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Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.Heilk. 203, 172--178 (1972) © by Springer-Verlag 1972 Nachweis einer Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz in den hSheren Frequenzen bei chronischer LiirmschwerhSrigkeit * P. Plath Abteilung fiir Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten der Medizinischen Fakultiit an der Rheinisch-Westfiilisehen Technischen Hoehsehule Aachen (Komm. Leitung: Prof. Dr. P, Plath) Eingegangeu am 1. Februar 1971/15. August 1972 Arguments for an Air-Bone-Gap in the Upper Frequencies in Cases of Chronieal Noise Induced Hearing Loss Summary. In 363 patients, the correlation coefficients r between age and air- bone-gap of tone-audiogram have been computed. The patients were divided into groups with (A) chronieal noise induced hearing loss, (B) acute hearing damage by trauma, (C) sensorineural hearing loss of other kind, and (D) hearing defects of several causes. Analysis of results proves an air-bone-gap at the upper frequencies beyond 3 kc to be a significant indication to chronical noise induced hearing loss. Zusammen/assun9. Bei 363 Patienten wurden die Korrelationskoeffizienten b zwischen Alter und der tonaudiometrischen Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz bestimmt. Die Patienten wurden unterteilt in F~lle mit chroniseher L~rmschwer- hSrigkeit (A), akutem HSrtrauma (B), anderen InnenohrschwerhSrigkeiten (C) und sonstigen SchwerhSrigkeiten (D). Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dal3 eine bei F~illen mit chroniseher LiirmschwerhSrigkeit signifikante Luft|eitungs-Knochen- leitungs-Differenz in den Frequenzen oberhalb yon 3000 Hz als sicheres differential- diagnostisches Merkmal anzusehen ist. Nixon, Glorig u. High haben 1962 fiber den statistischen Nachweis einer tonaudiometrischen Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz bei 4 kHz beriehtet, die mit zunehmendem Alter grSter wurde. Die Ver- suehspersonen waren aus einer BevSlkerung ausgesueht, die keinen L~rmbelastungen ausgesetzt gewesen war. Als Ursache ffir diese Schall- leitungsstSrung wurden altersbedingte Ver~nderungen der bindegewebi- gen Antefle des schalleitenden Apparates angesehen. In einer ausffihrlichen statistischen Untersuchung fiber das Ton- und SpraehgehSr bei L~rmsch~den des Ohres (Plath, 1971) land sich eben- falls eine signifikante Differenz zwischen den HSrschwellen ffir Luft- leitung und ffir Knochenleitung in den Frequenzen oberhalb yon 3000 Hz, deren GrSBe jedoch mit dem Alter der Patienten keine gute Korrelation * Mit freundlicher Unterstiitzung der Gesellschaft yon Freunden der Aachener Hochschule (FAHO).

Nachweis einer luftleitungs-knochenleitungs-differenz in den höheren frequenzen bei chronischer lärmschwerhörigkeit

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Page 1: Nachweis einer luftleitungs-knochenleitungs-differenz in den höheren frequenzen bei chronischer lärmschwerhörigkeit

Arch. klin. exp. Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.Heilk. 203, 172--178 (1972) © by Springer-Verlag 1972

Nachweis einer Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz in den hSheren Frequenzen

bei chronischer LiirmschwerhSrigkeit * P. Plath

Abteilung fiir Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten der Medizinischen Fakultiit an der Rheinisch-Westfiilisehen Technischen Hoehsehule Aachen (Komm. Leitung: Prof.

Dr. P, Plath)

Eingegangeu am 1. Februar 1971/15. August 1972

Arguments for an Air-Bone-Gap in the Upper Frequencies in Cases of Chronieal Noise Induced Hearing Loss

Summary. In 363 patients, the correlation coefficients r between age and air- bone-gap of tone-audiogram have been computed. The patients were divided into groups with (A) chronieal noise induced hearing loss, (B) acute hearing damage by trauma, (C) sensorineural hearing loss of other kind, and (D) hearing defects of severa l causes . Analysis of results proves an air-bone-gap at the upper frequencies beyond 3 kc to be a significant indication to chronical noise induced hearing loss.

Zusammen/assun 9. Bei 363 Patienten wurden die Korrelationskoeffizienten b zwischen Alter und der tonaudiometrischen Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz bestimmt. Die Patienten wurden unterteilt in F~lle mit chroniseher L~rmschwer- hSrigkeit (A), akutem HSrtrauma (B), anderen InnenohrschwerhSrigkeiten (C) und sonstigen SchwerhSrigkeiten (D). Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dal3 eine bei F~illen mit chroniseher LiirmschwerhSrigkeit signifikante Luft|eitungs-Knochen- leitungs-Differenz in den Frequenzen oberhalb yon 3000 Hz als sicheres differential- diagnostisches Merkmal anzusehen ist.

