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288 ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 103 (2001) 4 Entwicklung Wälzlager Auf der Hannover-Messe 2000 und den Fach- pressetagen 2000 stellte der Wälzlagerherstel- ler SKF eine neuartige Lagereinheit für die Zahnradwellen in einem Schaltgetriebe für Per- sonenkraftwagen vor. Die Lagereinheit besteht aus einem Lagerträger aus Stahl und zwei ab Werk eingepressten und verschweißten Rillen- kugellagern. Dadurch wird gerade in Magnesi- um- oder in Aluminiumgehäusen die Position von Hauptwelle und Vorgelegewelle wesentlich genauer als bisher unter Betriebsbedingungen festgelegt. Inzwischen wird die Lagereinheit bei VW im Plattformgetriebe des Skoda Fabia serienmäßig verbaut. Neue Lagereinheit von SKF für Schaltgetriebe Montage eines Schaltgetriebes von Volkswagen im Werk Kassel

Neue Lagereinheit von SKF für Schaltgetriebe

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288 ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 103 (2001) 4

Entwicklung Wälzlager

Auf der Hannover-Messe 2000 und den Fach-pressetagen 2000 stellte der Wälzlagerherstel-ler SKF eine neuartige Lagereinheit für dieZahnradwellen in einem Schaltgetriebe für Per-sonenkraftwagen vor. Die Lagereinheit bestehtaus einem Lagerträger aus Stahl und zwei abWerk eingepressten und verschweißten Rillen-

kugellagern. Dadurch wird gerade in Magnesi-um- oder in Aluminiumgehäusen die Positionvon Hauptwelle und Vorgelegewelle wesentlichgenauer als bisher unter Betriebsbedingungenfestgelegt. Inzwischen wird die Lagereinheit beiVW im Plattformgetriebe des Skoda Fabiaserienmäßig verbaut.

Neue Lagereinheit von SKF für Schaltgetriebe

Montage eines Schaltgetriebesvon Volkswagen im Werk Kassel

289ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 103 (2001) 4

1 Anforderungen an die Wellenlagerung

Damit ein Schaltgetriebe unter optimiertenReibungsverhältnissen und Geräuschpe-geln arbeiten kann, muss der Achsabstandder Haupt- und Vorgelegewelle genau ein-gehalten und langfristig sichergestellt wer-den. Aufgrund der unterschiedlichen mate-rialbedingten Wärmedehnungen in Getrie-begehäusen kann sich diese relative Posi-tion verändern. Bei Getriebegehäusen auseiner Magnesiumlegierung wird die Wär-medehnung so groß, dass es von Vorteil ist,die Wellenstützlager nicht direkt imGehäuse abzustützen.

Eine neue Lagereinheit mit dem Namen„Bearing Carrier Unit“, Bild, des internatio-nalen Wälzlagerherstellers SKF bietet nundrei wesentliche Vorzüge auf einmal:– die Position der beiden Lager zu-

einander ist steif und fest (Toleranz von±0,03 mm); sie erfolgt entkoppelt vondem Getriebegehäuse

– Kräfte und Drehmomente werden vonden beiden Wellen in eine großeGehäusefläche eingeleitet

– die Montage ist einfacher und kosten-günstiger.

Eine solche Lösung ist normalerweise be-sonders für Getriebe mit hoher Leistungs-dichte erforderlich. Das Produkt „BearingCarrier Unit“ besteht aus zwei abgedichte-ten Rillenkugellagern in einer speziellenAusführung, die in einen Lagerträger ausBlech ab Werk von SKF eingepresst sind.Die Kugellager für die Festlagerseite einerFest-Los-Lagerung werden nicht direkt indas Getriebegehäuse eingebaut, sondernsind in den Lagerträger montiert. DieserTräger bestimmt die Position der Lager zu-einander und überträgt die Kräfte und Bie-gemomente der Wellen auf das Gehäuse.

Diese Anordnung erfüllt vier Kriterien, diehäufig von Getriebeherstellern gefordertwurden und nun erfüllt werden:– Halten und Positionieren der Lager in ei-

nem geringem Abstand (bei Magnesi-umgehäusen muss man eine größereStegbreite einhalten als bei Grauguss-gehäusen)

– „Trennen“ der Wellen von der tempera-turbedingten Maßänderungen des Ge-triebegehäuses (das Gehäuse aus Ma-gnesium hat einen anderen Wärmeaus-dehnungskoeffizienten als die Wellenaus Stahl)

– sicheres Übertragen der Kräfte und Mo-mente von den Wellen in das Gehäuse

EntwicklungWälzlager

– vormontierte Baugruppe aus Haupt-und Vorgelegewelle mit Zahnrädernund Lagern kann als separate Einheit indas Gehäuse eingesetzt werden (auto-matisierte Montage wird erleichtert).

Entscheidend ist, dass die Lageraußenringemit nur 3 mm Stegbreite voneinander ent-fernt im Gehäuse angeordnet sind. SKF hatfür das Verfahren und für die TrägerplatteGebrauchsmusterschutz beantragt.

2 Spezielle Kugellager

Aufgrund der hohen Belastungen müssendie Lager in der Lagereinheit als Sonderaus-führung eingesetzt werden. Die speziell ab-gedichteten und abgerichteten Lager errei-chen auch bei Verunreinigungen der Lager-umgebung eine optimale Gebrauchsdauer.Sie weisen folgende Eigenschaften auf: ma-ximale dynamische Tragfähigkeit, opti-mierte Lebensdauer, geringe Wanddickedes Außenrings sowie eine spezielle Formzur zuverlässigen Festlegung der Lager indem Lagerträger.

Mit der „Bearing Carrier Unit“ verändertsich der Ablauf beim Zusammenbau einesGetriebes von Grund auf. Die Montage derZahnräder und Synchronringe erfolgtaußerhalb des Gehäuses. Die beiden Wellen

werden dann in den Lagerträger montiertund bilden eine Baugruppe. Die Baugruppewird in das Getriebegehäuse eingeführtund über die Trägerplatte verschraubt. Die-se Vereinfachungen ermöglichen auch einekostengünstigere Getriebemontage.

Im mit hoher Stückzahl gefertigten Schalt-getriebe MQ200 für die A04-Plattform(neuer Skoda Fabia) von Volkswagen findetdie Lagereinheit ihre erste Verwendung.Das Getriebe weist ein maximales Drehmo-ment von 200 Nm und einen Achsabstandvon 65 mm auf.

Der Beginn der Entwicklungsarbeiten lagim November 1997. Hilfestellungen gab esvom SKF-Entwicklungszentrum ERC in denNiederlanden. Die Serienproduktion wurdeim Januar 2000 bei SKF aufgenommen.Eine enge Partnerschaft und Kooperation(die Befestigungspunkte der Lagereinheitam Gehäuse konnten nachträglich nochvon fünf auf sechs erhöht werden) zwi-schen SKF und VW zeichneten das Projekt[1] aus. Weitere Getriebebestückungen sindin Vorbereitung.

Michael Reichenbach

Literaturhinweis

[1] Fachtagung Antriebstechnik – Zahnradgetrie-be. 14.–15. September 2000, TU Dresden

In der Lagereinheit kann der Lagerträger eine Stegbreite von nur 3 mm haben, um die beidenRillenkugellager sicher aufzunehmen