die Intention

hatte, für jeden Abschnitt einen Vorausblick zu geben, da etwa zu Beginn des dritten Teils

überhaupt keine Illustration vorhanden ist.

Wie die soeben besprochenen zwei Illustrationen Dzamas wurden auch die übrigen

nicht eingerahmt. Sie fließen dadurch direkt in den Text ein, da keine visuelle Grenze zwi-

schen dem Schriftlichen und den Illustrationen vorliegt. Dies entspricht den Illustrationen En-

des, die ebenfalls über keine Rahmen verfügen (ausgenommen davon sind natürlich die drei

großen Illustrationen zu Beginn der drei Abschnitte).

Schließlich lässt sich in Bezug auf die Typografie noch ein erwähnenswerter Unter-

schied zwischen der Originalfassung und den beiden Übersetzungen feststellen. Dieser be-

trifft die Schilder mit den Aufschriften „Niemals-Gasse“, „Das Nirgend-Haus“ und „Meister

Secundus Minutius Hora“. Ende wählte dafür eine andere Schriftart, die er für keine andere

Textstelle verwendete und betonte dadurch die Besonderheit der beiden Orte und von Meis-

ter Hora. Dies wurde so jedoch nicht von Zwirner und Brownjohn umgesetzt. Ersterer hebt

ohnehin nur das Schild für das Nirgend-Haus mittels Kapitälchen hervor. Die beiden anderen

Beschriftungen weisen abgesehen von Anführungszeichen keinerlei Hervorhebung auf.

Brownjohn hob hingegen wie Ende alle drei Beschriftungen hervor, verwendete dabei jedoch

Großbuchstaben, derer er sich auch bei anderen Textstellen bediente, wodurch das Beson-

dere der Niemals-Gasse, des Nirgend-Hauses und von Meister Hora weniger stark betont

wird.

Der Vergleich der visuellen Charakteristika führt vor Augen, dass nicht nur Illustratio-

nen an sich, sondern auch andere visuelle Merkmale in engem Zusammenhang zum verba-

len Modus stehen. Sie sollten daher bei der Übersetzung keinesfalls übergangen werden.

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5.6.2 Funktionen der Beziehungen zwischen Text und Illustrationen

im Vergleich

Alle drei Illustratoren – Ende, Dzama und Riddell – drücken durch ihre Zeichnungen ihre

Kreativität und ihren ganz persönlichen Stil aus. Dabei erfüllen die Illustrationen jedoch auch

zusätzliche Funktionen. Bei der Thienemann-Ausgabe dienen jene Illustrationen, die sich

symmetrisch zum Text verhalten, nicht nur der Ausschmückung der Geschichte und der

Konkretisierung des Geschriebenen, sondern zum Beispiel auch der Verstärkung der Gefüh-

le, wie zum Beispiel die Illustration der Reihen an Wohnblöcken beweist, durch welche die

Trostlosigkeit betont wird (siehe Abbildung 9). Des Weiteren können sie auf den Verlauf der

Geschichte hindeuten, wie dies zum Beispiel die Illustration des Amphitheaters tut (siehe

Abbildung 3).

Einige der ergänzenden Zeichnungen Endes haben hingegen die Aufgabe, den Le-

sern und Leserinnen wichtige Informationen zu vermitteln. Ein Beispiel dafür wären die

Schilder der Kinder (siehe Abbildung 14). Andere ergänzende Abbildungen liefern hingegen

weniger essenzielle Informationen, wie beispielsweise jene mit den zwei Kronen (siehe Ab-

bildung 8). In diesen Fällen steht das Ausschmücken der Geschichte mehr im Vordergrund,

eine Funktion, bei der sich symmetrische und ergänzende Illustrationen überlappen. Eine

weitere Überlappung ist bei der Funktion der Verstärkung von Gefühlen vorhanden. Dazu

kann die Zeichnung des Windes als Beispiel angeführt werden (siehe Abbildung 7), die den

Leser oder die Leserin noch mehr erschauern lässt.

Dzamas symmetrische Illustrationen erfüllen ebenfalls die Aufgabe, die Geschichte

auszuschmücken und zum Teil Hinweise auf den Geschichtsverlauf zu geben. Im Vergleich

zu Endes Illustrationen konkretisieren sie die beschriebenen Charaktere jedoch viel mehr.

Denn während Ende insgesamt nur viermal einen der Hauptcharaktere zeichnete, wovon

drei Zeichnungen Kassiopeia zeigen und eine Zeichnung Momo, auf der sie nur von hinten

zu sehen ist, bildete Dzama außer Meister Hora jeden der Hauptcharaktere zumindest ein-

mal ab. Dadurch lässt er der Fantasie der Betrachter und Betrachterinnen seiner Illustratio-

nen viel weniger Freiraum als Ende.

Als Beispiel dafür dienen die Illustrationen von den Schildern der Kinder (siehe Abbil-

dung 14 und 37). Während Ende ausschließlich die Schilder abbildete, sind auf der Illustrati-

on Dzamas auch Momo und die Kinder zu sehen, welche die Schilder in den Händen halten.

Doch es handelt sich hierbei nicht um den einzigen Unterschied, denn während die Aufschrif-

ten der Schilder bei Ende nur der Illustration entnommen werden können, inkorporierte Zwir-

ner diese auch in seine Übersetzung. Die Illustration fungiert bei der McSweeney’s McMul-

lens-Ausgabe demnach nicht als Ergänzung zum Text, wie es bei der Thienemann-Ausgabe

der Fall ist. Stattdessen ergänzt der Text sogar die Illustration, indem er dem Leser oder der

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Leserin den Treffpunkt der Kundgebung bekannt gibt. Die Illustration Dzamas verhält sich

also hauptsächlich symmetrisch gegenüber dem Text, jene von Ende ergänzend.

Schließlich unterscheiden sich die beiden Illustrationen auch darin, dass weder Zwir-

ner noch Dzama Rechtschreibfehler einbauten, die im Original dazu dienten, erfahrenere

Leser und Leserinnen zum Schmunzeln zu bringen. Die Mehrfachadressiertheit wurde hier

von Zwirner und Dzama missachtet oder nicht erkannt. Insgesamt hat Endes Illustration

demnach eine tragendere Rolle inne. Ohne sie fehlen dem Text wichtige Informationen so-

wie die Lacher, welche die Rechtschreibfehler beim älteren Zielpublikum hervorrufen.

Die zwei den Text ergänzenden Illustrationen von Dzama, die essenzielle Informatio-

nen beinhalten, ähneln denen von Ende hingegen sehr in ihrer Funktion. Dabei handelt es

sich zum einen um das Verbotsschild (siehe Abbildung 43) und zum anderen um die Schild-

kröte Kassiopeia am Ende des Buches (siehe Abbildung 44). Beide Illustrationen enthalten

wichtige Informationen und schmücken die Geschichte aus, so wie die zwei Zeichnungen im

Original.

Die Zeichnung von Kassiopeia ist allerdings etwas widersprüchlich zum Text, wie

auch andere Illustrationen, die Dzama für die Jubiläumsausgabe anfertigte. Dabei lassen

sich insbesondere bei der Darstellung der Charaktere Unterschiede zum Text feststellen,

was wohl nicht ganz der Intention Endes entspricht, da der Autor seinem Text mit seinen

Illustrationen absolut treu blieb.

Die Widersprüche bei Dzamas Illustrationen im Buch sind nicht allzu groß, auf dem

Buchumschlag sind sie jedoch recht auffällig und haben sogar einen Einfluss auf Momos

Hintergrundgeschichte. Denn aufgrund der schickeren Jacke, der passenden Schuhe und

der fehlenden Flicken wirkt sie eher wie ein Mädchen aus gutem Hause als ein Mädchen,

das in einer Kammer unter dem Amphitheater lebt (siehe Abbildung 31 und 32).

Im Vergleich dazu blieb Riddell bei seiner Illustration der Beschreibung von Momo –

abgesehen von einem Detail – relativ treu, denn die deutlich zu große Jacke, das mit Flicken

übersäte Kleid und die bloßen Füße zeugen von Momos ärmlichem Hintergrund (siehe Ab-

bildung 45). Mit seiner Illustration lenkt Riddell also vor allem die Aufmerksamkeit der Leser

und Leserinnen. Er grenzt jedoch die Fantasie, wie Dzama, bei der Vorstellung von Momo

mehr ein als Ende, da er das Mädchen von vorne zeichnete.

5.6.3 Fehlende Illustrationen bei Momo (2009)

An dieser Stelle ist anzumerken, dass es sich nur bei zwei der analysierten Werke um Bil-

derbücher handelt. Denn während die Bücher der Verlage Thienemann und McSweeney’s

McMullens die Geschichte anhand eines Textes und anhand von Illustrationen erzählen, ist

dies bei der Puffin Books-Ausgabe nicht der Fall, was der im theoretischen Teil festgelegten

Definition für Bilderbücher widerspricht. Zwar wurde für den Buchumschlag eine neue Illust-

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ration von Chris Riddell angefertigt, doch ist diese nicht für das Erzählen der Geschichte mit-

verantwortlich.

Jene Illustrationen, welche für die Geschichte notwendige Informationen liefern, wie

die Schilder der Kinder, das Verbotsschild am Eingang des Hauptquartiers der grauen Her-

ren und die Schildkröte Kassiopeia mit den abschließenden Worten auf ihrem Panzer (siehe

Abbildung 14, 29 und 30), wurden stattdessen durch den verbalen Modus ersetzt. Die An-

ordnung in Gruppen der Beschriftungen der Schilder wurde zwar, wie oben bereits ange-

merkt, der Illustration von Michael Ende nachempfunden, doch kann nur eine der Funktionen

der ursprünglichen Abbildungen wirklich erfüllt werden, nämlich die der Ergänzung von In-

formationen. Die andere Funktion, die Ausschmückung der Geschichte, wurde missachtet.

Auch der zur Beschriftung des Verbotsschilds beigefügte Totenkopf ist ein eher schwacher

Ersatz für die ursprüngliche Illustration.

Das Ausschmücken der Geschichte bildet bei allen Illustrationen Endes eine wichtige

Funktion. Neben den drei soeben aufgezählten Illustrationen gibt es noch weitere, die zwar

keine essenziellen, aber ausschmückende Informationen enthalten. Dazu zählen beispiels-

weise die Illustrationen von der Wäscheleine, den zwei Kronen, dem Stadtteil der Niemals-

Gasse und dem Flugzeug (siehe Abbildung 6, 8, 21 und 24). Diese Illustrationen bieten den

Lesern und Leserinnen eine reichere Geschichte, welche den Rezipienten und Rezipientin-

nen der Puffin Books-Ausgabe verwehrt wird.

Durch das Fehlen von Illustrationen in der Übersetzung von John Maxwell Brownjohn

wird des Weiteren die Funktion des Originals der Verstärkung von Gefühlen nicht erfüllt. Dies

gelingt in Endes Fassung beispielsweise durch die Zeichnung des Windes (siehe Abbil-

dung 7) zur Betonung des Kältegefühls oder durch die Zeichnungen der endlos langen Rei-

hen an Wohnblöcken (siehe Abbildung 9) und der Stadt (siehe Abbildung 26), welche beide

das Gefühl von Trostlosigkeit verstärken.

Zudem können in der Puffin Books-Ausgabe keine Hinweise auf den weiteren Verlauf

der Geschichte gegeben werden, um die Spannung zu steigern. Die drei großen Illustratio-

nen von Michael Ende zum jeweiligen Beginn der drei Teile der Geschichte erfüllen diese

Funktion, welche durch die Einrahmung und somit Abgrenzung vom Text betont wird. Diese

Illustrationen bieten den Lesern und Leserinnen einen Vorausblick und lassen erahnen, was

noch passieren wird. Insbesondere die Illustration der eintönigen Wohnblöcke dient als Vor-

schau dafür, welchen Einfluss die grauen Herren auf die Stadt haben und was für ein furcht-

bares Leben sie herbeiführen werden. Dies geht bei der englischen Version aus dem Jahr

2009 vollständig verloren.

Schließlich kann die Puffin Books-Ausgabe die Aufmerksamkeit der Leser und Lese-

rinnen auch nicht so lenken, wie dies der Fall bei der Ausgabe des Verlages Thienemann ist

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84

– eine weitere Funktion, welche Endes Illustrationen erfüllen und welche bei der Fassung

von Brownjohn und Riddell fehlt.

5.6.4 Beantwortung der Forschungsfragen

Die erste Frage lautete: In welchen Arten von Beziehung stehen der Text und die

Illustrationen in Michael Endes deutscher Fassung von Momo, in der englischen Überset-

zung von Lucas Zwirner und Marcel Dzama sowie in der ebenfalls englischen Übersetzung

von John Maxwell Brownjohn und Chris Riddell? Hierzu konnte festgestellt werden, dass sich

Ende ausschließlich symmetrischen und ergänzenden Beziehungen zwischen Text und Il-

lustrationen bediente, während sich bei Zwirner und Dzama nicht nur symmetrische und er-

gänzende, sondern auch einige widersprüchliche Beziehungen erkennen ließen. Für die

Ausgabe von Brownjohn und Riddell wurde nur eine Illustration angefertigt, die in einem

symmetrischen als auch teils widersprüchlichen Verhältnis zum Text steht.

Mithilfe der Illustrationen drücken alle drei Illustratoren ihre Kreativität aus. Weitere

Funktionen, die Ende etwa mit den zum Text symmetrischen Zeichnungen erfüllt, bilden die

Ausschmückung und Konkretisierung der Geschichte, die Verstärkung von Gefühlen sowie

das Verweisen auf den weiteren Verlauf der Geschichte zum Spannungsaufbau. Einige die-

ser Funktionen, wie das Ausschmücken und das Verstärken von Gefühlen, überschneiden

sich mit denen der ergänzenden Illustrationen. Diese erfüllen jedoch auch unter anderem die

Aufgabe, essenzielle Informationen zu liefern oder ältere Leser und Leserinnen auf der Hu-

morebene anzusprechen.

Einige der soeben genannten Aufgaben der Illustrationen lassen sich auch bei Dza-

mas Zeichnungen erkennen. So schmücken die symmetrischen Illustrationen aus und geben

Hinweise auf die Geschichte, während die ergänzenden Illustrationen wichtige Informationen

hinzufügen. Jedoch lassen sich eine viel stärkere Konkretisierung, welche die Fantasie der

Leser und Leserinnen mehr einschränkt, und einige Widersprüche in Bezug auf die Darstel-

lung der Charaktere erkennen. Auch Riddell konkretisiert mit seiner Illustration die Darstel-

lung von Momo mehr als Ende. Sowohl bei der McSweeney’s McMullens- als auch bei der

Puffin Books-Ausgabe fehlt die Verstärkung der Gefühle und bei erstgenannter zusätzlich

noch die humoristische Funktion. Anhand dieser Erkenntnisse konnte die zweite Frage, wel-

che Funktion die Beziehungen zwischen dem Text und den Illustrationen in der jeweiligen

Fassung ausüben, beantwortet werden.

Doch nicht nur die Illustrationen, auch andere visuelle Charakteristika stehen in direk-

tem Zusammenhang zum Text, wie die Analyse aufgezeigt hat. Damit beschäftigt sich die

dritte Forschungsfrage, die mit den folgenden Ausführungen beantwortet wird. Der Buchein-

band der Thienemann-Ausgabe verweist zum Beispiel auf das Thema Zeit und stellt zwei der

Hauptcharaktere sowie einen der zentralen Schauplätze der Geschichte vor. Dadurch bietet

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85

der Einband einen kleinen Überblick über die Handlung. Auch andere visuelle Elemente sind

mit dem Text verbunden. Die Farben Schwarz und Weiß betonen etwa die drückende Stim-

mung, die Vogelperspektive sowie die Rahmen untermauern die Funktion der drei großen

Illustrationen, einen Vorausblick auf das weitere Geschehen zu bieten, und die vom restli-

chen Text abweichende Schriftart, die für die Schilder der Niemals-Gasse, des Nirgend-

Hauses und von Meister Hora verwendet wurde, betont deren Besonderheit.

Bei der Ausgabe von McSweeney’s McMullens wurde nur ein Teil davon umgesetzt.

Dazu zählt der Verweis auf die Zeit-Thematik und die Darstellung von Momo und Kassiopeia

auf dem Buchumschlag sowie die Verwendung von schwarz-weißen Zeichnungen. Nicht

umgesetzt wurden hingegen die Abbildung eines zentralen Schauplatzes auf dem Umschlag,

die Verwendung der Vogelperspektive und der Rahmen für vorausschauende Illustrationen

und die Hervorhebung der Besonderheit der Niemals-Gasse, des Nirgend-Hauses und von

Meister Hora.

Auch die Puffin Books-Fassung setzte nicht alles so wie bei Endes Version um. Auf-

grund der weggelassenen Illustrationen im Buch fehlt beispielsweise die Betonung der drü-

ckenden Stimmung durch die Farben Schwarz und Weiß. Zudem wurden die Niemals-

Gasse, das Nirgend-Haus und Meister Hora nicht so sehr hervorgehoben wie bei Ende.

Zu guter Letzt erfolgt die Beantwortung der vierten Forschungsfrage: Welche Schlüs-

se können aus dem Vergleich zwischen den drei Werken im Hinblick auf das Leseerlebnis

gezogen werden? Hierbei wurden einige Unterschiede in Bezug auf das Zusammenspiel des

verbalen und visuellen Modus zwischen Endes Fassung und den beiden Übersetzungen

festgestellt. Für die McSweeney’s McMullens-Augabe wurden von Marcel Dzama neue Illust-

rationen angefertigt, die zum Teil die Funktionen der ursprünglichen Zeichnungen erfüllen,

zum Teil jedoch auch nicht, was unter anderem Auswirkungen darauf hat, dass die Fantasie

der Leser und Leserinnen etwas mehr eingeschränkt wird. Zudem konnten einige Wider-

sprüche zum Text festgestellt werden, welche Momo beispielsweise einem anderen Milieu

zuordnen lassen.

Die Puffin Books-Version enthält überhaupt keine Illustrationen im Buch , weshalb

viele der Funktionen der ursprünglichen Illustrationen nicht erfüllt werden können. Auch die

Funktionen der visuellen Charakteristika des Originals können nur teilweise erfüllt werden.

Die zu Beginn aufgestellte Hypothese kann demnach bestätigt werden: Bei der Übersetzung

von Brownjohn und Riddell gehen gewisse Aspekte aufgrund des stark eingeschränkten vi-

suellen Modus verloren, wodurch das Leseerlebnis beeinträchtigt wird.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das multimodale Zusammenspiel

der deutschen Fassung von Ende weder bei der McSweeney’s McMullens- noch bei der

Puffin Books-Ausgabe zur Gänze übertragen wurde. Beide englischen Übersetzungen wer-

den den intendierten Funktionen des Autors, der, wie oben beschrieben, die Illustrationen

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86

der Thienemann-Ausgabe selbst anfertigte und eine klare Vorstellung davon hatte, nicht voll-

kommen gerecht.

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87

6 Zusammenfassung

In der vorliegenden Masterarbeit wurde untersucht, in welchem Zusammenhang der verbale

und der visuelle Modus in Michael Endes Momo sowie in zwei englischen Übersetzungen

dieses Werkes stehen und was dies im Hinblick auf das Leseererlebnis der drei Bücher be-

deutet. Dabei wurde in Bezug auf den visuellen Modus nicht nur auf die Illustrationen einge-

gangen, sondern auch auf andere visuelle Merkmale, wie Hervorhebungen im Text oder die

Verwendung von Farbe.

In den ersten drei Kapiteln befasste sich die Arbeit mit drei zentralen Begriffen: Kin-

der- und Jugendliteratur, Bilderbuch und Multimodalität. Durch die Schaffung dieser theoreti-

schen Grundlage konnte anschließend die Analyse des deutschen Bilderbuches Momo so-

wie zwei seiner Übersetzungen ins Englische durchgeführt werden, mithilfe derer dem Ziel

der Arbeit, die Bedeutung der Multimodalität für Übersetzer und Übersetzerinnen aufzuzei-

gen, nachgegangen werden konnte.

Die Übersetzung von kinder- und jugendliterarischen Werken sowie die Übertragung

von Illustrationen ist, wie in der Arbeit aufgezeigt wurde, kein leichtes Unterfangen. Überset-

zer und Übersetzerinnen werden vor einige Herausforderungen gestellt, zu denen das mul-

timodale Zusammenspiel zählt. Dennoch sollte es stets das Bestreben der an einer Überset-

zung beteiligten Personen sein, die Intention des Autors oder der Autorin zu beachten und

diese bestmöglich in der Übersetzung zu übertragen. Bei den zwei für die Analyse ausge-

wählten Übersetzungen ist dies nicht gänzlich gelungen.

So war es interessant festzustellen, wie unterschiedlich das Ausgangsmaterial über-

tragen wurde. Bei der Puffin Books-Fassung wurde dem visuellen Modus recht wenig Beach-

tung geschenkt, während bei der McSweeney’s McMullens-Ausgabe zwar viel Wert auf die

Illustrationen gelegt wurde, ihre Funktionen und somit das Leseerlebnis sich aber dennoch

von Michael Endes Fassung unterscheiden. Bei der Erstellung beider Übersetzungen wurde

demnach das multimodale Zusammenspiel, so wie es in der Thienemann-Ausgabe vorzufin-

den ist, nicht zur Gänze beachtet, was dazu führte, dass die zwei Übersetzungen den inten-

dierten Funktionen von Ende, der schließlich selbst die Illustrationen für sein Werk anfertigte,

nur teilweise gerecht werden.

Um die Analyse zur Multimodalität in Momo weiter auszuführen, wäre es beispiels-

weise von Interesse, der Frage nachzugehen, welche Bedeutung dem visuellen Modus be-

ziehungsweise der Multimodalität bei anderen Übersetzungen, auch in andere Sprachen als

dem Englischen, beigemessen wurden. Sind sie dem Original in Bezug auf das multimodale

Zusammenspiel eventuell ähnlicher als die für diese Analyse ausgewählten Übersetzungen

oder unterscheiden sie sich ebenfalls von Endes Fassung?

Abschließend kann festgehalten werden, dass die vorliegende Masterarbeit einen

Beitrag zur Forschung im Bereich der Multimodalität geleistet hat und die Bedeutung der

Page 88: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

88

Multimodalität in Bilderbüchern für Übersetzer und Übersetzerinnen veranschaulicht und

hervorgehoben wurde. Somit konnte das zu Beginn der Arbeit gestellte Ziel erreicht werden.

