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271 Notiz uber die Einwirkang des Kali-Balks auf Pal- mitinsaure und uber die Natur des rohen Aethals ; von W. Heints. - In dem letzten Novemberheft dieser Annalen, XCVI, 236, ist von S c h a r l i n g die Meinung aufgestellt worden, die vier Sauren (Stearinsaure , Palmitinsaure , Myristinsaure und Laurinsaure), welche ich in den Producten der Einwirkung des Kali-Balks auf das rohe Aethal bei einer Temperatur von 2750 C. nachgewiesen habe, konnten recht wohl bei dieser entstehen. Er giebt nlmlich an, in den Producten dieser Zersetzung auch Butterslure gefunden zu haben , die ent- schieden nicht ails der ihr entsprechenden Alkoholart ent- standen sein konnte, weil sonst das Aethal nach dieser Al- koholart hatte riechen mussen. Zu noch weiterer Erhartung, dafs hierbei noch eine andere Zersetziing, als die durch die Formel CnHn+20a+(KO+ HO) = (CnH"-lO~+KO) + 4H ausdriickbare stattfinde, hat S c h a r 1 in g Kali-Kalk bei einer Temperatur von 2700 C. auf Palmitinsarire einwirken lassen und gefunden, dafs die Masse nach der Einwirkung ebenfalls Buttersaure enthielt. Bei den Versuchen, welche ich zur Zerlegung des rohen Aethals mehrfach angestellt habe, bei denen stets die erhal- tene Kali-Kalkverbindung durch Kochen mit verdunnter $" aure zersetzt wurde , hatte ich niemals den doch so leicht zu er- kennenden Geruch der Buttersaure bemerkt; doch durfte ich andererseits nicht zweifeln, dafs S c ha r li n g bei seinen Ver- suchen Buttersaure wirklich gefunden hat. Ich glaubte diesen Widerspruch dadurch erklaren zii durfen , dafs S c h a r 1 i n g den Luftzutritt zu dem erhitzten Gemisch nicht geniigend ge- hindert habe. Ich hatte bei meinen Versuchen stets mit der Operation aus einem einzigen Iiorper, dem Aethal (Cs2€€s402 1,

Notiz über die Einwirkung des Kali-Kalks auf Palmitinsäure und über die Natur des rohen Aethals

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Notiz uber die Einwirkang des Kali-Balks auf Pal- mitinsaure und uber die Natur des rohen Aethals ;

von W . Heints. -

In dem letzten Novemberheft dieser Annalen, XCVI, 236, ist von S c h a r l i n g die Meinung aufgestellt worden, die vier Sauren (Stearinsaure , Palmitinsaure , Myristinsaure und Laurinsaure), welche ich in den Producten der Einwirkung des Kali-Balks auf das rohe Aethal bei einer Temperatur von 2750 C. nachgewiesen habe, konnten recht wohl bei dieser

entstehen. Er giebt nlmlich an , in den Producten dieser Zersetzung auch Butterslure gefunden zu haben , die ent- schieden nicht ails der ihr entsprechenden Alkoholart ent- standen sein konnte, weil sonst das Aethal nach dieser Al- koholart hatte riechen mussen. Zu noch weiterer Erhartung, dafs hierbei noch eine andere Zersetziing, als die durch die Formel CnHn+20a+(KO+ HO) = (CnH"-lO~+KO) + 4 H ausdriickbare stattfinde, hat S c h a r 1 in g Kali-Kalk bei einer Temperatur von 2700 C. auf Palmitinsarire einwirken lassen und gefunden, dafs die Masse nach der Einwirkung ebenfalls Buttersaure enthielt.

Bei den Versuchen, welche ich zur Zerlegung des rohen Aethals mehrfach angestellt habe, bei denen stets die erhal- tene Kali-Kalkverbindung durch Kochen mit verdunnter $" aure zersetzt wurde , hatte ich niemals den doch so leicht zu er- kennenden Geruch der Buttersaure bemerkt; doch durfte ich andererseits nicht zweifeln, dafs S c ha r l i n g bei seinen Ver- suchen Buttersaure wirklich gefunden hat. Ich glaubte diesen Widerspruch dadurch erklaren zii durfen , dafs S c h a r 1 i n g den Luftzutritt zu dem erhitzten Gemisch nicht geniigend ge- hindert habe. Ich hatte bei meinen Versuchen stets mit der

Operation aus einem einzigen Iiorper, dem Aethal (Cs2€€s402 1,

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grofsten Sorgfalt die Luft von dcmselben abgehalten , eben weil ich voraussetzte, dafs bei einer Temperatur von 275O C. der Sauerstoff wesentlich oxydirend selbst auf die an eine Basis gebundene fette Saure einwirken konne. IcEi habe dieb auch in meinem Aufsatz uber das Aethal") ausdrucklich an- gegeben.

