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Dietmar Oeliger, NABU-Bundesgeschäftsstelle Berlin Nachwachsende Rohstoffe im Einklang mit der Natur (!?) Handlungsempfehlungen und Forderungen

Nachwachsende Rohstoffe im Einklang mit der Natur (!?)€¦ · von 20% (1,8 Mio. ha) vergrößern. In einigen Regionen wurden die Pachtpreise aufgrund der Nutzungskonkurrenz bis zur

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Dietmar Oeliger, NABU-Bundesgeschäftsstelle Berlin

Nachwachsende Rohstoffe

im Einklang mit der Natur (!?)

Handlungsempfehlungen und Forderungen

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• Biomasse ist wichtiger Bestandteil eines erneuerbaren Energiemixes, aber

• Biomasse ist nicht unerschöpflich.

• Begrenzte Biomasse muss optimal eingesetzt werden

• Biomasseförderung sollte sich stärker an Klimaschutzzielen ausrichten.

• Netto-CO2-Bilanz ist bei stationärer Nutzung bis zu 3 x effizienter und kostengünstiger als Agrokraftstoffe.

Generelle Vorbemerkungen

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• Biokraftstoffziele zu optimistisch (D 17%; EU 10% in 2020).

• zusätzlich 27% Strom und 14% Wärme aus EE mit großem Anteil an Biomasse

>> nur zu einem (Bruch-)Teil aus einheimischer Pflanzenmasse erreichbar; massive Importe nötig (Standards?/Zertifizierung?)

Generelle Vorbemerkungen

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Biomasseanbau und Naturschutzziele sind kein Widerspruch;

Synergien können genutzt werden, wenn

• vielfältige Anbauweise erfolgt

• wenig Dünger und Pestizide verwendet werden

• kein weiterer Grünlandumbruch erfolgt

>> Nutzung von bei der Landschaftspflege anfallenden Materials; KUP in ausgeräumten Landschaften

>> Nutzungsextensivierung in empfindlichen Gebieten

Generelle Vorbemerkungen

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Derzeitige Entwicklung

Die Einführung des NawaRo-Bonus hat einen starken Boom bei Energiepflanzen zur Folge.

Die Anbaufläche für Energiemais wuchs in einem Jahr um 132% von 70.000 ha in 2005 auf 162.000 ha in 2006. 2007 sollen weitere 110.000 ha dazu kommen (regionale Konzentration).

Rund 10% der Maisanbaufläche werden bereits für Biogas angebaut. Bei unveränderten Förderbedingungen ist mit einer Energiemaisfläche von 1,8 Mio. ha zu rechnen.

Anstelle von Gülle und Reststoffen werden heute 90% der Biogasanlagen mit Mais beschickt.

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Auch der Rapsanbau könnte sich bald auf Fruchtfolgeanteil von 20% (1,8 Mio. ha) vergrößern.

In einigen Regionen wurden die Pachtpreise aufgrund der Nutzungskonkurrenz bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze angehoben (z.T. über 800 €/ha!)

Trotz guter Forschungsergebnisse alternativer (Misch-) Kulturen konzentriert sich der NawaRo-Anbau weiterhin auf die ertragsreichsten (und beim Landwirt bekannten) Pflanzen Mais, Raps und Grünroggen.

Derzeitige Entwicklung

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Konsequenzen aus Naturschutzsicht

Grünlandumbruch - trotz Cross Compliance

Grünlandintensivierung – auf Extensivgrünland

Verengung von Fruchtfolgen – mit neuen pflanzenbaulichen Problemen (GVO!)

Vorgezogene Erntetermine – mit hohem Verlust bei Bodenbrütern und Ackerwildkräutern

Vermehrte Nutzung von Stilllegungsflächen – ökologische Ausgleichsfunktion geht verloren

=> Steht uns ein weiterer Intensivierungsschub

mit Verlust der Biodiversität bevor??

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Fallbeispiele

In Recke (Kr. Steinfurt) ist durch die Entstehung von zwei Biogasanlagen innerhalb von drei Jahren der Rebhuhnbesatz verschwunden.

In Frittlingen (Kr. Tuttlingen) wurden zweischürige Salbei-Glatthaferwiesen nach Errichtung einer Biogasanlage in 4-5 schürigen Grassilagebestand umgewandelt.

An der Mittleren Treene (Kr. Schleswig-Flensburg) wurde auf Niedermoor großflächig Grünland umgebrochen; 54 weitere Biogasanlagen sind dort in der Planung.

In Birgel (Kr. Vulkaneifel) wurde in zwei FFH-Gebieten Grünland umgebrochen und Mais angesät.

