4
F. A. Fliickiger, Notiz zur Geschichto des Camphers. 625 Wasserbad, his der Cleruch des Ammoniaks vollstiindig verschwiinden, iind llsst erkalten. Es scheiden sicli farblose , gliinzende, kleine Blattchen ails, welche von der Mutterlauge zuerst durch Absaiigen getrennt nnd dam durch Pressen zwischen Filtrirpapier sorgfaltig getrocknet werclen. Der Phenol-Harns toff zeigt alle Eigenschsften des Phenols und des Harnstoffs, er ist leicht liislich in Wasser und Alkohol; die wiisserige LOsiing giebt mit Eisenchlorid die beliannte violette Far- bung, mit Natronlauge erwarmt entsteht Ammonialr u. s. w. Die Krystalle haben eine grosse Neigung zu verwittern, d. h. sie verlieren an der Luft einen Theil ihres Phenolgohaltes ; diirch vorsichtiges Erwarmen anf ca. 30 - 35 O C. im Trockenschrankchen kann man das Phenol fast vollsthdig verjagen. Der Schmelzpunkt des Phenol-Harnstoffs lie& bei 61OC. (unc.) Ausgefuhrte Stickstoffbestimmungen fiihrten zu der Formel von einem Molekiil Harnstoff mit zwei Molekiilen Phenol: CO(NH2))' + (CGH60H)$. 0,9215 g Substanz mit Natronkalk verbrannt, gebrauchten 7,3 ccm Norinal - Schwefelstiure ziir Sattigung = 0,1022 g Stickstoff oder 11,09 Procent. 0,5480 g Substanz ergab 0,0616 g Stickstoff oder 11,24 Procent. 043 10 g Substanz nach der Kjelclahl'schen Methode bestimmt, Die Formel CO(NB*)2(CCH50H)2 verlangt 11,29 Procent N. Berechnet fiir Gefunden ergab 0,0973 g Stickstoff oder 11,7 1 Procent. d* - CO(NH3) (C 6H OH) a - I. II. III. C = 62,90 Proc. - - - H = 6,45 - - 0 = 19,35 - - - - - - N 5 11,29 - 11,09 Proc. 11,24 Proc. 11,71 Proc. Notiz zur Geschichte des Camphers. Die Bekanntschaft des Abendlandes mit dem Campher geht nicht weiter zuriick als his ziim XIt"" oder XIIten Jahrhundert; frii- here Nachrichten iiber denselben finden sich allerdings in der orien- talischen Literatur, doch gehiiren die Utesten dem Anfange des VIbn Amh. d. phana. XXIV. Bds. 14. Hft. 41

Notiz zur Geschichte des Camphers

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Notiz zur Geschichte des Camphers

F. A. Fliickiger, Notiz zur Geschichto des Camphers. 625

Wasserbad, his der Cleruch des Ammoniaks vollstiindig verschwiinden, iind llsst erkalten. Es scheiden sicli farblose , gliinzende, kleine Blattchen ails, welche von der Mutterlauge zuerst durch Absaiigen getrennt nnd d a m durch Pressen zwischen Filtrirpapier sorgfaltig getrocknet werclen.

Der Phenol -Harns toff zeigt alle Eigenschsften des Phenols und des Harnstoffs, er ist leicht liislich in Wasser und Alkohol; die wiisserige LOsiing giebt mit Eisenchlorid die beliannte violette Far- bung, mit Natronlauge erwarmt entsteht Ammonialr u. s. w.

Die Krystalle haben eine grosse Neigung zu verwittern, d. h. sie verlieren an der Luft einen Theil ihres Phenolgohaltes ; diirch vorsichtiges Erwarmen anf ca. 30 - 35 O C. im Trockenschrankchen kann man das Phenol fast vollsthdig verjagen.

Der Schmelzpunkt des Phenol-Harnstoffs lie& bei 61OC. (unc.) Ausgefuhrte Stickstoff bestimmungen fiihrten zu der Formel von einem Molekiil Harnstoff mit zwei Molekiilen Phenol: CO(NH2))' + (CGH60H)$.

0,9215 g Substanz mit Natronkalk verbrannt, gebrauchten 7,3 ccm Norinal - Schwefelstiure ziir Sattigung = 0,1022 g Stickstoff oder 11,09 Procent.

