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Mythos Prinz Eugen Inszenierung und Gedächtnis€¦ · Archetypen des Männlichen ... stellung im Belvedere 2010 bildete die Präsentation von Jacob von ... München – Berlin 1998

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Elisabeth Großegger

Mythos Prinz EugenInszenierung und Gedächtnis

2014 Böhlau Verlag Wien. Köln. Weimar

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Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien – MA 7 Wissenschafts- und Forschungsförderung

Umschlagabbildung : Eiserner Vorhang ( Theater in der Josefstadt ), nach dem Öl-gemälde von Bernardo Bellotto genannt Canaletto „Wien , vom Belvedere aus gesehen“

© 2014 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H & Co. KG , Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1 , A-1010 Wien , www.boehlau-verlag.com

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig.

Umschlaggestaltung : Michael Haderer Lektorat und Register : Mag. Josef Schiffer ( Graz ) Herstellung und Satz : Carolin Noack Druck und Bindung : Dimograf Druckerei GmbH Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Poland

ISBN 978-3-205-79501-8

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I. Geschichte und Gesellschaft . . . . . . . . . 15

Orte des Gedächtnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Prinz Eugen als Gedächtnisort . . . . . . . . . . . . . . . 16

II. Arbeit am Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . 21

Der Feldherr als Instrument Gottes . . . . . . . . . . . . . 21Das Judas-Makkabäus-Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . 23Judas Makkabäus und Prinz Eugen . . . . . . . . . . . . . 25Inszenierung des Gedächtnisses . . . . . . . . . . . . . . . 32Ambivalenz des Gedächtnisses . . . . . . . . . . . . . . . 37Herakles und Apoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41Zeitgenössische Dichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Lebensende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

III. Überführung ins Funktionsgedächtnis . . 63

Referenzpunkt Prinz Eugen. . . . . . . . . . . . . . . . . 63Eugen der Zweyte , der Held unserer Zeit . . . . . . . . . . 66Dualismus Österreich und Deutschland . . . . . . . . . . . 70Der ruhende Löwe und der bürgerliche Beitrag für Ehre und Vaterland . . . . . . . . . . . . . . . 72Bürgerfreuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

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IV. Helden und Heldenverehrung . . . . . . . . 81

Deutschlands Hort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83Stereotypen des Fremden . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Das Lied vom Prinzen Eugen . . . . . . . . . . . . . . . . 91Prinz Eugen betritt die Bühne . . . . . . . . . . . . . . . 97Prinz Eugen privat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

V. Geteiltes Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . 107

Therese von Megerle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107Preßburg 1849 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109Bürgerlicher Tugendkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . 115Der Soldatenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Arena in Hernals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Der Waldmichel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124Leonore – Gattentreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126Antisemitismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128Franzosenfeindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130Zum zweihundertsten Geburtstag . . . . . . . . . . . . . 139

VI. Denkmal und Öffentlichkeit . . . . . . . . . 149

18. Oktober als Palimpsest . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Viribus unitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156Österreichische Staatsidee – deutsche Reichsidee . . . . . . . 160Geschichtsdramen als immaterielle Denkmäler . . . . . . . . 162Anton Langer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164Ungehorsam ist der bessere Österreicher . . . . . . . . . . . 170Georg Franz Koltschizky . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173Deutschlands Einheit und Österreichs Größe . . . . . . . . . 179Das goldene Wiener Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . 183Gedächtnis und Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . 184Joseph Weilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189„Ein großer Feldherr , ausgezeichneter Staatsmann und Abgott der Soldaten !“ . . . . . . . . . . . . 191

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Worte , die im Gebrauch ihre Bedeutung gewinnen . . . . . . 195Vielfalt in der Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197Barock und Belvedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198Authentisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200Performativ gewendeter Blick . . . . . . . . . . . . . . . 212Die Wiedereröffnung des Burgtheaters 1914 . . . . . . . . . 214Performative Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

VII. Deutscher Held . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Martin Greif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225Burgtheaterehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227Das vaterländische Schauspiel . . . . . . . . . . . . . . . 230Regie und Darsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238Publikum und Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241Konkurrenz der Narrative . . . . . . . . . . . . . . . . . 2461883 und 1936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250Prinz Eugen für den Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . 256Der „vaterländische“ „kerndeutsche“ Dichter . . . . . . . . . 261Grenzsicherung zwischen Ost und West . . . . . . . . . . . 262

VIII. Prinz Eugen im Ersten Weltkrieg . . . . . 267

Eskapismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269Hugo von Hofmannsthal . . . . . . . . . . . . . . . . . 273Kinderbuch und Militarismus . . . . . . . . . . . . . . . 276Felix Salten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279Georg Terramare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281Christlich-germanisches Schönheitsideal . . . . . . . . . . . 286Der alternde Prinz Eugen . . . . . . . . . . . . . . . . . 289Zwischen neun und neun . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

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IX. Vom Ständestaat in die Zweite Republik . . 297

Das Radio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300Spiel mit Mehrdeutigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 302Mit Geschichte will man etwas . . . . . . . . . . . . . . . 306Hans Sassmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310Stolze keusche Scheu vor allem , was sich Tatsachen nennt . . . 312Karl VI. oder Prinz Eugen . . . . . . . . . . . . . . . . . 319200. Todestag des Prinzen Eugen . . . . . . . . . . . . . . 325Der einsame Prinz Eugen . . . . . . . . . . . . . . . . . 330Josef Feiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336Reichspropaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337Der Held hat seine Schuldigkeit getan , der Held kann gehen . . 3431963 – Tradition als Schicksal Österreichs . . . . . . . . . . 3511983 Türkenbefreiungsfeiern . . . . . . . . . . . . . . . . 3531986 – 250. Todestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355Prinz Eugen am Scheideweg . . . . . . . . . . . . . . . . 356

X. Postmoderner Held . . . . . . . . . . . . . . . 361

Nach der Schlacht ist vor der Schlacht . . . . . . . . . . . . 363Archetypen des Männlichen . . . . . . . . . . . . . . . . 368

Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373Personen- und Stücktitelregister . . . . . . . . . . . . . . . . 395

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Vorwort

Prinz Eugen von Savoyen wurde am 18. Oktober 1663 in Paris geboren. Da sein Vater früh verstarb und seine Mutter bald darauf wegen giftmi-scherischer Verdächtigungen Paris fluchtartig verlassen musste , hatte er alles andere als eine wohlbehütete Jugend. Als jüngstes Kind der Fami-lie war er für den geistlichen Stand bestimmt. Allerdings verließ er noch vor seinem zwanzigsten Geburtstag heimlich Paris. Frankreich schien kei-nen Platz zu bieten für seine Ambitionen. Am 7. September 1683 trat er dem kaiserlichen Heer als Volontär bei und fünf Tage später war er beim Entsatz von Wien gegen die osmanischen Eroberer unter den siegreich in die Stadt einziehenden Befreiern. Seine militärische Karriere in österrei-chischen Diensten gleicht einer einzigen Erfolgsgeschichte : im Dezember 1683 erhielt er ein eigenes Dragonerregiment , vier Jahre später wurde er zum Feldmarschall-Leutnant ernannt und mit dem Orden vom Goldenen Vlies ausgezeichnet. Noch nicht dreißigjährig und nach kaum zehnjähri-ger Dienstzeit wurde er kaiserlicher Feldmarschall und als Vierzigjähriger Hofkriegsratspräsident ( 1703 ). Siegreich gegen Habsburgs Feinde im Os-ten wie im Westen schlug er elf große Schlachten und wurde neunzehn Mal zum Teil schwer verwundet. Durch seine Eroberungen in Ungarn erreichte die Monarchie ihre größte Ausdehnung. Sympathie und Bewun-derung aus ganz Europa galten dem Kriegshelden , Friedensverhandler und Staatsmann gleichermaßen wie dem Philosophen , Förderer der Wis-senschaft und Künste und dem Bauherrn. Über seine Lebenszeit hinaus gehört die Erinnerung an Prinz Eugen einem kollektiven Gedächtnis an. Durch das Lied vom edlen Ritter und das Monumentaldenkmal auf dem Heldenplatz wurde er Bestandteil einer kulturellen Identität Österreichs.