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Grünlandumbruch und Maisansaat im FFH-Gebiet

„Obere Kyll und Kalkmulden

der Nordeifel“

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Grünlandumbruch im FFH-Gebiet „Gerolsteiner

Kalkeifel“ mit neuen

Drainagegräben und teilweise in Hanglagen

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Grünlandumbruch im FFH-

Gebiet „Obere Kyll und Kalkmulden der Nordeifel“

Gründlandanteil

2003 2006 Verlust

Mecklenburg-Vorpommern 20,32 % 19,54 % -3,8%

Nordrhein-Westfalen 29,9 % 28,8 % -3,7%

Sachsen-Anhalt 14,81 % 14,43 % -2,6%

Schleswig-Holstein/HH 34,95 % 34,08 % -2,5%

Rheinland-Pfalz 37,57 % 36,68 % -2,4%

Brandenburg/Berlin 21,99 % 21,48 % -2,3%

Niedersachsen/Bremen 29,02 % 28,51 % -1,8%

Thüringen 22,39 % 22,17 % -1,0%

Sachsen 20,91 % 20,74 % -0,8%

Bayern 35,67 % 35,55 % -0,3%

Baden-Württemberg 39,69 % 39,65 % -0,1%

Hessen 36,92 % 37,46 % 1,5%

Saarland 51,12 % k.A. k.A.

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Dietmar Oeliger, NABU-Bundesgeschäftsstelle BerlinMais auf Niedermoor (Niederung der Jörlau)

Veränderung der Landnutzung selbst in Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten!!!

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Konsequenzen

• Ernährungsindustrie warnt vor Rohstoffverknappung und Flächenkonkurrenz („Was an der Tankstelle gespart wird, muss im

Supermarkt mehr bezahlt werden“).

• Öffentliche Akzeptanz der Anlagen wird geringer.

• Zunehmender Widerstand auch von Tourismus-verbänden, Jägern und Trinkwasserschützern.

• Agrarumweltprogramme und Ökolandbau verlieren an wirtschaftlicher Attraktivität.

• Fehlende oder ineffiziente Wärmenutzung löst zusätzliche Kritik aus.

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Konsequenzen

2000 Euro/ha Subventionen für Energiemais – und als Gegenleistung gibt es Monokulturen, Artenschwund,

Gewässerbelastung und Gentechnik!

Ist das nachhaltig?

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Anforderungen

Nach Auffassung des NABU sollte der Anbau von Energiepflanzen folgende Mindestanforderungen erfüllen:

� Weitgehender Verzicht auf Pestizideinsatz durch Anwendung des Integrierten Pflanzenschutzes

� Verbot von Grünlandumbruch (CC und GFP bieten keinen ausreichenden Schutz)

� Nachweis eines regionaltypischen Anteils von ökologischen Vorrangflächen an der Betriebsfläche (mind. 5%)

� Einhaltung einer mindestens dreigliedrigen Fruchtfolge

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Anforderungen

�Verzicht auf den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO)

�Verzicht auf flächendeckende Ernte- oder Bewirtschaftungs-maßnahmen von auf Stilllegungsflächen angebauten Energiepflanzen in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni

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Forderungen

EEG ökologisch qualifizieren!

Der NawaRo-Bonus ist an folgende ökologische Mindeststandards zu koppeln:

- Beschränkung des Anteils einer Fruchtart (z.B. Silomais) in der Biogasanlage auf maximal 50%

- Nachweis einer ökologischen Ausgleichsfläche in Höhe von mind. 5 ha pro 100 kW Anlagenleistung bzw. 10% der Betriebsfläche

- Verzicht auf Grünlandumbruch

- Verzicht auf Gentechnik

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Forderungen

• Der Technologiebonus ist durch einen Umweltbonus für besonders umwelt- und naturverträgliche Methoden zu ersetzen.

• Die Boni sollten nur bei einem Nutzungsgrad von mind. 70%

gewährt werden, die Wärmenutzung muss nachweislich zur Substitution fossiler Energie beitragen.

• Nicht nachhaltig produzierte Biomasse sollte von der Förderung durch das EEG ausgeschlossen sein und bei der Biokraftstoffquote nicht angerechnet werden.

• Die steuerliche Förderung von Biokraftstoffen ist an Umweltkriterien wie hohe Netto-Treibhausgasbilanz und Vermeidung von Umweltschäden auszurichten.

• Biokraftstoffquote einfrieren und Revision der Zielsetzung auf EU-Ebene angehen

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Fazit

Eine Strategie „Weg vom Erdöl“ darf nicht auf Kosten einer Ökologisierung der Landwirtschaft erfolgen, sondern sie muss und kann im Einklang

damit umgesetzt werden!