Page 89: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Illustration auf der Vorderseite des Bucheinbandes (Ende 112018) ...........................45

Abb. 2: Illustration auf der Rückseite des Bucheinbandes (Ende 112018) .............................46

Abb. 3: Amphitheater (Ende 112018:6) ..................................................................................48

Abb. 4: Ofenrohr (Ende 112018:14) .......................................................................................49

Abb. 5: Kanarienvogel (Ende 112018:23) ..............................................................................49

Abb. 6: Wäscheleine (Ende 112018:37) .................................................................................50

Abb. 7: Wind (Ende 112018:46) .............................................................................................50

Abb. 8: Kronen (Ende 112018:60)..........................................................................................51

Abb. 9: Reihen von Wohnblöcken (Ende 112018:62) .............................................................51

Abb. 10: Aktentasche und Hut (Ende 112018:80) ..................................................................52

Abb. 11: Schiefertafel (Ende 112018:89) ...............................................................................52

Abb. 12: Korb (Ende 112018:96) ...........................................................................................53

Abb. 13: Zigarre (Ende 112018:109) ......................................................................................54

Abb. 14: Schilder (Ende 112018:121) ....................................................................................55

Abb. 15: Farbeimer und Pinsel (Ende 112018:122) ...............................................................55

Abb. 16: Kassiopeia (Ende 112018:134) ................................................................................56

Abb. 17: verlassene Kammer (Ende 112018:139) ..................................................................56

Abb. 18: Tür zum Uhrensaal (Ende 112018:149) ...................................................................57

Abb. 19: Hüte (Ende 112018:160)..........................................................................................58

Abb. 20: Kerzen (Ende 112018:185) ......................................................................................58

Abb. 21: Stadtteil der Niemals-Gasse (Ende 112018:188) .....................................................59

Abb. 22: Spinne mit Spinnennetz (Ende 112018:213) ............................................................60

Abb. 23: Kasse (Ende 112018:222) .......................................................................................60

Abb. 24: Flugzeug (Ende 112018:234) ..................................................................................61

Abb. 25: Tür des Kinderheims (Ende 112018:243) ................................................................61

Abb. 26: Stadt (Ende 112018:255) .........................................................................................62

Abb. 27: Sofa (Ende 112018:263) ..........................................................................................62

Abb. 28: gedeckter Tisch (Ende 112018:276) ........................................................................63

Abb. 29: Verbotsschild (Ende 112018:286) ............................................................................63

Abb. 30: Kassiopeia mit dem Wortlaut „ENDE“ (Ende 112018:300) .......................................64

Abb. 31: Vorderseite des Buchumschlages (Ende 2013) ......................................................65

Abb. 32: Rückseite des Buchumschlages (Ende 2013) ........................................................65

Abb. 33: Momo im Amphitheater (Ende 2013:6) ...................................................................67

Abb. 34: Beppo (Ende 2013:38) ...........................................................................................68

Abb. 35: Gigi und Momo (Ende 2013:61)..............................................................................68

Abb. 36: grauer Herr (Ende 2013:64) ...................................................................................69

Page 96: Momo und ihre Übersetzungen - uni-graz.at

96

Abb. 37: Kinder mit Schildern (Ende 2013:124) ....................................................................70

Abb. 38: graue Herren (Ende 2013:140) ...............................................................................70

Abb. 39: Momo und die Stunden-Blume (Ende 2013:187) ....................................................71

Abb. 40: Momo und Kassiopeia (Ende 2013:197) .................................................................71

Abb. 41: Momo und Beppo (Ende 2013:245) ........................................................................72

Abb. 42: Momo und ein streunender Hund (Ende 2013:258) ................................................73

Abb. 43: Verbotsschild (Ende 2013:295) ..............................................................................73

Abb. 44: Kassiopeia mit dem Wortlaut „THE END“ (Ende 2013:310f.) ..................................74

Abb. 45: Illustration auf der Vorderseite des Bucheinbandes (Ende 2009) ...........................75