4
Extreme Naturereignisse sind dem dynamischen Planet Erde im- manent und damit Bestandteil unserer Umwelt. Sie können auch in Deutschland zu enormen Schäden führen. Ob aus Naturereig- nissen Katastrophen werden, hängt von der Anfälligkeit und Vor- sorge der Gesellschaft ab. Anzahl und Intensität solcher Extrem- ereignisse sind starken Schwankungen unterworfen. Aufgrund der treibhausbedingten Erhöhung der sensiblen und latenten Energieanteile in der Atmosphäre ist künftig mit einer Zunahme von wetterbedingten Extremereignissen zu rechnen. Jedoch las- sen vor allem zunehmende Wertekonzentration und Anfälligkeit höhere Schäden durch Naturgefahren erwarten. Atmosphäre und Lithosphäre sind die Hauptquellen von extremen Naturereignissen. So lassen sich Stürme, Stark- niederschläge, Hagelereignisse, Hitze- und Kältewellen sowie Blitzschlag den direkten atmosphärischen Aus- wirkungen zuschreiben. Daraus resultieren Sturmfluten an den Küsten, Sturzfluten in steilen Einzugsgebieten oder in bebauten Gebieten und Überflutungen durch Flusshochwasser. Auch Dürreperioden aufgrund lang an- haltend hoher Temperaturen mit großen Verdunstungsra- ten sowie Waldbrände sind indirekte atmosphärische Aus- wirkungen. Die Prozesse der festen Gesteinshülle bis 100 km Tiefe können Erdbeben und Vulkanausbrüche hervorrufen. Obgleich es in Deutschland momentan keine aktiven Vulkane gibt, sprechen Vulkanologen dennoch von der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup- tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch bzw. durch eine Interaktion verschiedener Auslöser verursacht werden. So kann eine Hangrutschung durch leichtere Erdbeben im Zusammenspiel mit atmosphärischen Vorbedingungen wie lang anhaltende Niederschläge und mächtige Schnee- auflagen ausgelöst werden. Selten bedacht und dennoch möglich sind extrater- restrisch verursachte Naturgefahren. Solare Eruptionen führen zu magnetischen Stürmen, die beispielsweise groß- räumige Stromausfälle infolge von Störströmen in Über- landleitungen oder Fehlfunktionen von Satelliten mit Stö- rungen von Navigations- oder Kommunikationssystemen nach sich ziehen können. Die denkbar verheerendsten Naturkatastrophen sind Meteoriteneinschläge mit Ein- schlagkratern bis zu mehreren 100 km Durchmesser und globalen Auswirkungen. Außerdem ist noch der Mensch als Auslöser oder Verstärker von Katastrophen zu nennen, z. B. bei vorsätzlich gelegten Waldbränden oder bei Lawi- Ruth Bittner Knut Günther Bruno Merz Naturkatastrophen in Deutschland 7 Ernst & Sohn Special 6/2009 Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement Katastrophenschutz Unsere flexiblen Ringnetzbarrieren stoppen nicht nur Murgänge, sondern halten in ihrer einfachsten Ausfüh- rung, nämlich ohne Bremsringe, auch Schwemmholz und Geschiebe zurück, während das Wasser weiterflie- ssen kann. So können Verklausungen von Durchlässen verhindert, der Strassen- und Schienenverkehr offen gehalten und Objekte vor Zerstörung geschützt wer- den. Die Montage und Entleerung ist einfach. Die Bemessung von flexiblen Ringnetzen für Schwemm- holz basiert auf ausführlichen Modell- und 1:1-Feld- versuchen an der TU München. Fordern Sie jetzt unseren neuen Murgangprospekt und Murgangfilm unter [email protected] an. Geobrugg AG Schutzsysteme Aachstrasse 11 • CH-8590 Romanshorn Tel. +41 71 466 81 55 • Fax +41 71 466 81 50 www.geobrugg.com • [email protected] Flexible Ringnetzbarrieren schützen vor Murgang, Geschiebe und Schwemmholz

Naturkatastrophen in Deutschland - HZGvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Naturkatastrophen in Deutschland - HZGvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch

Extreme Naturereignisse sind dem dynamischen Planet Erde im-manent und damit Bestandteil unserer Umwelt. Sie können auchin Deutschland zu enormen Schäden führen. Ob aus Naturereig-nissen Katastrophen werden, hängt von der Anfälligkeit und Vor-sorge der Gesellschaft ab. Anzahl und Intensität solcher Extrem-ereignisse sind starken Schwankungen unterworfen. Aufgrundder treibhausbedingten Erhöhung der sensiblen und latentenEnergieanteile in der Atmosphäre ist künftig mit einer Zunahmevon wetterbedingten Extremereignissen zu rechnen. Jedoch las-sen vor allem zunehmende Wertekonzentration und Anfälligkeithöhere Schäden durch Naturgefahren erwarten.