0,5480 g Substanz ergab 0,0616 g Stickstoff oder 11,24 Procent. 0 4 3 10 g Substanz nach der Kjelclahl'schen Methode bestimmt,

Die Formel CO(NB*)2(CCH50H)2 verlangt 11,29 Procent N. Berechnet fiir Gefunden

ergab 0,0973 g Stickstoff oder 11,7 1 Procent.

d* - CO(NH3) (C 6H OH) a - I. II. III. C = 62,90 Proc. - - - H = 6,45 - -

0 = 19,35 - - - -

- - N 5 11,29 - 11,09 Proc. 11,24 Proc. 11,71 Proc.

Notiz zur Geschichte des Camphers. Die Bekanntschaft des Abendlandes mit dem Campher geht

nicht weiter zuriick als his ziim XIt"" oder XIIten Jahrhundert; frii- here Nachrichten iiber denselben finden sich allerdings in der orien- talischen Literatur, doch gehiiren die Utesten dem Anfange des VIbn

Amh. d. phana. XXIV. Bds. 14. Hft. 41

Page 2: Notiz zur Geschichte des Camphers

tJ26 F. A. Fliickiger, Notiz zur Gieschichte des Camphers.

Jahrhunderts unserer Zeitrechnung an. Far Europa mag hervor- gehoben werden, dass der Campher im X I P Jahrhundert von der Abtissin Hi ldegard auf dem Ruprechtsherge bei Bingen genannt wurde, woraus vielleicht geschlossen werden darf, dass man damals in Deutschland den Campher kannte , vielleicht gar schon besass. Diese Erwahnung des Camphers jedoch steht vcreinzelt da und jcde neue derartige Thatsache muss als ein Beitrag zur Cleschichte des- selben willkoinmen geheissen werden.

Dr. P i e r o Giacosa, Professor der Nateria medica und physio- logischen Chemie an der UniversiEt Turin, ermittelte iinliingst eine derartige Erwahnung des Camphers in einem von ihm eingehend ans Licht gezogenen Manuscripte aus dem Archive des Capitels der Stadt Ivrea in Piemont. ' Den Hauptbestandtheil desselben bildet eine im Jahre 998 Ton dem Bischofe Warmiind (Veremondo) von Ivrea im Auftrage des Papstes gegen K6nig Arduin verkiindote Excommunication, welche bald wieder aufgehoben wurde. Derjenige Bestandtheil des Manuscriptes, welcher als ,, F o r m u 1 e c h e m i c e e t me d i c amen t o r 11 m " betitelt , ausser allem Zusammenhange init dem iibrigen , rein geschichtlichen Inhalte steht, wurde vermutlich angehangt , um die Aufmerksamkeit oberflachlicher Leser von der Excommunication abzulenken und die Registrirnng des bedenklichen Documentes in harmloser Form zu ermiiglichen.

Der genannte Bischof starb im Jahre 1010, daher jene medi- cinischen und chemischen Recepte ails der Zeit kurz vor oder nach dem Jahre 1000 stammen miissen. 1 9 Pergamentbliitter in Folio bilden diesen , ,Rice t t a r io ", welcher zunkchst Anleitung zur Gold- schrift, zur Bereitung der Goldtinte und zur Bemalung dcs Perga- mentes gibt , worauf erst der medicinische Theil folgt , in welchem neben den Heilmitteln jeweilen auch die Krankheiten angegeben sind, auf welche es abgcsehen ist. Unter den 33 verschiedenen Uebeln finden sich nicht weniger als 17 Formen von Augenleiden beriicksichtigt. Die Zahl der Heilmittel betragt 152, welche meist dern Pflanzenreiche angehGren, 38 sind der Thierwelt, 8 dem Mineral- reiche entnommen. Es scheint, dass sich der Verfasser des ,,Ricet- tario" einigermassen an die Schrift des L u c i u s h p u l e i u s B a r -

1) Un Ricettario del Secolo XI esistente nell' Archivio capitolare d'Ivrea. - Estr. dalle Memorie della R. Accademia delle Gcienze di Torino. Serie II, Torno XXXVII (1886), 23 Seiten, fol.

Page 3: Notiz zur Geschichte des Camphers

F. A. Fliickigcr, Notiz zur Geschichte dos Camphers. 627

b a r ii s anlehnte, dessen Ruch ,, De virtutibus herbarum " in der Bihliothek des Capitels von Ivrea vorhanden gewesen sein mochte, da es im Mittelalter weit verbreitet war.l Der Verfasser des ,,Ricet- tarioL' oder Receptbuches nennt sich P e t r u s Magriis, was in auf- fallender Weise an Macer f lor idus erinnert.

