Morbus Perthes - · PDF filePerthes disease represents an important aseptic osteochondronecrosis of the growing age. The exposed femoral epiphysis can heal without consequence or

Embed Size (px)

Citation preview

Morbus Perthes

Schattauer 2012 Osteologie 4/2012

261Osteonekrosen

Morbus PerthesA. Sachse1; K. M. Peters2; A. Roth11Orthopdische Klinik am Rudolf-Elle-Krankenhaus, Lehrstuhl der Friedrich-Schiller-Universitt Jena, Eisenberg; 2Orthopdie und Osteologie, Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik, Nmbrecht

SchlsselwrterMorbus Perthes, Morbus Legg-Calv-Perthes, aseptische Osteochondronekrose, avaskulre Nekrose

ZusammenfassungDer Morbus Perthes stellt eine bedeutende aseptische Osteochondronekrose im Wachs-tumsalter dar. Die betroffene Femurkopf -epiphyse kann folgenlos oder mit einer schweren Deformitt ausheilen. Fr ein opti-males Outcome der kleinen Patienten ist eine frhzeitige sichere Diagnose unter Aus-schluss der zahlreichen Differenzialdiagno-sen und unter Bercksichtigung der zu erwar-tenden Prognose eine adquate Therapie er-forderlich. Dabei ist die Anwendung der Con-tainmenttherapie unbestritten, operativen Verfahren sollte der Vorrang gewhrt wer-den. Whrend die klassisch etablierten Prog-noseeinschtzungen auf der Basis von Rnt-genbildern beruhen, gewinnen MRT-gesttz-te Prognosekriterien zunehmend an Bedeu-tung. Im MRT kann die Diagnose frhzeitig gestellt, Differenzialdiagnosen ausgeschlos-sen, Risikomerkmale gesichert, Verlauf und Therapieerfolg beurteilt werden. Ziel der Be-handlung ist die Vermeidung einer prarthro-tischen Deformitt.

KeywordsMorbus Perthes, Morbus Legg-Calv-Perthes, LCP-disease, aseptic osteochondronecrosis, avascular necrosis

SummaryPerthes disease represents an important aseptic osteochondronecrosis of the growing age. The exposed femoral epiphysis can heal without consequence or with a severe de-formity. For an optimal outcome of young pa-tients, early accurate diagnosis with exclu-sion of many differential diagnoses is required, taking into account the expected prognosis and concluding an adequate treat-ment. Here, the application of containment therapy is undisputed, thus operative pro-cedures should be preferred. While the classi-cally established prognostic assessments are based on X-rays, MRI-based prognostic crite-ria become increasingly important. On MRI, the diagnosis is made early, differential diag-noses are excluded, risk characteristics secured, and course and therapy can be assessed. The goal of treatment is to prevent a prearthrotic deformity.

KorrespondenzadresseDr. A. SachseOrthopdische Klinik am Rudolf-Elle-KrankenhausLehrstuhl der Friedrich-Schiller-Universitt JenaKlosterlausnitzer Str. 81, 07607 EisenbergTel.: 03 66 91/81 011, Fax: 03 66 91/81 013E-Mail: [email protected]

Morbus PerthesOsteologie 2012; 21: 261268eingereicht: 24. September 2012angenommen: 9. Oktober 2012

Der Morbus Legg-Calv-Perthes, die juve-nile Hftkopfnekrose, trifft Kinder meist zwischen dem dritten und achten Lebens-jahr mit einer Hufung um das fnfte bis sechste Lebensjahr, selten davor, etwas hufiger nach diesem Zeitfenster. Doppel-seitigkeit besteht bei ca. fnf bis 18 Prozent der Flle.

Urschlich soll dafr die Insuffizienz der A. circumflexa media verantwortlich sein, allerdings gehen die Vermutungen zur primren Ursache dieser Insuffizienz weit auseinander: Sie reichen von anlagebeding-ter Reduktion des Gefes (genetische bzw. anatomische Bedingung), ber eine persis-tierende Abflussstrung durch beispiels-

weise einen Hftgelenkserguss oder intra-ossre Druckerhhung (mechanische Be-dingung), ber allergische, virale, post -infektise, hormonelle, posttraumatische Ursachen, bis hin zur Gerinnungsstrung. Auch soziale Ursachen, ein retardiertes Knochenalter oder jahreszeitliche Abhn-gigkeiten werden angeschuldigt. Es handelt sich also um eine multifaktorielle tiologie ( Tab. 1).

Die Hufigkeit betrgt in der weien Bevlkerung ca. 10/100 000 bei Kindern und Jugendlichen, 0,45/100 000 bei schwar-zen Kindern; Kinder multiethnischer Her-kunft haben ein mittleres Risiko. hnlich den Dysplasienestern bei Hftdysplasie gibt es auch beim Perthes Regionen erhh-ter Hufigkeit. Es besteht eine ausgeprgte Androtropie: Mnnliche Kinder haben ein um den Faktor 4 erhhtes Risiko, an einem Morbus Perthes zu erkranken.