Kulturelle Identität , das Zugehörigkeitsgefühl von Individuen zu ei-nem zumeist national definierten Kollektiv , kennzeichnet alle sozial ausdifferenzierten Gesellschaften. Sie beruht auf der generationen- und manchmal sogar epochenübergreifenden geschichtlichen Existenz einer Gesellschaft. An der Formung dieser gemeinschaftlichen Identität sind die verschiedensten sozialen Praktiken maßgeblich beteiligt. Sie überliefern Traditionen , prägen Erfahrung und formen das Gedächtnis von Gruppen.

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Vorwort

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Tragende Elemente des gesellschaftlichen Selbstbildes werden produziert und reproduziert. An den verschiedensten Orten lebensweltlicher Kom-munikation , auf den Straßen und Plätzen , in Museen und im Theater beteiligt sich Publikum am Entwurf dieser gesellschaftlichen Selbstbilder. Die Vermittlung von Lerninhalten in der Schule , das Abfeiern von Fest- und Erinnerungstagen bedeutender Persönlichkeiten sind ebenfalls solche kulturellen , politischen und sozialen Praktiken. Besonders Gedenkfeiern eignen sich zum Anbot von Personen oder Ereignissen als bekräftigender Bestandteil der eigenen Gruppenidentität.

Kulturelle Identität ist somit aber auch immer ein kollektives Konst-rukt.1 Ob diese Angebote akzeptiert werden , sich in Identität niederschla-gen , ist performativen Akten , Aushandlungen geschuldet ; diese erfolgen z. B. in ästhetischen und strategischen Prozessen , in Inszenierungen : Auf der Basis von ( Macht- )Interessen werden Objekte im weitesten Sinn , aber auch Diskurse vor der Öffentlichkeit arrangiert. Besonders in komplexen kulturellen Systemen , wie die Habsburgermonarchie es war und heuti-ge von Migrationen geprägte Gesellschaft es wieder sind , dienen perfor-mative Akte wie Inszenierungen der Durchsetzung einer ( Herrschafts- )perspektive auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. In der Rezeption , Wahr-nehmung und Akzeptanz oder Ablehnung durch Publikum bzw. Öffent-lichkeit verändern sich nicht nur Kontexte ( die Gesellschaft ), sondern auch Inhalte ( Objekte und Diskurse ).

Dabei formt sich kulturelle Identität , nicht als fixiertes Ergebnis , son-dern als permanenter Prozess. Überlieferungen , Traditionen , Erfahrun-gen werden auf ihre Eignung für die jeweilige Gegenwart überprüft und in ihrem Deutungsmuster angepasst. Durch die Aktualisierung kulturel-ler Erinnerung bilden sich Kristallisationspunkte , sogenannte Orte des Gedächtnisses , an denen sich gemeinsame Assoziationen bündeln. Diese Orte liegen neben dem realen vor allem im metaphorischen Bereich. Ein solcher metaphorischer Ort gemeinsamer Assoziationen ist auch die his-torische Gestalt des Prinzen Eugen. Seine ungebrochene Präsenz im Ge-dächtnis der Nachwelt lässt ihn als Mythos erscheinen.

Prinz Eugen hatte bereits zu Lebzeiten sein Gedächtnis ( in Bauwerken , Archiven , Tapisserien , Plastiken etc. ) umfassend präfiguriert. Er selbst

1 Said ( 2001 ), S. 39–57.

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Vorwort

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iden ti fizierte sich mit dem Beschirmer und Beschützer Alexander dem Großen , der das Abendland gegen die asiatische Weltmacht verteidigt und mit Caesar , der als Feldherren des Heiligen Römischen Reiches über die Gallier gesiegt hatte. Und ließ sich in den Darstellungen von Herkules und Apoll feiern.

Die nachfolgenden Jahrhunderte konnten auf die unterschiedlichsten Teilbereiche zurückgreifen und über die verschiedenen Medien der Erinne-rung „nationales Gedächtnis“ konstituieren. Besonders in Krisenzeiten wur-de Prinz Eugen als Identitätsangebot an das Publikum , unter immer neuen , sogenannten Brandings vorgestellt , die bestimmte Elemente dieser Erin-nerung ins Zentrum rückten , andere aber auch ausblendeten. In diesem Prozess der Umdeutung und Aktualisierung spielt Theater eine wesentliche Rolle. Die auf der Bühne , in Allianz von Kunst und Geschichte , erzeugten Bilder hinterließen Spuren im kulturellen Gedächtnis der sozialen Gemein-schaften und trugen zur Formung von Weltbild und Mentalität bei.2

Dramen , deren Protagonisten historische Persönlichkeiten darstellen , transponieren diese Personen in einen neuen , dem Publikum vertrauten Kontext ; sie erinnern relevante Aspekte der vergangenen Existenz und überantworten sie einer zeitgemäßen Reflexion. Für die Dauer der Auf-führung eines historischen Dramas wird für das anwesende Publikum ein immaterielles Denkmal errichtet. Diese immateriellen Denkmäler sind nie ein Abbild des Realen , sondern vielmehr als Visualisierungen eines Identitätsangebotes entworfen. Die Inszenierung des Gedächtnisses in im-mer neuen serpentinengleichen Varianten.

In den vergangenen zwei Jahrhunderten prägten mehrere Erinnerungs-traditionen gleichermaßen das Gedächtnis Prinz Eugens in der Öffentlich-keit. Als Sieger auf den Kriegsschauplätzen des Spanischen Erbfolgekrieges war Prinz Eugen ebenso präsent wie durch seine erfolgreichen Eroberungen gegen die Osmanen. Das Siegesnarrativ dominierte alle Inszenierungen. Ursprünglich gehörte Prinz Eugen den gesamtstaatlichen Erinnerungs-konzepten an. Er galt als Inkarnation der übernationalen österreichischen Staatsidee : seine italienisch-deutsch-französische Unterschrift „Eugenio von Savoye“ wurde als „europäisches Österreichertum“ gedeutet und sei-nem Stammhaus Italien , seiner französischen Erziehung und seiner öster-

2 Heindl ( 2005 ), S. 56.

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Vorwort

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reichischen Gesinnung zugeordnet. Nationale Ausrichtungen wurden in der offiziellen Erinnerungspolitik des multinationalen Habsburgerstaates dem Gesamtstaatspatriotismus untergeordnet. Selbst als deutscher Held stand er bis 1938 immer im Kontext der Habsburgermonarchie. Daraus entwi-ckelte sich eine duale Erinnerungstendenz des entweder und oder.

Die Erinnerung als Türkensieger wurde als christlich-ideologisches Nar-rativ , das die Türken als Ungläubige brandmarkte , die es um jeden Preis zu bekämpfen und vernichten galt , von der Kirche befördert.3 Mit der nar-rativen Verfestigung und Popularisierung des Türken als Erzfeind wurde Prinz Eugen immer stärker mit der Erinnerung an die Entsatzschlacht von 1683 verknüpft und rückte als Exponent der siegreichen „Vertreibung“ der Türken ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Auch das populäre Lied vom edlen Ritter unterstützte die Tendenz , seine Person fast ausschließlich mit der Türkenerinnerung zu verbinden. Durch die Geschichtserzählung des „österreichischen Heldenzeitalters“, das 1933 auch als Prinz Eugen’sches Zeitalter bezeichnet wurde , scheint Prinz Eugen im kulturellen Gedächtnis bis heute überwiegend mit seinen Siegen gegen die Osmanen verknüpft. Er wurde zu einem Code des kollektiven Gedächtnisses , mit dem sich allge-mein verständliche populäre Inhalte transportieren lassen.

In der zweiten Republik strebte die offizielle Erinnerungspolitik nach Entflechtung der beiden Gedächtnisorte 1683 und Prinz Eugen. In der gro-ßen Ausstellung Die Türken vor Wien 1983 war Prinz Eugen nicht Ge-genstand der Erinnerung. Erst 1986 wurde Prinz Eugen und das barocke Österreich in den damals neu renovierten Marchfeldschlössern Schloßhof und Niederweiden Protagonist einer großen Ausstellung. In historischen Darstellungen wird Prinz Eugen bis heute vielfach dem Gedächtnisort 1683 eingeschrieben.4 Und auch in der medialen Berichterstattung domi-niert nach wie vor die Gedächtnistradition des Türkensiegers : in der Aus-stellung im Belvedere 2010 bildete die Präsentation von Jacob von Schup-pens großformatigem Reiterbildnis Prinz Eugens – als über die Osmanen siegreich hinwegreitender Feldherr von einer himmlischen Apotheose be-

3 Csáky ( 1982 ), S. 227–229.4 Vgl. dazu Monika Flacke ( Hg. ), Mythen der Nationen : ein europäisches Pano-

rama. München – Berlin 1998 , 22001 , S. 279–283 ; Etienne François / Hagen Schulze ( Hg. ), Deutsche Erinnerungsorte I. München 2001 , S. 391–406.

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Vorwort

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wacht – zusammen mit seinem Kürass das medial fast ausschließlich zi-tierte Bildmotiv.5

Jahrzehntelang war Prinz Eugen mit diesem Siegesnarrativ verknüpft gewesen. Als siegreicher Feldherr und Diplomat der Habsburger sollte er die Kriegsausgänge der jeweiligen Gegenwart oder moderne Feindbild-konstruktionen narrativ unterstützen. Mit der Akzeptanz eines staatlichen Opfernarrativs , das Österreich ab 1945 als erstes Opfer des Nationalsozia-lismus markierte , begann in den 1960er Jahren des zwanzigsten Jahrhun-derts ein neues Prinz-Eugen-Narrativ die Erinnerung zu dominieren : das des Kunstsammlers und Mäzens. Die Ausstellungen spiegeln diese neue Erzähltradition : zum 300. Geburtstag 1963 stand die Tradition als Schick-sal Österreichs im Zentrum und zum 250. Todestag 1986 wurde sein kul-turelles Erbe reinszeniert.

Die 350. Wiederkehr seines Geburtstages erkor den Prinzen bereits im Neujahrskonzert 2013 durch die aus Schloßhof eingeblendeten Ballett-einlagen zum Jahresregenten. Die Ausstellung Triumph und Passion setzt den Feldherrn , Bauherrn und Sammler Prinz Eugen anlässlich des run-den Geburtstages als „Popstar des Barock“ ins Bild. Im Oktober erfolgt die Eröffnung des ehemaligen Finanzministeriums im Prinz Eugen’schen Winterpalais als Barockmuseum. So geht es 2013 vor allem darum , das kulturelle Erbe des Prinzen Eugen , seine Bauten und Kunstschätze für die Gegenwart publikumsorientiert zu aktivieren und zu nutzen; mit Events anzureichern und den Mehrwert spielerisch zu vermitteln.6

Vorliegende Studie versucht , an historisch markanten Eckpunkten die Inszenierungen des Gedächtnisses Prinz Eugens von seinen ersten militä-rischen Erfolgen bis zur Gegenwart als performative Akte zur Durchset-zung und Ausformung kultureller Identität darzustellen. Mit Augenmerk auf sozial dominante Denkmodelle werden neben den Anlässen für Insze-nierungen vor allem die universalistischen Zielsetzungen der jeweiligen

5 Salzburger Nachrichten , 13. Februar 2010 , S. 10 ; http://diepresse.com/home/kultur/kunst/538754/index.do ; http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_me-dien/feuilleton/2300387_Prinz-Eugen-Ausstellung-in-Wien-Der-Unbezwingbarste.html ; http://derstandard.at/1265828183540/Apotheose-eines-Selfmademans [ 3. April 2013 ].

6 Auch das interaktive Stationentheater in Schloßhof ( verfasst von Olivia Licht-scheidl ) wird Prinz Eugen im Kriminalfall II zum Protagonisten haben.

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Vorwort

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Akteure in den Blick genommen. Im Sinne der historischen Publikums-forschung soll zuletzt auch immer der Frage nachgegangen werden , ob die inszenierten Wunschkonzepte als Identitätsangebote von der Öffentlich-keit angenommen wurden.

Abschließend möchte ich noch Dank aussprechen : Moritz Csáky für die Anregungen , diese Studie in Angriff zu nehmen ; den Kolleginnen und Kollegen am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für fachliches Inte-resse und Hinweise auf thematische Zusammenhänge ; dem wissenschaft-lichen Personal der Sammlungen und Archive für ihre Hilfestellungen bei der oft intensiven Recherche ; und last but not least Professor Christian H. Ehalt und der Stadt Wien für die finanzielle Unterstützung des Projektes.

Wien , im Juni 2013 Elisabeth Großegger

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I. Geschichte und Gesellschaft

Von der Vergangenheit kennen wir immer das , „was die Gesellschaft in je-der Epoche in ihrem gegenwärtigen Bezugsrahmen rekonstruiert“.7 Das Interesse einer Gesellschaft an Geschichte , die Auswahl dessen , was den gegenwärtigen Bedürfnissen einer Gesellschaft entspricht , und der gesell-schaftliche Nutzen der durch erinnerte Historie gezogen wird , ist epo-chen- und ortsabhängig ebenso wie kulturellen und gruppenspezifischen Kriterien unterworfen.8

Geschichtsbilder werden durch die verschiedensten Medien wie Schul-bücher , Romane , Erzählungen und nicht zuletzt durch Theateraufführun-gen geprägt. Besonders im 19. Jahrhundert speisten sich diese Medien aus den zu einer sozialen Leitdisziplin avancierten Geschichtswissenschaften. Geschichtsbildern liegen vielfach Mythen oder Mythisierungen zugrun-de. Jede Nation verfügt über ein geschichtsmythisches Reservoir , das von den Akteuren der Gesellschaft übernommen wurde und wird. Auf der Basis dieser Geschichtsmythen konstituieren Nationalstaaten die Konst-ruktion einer nationalen Identität. Eine „große Vergangenheit“ – Helden , Vordenker , Eroberer etc. – wird dafür instrumentalisiert , zu „historischen Stoffen“ nationaler Epen , Opern , Dramen überhöht und an nationalen Gedenktagen liturgisch und theologisch inszeniert.

Der Umgang mit Geschichte : wer , wie und zu welchem Zweck Ver-gangenes vergegenwärtigt , gibt Aufschluss über das Selbstbild einer Ge-sellschaft. Die empirische Erinnerungsarbeit ist identitätskonstitutiv im positiven ( ‚das sind wir‘ ) wie im negativen Sinn ( ‚das sind nicht wir‘ ). Geschichte ist in diesem Sinn eine Ressource , aus der Menschen Orientie-rungen ableiten können. Die soziokulturelle Gegenwarts- und Zukunfts-orientierung , die Gesellschaften aus der Aufbereitung von Geschichte zie-hen , fundieren die kollektive Identität. Das kollektive Gedächtnis ist die „symbolische Ausdrucksform von kollektiver Identität“.9

7 Halbwachs ( 1985 ), S. 390.8 Schmid ( 2009 ).9 Assmann ( 1988 ), S. 16.

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I. Geschichte und Gesellschaft

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Orte des Gedächtnisses

Diese kollektive Identität beruht auf einem kollektiven Gedächtnis , in dem es „Fixpunkte“ eines kollektiv geteilten „Wissens“ über die Vergan-genheit gibt. Durch soziale Praxis im weitesten Sinn wird es kommuni-ziert und tradiert. Es ist kein abrufbarer Bestand an Kenntnissen , es sind vielmehr Orte , Ereignisse und Personen , die zu bestimmten Zeiten einer emotional-affektiven kulturellen Formung unterworfen werden. Sie fun-gieren gleichsam als metaphorische Orte des Gedächtnisses , die auf ihren Gegenwartswert befragt werden. Gesellschaftliche Erinnerung erfährt da-bei eine Ritualisierung und Institutionalisierung.

Orte des Gedächtnisses in der Definition von Pierre Nora sind jene Or-te , „in denen sich das Gedächtnis der Nation Frankreich in besonderem Maße kondensiert , verkörpert und kristallisiert hat“.10 Sie sind Bestandteil eines stabilen ( aber auch veränderbaren ) Kanons im Sinne der longue du-rée. Orte des Gedächtnisses der paradigmatisch heterogenen zentraleuro-päischen Region verweigern sich jedoch nationaler Zuschreibung , sie sind prinzipiell vieldeutig und komplex , was sich an der jeweiligen Dekonst-ruktion des Mythenrepertoires zeigen läßt.11

Prinz Eugen als Gedächtnisort

Während „Heldenplatz“ ( wo Prinz Eugen als gusseisernes Standbild seit 1865 gen Osten blickt ) und die „Türken vor Wien“ ( als Prinz Eugen erst-mals 1683 als Freiwilliger im österreichischen Heer sich an einer Schlacht beteiligte ) als „Deutsche Erinnerungsorte“ firmieren12 , ist in der dreibän-digen Memoria Austriae diesen Orten ebenso wenig wie „Prinz Eugen“ ein Kapitel gewidmet.13 Beide – „Deutsche Erinnerungsorte“ und „Me-moria Austriae“ – sind als Bestandsaufnahme der Gedächtnisorte einer Nation entworfen und mit dem framing nationaler Identitätsstiftung ver-sehen.

10 Nora ( 1990 ), S. 7.11 Csáky ( 2002 ), S. 25–50.12 François / Schulze ( 2001 ).13 Brix / Bruckmüller / Steckl ( 2004–05 ).

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Prinz Eugen als Gedächtnisort

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Bis zur Jahrtausendwende war Prinz Eugen als metaphorischer Ort des Gedächtnisses bereits zwei Jahrhunderte lang präsent. Waren es im 20. Jahrhundert vor allem Romanbiographien , Ausstellungen und Feier-lichkeiten , so erinnerte man sich im 19. Jahrhundert vorrangig durch die Denkmalserrichtung mit reichem Rahmenprogramm ( 1865 ) an den sieg-reichen Feldherren. Immer spielte jedoch auch die Bühne , Theaterstücke , in denen Prinz Eugen entweder als Protagonist auftrat oder nur als Refe-renzperson erwähnt wird , einen wesentlichen Faktor der Erinnerungsar-beit. Prinz Eugen wurde als metaphorischer Ort des Gedächtnisses immer wieder nationalen Instrumentalisierungen unterworfen. In Krisenzeiten , „wann immer dieses Staatswesen ins Schwanken geriet und Identitätspro-bleme hatte , klammerte man sich an den schmalwüchsigen Savoyer wie an einen gütigen und schützenden Riesen“.14

Dem kulturorientierten Gedächtnisbegriff ( Jan und Aleida Assmann ) muss bei der Beschäftigung mit Prinz Eugen als Ort des Gedächtnisses auch das Konzept eines Gedächtnisses als Politik zur Seite gestellt werden. Die Visualisierung von Prinz Eugen auf der Bühne , die nationale Inst-rumentierung seiner Person , lassen den historischen Bezugspunkt nicht als stabilen Fixpunkt erkennen , sondern zeigen , dass die Position immer veränderbar und vorläufig ist. Die Inszenierung der Vergangenheit auf der Bühne , das „Staging the Past“15 im wortwörtlichen Sinn , rückt das Geschichtsbild eines Kollektivs ins Zentrum und verweist auf die Konst-ruktion kollektiver Identitäten im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Diskursive über die Vergangenheit , zu denen auch Dramentexte und deren Realisierung auf der Bühne zu rechnen sind , spie-geln die Perspektive gesellschaftlicher Gruppen mit unterschiedlicher De-finitionsmacht. In Konkurrenz zu anderen Gruppen soll die jeweils eigene Position ( der Wir-Gemeinschaft ) durchgesetzt werden.

Prinz Eugen ist in dieser Beziehung ein interessantes Beispiel der Trans-formation gesellschaftlicher Erinnerung. Aus heutiger Perspektive scheint er als Gedächtnisort verblasst , seine soziale Energie erschöpft , sein Streit-wert und Konfliktpotenzial weitgehend erkaltet. Im Beobachtungszeit-raum des vergangenen Jahrhunderts lassen sich die Vorgänge des Ver-

14 Trost ( 1985 ), S. 16.15 Bucur / Wingfield ( 2001 ).

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I. Geschichte und Gesellschaft

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blassens und Erkaltens auch mit den Metaphern des Überschreibens und Überlagerns durch neue Perspektiven auf die Vergangenheit betrachten. Schon zu Lebzeiten war Prinz Eugen ein Mythos. Verschwunden ist er – auch dank des im Volk lebendigen Liedes Prinz Eugen der edle Ritter – aus dem kollektiven Gedächtnis nie und konnte darum umso leichter bei Be-darf , bei Kriegsbränden und anderen nationalen Nöten ins „Funktionsge-dächtnis“ überführt werden.16 So erscheint das Gedächtnis an Prinz Eugen auch als „soziales Palimpsest“, das über die Jahrzehnte durch affektive und emotionale Steuerung dynamische Veränderungen erfuhr.17

Zahlreiche Städte in Österreich und Deutschland haben nach Prinz Eugen benannte Straßen oder Hotels ; es gibt Prinz Eugen-Torten , -Züge und -Schiffe ; in Kroatien ist sogar ein Dorf nach ihm benannt.18 Nach wie vor wird ein nach ihm benannter Preis verliehen.19 In Wien ( auf dem heu-tigen Heldenplatz ) und in Zentraleuropa wurden Denkmäler errichtet. Eines steht im Palazzo Reale in Turin ; ein anderes steht auf Wunsch Kaiser Franz Josephs , der die Finanzierung übernahm , nachdem der Auftragge-ber , die Stadt Zenta , die Kosten nicht tragen konnte , auf dem Budapester Burgberg , wo es 1899 im Rahmen der 1000-Jahr-Feier Ungarns vor der Kunsthalle aufgestellt wurde. Im Zuge der Renovierungs- und Wiederauf-bauarbeiten des Budapester Schlosses nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine letzte Diskussion um den Standort des Prinz-Eugen-Reiterstandbil-des. Einige Patrioten wollten nicht Prinz Eugen , sondern Matthias , den letzten Nationalkönig der Ungarn , vor dem Schloss sehen. Heute gilt es als eines der schönsten Reiterdenkmäler in Ungarn.20

Anders als in der österreichischen offiziellen Erinnerungspolitik und Geschichtsschreibung ist in der Historiographie unserer Nachbarländer das Bild des Prinzen Eugen von „unterschiedlichsten Akzenten geprägt , je nach Überwiegen des militärischen , politischen , wirtschaftlichen oder

16 Vgl. die Unterscheidung von Speicher- und Funktionsgedächtnis in : Assmann ( 2001 ), S. 15–29.

17 Vgl. dazu Uhl ( 2009 ), S. 45–46.18 Lindner ( 2012 ), 30. 1. 2012.19 Z. B. den Prinz-Eugen-Preis , den der Bund Deutscher Pioniere ( BDPi ) an Absol-

venten der Pionier- und Fachschule des Heeres für Bautechnik in Ingolstadt ver-leiht. – Vgl. Thomsen ( 2012 ), S. 184.

20 Benda ( 1986 ), S. 118.

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Prinz Eugen als Gedächtnisort

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kulturellen Aspekts“.21 Die ungarische Geschichtsschreibung , die kein ex-plizit negatives Türkenbild tradierte , anerkannte , dass Prinz Eugens Siege bei Zenta , Peterwardein und schließlich Belgrad Ungarn nach 150 Jahren unter türkischer Herrschaft wieder vereint haben.22 Durch den Beitrag an Steuern und Soldaten , die Böhmen und Mähren leisteten , identifizierten sie sich stark mit den militärischen Erfolgen des Prinzen Eugen und fei-erten sie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit pompösen Theater- und Barockfesten. Prinz Eugen bekam auch einen symbolischen Platz im Programm der Barock-Ikonographie des Prager Trojaschlosses der Familie Starhemberg. Die dem Habsburgerreich durch Prinz Eugens Siege zuge-wonnenen Gebiete wurden an das absolutistische Staatssystem angeschlos-sen , mit Steuern , Kontributionen und Einquartierungen ; Wien gab nun auch handelspolitische Maßnahmen vor und die katholische Missionie-rung stieß auf Widerstand der protestantischen Kirche der Magyaren und der orthodoxen Kirche der Serben. Mit dem erwachenden Nationalstaats-gedanken verblasste in Ungarn wie in den böhmischen Ländern die Er-innerung an Prinz Eugen ; positive Würdigung widerfuhr ihm nur in der Wirtschafts- und Kulturgeschichtsschreibung.23 Trotz der Denkmalserrich-tung für Prinz Eugen im Palazzo Reale in Turin fanden die Italiener „wenig Motive , ihn zu lieben“.24 1986 , vor dem Fall des Eisernen Vorhanges waren die zahlreichen Legenden um Prinz Eugen auch „in sehr einseitige nationa-listische Urteile eingebettet“. Prinz Eugen wurde dem habsburgischen Ab-solutismus zugerechnet : er habe „die Türken wohl verjagt , das Land aber an Habsburg angeschlossen.“25 Prinz Eugen hatte damit einen vergrößerten Kommunikationsraum geschaffen , der jahrzehntelang wirksam blieb. Im Jahr der Erinnerung an seinen 250. Todestag stellte sich für die Veranstalter der Jubiläumsausstellung und Symposien als Desiderat , diesen Kommu-nikationsraum wieder zusammenwachsen zu lassen , auch mit Hilfe eines zentraleuropäischen gemeinsamen Prinz-Eugen-Bildes , dem die vielen Ge-gensätze wie ein Konfliktgeflecht produktiv eingewoben sind.

21 Suppan ( 1986 ), S. 114.22 Benda ( 1986 ), S. 117 f.23 Pánek ( 1986 ), S. 118–119.24 Verrecchia ( 1986 ), S. 120.25 Sebestyén ( 1986 ), S. 125.

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V. Geteiltes Gedächtnis

Prinz Eugen diente den Habsburgern durch militärische und diplomati-sche Erfolge gegen Osmanen wie Franzosen und bemühte sich um ein um-fassendes Gedächtnis seines Lebens und Wirkens. Die Nachwelt teilte die Erinnerung an ihn : die Siege über die Osmanen gelten bis heute rechten Kreisen als herausragendes Moment der Heldenverehrung Prinz Eugens. Die Erfolge auf dem Schlachtfeld gegen die Franzosen hingegen haben ihren Erinnerungswert weitgehend verloren. Bis ins 20. Jahrhundert war die Erinnerung an die Erfolge gegen Frankreich gemeinschaftsbindendes Element einer gesamtdeutschen politischen Ausrichtung , die sich pluralis-tisch neben der Loyalität zu Österreich , dem habsburgischen Gesamtstaat , artikulierte. So besangen im Vorfeld der 1848-Revolution Prinz Eugens Soldaten in Julius Beckers Oper „Deutschlands Hort“ und Priems Prinz Eugen ( 1847 ) versicherte sich der Unterstützung des deutschen Bünd-nispartners nach der gewonnenen Schlacht auch für zukünftige Kämpfe „nach Westen wie nach Osten“. Und der Fabrikant und Armeelieferant Josef Gottfried Pargfrieder ( 1787–1863 ) errichtete in Kleinwetzdorf einen Heldenberg , wo er militärische Protagonisten , darunter auch Prinz Eugen , aus den verschiedensten Nationen im Dienst des übernationalen Hauses Österreich versammelte.

Therese von Megerle

Die Schriftstellerin Therese Megerle ( 1813–1865 ) hatte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Erzählungen und Novellen einen Ruf als „Preßburger Pichler“ erworben. Wie Caroline Pichler ( 1769–1843 ) be-rief sie sich auf eine Zeitzeugen-Quelle , die ihren Werken ( z. B. ihrem ers-ten Roman über Maria Theresia ) Kolorit und Glaubwürdigkeit verlieh. Sie befand sich „in dem angenehmen Falle , persönliche Details von dem Hofe der Kaiserin [ Maria Theresia ], bei der ihre Großmutter , wie die Mutter Karoline Pichlers , Kammerfrau gewesen ist , zu besitzen“.178

178 Sonntagsblätter 33 , 15. Oktober 1845 , S. 781. Zit. nach Marinelli-König ( 2004 ), S. 158.

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V. Geteiltes Gedächtnis

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Durch ihre Ehe mit dem Zahnarzt und Chirurgen Georg Wilhelm Me-gerle von Mühlfeld179 ( 1802–1854 ), der zuerst das Preßburger Theater und später bis zu seinem Konkurs ( 1854 ) das Wiener Theater in der Josefstadt geleitet hatte , begann sie für die Bühne zu schreiben. Sie dramatisierte Ro-mane – wie den 1847 „unter vielem Beifall“ in Preßburg aufgeführten „Graf von Monte Christo“ – und wurde bald „als eine werdende gefährliche Ne-benbuhlerin der Birch-Pfeiffer bezeichnet“.180 Sie verfasste wie Charlotte Birch-Pfeiffer ( 1800–1868 ) über 100 Dramen , „ohne auf künstlerischen Wert Anspruch zu erheben“, zumeist Bearbeitungen französischer Vorla-gen. Birch-Pfeiffer und Megerle verband außerdem , dass sie durch ihren ausgeprägten Geschäftssinn ein sicheres Einkommen zu erlangen verstan-den , mit dem sie ihre mittellosen Ehemänner unterstützen bzw. erhalten konnten. Sie erfüllten die Wünsche des Publikums nach leichter , senti-mentaler und spannender Unterhaltung. In den Jahren 1850–65 gehörte Birch-Pfeiffer zu den meistgespielten Autoren des Burgtheaters , Meger-le hingegen dominierte den Spielplan des Josefstädter Theaters ; Meger-les Bühnenmanuskripte waren Alltagsware , nur wenige wurden gedruckt , manche sind handschriftlich erhalten.

Die Direktoren der privaten Theater waren auf Publikumszuspruch an-gewiesen und hielten ihre Autoren oder Autorinnen an , gängige Thea-terware zu produzieren , deren Themen und Helden bekannt waren , und beim Publikum „ziagen“ sollten. In den Kriegsjahren war das Publikums-interesse an Spektakelstücken militärischen Charakters „mit Schlachten-lärm und Pulverdampf“ groß ; die Einführung lokaler Typen erhöhte eben-falls die Besucherzahlen.181 Megerles Wahl des Protagonisten Prinz Eugen war wohl diesem Erfolgsdruck geschuldet. Ihr militärisches Volks-Drama in vier Aufzügen mit Einlagen deutscher Volkslieder Prinz Eugen der edle

179 Die Nobilitierung erfolgte eigenmächtig 1849 , kurz vor der Übersiedlung nach Wien , „um den Wienern eine Verwandtschaft mit Johann Karl von Mühlfeld vorzutäu-schen , der sich zwischen 1835 bis 1840 durch ein kleines Privattheater in Währing , genannt Mühlfeldtheater , Beliebtheit und Anerkennung bei den Wienern erworben hatte“. Vgl. Elfriede Müll , Die Familie Megerle und ihre Beziehung zum Wiener The-ater. 2 Bände. Diss Wien 1949 , I / 7 f. Die Dissertation enthält Stammtafeln der beiden nicht miteinander verwandten Familien Megerle und Megerle von Mühlfeld.

180 Sonntagsblätter 32 , 8. August 1847. Zit. nach Marinelli-König ( 2004 ), S. 450.181 Pilz ( 1935 ) I , S. 11.

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Ritter ist handschriftlich überliefert. Für die erste Aufführung ist die Arena zu Preßburg am 2�. Juni ���� vermerkt.

Preßburg 1849

Im Sommer ���� war Preßburg Kriegsschauplatz : die österreichische Ar-mee kämpfte , verstärkt durch russische Truppen , gegen die aus Osten eindringenden magyarischen Insurgenten ( Aufständischen ). Im Österrei-chischen Courier waren von Mitte bis Ende Juni ���� täglich die Kriegsbe-richte nachzulesen. Österreicher und Russen

wetteiferten , ihren alten Ruhm zu bewähren , der Feind wurde [ wiederholt ] zu-rückgeworfen. [ … ] das ist nun freilich nicht genug um die allgemeine Angst ganz zu heben. Die Leute begreifen nicht , daß eine Armee , welche den Plan hat , bis zu einem gewissen Moment die Defensive zu halten , nichts anderes thun könne , wenn sie in ihren festen Stellungen angegriffen wird , als den Feind eben zurück-zuwerfen , und daß sie großes gethan , wenn ihr das gelungen.��2

An dem Tag , an dem dieser Bericht im Österreichischen Courier erschie-nen war , wäre – nach Aufzeichnung des Kapellmeisters auf der Partitur – Megerles Volksstück über Prinz Eugen in der Preßburger Arena erstmals aufgeführt worden. Drei Tage später hatte sich die Situation dank der Un-terstützung zusätzlicher russischer Truppen , die von Oberungarn aus vor-drangen , deutlich entspannt , sodass am 27. Juni bereits

die Truppe , die gestern unsere Stadt durchzogen [ hat ], sich auf die geebnete grüne Flur in der Nähe des Auwäldchens ein Lager aufgeschlagen [ hat ] um daselbst die Nachtruhe zu pflegen. Ein sanftes kühles Lüftchen wehte über die Ermüdeten und zahllose Bewohner strömten herbei , um die Krieger zu begrü-ßen. Um � Uhr morgens waren die Krieger wieder gerüstet und sie setzen ihren Marsch mit klingendem Spiele gegen Wieselburg fort. Das Hauptquartier hat uns gleichzeitig verlassen und ist nach Ungarisch Altenburg abgegangen.��3

��2 Österreichische Courier , vormals Theaterzeitung �5� , 2�. Juni ���� , S. 602.��3 Österreichische Courier , vormals Theaterzeitung �55 , 30. Juni ���� , S. 6��.

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V. Geteiltes Gedächtnis

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Eine Woche später war „mit einem Schlage auf dem politisch bewegten Erdenrund Friede“.184 – Im Nationaltheater in Wien wurde dies mit der Anwesenheit der kaiserlichen Familie „mit Ausnahme des Kaisers , der sich noch bei der Armee befand“ gefeiert : „Das Publikum brach in einem en-thusiastischen Jubelruf aus , der zeigte , wie wohl ihm wieder geworden , seitdem die hochgeliebte kaiserliche Familie wieder unter uns weilt.“185

Die im Österreichischen Courier geschilderte Atmosphäre könnte dem Schauspiel von Therese von Megerle entnommen sein. Sollte tatsächlich in den turbulenten Tagen eine Aufführung in der Arena von Preßburg stattgefunden haben , so fand das Publikum auf der Bühne eine Spiege-lung der Realität , eine hoffnungsvolle Verheißung des guten Ausgangs. Andernfalls könnten die Ereignisse dieser Tage die Autorin zu ihrem Dra-ma inspiriert haben. In den Oktobertagen 1849 fand sich auf dem Spiel-plan des Theaters in der Josefstadt Peterwardein , ein zeitgenössisches Ge-mälde in österreichischer Mundart mit Gesang vom ebendort geborenen Volksdichter Anton von Klesheim ( 1812–1884 ).186

Megerle wählte ihrerseits als Schauplatz ihres Prinz-Eugen-Dramas nicht die auch im Preßburger kulturellen Gedächtnis verankerten Kriege , die Prinz Eugen gegen die Türken führte , sondern sie orientierte sich nach Westen und wählte einen entfernten Schauplatz während des Spanischen Erbfolgekrieges : „eine Stadt und Festung am Rhein“. Nachweislich wurde ihr Werk am 7. Juli 1850 in der Sommerdependance des Theaters in der Josefstadt , in der Arena in Hernals , aufgeführt.

Das deutsche Volksstück sollte zur Veredelung der Volkssitten beitra-gen und zugleich harmlose Unterhaltung bieten. Die Handlungen waren aus dem Alltag gegriffen , lokal und historisch eingefärbt. Megerle erzählt in ihrem Volksstück die fiktive Einnahme der Festung Münster durch die kaiserlichen Truppen 1709 unter der Führung Prinz Eugens , die vor allem dank der Unterstützung zweier unerschrockener junger Menschen glückt. Durch diesen Kunstgriff konfrontiert sie die Vertreter des Adels

184 Österreichische Courier , vormals Theaterzeitung 160 , 6. Juli 1849 , S. 640.185 Österreichische Courier , vormals Theaterzeitung 162 , 8. Juli 1849 , S. 648.186 Die Premiere war am 7. Oktober 1849. Da der Text verschollen ist , kann nur vermu-

tet werden , dass sich das Stück auf jene erfolgreiche Schlacht Prinz Eugens ( 1716 ) bezog , die die Niederlage des Osmanischen Reiches einleitete.

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Pressburg 1849

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mit Vertretern des Bürgertums. Sie stellt dabei den zeitgenössischen bür-gerlichen – auch durch Missbräuche gefährdeten – Tugendkatalog vor , ohne andererseits Adelskritik einfließen zu lassen. Der Adel ( in der Per-son des Prinzen Eugen ) wird nicht  – wie in vielen Theaterstücken der Zeit üblich187 – zum Bürger modelliert , sondern behauptet seine abge-hobene Position. In der Form des Corporal Pitsch , der sich als „Seiner Durchlaucht des Prinzen Eugenius allerhöchster untertänigster und au-ßerordentlichster Leibordonnanz Ober- und Unterkorporal im berühm-ten Regimente Hoch und Deutschmeister , als Freiherr geboren von und zu Lauschenfeld Viertel unterm und obern etc. etc.“188 vorstellt , wird der Anspruch ohne Anrecht karikiert.

Der historische Pi[ e ]tsch war ein Zeitgenosse Prinz Eugens : Johann Valentin Pietsch ( 1690–1733 ) gilt als der „produktivste Eugen-Dichter“ der Zeit. Für seine Versdichtung auf den „siegreichen ersten Feldzug des letzten Türkenkrieges“, den ungarischen Feldzug , erhielt er eine Professur als Poetiklehrer in Königsberg.189 In Kongruenz mit dem historischen Ori-ginal ist der Corporal Pitsch in Megerles Dichtung poetisch und musika-lisch gebildet : er trägt die musikalischen Einlagen vor.190

Prinz Eugen wird bereits vor seinem ersten Auftritt als „unschlagbar“ heroisiert. Das „Prahlen mit patriotischen Heldentaten und Huldigung der augenblicklichen Stimmung und herrschenden Meinung“ galt als kas-senförderndes Geheimrezept.191 Prinz Eugens leibhaftiger Präsenz eilen die Mythen voraus : Käthchen weiß aus vielen Erzählungen , „die Kaiserlichen können gar nicht geschlagen werden , weil der tapfere Prinz Eugen die Sol-daten anführt , der ist noch niemals geschlagen worden , am allerwenigsten von so luftigem Franzosenvolke“. Aber über dem Stolz auf ihren eigenen Stand stehen immer noch gleichsam als soziale Zurücksetzung die Armee und der Adel :

187 Vgl. Fischer-Lichte / Schönert ( 1999 ).188 Megerle ( 1849 ), I / 2.189 „Ihrer hoch-Fürstl. Durchl. / Printzen / Eugenii / Von / Savoyen / Siegreicher Feld-

zug / Wider die Türken / Entworfen / Von / D. Johann Valentin Pietsch.“ ( 6 Bl. ) – Dvorak ( 1935 ), S. 36.

190 Der österreichische Komponist , Kapellmeister Julius Hopp ( 1819–1885 ) hat mehr-fach mit Therese Megerle zusammengearbeitet.

191 Müll ( 1949 ) II , S. 111.

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V. Geteiltes Gedächtnis

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– Ja Taler hat der Vater in Menge , nebst bei ist er noch Handelsherr , Kirchenvater und Armenpfleger.

– Sonst ist er nichts mehr ?– Er ist ja ohnehin die erste Person in der Stadt , Bürgermeister , was kann man

denn noch mehr sein ?– Deutschmeister , wenn man die Ehre hat unter Prinz Eugen zu dienen , so

sieht man alles unter sich.– Ach den Prinzen würde ich wohl gerne einmal sehen , das muß ein schöner

Herr sein.– Mit der Schönheit ist es vorbei , die Durchlaucht ist alt geworden , aber die

Tapferkeit ist noch genug.– Er hat gewiß schon recht große Heldentaten verübt ?– Das will ich meinen. ( I / 3 )

Das Prinz-Eugen-Lied als Ariengesang unterstreicht die Erzählung seiner Heldentaten. Der aufschneiderische Corporal Pitsch bringt es der Bürger-meisterstochter als Ständchen dar. Solcher Art eingeführt , kündigt er die Einquartierung Prinz Eugens im Haus des Bürgermeisters an und befiehlt die Verköstigung seiner Leute.

Trotz vorauseilender Huldigung entsprach die auf der Bühne vorge-stellte Figur des Prinzen Eugen nicht der Vorstellung des Publikums. „Der Titel ‚Liebe findet ihre Wege‘ wäre passender als ‚Prinz Eugen‘ , weil dieser weniger als Mars auftritt , der strategisch wirkt , wie vielmehr als Amor , der den Liebenden als Schützling zur Seite steht.“192 Die Kritik des Rezensen-ten ist nicht von der Hand zu weisen , denn Prinz Eugen unterstützt das Liebespaar , schätzt ihre Bescheidenheit und Ehrlichkeit , wird aber nicht als der große Stratege gezeichnet , als der er sich Ruhm auf dem Schlacht-feld erworben hat. Prinz Eugen zieht nicht die Fäden , er plant nicht und setzt nichts um , er begegnet uns in Megerles Stück vielmehr als einer , der aufgrund von vorgefundenen Situationen reagiert. Der Darsteller des Eugen , Wilhelm Kle[ e ]mann „war ohne Portraitähnlichkeit , vielmehr ein Spiegelbild des Sohns der Wildnis“193 von Friedrich Halm.

192 Wiener Allgemeine Theaterzeitung 161 , 9. Juli 1850 , S. 642.193 Wiener Allgemeine Theaterzeitung 161 , 9. Juli 1850 , S. 642.

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Pressburg 1849

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Eligius Franz Joseph Freiherr von Münch-Bellinghausen , der Schrift-steller Friedrich Halm ( 1806–1871 ) gehörte zur Gruppe österreichischer Juristen , die neben ihrer Beamtenlaufbahn im Staatsdienst auch schrift-stellerisch tätig waren. Bereits sein erstes Drama Griseldis ( 1834 ) war ein Sensationserfolg. Der Sohn der Wildnis ( 1842 ) hielt sich vierzig Jah-re lang auf dem Spielplan des Wiener Burgtheaters ( 136 Aufführungen ). Hatte Halm in Griseldis das neue aus Frankreich übernommene Thema der Frauenemanzipation aufgegriffen , so thematisierte er im Sohn der Wildnis die zivilisatorische Kraft „zarter Weiblichkeit gegen die rauhe Männlichkeit“194. Wenn der Rezensent den Darsteller des Prinz Eugen als „Spiegelbild des Sohns der Wildnis“ beschreibt , so spielt er damit auf das unerschrockene und subordinationsfreie Verhältnis der weiblichen Prota-gonistin Käthchen zu Prinz Eugen an.

Prinz Eugen belagert seit Wochen erfolglos die von den Franzosen be-setzte Festung. Er weiß , daß „die Besatzung des Forts [ … ] schon längst vor Hunger umgekommen sein [ müßte ], wenn ihnen nicht Fourage zu-geführt würde. Und wie ist dies anders möglich als durch Verrat ?“ kann sich dem jedoch nicht strategisch und kraftvoll entgegensetzen. Er rät im Gegenteil : „Wir dürfen mit dem Schwerte nicht draufschlagen , sondern müssen uns durch Freundlichkeit und charmantes Wesen die Herzen zu gewinnen suchen.“195 Sein Plan , den Verräter auf frischer Tat zu ertappen , schlägt insoferne fehl , als er nur Käthchen erwischt , die für ihren Her-mann die Wache übernommen hat , damit Herrmann den Spion , den sie ausgeforscht hat , fassen kann.

Eugen : … also wahrscheinlich ein schlechter Streich , und sie hat die Hand dazu gegeben ; weiß sie leichtsinnige Person , daß der Soldat sein Leben verwirkt hat.Käthchen. Um Gotteswillen Eure Durchlaucht.Eugen. Ich werde diesen Unfug strenge bestrafen. Marsch Jungfer und ent-ehre sie mir nicht länger den ehrlichen Soldatenrock , ( Käthchen entfällt die Pikelhaube und der Mantel ). Ihrem Liebsten kann sie morgen eine Visite im Strohhaus machen.

194 Nagl / Zeidler / Castle ( 1914 ) II , S. 813.195 Megerle ( 1849 ), II / 1.

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V. Geteiltes Gedächtnis

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Käthchen. Hermann wird gleich da sein , er setzt nur einem Franzosen nach.Eugen. Ausflüchte , da braucht man nicht solche Streiche zu machen und Fastnachtsspäße aufzuführen. Sie sollte sich schämen , die Nächte leichtsinniger Weise auf diese Art hinzubringen während ihr ehrlicher Vater seine Tochter da-heim im Bette wähnt. Pfui über das Weibsvolk es ist doch zu gar nichts nütze als Übles anzufangen. ( III / 13 )

Prinz Eugen wird nicht nur als schlechter Menschenkenner dargestellt , der dem Spion , der ihn hintergeht , vertraut und die reine Absicht der beiden jungen Menschen verkennt ; er wird auch als Verächter des weibli-chen Geschlechtes vorgeführt , wie um den ihm zugeschrieben Ausspruch , mit dem er Frauen als unnütze Möbel bezeichnete , zu belegen. Er ist auch nicht in der Lage , die verwickelte Situation richtig einzuschätzen , erst Käthchen kann ihn aufklären und sein Vertrauen in Hermann wieder her-stellen. Mit der ausgeforschten Losung kann Prinz Eugen die letzte Fes-tung in französischem Besitz dem Kaiser zurückerobern.

Eugen. Weiß du den Soldat in den sauberen Geschäften ?Käthchen. Das ist’s ja eben , ich behorchte das Komplott , und weil ich mir nicht zu helfen wußte , so lief ich hin und teilte Hermann die Entdeckung mit ; [ … ] Not kennt kein Gebot , er ließ mich auf dem Posten und lauerte dem Franzosen auf. Euer Durchlaucht wissen , was weiter geschehen war. Hermann wollte nicht reden um den Vater nicht ins Unglück zu bringen , auch mir hat er verboten bei Euer Durchlaucht für ihn zu bitten und erst nach seinem Tode sollt ich die Wahrheit entdecken damit seine Ehre gerechtfertigt werde , aber ich dachte mir was nützt die Ehre nach dem Tode.Eugen. Ehre nach dem Tode , mein Kind ist mehr wert als Ehre im Leben , die oft unverdient erteilt wird , während die Nachwelt ein gerechterer Richter , das wahre Verdienst erkennt und nur das wahrhaft groß nennt , das es in der Wirklichkeit gewesen.Käthchen. Euer Durchlaucht werden einer von denen sein , man wird euch groß nennen in alle Ewigkeit. Aber seid auch gütig , schenkt dem armen Hermann das Leben , es ist gewiß kein Soldat der es treuer meint als er. ( IV / 6 )

Megerle opferte für die Darstellung eines festen , emanzipierten weibli-chen Charakters die Glaubwürdigkeit Prinz Eugens ; es gelingt ihr auch

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Bürgerlicher Tugendkatalog

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nicht , sie wieder durch ihn verherrlichende Lieder am Ende der Akte oder unmittelbar vor seinen Bühnenauftritten herzustellen. Denn durch Käthchens Mut wird nicht nur der Spion enttarnt ; sie kann auch ihren Vater überreden , durch ein Geständnis und Reuebezeugungen Prinz Eu-gens Wohlwollen zu erlangen , und Hermanns Dienstverfehlung erklären. Schlussendlich gelingt auch die Überwindung des französischen Wider-standes durch ihren mutigen Einsatz , denn sie wird  – als Trojanisches Pferd – mit den Papieren des Spions ins französische Lager geschickt. In der Schlussapotheose weht die österreichische Fahne von den Wällen der seit Wochen belagerten Burg : Wie Hermann die Fahne auf dem Wal-le aufsteckt , geht der Prinz-Eugen-Marsch in die letzten Takte der ( als Anachronismus eingesetzten ) Volkshymne über. Eugen und alle Generäle nehmen die Hüte ab. Zum kollektiven „Vivat Joseph I.“ fällt der Vorhang.

Bürgerlicher Tugendkatalog

Dem Adel , mit Prinz Eugen und den Generälen , gegenübergestellt werden die Bürgerlichen , das herrschaftliche Haus des Bürgermeisters Fuchspral-ler mit seiner Tochter Käthchen und derem Vetter Hermann. Sie reprä-sentieren den bürgerlichen Tugendkatalog , der als Werte Aufrichtigkeit und Toleranz , Sittlichkeit ( „das schickt sich nicht“ wiederholt die Zofe Beate mehrmals ), Vernunft , Bescheidenheit , Arbeitsamkeit und Wagemut umfasst.

Die Tochter des Bürgermeisters , Käthchen , und ihr Cousin , der Halb-waise Hermann , sind gemeinsam aufgewachsen. Hermann möchte Käth-chen heiraten , doch ihr Vater lehnt den armen „Habenichts“ als Schwie-gersohn ab. Er schmeißt ihn aus dem Haus. Der Bürgermeister ist das Negativbild des bürgerlichen Tugendkatalogs. Das Fehlverhalten wird durch seine Gier exemplifiziert. Seine Habgier , die Negierung von Gefüh-len und sein Standesdünkel bedrohen das Familienglück und sind Ziel der Gesellschaftskritik.