Die medicinische Literatiir Italiens im Mittelalter hat nur eine einzige Sclirift aufziiweisen , welclie alter ist, als das Receptbuch von Ivrea, namlich das Gedicht des mailandischen Erzbischofs B ene- d i c t u s Cr isp u s , welchem jedoch nur das einzige medicinisch- pharmaceutische Verdienst zukommt, ein Datzend Drogen namhaft zii machen. Aber weit mehr kniipft der ,,Ricettario" offenbar an Dioscor ides und P l i n i u s an, so dass G i a c o s a in demselben ein Stuck der Tradition erblickt , welche das classische Altertum ohne eigentliche Unterbrechung mit dem italienischen Mittelalter verband. Die italienische Medicin dieser Zeiten ist in den Augen G i a c o s a ' s keineswegs ein Ableger der arabischen Wissenschaft , wie vielfach angenommeii, aber auch bereits von Sa lva tore de Renzi , von D a r e m b e r g und von H a s e r bestritten w ~ r d e . ~

Zii Gunsten eiiies arabischen Einflusses liesse sich vielleicht eben anfiihren das Recept Nr. XV, Collirium ad oculos: Dracanti.j C a p h o r a. Calcacia. Caemedon cum aqua distempera fontanae ut stillicidiis. Diese Stelle bietet allerclings wohl das friiheste Beispiel einer Anwendung des Camphers in Europn, denn ohne Zweifel wircl man annehmen diirfen , dass der sonst nicht bekannte Verfasser, der sich P e t ru s Mag r ii s nennt , den Campher, welchen er in den von ihm benutzten Schriften nicht erwahnt gefunden haben konnte , auf Grund eigener Wahrnehmung und Handhabung beigefiigt habe.

Ein gleiches gilt schwerlich von der ohnehin mit Bezug auf die ihr zugeschriebenen schriftstellerischen Leistungen nicht geniigend bekannten H i l d e g a r d , welche sich, wie es scheint, ungefihr in

1) E. Meyer , Geschichte der Botanik I1 (1855) 316. 2 ) F 1 u c k i g e r , Pharmakoguosie , p. 1007. 3) Ebenda 989. 4) Literaturangaben in Gi a c o s a ' s Abhandlung. 5) Tragauth. 6) Vielleicht Acacia, d. h. Succus Acaciae; vgl. F l i ick iger , Documente

zur Geschichte der Pharlnacie 1876, p. 21 des Separat-Abzuges aus dem Archiv der Pharm. Bd. 204 und 205.

7) Vielleicht Chelidonium - 1 41 *

Page 4: Notiz zur Geschichte des Camphers

G28 Werthbestiinmung von Chlorkalk durch Wasserstoffsuperoxyd.

der Mitto des XIIton Jahrhunderts, ziemlich verworren Uber den Cam- phor Liissert wie folgt :

,, G a n p h o r a , scilicet pimini, puram frigiditatem in se habet, ,,sed arbor, de qua Ganphora sudat, aciitam et mnndam; et si qiiis ,,homo g a n p h o r a m simplicem comederct et non temperatam cum ,,his hcrhis, tune ignis qui in homine est, a frigore illius impe- ,,ditiir . . . . . ."

Bemerkenswerth ist immerhin, dass die Verfasscrin des Baum cs gedenkt, wclcher den Camyher liefcrt ; es ware wfinschenswerth, nachwcisen mi kiinnen, wie sic auf diesen fcrne liegenden Gedanken kam , den sic schwerlich eincr andern Schrift cntnelimen konnte.

Im Hinblick aiif eine iinllngst von mir veriiffentlichto Mitthei- lnng iihcr (lie Gcschichte der Nelken sei iihrigens noch die Be- merkiing gestattet , dass ,, G a r i o f o li i " in den Recept.cn von Ivrea ebenfalls rorkommen. F. A. Fl i ickiger .

B. Monst~bericht . .- .- - __ -

Allgemeine Chemie. Ueber Aethyl- nnd Methylhypochlorft. - Wie T. Sand nieyer schon

friiher mittheilte , erhielt cr den Aethylestcr der unterchlorigen Sliure direct als gelbes Oel beini Mischen von Alkoliol mit starker. whseriger unterclilo- rigor Saure. Eine fast quantitative Ausbeutc erhielt Vcrf., als er Natron- lauge mit Alkohol misclite und dam in cinoni eigens dam construirten Ap- parate Chlor untcr Abkiihlung cinleitete. Auf analogo Weise wurde auch das Metbylhypochlorit CH3 OC1 dargestellt, welchcs den ersten der zwei thco- rotisch moglichon , einfach gechlorten Methylalkoholc darstellt. (Rev. d . d. chem. Ges. 19, 857.)

Ueber die Werthbeetimmung von Clilorkalk dureli WasserstolTsuper- oxyd borichtet Prof. Lu ngo. