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Aus dem
Universitatsklinikum Munster
Institut fur Experimentelle Audiologie
- Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. med. B. Lutkenhoner -
Neuromagnetische Untersuchungen
oszillatorischer Gehirnaktivitat
als Korrelat von Bindungsmechanismen
in der auditorischen Modalitat
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des doctor rerum medicinalium
der Medizinischen Fakultat
der Westfalischen Wilhelms-Universitat Munster
vorgelegt von
Arne Kniefaus Oldenburg
– 2003 –
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultat
der Westfalischen Wilhelms-Universitat Munster
Dekan: Univ.-Prof. Dr. Heribert Jurgens
1. Berichterstatter: Prof. Dr. Christo Pantev
2. Berichterstatter: Priv.-Doz. Dr. Mathias Bode
Tag der mundlichen Prufung: 2. Oktober 2003
Aus dem Universitatsklinikum Munster
Institut fur Experimentelle Audiologie
– Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. med. B. Lutkenhoner –
Referent: Prof. Dr. C. Pantev
Koreferent: Priv.-Doz. Dr. M. Bode
Zusammenfassung
Neuromagnetische Untersuchungen oszillatorischer Gehirnaktivitat
als Korrelat von Bindungsmechanismen in der auditorischen Modalitat
Arne Knief
Bindungsmechanismen im Gehirn sind bei der auditiven Wahrnehmung von Klan-gen, von Musik und Sprache auf vielfaltigste Weise beteiligt. In dieser Arbeit wurdemit Hilfe der Magnetoenzephalographie die Spezifitat von oszillatorischer Gehirn-aktivitat aus dem Gammaband, einem Frequenzband um 40Hz, fur unterschiedlicheBindungsmechanismen bei der Wahrnehmung von Klangen betrachtet. In drei Stu-dien wurden die Auswirkungen der Koharenzeigenschaften, des Kontextes und derinternen Reprasentation von auditorischen Stimuli auf die evozierte und induzierteGammaband-Aktivitat untersucht. Die Methode der Wavelet-Transformation wurdegenutzt, um die transiente oszillatorische Aktivitat in ihren evozierten und induzier-ten Eigenschaften zu analysieren und Latenzen und Frequenzen der Antworten zubestimmen.
In der ersten Studie wurde untersucht, ob die Koharenz akustischer Stimuli, diesich bei harmonischen und unharmonischen Klangen unterscheidet, Einfluss auf dieGammaband-Aktivitat hat. Abhangig von der Koharenz konnten in der evoziertenGammaband-Aktivitat Zeitdifferenzen fur die Maxima, Abweichungen in den Ge-neratororten und eine veranderte Komplexitat nachgewiesen werden.
In der zweiten Studie wurden Tone in einem unterschiedlichen Kontext dargebo-ten, in dem einmal ein Tonhohenvergleich gleichzeitig binaural prasentierter Toneund einmal ein Vergleich eines Tones mit einer Vorlage aus dem Arbeitsgedachtniserforderlich war. In der Gammaband-Aktivitat konnten Unterschiede in der Latenzund Amplitude sowie in der langsamen N1m-Komponente Abweichungen im Gene-ratorort beobachtet werden.
Die Wirkung interner Reprasentationen auf oszillatorische Gehirnaktivitat wurdein einer dritten Studie untersucht, in der die Probanden sich Abschnitte von Me-lodien vorstellen mussten. Statt Effekten in der evozierten Aktivitat konnte einesimultane Reduzierung der induzierten Aktivitat im 8–12Hz-Band und im Gamma-band wahrend des Vorstellens uber ausgedehnte Areale beobachtet werden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die evozierte Gammaband-Aktivitat ab-hangig von den akustischen Reizen und damit von bottom-up-Prozessen generiertwird. Werden zusatzlich Bindungsmechanismen wie bei der Wahrnehmung koharen-ter Stimuli oder Vergleiche mit Vorlagen aus dem Gedachtnis benotigt, so konnendiese die Antworten in ihren Eigenschaften modulieren. Hohere kognitive Prozes-se alleine, wie das Vorstellen von Melodien, scheinen keine evozierte Gammaband-Aktivitat zu generieren, sondern zeigten Effekte in der oszillatorischen induziertenAktivitat in verteilten Arealen.
Tag der mundlichen Prufung: 2. Oktober 2003
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1.1 Merkmalsintegration durch zeitliche Synchronisation . . . . . . . . . . 3
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat . . . . . 4
1.3 Oszillatorische Gammaband-Antworten in der auditorischen Modalitat 10
1.4 Hypothesen und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2 Bindungsmechanismen in der auditorischen Modalitat 15
2.1 Bindungsprozesse bei der Tonhohenwahrnehmung . . . . . . . . . . . 15
2.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System . . . . . . . . . . . . . . 19
2.3 Top-down-Aktivitat bei fehlendem sensorischen Reiz . . . . . . . . . . 21
3 Einfuhrung in die Magnetoenzephalographie 24
3.1 Bestimmung des Dipolfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.2 Gradiometersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
4 Zeit-Frequenz-Analyse 28
4.1 Evozierte oszillatorische Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4.2 Induzierte oszillatorische Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4.3 Magnitude Squared Coherence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4.4 Implementierung der Wavelet-Transformation . . . . . . . . . . . . . 32
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten . . . . . . . . . . 34
4.5.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.5.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4.5.3 Diskussion und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 38
4.6 Illustration des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
4.6.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
4.6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.6.3 Diskussion und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 47
5 Wahrnehmung koharenter Stimuli 48
5.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5.1.1 MEG- und EEG-Messungen und Stimuli . . . . . . . . . . . . 49
5.1.2 Zeit-Frequenz-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
5.1.3 Quellenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
5.1.4 Unabhangige Komponentenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 51
5.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.2.1 Evozierte Gammaband-Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.2.2 Induzierte Gammaband-Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.2.3 Unabhangige Komponentenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
6 Untersuchung von top-down-Aktivitat im auditorischen System 59
6.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
6.1.1 Probanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
6.1.2 Stimulation und Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
6.1.3 MEG-Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
6.1.4 Datenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
6.2.1 Psychoakustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
6.2.2 Lokalisation der N1m-Komponente . . . . . . . . . . . . . . . 63
6.2.3 Evozierte Gammaband-Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . 63
6.2.4 Induzierte Gammaband-Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . 66
6.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
7 Oszillatorische Aktivitat ohne sensorische Stimulation 68
7.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
7.1.1 Stimulation und Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
7.1.2 Elektrophysiologische Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . 71
7.1.3 Analyse der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
7.2.1 Induzierte oszillatorische Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . 72
7.2.2 Evozierte oszillatorische Aktivitat . . . . . . . . . . . . . . . . 78
7.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
8 Diskussion 82
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur koharente Stimuli . . . . . . 82
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System . . . . . . . . . . . . . . 87
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information . . . . . . 92
9 Zusammenfassung und Ausblick 98
Literaturverzeichnis 101
Lebenslauf 116
Danksagung 118
1
Einleitung
Das Gehirn ist das zentrale Organ, wenn es um die Wahrnehmung und Verarbeitung
außerer Reize und die Reaktionen des Organismus darauf geht. Es gibt ein wach-
sendes Interesse daran, wie die neuronalen Prozesse des Gehirns die verschiedenen
Sinnesreize der Umgebung voneinander unterscheiden und wieder zu einer einheit-
lichen Wahrnehmung zusammensetzen konnen. Die Faszination der Untersuchung
des Gehirns liegt in dem Zusammenwirken der Neuronen als kleinste Einheiten in
Netzwerken, die komplexeste Leistungen vollbringen konnen. Die Neurowissenschaf-
ten, aber auch die Physik und Psychologie, beschaftigen sich schon seit langem mit
der Frage, wie unser Gehirn diese Leistungen vollbringt.
Die Leistungsfahigkeit wird z. B. deutlich, wenn die sprichwortliche Suche nach
der Nadel im Heuhaufen betrachtet wird. Welche Verarbeitungsschritte werden bei
dieser Suche benotigt? Es wird zuerst eine Vorstellung gebraucht, wie die gesuchte
Nadel aussieht und wie im Gegensatz dazu das Heu aussieht. Diese Vorstellungen
werden als innere Reprasentationen der gesuchten Objekte bezeichnet. Die Aufmerk-
samkeit muss selektiv auf den Heuhaufen gerichtet werden. Die Sinneseindrucke des
Auges mussen als nachstes verarbeitet werden. Die verschiedenen Eigenschaften –
features – wie Form, Farbe und Ort der Halme mussen zu einheitlichen Objekten
zusammengesetzt werden – binding – und von ihrer Umgebung und ihrem Hinter-
grund getrennt werden. Es wird bei diesem Schritt auch von Merkmalsintegration
oder feature binding gesprochen. In einem letzten Schritt mussen dann die interne
Reprasentation und die Reprasentation des externen Objekts miteinander verglichen
werden. Dieser Prozess kann ebenfalls uber Bindungsvorgange vollzogen werden. Da-
nach folgen dann weitere Prozesse, die uber die Aufgabe oder die Fortsetzung der
2
Suche entscheiden.
Die gleiche Herausforderung tritt auf, wenn eine Person in einem gefullten Saal
einzelnen Gesprachen folgen will und dafur anhand der Eigenschaften des Gehorten,
wie Tonhohe und Rhythmus, einen bestimmten Sprecher von anderen unterschei-
den muss (Cocktail-Party Effekt) [14]. Es treten ahnliche Prozesse wie im visuellen
System auf. Die verschiedenen Eigenschaften des Gehorten, wie Frequenzmuster,
Lautstarke und zeitliche Variation, mussen miteinander verknupft werden. Da dieser
Prozess vom Ohr, dem Sensor, in Richtung der hoheren und komplexen Hirnstruktu-
ren verlauft, wird auch von einem bottom-up-Prozess gesprochen. Der Sinneseindruck
muss mit bekannten Eigenschaften der zu horenden Stimme und schließlich mit dem
Muster sprachlicher Laute verglichen werden. Dieser Prozess wird als top-down-Pro-
zess bezeichnet, da er eher in Richtung des sensorischen Systems verlauft. Bottom-
up- und top-down-Prozesse mussen bei der Merkmalsintegration und der Objektre-
prasentation zusammenwirken, damit eine einheitliche Wahrnehmung entsteht.
Besonders fur das auditorische System ist bisher ungeklart, wie die Bindungspro-
zesse durch sensorische Einflusse, d. h. durch bottom-up-Prozesse, und durch kor-
tikale Einflusse, d. h. durch top-down-Prozesse, kontrolliert und gesteuert werden
[113, 127] und wie diese Wechselwirkungen sich auf die elektrophysiologisch mess-
baren Korrelate der Gehirnaktivitat auswirken [60].
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Korrelate der Bindungsmechanismen
in der auditorischen Modalitat aufzufinden. Die Untersuchung dieser Korrelate und
die Art und Weise, wie sie durch verschiedene Bindungsmechanismen moduliert wer-
den sollte dann weitere Informationen uber die Beteiligung von bottom-up- und top-
down-Prozessen bei den Bindungsmechanismen liefern. Die Kenntnis der elektro-
physiologischen Korrelate sollte helfen, das Verstandnis der Verarbeitungsprozesse
des Gehirns bei der Wahrnehmung zu erweitern.
In der Einleitung wird zunachst fur die Merkmalsintegration das Modell der zeit-
lichen Synchronisation nach von derMalsburg, Singer und Gray dargestellt. Dann
wird die Merkmalsintegration und Objektreprasentation im visuellen System und
schließlich im auditorischen System beschrieben.
1.1 Merkmalsintegration durch zeitliche Synchronisation 3
1.1 Merkmalsintegration durch zeitliche
Synchronisation
Die Verarbeitung einzelner Merkmale eines Objekts, wie z. B. Farbe, Form, Kan-
tenverlaufe und Helligkeit, kann nach dem Modell von Hebb [42] in so genannten
cell assemblies oder Neuronengruppen erfolgen. Die charakteristischen Eigenschaf-
ten eines Objekts werden dabei durch Aktivitat separater neuronaler cell assemblies
reprasentiert. Die Zugehorigkeit zu einem Objekt ergibt sich aus der gleichzeitigen
Aktivitat der assemblies in einem verteilten neuronalen Netzwerk. Dieses Modell
stoßt an seine Grenzen, wenn mehrere Objekte gleichzeitig reprasentiert werden
mussen. Die Zuordnung zwischen Merkmalen und Objekten gelingt dann nicht mehr
eindeutig. Dieses Zuordnungsproblem bei der Merkmalsintegration wird als binding
problem bezeichnet. So benennen Singer und Gray das Problem des Modells z. B.
folgendermaßen [124]:
”Representation of a feature by a population of cells raises binding problems when
nearby contours evoke graded responses in overlapping groups of neurons. (...) A
similar need for response selection and binding arises in the context of perceptu-
al grouping. Once the elementary features of a scene have been represented, some
grouping operation must be performed to identify those neurons responding to the
features of a particular object and segregate the activity of neurons responding to the
features of other objects or to the background.“
Das Modell wurde schließlich von Milner [88] und von derMalsburg [79] erwei-
tert. Neuronale Netzwerke, die zu einem Objekt gehoren und verschiedene Eigen-
schaften kodieren, feuern demnach synchron. Die Bestimmung der Zugehorigkeit zu
einem Objekt erfolgt dabei uber eine zeitliche Kodierung. Dieses Modell der Merk-
malsintegration wird auch als temporal binding Modell bezeichnet [124]. Gray et al.
[35] konnten in Tierexperimenten die synchrone Aktivitat von raumlich getrennten
cell assemblies nachweisen. Zwei getrennte Lichtbalken, die sich in entgegengesetzte
Richtungen bewegten, erzeugten keine Synchronitat. Bewegten sich die Balken in
dieselbe Richtung, so synchronisierten Netzwerke, die fur diese Richtung spezifisch
waren, schwach und sie synchronisierten stark, wenn die Balken zusammenhingen
und so einen langen Balken bildeten [17, 35]. Verschiedene Eigenschaften werden
von einzelnen Neuronen oder Neuronengruppen dargestellt. Durch Synchronisation
untereinander werden diesen Neuronengruppen zusammengefasst und kodieren dann
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 4
ganze Objekte [124]. Das synchrone Feuern der Neuronen in einem cell assembly und
die darauf folgend synchron laufenden postsynaptischen Potentiale bewirken ein ex-
trakraniell messbares Summenpotential bzw. -magnetfeld, das mit dieser Aktivitat
in direkter Verbindung steht. Bei der Wahrnehmung von komplexen Objekten, bei
denen verschiedene Eigenschaften oder Teile zusammengefasst werden, sollte des-
halb auf Grund dieser Synchronisation außerhalb des Kopfes eine hohere Aktivitat
mit der Elektroenzephalographie (EEG) oder der Magnetoenzephalographie (MEG)
messbar sein, die sich deutlich von der Aktivitat bei der Wahrnehmung von einfa-
cheren Objekten abhebt.
Die koharente Aktivitat zwischen einzelnen Neuronengruppen tritt dabei vor-
rangig in Form von Oszillationen in einem Frequenzbereich von 20 bis 70Hz auf
[25, 35, 36]. Die elektromagnetische oszillatorische Gehirnaktivitat in diesem Fre-
quenzband wird dabei als Gammaband-Aktivitat bezeichnet. Die Gammaband-Ak-
tivitat ist in allen verschiedenen Modalitaten, wie dem olfaktorischen, dem visuellen,
dem sensomotorischen und dem auditorischen System, mit elektrophysiologischen
Methoden Messungen zuganglich. Oszillatorische Aktivitat kann in spontane, in ge-
triebene, in evozierte und induzierte Aktivitat unterschieden werden [32, 98]. Die
spontane Aktivitat besteht unabhangig von einem außeren Reiz und kann durch
Sinnesreize zuruckgesetzt werden [75]. Die getriebene, auch steady-state genannte
Aktivitat wird durch einen periodischen oder amplitudenmodulierten Stimulus an-
geregt und folgt der Modulationsfrequenz. Diese Aktivitat besitzt ein Maximum bei
einer Modulationsfrequenz von ungefahr 40Hz [33, 119]. Transiente evozierte Akti-
vitat ist phasentreu und steht in einem festen zeitlichen Bezug zum Beginn eines
Stimulus [78, 107]. Die induzierte Aktivitat besitzt im Gegensatz zur evozierten
Aktivitat bei einer wiederholten Stimulusprasentation eine variierende Phase und
Latenz.
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der
visuellen Modalitat
Die Ausbildung der Synchronisation verschiedener Neuronengruppen oder cell as-
semblies muss variabel gestaltet sein. Dies bedeutet, dass ein bestimmtes Neuron
verschiedenen Objekten zugeordnet sein kann. Die Mechanismen zur Merkmalsinte-
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 5
gration konnen dabei allein von der sensorischen Information gesteuert sein (bottom-
up-Prozess) oder auch von hoheren kognitiven Prozessen beeinflusst sein (top-down-
Prozess), wie z. B. selektive Aufmerksamkeit [139] oder Vergleiche mit einer inneren
Reprasentation [130].
Verschiedene Experimente, besonders in der visuellen Modalitat, bestatigen die
zeitliche Bindungstheorie. Sie zeigen Effekte im Gammafrequenzband bei der Wahr-
nehmung unterschiedlich koharenter Objekte, bei denen im Rahmen des temporal
binding Modells eine ausgepragte Bindung von Neuronengruppen erwartet wird, so-
wie bei unterschiedlichen Aufgaben, in denen die Aufmerksamkeit auf bestimmte
Eigenschaften des Stimulus gelenkt wird. Im visuellen System konnte von Lutzen-
berger et al. eine Abhangigkeit der Gammaband-Aktivitat von visuellen Halbfeldern
beobachtet werden, in denen Balken, die sich koharent oder inkoharent bewegten,
prasentiert wurden [77]; die Aktivitat folgte einer retinotopen Organisation und zeig-
te ein fur den Stimulus spezifisches Verhalten. Diese Ergebnisse folgen den von Gray
et al. in Tierexperimenten erhaltenen [35].
In verschiedene Studien wurde zum einen untersucht, ob die Eigenschaften ei-
nes Stimulus sich in Anderungen der oszillatorischen Aktivitat widerspiegeln, und
zum anderen, in welchem Zeitbereich nach einem Stimulus eine spezifische Antwort
auftritt und ob diese eher sensorischen oder kognitiven Prozessen zuzuordnen ist.
Tallon-Baudry et al. [126, 129, 133] untersuchten die oszillatorische Aktivitat im
Gammafrequenzband beim Betrachten von Kanizsa-Figuren [58]. In diesen Figuren
(Abb. 1.1) wird durch die bloße Andeutung der Ecken einer Figur der Eindruck
der kompletten Kontur erzeugt. Durch die geometrische Anordnung der Scheiben
wird die Eigenschaft einer Form erzeugt und durch die Kollinearitat der ausgelas-
senen Segmente die Kanten. Bei der Wahrnehmung des Bildes konvergieren diese
Eigenschaften zu einer einheitlichen Gestalt.
Tallon-Baudry et al. benutzten als Stimuli ein reales Dreieck (Abb. 1.1a), ein Ka-
nizsa-Dreieck (Abb. 1.1b), ein Nicht-Kanizsa-Dreieck (Abb. 1.1e) und als Zielreiz
ein Kanizsa-Dreieck mit gekrummten Kanten (Abb. 1.1d). Den Zielreiz mussten die
Probanden wahrend des Experiments erkennen und zahlen. Die Autoren konnten
eine fruhe evozierte Antwort zwischen 30Hz und 40Hz im Bereich von 60ms bis
140ms und eine induzierte Antwort um 40Hz bei 280ms nach Stimulusbeginn nach-
weisen. In der evozierten Antwort zeigte sich kein Unterschied zwischen den Nicht-
Zielreizen, wahrend in der induzierten Antwort eine großere Aktivitat bei der Wahr-
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 6
a b c
d e f
Abbildung 1.1: Kanizsa-Figuren, in denen nur durch Andeutung der Ecken der Eindruckeiner Kontur erzeugt wird. In den Figuren wird das Gestaltprinzip der Kollinearitat zurErzeugung von virtuellen Konturen ausgenutzt. (a) reales Dreieck, (b) virtuelles Dreieck,(c) virtuelles Quadrat, (d) virtuelles Dreieck mit gekrummten Kanten, (e) Dreieck ohnevirtuelle Kontur und (f) Quadrat ohne virtuelle Kontur.
nehmung des virtuellen und des realen Dreiecks im Gegensatz zum Dreieck ohne
virtuelle Kontur nachgewiesen werden konnte [126, 129]. Die funktionale Bedeutung
der spaten Komponente wurde durch einen Mechanismus zur Merkmalsintegration
erklart oder durch einen Abgleich mit einer internen Reprasentation des Objekts.
Die induzierte Komponente konnte nur im EEG und nicht im MEG beobachtet wer-
den [133]. Die Autoren vermuteten daher, dass diese Komponente aus tiefliegenden
Quellen, die mit dem MEG nicht erfasst werden konnen, oder aus Quellen in einer
radialen Anordnung von Neuronen resultiert [131], die fur das MEG gleichermaßen
nicht sichtbar sind.
Herrmann et al. untersuchten ebenfalls die Wahrnehmung von Kanizsa-Figuren
[44, 45, 46]. Sie benutzten Kanizsa-Dreiecke und Quadrate (Abb. 1.1b,c) und ent-
sprechende Figuren, bei denen keine koharente Wahrnehmung moglich war (Nicht-
Kanizsa-Figuren, Abb. 1.1e,f), und variierten den Zielreiz zwischen den Kanizsa-
Quadraten und einem Kreuzsymbol. Sie wiesen statt einer Anderung in der indu-
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 7
zierten Gammaband-Aktivitat Effekte in der fruhen evozierten Antwort im Zeitbe-
reich zwischen 50ms und 150ms nach. Diese evozierte Antwort zeigte eine Spezifitat
fur den Zielreiz. So wurde einerseits beim Kanizsa-Quadrat [44] und andererseits
beim Nicht-Kanizsa-Quadrat [45] die starkste Aktivitat gemessen. Die Amplitude
war umso großer, je ahnlicher der Stimulus dem Zielreiz war. Dieses Ergebnis wurde
mit einem top-down-Prozess erklart, bei dem ein Abgleich mit einer im Gedachtnis
gespeicherten Vorlage vorgenommen wurde. Dieser Abgleich sollte in oszillatorischer
Aktivitat resultieren, deren Amplitude mit der Ahnlichkeit der internen und exter-
nen Reprasentationen korreliert. Die Ergebnisse von Tallon-Baudry et al. deuten im
Gegensatz darauf hin, dass die fruhe neuronale Aktivitat im evozierten Gammaband
einen rein sensorischen, unspezifischen Ursprung besitzt. Die spate induzierte Ant-
wort kann einen bottom-up- oder einen top-down-Prozess widerspiegeln, der durch
Aufmerksamkeit oder die Eigenschaften des Stimulus bedingt sein kann.
Bekannt sind Darstellungen von Gesichtern, die ein anfanglich heiteres Gesicht
nach einer Drehung um 180o als trauriges wiedergeben oder umgekehrt [59]. In einer
Studie von Keil et al. [62] fuhrte die Betrachtung dieser Variationen zu einer Erho-
hung der Aktivitat im Gammaband. Diese Erhohung blieb aus, wenn die Figuren
auf der Seite lagen und kein Gesicht erkennbar war. Bei der Betrachtung von einfa-
cher strukturierten Bildern, die Vasen ahnelten, gab es einen ahnlichen aber weniger
stark ausgepragten Effekt. Eine Erhohung der induzierten Gammaband-Aktivitat
um 230 ms nach dem Stimulusbeginn wurde von Rodriguez et al. ebenfalls bei der
Wahrnehmung von so genannten Mooney-Gesichtern beschrieben [117], bei denen
aus einem schwarz-weiß Kontrast ein Gesicht erkennbar ist, das bei Umkehrung des
Bildes verschwindet. Waren die Gesichter erkennbar, konnte zusatzlich eine erhohte
Phasensynchronitat zwischen parieto-okzipitalen und fronto-temporalen Regionen
von 200ms bis 260ms gemessen werden, auf die eine Desynchronisation um 500ms
folgte. In beiden Studien wird die induzierte Aktivitat als Korrelat eines perzeptuel-
len Prozesses und eines Bindungsmechanismus angesehen. Die Autoren der zweiten
Studie bringen die Phasensynchronisation/-desynchronisation entfernt liegender Re-
gionen mit kognitiven integrativen Funktionen in Zusammenhang.
Die beschriebenen Studien legen alle nahe, dass die Erhohung der Gammaband-
Aktivitat zwischen 200ms und 300ms durch einen perzeptuellen und folglich durch
einen bottom-up-Prozess ausgelost wird. Die Bindung von einzelnen Eigenschaften zu
einer einheitlichen Gestalt sollte dabei auf Gestaltprinzipien wie zum Beispiel der
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 8
Kollinearitat beruhen. Die gleichzeitige Beteiligung von top-down-Prozessen kann
jedoch nicht ausgeschlossen werden, da die sensorische Information mit zuvor abge-
speicherten oder erlernten Vorlagen verglichen werden konnte [113].
Eine Aussage uber die Beteiligung von top-down-Prozessen gelingt anhand der
unterschiedlichen Wahrnehmung ein und desselben Bildes. Als Paradigma eignet
sich das”Dalmatiner“-Suchbild, in dem ein Dalmatiner-Hund in einem Hintergrund
aus schwarzen und weißen Flecken versteckt ist. In einer Studie von Tallon-Bau-
dry et al. [130] wurde den Probanden das”Dalmatiner“-Suchbild aus schwarzen und
weißen Flecken prasentiert, ohne dass ihnen der versteckte Hund bekannt war, und
andere Bilder nur aus schwarzen und weißen Flecken. Vor dem zweiten Teil des
Experiments wurden die Probanden trainiert, den Hund im Bild zu finden. In die-
sem Versuchsteil wurden verstarkt top-down-Prozesse erwartet, da die sensorische
Information mit einer zuvor erlernten Vorlage verglichen werden musste und so erst
die koharente Wahrnehmung des Objekts entstand. Unter anderem wurde eine fru-
he evozierte Komponente im Gammaband gefunden, die sich nicht zwischen den
unterschiedlichen Stimulusbedingungen anderte. Bei einer Latenz von 280ms wur-
de eine Erhohung der induzierten Aktivitat nachgewiesen, die beim Betrachten der
Bilder nach dem Training wesentlich starker ausgepragt war. Diese Aktivitat war
außerdem großer fur die Zielreize im Vergleich zu den anderen Stimuli. Eine Erho-
hung der Antwort speziell auf den erkannten Hund im Vergleich zu einem neutralen
Bild ohne versteckten Hund wurde nicht gefunden. Die Erhohung im Gammaband
beim Betrachten der Bilder nach dem Training wurde mit einer Aktivierung von cell
assemblies erklart, die das zu suchende Objekt und damit den top-down-Prozess
reprasentierten. Die Erhohung fur den Zielreiz wurde mit einem bottom-up-Prozess
erklart, da hier Teile des Bildes zu einem koharenten Objekt gruppiert werden muss-
ten.
Besonders deutlich wird die Verknupfung unterschiedlicher cell assemblies beim
Betrachten eines Stereogramms. In einem Stereogramm werden beiden Augen leicht
unterschiedliche Bilder dargeboten, aus denen das Gehirn durch die Verknupfung
der beiden”monokkularen“ Bilder ein dreidimensionales Objekt bilden kann. Bei der
Entstehung dieses dreidimensionalen Bildes wiesen Revonsuo et al. eine transiente
Erhohung im Gammafrequenzband nach [115]. Diese Erhohung trat beim kontinu-
ierlichen Aufrechterhalten des dreidimensionalen Bildes nicht auf und scheint daher,
die perzeptuelle Integration widerzuspiegeln. Der genaue Zeitpunkt, zu dem das drei-
1.2 Wahrnehmung koharenter Objekte in der visuellen Modalitat 9
dimensionale Objekt gebildet wurde, konnte allerdings nicht bestimmt werden. Es
ist daher nicht belegt, ob es sich bei der Erhohung im Gammaband um die fruhe
evozierte Gammabandkomponente handelte, die in Bezug auf die Bildentstehung
phasentreu ist, oder um eine spate induzierte Komponente. Eine interne Objektre-
prasentation wie bei einer Gedachtnisleistung scheint nicht notwendig zu sein, da
die sensorische Information weiterhin vorlag.
Ein top-down-Prozess sollte vorliegen, wenn das Arbeitsgedachtnis gebraucht wird,
um eine Erkennungsaufgabe zu erfullen. Die interne Reprasentation einer Figur fuhr-
te in einer Gedachtnisaufgabe zu einer erhohten Aktivitat im Gammaband [132]. Je
langer die Reprasentation aufrecht erhalten werden musste, um so langer hielt auch
die Gammaband-Aktivitat an [134], wurde aber im Verlauf dieses Prozesses schwa-
cher.
Die Merkmalsintegration ist nicht allein auf den Bereich einer Modalitat be-
schrankt. Die Moglichkeit, verschiedene Bereiche miteinander durch synchrone cell
assemblies zu verknupfen, zeigt den globalen Charakter des temporal binding Mo-
dells. Die Verknupfung visueller Informationen mit solchen aus anderen Modalitaten
bewirkt ebenfalls eine Erhohung der Aktivitat im Gammaband. Wurde ein farbiges
Licht mit der schmerzhaften Reizung eines Fingers verbunden, so konnte ein An-
stieg der Koharenz zwischen Elektroden uber dem visuellen Kortex und uber dem
zum gereizten Finger kontralateralen somatosensorischen Kortex nachgewiesen wer-
den [89]. Bei Messungen zur audio-visuellen Integration im prafrontalen Kortex von
Rhesus-Affen [30] konnten Zellen gefunden werden, die sowohl bei einem Ton als
auch bei einer diesem Ton zugeordneten Farbe feuerten.
Die vorgestellten Studien zeigen eine Verbindung verstarkter Aktivitat im Gam-
mafrequenzband mit der Wahrnehmung koharenter Stimuli. Es kann allerdings nicht
eindeutig geklart werden, ob dieser Effekt ein Ausdruck von bottom-up- und/oder
top-down-Prozessen ist. Es ist durchaus denkbar, dass die verstarkte Aktivitat im
Gammafrequenzband ein Korrelat beider Prozesse ist, die sich nicht getrennt von
einander betrachten lassen. Wahrend der Aufrechterhaltung eines koharenten Per-
zepts scheint keine erhohte Aktivitat aufzutreten, sie nimmt sogar wahrend der Re-
prasentation ab. Die Korrelate der Bindungsprozesse konnen dabei sowohl die fruhe
evozierte als auch die spate induzierte Gammaband-Aktivitat sein.
1.3 Oszillatorische Gammaband-Antworten in der auditorischen Modalitat 10
1.3 Oszillatorische Gammaband-Antworten in der
auditorischen Modalitat
In der auditorischen Modalitat lassen sich, wie in der visuellen, evozierte und indu-
zierte Gammaband-Aktivitat nachweisen [98]. Fur einen Einblick in die funktionelle
Organisation des auditorischen Systems stellt sich aber ebenso wie in der visuel-
len Modalitat die Frage, ob diese oszillatorische Aktivitat Ausdruck von bottom-
up-Prozessen ist, oder ob top-down-Prozesse kortikaler Informationsverarbeitung an
ihr beteiligt sind. Die Latenz der evozierten Gammaband-Aktivitat betragt typi-
scherweise 60ms nach dem Beginn eines akustischen Reizes. Der Ursprung dieser
Aktivitat wird durch aquivalente Stromdipole im Heschl’schen Gyrus geschatzt und
damit im primaren auditorischen Kortex vermutet [107]. Eine Tonotopie, d. h. ei-
ne Abhangigkeit des Ortes von der Stimulusfrequenz, tritt nicht auf [9, 101]. Die
Gammaband-Aktivitat zeigt damit ein anderes Verhalten als z. B. die mittellatenten
Komponenten oder die spatere N1-Komponente, bei denen eine Tonotopie zu finden
ist [100]. Die N1-Komponente ist ein um 100ms nach dem Beginn eines akustischen
Stimulus im EEG gemessenes Potential mit einem negativen Pol am Vertex. Wird
das magnetische Pendant der N1-Komponente gemessen, so wird auch von der N1m-
Komponente gesprochen.
Bei einer Erhohung der Stimulusrate verringert sich die Amplitude der Gamma-
band-Aktivitat nicht so stark wie die Amplitude der N1m-Komponente. Dieses Am-
plitudenverhalten und der Ursprungsort der Aktivitat unterscheiden sich zusatzlich
von den mittellatenten Komponenten [102]. Auf Grund der zeitlichen Ahnlichkeit
zu den mittellatenten Komponenten steht aber weiterhin die Frage im Raum, ob
die Oszillationen im Gammaband nur durch die Filterung aus den mittellatenten
Komponenten erzeugt werden.
Llinas und Ribary [75] nahmen an, dass die evozierte Aktivitat durch ein Zu-
rucksetzen der spontanen Aktivitat hervorgerufen wird. Die spontane Aktivitat trat
nur im wachen Zustand und wahrend REM-Schlafphasen auf, in denen Proban-
den traumten, jedoch nicht in Tiefschlafphasen. Durch einen Stimulus ließ sich die
spontane Aktivitat nur im wachen Zustand zurucksetzen. Die Aktivitat erscheint
daher als Korrelat kognitiver Prozesse in Verbindung mit externen Stimuli [75].
Die Ursprunge der Entstehungsmechanismen der spontanen Gammaband-Aktivitat
und damit auch der evozierten Aktivitat werden in thalamo-kortikalen Verbindungs-
1.3 Oszillatorische Gammaband-Antworten in der auditorischen Modalitat 11
schleifen gesehen [75, 116].
Folgen zwei Stimuli mit einem Abstand kurzer als 12–15ms aufeinander, so erzeu-
gen sie keine getrennten Oszillationen mehr, wie sie noch bei fruhen Antworten aus
dem Hirnstamm zu beobachten sind [69]. Erst mit einem langeren Abstand werden
sie als zwei Tone wahrnehmbar und erzeugen unabhangige Gammaband-Antwor-
ten [56]. Es wurde daher die Gammaband-Antwort als Ausdruck einer zeitlichen
Bindung im auditorischen System interpretiert.
Die Auswirkung von top-down-Prozessen speziell auf die evozierte Gammaband-
Antwort wurde bei der Untersuchung von selektiver Aufmerksamkeit durch Tiitinen
et al. [139] deutlich. In dieser Studie wurde beobachtet, dass die evozierte Gamma-
band-Aktivitat durch selektive Aufmerksamkeit moduliert werden kann. Im Gegen-
satz dazu zeigte die Aktivitat in anderen Frequenzbereichen keine Veranderung.
Effekte in der induzierten Gammaband-Aktivitat wurden sowohl in tierexperi-
mentellen Studien als auch in Humanexperimenten beschrieben. In einer Studie an
Katzen, denen eine regelmaßige Folge von Tonen vorgespielt wurde, konnte induzier-
te Aktivitat nach ausgelassen Tonen in einem Zeitfenster von 250–400ms subkortikal
gemessen werden [4, 5]. Ebenso konnten Brosch et al. [18] bei anasthesierten Affen
mit im primaren und caudomedialen auditorischen Kortex implantierten Elektroden
hochfrequente oszillatorische Antworten nachweisen, die im Bezug auf den Stimulus-
beginn nicht phasentreu waren. Die Frequenz dieser Antworten lag zwischen 60Hz
und 90Hz in einem Zeitfenster von 100ms bis 900ms. Die raumliche Koharenz dieser
Oszillationen lag mit weniger als 3mm unterhalb der Werte, die im visuellen System
gemessen wurden (≥ 6mm) [16, 27]. Die Autoren vermuteten, dass diese geringe
Koharenz mit dem durch reine Tone nur gering abgedeckten Spektrum zusammen-
hangt und bei komplexen Tonen, die weitere Bereiche der Cochlea reizen, großer
wird [18].
Beim Menschen konnten im EEG Effekte in der induzierten Gammaband-Akti-
vitat in der auditorischen Modalitat im Zusammenhang mit Oddball -Aufgaben und
anhand komplexer Aufgaben, wie der Erkennung und Verarbeitung von Wortern,
nachgewiesen werden.
In Oddball -Aufgaben mussen aus einer Folge haufiger, gleicher Stimuli (Standard-
reize) seltene, abweichende (Zielreize oder Devianten) erkannt werden. In auditori-
schen Oddball -Aufgaben konnte nach dem Reiz im EEG eine Reduktion in der in-
duzierten Gammaband-Aktivitat gemessen werden. Darauf folgend wurde im Zeit-
1.3 Oszillatorische Gammaband-Antworten in der auditorischen Modalitat 12
bereich von 200–400ms nach den Standardreizen ein Anstieg der oszillatorischen
Aktivitat gefunden [11, 28, 81, 127]. Beim letzten Standardton vor einem Zielreiz
konnte dagegen eine erhohte [81] und bis 800ms anhaltende induzierte Gammaband-
Aktivitat gemessen werden [11, 127]. Diese erhohte Aktivitat vor dem Zielreiz wur-
de als Abrufen des zu erkennenden Tons aus dem Gedachtnis interpretiert. Fur die
Zielreize blieb die Aktivitat zum Teil reduziert [28]. Die Reduktion nach den Stimuli
– sowohl bei Standardtonen als auch bei Zielreizen – wurde durch Wechselwirkungen
mit hippocampaler Aktivitat [28] oder dem Einfluss von thalamo-kortikalen Netz-
werken begrundet [81]. Bei den Effekten nach den Zielreizen wurden Prozesse als
Ursache vermutet, die den Frequenzvergleich des gehorten Tons mit dem gesuch-
ten Ton begleiten [11]. Eine Verstarkung der Aktivitat trat bei aktiven Aufgaben
gegenuber dem passiven Anhoren einer Sequenz auf [11].
Mussten Probanden auf Tone, die mit einem zufalligen Abstand dargeboten wur-
den, moglichst schnell reagieren, so konnte im selben Zeitfenster bei schnell rea-
gierenden Probanden eine Erhohung der Aktivitat im Gammaband gegenuber dem
passiven Anhoren der Tonfolge gemessen werden. Langsam reagierende Probanden
zeigten hingegen eine hohere oszillatorische Hintergrundaktivitat und in der Reak-
tionszeitaufgabe eine erhohte Aktivitat vor dem Stimulus [55].
Im Magnetoenzephalogramm konnte induzierte Gammaband-Aktivitat bisher nur
bei Aufgaben nachgewiesen werden, in denen Worter von Pseudowortern unter-
schieden werden mussten [112]. Bei den Wortern blieb die Gammaband-Aktivitat
auf dem Niveau der Hintergrundaktivitat. Nach dem Beginn der Pseudoworter fand
in einem Zeitfenster von 300ms bis 700ms eine Reduktion der Aktivitat in einem
Frequenzband um 30Hz statt. Diese Reduktion konnte nicht nur in der auditori-
schen Modalitat sondern auch in der visuellen gemessen werden [76]. Die konstan-
te Gammaband-Aktivitat fur die Worter wurde mit einer lexikalischen Suche und
dem erfolgreichen Vergleich mit bekannten Wortern erklart. Dies lasst allerdings
unberucksichtigt, dass fur die Worter die Aktivitat gleich blieb und die Reduktion
ausschließlich fur die Pseudoworter auftrat. Denkbar ist daher auch, dass fur die
Pseudoworter eine langere, intensive Suche stattfand, die erfolglos blieb.
Die vorgestellten Studien zeigen fur die Gammaband-Aktivitat in der auditori-
schen Modalitat ein anderes Bild als in der visuellen. Die fruhe evozierte Aktivitat
scheint hauptsachlich, durch Aufmerksamkeitseffekte oder den Grad der Wachheit
der Probanden modulierbar zu sein. Hinweise auf eine sensorische zeitliche Integra-
1.4 Hypothesen und Zielsetzung 13
tion von Stimuli wurden allerdings auch gefunden. Eine Untersuchung, wie sich die
fruhe evozierte Gammaband-Aktivitat bei der Variation der Koharenz eines Stimu-
lus verhalt und damit einen eindeutigen Nachweis des Einflusses von bottom-up-
Prozessen auf die evozierte Aktivitat, gibt es bisher nicht. Induzierte Gammaband-
Aktivitat wurde in der auditorischen Modalitat haufig bei Oddball -Aufgaben beob-
achtet, in denen ein seltener Stimulus aus einer Folge haufiger Stimuli erkannt werden
musste. Außerdem wurden Effekte in der Gammaband-Aktivitat beim Erkennen von
Wortern gefunden. Beide Anforderungen konnten durch top-down-Prozesse beglei-
tet sein, die bei kognitiven Aufgaben auftreten oder die interne Reprasentation eines
Stimulus benotigen.
1.4 Hypothesen und Zielsetzung
Wie in den vorherigen Abschnitten beschrieben gibt es Hinweise darauf, dass die
evozierte Aktivitat eine Verknupfung von bottom-up- und top-down-Prozessen wi-
derspiegelt. Der Kontext und die Art einer Aufgabe beeinflussen die evozierte Gam-
maband-Aktivitat . Zusatzlich wird diese Aktivitat durch erhohte Aufmerksamkeit
und auch durch den Grad der Wachheit des Probanden moduliert. Die Frage, inwie-
weit ein sensorischer Einfluss besteht und ob die Aktivitat ein Korrelat der Verar-
beitung von Stimuluseigenschaften ist, bleibt allerdings offen. Wenn jedoch ahnliche
Prozesse wie in der visuellen Modalitat auftreten (vgl. Herrmann et al.), so konnen
Effekte in der evozierten Gammaband-Aktivitat vermutet werden.
Die spatere, im EEG oder mit implantierten Elektroden gemessene induzierte
Aktivitat wird als Korrelat von Gedachtnisprozessen und der Reprasentation ei-
nes Tons interpretiert. Ein Einfluss der Aufmerksamkeit kann nicht ausgeschlossen
werden. Es fallt außerdem auf, dass eine Reduktion der induzierten Gammaband-
Aktivitat moglich ist. Dies bedeutet, dass die spontane Grundaktivitat durch senso-
rische Reize oder durch eine Aufgabenstellung beeinflusst wird. Der direkte Einfluss
sensorischer Eigenschaften, wie zum Beispiel die Koharenz eines Stimulus, bleibt,
wie bei der evozierten Aktivitat, unklar. Ergebnisse aus der visuellen Modalitat las-
sen hier einen Zusammenhang vermuten. Zumindest scheinen inhaltliche Aspekte,
wie z. B. die Wortbedeutung, mit der induzierten Aktivitat zu korrelieren. Es ist
auch unklar, inwieweit fur die Effekte in der induzierten Aktivitat sensorische Reize
notwendig sind oder ob auch intrinsische Reize, wie das Vorstellen eines Tons, diese
1.4 Hypothesen und Zielsetzung 14
Effekte auslosen konnen.
Auf Grund der genannten offenen Punkte werden besonders in Hinblick auf die
wechselseitige Beziehung von bottom-up- und top-down-Aktivitat und die Korrela-
tion der Gammaband-Aktivitat mit diesen Prozessen folgende Punkte bearbeitet:
• Es wird vermutet, dass sich koharente Eigenschaften eines Stimulus in der
Gammaband-Aktivitat zeigen, wie dies in der visuellen Modalitat zum Bei-
spiel bei den Kanizsa-Figuren der Fall ist. Daher soll untersucht werden, ob
die evozierte oder die induzierte Aktivitat fur die Koharenz eines Stimulus
spezifisch ist.
• Der Einfluss von kortikalen top-down-Prozessen auf die Eigenschaften der
Gammaband-Aktivitat sollte uber den Einfluss von Aufmerksamkeitsmecha-
nismen hinausgehen. Die kortikale Aktivitat soll daher unabhangig von Auf-
merksamkeitseffekten oder den Eigenschaften der sensorischen Information un-
tersucht werden.
• Es soll untersucht werden, ob Gammaband-Aktivitat auch durch reine top-
down-Prozesse ausgelost werden kann oder ob zu ihrer Bildung immer bottom-
up-Prozesse notwendig sind. Ferner soll untersucht werden, inwieweit kortikale
Aktivitat Anderungen in der – evozierten oder induzierten – Gammaband-
Aktivitat hervorrufen kann, wenn kein sensorischer Reiz aufgetreten ist.
Die Untersuchung der oszillatorischen Aktivitat erfordert eine Messmethode, die
eine hohe zeitliche Auflosung bei einer guten Lokalisierbarkeit von Quellen bietet.
Diese Anforderungen werden in hohem Maße von der Magnetoenzephalographie er-
fullt, die in allen fur diese Arbeit durchgefuhrten Studien verwendet wurde. Zur
Auswertung der gemessenen Daten bietet sich zum einen die Quellenlokalisation und
zum anderen die Wavelet-Transformation als Unterart einer Zeit-Frequenz-Transfor-
mation an, um den transienten oszillatorischen Charakter der hier interessierenden
Gehirnantworten zu erfassen. Eine ausfuhrliche Beschreibung und Entwicklung der
Fragestellungen und der aus ihnen resultierenden Studien folgt im nachsten Kapitel.
2
Bindungsmechanismen in der
auditorischen Modalitat
Im folgenden Kapitel wird eine Einfuhrung in die Bindungsmechanismen und Me-
chanismen der Objektreprasentation in der auditorischen Modalitat gegeben. Zuerst
wird als Beispiel fur einen Gestaltbildungsprozess die Wahrnehmung der Tonhohe ei-
nes Klangs beschrieben, der aus mehreren spektralen Anteilen zusammengesetzt ist.
Es wird dann der mogliche Einfluss von top-down-Aktivitat auf Antworten im Gam-
mafrequenzband erortert. Die Steuerung der Wahrnehmung durch kortikale Pro-
zesse, ohne dass ein Sinnesreiz vorliegt, wird im dritten Abschnitt dieses Kapitels
besprochen. Es werden die Fragestellungen aus 1.4 entwickelt, die in den Studien
dieser Arbeit untersucht wurden. Die Ergebnisse der Studien folgen dann in den
Kapiteln 5, 6 und 7.
2.1 Bindungsprozesse bei der
Tonhohenwahrnehmung
Wie zuvor beschrieben, wurden in verschiedenen Studien Probanden koharente und
inkoharente Stimuli (Kanizsa-Figuren, siehe Abb. 1.1) prasentiert, um Bindungsme-
chanismen zu untersuchen [44, 45, 46, 126, 129, 133]. Der Prozess der Gestaltbil-
dung und des Erkennens der nur durch Ecken angedeuteten Figuren wird im Gehirn
ausgefuhrt. Ein vergleichbares Paradigma lasst sich in der auditorischen Modalitat
durch die Benutzung von virtuellen Klangen erreichen. Harmonische Klange, wie
2.1 Bindungsprozesse bei der Tonhohenwahrnehmung 16
sie normalerweise unser Ohr erreichen, besitzen im Gegensatz zu reinen Sinustonen
nicht nur eine Grundfrequenz sondern auch ein Spektrum an Obertonen [153]. In
diesem Zusammenhang wird auch von der Fundamentalfrequenz und den Harmoni-
schen gesprochen. Fehlt die Fundamentalfrequenz und werden nur die Harmonischen
angeboten, so wird der Klang dennoch auf der Tonhohe der fehlenden Fundamen-
talen wahrgenommen [135]. Dieses Phanomen wird als Wahrnehmung der virtuellen
Tonhohe oder des Residuums bezeichnet; fur eine Ubersicht siehe [90]. Es kann auch
allgemeiner unter dem Begriff der auditorischen Gestalterkennung gefasst werden
[136].
Die Basilarmembran in der Cochlea ist je nach spektralen Anteilen der virtu-
ellen Tone an verschiedenen Orten maximal ausgelenkt. Es erfolgt eine Frequenz-
Ort-Transformation, bei der am basalen Ende der Cochlea die hohen Frequenzen
und am apikalen Ende die tiefen Frequenzen abgebildet werden. Die Aufteilung der
Frequenzbereiche folgt dabei einer logarithmischen Skala. Diese so genannte tono-
tope Organisation setzt sich auf der gesamten Horbahn bis in den auditorischen
Kortex fort [105, 111] (siehe auch Abb. 2.1). Bei komplexen Tonen wird ein raumli-
ches und zeitliches neuronales Aktivitatsmuster erzeugt. Das zeitliche Muster kann
fur Frequenzen unter 5 kHz an die Schwingungen der Basilarmembran phasenge-
koppelt sein. Niedrige Harmonische konnen auf Grund der Filtereigenschaften der
Basilarmembran auch raumlich aufgelost werden. Bei hoheren Harmonischen kann
die Information uber den Klang nur noch uber die Periodizitat des Signals gewonnen
werden.
Die raumliche Kodierung in der Cochlea ist mit der Ortskodierung auf der Re-
tina im visuellen System vergleichbar. Bei den Kanizsa-Figuren wird eine raumlich
unvollstandige Figur zu einem einheitlichen Objekt zusammengesetzt. Bei der Wahr-
nehmung der virtuellen Tonhohe wird aus der unvollstandigen Information ein Klang
in der Tonhohe der Fundamentalfrequenz erzeugt. Fur den Prozess dieser Musterer-
kennung gibt es verschiedene Modelle. Das auditorische System besitzt die Fahigkeit,
allein aus dem zeitlichen Muster eines Schallreizes die Tonhohe zu extrahieren [83],
wie durch Studien an Patienten mit Cochlea-Implantaten nachgewiesen wurde. Fru-
he Implantate besaßen nur eine einzelne Elektrode, die je nach Eingangsfrequenz
mit unterschiedlichen Raten den Hornerv unabhangig von der Frequenzverteilung
in der Cochlea stimulierte. Obwohl die Frequenz-Ort-Transformation in der Cochlea
bei dieser Stimulationsart nicht stattfand, konnten die Patienten Tonhohen unter-
2.1 Bindungsprozesse bei der Tonhohenwahrnehmung 17
Cochlea
Auditorischer Kortex
Colliculus inferior
Oliva superior
Nucleus cochlearis
Corpusgeniculatummedialis
Nucleus lemniscuslateralis
Abbildung 2.1: Darstellung der Horbahn fur eine Ohrseite; nach [38], vereinfacht. Gezeigtwerden nur die aufsteigenden afferenten Nervenbahnen, die efferenten wurden weggelassen.Die einzelnen Kerne der Horbahn besitzen noch weitere Strukturierungen, die z. T. inunterschiedliche Bereiche projizieren. Die Darstellung ist daher keineswegs komplett. Abdem oberen Olivenkomplex (Oliva superior) liegt die binaurale Information vor.
scheiden.
Das spektrale Muster wird als die Grundlage zur Erkennung der Tonhohe angese-
hen [34, 135, 143]. Andere Theorien beziehen die zeitliche Information mit ein. Der
Prozess der Bestimmung der Tonhohe und damit der Gestaltbildung erfolgt dabei
uber eine Berechnung der Kreuz- oder Autokorrelation oder uber die Auswertung des
Periodizitatsmusters [50, 66, 67, 85]. Der genaue Mechanismus, inwieweit spektrale,
zeitliche oder beide Informationen genutzt werden, ist bisher unklar [21, 86, 123].
Der von Goldstein postulierte pitch processor [34] kann Informationen von beiden
Ohren zu einem einheitlichen Klang verbinden [49, 103]. Die Gestaltbildung sollte da-
her fruhestens nach der Verknupfung der binauralen Information im Olivenkomplex
2.1 Bindungsprozesse bei der Tonhohenwahrnehmung 18
Freq (Hz)
250
11171247
15871637
2091
Freq (Hz)
280
1120
2240
1960
1400
1680
Freq (Hz)
250
10001250150017502000
Freq (Hz)
250
a b c d
Abbildung 2.2: Das Stimulusparadigma im Kanizsa-Dreieck Experiment (obere Reihe)und das Aquivalent fur die auditorische Modalitat. Gezeigt sind die vier Stimuli a) spektra-ler Ton mit der Frequenz von 250Hz, der dem realen Dreieck entspricht, b) dazu passendervirtueller Ton aus den 4. bis 8. Harmonischen einer fehlenden Fundamentalen von 250 Hz,entsprechend dem virtuellen Dreieck, c) als Zielreiz ein weiterer virtueller Ton, der zu einerFundamentalfrequenz von 280Hz gehort, und d) unharmonischer Ton aus Frequenzen mitPrimzahlwerten.
[111, 125] (Abb. 2.1) und spatestens im sekundaren auditorischen Kortex stattfin-
den, da die hier um 100ms nach Klangbeginn generierte N1-Komponente eher eine
Spezifitat fur die virtuelle Tonhohe als fur die spektrale Tonhohe zeigt [106]. Diese
Uberlegungen ergeben ein Zeitfenster von 3ms bis 100ms und es stellt sich daher die
Frage, ob die Gestaltbildung und Tonhohenanalyse ein Korrelat in der Gammaband-
Aktivitat hat, die in diesem Zeitfenster auftritt.
Um dieser Frage nachzugehen, wurde ein Paradigma in der auditorischen Mo-
dalitat entworfen und in dieser Arbeit untersucht, in dem zwischen der Wahrneh-
mung koharenter und inkoharenter Tone unterschieden wurde (Abb. 2.2). Als ko-
harenter Ton wurde ein Ton gewahlt, der aus der vierten bis achten Harmonischen
(1000Hz, 1250Hz, 1500Hz, 1750Hz und 2000Hz) einer fehlenden Fundamentalfre-
quenz (250Hz) bestand. Die fehlende Fundamentalfrequenz kann aus den hoheren
Harmonischen extrahiert werden. Der Ton wird dann bei einer Tonhohe von 250Hz
wahrgenommen. Ein weiterer koharenter Ton, der weniger komplex war und da-
her auch einen geringeren Aufwand in der Gestalterkennung erfordern sollte, wurde
nur aus der Fundamentalfrequenz von 250Hz gebildet. Als inkoharenter Stimulus
wurde ein unharmonischer komplexer Ton mit einem Spektrum zwischen 1000Hz
und 2000Hz gewahlt, dessen spektrale Komponenten Primzahlfrequenzen besitzen
2.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 19
(1117Hz, 1247Hz, 1587Hz, 1637Hz und 2091Hz). Bei diesem Ton kann keine ge-
meinsame Grundfrequenz extrahiert und gehort werden. Um die Aufmerksamkeit
der Probanden auf einem hohen Niveau zu erhalten, wurde ein weiterer koharenter
Ton als Zielton gewahlt, bei dessen Auftreten die Probanden einen Knopf drucken
sollten. Dieser Zielton wurde aus der vierten bis achten Harmonischen einer fehlen-
den Fundamentalen von 280Hz zusammengesetzt.
Ziel ist es, die evozierte und induzierte Gammaband-Aktivitat auf koharente und
inkoharente Stimuli sowohl in ihrem Generierungsort, ihrer Starke und Latenz als
auch in ihrer Komplexitat zu vergleichen.
2.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System
Werden die Bindungsmechanismen, die an der Wahrnehmung der virtuellen Ton-
hohe beteiligt sind, untersucht, so kann die Spezifitat der Gammaband-Aktivitat
fur die Koharenz der Stimuli bestimmt werden. Es kann jedoch nicht zwischen top-
down- und bottom-up-Prozessen unterschieden werden. Inwieweit top-down-Prozes-
se die Gammaband-Antwort beeinflussen oder Veranderungen in der Antwort auf
Aufmerksamkeitsunterschiede zuruckzufuhren sind, bleibt unklar.
Fruhere Studien zeigten, dass die evozierte Gammaband-Antwort zumindest durch
Aufmerksamkeit verstarkt wird [139, 145]. Auch fur die induzierte Gammaband-Ak-
tivitat zeigte sich ein Einfluss der Aufmerksamkeit. Marshall et al. [81] fuhrten eine
Studie mit einem Oddball -Paradigma durch, in dem sich haufige Standardtone mit
seltenen, abweichenden Tonen, so genannten Devianten, abwechseln. Beim passi-
ven Anhoren dieser Sequenz erhielten sie einen anderen Verlauf in der induzierten
Gammaband-Aktivitat als beim aktiven Zuhoren, bei dem das Zahlen der Devianten
gefordert war.
In einer Reihe von Studien [28, 81, 127] wurde, wie oben beschrieben, die induzierte
Aktivitat in Oddball -Paradigmen untersucht. Im Gegensatz zu diesen untersuchten
Bertrand et al. [11, 127] die induzierte Gammaband-Aktivitat in einem Oddball -
Paradigma, bei dem die Devianten in Zielreize und Storreize unterteilt waren und
jeweils nach den Zielreizen ein Knopf gedruckt werden musste. Den Probanden war
bekannt, dass zwischen zwei Devianten mindestens drei Standardtone lagen. Nach
dem letzten Standardton vor einem Devianten wurde gegenuber dem ersten Stan-
dardton nach einem Devianten eine spatere und verlangerte induzierte Gammaband-
2.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 20
Aktivitat beobachtet. Die Gammaband-Aktivitat nach dem ersten auf den Devian-
ten folgenden Standardton besaß eine auffallende Ahnlichkeit mit der induzierten
Gammaband-Aktivitat in einem passiven Paradigma [12, 81]. Den Probanden wur-
den in diesem passiven Paradigma Tone prasentiert, die sie nicht beachten mussten.
Die Ergebnisse konnen auf unterschiedliche Arten interpretiert werden. Eine Mog-
lichkeit ist, dass die induzierte Gammaband-Aktivitat ein Ausdruck erhohter Auf-
merksamkeit ist. Einige Probanden berichteten, dass sie den Standardton im Ge-
dachtnis behielten, um den Devianten besser zu erkennen [11]. Eine andere Mog-
lichkeit der Interpretation ist daher, dass die Anderung im Verlauf der induzierten
Gammaband-Aktivitat ein Korrelat der Objektreprasentation dieses Tons darstellt
und daher einen top-down-Prozess reprasentiert. Das Erkennen der Tonhohe von
Klangen erfordert eine adaquate Reprasentation der auditorischen Objekte im Ge-
hirn. Werden aufeinander folgende Tone miteinander verglichen, so ist zumindest
eine sensorische Gedachtnisleistung erforderlich [93]. Sowohl Studien zur Unterschei-
dung von Deviant- und Standardtonen [28, 81] als auch Simulationsrechnungen [52]
zeigen hier eine Verbindung der Gammaband-Aktivitat zu Prozessen im Kurzzeit-
gedachtnis.
Im Gegensatz zur sequentiellen Reprasentation ist fur den Vergleich binaural,
gleichzeitig dargebotener Klange eine simultane Reprasentation beider Klange und
daher eine erhohte Integration der binauralen Information notwendig. Die binaurale
Interaktion ist bisher vielfach nur im Zusammenhang mit raumlichem Horen und der
Detektion von Zeit- und Phasenunterschieden untersucht worden. Die Komponen-
ten der binauralen Interaktion werden in den auditorischen Hirnstammpotentialen,
in mittellatenten und spaten evozierten Gehirnantworten beschrieben [84]. Binau-
rale Interaktion ist an der Synthese von Klangen beteiligt, deren spektrale Anteile
auf beide Ohren unterschiedlich aufgeteilt sind, aber einen koharenten Eindruck in
der Wahrnehmung erzeugen [49, 103], wie oben beschrieben wurde. Die Reprasen-
tation der Tonhohe ist eng mit dem Ort der N1-Komponente verknupft und zeigt
eine tonotope Organisation [23, 103, 105]. Ebenso spiegelt sich die Differenzierung
von Tonhohen in den Eigenschaften der N1-Komponente wider [87]. Die Integrati-
on und Trennung von Verarbeitungskanalen fur Charakteristika von beiden Ohren
kann fur die Identifikation von Unterschieden und Gemeinsamkeiten der binauralen
Information notwendig sein.
Der Vergleich der sequentiellen und der simultanen Reprasentation von Stimuli
2.3 Top-down-Aktivitat bei fehlendem sensorischen Reiz 21
SD O RAbbildung 2.3: In einem unterschiedlichen Kontext bekommt das mittlere Zeichen eineunterschiedliche Bedeutung und wird einmal als ”A“ und einmal als ”H“ wahrgenommen;nach [2]
ermoglicht die Untersuchung von unterschiedlichen top-down-Prozessen bei gleichem
Aufmerksamkeitsniveau. In einer fur diese Arbeit durchgefuhrten Studie sollte un-
tersucht werden, ob diese top-down-Prozesse einen Einfluss auf die Gammaband-
Aktivitat haben und sich auch auf die N1m-Komponente auswirken. Die Proban-
den mussten dazu die Tonhohe von binaural dargebotenen Klangen unterscheiden.
Das Paradigma wurde so gestaltet, dass durch einen Signalton ein Kontext geschaf-
fen wurde, in dem entweder der auf den Signalton folgende Stimulus mit diesem
oder in dem beim nachsten Stimulus die Information aus beiden Ohren miteinander
verglichen werden musste. Dieser Kontext verlangt unterschiedliche Objektreprasen-
tationen und nimmt so uber einen top-down-Prozess Einfluss auf das feature binding
und die Wahrnehmung. Ein ahnlicher Effekt wird fur das visuelle System in Abb.
2.3 demonstriert. In einem Schriftzug wird ein und dasselbe Zeichen als zwei ver-
schiedene Buchstaben interpretiert. Erst kortikale Prozesse, die das Zeichen mit den
umliegenden verknupfen, fuhren zur korrekten Bedeutung.
2.3 Top-down-Aktivitat bei fehlendem
sensorischen Reiz
Bei der anfangs beschriebenen Suche nach der Nadel im Heuhaufen muss eine Vor-
stellung der Nadel vorhanden sein. Diese Vorstellung spiegelt sich in einer internen
Reprasentation wider, die bei der Suche fortlaufend mit den sensorischen Informatio-
nen verglichen werden muss. Es wird vermutet, dass dieser Prozess auf der zeitlichen
Synchronisation von cell assemblies beruht [124]. Die Synchronisation zeigt sich bei
Wahrnehmung koharenter Objekte vor allem im Gammafrequenzband. Die Inter-
2.3 Top-down-Aktivitat bei fehlendem sensorischen Reiz 22
pretation der Effekte im Gammabandbereich ist zum Teil umstritten. Die erhohte
Aktivitat konnte ein Ausdruck der Bindungsprozesse sein, die die verschiedenen neu-
ronalen Felder, in denen die sensorischen Informationen reprasentiert werden, mit-
einander verknupfen (bottom-up). Die Beteiligung von hoheren kortikalen Prozessen
(top-down) kann dabei nicht ausgeschlossen werden [127, 128]. Eine alternative In-
terpretation ist, dass die erhohte Aktivitat gelernte assoziative Reprasentationen
widerspiegelt [113]. Die zweite Interpretation hatte auch zur Folge, dass bei Abruf
der assoziativen Reprasentationen ohne Sinnesreiz eine erhohte Aktivitat im Gam-
maband messbar sein musste.
Den top-down-Prozessen wird von Engel et al. [26] bei der Kontrolle und Steuerung
der Wahrnehmung eine bedeutsame Rolle zugewiesen. Durch zeitliche Koinzidenzen
soll eine Verknupfung sensorischer bottom-up- mit kortikalen top-down-Prozessen
stattfinden. Die kortikalen Prozesse schließen dabei die Verwendung erlernter Re-
prasentationen mit ein. Die kortikalen top-down-Prozesse sollten ebenso auftreten,
wenn in einem Paradigma erhohte Anforderungen an Gedachtnisleistungen benotigt
werden. So konnten in der auditorischen Modalitat in schwierigen Oddball -Paradig-
men Effekte im induzierten Gammaband beobachtet werden [11, 28, 81, 112, 127].
Jedoch konnte in Sternberg-Aufgaben, in denen zuerst verschiedene Stimuli behalten
werden mussen und dann ein Stimulus wieder abgefragt wird, statt Effekten im hoch-
frequenten Gammaband eine Reduktion im 8–12Hz-Frequenzband gemessen werden
[61, 65, 118]. Burle und Bonnet [20] zeigten auf Grund der Modulation von Reakti-
onszeiten in Sternberg-Aufgaben eine Verknupfung von Gammaband-Aktivitat und
8–12Hz-Aktivitat. Diese Beteiligung der Aktivitat aus beiden Frequenzbandern bei
Gedachtnisprozessen wird auch von theoretischen Uberlegungen gestutzt [52].
Weitergehend als das Abrufen einzelner Tone aus dem Gedachtnis ist geistiges
Singen ganzer Melodien. Wahrend dieses mentalen Prozesses wurde die Aktivierung
modalitatsspezifischer Regionen im Gehirn beobachtet. Das Abrufen und Vorstellen
von Melodien aktiviert den frontalen Kortex und den rechten auditorischen Asso-
ziationskortex aber nicht den primaren auditorischen Kortex, wie eine PET-Studie
ergab [146]. Aktivitat, die nur auf das Vorstellen von Melodien und nicht auf das
Abrufen aus dem Gedachtnis bezogen ist, wurde uberwiegend im linken frontalen
Kortex und im supplementar-motorischen Kortex [39] gefunden. Das Abrufen aus
dem Gedachtnis ergab in dieser Studie Aktivitat im rechten Gyrus temporalis supe-
rior und inferior und im frontalen Kortex mit zusatzlicher Aktivierung des rechten
2.3 Top-down-Aktivitat bei fehlendem sensorischen Reiz 23
Thalamus. Andere Studien zeigen, dass bei Gedachtnisprozessen Regionen im fronta-
len Kortex und parietale als auch spezifische sensorische Bereiche nacheinander aktiv
sind [19]. Wurden Vorstellungen von Klangen und Gerauschen durch die Prasentati-
on von Wortern hervorgerufen, so konnte Aktivitat eher in spaten sekundaren als in
fruhen primaren sensorischen Bereichen sowie in linken frontalen Bereichen gefunden
werden [142].
Die Vorstellung von Sinnesreizen, die dadurch ausgelost werden, dass in einer
Stimulusfolge unerwartet Stimuli ausgelassen werden, erzeugt eine Gehirnantwort,
die entweder durch das unerwartete Ereignis oder durch die Vorstellung des Stimulus
ausgelost wird. Janata [51] fand im EEG eine spate Antwort nach erwarteten und
unerwarteten Beendigungen von Melodien. Die Antwort war unabhangig von der
Erwartungshaltung und besaß eine Topographie, die mit der einer N1-Komponente
korreliert war. Im Hippocampus der Katze konnte in Paradigmen, in denen aus
einer Folge von Stimuli zufallig Stimuli ausgelassen wurden, parallel zu einer P300-
Komponente um 300ms oszillatorische Aktivitat im Gammabandbereich beobachtet
werden [4]. Mit Hilfe der Magnetoenzephalographie, mit der eher kortikale Bereiche
gemessen werden, konnten Raij et al. [114] ebenfalls eine P300 ahnliche Komponente
beobachten, berichteten allerdings nicht von oszillatorischer Aktivitat.
Die große Anzahl verschiedener aktivierter Bereiche wahrend Gedachtnisprozes-
sen, lasst vermuten, dass diese Bereiche uber Netzwerke miteinander verknupft sind.
Fuster [29] geht einen Schritt weiter und stellt die These auf, dass das”Gedachtnis“
selbst als Netzwerk angelegt ist. Nach Engel et al. [26] konnen diese verteilten Berei-
che nicht nur bei Gedachtnisprozessen aktiv sein, sondern auch die Wahrnehmung
uber top-down-Prozesse steuern.
Bei dem mentalen Weitersingen von Melodien, die eine kurze Unterbrechung ha-
ben, sollten diese Prozesse unabhangig von der sensorischen Information hervortre-
ten. Es kann dabei die Hypothese aufgestellt werden, dass auf verschiedene Bereiche
verteilte Effekte erwartet werden konnen, wie sie in den oben beschriebenen Studien
zu Gedachtnisprozessen beobachtet wurden. Weiterhin sollte eine Desynchronisation
im 8–12Hz-Frequenzband gesehen werden. Da fur das Vorstellen der Melodien Bin-
dungsmechanismen notwendig sind, sind ebenfalls Effekte im Gammabandbereich
zu erwarten.
3
Einfuhrung in die
Magnetoenzephalographie
Mit der Elektroenzephalographie (EEG) und der Magnetoenzephalographie (MEG)
stehen zwei Methoden zur Untersuchung elektromagnetischer Gehirnaktivitat zur
Verfugung, die eine zeitliche Auflosung im Bereich von Millisekunden bieten. Wer-
den im Gehirn Informationen verarbeitet, so fließen in den Neuronen geringe elektri-
sche Strome, die durch postsynaptische Potentiale entstehen. Ein postsynaptisches
Potential lost in den Dendriten eine Depolarisation (bei exzitatorischen Synapsen)
oder Hyperpolarisation (bei inhibitorischen Synapsen) der Zellmembran aus. Die
Umverteilung der Ladungen im Dendriten bewirkt einen Stromfluss, der als Strom-
dipol modelliert werden kann. Der durch ein postsynaptisches Potential ausgeloste
Stromfluss besitzt eine Dauer von ungefahr 10ms. Am Axonhugel des Somas wer-
den die einlaufenden Stromimpulse zeitlich und raumlich, d. h. von verschiedenen
Synapsen kommend, gemittelt. Erreicht die gesamte synaptische Depolarisation die
Membranschwelle [125], so wird ein Aktionspotential ausgelost, das mit einer Dauer
von einer Millisekunde wesentlich kurzer als ein postsynaptisches Potential ist. Das
Aktionspotential wandert auf dem Axon als Depolarisation gefolgt von einer Repola-
risation weiter und kann durch zwei Stromdipole mit entgegengesetztem Vorzeichen
modelliert werden, die einen Stromquadrupol bilden [144]. Das Feld eines Quadru-
pols fallt mit dem Abstand hoch drei ab (∼ 1/r3), ein Dipolfeld wird nur mit dem
Abstand zum Quadrat schwacher (∼ 1/r2).
Damit die Felder außerhalb des Kopfes messbar sind, mussen zeitgleich in einer
großen Anzahl von Neuronen gleichgerichtete durch postsynaptische Potentiale aus-
3.1 Bestimmung des Dipolfeldes 25
geloste Strome auftreten. Die Dendriten der aktiven Neurone sollten eine moglichst
parallele Ausrichtung besitzen, wie es beispielsweise bei Pyramidenzellen der Fall ist
[125]. Das Moment eines Stromdipols in einem Dendriten betragt ungefahr 20 fAm
[40]. Wird das außerhalb des Kopfes gemessene Magnetfeld mit einem Stromdipol
erklart, so ergibt sich fur diesen ein Dipolmoment von 2–3 nAm bei der Gamma-
band-Aktivitat und bis zu 50 nAm bei N1m-Komponenten [99]. Es mussen daher
ungefahr 100.000 bis 1.000.000 Synapsen gleichzeitig wahrend eines evozierten Po-
tentials aktiv sein. Wird eine Dichte von 100.000 Neuronen pro Quadratmillimeter
mit mehreren tausend Synapsen pro Neuron angenommen, so reicht die Aktivitat
von jeder tausendsten Synapse in einer Flache von einem Quadratmillimeter aus,
um ein messbares Signal zu produzieren [40].
3.1 Bestimmung des Dipolfeldes
Die verteilte Aktivitat eines Neuronenverbandes kann auf Grund des Superpositi-
onsprinzips durch einen einzelnen Stromdipol beschrieben werden. Das magnetische
Feld dieses Dipols wird durch das Biot-Savart-Gesetz beschrieben [95]. Unter der
Annahme des Kopfes als einen spharischen symmetrischen Leiter beschreibt die fol-
gende Gleichung das gemessene Feld Br am Ort r eines Stromdipols Q am Ort rQ
[40]:
Br =µ0
4π
Q× rQ · er
|r− rQ|3, (3.1)
mit der Permeabilitatskonstante µ0 und dem Einheitsvektor er in radialer Richtung.
Ist ein Stromdipol radial orientiert, so ist das außerhalb des Kopfes gemessene Feld
gleich 0. Es konnen daher ausschließlich zur Kopfoberflache tangential orientierte
Quellen erfasst werden. Weiterhin sind Quellen im Zentrum des spharischen Modells
mit rQ = 0 fur das MEG nicht sichtbar.
Gleichung 3.1 ist eine lineare Gleichung, die sich folgendermaßen vereinfacht schrei-
ben lasst:
Br = L(r, rQ) ·Q(rQ). (3.2)
In dieser Gleichungsform beschreibt L(r, rQ) die Projektion des Stromdipols auf
den Sensor am Ort r, welcher das Feld Br misst. Diese Gleichung kann invertiert
werden, so dass das gemessene Feld auf einen Dipolort projiziert wird. Ein als Quel-
3.2 Gradiometersysteme 26
lenraumprojektion bezeichnetes Verfahren nutzt die Invertierung dieser Gleichung.
Werden mehrere Sensoren eingesetzt, kann durch die Invertierung ein raumlicher
Filter konstruiert werden, der das Signal der Sensoren zusammenfasst und auf die-
se Art und Weise das Signal-zu-Rausch-Verhaltnis verbessert [137]. Signale anderer
Quellen werden durch die Filtereigenschaften ausgeblendet, wodurch zusatzlich die
Signalqualitat verbessert wird.
3.2 Gradiometersysteme
Die Felder typischer gesuchter Quellen neuromagnetischer Aktivitat besitzen eine
Starke im Bereich von 1 fT bis 1 pT. Um diese Feldstarken messen zu konnen, muss
der Einfluss externer Quellen auf ein Minimum reduziert werden. Die Messungen
werden in magnetisch abgeschirmten Kammern durchgefuhrt, um Einflusse, wie sie
durch Schwankungen im Erdmagnetfeld, durch Verkehr (Auto, Bahn) oder durch
das Stromnetz entstehen, zu reduzieren. Ein weiteres Mittel, nur die intrakraniellen
Quellen zu messen, ist die Verwendung von Gradiometerspulen. In einem Gradio-
metersystem wird der magnetische Fluss der neuronalen Quellen durch zwei Spulen
mit umgekehrtem Drehsinn, die sich an unterschiedlichen Orten befinden, vergli-
chen. Entfernte Storquellen, deren Abstand groß im Vergleich zum Spulenabstand
ist, liefern in beiden Spulen ein Magnetfeld mit nahezu gleichem Betrag, im Gegen-
satz zu nahen Quellen, die in beiden Spulen ein unterschiedliches Feld ergeben. Das
Differenzfeld beider Spulen wird dann aufgenommen.
In einem axialen Gradiometersystem werden die beiden Spulen hintereinander
angeordnet (Abb. 3.1a). Die Spulen mit einem umgekehrten Drehsinn besitzen eine
unterschiedlichen Abstand zur Quelle. Die Unterschiede in der durch die Spulen auf-
genommenen Feldstarken entstehen durch den unterschiedlichen Abstand der Spulen
von der Quelle, da das Feld mit 1/r2 abfallt. Das gemessene Dipolfeld ist vergleich-
bar mit dem von einer einzelnen Spule gemessenen. Es besitzt ein Maximum und ein
Minimum seitlich uber der Quelle und direkt uber der Quelle einen Nulldurchgang.
Dieses System wird in den in dieser Studie verwendeten MEG-Geraten Magnes 37
(Biomagnetic Technologies Inc., San Diego) und Omega 151 (CTF Inc., Vancouver)
benutzt.
Eine andere Moglichkeit besteht darin, zwei Spulen nebeneinander in einer acht-
formigen Konfiguration anzuordnen (Abb. 3.1b). Das gemessene Signal entspricht
3.2 Gradiometersysteme 27
a b
Abbildung 3.1: In a) ist ein axiales Gradiometersystem und das mit diesem Sensor gemes-sene Feld eines Dipols (schematisch) gezeigt. In b) ist eine planare Gradiometeranordnungund der Betrag des gemessenen Dipolfeldes gezeigt. In realen Anordnungen befindet sichein orthogonales Gradiometer an derselben Position.
dem Gradienten des Feldes parallel zur Kopfoberflache. Dieses so genannte planare
Gradiomter ist die Grundlage des MEG-Gerates Vectorview (Neuromag Ltd., Hel-
sinki). In diesem Gerat befinden sich an einer Sensorposition zwei Spulenpaare, die
zwei zueinander orthogonale Gradientenrichtungen des Feldes messen, die den Gra-
dientenvektor des Feldes bilden. Die gesamte Starke des Gradientenfeldes an der
Sensorposition kann uber den Betrag des Gradientenvektors bestimmt werden. Das
Maximum des gemessenen Signals liegt direkt uber der Quelle und fallt zu den Seiten
hin ab. Der zeitliche Verlauf des Signals ist bei beiden Gradiometersystemen gleich
und wird durch die unterschiedliche Anordnung nicht beeinflusst.
4
Zeit-Frequenz-Analyse
Bei transienter kortikaler oszillatorischer Aktivitat sind in der Regel der Zeitpunkt
und die genaue Frequenz des Auftretens a priori nur unzureichend oder nach Litera-
turwerten bekannt, bzw. konnen sogar bei der induzierten Aktivitat zwischen wie-
derholten Stimulusprasentationen variieren. Die Analyse im Zeitbereich ergibt keine
Information uber die Frequenzeigenschaften des Signals. Eine Filterung des Signals
beschrankt die Analyse auf ein vorher bestimmtes Frequenzband; jegliche Informa-
tion außerhalb dieses Frequenzbandes wird dabei nicht betrachtet. Die Analyse im
Frequenzbereich, z. B. nach einer Fouriertransformation, liefert eine genaue Informa-
tion uber den gesamten Frequenzinhalt des gemessenen Signals, aber keine zeitliche
Information. Eine im Vergleich zur gesamten Signallange kurze oszillatorische Akti-
vitat kann unerkannt bleiben, da sie keinen großen Energieanteil am Gesamtsignal
liefert und nach der Fouriertransformation moglicherweise die Rauschschwelle nicht
uberschreitet. Als eine mogliche Losung bietet sich hier die Zeit-Frequenz-Transfor-
mation an.
Eine Form der Zeit-Frequenz-Transformation ist die Kurzzeitspektralanalyse, bei
der ein Zeitfenster mit fester Lange uber das Signal geschoben wird und der Frequen-
zinhalt innerhalb dieses Fensters mit einer Fouriertransformation bestimmt wird.
Ein entscheidender Nachteil dieser Methode ist allerdings die starre Lange des Ana-
lysefensters. So musste fur eine Analyse mit guter Frequenzauflosung, wie sie im
niederfrequenten Bereich moglich ist, ein langes Fenster verwendet werden. Fur eine
gute zeitliche Auflosung, die eher fur hohe Frequenzen benotigt wird, empfiehlt sich
dagegen ein kurzes Fenster [10, 31].
Diesem Dilemma begegnet eine weitere Transformation, die so genannte Wave-
29
let-Transformation, mit einem Kompromiss. Das Signal wird mit einer in Zeit und
Frequenz begrenzten Funktion [22] verglichen. Fur niedrige Frequenzbander wer-
den Analysefenster mit einer großen zeitlichen Ausdehnung verwendet, fur hohe
Frequenzbander werden kurze Analysefenster verwendet, die eine gute zeitliche Auf-
losung bieten. Die Lange des Fensters ist somit vom Frequenzband abhangig. Die
das Signal beschreibende Funktion s(t) wird bei der Transformation mit einer Wa-
veletfunktion w(t, f) gefaltet:
S(t, f) = s(t) ∗ w(t, f). (4.1)
Die Große S(t, f) wird als Wavelet-Transformierte oder Wavelet-Koeffizient be-
zeichnet. Das kleinste Produkt aus zeitlicher Breite und Frequenzbandbreite und
damit der beste Kompromiss zwischen diesen beiden wird mit dem so genannten
Morlet-Wavelet erreicht [31]. Das Morlet-Wavelet zeichnet sich durch eine Gauß’sche
Einhullende sowohl im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich um die zentrale Fre-
quenz f0 aus:
w (t, f0) = At exp
(− t2
2σ2t
− 2πif0t
). (4.2)
Dabei ist σt die Breite des Wavelets im Zeitbereich und σf die Breite im Frequenz-
bereich mit σf = 1/2πσt. Die Energie der Waveletfunktion wird uber den Parameter
At auf 1 normiert: ∫|w(t, f0)|2 dt = 1. (4.3)
Nach dem Einsetzen von Gleichung 4.2 in Gleichung 4.3 ergibt sich der Normie-
rungsfaktor
At =(σt
√π)− 1
2 , (4.4)
der fur ein Frequenzband unverandert bleibt.
Durch die Skalierung mit der Frequenz f0 und die Dilatation, d.h. die Verschiebung
in der Zeit durch die Eigenschaften der Faltung, wird eine Wavelet-Familie erzeugt
[24]. Eine Wavelet-Familie zeichnet sich durch ein konstantes Verhaltnis zwischen
zentraler Frequenz f0 und Breite σf aus:
f0/σf = m = const. (4.5)
Aufbauend auf der Wavelet-Transformation lassen sich verschiedene Aspekte eines
4.1 Evozierte oszillatorische Aktivitat 30
MEG/EEG-Signals untersuchen. Zur Untersuchung evozierter Aktivitat wird die
Wavelet-Transformation uber das Mittel aller gemessenen Epochen angewandt. Zur
Untersuchung der induzierten oszillatorischen Aktivitat bietet sich die Mittelung der
Betrage der Wavelet-Koeffizienten an. Die von Epoche zu Epoche unterschiedlichen
Phasenbeziehungen der Aktivitat finden keine Berucksichtigung und konnen daher
das Signal nicht storen. Eine Variation in der Zeit kann ausgeglichen werden, wenn
sie kleiner ist als die Breite der Waveletfunktion, da sich dann die Aktivitat in den
einzelnen Epochen zum Teil noch uberlappt.
Aus der Kombination beider Berechnungen kann ein statistisches Maß fur die
Signifikanz einer reizkorrelierten, evozierten Antwort gebildet werden. Dieses Maß
wird als magnitude squared coherence γ bezeichnet. Es berucksichtigt sowohl die
Amplituden- als auch die Phaseninformation des Signals.
4.1 Evozierte oszillatorische Aktivitat
Evozierte oszillatorische Aktivitat zeichnet sich durch eine bei jedem Stimulus nur
gering variierende Phasenlage aus. Die evozierte Gehirnantwort kann uber eine Mit-
telung der einzelnen Epochen extrahiert werden. Daher wird die Wavelet-Transfor-
mation erst uber die gemittelten Daten berechnet:
S(t, f0) = w(t, f0) ∗ s(t) = w(t, f0) ∗1
N
∑si(t) (4.6)
mit si als Signal der iten Epoche, N als Anzahl der Epochen und w(t, f0) als Wave-
letfunktion mit der zentralen Frequenz f0. Es wird schließlich die Energie |S(t, f0)|2
des Signals betrachtet. Die Aktivitat sollte sich anhand veranderter Amplituden
gegenuber dem Hintergrundrauschen auszeichnen. Die Starke des Hintergrundrau-
schens wird in einem Intervall vor dem Stimulus abgeschatzt und dann vom Signal
abgezogen.
4.2 Induzierte oszillatorische Aktivitat
Im Gegensatz zur evozierten Aktivitat zeichnet sich induzierte oszillatorische Aktivi-
tat durch eine von Epoche zu Epoche veranderte Latenz und eine variierende Phase
aus. Zur Detektion dieser Aktivitat sind daher Methoden notwendig, die die Pha-
4.3 Magnitude Squared Coherence 31
se unberucksichtigt lassen und uber einen gegebenen Zeitabschnitt mitteln konnen.
Eine Moglichkeit dies zu erreichen, ist die Mittelung der Amplituden der Wavelet-
Koeffizienten uber einzelne Epochen:
I(t, f) =1
N
N∑i=1
|S(t, f)|2 =1
N
N∑i=1
|w(t, f) ∗ si(t)|2 . (4.7)
Das Ergebnis ist eine Zeit-Frequenz-Reprasentation sowohl der induzierten als auch
der evozierten Aktivitat. In der Praxis zeigt die induzierte Aktivitat jedoch eine
wesentlich großere Amplitude als die evozierten Anteile. Eine große Anzahl von Mit-
telungen kann das Signal-zu-Rausch-Verhaltnis des Ergebnisses weiter verbessern.
Ein Problem, das mit einer großen Epochenanzahl jedoch nicht umgangen werden
kann, ist der Einfluss von Artefakten wie sie von Herz, Augen oder Muskeln ver-
ursacht werden. Der Großteil dieser Artefakte kann durch ein Schwellenkriterium
aussortiert werden. Es bleiben jedoch kleinere Artefakte uber, die bei einer einfa-
chen Mittelung des Signals nicht storen wurden. Sie zeigen jedoch ein breites Fre-
quenzspektrum bei z. T. hohen Amplituden in allen Frequenzbandern. Sie konnen
daher einen merklichen Anteil im berechneten Signal liefern und die Detektion der
eigentlichen, gesuchten Gehirnaktivitat storen.
4.3 Magnitude Squared Coherence
Besitzt oszillatorische Aktivitat im Vergleich zum Rauschen eine sehr geringe Am-
plitude, so kann sie durch eine einfache Mittelung nicht detektiert werden. Sie kann
aber bei einer großen Phasentreue in den einzelnen Epochen unabhangig von ihrer
Amplitude mit Hilfe der Phasenkoharenz extrahiert werden. Fur die Berechnung
der Phasenkoharenz werden die komplexwertigen Koeffizienten der Wavelet-Trans-
formation auf 1 normiert und gemittelt. Die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der
Phasenkoharenz folgt unter der Voraussetzung einer Gleichverteilung der Phasen
und einer großen Epochenzahl von N ≥ 50 einer Rayleigh-Verteilung [80].
Bei der Phasenkoharenz wird vorausgesetzt, dass die Gehirnantwort nur auf einer
Neuausrichtung der Phasen der Hintergrundaktivitat des Gehirns beruht. Es kann
jedoch davon ausgegangen werden [53], dass es bei der evozierten Gehirnantwort
eine additive Komponente gibt, die sich in einer erhohten Amplitude widerspiegelt.
Der Nachteil in der Phasenkoharenz ist die Nichtberucksichtigung der Amplituden-
4.4 Implementierung der Wavelet-Transformation 32
information.
Ein ahnliches statistisches Maß, in das zusatzlich noch die Amplitudeninformati-
on einfließt, ist die magnitude squared coherence γ2. Es wird untersucht, inwieweit
zwei Signale, hier der Stimulus und die gemessene Antwort, miteinander korrelie-
ren. Dieses Maß stammt aus der Spektralanalyse und wird durch die Mittelung des
Kreuzspektrums zwischen den Wavelet-Koeffizienten des Eingangs- (Stimulus) und
Ausgangssignals (evoziertes Potential) der einzelnen Epochen (Xi bzw. Si) und der
anschließenden Normierung mit dem Mittelwert der Einzelspektren berechnet:
γ2xy(t, f) =
|∑X∗i (t, f)Si(t, f)|2∑ |Xi(t, f)|2∑ |Si(t, f)|2
. (4.8)
Ist das Eingangssignal in jeder Epoche gleich, so vereinfacht sich der Ausdruck zu
γ2(t, f) =
∣∣∣ 1N
∑Si(t, f)
∣∣∣21N
∑ |Si(t, f)|2. (4.9)
Die Gleichung 4.9 beschreibt das Verhaltnis zwischen dem ereigniskorrelierten Signal
und der Summe aus Signal und Rauschen und nimmt Werte im Intervall zwischen
0 und 1 an. Enthalten die zugrunde liegenden Messwerte kein Signal sondern nur
Rauschen, dann ist γ2 = 0, enthalten sie nur Signal und sind frei von Rauschen, so
ist γ2 = 1. Die Werte der magnitude squared coherence folgen fur Mittelungen mit
N ≥ 50 ebenfalls einer Rayleigh-Verteilung. Nach dem Rayleigh-Test sind Werte γ
fur ein Signifikanzniveau p und Anzahl der gemittelten Werte N signifikant, wenn
γ >√−1/N ln p, mit 0 < p ≤ 1 (4.10)
erfullt ist [80]. Diese Detektion der Aktivitat ist unabhangig von Grundlinienakti-
vitat. Es kann jedoch auch die Verteilung der Daten anhand einer Betrachtung der
Grundlinie berechnet werden. Das Signifikanzniveau eines Wertes wird dann durch
den Anteil der Werte in der Grundlinie bestimmt, der großer als dieser Wert ist.
4.4 Implementierung der Wavelet-Transformation
Der Algorithmus zur Berechnung der Wavelet-Transformation wurde unter Verwen-
dung des Morlet-Wavelets in der Programmiersprache C entwickelt. Ein Vorteil in
4.4 Implementierung der Wavelet-Transformation 33
0 20 40 60 80 100
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Frequenz (Hz)
Par
amet
er m
Abbildung 4.1: Die Auswirkungen des Parameters m auf die Ubertragungsfunktion deszu untersuchenden Frequenzbereichs.
der Verwendung des Morlet-Wavelets liegt darin, dass die Fouriertransformierte des
Wavelets eine analytische Form besitzt und die Transformation daher leicht im Fre-
quenzbereich durchfuhrbar ist. Das Morlet-Wavelet ahnelt außerdem dem Verlauf
oszillatorischer Gehirnaktivitat, die ensteht wenn eine große Anzahl von Neuronen
zu synchronen Oszillationen angeregt wird. Aufgrund dieser Ahnlichkeit besitzt das
Morlet-Wavelet eine gute Detektionsfahigkeit fur die gesuchte Aktivitat.
Die Daten werden zuerst in den Fourierraum F [] transformiert, dann mit der
Waveletfunktion fur die zu analysierenden Frequenzen w(f, f0) multipliziert und
schließlich zurucktransformiert F−1[]:
S(t, f0) = F−1 [w(f, f0)F [s(t)]] . (4.11)
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 34
Der zu untersuchende Frequenzbereich sollte trotz seiner notwendigen Diskreti-
sierung moglichst gleichmaßig durch die Wavelettransformation abgedeckt werden.
Dies bedeutet, dass die Breite des Wavelets im Frequenzraum fur alle Frequenzen
großer als der Abstand zweier Mittenfrequenzen sein sollte. Sollte dies nicht der
Fall sein, bilden sich besonders in den niedrigen Frequenzen Uberschwinger. Da die
Breite σf und der Parameter m umgekehrt proportional zueinander sind (Gleichung
4.5), hat diese Bedingung zur Folge, dass der Parameter m nicht zu groß sein sollte.
Andererseits werden bei zu kleinem m hohe Frequenzen nicht mehr ausreichend ab-
gebildet. Ausgehend von einem zu untersuchenden Frequenzbereich zwischen 10Hz
und 60Hz folgt daraus, dass der Parameter m kleiner gleich 7 und großer gleich 5
sein sollte, wie Abbildung 4.1 entnommen werden kann. Uber den Parameter m lasst
sich zusatzlich das Verhaltnis zwischen Frequenz- und Zeitauflosung des Wavelets
einstellen.
Die Ergebnisse der numerischen Rechnung lassen sich mit einer analytischen Rech-
nung uberprufen; der verwendete Algorithmus und das Programm lassen sich auf
diese Weise testen.
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen
Daten
Die Uberprufung des Verfahrens der Wavelet-Transformation und der erstellten Pro-
gramme kann mit synthetischen Daten erfolgen, die mit der Waveletfunktion selber
erzeugt werden. Diese Daten ahneln in ihrem Verlauf oszillatorischer transienter
Gehirnaktivitat und bieten sich so fur einen adaquaten Vergleich an. Es ist außer-
dem moglich, eine analytische Transformation zu berechnen, mit der die numerische
Transformation uberpruft werden kann. Es werden zuerst die Transformationseigen-
schaften des Algorithmus getestet. In einem zweiten Test wird das Verhalten zur
Detektion evozierter und induzierter Aktivitat untersucht.
4.5.1 Methoden
Fur die Uberprufung der Transformationseigenschaften und Detektionsfahigkeit wird
der Imaginarteil des Morlet-Wavelets und damit eine dem Wavelet ahnliche Funktion
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 35
als Testfunktion benutzt:
p(t) = p0 exp
(−(t− t0)
2
2σ2p
)sin(2πf0t). (4.12)
Als Amplitude p0 wird die entsprechende Amplitude eines Morlet-Wavelets gewahlt:
p0 = At = (σp
√π)−
12 ; mit der Breite σp wird ebenso verfahren: σp = m/2πf0. Die
Wavelet-Transformation der Funktion 4.12 kann zum Vergleich analytisch berechnet
werden.
Synthetische Daten zur Demonstration und zum Testen des Algorithmus werden
einmal aus der Uberlagerung der Funktion 4.12 mit drei verschiedenen Wertepaa-
ren fur Mittenfrequenz und Latenz (30Hz/250ms, 40Hz/500ms und 50Hz/750ms;
fur alle: Parameter m = 7) und außerdem zur Abschatzung eines Fehlers aus der
Funktion 4.12 mit der Mittenfrequenz 40Hz um den Zeitnullpunkt gebildet.
Zur Uberprufung der Analyse evozierter und induzierter Aktivitat, bei der uber
mehrere Epochen gemittelt wird, wurden Datensatze mit 100 Epochen aus dem ele-
mentaren Signal erstellt. In allen Epochen ist eine Komponente bei 100ms zu finden
und eine weitere Komponente um 500ms mit einer gleichverteilten Variation der
Latenz zwischen 2ms und 120ms. Beide Komponenten besitzen eine Frequenz von
40Hz. Die Datensatze wurden zum einen zuerst gemittelt und dann transformiert
und zum anderen wurde erst eine Wavelet-Transformation durchgefuhrt und dann
die Amplitude der Transformierten gemittelt.
4.5.2 Ergebnisse
Die aus drei Morlet-Wavelets zusammengesetzte Funktion p(t) ist in der Abbildung
4.2 dargestellt. In Abbildung 4.3 wird die numerische Transformation dieser Funktion
gezeigt. In der Transformation ist deutlich eine Variation der Auflosung zu erkennen.
Die niederfrequente Komponente bei 250ms besitzt eine hohere Frequenzspezifitat
bei schlechterer Zeitauflosung als die spate Komponente bei 750ms, die die beste
Zeitauflosung, aber die schlechteste Frequenzauflosung besitzt. Die Flachen, die die
Transformierten im Zeit-Frequenzraum einnehmen, bleiben jeweils gleich.
In der Abbildung 4.4 ist die Testfunktion aus dem Imaginarteil eines einzelnen
Morlet-Wavelets bei 40Hz dargestellt. Das Quadrat des Betrags der analytischen
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 36
0 200 400 600 800 1000−5
0
5x 10
−15
Zeit (ms)
Abbildung 4.2: Synthetische Daten aus der Summe der Imaginarteile der Morlet-Wa-veletfunktion zu den drei Wertepaaren 30 Hz/250ms, 40 Hz/500 ms und 50 Hz/750 ms mitdem Parameter m = 7.
Transformierten dieser Funktion besitzt folgende Darstellung:
|Panalyt(t, f)| = |w(t, f) ∗ p(t)| = π
2(p0At)
2 σ2t σ
2p
σ2t + σ2
p
exp
(− (t− t0)
2
2(σ2t + σ2
p)
)·
·[exp
(−4π2 σ2
t σ2p
σ2t + σ2
p
(f − f0)2
)+ exp(−O((f + f0)
2))
]. (4.13)
Die Transformierte besitzt sowohl in der Frequenz als auch in der Zeit die Form
einer Gaußglocke, deren Breite durch die Breite der Waveletfunktion σt und der
Testfunktion σp bestimmt wird. Die Terme von der Ordnung der Exponentialfunkti-
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 37
0
1
2
0 200 400 600 800 100010
20
30
40
50
60
70
Zeit (ms)
Fre
quen
z (H
z)
Abbildung 4.3: Wavelet-Transformation der synthetischen Daten aus Abbildung 4.2 .
on der Quadratsummen der Frequenzen exp(−O((f + f0)2)) liefern einen Anteil von
10−50 im Verhaltnis zum Term der Frequenzdifferenzen und konnen daher vernach-
lassigt werden.
In Abbildung 4.4 ist ein Vergleich zwischen numerischer |Pnum(t, f)| und analy-
tischer |Panalyt(t, f)| Wavelet-Transformation der Funktion 4.12 dargestellt. Rechts
oben in der Abbildung 4.4 sind sowohl die analytische als auch die numerische Trans-
formation bei einer Frequenz von 40Hz gezeigt. Beide Kurven sind vollkommen de-
ckungsgleich. Der relative Fehler
ε =|Pnum| − |Panalyt||Panalyt|
(4.14)
liegt im Bereich von 10−15, wie in Abbildung 4.4 rechts unten zu sehen ist.
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 38
−0.2 −0.15 −0.1 −0.05 0 0.05 0.1 0.15 0.2−5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5A
mplit
ude
Zeit (s)
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
Am
plit
ud
e
−0.2 −0.15 −0.1 −0.05 0 0.05 0.1 0.15 0.210
−20
10−10
rel. F
eh
ler
Zeit (s)
ε
Abbildung 4.4: Links: Synthetische Daten aus dem Imaginarteil der Morlet-Wavelet-funktion mit der Frequenz von f = 40 Hz zum Zeitpunkt t = 0 s mit einer Abtastratevon 298 Hz und dem Parameter m = 7. Rechts oben: Wavelet-Transformation der linksgezeigten Funktion. Die analytisch und numerisch berechneten Transformationen bei einerFrequenz von 40 Hz zeigen keine Unterschiede. Rechts unten: Der relative Fehler ε (vgl.Gleichung 4.14) liegt im Bereich des Maximums der Transformation um 10−15.
In der Zeit-Frequenz-Transformation der gemittelten Daten ist deutlich die evo-
zierte Komponente bei 0ms zu erkennen (Abb. 4.5). Die induzierte Komponente
bei 500ms ist ab einer Variation von 10ms (Abb. 4.5, drittes Bild) nicht mehr zu
erkennen.
In der Mittelung der Amplituden der Zeit-Frequenz-Transformationen der einzel-
nen Epochen (Abb. 4.6) ist die induzierte Komponente fur alle gezeigten Variationen
sichtbar. Je großer die Varianz der Zeit des Maximums ist, desto breiter erscheint
diese Komponente und ihre Amplitude nimmt ab. Der evozierte Anteil bleibt bei
dieser Form der Zeit-Frequenz-Analyse erhalten.
4.5.3 Diskussion und Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, dass die numerische Wavelet-Transformation mit einem
relativen Fehler von 10−15 nur unwesentlich von der analytischen Transformation ab-
weicht. Dieser geringe Fehler lasst sich auf die Transformationseigenschaften und die
gute numerische Umsetzbarkeit des Morlet-Wavelets im Zeit- und Frequenzbereich
zuruckfuhren.
In der Transformation zeigt sich das Skalierungsverhalten der Waveletfunktion,
wie in Abbildung 4.3 zu sehen ist. Fur Aktivitat in niedrigen Frequenzbereichen er-
4.5 Uberprufung des Verfahrens an synthetischen Daten 39
σ = 2 ms σ = 5 ms σ = 10 ms σ = 20 ms
0 50020
30
40
50
60
Zeit (ms)
Fre
quen
z (H
z)
σ = 40 ms σ = 60 ms σ = 80 ms
0.5 1 1.5 2
σ = 100 ms
Abbildung 4.5: Wavelet-Transformation einer Mittelung von 100 Epochen. Die Datenenthielten eine Komponente bei 0 ms und 40Hz, die in jeder Epoche dieselbe Latenz hatte.Eine weitere Komponente trat um 500ms auf, wobei die Zeit des Maximums von Epochezu Epoche variierte. Die Variation war uber alle Epochen normalverteilt mit einer Varianzvon 2ms, 5ms, 10 ms, 20 ms, 40 ms, 60ms, 80ms und 100 ms, wie in den einzelnen Bildernmarkiert ist.
gibt sich eine gute Frequenzauflosung bei schlechter Zeitauflosung. Dieses Verhaltnis
kehrt sich zu hoheren Frequenzen um. Die Gesamtenergie, hier vergleichbar mit der
Flache der Aktivitat im Zeit-Frequenz-Raum, bleibt dabei identisch.
Zudem konnte hier demonstriert werden, dass die Transformation gemittelter Da-
ten nicht fur den Nachweis induzierter Aktivitat geeignet ist. Schon bei geringer
Variation in der Zeit des Maximums der Aktivitat ist diese in der Transformation
nicht mehr erkennbar. Im Gegensatz dazu ist die induzierte Aktivitat auch bei großer
Variation des Zeitpunkts des Maximums bei Transformation der Einzelepochen und
anschließender Mittelung der Amplituden noch nachweisbar.
4.6 Illustration des Verfahrens 40
σ = 2 ms σ = 5 ms σ = 10 ms σ = 20 ms
0 50020
30
40
50
Zeit (ms)
Fre
quen
z (H
z)
σ = 40 ms σ = 60 ms σ = 80 ms
0.5 1 1.5 2
σ = 100 ms
Abbildung 4.6: Mittelung von einzeln fur jede Epoche berechneten Wavelet-Transfor-mationen. Es wurden dieselben Daten wie in Abbildung 4.5 benutzt. Die zeitliche Varianzdieser Komponente ist wieder in den einzelnen Bilder markiert.
4.6 Illustration des Verfahrens bei mittellatenten
off-Komponenten
Die Lange eines auditorischen Stimulus ist ein entscheidender Parameter, dessen
Bedeutung besonders in der Sprache deutlich wird. Der Sprachrhythmus wird nicht
nur durch die Wortanfange, sondern auch durch die Wortenden erzeugt. Es treten
nicht nur auf den Beginn eines Stimulus typische Muster von Gehirnantworten auf.
Ebenso lassen sich Antwortmuster finden, die mit dem Ende eines Stimulus korreliert
sind. Diese Antworten werden als off -Antworten bezeichnet. Ihre Benennung erfolgt,
indem der Bezeichnung fur die entsprechende Antwort auf den Beginn des Stimulus
ein off hintenangestellt wird, so z. B. N1 und N1-off.
4.6 Illustration des Verfahrens 41
Die mittellatenten Komponenten treten im Zeitbereich von 10–60ms nach einem
akustischen Stimulus auf. Die einzelnen Komponenten besitzen ihren Ursprung in
subkortikalen oder kortikalen Bereichen und treten zu charakteristischen Zeitpunk-
ten auf. Sie werden nach ihrer Polaritat im EEG am Vertex benannt: Na bei 19ms,
Pa bei 30ms, Nb bei 38ms und Pb bei 50ms [73]. Wegen ihres ahnlichen zeitlichen
Musters scheinen die mittellatenten Komponenten und die Gammaband-Aktivitat
eng verwandt zu sein [3]. Besonders zu spateren Zeitpunkten ab 50ms zeigt sich
jedoch die Eigenstandigkeit beider Antwortkomplexe [120].
Auditorisch evozierte off -Antworten aus dem Hirnstamm wurden subkutan bei
Katzen [68] und mit Hilfe der Elektroenzephalographie sowohl bei Mausen [43] als
auch bei Menschen [15, 64, 140] untersucht. Mittellatente off -Komponenten wurden
bisher nur bei Katzen in Einzelzellableitungen [1] und beim Menschen mit implan-
tierten intrakortikalen Elektroden beobachtet [141]. Einzelzellableitungen im pri-
maren auditorischen Kortex von Katzen [1] zeigten einen großen Anteil von Neuro-
nen, die auf den Beginn eines Reizes reagierten. Nur 10% der Neuronen reagierten
sowohl auf den Beginn als auch auf das Ende und sehr wenige nur auf das Ende
eines Stimulus.
In weiteren elektro- und magnetoenzephalographischen Studien wurde die N1-off -
Komponente gemessen und besonders hinsichtlich der Generatorposition in Bezug
auf die N1-on-Komponente untersucht. Pantev et al. [104] wiesen identische Gene-
ratororte fur die Quellen der on- und off -Antworten nach. Joutsiniemi et al. [57]
beschrieben bei zwei von vier Probanden einen gleichen Ort und bei den anderen
beiden einen signifikant unterschiedlichen Ort. Hari et al. [41] konnten bei funf von
sieben Probanden einen gleichen Generatorort feststellen. Im Gruppenmittel fanden
sie jedoch einen signifikant weiter anterior liegenden Ort. Noda et al. [94] beobach-
teten einen signifikant weiter superior liegenden Ort fur die off -Komponente.
Die geringe aber vorhandene Variation des Ortes der N1m-off Antwort von der on-
Antwort sowie Einzelzellableitungen an Katzen zeigen die Beteiligung unterschied-
licher aber zusammenhangender neuronaler Netzwerke an der Entstehung der off -
Antwort gegenuber der on-Antwort. Die funktionelle Bedeutung der off -Komponen-
te liegt entweder in der Detektion einer Anderung in den Schallreizen [47] oder in
der Detektion des Endes eines Reizes [54].
Wird das Ergebnis fur die N1-Komponenten auf die mittellatenten Komponenten
ubertragen, so bedeutet dies, dass auch hier unterschiedliche Neuronenpopulationen
4.6 Illustration des Verfahrens 42
beteiligt sein konnen. An der Entstehung der off -Komponenten konnten verschiede-
ne Mechanismen und Netzwerke beteiligt sein, die zu einem abweichenden zeitlichen
Muster der off - gegenuber der on-Komponenten fuhren. Dies bedeutet, dass sowohl
das Frequenzband, in dem die Antworten auftreten, als auch der Zeitpunkt a priori
unbekannt sind. Mit Hilfe der Wavelet-Analyse kann eine Antwort extrahiert werden,
da diese Methode nicht auf einen Zeitpunkt oder ein eingeschranktes Frequenzband
angewiesen ist. Im Vergleich zu den on-Antworten zeigt die N1-off Antwort kleinere
Amplituden. Bei den mittellatenten off -Komponenten ist daher eine noch kleinere
Amplitude als bei den mittellatenten on-Antworten zu erwarten. Die Berechnung der
magnitude squared coherence ist daher ein zuverlassiges Hilfsmittel zur Bestimmung
der Signifikanz einer eventuellen mittellatenten off -Antwort.
Es wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Experiment durchgefuhrt, das durch un-
terschiedliche Stimuluslangen die eindeutige Identifizierung der mittellatenten off -
Komponenten ermoglichen sollte. Stimuli mit unterschiedlichen Langen wurden ge-
wahlt, um off -Komponenten von Komponenten, die mit dem Beginn des Stimulus
korreliert sind, unterscheiden zu konnen. Es wurde darauf geachtet, dass der Stimu-
lus keine Nachklangeffekte besaß. Diese wurden eine weitere on-Antwort auslosen,
die falschlicherweise als off -Antwort interpretiert werden konnte.
Sollten die bestimmten off -Antworten eine gleiche Latenz in Bezug auf das Ende
eines Stimulus und eine gleiche Frequenz haben wie die on-Antworten sowie einen
ahnlichen Generatorort, so kann ihre funktionelle Bedeutung eher in der Detektion
der Anderung in den Stimuluseigenschaften liegen [47], da dann neuronale Zellver-
bande auf gleiche Weise bei Beginn und Ende des Stimulus aktiv sind. Im anderen
Fall bei Unterschieden zwischen den Komponenten ist eher ein eigenes funktionelles
Netzwerk zur Detektion des Reizendes denkbar [54].
Die Analyse der Daten soll als Beispiel fur die oben beschriebenen Methoden
dienen. Sie wird daher auf die Identifikation der Antworten beschrankt. Es wird
keine Quellenlokalisation durchgefuhrt.
4.6.1 Methoden
Es wurden 2 weibliche und 5 mannliche Probanden im Alter von 22 bis 29 Jahren
(Durchschnittsalter: 25,4 a) ohne audiologischen oder neurologischen Befund unter-
sucht. Alle Probanden waren Rechtshander. Die Stimuli wurden auf der rechten Seite
4.6 Illustration des Verfahrens 43
0
0
1
−1100 200 300
Zeit (ms)
Am
plitu
de
Abbildung 4.7: Dargestellt ist die Einhullende des mit einem kunstlichen Ohr gemessenenStimulus. Der Stimulus hatte eine Frequenz von 820Hz und An- und Abstiegszeiten von10 ms bei einer Lange von 300 ms.
dargeboten und kontralateral abgeleitet. Die Messungen wurden in einer magnetisch
abgeschirmten Kammer mit einem 37-Kanal-Neuromagnetometer-System (Magnes
37, Biomagnetic Technologies Inc., San Diego) durchgefuhrt. Der mittlere Kanal des
Sensors wurde uber der Elektrodenposition FC5 des internationalen 10/20-Systems
positioniert.
Die Eigenschaften der Stimuli wurden darauf abgestimmt, dass ein moglichst ge-
ringer Nachhall entstand. Die einzelnen Klange der Stimulation wurden in einem
6,3m langen Plastikschlauch in die magnetisch abgeschirmte Kammer ubertragen.
Innerhalb des Schlauchs wurde ein Wellensumpf zur Dampfung des Nachhalls ver-
wendet. Vor der Durchfuhrung der Experimente wurde der prasentierte Stimulus mit
einem kunstlichen Ohr (2,2 cm3 Bruel & Kjær model 4157) gemessen, das mit einem
1/2” Kondensatormikrophon (Bruel & Kjær model 4134) ausgestattet war. Ein Sti-
mulus mit der Frequenz 820Hz lieferte die besten Eigenschaften (siehe Abbildung
4.7). Der Stimulus hatte eine Anstiegs- und Abklingzeit von 10ms. Es wurden Sti-
4.6 Illustration des Verfahrens 44
muli mit drei verschiedene Langen von 75ms, 150ms und 300ms mit einem Intersti-
mulusintervall von 1000ms± 200ms randomisiert bei einer Lautstarke von 65 dBSL
dargeboten. Epochen, in denen das Magnetfeld eines Kanals um mehr als 2,5 pT va-
riierte, wurden als Artefakt (z.B. Augenbewegungen, Kaubewegungen) klassifiziert
und verworfen. Fur jeden Stimulustyp standen nach diesem Schritt ca. 1200 Epochen
zur weiteren Datenanalyse zur Verfugung.
Die Epochen wurden ereigniskorreliert gemittelt und mit einem Bandpassfilter von
15Hz bis 100Hz gefiltert (Butterworth, 4. Ordnung ohne Phasenverschiebung). Au-
ßerdem wurde von den gemessenen Daten die magnitude squared coherence wie oben
beschrieben berechnet. Um das Signifikanzniveau p zu bestimmen, wurde der Ray-
leigh-Test durchgefuhrt, bei dem die Kohaherenzwerte mit dem Ausdruck√− 1
Nln p
verglichen werden.
4.6.2 Ergebnisse
Die gemittelten und gefilterten evozierten Potentiale zeigten deutliche mittellatente
Komponenten. Wie in Abbildung 4.8 gezeigt, sind bei allen Probanden die Kom-
ponenten Na, Pa, Nb und Pb identifizierbar. Es wurde zwischen den anterioren und
posterioren Kanalen des Sensors eine Polaritatsumkehr beobachtet, die auf unter
dem Sensor liegende dipolare Quellen schließen lasst.
Bei zwei Probanden konnten eindeutige Antworten auf das Ende des Stimulus
in den Zeitreihen beobachtet werden. Die Kurven haben fur die Stimuli mit den
Langen von 150ms und 300ms in identischen Kanalen einen vergleichbaren Verlauf.
Bei beiden Stimuluslangen sind somit Antworten identifizierbar. Beim Stimulus mit
der Lange von 75ms kann keine mittellatente off -Komponente beobachtet werden.
Klare Zuordnungen bei der off -Antwort zu den Wellen Na, Pa, Nb und Pb wie bei
der on-Antwort sind jedoch nicht moglich.
Ein deutlicheres Bild lieferte die Berechnung der magnitude squared coherence mit
Hilfe der Wavelet-Transformation aus Gleichung 4.9. Es ließen sich fur die Stimuli
mit 300ms und 150ms Lange bei allen Probanden off -Antworten beobachten, die
eine signifikante magnitude squared coherence besaßen (p < 0, 01, Rayleigh-Test).
Zusatzlich ließ sich bei vier Probanden auch eine off -Komponente beim Stimulus
mit der Lange 75ms von der on-Antwort trennen. Es zeigten sich bei einigen Pro-
banden individuelle Veranderungen in der Frequenz der off -Antwort gegenuber der
4.6 Illustration des Verfahrens 45
−400
40
−100
10
−100
10
−100
10
−400
40
−100
10
−200
20
S7
S1
S2
S3
S4
S5
S6
−100
10
−100
10
−100
10
−20
0
20
−100
10
0 25 50 75 100
−100
10
B (
fT)
300 325 350 375 400−20
020
Zeit (ms)
B (
fT)
Zeit (ms)
Abbildung 4.8: Zeitreihen der mittellatenten on- und off -Antworten der ProbandenS1–S7 aus den Kanalen mit maximaler Aktivitat und Polaritatsumkehr. Links sind dieZeitreihen mittellatenter on-Antworten fur die Stimuli mit 75ms, 150ms und 300 ms Langeubereinander gezeichnet, in denen die Komponenten Na, Pa, Nb und Pb markiert sind.Rechts sind die Zeitreihen der mittellatenten off -Antworten fur die Stimuli mit 150 msund 300 ms Lange dargestellt. Eine Zeile entspricht jeweils den Daten eines Probanden.
on-Antwort. So lag die Frequenz fur die off -Antwort bei S1, S2 und S7 cirka 10Hz
bis 20Hz hoher und bei S6 cirka 15Hz niedriger als fur die on-Antwort. Fur S3
und S5 war das Bild uneinheitlich. Fur den Stimulus mit der Lange 150ms lag die
Frequenz fur die off -Antwort etwa 20Hz niedriger als fur die on-Antwort und fur
die Stimuluslange von 300ms waren die Frequenzen fur beide Antworttypen gleich.
Fur S4 waren die Frequenzen der on- und off -Antwort etwa gleich.
4.6 Illustration des Verfahrens 46
20406080
20406080
204060
S7
S6
S5
S4
S3
S2
S1
80
20406080
204060
20406080
0 200 40020406080
Zeit (ms)0 200 400 0 200 400
80
Fre
quen
z (H
z)
Abbildung 4.9: Dargestellt sind die aus den Wavelet-Transformationen berechneten ma-gnitude squared coherence Diagramme fur die Probanden S1 bis S7. In der linken Spaltesind die Ergebnisse fur den Stimulus mit einer Lange von 75 ms dargestellt, in der mitt-leren Spalte die Ergebnisse fur den Ton mit einer Lange von 150 ms und in der rechtenSpalte die Ergebnisse fur den mit 300 ms langsten Ton. Bereiche im Zeit-Frequenz-Raum,die nicht das Signifikanzniveau von 1 % erreicht haben, sind weiß gelassen worden.
4.6 Illustration des Verfahrens 47
4.6.3 Diskussion und Zusammenfassung
Mit Hilfe der Wavelet-Analyse konnte die Existenz einer mittellatenten Komponente,
die mit dem Ende des Stimulus korreliert ist, nachgewiesen werden. Es zeigte sich,
dass die Detektionseigenschaften der Methode dazu geeignet sind, Signale kleiner
Amplituden, die in ihrem Auftreten in der Frequenz und in der Latenz unbekannt
sind, zu detektieren. Es waren außerdem bei allen Probanden falsch positiv detek-
tierte Antworten zu Zeitpunkten zu beobachten, an denen keine Antwort erwartet
wurde. Um diesen Effekt zu verhindern, ware die Aufnahme weiterer Messepochen
notwendig gewesen.
Die Variation in der Frequenz zwischen on- und off -Antworten deutet auf spezi-
fische funktionelle Netzwerke hin. Es entspricht den Ergebnissen, dass ebenfalls bei
Einzelzellableitungen bei der Katze unterschiedliche Neuronenpopulationen auf den
Anfang und das Ende eines Reizes aktiv waren. Ausgeschlossen werden kann, dass
die Aktivitat im Frequenzband um 40Hz, die bei einem Reiz mit der Lange von z.B.
75ms bei etwa 125ms auftreten, spate Gammabandaktivitat darstellt. Diese Ant-
worten fehlen bei langeren Stimuli zu dieser Latenz bzw. treten mit einer ahnlichen
Latenz bezogen auf das Ende des Stimulus auf. Die mittellatenten off -Komponen-
ten konnten so als eigene funktionelle Einheit identifiziert werden. Zur Erganzung
dieses Ergebnisses wurde noch die Lokalisation der Quellen beitragen, die aber nicht
Gegenstand dieser Datenanalyse war.
Die Waveletanalyse mit einem Morlet-Wavelet ist also geeignet, elektromagneti-
sche Gehirnaktivitat zu detektieren. Die besondere Analysemethode der magnitude
squared coherence ermoglichte es, Aktivitat zu bestimmen, die durch eine norma-
le Bandpassfilterung im Zeitbereich nur unzureichend bestimmbar war. Es konnten
außerdem Aussagen uber die Frequenzeigenschaften des Signals gemacht werden.
5
Wahrnehmung koharenter Stimuli
In Experimenten im visuellen System wurde eine erhohte Gammaband-Aktivitat bei
der Wahrnehmung koharenter Stimuli gefunden. In Analogie zu dem so genannten
”Kanizsa-Dreieck“-Experiment [126] wurde ein Experiment in der auditorischen Mo-
dalitat durchgefuhrt, in dem Probanden koharente und inkoharente Klange prasen-
tiert wurden. Die dabei gemessenen MEG- und EEG-Daten wurden dann hinsichtlich
ihrer Unterschiede in der evozierten und induzierten Gammaband-Aktivitat analy-
siert. Die Studie wurde am Institut fur Experimentelle Audiologie der Universitat
Munster durchgefuhrt.
Ziel des Experiments war es, festzustellen, ob vergleichbar zur visuellen Modalitat
die Wahrnehmung koharenter Stimuli zu einer Erhohung induzierter Gammaband-
Aktivitat fuhrt. Es sollte ebenso untersucht werden, ob die Koharenz der Stimuli
Auswirkungen auf die fruhe evozierte Gammaband-Aktivitat zeigt. Aus den Ergeb-
nissen sollten Ruckschlusse auf die Art und Weise der Verarbeitung koharenter Sti-
muli moglich sein. Bei Effekten in der evozierten und induzierten Aktivitat konnten
sensorische und kortikale Prozesse bei der Integration separater Eigenschaften der
Stimuli zusammenwirken. Sollten sich die Effekte auf induzierte Aktivitat beschran-
ken, so liegt der Schwerpunkt der Verarbeitung bei kortikalen Prozessen. Die Ergeb-
nisse der unabhangigen Komponentenanalyse in dieser Studie wurden von Schulte
erzielt [63, 121] und sind nur der Vollstandigkeit wegen mit aufgefuhrt.
5.1 Methoden 49
5.1 Methoden
Es wurden 12 gesunde Probanden im durchschnittlichen Alter von 26,9± 0,9 Jah-
ren (zwischen 23 und 32 Jahren) ohne audiologischen oder neurologischen Befund
untersucht. Alle Probanden waren nach dem Edinburgh-Handigkeitsfragebogen [96]
rechtshandig. Es wurden gleichzeitig MEG- und EEG-Daten aufgezeichnet. Die Da-
tenanalyse erfolgte fur die evozierte Aktivitat durch Mittelung und anschließende
Bandpassfilterung. Die induzierte Aktivitat wurde durch die Wavelet-Analyse be-
rechnet.
5.1.1 MEG- und EEG-Messungen und Stimuli
Die Messungen wurden in einer magnetisch abgeschirmten Kammer durchgefuhrt.
Den Probanden wurden vier verschiedene Stimuli mit einer Lange von 100ms und
Anstiegs- und Abklingzeiten von 12ms auf dem rechten Ohr dargeboten. Der erste
Stimulus war ein reiner Ton mit einer Frequenz von 250Hz. Der zweite Stimulus
war ein virtueller Klang aus der vierten bis achten Harmonischen eines 250Hz Tons
mit den Frequenzen 1000Hz, 1250Hz, 1500Hz, 1750Hz und 2000Hz. Als dritter Sti-
mulus wurde ein unharmonischer Klang verwendet, dessen spektrale Komponenten
Primzahlfrequenzen besitzen und aus dem gleichen Spektralbereich wie die Kom-
ponenten des zweiten Stimulus stammten (1117Hz, 1247Hz, 1587Hz, 1637Hz und
2091Hz). Der vierte Stimulus, der einen Zielton reprasentierte, war ein weiterer vir-
tueller Klang, dessen fehlende Fundamentalfrequenz 280Hz war und der aus den
vierten bis achten zugehorigen Harmonischen (1120Hz, 1400Hz, 1680Hz, 1960Hz
und 2240Hz) bestand. Die Probanden hatten die Aufgabe, diesen Klang zu erkennen
und dann moglichst schnell einen Knopf zu drucken.
Die Intensitat der Stimuli wurde auf 60 dB uber der Wahrnehmungsschwelle ein-
gestellt, welche vor jeder Messung fur jeden einzelnen Stimulus auf ±2 dB genau
bestimmt wurde. Wahrend des Experiments wurden die Stimuli in zufalliger Reihen-
folge dargeboten. Gegenuber den anderen Reizen wurde der Zielton nur mit halber
Haufigkeit prasentiert, da er in der spateren Datenanalyse nicht weiter betrachtet
und die Epochenzahl der anderen Stimuli moglichst groß gehalten werden sollte. Das
Intervall zwischen den Einsatzen der Stimuli variierte zwischen 1,3 und 1,6 s.
Uber der linken Hemisphare wurde das MEG mit einem 37-Kanal-Neuromagne-
tometer-System (Magnes 37, Biomagnetic Technologies Inc., San Diego), bestehend
5.1 Methoden 50
aus axialen Gradiometern erster Ordnung, gemessen. Der Sensor wurde mittig uber
den Elektrodenpositionen FC5 und T3 des internationalen 10-20 Systems positio-
niert. Von Elektroden an den Positionen Pz, Cz, P3 und P4 (internationales 10-20
System) wurde das EEG mit einem Synamps EEG-System (Neuroscan) abgelei-
tet. Die Referenzelektrode wurde an der Nase und die Masseelektrode an der Stirn
platziert. Die Datenaufnahme erfolgte bei einer Abtastrate von 298Hz mit einer
Bandbreite von 0,1Hz bis 100Hz. Es wurden insgesamt 2800 Epochen aufgenom-
men. Epochen mit Artefakten von Augenbewegungen oder anderen Storungen wur-
den anhand eines Schwellenkriteriums verworfen. Fur jeden der Stimuli reiner Ton,
virtueller Klang und unharmonischer Klang blieben letztlich ca. 700 Epochen zur
weiteren Analyse ubrig.
5.1.2 Zeit-Frequenz-Analyse
Fur die Analyse der Daten im Zeit-Frequenz-Raum wurde die Wavelet-Transformati-
on mit einem Morlet-Wavelet benutzt. Die Berechnung der Wavelet-Analyse erfolgte
im Frequenzbereich zwischen 20Hz und 60Hz. Anschließend wurden die Amplitu-
denwerte mit der gemittelten Grundlinienaktivitat im Bereich zwischen 200ms und
100ms vor dem Stimulusbeginn korrigiert. Um die evozierte Aktivitat zu detek-
tieren, wurde die Transformation fur die reizkorreliert gemittelten Daten berech-
net. Die großte Aktivitat trat dabei im Frequenzbereich zwischen 24Hz und 48Hz
auf. Die Frequenzbander in diesem Bereich der Wavelet-Transformierten wurden an-
schließend gemittelt und ergaben die zeitlich-variierende Aktivitat in dem genannten
Frequenzbereich. Diese konnte fur eine Bestimmung des Zeitpunkts der maximalen
Gammaband-Aktivitat genutzt werden.
Fur die Analyse der induzierten Aktivitat wurde fur jede einzelne Epoche die
Wavelet-Transformation berechnet und die Amplitude der transformierten Daten
dann uber alle Epochen reizkorreliert gemittelt.
5.1.3 Quellenanalyse
Die evozierte Gammaband-Aktivitat wurde durch Mittelung und anschließende Band-
passfilterung im Frequenzband von 24Hz bis 48Hz, in dem in der Wavelet-Analyse
die großte Aktivitat gefunden wurde, berechnet. Als Filter wurde ein phasenkor-
rigierter Butterworthfilter vierter Ordnung benutzt. Die Quellen der Gammaband-
5.1 Methoden 51
Aktivitat wurden im Zeitbereich zwischen 20ms und 80ms nach dem Stimulusbe-
ginn mit dem Modell eines beweglichen aquivalenten Stromdipols in einer Kugel
geschatzt. Die simultan gemessenen EEG-Daten gingen nicht in die Quellenanalyse
ein. Es wurden nur solche Quellenorte zugelassen, deren Schatzung folgende zwei Be-
dingungen erfullte: Die Gute der Anpassung zwischen dem berechneten und dem ge-
messenen Feld musste großer als 80% und der Abstand der Quelle von der mittleren
sagittalen Ebene musste großer als 2 cm sein. Die zweite Bedingung diente dazu, die
moglichen Quellenorte auf den temporalen Kortex zu beschranken. Aus den erhal-
tenen Koordinaten fur die Quellenorte wurde der Median bestimmt. Fur diesen Ort
wurde dann anhand des Modells eines festen aquivalenten Stromdipols das zeitlich
variierende Dipolmoment geschatzt. Die Amplitudenwerte der drei großten Maxima
des zeitlich variierenden Dipolmoments wurden gemittelt, um die Dipolstarke der
betreffenden Antwort zu erhalten.
5.1.4 Unabhangige Komponentenanalyse
Die mehrkanaligen MEG-Daten wurden mit Hilfe der unabhangigen Komponenten-
analyse [7, 8] in zeitlich unabhangige und raumlich stationare Komponenten aufge-
teilt. Der verwendete Algorithmus minimiert die statistische Abhangigkeit der se-
parierten Komponenten untereinander. Dies bedeutet, dass aus der Kenntnis einer
Komponente nicht auf den Verlauf einer anderen Komponente geschlossen werden
kann. Die separierten Komponenten wurden zuruck in den Sensorraum projiziert
und durch die Berechnung der quadratischen Abweichung ihr Beitrag zum gemesse-
nen Feld im Bereich von 20ms bis 80ms bestimmt. Dann wurden die Komponenten
gezahlt, die notig waren, das gemessene Feld bis auf ein Residuum von 5% wie-
derzugeben. Die erhaltene Anzahl von unabhangigen Komponenten liefert ein Maß
fur die Komplexitat der Feldverteilung. Auf diese Art und Weise wurde nicht der
zeitliche Verlauf der Komponenten verschiedener Versuchsbedingungen betrachtet,
sondern die Struktur des gesamten Feldes innerhalb eines bestimmten Zeitbereichs.
Ein komplexes Feld, das durch verschiedene inkoharente Quellen erzeugt wird, lasst
sich durch eine hohere Anzahl unabhangiger Komponenten beschreiben als ein Feld,
das in wenigen, koharenten Quellen seinen Ursprung hat [63, 121, 122].
Die Anwendung der unabhangigen Komponentenanalyse erfordert ein Signal-zu-
Rausch-Verhaltnis großer als 2 [13]. Es wurden daher jene Datensatze verworfen, die
5.2 Ergebnisse 52
ein kleineres Signal-zu-Rausch--Verhaltnis besaßen. Das Signal-zu-Rausch-Verhalt-
nis wurde durch das Verhaltnis zwischen dem Mittelwert der absoluten Amplituden
im Zeitbereich von 20ms bis 80ms und im Zeitbereich 100ms vor dem Stimulus bis
zum Stimulusbeginn berechnet.
5.2 Ergebnisse
Die Aufgabe, den Kontrollton zu erkennen und mit einem Knopfdruck zu bestatigen,
wurde von allen Probanden mit einer mittleren Fehlerquote von 9% bewaltigt, wobei
die mittlere Reaktionszeit 636ms betrug.
5.2.1 Evozierte Gammaband-Aktivitat
Die MEG-Daten wurden fur jeden Stimulus uber 700 Epochen gemittelt. Von den
gemittelten Daten wurde eine Wavelet-Transformation im Frequenzbereich zwischen
20Hz und 60Hz durchgefuhrt. Hier konnte eine maximale Aktivitat im Zeitbereich
zwischen 20ms und 80ms im Frequenzband zwischen 24Hz und 48Hz beobachtet
werden. Die Grenzen fur die Filterung der gemittelten Daten und zur Extraktion der
Gammaband-Aktivitat wurden daher auf diese Werte angepasst. Oberhalb von 48Hz
fiel die Aktivitat stark ab und unterhalb von 24Hz lieferten langsame Komponenten
wie die N1m aus dem sekundaren auditorischen Kortex ihren Beitrag.
Das gefilterte Feld ist in Abbildung 5.1 gezeigt. Die Wellenformen geben die Gam-
maband-Aktivitat bestehend aus ungefahr drei Perioden im Zeitbereich zwischen
10ms und 100ms wieder. In diesen Oszillationen konnte ein dipolares Muster uber
dem Sensor erkannt werden, wodurch die Dipolanalyse mit einem Ein-Dipol-Modell
nahegelegt wurde.
Zur Analyse des Amplitudenverlaufs der Gammaband-Aktivitat wurden die Fre-
quenzbander von 24Hz bis 48Hz der Wavelet-Transformierten gemittelt. Das Maxi-
mum der Gammaband-Aktivitat fand sich in einem Zeitbereich zwischen 50ms und
65ms nach Reizbeginn. Der Zeitpunkt des Maximums lag fur den virtuellen Klang
bei 61,9 ms, fur den reinen Ton bei 54,0ms und fur den unharmonischen Klang bei
57,7ms. Das Maximum der Gammaband-Aktivitat fur den virtuellen Klang trat
signifikant um 7,9ms spater als das Maximum fur den reinen Ton (p < 0, 01, Wil-
coxon-Test) und signifikant um 4,2ms spater als das fur den unharmonischen Klang
5.2 Ergebnisse 53
A1
A2
-100
A3
0 100
A4
200 300
A5
20
A6
30
A7
40
A8
A9
50
60
A10
A11
A12
A13
A14
A15
A16
A17
A18
A19
A20
A21
A22
A23
A24
A25
A26
A27
A28
A29
A30
A31
A32
A33
A34
A35
A36
A37
0 200100-40-20
02040
t (ms)
B (
fT)
Zeit (ms)
Fre
qu
en
z (
Hz)a
c
b
Abbildung 5.1: Auditorisch evozierte Gammaband-Aktivitat . In (a) ist die Wavelet-Transformation der evozierten Daten gemittelt uber alle Kanale des Sensors fur eineneinzelnen Probanden in der Bedingung virtueller Klang dargestellt. (b) Die Skizze zeigtdie Sensorposition wahrend der MEG-Messung uber dem linken Temporallappen. (c) Dasvon den 37 Kanalen gemessene Feld nach Mittelung und Filterung im Frequenzband von24 Hz bis 48 Hz. Obere Linie: unharmonischer Klang; mittlere Linie: reiner Ton; untereLinie: virtueller Klang.
5.2 Ergebnisse 54
vp pt nh
0
0
2
100
4
201
2
3
4
5
6
x (c
m)
RM
S (
ft)
Q (
nAm
)
0
5
10
y (c
m)
0
5
10
z (c
m)
b
c
d
ea vp pt nh
Abbildung 5.2: Ergebnisse der Quellenlokalisation fur die Stimuli reiner Ton mit einerFrequenz von 250 Hz (pt), virtueller Klang zur fehlenden Fundamentalen von 250Hz (vp)und unharmonischer Klang (nh). Die gezeigten Werte sind uber alle Probanden gemittelt.Die Fehlerbalken geben die Standardabweichung an. (a) Dipolmoment (b) Lokalisationin anterior-posteriorer Richtung (c) Lokalisation in medial-lateraler Richtung (d) Loka-lisation in inferior-superiorer Richtung und (e) Starke des Sensorfeldes in quadratischerAbweichung vom Sensormittel.
(p < 0, 02, Wilcoxon-Test) auf. Die Zeitpunkte fur die Maxima des elektrischen Fel-
des waren 52,1ms fur den virtuellen Klang, 52,9ms fur den reinen Ton und 50,9ms
fur den unharmonischen Klang. Diese Werte zeigten keine signifikanten Unterschie-
de.
Die Dipole konnten fur alle Probanden im Zeitbereich zwischen 20ms und 80ms
berechnet werden. Die Dipolparameter wurden fur mindestens drei Perioden der
Gammaband-Aktivitat bestimmt und wurden fur alle drei Stimulusbedingungen
uber alle Probanden gemittelt. Die Ergebnisse sind mit den entsprechenden Stan-
dardabweichungen in Abbildung 5.2 gezeigt. Fur den reinen Ton wurde die groß-
te Dipolstarke (Q) erhalten, allerdings wurde das Signifikanzniveau nicht erreicht
(p = 0, 069). Dieses Ergebnis wiederholte sich in der globalen Feldstarke uber dem
Sensor (RMS), die aus der quadratischen Abweichung der einzelnen Kanale vom
Mittel uber den ganzen Sensor berechnet wurde.
5.2 Ergebnisse 55
20
30
40
50
−40
−20
0
20
40
0 0.2 0.4 0.6 0.820
30
40
50Fre
quen
z (H
z)
Zeit (ms)0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 0.2 0.4 0.6 0.8
−0.03
−0.02
−0.01
0
0.01
0.02
0.03
B2 (fT)2
U2 (µV)2
Abbildung 5.3: Gezeigt ist die induzierte Aktivitat im Frequenzband von 20 Hz bis 60 Hz.In der oberen Reihe sind die Mittelungen uber alle MEG-Sensoren und in der unteren Reihedie Mittelungen uber die EEG-Elektroden Cz, Pz, P3 und P4 gezeigt. Von links nach rechtsist die Aktivitat fur den reinen Ton, den virtuellen Klang und den unharmonischen Klanggezeigt.
Die Ortskoordinaten der Quellen in den drei Raumrichtungen anterior-posterior
(x), medial-lateral (y) und inferior-superior (z) sind in den Abbildungen 5.2b, c
und d gezeigt. Die Quellen fur die Gammaband-Antworten auf den unharmonischen
Klang waren 0,8 cm weiter anterior (p < 0, 05, Wilcoxon-Test) als die Quellen fur
die Antworten auf den virtuellen Klang. Die Quellen der Gammaband-Aktivitat fur
den virtuellen Klang und den reinen Ton zeigten in keiner Koordinate signifikante
Unterschiede.
5.2.2 Induzierte Gammaband-Aktivitat
Die induzierte Aktivitat wurde wie beschrieben mit einer Wavelet-Transformation im
Zeitbereich von 200ms vor dem Stimulusbeginn bis 900ms danach im Frequenzbe-
reich von 20Hz bis 60Hz berechnet. Das Mittel uber alle Probanden ist in Abbildung
5.3 Zusammenfassung 56
5.3 fur die MEG-Sensoren und fur die EEG-Elektroden dargestellt. Es konnte we-
der im MEG noch im EEG eine bei allen Probanden vergleichbare Abweichung der
Aktivitat von der Grundlinienaktivitat im Bereich von 200ms bis 100ms vor dem
Stimulusbeginn beobachtet werden. Es gab außerdem keine Unterschiede zwischen
den einzelnen Bedingungen reiner Ton, virtueller Klang und unharmonischer Klang.
5.2.3 Unabhangige Komponentenanalyse
Die unabhangige Komponentenanalyse konnte bei sieben von zwolf Probanden durch-
gefuhrt werden. Die Daten der restlichen Probanden besaßen nicht das notwendige
Signal-zu-Rausch-Verhaltnis von mindestens zwei. Die berechneten Komponenten
wurden in den Sensorraum zuruckprojiziert (siehe das Beispiel in Abbildung 5.4a
obere zwei Linien) und mit den gemessenen Daten (Abb. 5.4b, untere Linie) vergli-
chen. Die Anzahl der zeitlich unabhangigen und stationaren Komponenten, die notig
waren, um die gemessenen Daten im Zeitbereich von 20ms bis 80ms bis auf einen
Restfehler von 5% zu erklaren, wurde anhand der unabhangigen Komponentenana-
lyse bestimmt. Wie der Abbildung 5.4 zu entnehmen ist, wurden im Vergleich zu
der Anzahl bei den reinen oder virtuellen Klange im Mittel mehr Komponenten ge-
braucht, um die Gammaband-Aktivitat fur den unharmonischen Klang zu erklaren.
Die Komponentenzahl unterschied sich signifikant zwischen virtuellen und unharmo-
nischen Klangen (p < 0, 02, Vorzeichen-Test). Zwischen den virtuellen und reinen
Tonen gab es keinen signifikanten Unterschied.
5.3 Zusammenfassung
In dieser Studie konnte fur drei Tone mit verschiedenen Eigenschaften evozierte
Gammaband-Aktivitat des supratemporalen Kortex gemessen werden. Die Unter-
schiede in der Gammaband-Aktivitat zwischen zwei physikalisch ahnlichen Klangen,
virtuell und unharmonisch, waren in der Lokalisation und in der Komplexitat des
gemessenen Feldes starker ausgepragt als es ihre vergleichbaren Spektren nahe le-
gen. Die physikalisch unterschiedlichen Stimuli, reiner Ton und virtueller Klang, aus
den unterschiedlichen Spektralbereichen 250Hz und 1000–2000Hz ergaben ahnliche
Ergebnisse in der Analyse der Gammaband-Aktivitat.
Der Dipolort der Gammaband-Aktivitat als Antwort auf den inkoharenten, un-
5.3 Zusammenfassung 57
A1
A2
A3
A4A5
A6
A7
A8
A9
A10
A11
A12A13
A14
A15
A16
A17
A18A19
A20
A21
A22
A23
A24
A25
A26
A27
A28
A29
A30
A31
A32
A33
A34
A35
A36
A37
0 100−40
0
40
Zeit (ms)
B (
fT)
1
2
3
4
6
5
S5S1 S2 S3 S4 S6 S7
Probanden
Anzahl der
Kom
ponente
n
a
b
������������
������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
�����������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
�����������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
����������������������
� �� �� �� �
virtueller Klangreiner Tonunharmonischer Klang
Abbildung 5.4: Bestimmung der Komplexitat mit Hilfe der unabhangigen Komponen-tenanalyse. (a) Unterste Linie: Gemessenes Feld, gemittelt und gefiltert (24–48Hz) vonProband S3 und zuruckprojizierte unabhangige Komponenten (obere zwei Linien), (b)Anzahl der unabhangigen Komponenten, die notwendig sind, 95 % der evozierten Gam-maband-Aktivitat im Zeitfenster von 20 ms bis 80 ms zu erklaren. Es wurden nur Datenvon Probanden verwendet, deren Signal-zu-Rausch-Verhaltnis großer als 2 war.
5.3 Zusammenfassung 58
harmonischen Klang lag weiter anterior als die Dipolorte fur die beiden koharenten
Stimuli virtueller Klang und reiner Ton. Ein Unterschied zwischen den Quellen der
Gammaband-Antworten auf den virtuellen Klang und den reinen Ton konnte nicht
festgestellt werden. Das Dipolmoment zeigte fur den reinen Ton in der Tendenz die
großte Starke, wie auch das Sensorfeld gemessen durch die quadratische Abweichung
vom Mittel, fur diesen Ton am großten war. Der virtuelle und der unharmonische
Klang unterschieden sich darin nicht.
Das Maximum der Gammaband-Aktivitat fur den virtuellen Klang wurde bei
spateren Latenzen beobachtet als fur die anderen beiden Stimuli, wobei die Latenz
fur den unharmonischen Klang noch großer war als fur den reinen Ton. Fur den
unharmonischen Klang konnte eine großere Anzahl von unabhangigen Komponenten
gezahlt werden als fur den reinen Ton und den virtuellen Klang. Dieses Ergebnis
deutet auf eine großere Komplexitat der beteiligten Quellen hin.
Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Eigenschaften in der fruhen evozierten Gam-
maband-Aktivitat fur die verschiedenen Tone konnte in der induzierten Gamma-
band-Aktivitat kein Effekt beobachtet werden.
6
Untersuchung von top-down-
Aktivitat im auditorischen System
In der vorhergehenden Studie wurde die Spezifitat der Gammaband-Antwort fur
die Koharenz eines Reizes untersucht. Die Gammaband-Aktivitat konnte demnach
ein Korrelat fruher Verarbeitungsprozesse sein. Es bleibt jedoch die Frage bestehen,
inwieweit top-down-Prozesse die Gammaband-Antwort beeinflussen. Bei dem ver-
wendeten Paradigma konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die auf den Zielreiz
gerichtete Aufmerksamkeit einen Einfluss auf die Gammaband-Aktivitat hatte.
Die Messungen zu dieser Studie wurden in Kooperation mit dem Rotman Research
Institute des Baycrest Centre for Gereatric Care in Toronto, Kanada durchgefuhrt.
Es wurden zwei aufeinander folgende Stimuli, hier Signal und Probe genannt, je-
weils auf beiden Ohren prasentiert (siehe Abb. 6.1). Die Probanden bekamen die
Aufgabe, Frequenzen zum einen von aufeinander folgenden und zum anderen von
gleichzeitig dargebotenen Tonen zu vergleichen. Der Vergleich beider Prozesse, die
Objektreprasentation im sensorischen Gedachtnis und die simultane Reprasentati-
on von Objekten, kann einen Einblick in die Integration von Charakteristika, das
so genannte feature binding, und uber den Einfluss von top-down-Prozessen auf die
Reprasentation von auditorischen Reizen geben. Bei diesem Paradigma sollte die
Aufmerksamkeit in beiden Aufgaben ahnlich sein und daher keinen Effekt auf die
Gehirnantworten haben.
Es wurde die evozierte und die induzierte Gammaband-Aktivitat untersucht, die
mit Aufmerksamkeitseffekten oder der Objektreprasentation und dem feature bin-
ding in Verbindung gebracht werden. Außerdem sollte die N1m-Komponente be-
6.1 Methoden 60
1000 Hz
1000 / 1000 Hz
1010 / 1010 Hz
500 Hz
1000 / 1000 Hz
1000 / 1010 Hz1010 / 1000 Hz
= =
Signal Probe
700 ms
Druckknopf
Abbildung 6.1: Darstellung der Aufgabe zur Unterscheidung von Tonhohen gleichzeitigund aufeinander folgend dargebotener Tone. Ein Signalton mit einer Frequenz von 500 Hzkundigt die Aufgabe an, die Tonhohen des folgenden Probetons, die auf beiden Ohrengleich oder unterschiedlich sein konnen, zu vergleichen. Ein Signalton mit einer Frequenzvon 1000 Hz zeigt an, dass dieser Ton mit dem folgenden binaural dargebotenen Probetonverglichen werden muss. Das Intervall zwischen dem Signal - und dem Probeton betragt700 ms.
trachtet werden, die in Hinblick auf Integrationsprozesse von Bedeutung zu sein
scheint [103].
6.1 Methoden
6.1.1 Probanden
An dieser Untersuchung nahmen 10 Probanden im Alter von 24 bis 32 Jahren mit
einem Durchschnittsalter von 28,0±0,9 Jahren teil. Alle Probanden waren ohne au-
diologische oder neurologische Erkrankungen und nach dem Edinburgh-Handigkeits-
fragebogen [96] Rechtshander.
6.1 Methoden 61
6.1.2 Stimulation und Aufgabe
Die Probanden bekamen zwei Aufgaben, in denen sie die Tonhohen von binaural dar-
gebotenen Tonen unterscheiden mussten (Abb. 6.1). Eine Messepoche bestand aus
zwei Stimuli: einem Signal - und einem Probeton. Die beiden verschiedenen Aufga-
ben wurden durch unterschiedliche Signaltone angekundigt und kamen in zufalliger
Reihenfolge mit gleicher Haufigkeit. Mit einem binauralen Signalton von 1000Hz
wurde die sequentielle Aufgabe angezeigt. Dieser Signalton musste dann mit dem
folgenden Probeton, der eine Frequenz von 1000Hz oder 1010Hz besaß und ebenfalls
binaural dargeboten wurde, verglichen werden. Die andere Aufgabe wurde mit einem
Signalton von 500Hz angekundigt. Bei dem folgenden Probeton musste entschieden
werden, ob auf beiden Ohren die gleiche Frequenz von 1000Hz dargeboten wurde
oder ob hier links und rechts Tone mit unterschiedlichen Frequenzen von 1000Hz
und 1010Hz gespielt wurden. Der Ton mit der hoheren Frequenz wurde abwech-
selnd zufallig auf dem linken und dem rechten Ohr gespielt. Diese Aufgabe wird als
simultane Bedingung bezeichnet.
Alle Tone besaßen eine Lange von 100ms und Anstiegs- und Abklingzeiten von
10ms. Das Zeitintervall zwischen dem Beginn von Signal - und Probeton betrug 0,7 s.
Nach dem Probeton hatten die Probanden maximal 1,2 s Zeit, einen Knopf fur als
gleich erkannte Tone oder einen anderen fur als ungleich erkannte Tone zu drucken.
Nach dem Knopfdruck folgte nach einer Zeit von 0,9 s±0,1 s die nachste Epoche mit
dem nachsten Signalton.
Die Stimulusintensitat betrug 65 dB uber der zuvor fur jeden Reiz ausgemessenen
Schwellenlautstarke. Vor den MEG-Messungen wurden die Probanden mit der Auf-
gabe vertraut gemacht und trainiert, bis sie in einem Durchgang mindestens 90%
der Tone richtig erkannt hatten.
6.1.3 MEG-Messungen
Neuromagnetische Daten (MEG) wurden mit einem 151-Kanal-Ganzkopf-Neuro-
magnetometer-System (Omega 151, CTF Inc., Vancouver) mit axialen Gradiome-
tern erster Ordnung in einer magnetisch abgeschirmten Kammer aufgenommen. Die
MEG-Signale wurden in acht aufeinander folgenden Durchgangen mit je 160 Epo-
chen bei einer Abtastrate von 312,5Hz registriert. Es wurden nur Daten von Proban-
den analysiert, die in mehr als 70% der Epochen auf die Tone richtig geantwortet
6.1 Methoden 62
hatten, und von diesen nur jene Epochen, auf die eine korrekte Antwort gegeben wur-
de. Artefaktbehaftete Epochen wurden anhand eines Schwellenwertkriteriums ver-
worfen. Mindestens 450 Epochen von jeder Bedingung standen zur weiteren Analyse
zur Verfugung.
6.1.4 Datenanalyse
Zur Auswertung der N1m-Komponente wurden die Daten fur jeden Stimulus ge-
mittelt. Die gemittelten Daten wurde anschließend mit dem Mittelwert der Grund-
linienaktivitat aus einem Zeitfenster zwischen 200ms bis 50ms vor dem Stimulus
korrigiert und dann mit einem Tiefpass mit einer Grenzfrequenz von 20Hz gefiltert.
Die Quellenanalyse basierte auf dem Modell zweier fester aquivalenter Stromdipole
in einer Kugel. Die Lage der Kugel wurde an die Kopfform der Probanden, die aus
Magnetresonanztomographien extrahiert wurde, angepasst. Es wurde in jeder He-
misphare ein Dipol im Zeitbereich von ±10ms um das Maximum der Aktivitat der
N1m-Komponente bei 100ms geschatzt.
Fur die evozierte Gammaband-Aktivitat war die Abschatzung eines Dipolmodells
nicht moglich. Die gemittelten und ungefilterten Daten wurden auf die Dipolpo-
sitionen der N1m-Komponente projiziert. Anschließend wurde eine Wavelet-Trans-
formation mit einem Morlet-Wavelet im Frequenzbereich zwischen 30Hz und 55Hz
durchgefuhrt. Die Quadrate der Wavelet-Koeffizienten in den Frequenzbandern die-
ser Transformation wurden gemittelt und gaben den zeitlichen Verlauf der Aktivitat
in diesem Frequenzband wieder. An ihnen wurden Amplitude und Zeitpunkt des
Maximums fur beide Hemispharen abgelesen. Alle bestimmten Werte wurden mit
einem Wilcoxon-Rangtest auf ihre Unterschiede uberpruft.
Die induzierte Gammaband-Aktivitat wurde auf zwei unterschiedliche Arten be-
stimmt. Einerseits wurden Wavelet-Transformationen im Frequenzband von 30Hz
bis 55Hz der einzelnen Epochen fur jeden Sensor berechnet und dann gemittelt.
Andererseits wurden die ungemittelten Daten auf die zwei Generatororte der N1m-
Komponenten projiziert. Anschließend wurden Wavelet-Transformationen berechnet
und gemittelt. Diese zweite Methode hat den Vorteil, dass Artefakte ausgeblendet
werden, allerdings auch den Nachteil, dass die Aktivitat aus anderen Quellen unbe-
rucksichtigt bleibt.
6.2 Ergebnisse 63
6.2 Ergebnisse
6.2.1 Psychoakustik
Neun der zehn Probanden erreichten in der Unterscheidungsaufgabe mindestens 70%
korrekte Antworten. Die Daten eines Probanden mussten wegen einer zu hohen
Artefaktrate und einer daher zu geringen Anzahl von Epochen verworfen werden.
Die acht in die Auswertung eingehenden Probanden antworteten im Schnitt bei
93, 4%± 2, 4% der Aufgaben in der sequentiellen Bedingung und bei 85, 6%± 3, 7%
der Aufgaben in der simultanen Bedingung richtig. Die Quote der richtig gegebenen
Antworten war damit in der sequentiellen Bedingung signifikant besser (p < 0, 05,
Wilcoxon-Test).
6.2.2 Lokalisation der N1m-Komponente
Die Quellen der N1m-Komponenten wurden, wie sich im Vergleich mit Magnetre-
sonanztomographie-Bildern ergab (Abb. 6.2), im sekundaren auditorischen Kortex
gefunden.
In Abbildung 6.3 sind die uber alle Probanden gemittelten Quellenorte fur die
linke und rechte Hemisphare gezeigt. Die dargestellten Konfidenzintervalle fur die
Dipolorte dienen der Orientierung; die Koordinaten wurden wie beschrieben mit
einem Wilcoxon-Test verglichen. In der rechten Hemisphare wurden die Quellen
in der simultanen Bedingung fur die N1m-Komponente auf den Probeton 0,9 cm
weiter medial gefunden als die Quellen fur die N1m-Komponente auf den Signalton
(p < 0, 05, Wilcoxon). Ein Unterschied ergab sich in der linken Hemisphare fur
die sequentielle Bedingung. In dieser Bedingung waren die Quellen fur die N1m-
Komponente auf den Probeton 0,3 cm weiter anterior lokalisiert als die Quellen fur
die N1m-Komponente auf den Signalton (p < 0, 05, Wilcoxon).
6.2.3 Evozierte Gammaband-Aktivitat
Die Projektion der gemittelten Daten und die folgende Wavelet-Analyse im Fre-
quenzbereich zwischen 30Hz und 55Hz ergibt eine Zeitreihe, die den Verlauf der
Aktivierung der Quelle in diesem Frequenzband beschreibt (siehe Abb. 6.4). In den
uber alle Probanden gemittelten Zeitreihen traten Maxima um 60ms mit einer Am-
6.2 Ergebnisse 64
Abbildung 6.2: Fur jeden Probanden sind ein axialer und ein koronaler Schnitt einerMagnetresonanztomographie dargestellt. Die Schnitte liegen im Mittelwert der geschatztenOrte der N1m-Komponente. Dipolorte, die sich auf den Signalton beziehen, sind mit einemKreis markiert, Dipolorte, die sich auf den Probeton beziehen, mit einem Dreieck. DieDipolorte aus den simultanen und sequentiellen Bedingungen sind mit ausgefullten bzw.leeren Symbolen gekennzeichnet.
6.2 Ergebnisse 65
4 50
1
y (cm)
x (c
m)
0 1 2
5
6
7
x (cm)
z (c
m)
Links
Signal/simultanProbe/simultanSignal/sequentiellProbe/sequentiell
−6 −5 −4 −3
1
2
y (cm)
x (
cm
)
1 2 3
5
6
7
x (cm)
z (
cm
)
Rechts
Abbildung 6.3: Uber alle Probanden gemittelte Dipolorte der N1m-Komponenten furdie linke und rechte Hemisphare. Die Ellipsen deuten die 95% Konfidenzintervalle fur dent-Test an. Dipolorte, die sich auf den Signalton beziehen, sind mit einem Kreis markiert,Dipolorte, die sich auf den Probeton beziehen, mit einem Dreieck. Die Dipolorte aus densimultanen und sequentiellen Bedingungen sind mit ausgefullten bzw. leeren Symbolengekennzeichnet. Die entsprechenden Konfidenzintervalle sind durchgehend bzw. gestricheltgezeichnet.
plitude von 0,1 nAm bis 0,15 nAm auf.
Fur die weitere Analyse wurden Zeitpunkte und Amplituden der Maxima fur jeden
Probanden einzeln bestimmt und dann gemittelt (Abb. 6.5). Es wurden Unterschiede
zwischen den Amplituden und Zeitpunkten in den Maxima fur die Gammaband-Ant-
worten auf den Probeton gefunden. In der linken Hemisphare erreichte die Gamma-
band-Aktivitat in der sequentiellen Bedingung mit |Q| = 0, 20 nAm±0, 07 nAm eine
großere Amplitude als in der simultanen Bedingung mit |Q| = 0, 14 nAm±0, 05 nAm
(p < 0, 05, Wilcoxon). In der rechten Hemisphare konnte der umgekehrte Effekt
beobachtet werden, allerdings erreichte er nicht das Signifikanzniveau. Die Ampli-
tudenunterschiede zu den gemittelten Kurven ergeben sich hier durch die Mittelung
von Einzelwerten.
In der linken Hemisphare trat das Maximum in der sequentiellen Bedingung mit
t = 67, 5ms±7, 1ms signifikant spater auf als in der simultanen Bedingung mit
t = 58, 1ms±5, 6ms (p < 0, 05, Wilcoxon). Dieser Unterschied war auch in der
rechten Hemisphare zu finden, erreichte aber nicht das Signifikanzniveau (p > 0, 05,
Wilcoxon).
6.3 Zusammenfassung 66
−0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6−0.05 −0.05
0 0
0.05 0.05
0.1 0.1
0.15 0.15
0.2 0.2
Zeit (s)
|Q| (n
Am
)
|Q| (n
Am
)
Signal: simultanSignal: sequentiellProbe: simultanProbe: sequentiell
−0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6Zeit (s)
Rechts Links
Abbildung 6.4: Projektion des gemessenen Feldes der evozierten oszillatorischen Aktivi-tat im Frequenzband von 30 Hz bis 55Hz auf die Quellen der N1m-Komponenten.
6.2.4 Induzierte Gammaband-Aktivitat
Die induzierte Gammaband-Aktivitat wurde fur alle Sensoren bestimmt. Es konnte
jedoch keine systematische Veranderung in der Aktivitat gefunden werden, weder
innerhalb einer Bedingung als Abweichung von der Grundlinienaktivitat noch als
Abweichung zwischen den Bedingungen. Um das Signal-zu-Rausch-Verhaltnis der
Daten zu verbessern, wurden diese auf die Quellenorte der N1m-Komponente proji-
ziert. Die anschließende Wavelet-Transformation und Mittelung der Epochen ergab
ebenfalls keine Unterschiede von der Grundlinienaktivitat oder zwischen den Bedin-
gungen.
6.3 Zusammenfassung
In dieser Studie erhielten die Probanden die Aufgabe, Tonhohen zu vergleichen. Neun
von zehn Probanden bewaltigten diese Aufgabe mit einer Erfolgsquote von mehr als
70% richtigen Antworten. In dem sequentiellen Tonhohenvergleich erreichten die
Probanden eine signifikant bessere Quote an richtigen Antworten als in der simulta-
nen Bedingung. Es konnten Gehirnantworten mit dem MEG gemessen werden, die
spezifisch mit den Aufgaben verknupft waren.
Die gefundenen Effekte in der oszillatorischen Aktivitat beschrankten sich auf die
evozierten Anteile. In der induzierten Aktivitat konnten keine Differenzen zwischen
den Bedingungen gefunden werden.
Die Effekte in den evozierten Gehirnantworten auf die sequentielle Bedingung wa-
6.3 Zusammenfassung 67
01020304050
6070
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
���������������
��������������������
��������������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �
� �� �� �� �� �� �� �� �� �
���������
���������
Late
nz (
ms)
0
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �
��������������
� �� �� �� �� �� �� �� �� �
� �� �� �� �� �� �� �
� �� �� �� �� �� �� �
|Q| (
nAm
)
sim
seq
sim
seq
Probe
sim
seq
sim
seq
ProbeSignalRechts Links
Signal
sim
seq
sim
seq
Probe
sim
seq
sim
seq
ProbeSignalRechts Links
Signal
*
*
Abbildung 6.5: Dargestellt sind die Latenzen (linkes Diagramm) und Amplituden (rech-tes Diagramm) der Maxima der evozierten Gammaband-Aktivitat. Die simultane Bedin-gung ist durch das Kurzel ”sim“ und die sequentielle durch das Kurzel ”seq“ bezeichnet.Die signifikanten Unterschiede sind mit einem * markiert.
ren in der linken Hemisphare ausgepragter als in der rechten. Es gab links fur die
sequentielle Bedingung einen Ortsunterschied fur die N1m-Komponenten von Si-
gnal - und Probeton. Die Amplitude der evozierten Gammaband-Aktivitat war links
fur die sequentielle Bedingung hoher als fur die simultane Bedingung. In der rechten
Hemisphare gab es diese Auspragung fur die simultane Bedingung. Die Quellenorte
fur die N1m-Komponente unterschieden sich hier zwischen Signal - und Probeton.
Es konnte außerdem eine starkere evozierte Gammaband-Antwort in der simultanen
Bedingung als in der sequentiellen gefunden werden. Dieser Unterschied erwies sich
aber nicht als signifikant. In beiden Hemispharen wurde das Maximum der evozier-
ten Gammaband-Aktivitat in der sequentiellen Bedingung spater erreicht als in der
simultanen.
7
Oszillatorische Aktivitat ohne
sensorische Stimulation
In den beiden vorangegangenen Studien wurde untersucht, wie sich die Gammaband-
Aktivitat bei veranderter sensorischer Information verhalt und dabei Unterschiede
in der Objektreprasentation widerspiegelt. Engel et al. [26] zeigten, dass nicht nur
die sensorische Information Einfluss auf die Verarbeitung hat, sondern kognitive Pro-
zesse fruhe Stufen der Verarbeitung beeinflussen. Die Frage bleibt offen, wie sich die
oszillatorische Aktivitat bei rein mentaler Prasentation von Objekten ohne sensori-
sche Information verhalt. Prozesse, in denen eine interne Prasentation von Objekten
aufgebaut wird, sind eng mit Gedachtnisleistungen verknupft. Zusatzlich zur Ak-
tivitat im Gammabandbereich ist daher, wie in Abschnitt 2.3 beschrieben wurde,
oszillatorische Aktivitat im Frequenzband zwischen 8Hz und 12Hz von Interesse.
Diese Aktivitat kann ein Korrelat von Gedachtnisleistungen sein [61, 65], wie sich
in Studien, die die so genannte Sternberg-Aufgabe untersuchen, zeigt. In der Stern-
berg-Aufgabe muss aus einer Abfolge von Stimuli ein bestimmter Stimulus wiederer-
kannt werden. Die Reaktionszeit bei dieser Aufgabe korreliert dabei mit der Anzahl
der zu merkenden Stimuli. Theoretische Uberlegungen zeigen eine Verbindung von
Gammaband-Aktivitat und niederfrequenter Gehirnaktivitat [52].
In Kooperation mit der Brain Research Unit im Low Temperature Laboratory
der Helsinki University of Technology in Espoo, Finnland, wurde ein Experiment
durchgefuhrt, in dem Melodien und Rauschsequenzen in kompletten und in un-
vollstandigen Versionen vorgespielt wurden. In den unvollstandigen Melodien bzw.
Rauschsequenzen mussten die Probanden vor dem Endton fehlende Tone in ihrer
7.1 Methoden 69
Vorstellung reproduzieren, um den letzten Ton der Melodie bzw. Rauschsequenz als
richtig oder falsch zu erkennnen.
In der induzierten und evozierten Gammaband-Aktivitat und in dem niedrigeren
8–12Hz-Band werden spezifische Veranderungen vermutet, die mit dem Vorstellen
von Melodien und mit Gedachtnisprozessen korrelieren.
7.1 Methoden
In dieser Studie wurden drei weibliche und sieben mannliche Probanden ohne audio-
logischen und neurologischen Befund untersucht. Das mittlere Alter der Probanden
lag bei 30,4±2,6 Jahren bei einer Spanne von 24 bis 51 Jahren. Bis auf eine Aus-
nahme waren alle Probanden Rechtshander. Die Probanden waren Mitglieder der
Arbeitsgruppe des Labors und hatten Erfahrung mit der Teilnahme an MEG-Mes-
sungen. Es befand sich kein professioneller Musiker unter den Probanden und keiner
besaß ein absolutes Gehor.
7.1.1 Stimulation und Aufgabe
Kurze Melodien und Folgen von Rauschimpulsen wurden auf dem rechten Ohr pra-
sentiert. In der Halfte der Melodien bzw. Rauschsequenzen wurden die beiden vor-
letzten Stimuli nicht gespielt. Wahrend der Auslassungen sollten sich die Probanden
die Melodie vorstellen und dann entscheiden, ob der letzte gespielte Ton der Folge
die korrekte Fortsetzung der Melodie war oder nicht (siehe Abb. 7.1). Die Rauschse-
quenzen sollten weiter verfolgt werden, und es musste dann beurteilt werden, ob der
letzte Rauschimpuls dieselbe Tonhohe hatte wie seine Vorganger, um darauf einen
Knopf zu drucken. Die Aufgabe wurde so schwierig gewahlt, dass sie nur dann von
den Probanden korrekt gelost werden konnte, wenn sie sich die Melodie bzw. Rausch-
impulse vorgestellt hatten. Es wurden daher nur solche Probanden ausgewahlt, die
keine besondere musikalische Begabung hatten.
Als Melodien wurden die ersten acht Noten von funf bekannten Musikstucken be-
nutzt (Abb. 7.1 links oben), mit denen die Probanden vor den Messungen vertraut
gemacht wurden. Die Rauschsequenzen bestanden aus acht bandpassbeschrankten
Rauschimpulsen, die aus einem ahnlichen Spektralbereich wie die Tone der Melodie
gewahlt wurden. Die Dauer der Tone und der Rauschimpulse betrug jeweils 100ms
7.1 Methoden 70
A Should auld aquaintanceB Freude schöner GötterfunkenC Yankee DoodleD Vom Himmel hochE Frere Jacques
1
2
3
4
5
6
7
8
vollständige
unvollständige
vollständige
B
E
D
A
C
A
D
C
E
A
Beginn:
Melodie
randomisiert:
und
Melodien
richtige und
falsche
letzte Note
Knopfdruck
gespielte Note
ausgelassene Note
Melodien:
Abbildung 7.1: Schematische Beschreibung des Paradigmas fur die Melodie-Bedingung.Jede Melodie wurde achtmal in einem Block wiederholt. Die erste Melodie in einem Block(1) war eine komplette Version, die nachfolgenden (2–8) waren randomisiert vollstandigoder unvollstandig. Die Blocke folgten mit verschiedenen Melodien (A–E) in zufalligerReihenfolge aufeinander.
mit Anstiegs- und Abklingzeiten von 15ms. Das Intervall zwischen den Anfangen
von zwei einzelnen Stimuli betrug 633ms und das Intervall zwischen den Einsatzen
der Sequenzen 2,3 s mit einer zufalligen Variation von 0,3 s. Die Tone der Melodie
waren reine Sinustone aus dem Frequenzbereich von 275Hz bis 550Hz. Die Rausch-
impulse waren mit einem Bandpass im Bereich von 275Hz bis 550Hz gefiltert und
variierten mit Ausnahme des letzten Impulses einer Sequenz nicht in ihrem spektra-
len Inhalt. Die Lautstarke der Stimuli wurde auf 60 dB uber der zuvor ausgemessenen
individuellen Wahrnehmungsschwelle eingestellt.
Die Melodien wurden in Blocken von acht gleichen Melodien prasentiert, die je-
weils mit einer vollstandigen richtigen Version begannen und in denen sich dann
randomisiert vollstandige Versionen und unvollstandige mit richtigem und falschem
Ende abwechselten. Die gleiche Aufteilung erfolgte bei den Rauschsequenzen. Jedem
Probanden wurden 400 Melodien und 400 Rauschsequenzen vorgespielt, die in vier
Durchlaufe von je 20 Minuten aufgeteilt waren. Ein Durchlauf enthielt entweder nur
Melodien oder Rauschsequenzen.
7.1 Methoden 71
7.1.2 Elektrophysiologische Messungen
Die Messungen wurden in einer magnetisch abgeschirmten Kammer mit einem 306-
Kanal Ganzkopf-Neuromagnetometer-System (Vectorview, Neuromag Ltd., Helsin-
ki) durchgefuhrt. An jeder der 102 Messpositionen befanden sich ein Magnetometer
und zwei orthogonal ausgerichtete planare Gradiometer erster Ordnung. Die Daten
der Magnetometer wurden auf Grund ihres zu geringen Signal-zu-Rausch-Verhalt-
nisses nicht in die weitere Auswertung mit einbezogen. Die MEG-Signale wurden mit
einer Abtastrate von 600,6Hz bei einer Filterbandbreite von 0,1–172,2Hz registriert.
7.1.3 Analyse der Daten
Zur Analyse der induzierten oszillatorischen Aktivitat wurde die Wavelet-Transfor-
mation verwendet. Die Transformation wurde in einem Frequenzband von 5Hz bis
40Hz und in einem Zeitbereich von 300ms vor dem funften Stimulus der Sequenz
bis 800ms nach dem achten und letzten Stimulus berechnet. Fur die weitere Ana-
lyse wurden die Frequenzbander von 8Hz bis 12Hz und von 30Hz bis 40Hz wegen
ihrer bei allen Probanden ubereinstimmenden Effekte und der in Abschnitt 2.3 be-
schriebenen funktionalen Relevanz ausgewahlt. Aktivitat oberhalb von 40Hz konnte
auf Grund eines zu geringen Signal-zu-Rausch-Verhaltnisses nicht weiter ausgewer-
tet werden. Das schlechte Signal-zu-Rausch-Verhaltnis konnte durch eine unzurei-
chende Kompensation von Einstreuungen des Stromnetzes bedingt worden sein. Die
quadrierten Betrage der Wavelet-Koeffizienten wurden in jedem Frequenzband ge-
mittelt. Unterschiede zwischen den vollstandigen und unvollstandigen Bedingungen
wurden dann mit einem Wilcoxon-Test uber alle Probanden fur jeden Zeitpunkt und
fur jeden Sensor geschatzt. Die Aktivitat in benachbarten Kanalen mit signifikan-
ten Anderungen (p < 0, 01, Wilcoxon) wurden gemittelt und ergaben die zeitlich
variierende Aktivitat fur spezifische topographische Bereiche fur die beiden Fre-
quenzbander von 8Hz bis 12Hz und von 30Hz bis 40Hz. Fur die Festlegung eines
Bereichs wurde gefordert, dass mindestens drei Kanale mit signifikanten Anderungen
benachbart waren, um falsch positive Ergebnisse auszuschließen.
Aus den Zeitverlaufen wurden dann Extrema der Amplitude der oszillatorischen
Gehirnaktivitat mit deutlichen Abweichungen von der Grundlinie bestimmt. In der
unvollstandigen Bedingung wurde zusatzlich die Breite der Minima bestimmt. Es
wurde dafur die Breite bei der halben Amplitude zwischen dem jeweiligen Minimum
7.2 Ergebnisse 72
und einer gedachten Linie zwischen Anfang und Ende der Reduzierung gemessen.
Die evozierte Aktivitat wurde mit einer Wavelet-Transformation und darauffol-
gender Berechnung der magnitude squared coherence ausgewertet. Die Berechnung
der magnitude squared coherence wurde im Frequenzband zwischen 5Hz und 40Hz
und fur den Zeitbereich von 300ms vor dem funften Stimulus bis 800ms nach dem
Ende der Sequenz fur alle Gradiometerkanale durchgefuhrt. Es wurden sowohl die
individuellen Resultate als auch das Gruppenmittel uber alle Probanden betrachtet.
7.2 Ergebnisse
Die Probanden haben die gestellte Aufgabe, in den Folgen mit Auslassungen das
richtige Ende der Melodien bzw. die richtige Tonhohe der Rauschsequenzen zu er-
kennen, mit einer Quote von mindestens 80% erfullt.
7.2.1 Induzierte oszillatorische Aktivitat
Je nachdem, ob die Probanden die Tone horten oder sich vorstellen mussten, wurden
mit der Zeit-Frequenz-Analyse Unterschiede in den Gehirnantworten gefunden. Im
Frequenzband von 8Hz bis 12Hz und im Gammafrequenzband gab es eine geringere
neuronale Aktivitat in der unvollstandigen Bedingung im Vergleich zur vollstandi-
gen Bedingung. Die Wahrscheinlichkeitswerte dieser Unterschiede sind in Kontur-
karten fur einen typischen Zeitpunkt dargestellt (Abb. 7.2 und 7.3), zu dem in allen
Abbildung 7.2: (siehe Seite 73) In a) und e) werden Wahrscheinlichkeitskarten derUnterschiede zwischen den induzierten Aktivitatsmustern im 8–12Hz-Frequenzband inder vollstandigen und unvollstandigen Bedingung gezeigt und in b)–d) und f)–h) dieZeitverlaufe der induzierten Aktivitat (durchgezogene Linie: vollstandige Bedingung;gestrichelte Linie: unvollstandige Bedingung). In der linken Spalte sind die Ergebnissefur die Melodiebedingung und in der rechten Spalte die Ergebnisse fur die Rauschbe-dingung gezeigt: a) Wahrscheinlichkeitskarte fur Unterschiede in der Melodiebedingungzum Zeitpunkt 3,66 s. Die Zeitverlaufe fur die Bereiche mit signifikanten Unterschiedensind in b) fur die links parietalen, in c) fur die zentralen und in d) fur die rechts tem-poralen und frontalen Bereiche gezeigt. e) Wahrscheinlichkeitskarte fur Unterschiede inder Rauschbedingung zum Zeitpunkt 3,75 s. Die Zeitverlaufe fur die Bereiche mit signi-fikanten Unterschieden sind in f) fur die links parietalen, in g) fur die links frontalenund in h) fur die rechts temporalen und frontalen Bereiche gezeigt.
7.2 Ergebnisse 73
2.53 3.17 3.80
−150
−150
−150
4.43
−100
−100
−100
−50
−50
−50
0
0
0
50
50
50
100
100
100
Kanäle links parietal
Kanäle zentral
B)
Kanäle rechts temporal/frontal
2
Zeit (s)
([fT
/cm
]2)
5 86 7
a)
b)
c)
d)
b)
c)d)
9
10%
5%
1%
p−W
ert
Melodiebedingung: 8−12 Hz Band( 9
2.53 3.17 3.80
−150
−150
−150
4.43
−100
−100
−100
−50
−50
−50
0
0
0
50
50
50
100
100
100
Kanäle links parietal
Kanäle links frontal
( B
)2
Kanäle rechts temporal/frontal
([fT
/cm
]
Zeit (s)
2 )
5 86 7
e)
f)
g)
h)
Rauschbedingung: 8−12 Hz Band
10%
5%
1%
p−W
ert
f)
g)h)
Abbildung 7.2: ←− Legende siehe Seite 72
7.2 Ergebnisse 74
Kanalen die Unterschiede am deutlichsten waren. Die Zeitverlaufe der induzierten
Aktivitat fur Bereiche mit signifikanten Unterschieden (p < 0, 01, Wilcoxon) sind
fur die letzten vier Stimuli der Melodien und Rauschsequenzen dargestellt. Aus den
Zeitverlaufen der induzierten Gehirnaktivitat wurden die Zeitpunkte der Extrema
abgelesen und in Tabelle 7.1 ubernommen.
Induzierte Aktivitat im 8–12Hz-Band
Die induzierte oszillatorische Aktivitat im Frequenzband von 8Hz bis 12Hz ist in
Abbildung 7.2 fur die Melodie- und Rauschbedingung gezeigt. Die Sensorkarte fur
signifikante Unterschiede zwischen der vollstandigen und unvollstandigen Melodiebe-
dingung ist zum Zeitpunkt 3,66 s (das entspricht 493ms nach dem ersten ausgelasse-
nen Stimulus) im linken oberen Bildbereich dargestellt. Es konnten drei Gebiete mit
benachbarten Kanalen ahnlicher Aktivitatsmuster gefunden werden. Die Zeitverlau-
fe dieser Aktivitatsmuster sind in den Abbildungen 7.2b–d gezeigt. Die im Folgenden
genannten Zeitpunkte beziehen sich alle auf den sechsten gespielten Ton einer Me-
lodie oder sechsten Rauschimpuls bzw. auf den ersten ausgelassenen Stimulus (zum
Zeitpunkt 3,167 s bezogen auf den Sequenzbeginn).
Bei den oszillatorischen Antworten auf die vollstandigen Melodien im 8–12Hz-
Band wurde in den links parietalen Kanalen (Abb. 7.2b) nach dem sechsten Sti-
mulus ein fruhes Maximum der neuronalen Aktivitat um 120ms beobachtet, dem
ein weiterer Anstieg der Aktivitat zu einem zweiten Maximum folgte. Die zentralen
Bereiche (Abb. 7.2c) zeigten ebenfalls einen Anstieg. Die maximale oszillatorische
Aktivitat trat jedoch erst nach dem siebten Stimulus auf. Im Bereich der rechten
temporalen und frontalen Kanale (Abb. 7.2d) konnte ein ahnliches Verhalten der
Maxima wie in den links parietalen Kanalen beobachtet werden, allerdings mit einer
wesentlich schwacheren Auspragung.
In der unvollstandigen Bedingung, in der die Probanden sich die Melodien vor-
stellen mussten, trat das fruheste Extremum der Reduzierung der oszillatorischen
Aktivitat in den rechten temporalen und frontalen Kanalen bei 429ms auf (Abb.
7.2d). Diese Reduzierung war geringer ausgepragt als in den anderen Bereichen.
Gefolgt wurde dieses Minimum 20ms spater von einem Minimum mit einer weiten
Ausbreitung in den links parietalen Kanalen (Abb. 7.2b). Die spateste Reduzierung
konnte in zentralen Kanalen (Abb. 7.2c) bei 490ms beobachtet werden. Die Breiten
der Minima und damit die Dauer der Reduzierungen lagen zwischen 245ms und
409ms.
7.2 Ergebnisse 75
Bedin- Freq.- Bereich +/ vollstandig +/ unvollstandiggung band Abbildung − Zeit (ms) − Zeit/Breite (ms)Melodie 8–12 Hz links + 123 − 449 368
parietal 7.2b + 470zentral 7.2c + 827 − 490 409rechts − 429 245temporalfrontal 7.2d
Rauschen 8–12 Hz links + 142 − 551 183parietal 7.2f + 1041 − 939 306links − 653 205frontal 7.2grechts − 613 459temporalfrontal 7.2h
Melodie 30–40 Hz links/rechts + 551 − 429frontal 7.3b − 572
326
links + 592 − 368temporal 7.3c − 490
306
rechts − 429parietal 7.3d − 572
235
rechts − 102 − 449temporal + 408 − 531
204
7.3e + 572 − 756 122
Tabelle 7.1: Zeitpunkte der Extrema der induzierten Aktivitat fur die Frequenzbander8–12 Hz und 30–40 Hz. Die genannten Zeitpunkte beziehen sich alle auf den sechsten ge-spielten Ton einer Melodie oder sechsten Rauschimpuls bzw. auf den ersten ausgelassenenStimulus (zum Zeitpunkt 3,167 s bezogen auf den Sequenzbeginn). Mit einem ”+“ sind dieMaxima bezeichnet, mit einem ”−“ die Minima. Fur die unvollstandige Bedingung sindaußerdem die Breiten der Reduktion angegeben.
In den Rauschsequenzen traten die Effekte zwischen den vollstandigen und unvoll-
standigen Sequenzen mit geringerer Auspragung und verzogert auf. Die Sensorkarte
fur signifikante Unterschiede ist in Abbildung 7.2e zum Zeitpunkt 3,75 s (entspre-
chend 583ms nach der ersten Auslassung) dargestellt. In den Sensoren im links
parietalen Bereich (Abb. 7.2f) stieg die Aktivitat in der vollstandigen Bedingung
vergleichbar zu den Ergebnissen bei den Melodien zu einem ersten Maximum bei
142ms und zu einem zweiten Maximum bei 1040ms an. In den links frontalen (Abb.
7.2g) und in den rechten temporalen und frontalen Kanalen (Abb. 7.2h) wich die
neuronale Aktivitat nur geringfugig von der Grundlinie ab.
Anders als in der Melodiebedingung trat in der unvollstandigen Rauschbedingung
7.2 Ergebnisse 76
die erste Reduzierung in links parietalen Kanalen (Abb. 7.2f) zu einem spateren Zeit-
punkt bei 551ms auf. Im weiteren Verlauf folgten Minima der neuronalen Aktivitat
in rechts fronto-temporalen Bereichen (Abb. 7.2h) und in links frontalen Bereichen
(Abb. 7.2g). Nach dem zweiten fehlenden Stimulus folgte in den links parietalen
Kanalen ein weiteres Minimum bei 939ms und damit etwa in dem Zeitbereich, in
dem das zweite Maximum in der vollstandigen Bedingung lag. Die Breite der Minima
variierte zwischen 180ms und 459ms.
Eine ubergreifende Beobachtung in der induzierten Aktivitat im 8–12Hz-Fre-
quenzband als Antwort auf die Melodien und Rauschsequenzen ist der starke Abfall
der Aktivitat 150ms nach Beginn des letzten Stimulus der Sequenz. Dieser Abfall
der Aktivitat konnte besonders in den frontalen, zentralen und temporalen Kanalen
beobachtet werden.
Induzierte Aktivitat im Gammaband
Die Sensorkarte fur signifikante Unterschiede in der induzierten Gammaband-Akti-
vitat ist in Abbildung 7.3a zum Zeitpunkt 3,74 s (572ms nach der ersten Auslassung)
gezeigt. Signifikante Unterschiede wurden in linken und rechten temporalen, rechts
parietalen und frontalen Bereichen gefunden. Die Unterschiede in den temporalen
Bereichen fanden sich im Vergleich zu einer typischen N1m-Komponente in weiter
superior gelegenen Kanalen.
Fur die Antworten auf die Melodien werden die gemittelten Zeitverlaufe der Akti-
vitat der Kanale mit signifikanten Unterschieden in den Abbildungen 7.3b–e gezeigt.
Die linken und rechten frontalen Bereiche zeigten einen identischen Zeitverlauf und
wurden daher gemittelt. Die im Folgenden genannten Zeitpunkte beziehen sich, wie
oben, auf den sechsten gespielten Ton einer Melodie oder sechsten Rauschimpuls
bzw. auf den ersten ausgelassenen Stimulus.
In der Melodiebedingung war auffallend, dass im Vergleich zu den Zeitverlaufen
der oszillatorischen Aktivitat im niedrigeren Frequenzband von 8–12Hz in der voll-
standigen Bedingung eine Verringerung bei 102ms in der Gammaband-Aktivitat in
rechts temporalen Kanalen auftrat. Dieser Verringerung folgte ein Anstieg der neu-
ronalen Aktivitat zu Maxima bei 408ms und bei 572ms (Abb. 7.3e). Etwa zeitgleich
– 20 ms fruher bzw. spater – wurden Maxima in der oszillatorischen Gammaband-
Aktivitat in linken und rechten frontalen Kanalen (Abb. 7.3b) und in links tem-
poralen Kanalen (Abb. 7.3c) beobachtet. In den rechts parietalen Kanalen folgte
die Aktivitat in ihrem Verlauf etwa dem Verlauf in den rechts temporalen Kanalen,
7.2 Ergebnisse 77
9
2.532.53 3.173.17 3.803.80
−8−8
−8−8
4.434.43
−6−6
−6−6
−4−4
−4−4
−2−2
−2−2
00
00
22
22
44
44
Kanäle links/rechts frontal
Kanäle links temporal
( B
)
Kanäle rechts parietal
2
Kanäle rechts temporal
([fT
/cm
]
Zeit (s)Zeit (s)
2 )
5 86 75 86 7
b) d)
c) e)
a)
10%
5%
1%
p−W
ert
Melodiebedingung: Gammabandb)
e)
d)
c)
Abbildung 7.3: (a) Wahrscheinlichkeitskarte fur die Melodiebedingung der Unterschiedezwischen den induzierten Aktivitatsmustern im Gammaband (30–40 Hz) in der vollstandi-gen und unvollstandigen Bedingung zum Zeitpunkt 3,74 s. Die Zeitverlaufe (durchgezogeneLinie: vollstandige Bedingung; gestrichelte Linie: unvollstandige Bedingung) fur die Berei-che mit signifikanten Unterschieden sind in b) fur die linken und rechten frontalen, in c)fur die links temporalen, in d) fur die rechts parietalen und in e) fur die rechts temporalenBereiche gezeigt.
7.2 Ergebnisse 78
allerdings mit nur geringer Abweichung von der Grundlinie.
Wahrend der unvollstandigen Bedingung fiel die neuronale Aktivitat zu einer 200–
300ms dauernden Reduzierung mit zwei aufeinander folgenden Minima ab. Die erste
Reduzierung in der Gammaband-Aktivitat trat dabei in den links temporalen Kana-
len (Abb. 7.3c) bei 368ms und 490ms auf. In den anderen Bereichen folgten die zwei
Extrema der Verminderung der neuronalen Aktivitat in linken und rechten frontalen
(Abb. 7.3b) sowie in rechts parietalen Kanalen (Abb. 7.3d) zu gleichen Zeitpunkten
bei 429ms bzw. bei 572ms. In den rechts temporalen Kanalen (Abb. 7.3e) wurde
zusatzlich zur ersten Verminderung bei 449ms und 531ms eine weitere Verminde-
rung nach dem zweiten ausgelassenen Stimulus bei 756ms beobachtet. Die Dauer
der Reduzierungen entsprach ungefahr den Zeiten, die im 8–12Hz-Band beobachtet
wurden und lag zwischen 200ms und 300ms bei der fruhen Reduzierung und bei
122ms fur das spate Minimum rechts temporal.
In den Antworten auf die Rauschsequenzen gab es keine signifikanten Unterschiede
(p > 0, 05, Wilcoxon) in der Aktivitat zwischen der vollstandigen und unvollstan-
digen Bedingung mit Ausnahme des Unterschieds nach dem letzten Stimulus der
Sequenz, der bei allen Probanden auftrat und auch im niedrigeren 8–12Hz-Band
beobachtet wurde.
7.2.2 Evozierte oszillatorische Aktivitat
Die evozierte Aktivitat wurde mit Hilfe der magnitude squared coherence analysiert.
Die Ergebnisse sind fur einen Kanal mit den Werten der hochsten magnitude squared
coherence von einem typischen Probanden in Abbildung 7.4 und im Mittel uber alle
Probanden in Abbildung 7.5 gezeigt.
In den vollstandigen Bedingungen konnte fur jeden Stimulus deutlich evozierte
Aktivitat beobachtet werden. Diese Aktivitat trat in den Frequenzbandern um 8Hz,
zwischen 10 und 15Hz und zwischen 25 und 35Hz sowohl in dem Ergebnis fur den
einzelnen Probanden (Abb. 7.4) als auch im Gruppenmittel (Abb. 7.5) auf. Oberhalb
von 35Hz konnte nur vereinzelt Aktivitat beobachtet werden. In den unvollstandigen
Bedingungen konnte fur die prasentierten Stimuli eine ahnliche Aktivitat wie in den
vollstandigen Bedingungen beobachtet werden. In dem Zeitbereich der Auslassun-
gen konnte beim einzelnen Probanden keine Aktivitat beobachtet werden, die uber
verschiedene Kanale konsistent auftrat. Im Gruppenmittel ließ sich wahrend der
7.3 Zusammenfassung 79
10
20
30
40
Fre
quen
z (H
z)Melodie Rauschen
2.53 3.17 3.80 4.43
10
20
30
40
Zeit (s)2.53 3.17 3.80 4.43
0
0.04
0.08
0.12
0.16
Abbildung 7.4: Die magnitude squared coherence fur die vollstandige (obere Reihe) undunvollstandige (untere Reihe) Melodie- (links) und Rauschbedingung (rechts) eines typi-schen Probanden. Dargestellt ist ein Kanal der linken Hemisphare mit der großten Ampli-tude als Antwort auf den letzten Stimulus. Die Zeitpunkte geben die letzten vier Stimulian, wobei die ausgelassenen Stimuli bei 3,17 und 3,80 s lagen.
Auslassungen ebenfalls keine Aktivitat finden. Die Werte fur die magnitude squared
coherence waren in der Rauschbedingung geringer als in der Melodiebedingung und
spiegelten auf Grund einer schwacheren Aktivitat ein schlechteres Signal-zu-Rausch-
Verhaltnis wider.
7.3 Zusammenfassung
Die Ergebnisse dieses Experiments zeigen eine komplexe Verteilung in der Reduzie-
rung der oszillatorischen Aktivitat. In der Melodiebedingung wurde eine Reduzie-
rung in der induzierten Aktivitat mit einem Minimum zwischen 450ms und 490ms
sowohl im 8–12Hz-Frequenzband als auch im Gammaband gefunden. Im unteren
7.3 Zusammenfassung 80
10
20
30
40
Fre
quen
z (H
z)Melodie Rauschen
2.53 3.17 3.80 4.43
10
20
30
40
Zeit (s)2.53 3.17 3.80 4.43
0
0.04
0.08
0.12
Abbildung 7.5: Die magnitude squared coherence fur die vollstandige (obere Reihe) undunvollstandige (untere Reihe) Melodie- (links) und Rauschbedingung (rechts) gemitteltuber alle Probanden. Dargestellt ist ein Kanal der linken Hemisphare mit der großtenAmplitude der evozierten Aktivitat als Antwort auf den letzten Stimulus. Die Zeitpunktegeben die letzten vier Stimuli an, wobei die ausgelassenen Stimuli bei 3,17 und 3,80 s lagen.
Frequenzband konnte diese Reduzierung eher in links parietalen Bereichen, zentra-
len und rechts frontalen und temporalen Bereichen beobachtet werden, wahrend im
Gammaband dieser Effekt in linken und rechten frontalen, in temporalen und rechts
parietalen Bereichen gefunden wurde.
In der Rauschbedingung konnten nur Unterschiede im induzierten 8–12Hz-Fre-
quenzband beobachtet werden. Das Minimum in der unvollstandigen Bedingung trat
spater als bei den Melodien auf. Der Schwerpunkt der Verringerung lag zudem auf
der linken Hemisphare und dort in den frontalen und parietalen Kanalen.
In allen Bedingungen, in denen Unterschiede gefunden wurden, konnten nahezu
zeitgleich mit den Minima in der unvollstandigen Bedingung Maxima in der voll-
standigen Bedingung beobachtet werden. Die Topographien der Bereiche mit Un-
7.3 Zusammenfassung 81
terschieden differierten zwischen den verschiedenen Frequenzbandern und zwischen
der Melodie- und der Rauschbedingung.
Als Antwort auf die ausgelassenen Stimuli zeigte sich keine evozierte Aktivitat,
weder im 8–12Hz-Band noch im Gammaband.
8
Diskussion
Im ersten Abschnitt dieser Diskussion werden die Ergebnisse zur Spezifitat der Gam-
maband-Aktivitat auf die Koharenz von auditorischen Stimuli aus Kapitel 5 erlau-
tert. Es werden die aus der Modulation der Gammaband-Aktivitat folgenden Aus-
sagen uber die Bindungsmechanismen bei der Wahrnehmung von virtuellen Klangen
diskutiert. Im zweiten Abschnitt wird beschrieben, auf welche Art und Weise top-
down-Prozesse eine unterschiedliche Objekterkennung der sensorischen Reize auslo-
sen konnen. Die Ergebnisse aus Kapitel 6 werden diskutiert und die Einflusse kor-
tikaler Aktivitat auf die fruhe Gammaband-Aktivitat betrachtet. Die Effekte in der
neuronalen Aktivitat bei intrinsischer Objektreprasentation wahrend des mentalen
Vorstellens von Melodien wurden im Kapitel 7 beschrieben. Die Auswirkungen auf
die kortikale Aktivitat, die ohne sensorischen Reiz ausgelost werden kann, werden
im letzten Abschnitt diskutiert.
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat bei der
Wahrnehmung koharenter Stimuli
Die Koharenz von Stimuli zeigt in der visuellen Modalitat einen Einfluss auf os-
zillatorische kortikale Aktivitat. In der in Kapitel 5 vorgestellten Studie, in der
die auditorische Modalitat untersucht wurde, konnte eine Spezifitat der Aktivitat
im Gammaband auf unterschiedliche Koharenzeigenschaften von Klangen gefunden
werden. Diese Spezifitat druckt sich nicht nur in einem Parameter der gemessenen
Antworten aus, sondern wird durch qualitativ unterschiedliche Auswertungen ge-
stutzt.
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur koharente Stimuli 83
An der Studie nahmen zwolf Probanden teil. Sie erkannten die Zielreize mit einer
mittleren Fehlerquote von 9%. Es kann daher angenommen werden, dass die Pro-
banden den Stimuli aufmerksam zugehort haben und in der Lage waren, virtuelle
Tonhohen der Klange richtig zu erkennen. Es gab keinen Probanden, der berichtete,
die virtuellen Tone in ihrer spektralen Tonhohe anstatt in der Tonhohe der fehlenden
Fundamentalfrequenz gehort zu haben. Die Integration der spektralen Komponenten
war daher erfolgreich.
Fur die in ihrem Spektrum ahnlichen Stimuli, virtueller und unharmonischer
Klang, wurden großere Unterschiede in den elektrophysiologischen Ergebnissen ge-
messen als zwischen dem virtuellen und dem reinen Ton, die sich in ihren Spek-
tren weitaus mehr unterschieden. Nach der Lokalisation der Dipolorte konnten die
Generatoren der Gammaband-Aktivitat dem supratemporalen Kortex zugeordnet
werden. Die Lokalisation entsprach damit fruheren Ergebnissen [107]. Die Orte der
Quellen der evozierten Gammaband-Antworten auf die koharenten, reinen und vir-
tuellen Klange wurden wesentlich naher beieinander gefunden als die Quellen der
Gammaband-Antworten auf den inkoharenten, unharmonischen Klang. Dieses Er-
gebnis laßt vermuten, dass der unharmonische Klang in anderen neuronalen Netz-
werken reprasentiert wird als die koharenten Klange, deren Netzwerke ahnlicher
sind oder sich sogar uberlappen. Fur die N1m-Komponente der langsamen audito-
risch evozierten Potentiale konnten Pantev et al. [103, 106] ein ahnliches Ergebnis
fur spektrale und virtuelle Klange erzielen. Wahrend der Effekt bei der N1m-Kom-
ponente auf die Tonotopie dieser Komponente zuruckgefuhrt werden kann [67, 106],
folgt die Gammaband-Aktivitat nicht einer solchen Organisation [9, 101].
Uberraschend war das Ergebnis, dass in der Tendenz fur den reinen Ton die starks-
te kortikale Aktivitat wahrend der Wahrnehmung im Vergleich zum virtuellen oder
unharmonischen Klang erhalten wurde. Dies zeigt, dass die erhohte Verarbeitung
und Merkmalsintegration des Sinnesreizes sich nicht notwendigerweise in einer ver-
starkten kortikalen Aktivitat ausdruckt. Das erhohte Dipolmoment des Generators
der Gammaband-Aktivitat fur den reinen Ton, das sich auch in der globalen Feld-
starke uber alle Kanale des Sensors zeigte, kann nicht mit einer hoheren Lautstarke
des Stimulus erklart werden, da diese fur jeden Ton einzeln auf 2 dB abgestimmt
wurde.
Fur die evozierte Gammaband-Aktivitat wurden signifikante Zeitunterschiede zwi-
schen den Maxima der Gammaband-Antworten auf die verschiedenen Reize im MEG
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur koharente Stimuli 84
gefunden. Die Gammaband-Antwort auf den virtuellen Klang erreichte das Maxi-
mum dabei am spatesten, wobei sich die Latenzen fur den reinen und den unharmo-
nischen Klang nicht signifikant unterschieden. Im EEG traten die Maxima dagegen
fruher auf und unterschieden sich nicht zwischen den Bedingungen. Die im MEG ge-
fundenen Zeitunterschiede stimmen mit psychoakustischen Befunden von Beerends
[6] uberein. Beerends berichtete, dass eine signifikant langere Zeit benotigt wurde,
die virtuelle Tonhohe im Vergleich zur spektralen Tonhohe richtig zu erkennen. Es
kann daher vermutet werden, dass der Integrationsprozess und damit die Gestalt-
erkennung, aus dem spektralen Muster die Tonhohe der Fundamentalfrequenz zu
generieren, zusatzliche Zeit benotigte. Die Verarbeitung des reinen Tons erforderte
diesen Verarbeitungsschritt nicht bzw. fuhrte fur den unharmonischen Klang nicht
zum Abschluss und erfolgte daher fur diese beiden Stimuli in kurzerer Zeit. Das
Fehlen von Zeitunterschieden im EEG gibt einen Hinweis darauf, dass hier eventuell
andere Neuronenverbande gemessen wurden, die eher radial angeordnet und daher
im MEG nicht sichtbar waren. Eine plausible Erklarung ist aber auch ein schlechteres
Signal-zu-Rausch-Verhaltnis im Vergleich zu den MEG-Daten.
In der unabhangigen Komponentenanalyse der fruhen evozierten Gammaband-
Aktivitat konnte eine hohere Komplexitat fur die Antwort auf den unharmonischen
Klang gefunden werden. Fur die von den koharenten Klangen hervorgerufenen Fel-
der war eine geringere Anzahl von unabhangigen Komponenten notwendig, um das
Feld zu erklaren. Dieses Ergebnis zeigt eine großere Ahnlichkeit der unterliegen-
den Quellen fur diese Antworten im Vergleich zu den Quellen fur den inkoharenten
(unharmonischen) Stimulus. Die moglichen das Feld generierenden cell assemblies
scheinen fur die koharenten Stimuli starker korreliert zu sein als fur den inkoharenten
Ton. Dies ist in Ubereinstimmung mit Ergebnissen von Rodriguez et al. [117], die bei
der Wahrnehmung von Bildern, in denen abhangig von ihrer Orientierung Gesichter
erkannt werden konnten, eine erhohte Phasensynchronitat zwischen einzelnen EEG-
Signalen beim Erkennen der Gesichter nachwiesen.
In der hier vorliegenden Studie wurden keine Effekte in der induzierten, nicht-
phasengebundenen Aktivitat gefunden. Fur die koharenten Stimuli, reiner und vir-
tueller Klang, wurde weder im MEG noch im EEG eine Erhohung der induzierten
Aktivitat beobachtet. Dies scheint im Widerspruch zu den Studien von Tallon-Bau-
dry et al. [126, 129, 133] zu stehen, die fur die koharenten Figuren eine Erhohung
im spaten induzierten Gammaband im EEG gefunden haben. Sie haben allerdings
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur koharente Stimuli 85
keine Veranderungen in der induzierten Aktivitat im MEG messen konnen und se-
hen keine Effekte im fruhen evozierten Gammaband [133]. Es wurde daraufhin ein
Quellenmodell mit einer ringformigen Anordnung von Dipolen entwickelt, das das
fur die induzierte Gammaband-Aktivitat beobachtete Verhalten erklaren sollte [131].
In den Studien von Herrmann et al. [44, 45, 46], in denen die Kanizsa-Figuren un-
tersucht wurden, konnte andererseits auch im EEG keine induzierte Aktivitat beob-
achtet werden. Es wurde aber eine erhohte fruhe evozierte Gammaband-Aktivitat
fur die Zielreize und eine geringere Erhohung fur die Figuren, die dem Zielreiz am
ahnlichsten waren, beobachtet [44, 45]. Dieser Effekt kann in der hier vorliegenden
Studie aber nicht bestatigt werden, da dann der virtuelle Klang die großte evozierte
Gammaband-Aktivitat hatte zeigen mussen. Wahrend Tallon-Baudry et al. ihre Er-
gebnisse im Sinne eines feature binding-Prozesses sehen, interpretieren Herrmann et
al. die Ergebnisse so, dass ein Abgleich mit einer im Gedachtnis abgelegten Vorlage
stattfindet. Je ahnlicher der Stimulus dieser Vorlage ist, um so großer ist die Ant-
wort. Die Ergebnisse beider Gruppen lassen sich fur die auditorische Modalitat nicht
bestatigen. Induzierte Aktivitat im auditorischen Gammaband konnte am Menschen
bisher nur bei schwierigen Oddball-Aufgaben [11, 28, 81, 127], in Reaktionszeitauf-
gaben [55] und in lexikalischen Klassifikationsaufgaben [112] gemessen werden. Zur
Losung dieser Aufgaben waren aber wahrscheinlich komplexere Leistungen und er-
hohte Aufmerksamkeit der Probanden erforderlich. So ist eine intensive Beteiligung
des Gedachtnisses bei den Oddball- und lexikalischen Aufgaben denkbar. Jokeit und
Makeig [55] beobachteten eine Abhangigkeit der induzierten Aktivitat von der Auf-
merksamkeit, die sie mit einer Aufgabe modulierten, in der die Probanden moglichst
schnell auf Tone reagieren mussten. Die induzierte Aktivitat war weniger ausge-
pragt, wenn die Probanden die Stimuli ignorieren konnten. Muller et al. [91, 92]
beobachteten ebenso eine Modulation der induzierten Gammaband-Aktivitat durch
Aufmerksamkeitseffekte.
Insgesamt wurden in den genannten Studien eher Aufgaben benutzt, die eine aus-
gepragte top-down-Aktivitat notwendig erscheinen lassen. Die hier benutzte Aufgabe
erforderte aber eher einen bottom-up-Prozess fur eine sensorische Verarbeitung, die
die Unterscheidung der Stimuli ermoglichen sollte, als einen kognitiven top-down-
Prozess.
Eine Erklarung fur die Unterschiede zwischen dem auditorischen und dem visu-
ellen System in der Wahrnehmung koharenter Stimuli konnte in den anatomischen
8.1 Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur koharente Stimuli 86
und physiologischen Gegebenheiten liegen. In der visuellen Modalitat liegen die ers-
ten und einzigen neuronalen Verschaltungen vor dem Thalamus (Corpus genicula-
tum lateralis) in der Retina [38] und damit im eigentlichen Sinnesorgan. Hingegen
gibt es in der auditorischen Modalitat weitere Umschaltungen in den Kernen des
Hirnstamms und Mittelhirns, wie Nucleus cochlearis, Oliva superior und Colliculus
inferior, bevor der Thalamus (Corpus geniculatum medialis) erreicht wird (vgl. Abb.
2.1). Es kann auch ab dem Olivenkomplex das Signal beider Ohren zusammen ver-
arbeitet werden. Ein physiologischer Unterschied ist die Auslegung des Gehors auf
eine zeitlich prazise Verarbeitung, die um das zweieinhalbfache besser ist als die des
visuellen Systems [108]. Die neuronalen Muster der Neuronen des Hornerven kon-
nen bis zu einer Signalfrequenz von 5 kHz dem Signal des Sinnesreizes folgen [90].
Daruber hinaus wird fur eine korrekte Lokalisation von Schallquellen eine genaue
zeitliche Information benotigt. Das auditorische System scheint daher auch zu er-
fordern, dass eine Verarbeitung von Reizen moglichst phasentreu zu einem Stimulus
verlauft, um zeitliche Storungen mit Konsequenzen fur weitere Verarbeitungsschritte
zu vermeiden [108].
Unterschiede im fruhen evozierten Gammaband zwischen den Antworten auf spek-
trale und virtuelle Klange, d. h. zwischen inkoharent und koharent wahrgenommenen
Stimuli, wurden in einer neueren Studie von Schulte et al. gezeigt [122]. Melodien
wurden von den Probanden zuerst spektral und nach einer Woche, in der die Me-
lodien wiederholt vorgespielt wurden, dann virtuell auf einer Tonhohe wahrgenom-
men, die aus den spektralen Komponenten der einzelnen Klange extrahiert wurde.
Die Quellen der evozierten Gammaband-Antworten zeigten eine Veranderung im
Ort, und die Anzahl der Komponenten in einer unabhangigen Komponentenanalyse
nahm fur die virtuell wahrgenommene Melodie ab. Diese Ergebnisse deuten ebenso
auf einen pitch processor im Zeitbereich der evozierten Gammaband-Aktivitat hin,
der außerdem plastischen Veranderungen unterworfen sein kann.
Eine Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur kognitive Eigenschaften des Stimu-
lus zeigte sich auch bei Palva et al. [97]. In den Gammaband-Antworten auf sprach-
liche (Silben) und nicht-sprachliche Stimuli gab es eine Lateralisation in der Latenz
des Maximums fur bestimmte Frequenzbander. Sprachliche Stimuli ergaben in der
linken Hemisphare eine fruhere Latenz als in der rechten. Fur die nicht-sprachlichen
Stimuli war dieses Verhalten umgekehrt. Es wurde daraus gefolgert, dass eine fruhe
Verarbeitung des Sinnesreizes unter Beteiligung von top-down-Prozessen, durch die
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 87
der sprachliche Inhalt erkannt wurde, stattgefunden haben muss.
In der hier vorliegenden Studie wurde der virtuelle Stimulus in einer ahnlichen
Art wahrgenommen wie der reine Ton. Hingegen wurde der unharmonische Stimu-
lus als eine Summe von Einzelfrequenzen wahrgenommen. Diese subjektiven Berichte
der Probanden lassen sich durch die gemessenen Daten bestatigen. Es wurde von
Goldstein die Hypothese aufgestellt [34], dass es in der Horbahn einen pitch pro-
cessor geben muss, der die Verarbeitung des spektralen und temporalen Musters
ermoglicht und dessen Funktion als Merkmalsintegration gedeutet werden kann. Die
erhohte Latenz der Gammaband-Antwort auf den virtuellen Klang lasst einen Zeit-
bedarf fur den Integrationsprozess vermuten. Diese Merkmalsintegration wird auch
durch den veranderten Quellenort deutlich, der naher am Quellenort fur die Gam-
maband-Antwort auf den reinen Ton liegt als am Quellenort fur die Antwort auf
den unharmonischen Klang mit einem ahnlichen spektralen Inhalt. Der pitch pro-
cessor, an dem kortikale und subkortikale Bereiche beteiligt sein konnten [37], fuhrt
zu einer Konvergenz der einzelnen neuronalen cell assemblies, die auf Hohe des Hor-
nerven noch die spektralen Abschnitte auf der Cochlea reprasentieren. Ein weiterer
Hinweis auf den Integrationsprozess ist die geringere Komplexitat der Gammaband-
Antwort auf den virtuellen Klang im Vergleich zur Komplexitat der Antwort auf den
unharmonischen Klang, wie mit der unabhangigen Komponentenanalyse berechnet
wurde.
Es kann keine Aussage daruber getroffen werden, ob neben bottom-up- auch top-
down-Prozesse an der Integration beteiligt sind. Die Ergebnisse von Palva et al. [97]
sprechen fur eine Beteiligung von top-down-Prozessen. Schulte et al. [122] konnten
zeigen, dass diese fruhen Prozesse einer neuronalen Plastizitat unterliegen. Auf ei-
ne Verbindung der evozierten Gammaband-Aktivitat mit top-down-Prozessen soll
in den nachsten beiden Abschnitten aber noch gesondert eingegangen werden. Es
konnte hier gezeigt werden, dass die fruhe evozierte Gammaband-Aktivitat eine spe-
zifische Abhangigkeit fur die Koharenz von Stimuli besitzt und daher ein Korrelat
von Bindungsmechanismen darstellen konnte.
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System
In der vorhergehenden Studie wurde eine Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur
die Koharenz von Klangen gezeigt. Es wurden Hinweise auf einen Gestaltbildungs-
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 88
prozess, den pitch processor, gefunden. Unklar blieb jedoch, ob es sich hier um einen
rein sensorischen bottom-up-Prozess handelt oder ob auch kognitive top-down-An-
teile beteiligt sind. In dieser, in Kapitel 6 beschriebenen Studie sollten die Aus-
wirkungen eines top-down-Prozesses auf die Gammaband-Aktivitat und die N1m-
Komponente untersucht werden. Es wurden Effekte sowohl in der fruhen evozierten
Gammaband-Aktivitat als auch in der spateren langsamen N1m-Komponente fur
die unterschiedlichen Bedingungen gefunden, die auf top-down-Prozesse zuruckzu-
fuhren sind. Sie geben Hinweise darauf, dass schon die fruhe Gammaband-Aktivitat
und damit fruhe Verarbeitungsstufen durch top-down-Prozesse kontrolliert werden
konnen.
Die Probanden erhielten in dieser Studie die Aufgabe, Tonhohen zu vergleichen.
Die acht Probanden, deren Daten in die Auswertung eingegangen sind, erreichten
in der Bedingung, in der ein sequentieller Vergleich gefordert war, mit 93% eine
signifikant bessere Quote als in einer simultanen Vergleichsbedingung (86%). Die
Aufgabe war daher fur die Probanden unter erhohter Aufmerksamkeit losbar.
Die Quellen der spaten N1m-Komponente konnten nach einem Abgleich mit MRT-
Bildern dem sekundaren auditorischen Kortex zugeordnet werden. Es fanden sich
Unterschiede in den Quellen der N1m-Komponente zwischen den Signal - und Pro-
betonen, die fur die sequentielle und simultane Aufgabe lateralisierten. Fur die se-
quentielle Bedingung wurde in der linken Hemisphare die Quelle der N1m-Antwort
auf den Probeton signifikant weiter anterior gefunden (0,3 cm) als die Quelle der
N1m-Antwort auf den Signalton. Umgekehrt zeigte sich in der sequentiellen Bedin-
gung ein Unterschied zwischen den N1m-Antworten auf die Signal - und Probetone
in der rechten Hemisphare; die Antwort auf den Probeton lag hier weiter medial
(0,9 cm). In der evozierten Gammaband-Aktivitat wurde in der linken Hemisphare
eine erhohte Dipolstarke fur die Antworten auf die Probetone in der sequentiellen
Bedingung im Vergleich zu den Probetonen aus der simultanen Bedingung beobach-
tet. In der rechten Hemisphare war die Gammaband-Aktivitat fur die Antworten in
der simultanen Bedingung am großten. In beiden Hemispharen konnte eine verlan-
gerte Latenz fur die Antworten auf die sequentielle Bedingung nachgewiesen werden.
Systematische Effekte in der induzierten Gammaband-Aktivitat wurden weder im
Signal der MEG-Sensoren noch in der Projektion des Signals auf die Quellen der
N1m-Komponenten nachgewiesen.
Der Ortsunterschied in den Quellenorten fur die N1m-Komponente konnte in der
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 89
rechten Hemisphare durch einen Frequenzunterschied erklart werden. Pantev et al.
[100] wiesen nach, dass 1000Hz Tone in der N1m-Komponente etwa 0,5 cm wei-
ter medial reprasentiert werden als 500Hz Tone. Jedoch erklart dies einerseits den
Abstand nur zum Teil und andererseits wurde in der rechten Hemisphare ein ahn-
licher Trend auch zwischen den Antworten auf Signal - und Probeton der sequenti-
ellen Bedingung mit einem Frequenzunterschied von nur 10Hz gefunden. Auch der
Ortsunterschied in der linken Hemisphare fur die N1m-Orte der sequentiellen Be-
dingung kann nicht durch die tonotope Organisation erklart werden, da es sich hier
um spektral fast identische Stimuli handelte. Die Unterschiede, die im Ort der N1m-
Generatoren zwischen Signal und Probe gefunden wurden, sprechen daher fur einen
Einfluss der Aufgabe auf die Verarbeitungsprozesse. Dies bedeutet, dass ein top-
down-Prozess, der durch den Signalton initiiert wurde, stattgefunden haben muss.
Die Lateralisation, die bereits beim Generatorort der N1m-Komponente gefunden
wurde, zeigte sich auch in der Amplitude der evozierten Gammaband-Aktivitat als
Antwort auf die Probetone. Signifikante Unterschiede konnten jedoch nur in der
linken Hemisphare beobachtet werden. Die Amplitude der Gammaband-Antwort war
fur die sequentielle Bedingung gegenuber der Antwort fur die simultane Bedingung
erhoht. In der rechten Hemisphare wurde der umgekehrte Amplitudenunterschied
gefunden. Fur die Signaltone konnten keine Unterschiede zwischen den Bedingungen
festgestellt werden.
Die beiden verschiedenen Bedingungen dieser Studie konnen fur den sequentiel-
len Vergleich mit der Kombination aus Tonhohenverarbeitung und einem Gedacht-
nisprozess beschrieben werden und fur den simultanen Vergleich nur mit einer Ton-
hohenverarbeitung.
Die rechte Lateralitat im Gammaband fur den Vergleich zweier simultaner Fre-
quenzen findet sich in vielen Studien zur Tonhohendiskrimination wieder. Mazzucchi
et al. [82] fanden bei der Unterscheidung von melodischen Sequenzen eine Dominanz
des linken Ohres, die auf eine Dominanz der rechten Hemisphare bei der Verarbei-
tung schließen lasst. Die Autoren interpretieren ihre Daten im Vergleich mit anderen
Studien so, dass eine Dominanz des rechten Ohres dann gefunden wird, wenn eine
Verarbeitung von zeitlichen Aspekten notwendig ist, bzw. eine Dominanz des linken
Ohres im anderen Fall.
In verschiedenen Studien wurde von der Arbeitsgruppe um Zatorre eine uberwie-
gende Aktivierung des rechten Gyrus temporalis superior bei der Beurteilung von
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 90
Tonhohen [151], bei der Extraktion einer Fundamentalfrequenz von virtuellen To-
nen [147] und bei dem Erkennen und Erinnern von Melodien [39, 146, 150] gefunden.
Primare auditorische Bereiche, in denen die Generatoren der Gammaband-Antwort
vermutet werden [107], zeigten diese Lateralisation allerdings nicht [149, 151].
Im linken auditorischen Kortex konnte anstatt einer spektralen Verarbeitung eine
Spezialisierung fur zeitliche Muster gefunden werden [72, 149]. Die zeitliche Verar-
beitung war dabei in primaren auditorischen Bereichen lokalisiert. Die sekundaren
Bereiche waren dagegen mehr bei der spektralen Verarbeitung aktiviert. Schnel-
le zeitliche Variationen im Zusammenhang mit sprachlichen oder sprachahnlichen
Lauten zeigten eine detaillierte Verarbeitung im linken primaren auditorischen Kor-
tex [72, 151]. In intracerebralen Messungen konnte im rechten auditorischen Kortex
eine hohere Auflosung frequenzspezifischer Bereiche nachgewiesen werden als im
linken auditorischen Kortex [71]. Diese Unterschiede wurden auf anatomische Gege-
benheiten zuruckgefuhrt, die im linken auditorischen Kortex neben einer starkeren
Myelinisierung, die eine schnellere zeitliche Verarbeitung von Signalen ermoglicht,
auch eine starkere Verbindung der Neuronengruppen untereinander beinhalten. Im
rechten auditorischen Kortex wurden dagegen eine hohere Neuronendichte und dar-
aus folgend eine hoheres spektrales Auflosungsvermogen gefunden (siehe Ubersicht
in [71, 148]).
Die Pravalenz des rechten auditorischen Kortex fur tonale Vergleiche und die
physiologisch mogliche bessere Frequenzauflosung der neuronalen Struktur kann die
erhohte Gammaband-Aktivitat in der rechten Hemisphare erklaren. Der Frequenz-
unterschied von 10Hz zwischen den beiden Tonen fuhrt nur zu einer Phasendifferenz
im zeitlichen Signal von π bzw. einer halben Schwingungsperiode zum Zeitpunkt der
Gammaband-Aktivitat . Es erscheint daher eher moglich, dass der Vergleich auf der
Basis der spektralen Struktur stattfindet bzw. auf der Ebene der Gammaband-Ak-
tivitat vorbereitet wird.
Die Erhohung der Aktivitat im Gammaband in der linken Hemisphare, die durch
den Vergleich der zeitlich aufeinander folgenden Stimuli ausgelost wird, lasst sich
nicht mit einer Dominanz der Hemisphare fur die zeitliche Verarbeitung erklaren,
da es sich dabei um wesentlich kurzere Zeitskalen handelt. Die linke Hemispare
scheint zusatzlich zur rechten an der Verarbeitung und Identifikation von Toninter-
vallen beteiligt zu sein. In einer Lasionsstudie wurde ein Defizit in der Erkennung
von Tonintervallen sowohl bei rechtsseitiger als auch bei linksseitiger temporaler
8.2 Top-down-Aktivitat im auditorischen System 91
Kortektomie gefunden [74]. In PET- (Positron-Emissions-Tomographie) [152] und
in MEG-Messungen [48] konnte gerade in der linken Hemisphare ein Unterschied
zwischen Probanden mit absolutem und relativem Gehor beim Erkennen von Tonen
gefunden werden.
Es kann vermutet werden, dass die erhohte Gammaband-Aktivitat und die Ande-
rung im Ort der N1m-Komponente bei dem sequentiellen Tonhohenvergleich ein
Korrelat dieser linksseitigen Verarbeitung ist. Der hohere Verknupfungsgrad der
Neuronenverbande [71, 148] konnte eine bessere Verknupfung des aktuellen Stimu-
lus mit dem vorher gehorten Signalton ermoglichen. Diese Interpretation wird von
Ergebnissen von Herrmann et al. [44, 45] unterstutzt. In Aufgaben, in denen Ka-
nizsa-Figuren erkannt werden mussten, wurde die großte Aktivitat in der evozierten
Gammaband-Aktivitat bei dem zu erkennenden Zielreiz gemessen. Die nachstgroßte
Aktivitat wurde bei dem Stimulus gemessen, der dem Zielreiz am ahnlichsten war.
Diese Abhangigkeit der Amplitude der Gammaband-Aktivitat von der Ahnlichkeit
der Stimuli mit einem Zielreiz wurde als Anzeichen fur einen Vergleich mit einer
vorher gespeicherten Vorlage interpretiert. In dem in dieser Studie verwendeten Pa-
radigma wurde der Signalton dieser Vorlage entsprechen.
Das Maximum der Gammaband-Aktivitat fur die Probetone trat in beiden Hemi-
spharen fur die sequentielle Bedingung spater auf als fur die simultane Bedingung.
Das Signifikanzniveau dieses Latenzunterschiedes wurde nur links erreicht. Dieses
Ergebnis steht in Ubereinstimmung mit dem Ergebnis der vorangegangenen Stu-
die. In dieser Studie wurde fur die Extraktion einer Fundamentalfrequenz aus einem
komplexen spektralen Muster eine signifikant spatere Gammaband-Aktivitat gemes-
sen als fur die Verarbeitung eines reinen Tons. Der Vergleich des Signaltons mit
dem Probeton erscheint daher als der zeitlich aufwendigere Prozess, weil ein sensori-
scher Reiz mit einer Vorlage aus dem Arbeitsgedachtnis verknupft werden muss. Die
Verknupfung mit einer Vorlage aus dem Arbeitsgedachtnis konnte als zusatzlicher
Prozess aufgefasst werden, der nach einer ersten Verarbeitung des Reizes stattfinden
kann. Die Integration sensorischer Stimuli ist der schnellere Prozess. Es kann hier
vermutet werden, dass die Information aus beiden Ohren leichter integrierbar ist, da
sie aus einander entsprechenden sensorischen Kanalen resultiert und schon ab dem
oberen Olivenkomplex verarbeitet werden kann.
Induzierte Gammaband-Aktivitat konnte, wie schon in der Studie zur Tonho-
henwahrnehmung von virtuellen Klangen, nicht nachgewiesen werden. Der Grund
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 92
fur dieses Fehlen der induzierten Aktivitat kann wiederum eine ringformige Quel-
lenstruktur sein [131]. Die Ergebnisse im fruhen evozierten Gammaband und in der
N1m-Komponente zeigen andererseits eine fruhe Verarbeitung an. Spatere Bindungs-
mechanismen, die sich in oszillatorischer Aktivitat zeigen wurden, scheinen fur das
Erkennen von geringen Frequenzunterschieden keine Relevanz zu haben.
Die Ergebnisse dieser Studie haben einen deutlichen Einfluss von top-down-Pro-
zessen, die durch einen Signalton getriggert werden, auf die fruhe evozierte Gamma-
band-Aktivitat und die N1m-Komponente gezeigt. Allein mit sensorischen bottom-
up-Prozessen konnen die Unterschiede in der Verarbeitung der Signaltone nicht er-
klart werden. Im Vergleich zu der Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur die Ko-
harenz der Stimuli wurde auch hier eine erhohte Latenz fur die Antworten gefunden,
die durch den Stimulus hervorgerufen wurden, fur den verstarkt Bindungsprozesse
auftreten sollten. Die Aktivierung von Bindungsmechanismen zeigt sich daher nicht
ausnahmslos in einer erhohten Amplitude der Aktivitat sondern auch in einem an-
deren zeitlichen Muster der Antworten.
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender
sensorischer Information
In der in Kapitel 7 beschriebenen Studie wurde die oszillatorische Aktivitat wah-
rend des Vorstellens von Melodien gemessen. Dieser mentale Prozess kann als rein
kognitiver top-down-Prozess angesehen werden. Die sensorische Information fehlte
wahrend des Vorstellens vollig.
Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Studien, in denen die sensorische
Verarbeitung von auditorischen Objekten untersucht wurde, konnten hier Ande-
rungen in der induzierten Aktivitat in verschiedenen Frequenzbandern beobachtet
werden. Die Effekte deuten auf ein komplexes Netzwerk von Gehirnaktivitat hin,
das wahrend der Vorstellung der Melodien aktiv war.
Auf jeden prasentierten Stimulus konnte eine evozierte Antwort nachgewiesen wer-
den. In den Ergebnissen der Berechnung der magnitude squared coherence fanden
sich Antworten im niedrigen Gammaband zwischen 25–35Hz und in niedrigeren Fre-
quenzbandern, in denen Komponenten wie die N1m in der Zeit-Frequenz-Transfor-
mation reprasentiert sind. Wahrend der Auslassungen konnten in Frequenzbandern
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 93
uber 5Hz keine evozierten Komponenten nachgewiesen werden, die beim einzelnen
Probanden uber mehrere Kanale oder in einem Kanal im Mittel uber die Probanden
konsistent waren. Es wurde keine Antwort mit einer N1-ahnlichen Topographie ver-
gleichbar den Ergebnissen von Janata [51] gefunden. Janata hatte in einer Studie, in
der das Vorstellen von Melodien gefordert war, Gehirnantworten gefunden, die mit
der Topographie einer N1-Komponente korreliert waren, und hat daraus gefolgert,
dass top-down-Prozesse vergleichbar sensorischen Prozessen eine N1-Komponente
auslosen konnen. Den fur die N1-Komponente charakteristischen Zeitverlauf weist
er jedoch nicht nach. Es ist daher denkbar, dass eine langsamere Aktivitat mit einer
ahnlichen Topographie hervorgerufen wurde, die in der vorliegenden Studie nicht
untersucht wurde.
Ein Grund fur das Fehlen evozierter Aktivitat kann eine zeitliche Variation bei
der Vorstellung der ausgelassenen Stimuli sein. Dann sollte sich allerdings in der
induzierten Aktivitat ein Effekt im gleichen Zeitfenster von 20–150ms zeigen, wie
es aber in dieser Studie nicht beobachtet werden konnte. Das Fehlen der evozierten
Gammaband-Antwort deckt sich mit Ergebnissen von Zatorre et al. [146], die in ei-
ner PET-Studie wahrend des Vorstellens von Melodien keine Aktivitat im primaren
auditorischen Kortex beobachteten, in dem die Gammaband-Antwort generiert wer-
den sollte [107]. Fur die Interpretation der fruhen evozierten Gammaband-Aktivitat
bedeutet dies, dass in der auditorischen Modalitat ein sensorischer Reiz vorhanden
sein muss, um diese auszulosen. Ohne diesen Reiz, der unter anderem einen bottom-
up-Prozess initiiert, scheint die evozierte Gammaband-Aktivitat nicht aufzutreten.
In der induzierten Aktivitat im 8–12Hz-Band konnte wahrend der Auslassungen
und damit wahrend des Vorstellens der Melodien bzw. der Rauschsequenzen eine
Abschwachung gegenuber der Grundlinienaktivitat beobachtet werden. In der indu-
zierten Gammaband-Aktivitat konnte die Reduzierung wahrend des Vorstellens der
Melodien, nicht jedoch wahrend der Rauschsequenzen beobachtet werden. Die Ab-
schwachung zeigte im Gammaband eine andere Topographie als im 8–12Hz-Band.
Die Unterschiede zwischen der Aktivitat in beiden Frequenzbandern konnten auf un-
terschiedliche Quellen mit eigener funktionaler Bedeutung verweisen. Wahrend der
Prasentation der Stimuli wurde dagegen keine Abschwachung der oszillatorischen
Aktivitat beobachtet.
Signifikante Anderungen im 8–12Hz-Band wurden in mehreren kortikalen Berei-
chen gefunden: in frontalen, rechts temporalen, in linken parietalen Regionen pos-
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 94
terior zum Feldmaximum einer N1m-Komponente sowie in zentralen Regionen. Die
induzierte Aktivitat im 8–12Hz-Band in diesen Bereichen scheint nicht identisch
mit der parieto-okzipitalen Alpha-Aktivitat, die im 10Hz-Band ein okzipitales Ma-
ximum besitzt, und unterscheidet sich auch von Tau-Rhythmen aus einem ahnlichen
Frequenzband, die gerade wahrend der Prasentation von Stimuli unterdruckt werden
und im auditorischen Kortex lokalisiert wurden [70, 138].
In Sternberg-Aufgaben, in denen ein Reiz aus einer Folge zuvor prasentierter Sti-
muli wiedererkannt werden musste, wurde, wahrend das Gedachtnis nach dem ab-
gefragten Stimulus durchsucht wurde, eine Unterdruckung im spontanen 8–12Hz-
Band beobachtet [61, 65, 118]. Die beobachtete Abschwachung der 8–12Hz-Aktivitat
in der Melodiebedingung der vorliegenden Studie kann ein Anzeichen fur die Pro-
zesse der Suche im Gedachtnis und des Abrufs der korrekten Tone der Melodie sein,
da diese Prozesse fur die Rauschbedingung nicht erforderlich waren. Pfurtscheller
und Neuper vermuteten, dass der 8–12Hz-Rhythmus die Inhibition in neuronalen
Netzwerken regelt [110] und diese Regelung durch thalamo-kortikale Schleifen vorge-
nommen wird [109]. Eine Abschwachung in diesem Frequenzband kann daher als ein
elektrophysiologisches Korrelat fur das Abrufen von Gedachtnisinhalten interpretiert
werden.
Die Reduktion in links parietalen Regionen wurde sowohl in der Melodie als auch
in der Rauschbedingung gefunden, wobei die Topographie der Abschwachung in der
Melodiebedingung weiter ausgedehnt war. Fur sich genommen konnte die Vermin-
derung ein Korrelat der Vorstellung der fehlenden Stimuli sein, da sie in beiden Be-
dingungen auftrat. Die großere Ausbreitung der Aktivitatsminderung jedoch konnte
mehr mit einer komplexen Struktur des vorgestellten Inhalts zusammenhangen, wie
sie starker in der Melodiebedingung erforderlich war.
Beobachtungen von Halpern und Zatorre [39] bei Prozessen, die dem Vorstellen
und Abrufen von Melodien entsprechen, zeigten eine Aktivierung rechter frontaler
und rechter temporaler Regionen. Die rechts frontalen Bereiche brachten sie dabei
mit dem tonalen Gedachtnis in Verbindung und die rechts temporalen mit der Vor-
stellung. Diese Ergebnisse deuten auf eine unterschiedliche funktionale Bedeutung
der Verminderung der 8–12Hz-Aktivitat in links parietalen und rechts fronto-tem-
poralen Regionen fur den Abruf und das Vorstellen von Melodien hin.
Die fehlenden signifikanten Unterschiede in links frontalen Bereichen in der Melo-
diebedingung im Vergleich zur Rauschbedingung konnten in den verschiedenen An-
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 95
spruchen der Aufgabe begrundet sein, eine komplexe Melodie zu verfolgen und sich
nicht nur an die richtige Tonhohe des zuletzt gehorten Rauschimpulses zu erinnern.
In zentralen Regionen konnte die reduzierte Aktivitat mit Prozessen im supplemen-
taren Motorareal korrespondieren, wie sie in der oben genannten Studie von Halpern
und Zatorre gefunden und dort als Korrelat der Generierung der Vorstellung ange-
sehen wurden.
In der zeitlichen Reihenfolge tritt in der Melodiebedingung das am geringsten
ausgepragte Minimum in den rechten fronto-temporalen Bereichen zuerst auf. Mit
nur geringer Verzogerung von 20ms bzw. 61ms, die einer Oszillation von nur einer
viertel bzw. halben Periode entspricht, folgen links parietale und zentrale Regionen.
Die Unterschiede konnten auf Grund verschiedener Funktionen der beteiligten neu-
ronalen Netzwerke auftreten. Im rechts frontal vermuteten Gedachtnis fur tonale
Information konnte zuerst der Abruf der einzelnen Tone erfolgen, wahrend sich das
Vorstellen der Melodie in den anderen Bereichen fortsetzen wurde.
In der induzierten Gammaband-Aktivitat wurde im Gegensatz zum niedrigeren
Frequenzbereich von 8–12Hz in der vollstandigen Bedingung nach dem sechsten
Stimulus, der auf der Position des ersten fehlenden Stimulus der unvollstandigen
Melodien war, eine Verminderung der Aktivitat mit einem Minimum bei 102ms und
einem anschließenden Anstieg der Aktivitat gefunden. Dieses zeitliche Muster, das
bei den anderen prasentierten Stimuli nicht zu beobachten war, kann in der beson-
deren Aufmerksamkeit begrundet sein, die die Probanden auf diesen Stimulus legen
mussten, da sie sich diesen eventuell vorstellen mussten. Der Zeitverlauf mit einer Re-
duktion der Aktivitat direkt nach dem Stimulus und einem darauf folgenden Anstieg
der induzierten Aktivitat entspricht dem, der in Oddball -Experimenten beobachtet
[11, 127] wurde. Die erhohte Aktivitat wurde dabei als eine mentale Wiederholung
des Tons interpretiert.
Eine Verminderung der induzierten Gammaband-Aktivitat wurde hauptsachlich
in temporalen Regionen sowie weniger ausgepragt in frontalen Regionen beider He-
mispharen und in der parietalen Region der rechten Hemisphare beobachtet. Diese
Topographie unterschied sich von der des langsameren 8–12Hz-Rhythmus besonders
in posterioren Regionen, zeigte aber auch Gemeinsamkeiten in rechten frontalen und
temporalen Arealen.
Die Zeitverlaufe der Reduzierung der Aktivitat im Gammaband und im 8–12Hz-
Band ahnelten sich, obwohl es keine oder nur geringe Zeitunterschiede zwischen den
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 96
einzelnen Bereichen gab. So entsprach die Dauer der Verringerung in der Gamma-
band-Aktivitat etwa der Dauer im 8–12Hz-Band. Die Ahnlichkeit lasst eine Korre-
lation beider Rhythmen vermuten, die jeweils unterschiedliche funktionale Bedeu-
tung besitzen konnten. Anders als im 8–12Hz-Band war die Verminderung in der
Gammaband-Aktivitat in den temporalen Bereichen am großten. Der Grund fur die
Verringerung der Aktivitat konnte, wie Fell et al. [28] vermuten, in hippocampalen
Strukturen liegen. Die induzierte oszillatorische Aktivitat im Gammaband und im
8–12Hz-Band, die in der vorliegenden Studie beobachtet wurde, konnte eine Hin-
tergrundoszillation sein, die dann reduziert wird, wenn eine interne Reprasentation
benotigt wird.
Eine Verringerung der Aktivitat im Gammaband konnte auch von Pulvermuller
et al. beobachtet werden [112]. In einer Aufgabe mussten Worter von Pseudowortern
ohne lexikalischen Inhalt unterschieden werden. Auf die Prasentation der Pseudowor-
ter folgte eine Verringerung der Gammaband-Aktivitat. Ob in dieser Aufgabe die
Aktivitat auf Grundlinienniveau bei den Wortern oder die Verringerung der Akti-
vitat bei Pseudowortern das funktionale Korrelat darstellt, bleibt unklar. Denkbar
ist, dass bei Prasentation von Pseudowortern eine vergebliche lexikalische Suche
einsetzt, die die Veranderung auslost.
Die Korrelation, die in den Ergebnissen der vorliegenden Studie zwischen der Ak-
tivitat im Gammaband und im 8–12Hz-Band gesehen wurde, findet sich in einem
Modell zum Kurzzeitgedachtnis wieder [52], das Daten des Sternberg-Experiments
erklart [20]. In einem Zyklus der niederfrequenten Aktivitat soll es demnach moglich
sein, dass durch die neuronalen Anregungsmuster im Gammaband das Gedachtnis
durchsucht und wieder ausgelesen werden kann. Diese Prozesse sollten beim Vor-
stellen von Melodien in anderer Art und Weise ablaufen, zeigen aber eine mogliche
Verbindung der Gehirnaktivitat in beiden Frequenzbandern.
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass evozierte Gammaband-Akti-
vitat nicht bei reinen top-down-Prozessen wie dem Vorstellen von Melodien auftritt.
Stattdessen wurde die Gehirnaktivitat durch die Reduzierung oszillatorischer Akti-
vitat im Gammafrequenzband und im 8–12Hz-Band bestimmt. Diese Reduzierung
trat in verschiedenen Regionen auf, die fur das Vorstellen von Bedeutung sein konn-
ten: in frontalen Bereichen, in denen das tonale Arbeitsgedachtnis vermutet wird,
und in Bereichen des auditorischen Kortex. Zusatzlich fand sich eine Verminderung
uber Bereichen, die eine unterstutzende Funktion fur die Vorstellung haben konnten,
8.3 Induzierte Aktivitat bei fehlender sensorischer Information 97
wie parietale Regionen und das supplementare Motorareal. Die zeitliche und zum
Teil topographische Ahnlichkeit lasst eine funktionale Verbindung beider Rhythmen
vermuten.
9
Zusammenfassung und Ausblick
Bindungsmechanismen im Gehirn sind bei der auditiven Wahrnehmung von Klan-
gen, von Musik und Sprache auf vielfaltigste Weise beteiligt. In dieser Arbeit wurde
untersucht, in welcher Weise oszillatorische Gammaband-Aktivitat und auch Ak-
tivitat im niedrigeren 8–12Hz-Band spezifisch fur Bindungsmechanismen im audi-
torischen System sind. Die Studien waren so angelegt, dass zwischen bottom-up-
Prozessen, die vom Sinnesorgan in Richtung kortikaler Bereiche verlaufen, und top-
down-Prozessen, die in umgekehrter Richtung mit kognitiver Aktivitat auf die Wahr-
nehmung wirken, unterschieden werden konnte.
Zur Analyse der transienten oszillatorischen Aktivitat wurde eine Wavelet-Trans-
formation benutzt, die eine optimale Auflosung sowohl in der Zeit als auch im
Frequenzraum bot. Auf Grundlage dieser Wavelet-Transformation waren einerseits
die Analyse induzierter nicht-phasengebundener und andererseits die Detektion von
phasengebundener Aktivitat mit nur geringen Amplituden moglich. Die Methode
wurde durch Simulationsrechnungen und in einer Studie zu mittellatenten off -Kom-
ponenten uberpruft. Trotz der geringen Amplitude der off -Antworten konnte mit
der Berechnung der magnitude squared coherence der Wavelet-Transformierten ge-
zeigt werden, dass diese Antworten in ihrer Frequenz gegenuber den on-Antworten
variierten. Dies spricht fur eine unterschiedliche Kodierung von Beginn und Ende
des Reizes und nicht nur fur eine Kodierung der Anderung an sich.
Eine Spezifitat der Gammaband-Aktivitat fur sensorische Bindungsmechanismen
wurde in einer Studie bei der Wahrnehmung von koharenten und inkoharenten Klan-
gen beobachtet. Die Ergebnisse deuten auf integrative Prozesse bei der Wahrneh-
mung von virtuellen Klangen hin. Fur die fruhe evozierte Gammaband-Aktivitat auf
99
diese Reize konnten Unterschiede im Generatorort und eine verringerte Komplexi-
tat des Feldes im Vergleich zu einem inkoharenten Klang aus demgleichen Spektral-
bereich beobachtet werden. Zwischen zwei koharenten Klangen, einem reinen Ton
und einem virtuellen Klang, wurde eine vergroßerte Latenz fur das Maximum der
Gammaband-Antwort auf den virtuellen nachgewiesen. Es kann daraus geschlossen
werden, dass der Bindungsmechanismus fur die Verarbeitung der spektralen Anteile
des virtuellen Klangs mehr Zeit innerhalb der ersten 60ms nach dem Reizbeginn
benotigte als fur die Verarbeitung eines reinen Tons oder inkoharenten Klangs, bei
denen diese Bindungsmechanismen fur die Wahrnehmung nicht erforderlich waren.
In der zweiten vorgestellten Studie konnten Hinweise auf den Einfluss von top-
down-Prozessen auf die Wahrnehmung von physikalisch nahezu identischen Stimu-
li beobachtet werden. Frequenzvergleiche von Tonen, die einmal den Vergleich der
Information aus beiden Ohren und einmal den Vergleich von einem gehorten Stimu-
lus mit einem im Arbeitsgedachtnis abgelegten Stimulus erforderten, fuhrten in der
evozierten Gammaband-Aktivitat zu Abweichungen in der Latenz der Maxima. Un-
terschiede zwischen den Generatororten der N1m-Komponente auf den Signalton,
der die Aufgabe anzeigte, und auf den Probeton, nach dem die Aufgabe bewal-
tigt werden musste, lateralisierten je nach Anforderung. Diese Lateralisation wurde
auch in der Amplitude der Gammaband-Aktivitat beobachtet. Die zeitlichen Un-
terschiede in der Gammaband-Aktivitat zwischen den Antworten auf die Stimuli
bei simultanem und bei sequentiellem Frequenzvergleich deuten wiederum auf Bin-
dungsprozesse hin. Werden bei der Bindung verschiedene Systeme angesprochen, wie
das sensorische und das Gedachtnissystem, braucht die Verarbeitung mehr Zeit und
zeigt einen aufwendigeren Bindungsmechanismus als wenn die Verarbeitung nur im
sensorischen System stattfindet.
Die rein mentale Aktivierung der Reprasentation von Tonen ohne sensorische
Reizung beim Vorstellen von Melodien fuhrte nicht zu einer evozierten Aktivitat im
Gammaband. Es wurden stattdessen ausgedehnte Bereiche gefunden, in denen eine
Verminderung der oszillatorischen Aktivitat auftrat. Aktivitat in den Frequenzban-
dern von 8–12Hz und im Gammabandbereich erschienen als Korrelat von kognitiven
Prozessen, die das Abrufen der Tone aus dem Gedachtnis und das Vorstellen an sich
beinhalten konnten. Die abweichende Topographie der Effekte in beiden Frequenz-
bandern deutet auf eigene funktionale Bedeutungen hin, die miteinander korrelieren,
da die Reduzierung der Aktivitat sich uber ahnliche Zeitbereiche erstreckte.
100
In allen Studien wurde beobachtet, dass sich die Eigenschaften von akustischen
Stimuli auf neuronale Aktivitat im Gammafrequenzband auswirken. Die Effekte im
Gammaband konnten durch Unterschiede in der Koharenz, in der Aufgabenstellung
zum Erkennen von Frequenzeigenschaften und durch rein mentale Reprasentation
von Klangen beim Vorstellen von Melodien beobachtet werden. Die Ergebnisse kon-
nen so interpretiert werden, dass bottom-up-Prozesse die fruhe evozierte Gamma-
band-Aktivitat hervorrufen und dass top-down-Prozesse diese Antwort modulieren.
Im visuellen System wurden bei unterschiedlich koharenten Stimuli Effekte in der
spaten induzierten Gammaband-Antwort gefunden. Im Vergleich dazu erscheinen die
Mechanismen im auditorischen System zur Integration verschiedener Eigenschaften
und zur Modulation der Wahrnehmung durch top-down-Prozesse zeitkritischer zu
sein und daher in fruhen Verarbeitungsstufen des akustischen Reizes aufzutreten.
Effekte in der induzierten Aktivitat konnten erst beobachtet werden, wenn die kog-
nitive Reprasentation der Stimuli gefordert war.
Die im auditorischen Kortex lokalisierten Effekte in der Komplexitat der Gam-
maband-Antwort bei der Wahrnehmung virtueller Klange, wie sie durch die un-
abhangige Komponentenanalyse nachgewiesen wurden, und die globalen Effekte in
verschiedenen Frequenzbandern beim Vorstellen von Melodien weisen auf die Not-
wendigkeit einer verbesserten Analyse der Quellen der Gehirnaktivitat hin. Ganz-
kopf-Magnetometer-Systeme, die eine immer großere Verbreitung finden, sind dabei
eine Grundvoraussetzung fur die Untersuchung komplexer funktionaler Integrations-
und Verarbeitungsmechanismen des Gehirns. Neuere Methoden, wie die Synthetic
Aperture Magnetometry und die Integration der Magnetoenzephalographie mit an-
deren bildgebenden Verfahren, konnten Aussagen uber die Struktur beteiligter cell
assemblies und ihr Zusammenwirken in Netzwerken ermoglichen.
Eine Weiterentwicklung der Wavelet-Analyse, z. B. eine Kombination mit der un-
abhangigen Komponentenanalyse, konnte helfen, die Zeit- und Frequenzstruktur der
Gehirnantworten zu studieren und weitere Effekte von neuronaler Aktivitat bei der
Wahrnehmung aufzudecken.
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Lebenslauf
Name Arne Knief
geboren am 13.10.1971 in Oldenburg
Eltern Ursula Knief, geb. Marks und Jurgen Knief
Schulbildung
1978–1982 Hermann-Ehlers-Grundschule, Oldenburg
1982–1984 Orientierungsstufe Marschweg, Oldenburg
1984–1991 Altes Gymnasium Oldenburg
05.1991 Abitur (Leistungsfacher: Mathematik, Physik)
Studium
10.1991–04.1997 Studium der Physik an der Universitat Munster
04.1997 Diplom in Physik mit Nebenfach Kooperativ-Phanomene
Diplomarbeit: Passive Modenkopplung in einem Erbiumfaserlaser
Tatigkeiten
04.1993–04.1996 Studentische Hilfskraft am Institut fur Experimentelle
Audiologie der Universitat Munster
05.1997–08.1997 Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut fur Angewandte
Physik der Universitat Munster
09.1997–12.2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
fur Experimentelle Audiologie der Universitat Munster
seit 01.2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik und Poliklinik
fur Phoniatrie und Padaudiologie des Universitatsklinikums Munster
Auslandsaufenthalte
01.2000–03.2000 Brain Research Unit, Low Temperature Laboratory,
Helsinki University of Technology, Finland
06.2001–09.2001 Academic Fellowship, Rotman Research Institute for Neuroscience,
Baycrest Center for Geriatric Care,
University of Toronto, Ontario, Canada
Munster, den
117
Veroffentlichungen
als Erst- und Koautor
M. Borschbach, M. Schulte, A. Knief, W.-N. Lippe und C. Pantev. Aspects of
neuronal learning rules for the blind separation of independent brain activities. In
Proceedings of ICS’99, IASTED International Conference on Intelligent Systems
and Control, S. 143–148. Santa Barbara, CA, 1999.
A. Knief, M. Schulte, O. Bertrand und C. Pantev. The perception of coherent and
non-coherent auditory objects: a signature in gamma frequency band. Hear Res,
145:161–168, 2000.
A. Knief, M. Schulte, N. Fujiki und C. Pantev. Oscillatory gamma band and slow
brain activity evoked by real and imagery musical stimuli. In J. Nenonen, R. J.
Ilmoniemi und T. Katila (Hg.), Biomag2000, Proc. 12th Int. Conf. on Biomagne-
tism, S. 103–106. Helsinki Univ. of Technology, Espoo, Finland, 2001.
A. Knief, M. Schulte, A. Lamprecht-Dinnesen und C. Pantev. Object Representa-
tion of Sequential and Simultaneous Binaural Sounds. In H. Nowak, J. Haueisen,
F. Gießler und R. Huonker (Hg.), Biomag 2002, Proceedings of the 13th Interna-
tional Conference on Biomagnetism, S. 80–82. VDE Verlag, Berlin, 2002.
A. Knief, M. Schulte und C. Pantev. Gammaband processing of virtual pitch. Neu-
roImage Suppl, 5:S789, 1999.
M. Schulte, A. Knief, B. Ross, S. Makeig und C. Pantev. Virtual pitch of non-
simultaneous succesive harmonics. In H. Nowak, J. Haueisen, F. Gießler und
R. Huonker (Hg.), Biomag 2002, Proceedings of the 13th International Conference
on Biomagnetism, S. 119–121. VDE Verlag, Berlin, 2002.
M. Schulte, A. Knief, A. Seither-Preisler und C. Pantev. Gestalt recognition in a
virtual melody experiment. In J. Nenonen, R. J. Ilmoniemi und T. Katila (Hg.),
Biomag2000, Proc. 12th Int. Conf. on Biomagnetism, S. 107–110. Helsinki Univ.
of Technology, Espoo, Finland, 2001.
M. Schulte, A. Knief, A. Seither-Preisler und C. Pantev. Different Modes of Pitch
Perception and Learning Induced Neuronal Plasticity of the Human Auditory
Cortex. Neural Plast, accepted , 2003.
Danksagung
Zuallererst mochte ich mich bei meinem Doktorvater Prof. Christo Pantev fur die
Moglichkeit, diese Arbeit am Institut fur Experimentelle Audiologie zu erstellen,
und fur die gute Betreuung und Unterstutzung bei dieser Arbeit bedanken. Er er-
moglichte mir außerdem, eine Studie dieser Arbeit am Rotman Research Institute in
Toronto, Kanada, durchzufuhren.
Bei Prof. Riitta Hari mochte ich mich fur die Forderung innerhalb des EU-Neuro-
BIRCH II -Programms und die Gelegenheit bedanken, eine Studie dieser Arbeit in
der Brain Research Unit der Helsinki University of Technology in Helsinki, Finnland,
durchfuhren zu konnen.
Auch mochte ich mich bei Prof. Antoinette Lamprecht-Dinnesen bedanken, die mir
ermoglichte, die Arbeit an der Klinik fur Phoniatrie und Padaudiologie zu vollenden.
Besonders gilt mein Dank Michael Schulte fur die sehr intensive Zusammenar-
beit, die vielen anregenden und konstruktiven Diskussionen wahrend der gesamten
Promotionszeit und fur die kritische Durchsicht des Manuskripts.
Stellvertretend fur die Mitarbeiter des Instituts fur Experimentelle Audiologie
mochte ich mich bei Andreas Wollbrink, Karin Berning und Bernhard Ross fur die
Unterstutzung bei den Messungen, fur die gute Zusammenarbeit und das angenehme
Arbeitsklima bedanken.
Außerdem mochte ich Jana Huve, Andreas Hoekstra und Andreas Wollbrink fur
die Durchsicht sowie Ingo Lepper fur die TEX-nische Beratung beim Satz dieser
Arbeit meinen Dank ausprechen.
Vor allem bin ich meinen Eltern Uschi und Jurgen Knief fur ihr permanentes
Interesse, ihr Verstandnis und ihre Unterstutzung wahrend des gesamten Studiums
und daruber hinaus zu Dank verpflichtet. Besonders bedanken mochte ich mich bei
Ute Klenner, die mich mit viel Geduld wahrend der gesamten Promotionszeit auch
außerhalb der Arbeit unterstutzt hat.
Die Arbeit wurde im Rahmen des DFG-Projektes Pa/4-2 von der Deutschen For-
schungsgemeinschaft gefordert.