Nixon, Glorig u. High haben 1962 fiber den statistischen Nachweis einer tonaudiometrischen Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz bei 4 kHz beriehtet, die mit zunehmendem Alter grSter wurde. Die Ver- suehspersonen waren aus einer BevSlkerung ausgesueht, die keinen L~rmbelastungen ausgesetzt gewesen war. Als Ursache ffir diese Schall- leitungsstSrung wurden altersbedingte Ver~nderungen der bindegewebi- gen Antefle des schalleitenden Apparates angesehen.

In einer ausffihrlichen statistischen Untersuchung fiber das Ton- und SpraehgehSr bei L~rmsch~den des Ohres (Plath, 1971) land sich eben- falls eine signifikante Differenz zwischen den HSrschwellen ffir Luft- leitung und ffir Knochenleitung in den Frequenzen oberhalb yon 3000 Hz, deren GrSBe jedoch mit dem Alter der Patienten keine gute Korrelation

* Mit freundlicher Unterstiitzung der Gesellschaft yon Freunden der Aachener Hochschule (FAHO).

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aufwies, wohl aber mit dem Ausmal3 der L~rmbelastung. Auf Grund dieses Befundes erschien es statthaft , die beobachtete Luftleitungs-Knochen- leitungs-Diiferenz in den h6heren Frequenzen als pathognomonisch fiir chronische L~rmschiiden des Ohres zu bezeichnen (Plath, 1970a). Wagemann land diese Differenz iedoch auch bei anderen HochtonstSrun- gen und glaubt, dab sie mit der Steilheit des Schwellenabfalls zusammen- h~ngt.

Da der Luftleitungs-Knochenleitungs.Differenz in den h6heren Frequenzen in Zusammenhang mit der chronischen L~rmschwerhSrigkeit nach den beschriebenen Befunden eventuell eine wichtige diiferential- diagnostische Bedeutung beizumessen ist, erschien es wichtig, an einem anderen Beobachtungsmaterial eine erneute Prfifung ihrer Signifikanz durchzufiihren.

Methodik Die Tonaudiogramme yon 363 Patienten, die der Untersuchung zugrunde-iiegen,

wurden alle mit dem gleichen Peters-Audiometer AP5 yon einem einzigen Unter- sucher erstel|t. Die tonaudiometrischen H6rverluste fiir Luft. und Knochenleitung wurden nach einem eigenen Sch]fisselsystem (Plath, 1970b) in Lochkarten gegeben. Die Be~rbeitung der Daten erfolgte im Rechenzentrum der RWTH Aachen. Dab~i wurden die Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenzen gebildet und mit dem Alter der Patientcn korreliert. Die Berechnung der Korre]ationskoeffizienten r erfolgte getrennt fiir Patienten mit chronischer L~rmschwerhSrigkeit (Gruppe A, N --~ 130), mit akuten H6rtraumen, auch Sch~deltraumen (Gruppe B, _N ----- 39), mit anderen Innenohrschwerh6rigkeiten (Gruppe C, _N ~ 63) und mit sonstigen Schwerh6rig- keiten (Gruppe D, N ~ 131), zu denen vor ahem alle kombinierten oder reinen Mittel- ohrschwerhSrigkeiten gezAhit wurden. G|eichzeitig wurden die Mittelwerte ~ und Standarddeviationen s bestimmt.

Ergebnisse

In Tab. 1 sind die Korrelationskoefilzienten r zwischen der Luft- leitungs-Knochenleitungs.Differenz bei den einzeinen Prfiffrequenzen und dem Alter der Patienten in den verschiedenen Patientengruppen_ enthalten. Gleich. zeitig sind die Mittelwerte und Standardabweichungen angegeben.

Die Korrelationskoeffizienten zeigen, dab in allen F~llen praktisch keine Beziehung besteht zwischen der GrSfle der Luftleitungs-Knochen- leitungs-Differenz und dem Alter der Patienten. Insbesondere bei den Patienten mit chronischer L~rmschwerhSrigkeit sind die Korrelationen so gering, dab insgesamt keine Signifikanz gegen Null besteht. Signifikante Korrelationen, wenn auch schlechte, finden sich lediglich bei den akuten H6rtraumen und bei der letzten Gruppe der sonstigen ,,SchwerhSrig- keiten", und sie sind fiir die tieferen und mittleren Frequenzen besser als fiir die hSheren Frequenzen.

