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Die komplexe Anatomie des Knochen- gewebes, insbesondere seine Angioar- chitektur, die hohe regenerative Potenz sowie seine Funktion als endokrines Zielorgan für zahlreiche Hormone wie Parathormon, Kalzitonin, Vitamin D, somatotropes Hormon, Sexualhormo- ne, Bone-morphogenic-Proteine (BMPs) und seine Funktion als Ort der Blutbil- dung unterstreichen den hohen Stel- lenwert der ossären Durchblutung. Verschiedene Methoden können zur Messung der ossären Durchblutung herangezogen werden. Die Anwen- dung der Laser-Doppler-Flußmessung, welche relative Blutflußänderungen erfassen kann [23] sowie der Sauer- stoffpartialdruckmessung im Gewebe [22], stellen klinische Ansätze dar, die indirekte Aussagen über die zugrunde liegende Perfusion des Gewebes erlau- ben. Demgegenüber kann mit Hilfe der intravitalen Mikroskopie sowie der Mi- krosphärentechnik die ossäre Durch- blutung quantitativ erfaßt werden. Al- lerdings sind diese Methoden bisher ausschließlich experimenteller Natur. Während die intravitale Mikroskopie sowohl als Fluoreszenzauflichtmikro- skopie [1, 29] als auch als konfokale Mikroskopie [5] eine direkte Messung des lokalen mikrovaskulären Blutflus- ses erlaubt, stellt die Mikrosphären- technik eine indirekte Methode zur Be- stimmung des regionalen Organblut- flusses dar. Die Verwendung von Mikrosphären zur Bestimmung der regionalen Or- gandurchblutung, d. h. Latexkugeln in der Größe von Blutzellen, die radioak- tiv [2, 3, 9, 16, 18, 19, 21], farbig (co- lored) [10, 11, 14, 15, 20, 28] oder flu- oreszierend [4, 6, 7, 13, 24–26] mar- kiert sein können, erlaubt es, aus der Zahl der im präkapillaren Stromgebiet arretierten Latexkugeln den regionalen Blutfluß in den zu untersuchenden Or- gananteilen quantitativ (in ml/g Gewe- be) zu erfassen (Abb. 1). In der vorlie- genden Studie sollte unter Verwendung von fluoreszierenden Mikrosphären ein experimentelles Modell etabliert werden, das die Messung des regiona- len Blutflusses im Knochen erstmals über einen Zeitraum von etwa 5 Wo- chen ermöglichen sollte. Dies wurde durch eine Modifikation der intraven- trikulären Injektion der Mikrosphären bei minimalinvasiver chirurgischer Technik erreicht. Material und Methode Bei weiblichen Neuseelandkaninchen (2–2,5 kg KG) wurden in i.v. Ketamin-Xylazin-Anästhe- sie jeweils 2 Portsysteme implantiert. Einer der Ports wurde über die A. carotis dextra in den lin- ken Ventrikel plaziert und erlaubte so die in- traarterielle Injektion der Mikrosphären in den linken Ventrikel. Der 2. Port wurde über die A. carotis sinistra bis in die Aorta descendens ein- geführt, um Referenzproben für die absolute Blutflußmessung zu erhalten. Unter Verwen- dung von insgesamt 7 verschiedenen fluores- zenzmarkierten Mikrosphären (mittlerer Durch- messer: 10 μm; verfügbare Farben: 1. blau, 2. blaugrün, 3. grün, 4. gelbgrün, 5. orange, 6. rot, 7. purpur; Molecular Probes, Leiden, Nie- Mund Kiefer GesichtsChir (1999) 3 [Suppl 1] : S147–S150 © Springer-Verlag 1999 Neues experimentelles Modell zur repetitiven Messung der ossären Durchblutung D. Nolte 1,2 , S. Raab 2 , E. Thein 2 , K. Draenert 3 , M. Ehrenfeld 1 , K. Meßmer 2 1 Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (Prof. Dr. Dr. M. Ehrenfeld), Klinikum Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München 2 Institut für Chirurgische Forschung (Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. K. Meßmer), Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität München 3 Zentrum für Orthopädische Wissenschaften (Prof. Dr. K. Draenert), München-Bern Priv.-Doz. Dr. D. Nolte, Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Lindwurm- straße 2 a, D-80337 München S147 Zusammenfassung Fragestellung: Es war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, ein neues Modell zu etablieren, das es erlaubt, unter Verwendung fluores- zierender Mikrosphären den Blut- fluß im Knochen über einen Zeitraum von 33 Tagen repetitiv zu erfassen. Material und Methode: Nach Im- plantation von jeweils einem Portsy- stem in die Aa. carotis dextra und sinistra bei Neuseelandkaninchen (n = 3) erfolgten die Injektion von Mikrosphären in den linken Ventri- kel einerseits sowie die Entnahme einer Referenzprobe aus der Aorta descendens andererseits. Unter Ver- wendung von insgesamt 7 verschie- denen fluoreszenzmarkierten Mikro- sphären wurde 3 Tage nach der Im- plantation (t = 0) die Injektion an den Tagen 1, 3, 5, 12, 19, 26 und 33 durchgeführt. Der Blutfluß wurde semiquantitativ erfaßt, indem die im Bereich des distalen Femurs gewon- nenen Knochensägeschnitte (n = 8) unter dem Fluoreszenzmikroskop im Hinblick auf die Zahl der arretierten Mikrosphären ausgezählt wurden. Ergebnisse: Innerhalb der Tiere war über den Beobachtungszeitraum von 33 Tagen nur eine geringe intraindi- viduelle Varianz der Meßwerte zu erkennen, während interindividuell deutliche Unterschiede zwischen den Tieren nachweisbar waren. Die mittlere ossäre Durchblutung in den bisher 3 ausgewerteten Tieren blieb über den Beobachtungszeitraum von 33 Tagen konstant. Schlußfolgerun- gen: Mit dem vorliegenden Modell ist es erstmals möglich, Veränderun- gen der ossären Durchblutung über einen Zeitraum von 33 Tagen re- petitiv zu messen. Damit könnte bei Störungen der Knochenheilung, wie etwa nach Radio- und/oder Chemo- therapie, bei Implantation von Bio- materialien sowie Transplantation von Knochen der Stellenwert der re- gionalen Durchblutung des Knochens repetitiv erfaßt werden. Schlüsselwörter Fluoreszierende Mikrosphären · Ossäre Perfusion · Mikrozirkula- tion ORIGINALIEN

Neues experimentelles Modell zur repetitiven Messung der ossären Durchblutung

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Page 1: Neues experimentelles Modell zur repetitiven Messung der ossären Durchblutung

Die komplexe Anatomie des Knochen-gewebes, insbesondere seine Angioar-chitektur, die hohe regenerative Potenzsowie seine Funktion als endokrinesZielorgan für zahlreiche Hormone wieParathormon, Kalzitonin, Vitamin D,somatotropes Hormon, Sexualhormo-ne, Bone-morphogenic-Proteine (BMPs)und seine Funktion als Ort der Blutbil-dung unterstreichen den hohen Stel-lenwert der ossären Durchblutung.

Verschiedene Methoden können zurMessung der ossären Durchblutungherangezogen werden. Die Anwen-dung der Laser-Doppler-Flußmessung,welche relative Blutflußänderungenerfassen kann [23] sowie der Sauer-stoffpartialdruckmessung im Gewebe[22], stellen klinische Ansätze dar, dieindirekte Aussagen über die zugrundeliegende Perfusion des Gewebes erlau-ben. Demgegenüber kann mit Hilfe derintravitalen Mikroskopie sowie der Mi-krosphärentechnik die ossäre Durch-blutung quantitativ erfaßt werden. Al-lerdings sind diese Methoden bisherausschließlich experimenteller Natur.Während die intravitale Mikroskopiesowohl als Fluoreszenzauflichtmikro-skopie [1, 29] als auch als konfokaleMikroskopie [5] eine direkte Messungdes lokalen mikrovaskulären Blutflus-ses erlaubt, stellt die Mikrosphären-technik eine indirekte Methode zur Be-stimmung des regionalen Organblut-flusses dar.

Die Verwendung von Mikrosphärenzur Bestimmung der regionalen Or-gandurchblutung, d. h. Latexkugeln inder Größe von Blutzellen, die radioak-tiv [2, 3, 9, 16, 18, 19, 21], farbig (co-lored) [10, 11, 14, 15, 20, 28] oder flu-oreszierend [4, 6, 7, 13, 24–26] mar-kiert sein können, erlaubt es, aus derZahl der im präkapillaren Stromgebietarretierten Latexkugeln den regionalenBlutfluß in den zu untersuchenden Or-gananteilen quantitativ (in ml/g Gewe-be) zu erfassen (Abb.1). In der vorlie-genden Studie sollte unter Verwendungvon fluoreszierenden Mikrosphärenein experimentelles Modell etabliertwerden, das die Messung des regiona-len Blutflusses im Knochen erstmalsüber einen Zeitraum von etwa 5 Wo-chen ermöglichen sollte. Dies wurdedurch eine Modifikation der intraven-trikulären Injektion der Mikrosphärenbei minimalinvasiver chirurgischerTechnik erreicht.

Material und Methode

Bei weiblichen Neuseelandkaninchen (2–2,5 kgKG) wurden in i.v. Ketamin-Xylazin-Anästhe-sie jeweils 2 Portsysteme implantiert. Einer derPorts wurde über die A. carotis dextra in den lin-ken Ventrikel plaziert und erlaubte so die in-traarterielle Injektion der Mikrosphären in denlinken Ventrikel. Der 2. Port wurde über die A.carotis sinistra bis in die Aorta descendens ein-geführt, um Referenzproben für die absoluteBlutflußmessung zu erhalten. Unter Verwen-dung von insgesamt 7 verschiedenen fluores-zenzmarkierten Mikrosphären (mittlerer Durch-messer: 10 µm; verfügbare Farben: 1. blau, 2. blaugrün, 3. grün, 4. gelbgrün, 5. orange, 6. rot, 7. purpur; Molecular Probes, Leiden, Nie-

Mund Kiefer GesichtsChir (1999) 3 [Suppl 1] :S147–S150 © Springer-Verlag 1999

Neues experimentelles Modell zur repetitiven Messung der ossären DurchblutungD. Nolte1,2, S. Raab2, E. Thein2, K. Draenert3, M. Ehrenfeld1, K. Meßmer2

1 Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (Prof. Dr. Dr. M. Ehrenfeld), Klinikum Innenstadt, Ludwig-Maximilians-Universität München2 Institut für Chirurgische Forschung (Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. K. Meßmer),Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilians-Universität München3 Zentrum für Orthopädische Wissenschaften (Prof. Dr. K. Draenert), München-Bern

Priv.-Doz. Dr. D. Nolte, Klinik und Poliklinikfür Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Lindwurm-straße 2a, D-80337 München

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Zusammenfassung

Fragestellung: Es war das Ziel dervorliegenden Untersuchung, einneues Modell zu etablieren, das eserlaubt, unter Verwendung fluores-zierender Mikrosphären den Blut-fluß im Knochen über einen Zeitraumvon 33 Tagen repetitiv zu erfassen.Material und Methode: Nach Im-plantation von jeweils einem Portsy-stem in die Aa. carotis dextra und sinistra bei Neuseelandkaninchen (n = 3) erfolgten die Injektion vonMikrosphären in den linken Ventri-kel einerseits sowie die Entnahmeeiner Referenzprobe aus der Aortadescendens andererseits. Unter Ver-wendung von insgesamt 7 verschie-denen fluoreszenzmarkierten Mikro-sphären wurde 3 Tage nach der Im-plantation (t = 0) die Injektion anden Tagen 1, 3, 5, 12, 19, 26 und 33durchgeführt. Der Blutfluß wurdesemiquantitativ erfaßt, indem die imBereich des distalen Femurs gewon-nenen Knochensägeschnitte (n = 8)unter dem Fluoreszenzmikroskop imHinblick auf die Zahl der arretiertenMikrosphären ausgezählt wurden.Ergebnisse: Innerhalb der Tiere warüber den Beobachtungszeitraum von33 Tagen nur eine geringe intraindi-viduelle Varianz der Meßwerte zuerkennen, während interindividuelldeutliche Unterschiede zwischenden Tieren nachweisbar waren. Diemittlere ossäre Durchblutung in denbisher 3 ausgewerteten Tieren bliebüber den Beobachtungszeitraum von33 Tagen konstant. Schlußfolgerun-gen: Mit dem vorliegenden Modellist es erstmals möglich, Veränderun-gen der ossären Durchblutung übereinen Zeitraum von 33 Tagen re-petitiv zu messen. Damit könnte beiStörungen der Knochenheilung, wieetwa nach Radio- und/oder Chemo-therapie, bei Implantation von Bio-materialien sowie Transplantationvon Knochen der Stellenwert der re-gionalen Durchblutung des Knochensrepetitiv erfaßt werden.

Schlüsselwörter

Fluoreszierende Mikrosphären ·Ossäre Perfusion · Mikrozirkula-tion

O R I G I N A L I E N

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derlande) wurde 3 Tage nach der Implantationder Ports (t = 0) an den Tagen 1 (d1), 3 (d3), 5 (d5), 12 (d12), 19 (d19), 26 (d26) und 33 (d33)die Injektion der jeweiligen Mikrosphären in ei-ner Dosis von 3 Mio./Injektion durchgeführt.Bis zum 5. postoperativen Tag wurden die Tie-re antibiotisch behandelt (30 mg/kg Cephota-xim i.v.). Das Körpergewicht und die Standard-laborwerte (Natrium, Kalium, Leukozyten,Thrombozyten, Hämatokrit, Hämoglobin) wur-den zu den angegebenen Untersuchungszeit-punkten analysiert. Die Entnahme der Organeerfolgte am 34. Tag (d34). Die Auswertung desBlutflusses im Bereich des distalen Femorkon-dylus wurde semiquantitativ durch fluoreszenz-mikroskopische Auszählung der Mikrosphärenin den Knochensägeschnitten (n = 8 in jedemTier) gemessen (Abb.1). Die Extremität wurdezu diesem Zweck mit einer Lösung, bestehendaus Karnowski-Puffer, Papaverin und Heparin,perfusionsfixiert. Danach folgten die Entnahmeder Knochen, die Knochensägung und Einbet-tung der Schnitte. Jeweils 8 Sägeschnitte wur-den im Abstand von 100 µm von jedem Femur-kondylus angefertigt, die im Hinblick auf dieZahl arretierter Mikrosphären unter dem Fluor-eszenzmikroskop ausgezählt wurden.

Ergebnisse

Die Körpergewichtszunahme der imWachstum befindlichen Tiere sistiertebis zum 5. postoperativen Tag, was aufdas chirurgische Trauma bei der Im-plantation der Ports und die damit ver-minderte Flüssigkeitsaufnahme derTiere zurückgeführt werden muß. Abdem 5. postoperativen Tag kam es wie-der zu einer kontinuierlichen Ge-wichtszunahme im Sinne einer offen-sichtlich ungestörten Befindlichkeitder Tiere.

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Mund Kiefer GesichtsChir (1999) 3 [Suppl 1] :S147–S150 © Springer-Verlag 1999

A novel experimental model for repetitive analysis of osseous perfusion

D. Nolte, S. Raab, E. Thein, K. Draenert, M. Ehrenfeld, K. Meßmer

Summary

The aim of this study was to establisha novel model permitting repetitiveanalysis of osseous perfusion over aperiod of 33 days using the fluores-cent microsphere technique. Afterimplantation of two port systems in-to the right and left carotid artery inNew Zealand rabbits (n = 3), fluo-rescent microspheres were injectedinto the left ventricle, while bloodsamples for reference probes weretaken from the descending aorta. Us-ing seven different fluorescently la-beled microspheres, injections wererepeatedly performed starting 3 daysafter implantation (t = 0) at days 1, 3,5, 12, 19, 26, and 33. Osseous bloodflow was semiquantitatively ana-lyzed by counting the number oftrapped microspheres within thebone sections performed through thedistal femur condyle (n = 8) using afluorescence microscope. Over theentire observation period of 33 days,intraindividual variance in the num-ber of trapped microspheres was low,

while there were marked interindi-vidual differences between animals.The mean osseous perfusion in thethree animals evaluated so far re-mained constant over the observa-tion period of 33 days. The presentmodel is the first to allow repetitiveanalysis of osseous perfusion over anobservation period of 33 days. Usingthis model, the role of regional os-seous perfusion can be studied underconditions such as impaired bonehealing following radiotherapy-and/or chemotherapy, implantationof biomaterials, and transplantationof bone.

Key words

Fluorescent microspheres · Osseousperfusion · Microcirculation

Abb. 1. Schematische Darstellung der zwei-gleisigen Auswertungsmöglichkeiten bei Ver-wendung der fluoreszierenden Mikrosphären-technik. Die quantitative Berechnung des Blut-flusses (ml/g Gewebe, links) kann in der darge-stellten Weise erfolgen. Über das Dilutionsprin-zip kann aus den arteriellen Referenzproben undder gemessenen Farbstoffkonzentration in derOrganprobe der Blutfluß in der Organprobe be-rechnet werden. Demgegenüber erlaubt die Aus-wertung am Knochensägeschnitt nach Perfusi-onsfixation des Organs semiquantitative Aussa-gen über die ossäre Perfusion. Die gewonnenenSägeschnitte werden unter dem Fluoreszenzmi-kroskop sichtbar gemacht (Abb.2) und im Hin-blick auf die Zahl arretierter Mikrosphären se-miquantitativ ausgewertet (Abb.3)

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Die regionale Verteilung der Mikro-sphären im Bereich der distalen Fe-murkondylen ist in Abb.2 dargestellt.Die Mikrosphären lassen sich beson-ders in Regionen gesteigerter Stoff-wechselaktivität, hier aufgrund desnoch nicht abgeschlossenen Wachs-tums der Tiere im Bereich der Wachs-

tumsfuge (senkrechter Pfeil, Abb. 2)und der enchodralen Ossifikationszen-tren (horizontaler Pfeil nach rechts,Abb.2), nachweisen (Abb.2). Bei hö-herer Vergrößerung (25 :1) wird deut-lich, daß die Mikrosphären im Bereichdes Markraums in enger Lagebezie-hung zu den Spongiosabälkchen (hori-

zontaler Pfeil nach links, Abb.2b) lie-gen. Die Auswertung der insgesamt 24 Knochensägeschnitte ergab in denbisher 3 untersuchten Tieren eine ge-ringe intraindividuelle Streuung derZahl arretierter Mikrosphären, wäh-rend interindividuell deutliche Unter-schiede zwischen den einzelnen Tierennachweisbar waren (Abb.3).

Diskussion

In der vorliegenden Arbeit wurde einModell etabliert, das es erlaubt, den re-gionalen Blutfluß im Knochen erst-mals über einen Beobachtungszeit-raum von ca. 5 Wochen repetitiv zu er-fassen. Die wesentlichen Neuerungender vorliegend beschriebenen Methodelassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Die Modifikation der chirurgischenTechnik macht das Modell durch dieVerwendung von 2, speziell für diesenZweck entwickelten, chronisch zu in-serierenden Portsystemen minimalin-vasiv, da für eine wiederholte Injektionder Mikrosphären lediglich die Punkti-on der subkutan gelegenen Ports not-wendig ist. Damit entfallen die wie-derholte Eröffnung des Abdomens unddie mit großen Risiken für das Tier ver-bundene intrakardiale Injektion derMikrosphären von subxiphoidal, wiedies von anderen Arbeitsgruppen be-schrieben worden ist [8, 12, 27].

2. Da die wiederholten Untersuchun-gen ohne wesentliche Belastung für dieVersuchstiere durchführbar sind, istaufgrund der Verfügbarkeit von derzeit7 Fluoreszenzmarkern eine repetitiveAnalyse der Durchblutung zu 7 unter-schiedlichen Zeitpunkten über mehre-re Wochen möglich.

3. Die Verwendung von fluoreszieren-den Mikrosphären erlaubt dabei einezweigleisige Analyse der regionalenDurchblutung des Knochens, nämlicheinerseits die hier dargestellte semi-quantitative Analyse der ossärenDurchblutung über die Auszählung derMikrosphären in den Knochensäge-schnitten (Abb.1, rechts) und anderer-seits die quantitative Analyse der os-sären Durchblutung (ml/g Gewebe)nach Auflösung der Organproben undphotometrischer Bestimmung der Fluoreszenz in der Organprobe, die

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Abb.2A, B. Knochensägeschnitte im Bereich des distalen Femurkondylus bei 10- (A) und 25fa-cher (B) Vergrößerung. Eine deutliche Anreicherung der Mikrosphären ist im Bereich der enchon-dralen Ossifikationszone (→), der Wachstumsfuge (↓ ) sowie im Bereich des spongiösen Knochens(←) nachweisbar. Bei 25facher Vergrößerung (Ausschnittsvergrößerung aus A, Wachstumsfuge) las-sen sich die verschiedenen fluoreszenzmarkierten Mikrosphären gut voneinander unterscheiden. Zubemerken ist, daß die Mikrosphären hier in enger Lagebeziehung zu den Knochenbälkchen stehen

Abb.3. Semiquantitative Auswertung der Zahl arretierter fluoreszenzmarkierter Mikrosphären ausKnochensägeschnitten im Bereich der distalen Femurkondylen bei Neuseelandkaninchen. Darge-stellt sind Mittelwerte von 3 untersuchten Tieren mit jeweils n = 8 Sägeschnitten, rote Linie Mittel-werte ± SD aus den 3 dargestellten Tieren

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über die Gewinnung der Referenzpro-ben nach dem Dilutionsprinzip errech-net werden kann (Abb.1, links).

4. Ein entscheidender Vorteil bei derVerwendung der fluoreszenzmarkier-ten Mikrosphären ist der Wegfall derhohen Kosten für die Kadaverbeseiti-gung, die bei den radioaktiv markiertenMikrosphären anfallen. Dennoch mußbei der Anwendung dieser Technik er-wähnt werden, daß das chemische Pro-zessing der Gewebeproben nach Organ-entnahme und Dissektion relativ zeit-aufwendig ist [20].

Mit dem vorliegenden experimentellenModell kann die Durchblutung desKnochens über einen Zeitraum vonmehreren Wochen erfaßt werden. Da-mit könnten klinische Situationen ineinem experimentellen Modell simu-liert werden, bei denen die ossäre Per-fusion eine entscheidende Bedeutungfür die Knochen- und Wundheilungspielt. Denkbar erscheinen hierbei dieUntersuchung der regionalen Durch-blutung des Knochens bei gestörterKnochenheilung, wie sie nach Radio-und/oder Chemotherapie beobachtetwird, bei der Insertion von Titanim-plantaten, der Implantation von Bio-materialien sowie der Transplantationvon Knochen im ersatzschwachen La-gergewebe. PharmakotherapeutischeMaßnahmen, welche einen günstigenEinfluß auf die mikrovaskuläre Perfu-sion im kritisch ischämischen Gewebehaben [17], könnten an diesem Modellim Hinblick auf ihre Wirksamkeit fürdie ossäre Perfusion überprüft werden.

Acknowledgement Die Autoren danken FrauHolbicki für ihre Unterstützung bei der Verfas-sung dieses Manuskripts. Das vorliegende Pro-jekt wurde aus Fördermitteln der Friedrich-Baur-Stiftung finanziert.

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