Atmosphäre und Lithosphäre sind die Hauptquellen vonextremen Naturereignissen. So lassen sich Stürme, Stark-niederschläge, Hagelereignisse, Hitze- und Kältewellensowie Blitzschlag den direkten atmosphärischen Aus-wirkungen zuschreiben. Daraus resultieren Sturmflutenan den Küsten, Sturzfluten in steilen Einzugsgebietenoder in bebauten Gebieten und Überflutungen durchFlusshochwasser. Auch Dürreperioden aufgrund lang an-haltend hoher Temperaturen mit großen Verdunstungsra-ten sowie Waldbrände sind indirekte atmosphärische Aus-wirkungen. Die Prozesse der festen Gesteinshülle bis

100 km Tiefe können Erdbeben und Vulkanausbrüchehervorrufen. Obgleich es in Deutschland momentan keineaktiven Vulkane gibt, sprechen Vulkanologen dennochvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinenkönnen atmosphärisch oder lithospärisch bzw. durch eineInteraktion verschiedener Auslöser verursacht werden. Sokann eine Hangrutschung durch leichtere Erdbeben imZusammenspiel mit atmosphärischen Vorbedingungenwie lang anhaltende Niederschläge und mächtige Schnee-auflagen ausgelöst werden.

Selten bedacht und dennoch möglich sind extrater-restrisch verursachte Naturgefahren. Solare Eruptionenführen zu magnetischen Stürmen, die beispielsweise groß-räumige Stromausfälle infolge von Störströmen in Über-landleitungen oder Fehlfunktionen von Satelliten mit Stö-rungen von Navigations- oder Kommunikationssystemennach sich ziehen können. Die denkbar verheerendstenNaturkatastrophen sind Meteoriteneinschläge mit Ein-schlagkratern bis zu mehreren 100 km Durchmesser undglobalen Auswirkungen. Außerdem ist noch der Menschals Auslöser oder Verstärker von Katastrophen zu nennen,z. B. bei vorsätzlich gelegten Waldbränden oder bei Lawi-

Ruth BittnerKnut GüntherBruno Merz

Naturkatastrophen in Deutschland

7Ernst & Sohn Special 6/2009 Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement

Katastrophenschutz

Unsere flexiblen Ringnetzbarrieren stoppen nicht nur Murgänge, sondern halten in ihrer einfachsten Ausfüh-rung, nämlich ohne Bremsringe, auch Schwemmholz und Geschiebe zurück, während das Wasser weiterflie-ssen kann. So können Verklausungen von Durchlässen verhindert, der Strassen- und Schienenverkehr offen gehalten und Objekte vor Zerstörung geschützt wer-den. Die Montage und Entleerung ist einfach.

Die Bemessung von flexiblen Ringnetzen für Schwemm-holz basiert auf ausführlichen Modell- und 1:1-Feld-versuchen an der TU München.

Fordern Sie jetzt unseren neuen Murgangprospekt und Murgangfilm unter [email protected] an.

Geobrugg AGSchutzsystemeAachstrasse 11 • CH-8590 RomanshornTel. +41 71 466 81 55 • Fax +41 71 466 81 50www.geobrugg.com • [email protected]

Flexible Ringnetzbarrieren schützen vor Murgang, Geschiebe und Schwemmholz

05_07_42_SH_HWS.qxd 23.10.2009 9:55 Uhr Seite 7

Page 2: Naturkatastrophen in Deutschland - HZGvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch

nen und Erdrutsche auf entwaldeten Flächen. Letztesvom Menschen verursachtes Ereignis war der Erdrutschauf einer ehemaligen Abraumhalde eines Braunkohletage-baus im Sachsen-Anhaltischen Nachterstedt im Juli 2009.Erdmassen rutschten 40 m tief in einen Tagebaurestseeund rissen mehrere Gebäude mit sich. Diese Katastropheforderte drei Todesopfer und 41 Menschen verloren ihrObdach.

Volkswirtschaftliche Schäden durch Naturgefahren

Welche volkswirtschaftliche Gesamtschäden Naturgefah-ren verursachen können, zeigen die letzten großen Natur-katastrophen in Deutschland – der Wintersturm Kyrill2007 mit 4,2 Mrd. € (Münchener Rück 2008) und dasElbe-Hochwasser 2002 mit 11,8 Mrd. €. [8] Betrachtetman alle Naturereignisse im Zeitraum von 1970 bis 1998,wird deutlich, dass Sturmereignisse die teuersten Naturge-fahren in Deutschland sind. Sie machen 75% des volks-wirtschaftlichen Gesamtschadens aus. 19% werden durchFlussüberschwemmungen und Sturzfluten, 5% durch wei-tere atmosphärisch bedingte Gefahren wie Hitzewellen,Frost und Waldbrände verursacht. Erdbeben und Erdrut-sche haben in diesen drei Dekaden einen geringen Anteilvon 1% zum volkswirtschaftlichen Gesamtschaden beige-tragen. [9] Aus diesen Zahlen lässt sich jedoch nichtschließen, dass Erdbeben und Sturmfluten vernachlässig-bar sind. Überschlägige Berechnungen schätzen, dassworst-case-Ereignisse (z. B. Sturmflut im Raum Hamburg,Starkbeben bei Köln oder Frankfurt/M.) zu volkswirt-schaftlichen Schäden in der Größenordnung von mehre-ren Zehnern Milliarden Euro führen können. So haben z.B. paläoseismologische Untersuchungen ein Erdbeben miteiner Momentenmagnitude von 6,7 in der niederrheini-schen Bucht in der Nähe von Köln nachgewiesen. EinVergleich von Hochwasser- und Erdbebenrisiko für dasStadtgebiet Köln zeigte, dass für Extremereignisse mitkleinen Eintrittswahrscheinlichkeiten (< ca. 200-jähr-liches Ereignis) die Auswirkungen eines Erdbebens dieje-nigen eines Hochwassers übertreffen. [3]

8

Katastrophenschutz

Ernst & Sohn Special 6/2009 Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement

Räumlicher und zeitlicher Wirkungsbereich von Naturgefahren

Im Bild sind mögliche Naturgefahren für Deutschland mitihren räumlichen und zeitlichen Wirkungsbereichen dar-gestellt. Ereignisse mit kleinem, lokal begrenztem Ein-flussbereich von bis zu 10 km sind vor allem konvektiveStarkniederschlagsereignisse und Sturzfluten, Gewitter,Blitzschläge und Hagel. Sehr lokal wirken auch Lawinenund Erdmassentransporte wie Hangrutschungen, Murenund Bergstürze. Andere Naturgefahren können deutlichgrößere Gebiete betreffen. So weisen Tornados Zuglängenvon bis zu 100 km auf, wohingegen die wirksame Zugbrei-te meist nicht größer als 500 m ist. Auch Überschwem-mungen durch Sturmfluten, wie 1962 in Hamburg undBremen, oder Flusshochwasser, wie 2002 an Elbe und Do-nau, sind regional oder überregional entlang von Küsten-abschnitten oder Flusstälern, bis auf mehrere 100 km,wirksam. In diese Kategorie fallen auch Erdbeben, Vul-kanausbrüche und magnetische Stürme. Deutschlandweit,also mit Einflussbereichen > 500 km, wirken Naturgefah-ren wie Winterstürme mit Windfeldbreiten bis zu 1000 kmund Zuglängen bis zu 5000 km. Ebenso für die Gesamt-fläche Deutschlands wirksam sind Kälte- und Hitzewel-len. Aus Trockenheit und Dürre können Schäden in derLandwirtschaft ganzer Regionen, beeinträchtigte Binnen-schifffahrt und Engpässe in der Stromproduktion durchunzureichende Kühlleistung der aufgewärmten Flüsse re-sultieren.

Die Dauer von extremen Naturereignissen ist unter-schiedlich. Die Zeitskala reicht von wenigen Sekundenbis zu Monaten. In den meisten Fällen gilt, dass eine län-gere Wirkdauer zu höheren Schäden führt. Kurze Ereig-nisdauern von Sekunden und Minuten haben Blitzschlag,Tornados, Massenbewegungen und Lawinen, sowie Erd-beben und Meteoriteneinschläge. Letztere haben bei ex-trem kurzer Wirkdauer aber eine so große Energiefreiset-zung, dass sie Gebiete von der Größe Deutschlands ver-wüsten könnten. Davon zeugt das Nördlinger Ries auf derSchwäbischen Alb, ein Einschlagkrater mit 24 km Durch-messer, der vor ca. 14,5 Mio. Jahren entstand [9]. Hagel,Starkniederschläge, Sturzfluten, Winterstürme, Waldbrän-de, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche und magneti-sche Stürme wirken länger, meist dauern sie Stunden biszu wenigen Tagen. Einige Tage bis wenige Monate dauerninsbesondere Kälte- und Hitzewellen. Vor allem lang an-haltend hohe Temperaturen sind eine große Belastung fürdas menschliche Herz-Kreislaufsystem und führen immerwieder zu zahlreichen Hitzetoten – so geschehen im Re-kordsommer 2003, als von Juni bis August die mittlereTemperatur um 3,4 °C über dem klimatologischen Durch-schnittswert des Zeitraums 1961–1990 lag. In Deutsch-land waren 9000, in ganz Europa über 70000 Todesopferzu beklagen. Der volkswirtschaftliche Gesamtschadenwurde auf 1,3 Mrd. Euro beziffert. [7] [6]

Höheres Risiko durch Naturereignisse?

Die Schäden durch extreme Naturereignisse sind in denletzten Jahrzehnten global, aber auch in Deutschland dra-matisch gestiegen. Zu diesem Anstieg tragen vielfältigeEinflüsse bei, wie z. B. zunehmende Besiedlung von ge-

Räumliche Wirkungsbereiche und Dauer von Ereignissen für Naturgefahren inDeutschland; dargestellt sind Gesamtereignisse, also die Summe aller Schaden verur-sachenden Einzelereignisse, z. B. Blitze als Einzelereignis einer weiträumig wirkendenGewitterzelle (Grafik: Merz, B. und Günther, K. (CC by-nc-sa))

05_07_42_SH_HWS.qxd 23.10.2009 9:55 Uhr Seite 8

Page 3: Naturkatastrophen in Deutschland - HZGvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch

9

Katastrophenschutz

Ernst & Sohn Special 6/2009 Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement

fährdeten Bereichen, Akkumulation von Werten, verän-derte Anfälligkeit durch zunehmende Vernetzung der Ge-sellschaft und der Klimawandel. Aufgrund der Vielfältig-keit dieser Einflüsse und der Zufälligkeit der verursachen-den Naturprozesse ist es bis heute kaum möglich, die ein-zelnen Anteile der verschiedenen Einflüsse zu beziffern.

Im Zusammenhang mit atmosphärisch bedingtenNaturgefahren wird der Klimawandel häufig als derHauptverursacher für die steigenden Schäden gesehen.Aufgrund des Anstiegs der globalen Oberflächentempera-tur verändern sich Häufigkeit und Magnituden von klima-tischen Extremereignissen. So nehmen Energie- und Was-sergehalt derAtmosphäre zu, was auch eine Erhöhung desPotenzials für Gewitterstürme zur Folge hat. [4] Ebensowerden Winterstürme durch den Klimawandel beein-flusst. Diese haben eine große geographische Ausdehnungüber ganz Europa und können hohe Schäden hervorru-fen. Der Klimawandel nimmt entscheidenden Einfluss aufdie Zugbahnen der Winterstürme, die sich dadurch weiternach Norden verschieben. Dabei wird der Kerndruck die-ser Luftmassen gesenkt und einzelne Ereignisse könnenverheerender sein als bisher. [12]

Witterung und Klima lassen sich zusammenfassenddurch die Charakterisierung der atmosphärischen Zirku-lationsformen („Großwetterlagen“) beschreiben. In meh-reren Untersuchungen wurde in den letzten Jahren dieÄnderung der Auftretenshäufigkeiten von Großwetterla-gen untersucht. (z. B. [2], [10] und [11]) Dabei wurde fürdie Wintermonate eine statistisch signifikante Zunahme

der zonalen Westlagenhäufigkeiten nachgewiesen. DerenAuftreten korreliert wiederum mit großräumigen undlang andauernden Niederschlägen für bestimmte Regio-nen Mitteleuropas (z. B. Südwestdeutschland), so dasssich weiterhin eine Korrelationen zwischen den Zunah-men dieser Wetterlagen und gehäuften Hochwasserereig-nissen in den Wintermonaten ableiten lassen. Für Nord-ostdeutschland sind diese Westwetterlagen weniger rele-vant. Hier wurde eine erhöhte Auftretenswahrscheinlich-keit der Wetterlage „Hochdruckbrücke über Mitteleuropa(BM)“ und der TrM-Wetterlage (TrM: Trog über Mitteleu-ropa) mit der sogenannten Vb-Zugbahn von Tiefdruckge-bieten in den Sommermonaten anhand der langjährigenZeitreihe von Wetterlagen seit 1881 analysiert. Erstere istmit Trockenheiten in den Sommermonaten verbunden,wohingegen die zweite Wetterlage große Hochwasserer-eignisse auslösen kann.

Auch für die Entstehung von Hochwassern aufgrundder Schneeschmelze können Klimaänderungen einen be-trächtlichen Einfluss haben. Durch veränderte Tempera-turen werden Zeitpunkt, Intensität und Abfolge vonSchneeschmelzereignissen variiert. Auch kann die zeitli-che Veränderung von Schneeakkumulation und Schnee-schmelze in Verbindung mit einer zeitlichen Änderung desRegenverhaltens zu einer nachteiligen Überlagerung vonHochwasserereignissen aus Schneeschmelze und Stark-niederschlägen und dann zu einer Zunahme des Spitzen-abflusses führen. Bronstert diskutiert die Relevanz dieseshydrologisch-klimatologischen Zusammenhangs für das

NAUE GmbH & Co. KGGewerbestraße 232339 Espelkamp-Fiestel Telefon 05743 41-0Telefax 05743 41-240E-Mail [email protected] www.naue.com

vergessen?NAUE Geokunststoffe Der sichere Deich:

·langfristig wirksam

·effektive Systemlösung

·ökologisch und

ökonomisch

05_07_42_SH_HWS.qxd 23.10.2009 9:55 Uhr Seite 9

Page 4: Naturkatastrophen in Deutschland - HZGvon der Möglichkeit, dass es in der Eifel wieder zu Erup-tionen kommen kann. Erdrutsche, Muren und Lawinen können atmosphärisch oder lithospärisch

Rheineinzugsgebiet. Dort könnten möglicherweise zu-künftig das gehäufte frühere Auftreten von Schmelzhoch-wassern aus dem alpinen Gebiet mit Regenhochwassernaus dem Mittelgebirge zu einem deutlich erhöhten Über-flutungsrisiko am Mittel- und Niederrhein führen. Auf deranderen Seite würde ein verminderter Abfluss aus denGletscher- und Schneegebieten im Sommer und Früh-herbst Niedrigwasserereignissen wahrscheinlich werdenlassen. [2]

Für Deutschland wurde durch eine Analyse vonHochwasserzeitreihen von über 100 Einzugsgebieten dieVeränderung der Hochwassergefährdung während derletzten fünf Dekaden untersucht. [10] [11] Es wurde ge-zeigt, dass die Hochwassergefährdung im Winterhalbjahrim Westen, Süden und im Zentrum Deutschlands zuge-nommen hat. Die Änderungen der Hochwassergefähr-dung im hydrologischen Sommerhalbjahr sind gering.Aufgrund der Detektion von räumlich und saisonal kohä-renten Trends – über Einzugsgebietsgrenzen hinweg –kann angenommen werden, dass es sich um klimabezoge-ne Veränderungen handelt und nicht um zufällige lokaleund durch anthropogene Eingriffe in den Einzugsgebietenhervorgerufene Trends.

Trotz solcher ersten Hinweise auf ungünstige Einflüs-se des Klimawandels auf atmosphärisch bedingte Naturer-eignisse sind seine Auswirkungen auf die verschiedenenNaturgefahren auf regionaler Skala noch weithin unklar.Zu den wenigen Studien, die versuchten, den Beitrag desKlimawandels auf den Anstieg von Schäden durch Natur-gefahren zu quantifizieren, gehört [1]. Für den Zeitraum1970–2006 wurde eine Zeitreihe der volkswirtschaft-lichen Schäden aufgrund großer Hochwasser in 31 euro-päischen Ländern erstellt. Diese Zeitreihe zeigt deutlichgrößere Schäden in jüngerer Zeit. In einem zweitenSchritt wurde die Zeitreihe normalisiert, d. h. Effekte auf-grund Inflation, Bevölkerungswachstum und ökonomi-schem Wachstum wurden herausgerechnet. Diese norma-lisierte Zeitreihe der Hochwasserschäden zeigt keinen sig-nifikanten Trend, d. h. der Anstieg der Hochwasserschä-den der letzten Jahrzehnte in Europa lässt sich alleinmittels sozio-ökonomischer Faktoren erklären.

Umgang mit extremen Naturereignissen

Ob sich extreme Naturereignisse zu Katastrophen auswei-ten, hängt von der Vorsorge der Gesellschaft und ihrer Re-aktion in Krisensituationen ab. Denn Katastrophen durchextreme Naturereignisse werden nicht durch die Natur al-lein bestimmt, sondern vor allem durch die Art und Weise,wie die betroffenen Menschen mit Ereignissen umgehen,die den gewöhnlichen Schwankungsbereich überschrei-ten. [5] Somit spielen gesellschaftliche Veränderungen ei-ne wichtige Rolle. Die Zeitskala der erwarteten Klimaän-derung ist vergleichbar mit dem Planungshorizont fürneue Bauten, Infrastrukturanlagen und Raumnutzungs-entscheiden. Die Berücksichtigung des Faktors Wetter-Klima-Naturkatastrophen als eine sich ändernde Rah-

10

Katastrophenschutz

Ernst & Sohn Special 6/2009 Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement

menbedingung wird für Planungsaufgaben immer wichti-ger [12].

Aussagen über die zukünftige Entwicklung des Kli-mas und die regionalen Auswirkungen von Klimaände-rungen sind mit sehr großen Unsicherheiten behaftet.Deshalb sind anpassungsfähige Lösungen gefragt, die denheutigen Bedürfnissen genügen und sich flexibel an mög-licherweise deutlich andere zukünftige Anforderungen an-passen lassen. So kann ein Frühwarnsystem einfacher anneue Randbedingungen angepasst werden als etwa bauli-che Schutzmaßnahmen. Eine Erhöhung des Risikobe-wusstseins und der Selbsthilfe der Bevölkerung ist einesinnvolle Maßnahme zur Risikoreduzierung – unabhängigdavon, ob und wie stark der Klimawandel Häufigkeit undMagnitude von Naturereignissen erhöht.

Literatur

[1] Barredo, J. I.: Normalised flood losses in Europe: 1970–2006. Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 9/2009, S. 97–104.

[2] Bronstert, A.: Mögliche Einflüsse der Klimaänderungen aufHochwasser und Dürreereignisse. Workshop des DKKV undARL, Hannover 2006.

[3] Grünthal, G., Thieken, A., Schwarz, J., Radtke, K., Smolka,A., Merz, B.: Comparative risk assessments for the city ofCologne – storms, floods, earthquakes. Natural Hazards 38(1–2)/2006, S. 21–44.

[4] Kron, W., Ellenrieder, T.: Zunehmende Wetterschäden: Waskostet das die Versicherungswirtschaft? Forum für Hydrolo-gie und Wasserbewirtschaftung, Heft 24, 2008.

[5] Merz, B., Emmermann, R.: Zum Umgang mit Naturgefah-ren in Deutschland: Vom Reagieren zum Risikomanagement.GAIA 15/4 (2006), S. 265–274.

[6] Münchener Rück: Globus der Naturgefahren – Globe ofNatural Hazards, Version 2009. DVD-ROM.

[7] Münchener Rück: Topics Geo. Naturkatastrophen 2007.Analysen, Bewertungen, Positionen. Edition Wissen 2008.

[8] Münchener Rück: Zwischen Hoch und Tief. Wetterrisikenin Mitteleuropa. Edition Wissen 2007.

[9] Münchener Rück: Naturkatastrophen in Deutschland.Schadenerfahrungen und Schadenpotentiale. 1999.

[10] Petrow, T., Zimmer, J., Merz, B.: Changes in the flood ha-zard in Germany through changing frequency and persisten-ce of circulation patterns. Nat. Hazards Earth Syst. Sci.,9/2009, S. 1409–1423.

[11] Petrow, T., Delgado, J. M. M., Merz, B.: Trends in derHochwassergefährdung in Deutschland (1951 bis 2002) undKonsequenzen für die Bemessung. Wasserwirtschaft11/2008, S. 24–28.

[12] Planat (2009): Nationale Plattform Naturgefahren PLA-NAT. Geographisches Institut der Universität Bern/Schweiz,http://www.planat.ch/ (letzter Zugriff: Sept. 2009).

Weitere Informationen:Helmholtz-Zentrum Potsdam,Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ),Telegrafenberg, 14473 Potsdam,Tel. (03 31) 2 88-15 00 (-15 01), Fax (03 31) 2 88-15 70,[email protected], www.gfz-potsdam.de/portal/-,www.rimax-hochwasser.de

05_07_42_SH_HWS.qxd 23.10.2009 9:55 Uhr Seite 10