In der kinderorthopdischen Sprech-stunde stellen Hftbeschwerden eine hufi-ge Diagnose dar. Bei den drei- bis zehnjh-rigen Kindern zeigt sich hufig eine wech-selhafte Symptomatik: Es knnen beispiels-weise auch Knie oder Bauch betroffen sein, mit Bewegungsstrung einzelner Gelenk-achsen, intermittierendem Hinken, abhn-gig von einem banalen Trauma aber auch unabhngig davon, beispielsweise nach In-fekt. Unter einer Vielzahl von Differenzial-diagnosen ist die hufigste und wichtigste die Coxitis fugax. Diese stellt mit eine Inzi-denz von ca. 1/1000 Kindern und ihrem meist dramatischem Beginn eine ein-schneidende Situation dar, knnen doch die bewegungsfreudigen Kinder pltzlich nicht mehr das Bein belasten. Jegliche Be-wegung ist schmerzhaft. In der Diagnostik dominiert die Sonografie: Der Erguss ist als struktur- und echoarmer Bereich gut zu beurteilen. Im Rahmen der Therapie (Bett-ruhe, milde Extension mit zehn Prozent Krpergewicht, nichtsteroidale Antirheu-matika [NSAR]) lsst sich der Therapie -erfolg gut nachvollziehen, nicht nur an der

For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2018-04-28 | IP: 144.217.252.150

Osteologie 4/2012 Schattauer 2012

262 A. Sachse; K. M. Peters; A. Roth: Morbus Perthes

sich normalisierenden Klinik (Innenrotati-on in gebeugter und gestreckter Hfte). Rntgen und Labor sind in der Regel un-auffllig.

Im Prinzip stellt die Coxitis fugax ein banales Krankheitsbild dar. Trotzdem zeigt sich unter ihrem Erscheinungsbild gele-gentlich ein Morbus Perthes. Erst mit der routinemigen Einfhrung des MRT in die Diagnostik kindlicher Hfterkrankun-gen fanden die Autoren hufiger besonders frhe Ausprgungen, die meist noch ohne radiologische Vernderungen einhergin-gen.

Stadien

Beim zeitlichen Verlauf finden sich im Vollbild der Krankheit fnf von Walden-strm (1922) schon vor 90 Jahren beschrie-bene, spter modifizierte Stadien (24): Initialstadium, Kondensationsstadium, Fragmentationsstadium,

Reparationsstadium und das Stadium der Ausheilung.

Auch wenn diese Stadien fr alle asepti-schen Nekrosen zutreffen, werden sie nur beim Morbus Perthes einzeln unterschie-den. Bei jedem der Stadien stellen sich dif-ferenzialdiagnostische berlegungen dar ( Tab. 2), auch Abbrche und Teilauspr-gungen wurden beobachtet, besonders der Anfangsstadien.

Der Morbus Perthes hat bezglich der Ausheilung meist eine gute Prognose, nicht immer jedoch bezglich der Deformitt. Er gilt als prarthrotische Deformitt, auch wegen der sekundren Verformung der Hftgelenkspfanne (15). Die lokale Durch-blutungsstrung fhrt im Initialstadium zu einer Reduktion des Knochenwachstums der Epiphyse des Hftkopfes (Sistieren der enchondralen Ossifikation) bei berschie-end weiterwachsendem Gelenkknorpel durch die Diffusionsernhrung der Syno-via. Dadurch nimmt die Knorpeldicke und damit der scheinbare Gelenkspalt zwischen

Hftkopf und Pfanne zu. Es entsteht ein Knochenmarkdem und schlielich ein Absterben von Zellen im Epiphysenkern des Hftkopfes. Radiologisch erkennbar ist der Verlust der Sphrizitt insbesondere durch ein mediales und laterales Abflachen (sogenanntes Roof-Zeichen oder Form eines Dachfirstes) (21). Die Tragfhigkeit der Epiphyse ist, solange das nekrotische Spongiosagerst noch nicht durch cree-ping substitution ersetzt wird, unbeein-trchtigt (16).

Im Verlauf wird der Knochen minder-belastbar und mechanisch komprimiert. Dies zeigt sich im Kondensationsstadium in der scheinbaren Sklerose ( Abb. 1). Der Knochenanteil geht weiter zurck, der Knorpelanteil im Gelenk nimmt zu. Der Knorpel ist weicher als der Knochen und kann durch die Belastung von Schwerkraft/Krpergewicht und Muskelzug durch die relative (phyiologische) Pfannendysplasie deformiert werden. Dies passiert im Be-reich der schlechteren Pfannendeckung (80 % Kopfdeckung physiologisch) des Kopfes lateral, weniger im ventralen Anteil, der durch permanente Flexion auch weiter-hin geformt wird. Bei Persistenz der Kopf-deformitt mit Entwicklung einer Coxa magna (plana) entwickelt sich spter auch eine sekundre Hftdysplasie.

Im Fragmentationsstadium werden die nekrotischen, frakturierten Knochentrabe-kel resorbiert und es entstehen Defekte im Gerst des Epiphysenkernes. Auch in die-ser Phase ist der Hftkopf stark vulnerabel (14), da Nekrose und Knorpel der stati-schen und dynamischen Belastung nicht gewachsen sind und extrudieren. Meist

Tab. 1 tiologie des Morbus Perthes; nach (21)

Table 1 Etiology of Perthes disease; based on (21)

subkritische arterielle Versorgungslage

vense Abflussstrung

Infektion

allergische Reaktionen

kombinierte Ernhrungsstrungen

Autoimmunerkrankung

soziale und familire Faktoren

genetische Faktoren

Systemerkrankungen

latente ischmische Phase

Trauma und berbelastung

Synovitis

Gerinnungsstrung

endokrine Strung

Fettstoffwechselstrung

Skelettreifungsstrung

Luxationsperthes

genderspezifische Faktoren

Initialstadium

Coxitis fugax

Reifungsverzgerung der Epiphyse

spezifische Koxitis

unspezifische Koxitis

hormonelle und traumati-sche Hfterkrankungen

Observation hip

Stoffwechselstrungen

Osteochondrodysplasien

Kondensationsstadium

hormonelle Dysfunktion Mukopolysaccharidosen traumatische Verletzungen/Osteochondronekrosen Tumoren/Bluterkrankungen chromosomale Erkrankungen Kortison-, Zytostatika- und Strahlennekrosen enchondrale Dysostosen einschlielich Morbus Ribbing Skelettdysplasien Osteochondrosis dissecans Coxa vara conge