Ffir die Patienten mit chronischer L/irmschwerhSrigkeit zeigen die Mittelwerte der Luftleitungs.Knochenleitungs-Diiferenz in den Frequen-

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Tabelle 1. Korrelationskoeffizienten r zum Alter der Patienten, Mittelwerte £ und Standardabweichungen s der Luftleitungs-Knoehenleitungs-Differenzen bei chro- nischer L~irmschwerh5rigkeit (A), akutem HSrtrauma (B), sonstiger Innenohr-

schwerhSrigkeit (C) und anderen HSrstSrungen (D)

Gruppe A, N = 130 Gruppe B, N : 39

H z r 2 ~ s r 2 ~ s

250 0,0564 3,00 ± 6,182 0,2616 500 -- 0,0496 0,92 ± 4,213 0,2875

1000 0,0653 1,08 ± 3,576 0,3259 2000 -- 0,0613 0,85 :~ 4,986 0,2194 3000 0,0241 1,00 ± 5,686 0,0065 4000 -- 0,0369 6,31 :~ 9,412 0,0000 6000 0,1211 10,08 ~: 12,104 0,0642 8000 0,1438 9,08 ± 14,438 0,1884

10,00 ± 16,384 5,89 ~: 12,078 5,64 -~: 9,678 2,28 ~: 6,860 1,54 ± 8,440 3,33 ~- 10,596 4,36 ± 10,953 2,56 ~ 13,122

mittl. Alter 44,46 Jahre 47,69 Jahre

Gruppe C, N ~- 63 Gruppe D, N = 131

Hz r 2 ~ s r 2 & s

250 -- 0,0385 4,44 ± 15,216 0,2696 21,60 :j= 23,298 500 -- 0,1468 2,38 :j= 10,733 0,2433 16,41 :J= 19,771

1000 -- 0,1189 1,59"=t= 8,837 0,2342 15,04 ~ 17,645 2000 -- 0,1031 0,79 ± 9,034 0,2236 10,69 ~ 15,201 3000 -- 0,1510 0,79 :J: 8,854 0,2127 10,53 ~ 16,976 4000 - - 0,1637 2,38 ± 9,624 0,0357 12,90 :E: 16,893 6000 --0,2535 2,69 ~: 11,529 --0,1517 13,44 4z 17,399 8000 -- 0,1270 3,17 :~ 12,568 --0,2242 9,16 :]: 19,886

mittl. 56,35 Jahre 51,76 Jahre

zen oberhalb yon 3000 t t z eine Gr6Be, die v o n d e r in den anderen Frequen- zen signifikant abweicht. Diese Zunahme der Luft le i tungs-Knochen- leitungs.-Differenz in den h6heren Frequenzen finder sich in den anderen Pat ien tengruppen nicht in gleichem Ausmal~; sie bleibt bei den akuten H6r t r aumen und bei den sonstigen Innenohrschwerh6rigkei ten unter 5 dB und dami t im Bereich der normalen Fehlerbreite. Bei den aku ten HSr t raumen finden sich gr613ere Mittelwerte in den tieferen Frequenzen als Hinweis auf die mi tunter in diesen F~llen vorkommenden Sch~den am Schallei tungsapparat des Mittelohres. Ebenso sind die verh~ltnism£13ig groflen Mittelwerte in der Gruppe D darauf zurfickzufiihren, dab in diese Gruppe alle Pat ienten eingeordnet wurden, bei denen Schalleitungs- s t6rungen im Bereich des Mittelohres bes tanden; als Kr i te r inm dafiir gait eine durchschnit t l iche Luftlei tungs-Knochenleitungs-Differenz fiber alle Prfiffrequenzen yon 20 dB und mehr. Da hierbei auch Pat ienten mit gleichzeitig bestehender chronischer L~rmschwerh6rigkeit waren, e b e n s o

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wie bei den Patienten mit akuten ttSrtraumen und mit fiberwiegend nicht l~rmbedingter InnenohrsehwerhSrigkeit, finder sich auch in allen diesen Gruppen f/ir die hSheren Frequenzen eine leichte VergrSBerung in den Mittelwerten der Luftleitungs-Knoehenleitungs-Differenz, die aber signifikant kleiner ist als bei den Patienten mit alleiniger oder iiberwiegen. der chronischer L/~rmsch/~digung.

Auf die Tatsache, dab sieh nieht nur in der spezifischen Patienten- gruppe A chronische L/~rmsch/~den finden, sondern dab aueh in den anderen Patientengruppen neben anderen Ursachen ehronische L/~rm- sch/~den an der bestehenden ItSrstSrung beteiligt sein k6nnen, ist der Befund zur/iekzuftihren, dab die Standardabweiehungen s stets nach den hohen Frequenzen hin zunehmen. Eine /ihnliehe Zunahme der Streu- ungen f/ir die H6rsehwellen naeh den hohen Frequenzen hin findet sich jedoeh aueh bei Patienten, die sieher keinen ehronisehen L/~rmeinwir- kungen ausgesetzt gewesen sind (Plester; Plath u. Hallermann). Die st/~rkere Streuung der Luftleitungs-Knoehenleitungs-Differenzen in den hSheren Frequenzen kann daher aueh dureh die st~rkere Streuung der HSrsehwellen in diesem Bereieh beeinfluBt werden.

Diskussion 1. Bei ehroniseher L/~rmsehwerh6rigkeit 1/~gt sieh statistisch in den

Frequenzen oberhalb yon 3000 Hz eine signifikante Luftleitungs- Knochenleitungs-Differenz naehweisen, die keine Korrelation zum Alter der Patienten hat. Im Gegensatz dazu weisen Patienten mit einer akuten traumatischen HSrstSrung eine im Mittelwert vor allem nach den tieferen Frequenzen zunehmende Luftleitungs-Knochenleitungs-Diffe- renz auf, w/~hrend bei diesen Patienten ebenso wie in F/~llen mit sonstigen Innenohrsehwerh6rigkeiten die gemittelte Luftleitungs-Knochenleitungs. Differenz in den hSheren Frequenzen im Bereich der normalen Streu- breite bleibt.

2. Eine leichte Zunahme der Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz naeh den h6heren Frequenzen hin bei allen Patientengruppen ohne allei- nigen ehronisehen L/~rmschaden kann dann so gedeutet werden, dab aueh in diesen Fgllen zumindest vereinzelt chronisehe L/~rmsch/~den gleieh- zeitig mit anderen H6rseh/~den bestehen kSnnen. Dieser Befund weist aueh darauf hin, dab nieht nur neben anderen Einfliissen auf das HSr- vermSgen eine chronisehe L/irmseh/~digung bestehen kann, sondern es kann weitergehend auch angenommen werden, dab diese zus£tzlichen ehronisehen L/irmsch/~den Folge der nieht berufliehen, umweltbedingten L/~rmeinwirkungen sein k6nnen, denen alle zivflisierten Menehen aus- gesetzt sind. Diese Vermutung gr/indet sieh auf die Untersuehungen an alternden Mensehen (Rosen et al. ; Hallermann u. Plath). Sie kann eine Erkl/irung dafiir geben, dab sowohl Nixon et al. in ihrer Bev61kerungs-

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statistik als auch Wagemann in EinzelfgUen Luftleitungs-Knochen- leitungs-Differenzen in den h6heren Frequenzen fanden, wenn die Patienten beruf]ich nicht stgrkerem Lgrm ausgesetzt gewescn shad. So kann das yon zahlreichen Autoren beobachtete, leichte Uberwiegen traumatischcr H6rschgden auf dem linken Ohr (Bryden; IAerle u. Reger; Plath, 1971; Ward; Watson) aUein durch die st~rkere FAnwirkung der Fahrger~usche auf das linke Ohr des Autofahrers erklgrt werden.

3. Als Ursache ffir die Luftleitungs.Knochenleitungs-Differenz in den hShcrcn Frequenzen sind, wie auch bei Nixon et al., degenerative Ver- ~ndcrungen am schalleitenden Apparat des Mittelohres anzunehmen. Diese Annahme wird unterstiitzt durch die Untersuchungen yon Aikyoshi et al. sowie den Befund, dab bei Patienten mit chronischer Lgrmsehwer- h6rigkeit sieh sehr oft einc Triibung und Verdickung der Trommelfelle finder (Hustin; Plath, 1971), was sonst, ohne anamnestisehe Angaben fiber frfihere Mittelohrentzfindungen, nur bei Patienten in hohem Alter der Fall ist. Ebenso wie fiir die Innenohrsehgdigung (Jatho u. Heck) bcsteht bier eine Parallele zwischen chroniseher Lgrmsehwerh6rigkeit und AlternsprozeB aueh ffir den Bereich des Mittelohres. Hicrin kSnnte eine weitere Erklgrung ffir die Befunde yon Nixon et al. zu suchen sein.

Der yon Wagemann ge~uBerte Verdaeht, dab es sieh bei der Luft. leitungs-Knochenleitungs-Differenz in den hSheren Frequenzcn um einen Effekt handele, der dutch Unreinheiten dcr Ubertragung durch den Knochenleiter bei Steilabfgllen der HSrverlustkurven verursaeht werdc, kann dadureh als widerlegt angesehen werden, dab diese Differenz bei Sehrggverlgufen der H6rverinstkurven im Mittel grS~er ist als bei HSrkurvensenken (Plath, 1971).

Aueh ein Effckt, verursaeht durch die speziellen Ubertragungs- eigensehaften des Knoehenleiters am Peters.Audiometer, wie cr yon ZSllner u. Keller (persSnliche Mitteilungen) vermutet wird, ist mit Sicherheit ausschlieBbar: Die erste Beschreibung der Luftlcitungs- Knoehenleitungs-Differenz in den hohen Frequenzen bei Patienten mit ehroniseher Lgrmschwcrh6rlgkeit erfolgte aufgrund yon Befunden, die iiberwiegend mit einem Atlas-Audiometer EM48 gewonnen worden waren (Plath, 1971). Ein Vergleieh der tonaudiometrisehen HSrsehwellen fiir Luft- und Knochenleitung an den gleichen Patienten mit den Audio- metern Atlas EM48 und Peter AP5 ergibt nicht nur keine signifikante Differenz im Mittelwert der Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenzen, sondern auch eine hohe Korrclation yon r -~ 0,93 der in diesen Fgllen beobachteten Luftleitungs-Knoehenleitungs-Differenzen. Abb. 1 zeigt das Tonaudiogramm eines Patienten naeh Stapedektomie, aufgezeiehnet mit dem Peters-Audiometer; trotz steilen Abfalls der H6rschwellenkurve finder sieh keine Luftlcitungs-Knochcnleitungs.Differenz, auch nicht bei Kontrolle am Atlas-Audiometer. Abb. 2 gibt das Tonaudiogramm cines

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Nachweis einer Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz

C C C I C 2 C ~ c 4 C s C e

64 128 256 512 1024 2048 4096 BI92 HZ I -,20

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.... c:~ ...... __. - 20 -~

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Abb. 1. Tonaudiogramm nach Stapedektomie (Peters-Audiometer)

C c c ~ C 2 c 3 C a c 5 c 6 64 128 256 512 1024 204B 4,096 Blg2 HI -20

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Abb.2. Tonaudiogramm bei chronischer L~rmschwerh6rigkeit (Atlas-Audiometer)

177

Patienten wider, der mehr als 20 Jahre in einem L/irmbetrieb der Metallverarbeitung t£tig war, aufgezeichnet am Atlas-Audiometer; trotz flacherem Kurvenverlauf als in Abb. 1 finder sich hier ebenso wie in der Kontrolle mit dem Peters-Audiometer die beschriebene Luft- leitungs-Knochenleitungs_Differenz.

4. Da sich eine Luftleitungs-Knochenleitungs-Differenz in den hSheren Frequenzen vor allem bei Patienten mit ehronischer LiirmsehwerhSrig- keit finder, ist sie als pathognomonisch anzusehen. Das Auftreten s01cher Luftleitungs-Knochenleitungs_Differenzen aueh bei anderen Patienten in

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Einzelf/~llen spricht nieht gegen diese Annahme: Neben anderen HSr. sch/iden kann gleiehzeitig eine chronisehe L/irmsch/~digung vorliegen, die nieht allein beruflich bedingt sein mul~, oder es liegen erhebliche Alters- ver~nderungen vor oder entzfindlieh bedingte StSrungen der Schall- fibertragung im Mittelohr, die dann aber gewShnlic h aueh die tieferen Frequenzen betreffen. Der Nachweis einer Luftleitungs-Knochenleitungs- Differenz in den hSheren Frequenzen daf t nach den vorgelegten Ergeb- nissen als wiehtiger differentialdiagnostiseher Hinweis auf das Vorliegen einer chronischen L/~rmschwerhSrigkeit des Ohres zu bewerten sein.

Herrn Dipl.-Ing. Dautzenberg yore Rechenzentrum der RWTH danke ich sehr herzlich fiir die freundliche Hilfe bei der Durchftihrung der Berechnungen.

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