Um darzuthnn dafs meine Verniuthung gegrundet sei7 vermischte icli 15 Grm. uber einigen Tropfen he i ten Was- sers geschmolzene Palmitinsiiure mit doppelt so vie1 einer Mischung von Kali - und Kalkhydrat , theilte die Mischung, nachdem sie erkaltet und fein gepulvert wordm war, in zwei gleiche Theile und schuttete sie in zwei Glaskolh- chen, von denen das eine vorher mit Wasserstoffgas gefullt worden war. Auf diesen wurde sogleich durch einen Korlr ein Gasentwickelnngsrohr befestigt, das an seinem an- deren Ende init einem Wasserstoffentwickelungsapparat ver- bunden und schon mit diesem Gas gefullt war. Durch gelin- des Luften des Korks wurde der Gasstrom in den Kolben getrieben und dadurch die Luft ausgetrieben. Nun wurde der Kork sorgfaltig befestigt und der Kolhen in das Metallbad, das auf 2150 C. erhilzt war, ubergefuhrt, wiihrend man Sorge trug , die Mlndung des Gasentwickelungsrohrs nicht fruher zu offnen, als bis sie unter Quecksilber tauchte. Den zwei- ten Kolben senkte ich in dasselbe Metallbad, jedoch ohne ihn zu verkorken.

Nachdem die Wirkung der Hitze 5 Stunden angedauert hatt, wobei, nachdem die Kolben die Temperatur des Metall- bades angenommen haben mufsten, aus dem mit einem Gas- entwickelungsrohr versehenen kein Gas entwichen war, wurden dieselben herausgenommen. In dem Kolben , welcher offen gewesen war, hatte sich der Inhalt von der Oberflache her

*) Pogg. Ann. XCllI, 522.

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wesentlich geschwarzt, der untere Theil der Masse war vollkommen farblos. Hieraus schon folgt, dafs der Sauerstoff der Luft in der That zersetzend eingewirkl hatte. Wirklich war der Inhalt des andern Kiilbchens, der vor der Luft ge- schutzt gewesen war , in seines ganzen Masse vollkommen weifs. Als dieser mit verdiinnter Schwefelsaure zersetzt wurde, bemerkte ich keine Spur des Geruchs nach Butter- saure. Selbst als ich die saure Flussigkeit, aus der sich die fetle Saure vollkommen farblos ausschied , mit dieser der Destillation unterwarf , das allerdings nur schwach saure Deslillat niit zwei Tropfen kohlensaiirer Natronliisung uber- sattigte , eindampfte und den sehr geringcn Riickstand mit wenig verdunnter Schwefelsaure versetzte , konnte wohl der Geruch nach Salzsaure, die offenbar ails dem unreinen Kalihydrat stammte, deutlich bemerkl werden, aber nicht der der Buttersaure. Auf Zusatz von Alkohol entwickelte sich nicht , selbst nicht nach dem Erhitzen, der Geruch nach But- tersaurelther.

Die aus dem zweiten Kolbchen entleerte Masse verbrei- lete dagegen sofort, als sie mit verdiinriter Schwefelsaure zersetzt wurde, sehr stark den Geruch nach Buttersaure. Bei der Deslillation ging ein saures Wasser iiber, das mit kohlensaurem Natron gesattigt (wozu hier weit mehr als zwei Tropfen der Liisung erforderlich war) und eingedunstel auf Zusatz von etwas verdunnter Schwefelsaure den Geruch nach Buttersaure sehr stark entwickelte. Die Menge derselben war jedoch zu gering, urn sie isoliren zu kiinnen. Indessen auf Zusatz von elwas Alkohol wandelte sich der Geruch der Mischung sofort in den des Buttersaureathers um, der sich so leicht bildet , wenn diese SIure mit Alkohol und selbst etwas verdunnter Schwefelsaure geschiittelt wird. Ich zweifle daher nicht, dafs die gebildete Saure in der That Butter- shure war.

AnnRI. 11. Chem. 11. P l w m . X(:VIf. Bd. 3. Heft 18

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Hierauf untersuchte ich die ails der Kali-Kalkverbindung wieder abgeschiedenen fetten Sauren. Die aus dem Inhalt des mit Wasserstoff gefiillt gewesenen Kolbens erhaltene war vollkommen farblos und besafs alle Eigenschaften der zu dem Versuch angewendeten Palmitinsaure, namentlich nuch ihren Schmelzpunkt. Diese Saure wird daher durch Kali-Kalk bei 270 bis 280° C. bei Luftabschlufs nicht zersetzt. Die an- dere aus der braunschwarz gewordenen Kali-Kalkmasse gewon- nene, durch die nestillation mit Wasser von fliichtigen Sluren befreite Saure war dunkel braunschwarz gefarbt und selbsl im flussigcn Zustande undurchsichtig. Defshalb konnte ihr Schinelzpunkt nicht unmittelbar genau bestinimt werden. Ich versuchte sie durch Losen in Alkohol und Filtriren von der braunen Substanz zu befreien. Allein die durcli Wasser aus der Losung wieder abgeschiedene Siiure behielt ihre dunkele Farbe. Defshalb behandelte ich ihre alkoholische Liisung mit frisch gegluhter Thierkohle, filtrirte dann und schied aus der alkoholischen Lijsung die Saure durch Wasser wieder ab. Jetzt war sie fast vollkommen farblos und ihr Schmelzpunkt liels sich recht gut bestimmen. Er war wieder genau der- selbe, wie der der zu dem Versuch angewendeten Palmitin- saure. Hieraus folgt, dafs die Oxydation, welche diese Siiure unter dem Einflufs des Sauerstoffs der Luft erleidet , wenn sie rnit Kali-Kalk bis 2750 C. Iiingere Zeit erhitzt wird, nicht zur Bildung rnit den Wasserdampfen nicht fluchtiger fetter Sauren Anlafs giebt, denn sonst hiitte der Schmelzpunkt der Palmitinslure durch diese Operation erniedrigt werden miissen.

Schon in einer fruheren Arbeit (Pogg. Ann. XCIII, 523) habe ich gezeigt, dafs durch Einwirkung von Kali-Kalk auf feste fette Sluren bei selbst 280° C. keine Gasentwickelung eintritt. Es miifste sich aber Wasserstoff entwickeln , wenn aus Palmitinslure Butterslure entstehen soll, ohne dafs die Lufl Zutritt hat , lhcils der Wasserstoff aus tler Palmitinsiiure

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selbst, theils der Wasserstoff aus dein Hydratwasser des Kalihydrats, dessen Sauerstoff zur Oxydation des Kohlen- stoffs der Palmitinsaure dienen miifste. Dals in der That kein Gas bei diesem Procefs entwickelt wird , hat auch der gegenwartige Versuch gelehrt. Dieser Utnstand spricht schon genugend gegen die Annahme, dafs die Palmitinsiiure unter dem Einflufs des Kali-Kalks bei 275O C. und bei Abschlufs der Luft zur Bildung von an Kohlenstofl Irmeren fetten Sauren Anlafs geben konne.

Ich habe also nachgewiesen, dafs nur durch den Sauer- stoff der Luft unter diesen Umstiinden einc Zersetznng der Palmitinsaure eintritt. Die Vermuthung, von der ich bei diesen Vcrsuchen ausging, halte ich daher f i r bestltigt, nam- lich dars S c h a r l i n g bei seinen Versuchen die Luft nicht geniigend abgehalten hat. Da ich d i e t stets gethan habe nnd daher von mir nie die Bildung der Buttersaure bei jener Operation bcmerkt worden ist , so fallt der Grund fort, anf welchen S c h a r 1 i n g seinen Zweifel an meiner Behauptung stiitzt , dafs das rolie Aethal vier Alkoholarten enthalt. Bil- deten sich aber auch wirklich fluchtige Sauren bei Zutritt der Luft zu der Kali-Kalkverbindung, so hat der Versuch doch gelehrt, dafs die der Eiriwirkung dieser Substanzen ausge- setzt gewesene Palmitinsaure nach Entfernung der fluchtigen Sauren diirch Destillalion niit Wasser wieder vollkommen die Eigenschaften und namentlich den Schmelzpunkt besafs , wie vorlier , dafs also durch diese Zersetzung der Palmitinsaure eben nur fliichtige Sauren, aber weder Laurin-, noch Myristin-, noch gar Stearinsaure entstehen kann. Mein Schlufs ist daher vollkommen berechtigt, der nlmlich, dafs, wcil ich in den Producten der Zersetzung des rohen Aethals durch Kali-Kalk bei 275O C. und bei Abschlufs der Luft nicht hlofs Palmitin- saure , sondern auch Stearinsaure, Myristinsaure und Laurin- siitire nachgewiesen Irabc, das rohe Aethal vier Alkoholarten,

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namlich aufser Aethal ( C W s 4 0 2 ) auch Stethal (CseHss02), Methal [Cz8#~o02) nnd Lethal (C24#2602) enlhalten mufs.

Wenn ich die Miiglichkeit auch anerkennen mufste, dafs sich durch Oxydation aus Palmitinsaure Myristinsiiure und Laurinsaure bilden kann, und daher Versuche niithig warm, um zu beweisen, dafs diefs bei rneinen Versuchen nicht der Fall war, so ist mir doch viillig unklar, wie S c h a r l i n g die Ansicht aufstellen konnte , anch Stearinsaure kiinne aus der Palmitinsaure oder dem Aethal (CJ2Hs402) durch Einwirkunq von Kali-Kalk bei 2750 C. gebildet werden. Es ist wohl verstandlich, wie hierbei Substanzen sich bilden kiinnen , die in eineni Aequivalent weniger Kohlenstoff enthalten , als die zersetzte Substanz , nicht aber wie eine kohlenstoffreichere entstehen kann. Es ist eine ganz allgemeine Erfahrung, dafs bei energischen Zersetzungsprocessen , bei denen das Radical der organischen Verbindung mit zerstiirt wird , nie compli- cirtere, sondern stets einfacher zusammengesetzte Korper ent- stehen.

Schliefslich mufs ich noch bemerken , dafs S c h a r 1 i n g sich leicht davon iiberzeugen kann, wie ich es gethan habe, dafs das rohe Aethal ein Gemisch ist, dadurch, dafs er den durch Verseifung des Wallraths mittelst einer alkoholischcn Kalilosung, Zerlegung der Seife durch Chlorbarynm , Extrac- tion der Bargtverbindung durch Alkohol und Aether , Abde- stilliren des Alkohols und Aethers erlialtenen Korper, nach- dem er durch Kochen mit Salzsanre von dem noch darin enthaltenen Baryt und durch Kochen mit einer sehr ver- dunnten alkalischen Kalilauge uud Vermischen mit Wasser von der noch vorhandenen fetten Siirrre geschieden worden ist , vielfach aus der alkoholischen Losung urnkrystallisirt. Er wird dabei eine stete Steigerung des Schmelzpunlrtes der beim Erkalten abgeschiedenen Masse bemerken , nainentlich

H e i n t z , Notis uber die Eirhwirkung

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des Kali - Kdks auf Yalmitinsaure. 277

wenn zum Umkrystallisiren eine nicht zu geringe Menge Al- kohol angewendet wird.

Es wurde mich sehr freuen, wenn S c h a r l i n g es der Miihe werth erachten wollte, seine Versuche bei vollkommen- stem Luftabschlut zu wiederholen. Er wiirde sich dadurch von der Richtigkeit meincr Beobachtungen iiberzeugen und darnit ein Mittel mehr in die Hand bekommen, um die Natur des Doglals festzustellen, ein Mitlel, welches e r , auf seine Versuche gestiitzt , fur unbrauchbar erklaren mukte.

Ueber die Natur und Destillationsproducte des Torbanehill - Minerals ;

von A. Geuther*). -

Ein Mineral von Torbanehill bei Bathgate in der Graf- schaft Linlithgow in Schottland, welches vielfach ziir Dar- stellung von Leuchtgas angewendet wird , gab wiederholt Anlak zii Streitigkeiten , bei deren Beurtheilung es wesent- lich darauf ankam, ob das Mineral als Steinkohle oder als eine bituminose Substanz zu betrachten sei. Viele Natur- forscher haben sich , hauptsachlich auf mineralogische und niikroscopisch - anatoinische Untersuchung gestiitzt, iiber die Natur dieses Minerals ausgesprochen , ohne zu iibereinstim- mendeu Resultaten zu gelangen. G e u t h e r hat die chemi- schen Verhaltnisse und namentlich die Deslillationsproducte dieses Minerals genauer untersucht, urn aus ihnen auf die Natur jenes Borpers Schliisse zu ziehen.

Das Mineral brennt nach dem Anziinden mit hell-leuch- tender stark rufsender Flamme einige Zeit ruhig fort, ohne

") Ln Auszug aus dessen lnauguraldissertalion (Gottingen 1855).