Über die Einquartierung Prinz Eugens in seinem Haus ist er wenig er-freut , hat er doch mit den Franzosen gute Geschäfte gemacht. Geld ist das Wichtigste in seinem Leben , jedoch nicht so sehr für sich selbst , sondern um ihn durch eine vornehme Verheiratung seiner Tochter zu erhöhen. Sei-nen Neffen Hermann lehnt er als künftigen Schwiegersohn ab ; erst wenn

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V. Geteiltes Gedächtnis

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er Reichtum vorweisen könne , würde er seine Einwilligung zur Hochzeit geben , obwohl er sich widerrechtlich dessen Erbe , ein Gut und Wertpa-piere , einverleibt hat.

Geld ist mein Leben. Mit Geld ist man vornehm , man hat Verdienste , ja man bekommt sogar durch Geld Verstand , ohne Geld ist man ein Niemand sein Leben lang. ( 1 / 5 )

Prinz Eugen fasst seine Kritik hingegen nationalstaatlich :

Man merkt’s , daß man sich den Niederlanden nähert , das zählt die Verdienste nur nach Gold und Silber. Mein lieber Wirt das gefällt mir von ihm nicht. ( I / 6 )Diese Rheinländer sind ein abscheuliches Volk , das sich nach allen Winden dreht , heut sind sie französisch , morgen deutsch , und paßt’s in ihren Kram , übermorgen türkisch gesinnt. ( II / 2 )

Dem bürgerlichen Standesdünkel , der Habgier und Gefühlskälte des Bür-germeisters entgegengestellt hat Megerle das junge Liebespaar Käthchen und Hermann. Ihr Umgang exemplifiziert die einzelnen Werte des Tu-gendkatalogs. So repräsentieren sie beide die im Tugendkatalog verankerte Bescheidenheit. Hermann will wie sein verstorbener Vater Soldat werden und in der Armee zu Ruhm und Ehre kommen , um „als Rittmeister oder gar als Offizier oder General“ heimzukommen. Käthchen jedoch gibt ihm zu bedenken :

„Aber hör , bis zum General gehen meine Wünsche nicht. Da wäre ich für dich ja viel zu schlecht. Eine Generalsdame muß vornehm sein und die Reden setzen daß unsereins gar nichts dagegen versteht. Du sollst im Herzen Soldat werden , höchstens Wachtmeister , dann werd ich deine Frau Wachtmeisterin , so viel Ansehen kann ich mir schon geben ; und wenn du dann so einen Denkpfenning oder Ehrenzeichen mit heim bringst , da werd ich recht hochmütig sagen , der Kriegsmann da ist mein Hermann und ich bin mit Schuld dran , daß er ein bra-ver Soldat geworden ist.“ ( I / 1 )

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Der Soldatenstand

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Ebenso wenig ist sie am Reichtum des Vaters interessiert : „ich bin mit we-nig zufrieden Vater wenn’s nur ehrlich erworben ist. Für mich braucht er seine Geschäfte nicht zu machen.“196

Auch die Soldaten tragen einfache Uniformen , „aus Bescheidenheit [ … ], im Felde nimmt man es nicht so genau , die goldbestickten Uniformen sind bei der Bagage“, was sich so nebenbei auch auf die Ausstattungskos-ten der Theater günstig ausgewirkt haben mag.

Neben der Bescheidenheit kommt der Ehrlichkeit große Bedeutung zu. Es ist vor allem Hermann , der durch seine Aufrichtigkeit und Zuneigung Käthchen mehr und mehr dem väterlichen Einfluss entzieht :

Ich zähle zwar die Minuten , wo wir uns ungestört sehen können , zu den glück-lichsten meines Lebens , aber einer Lüge möcht ich sie doch nicht danken ; wir müssen ja miteinander wahr und aufrichtig sein , wir wollen uns ja heiraten , unsere Liebe ist kein Versteckspiel. ( I / 1 )

Der Bürgermeisters repräsentiert nicht nur die Habgier , auch die mehrfa-che Unehrlichkeit findet sich in seiner Person versammelt. Er konspiriert mit dem Spion Frontin , beliefert die Franzosen mit Lebensmitteln und Munition und hintreibt dadurch den für die Österreicher siegreichen Aus-gang der Belagerung.

Entsprechend der im 18. Jahrhundert entwickelten neuen Ethik und Moralvorstellung des Bürgertums werden Ehrlichkeit und Bescheidenheit exemplarisch vorgeführt. Die aus der Ordnung gefallene Haltung des Bür-germeisters wird durch seine Einsicht in Form einer Umwandlung von Fremd- in Selbstzwang korrigiert.

Der Soldatenstand

Dramen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts , die auch die Theaterkasse füllten , scheinen in der Zusammenschau einer Regel zu folgen : „von größ-ter Wirksamkeit war es z. B. den edlen und guten Helden des Stückes in eine österreichische Freiwilligenuniform zu stecken , den Bösen hingegen

196 Megerle ( 1849 ), I / 5.

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Das Obere Belvedere des Prinzen Eugen präsentiert sich heute aufgrund

zahlreicher nachträglicher Eingriffe als eine rein auf Fernansichtigkeit ange-

legte, dekorative Kulissenarchitektur. Im ursprünglichen Konzept des Archi-

tekten Lukas von Hildebrandt, das der Autor anhand alter Ansichten und

Stiche rekonstruiert und analysiert, spielte die Dreidimensionalität jedoch

ebenso eine entscheidende Rolle. Zum einen bildete Eugens Sommerresidenz

ein Ensemble raumhaltiger Pavillons. Zum anderen durchdrangen sich Pavil-

lons, Garten und Ehrenhof wechselseitig. Auf diese räumliche Verschränkung

hatte Hildebrandt seine Fassadengliederung sorgfältig abgestimmt. Außer-

dem verlieh die einstige Offenheit dem Bau eine ganz besondere szenografi -

sche Wirkung. Nicht zuletzt erinnerte das Schloss an ein Feldherrnzelt, in

dem sich Eugen als ein zweiter Alexander der Große inszenierte.

2010. 352 S. 157 S/W-ABB. GB. MIT SU. 170 X 240 MM. | ISBN 978-3-205-77785-4

PETER STEPHAN

DAS OBERE BELVEDERE IN WIEN

ARCHITEKTONISCHES

KONZEPT UND IKONOGRAPHIE

DAS SCHLOSS DES PRINZEN EUGEN

ALS ABBILD SEINES SELBSTVER-

STÄNDNISSES

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Die beiden Wiener Bauten des Prinzen Eugen von Savoyen, das Stadtpalais in

der Himmelpfortgasse und die Vorstadtanlage Belvedere, wurden bislang, un-

geachtet des gemeinsamen Auftraggebers, nicht als Einheit behandelt, stam-

men sie doch von zwei verschiedenen prominenten Barock-Architekten, Jo-

hann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Lukas von Hildebrandt.

Ausgangspunkt der gemeinsamen Betrachtung im vorliegenden Werk ist die

Frage nach der von Prinz Eugen intendierten Selbstdarstellung. Dazu hat die

Autorin anhand der gut erhaltenen Anlagen selbst und von Stichen Salomon

Kleiners, die die Innenausstattung dokumentieren, die Raumfolgen, die Aus-

stattung der Räume und den konzeptionellen Zusammenhang von Wohnge-

bäuden und Garten gleichberechtigt mit der Architektur untersucht und so

die Bau- und Ausstattungsgeschichte der beiden Anlagen erhellt. Daraus er-

gibt sich u. a., dass sich Prinz Eugen zwar den Wiener Gegebenheiten und

Traditionen einordnete, dabei aber nicht auf die ihm aus seiner Pariser Ju-

gendzeit vertrauten französischen Wohn- und Ausstattungserrungenschaf-

ten verzichtete.

2004. 508 S. 185 S/W- UND 18 FARB. ABB. GB MIT SU. 170 X 240 MM

ISBN 978-3-205-77190-6

ULRIKE SEEGER

ULRIKE SEEGER

STADTPALAIS UND BELVE-DERE DES PRINZEN EUGEN

ENTSTEHUNG, GESTALT, FUNK-

TION UND BEDEUTUNG

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar

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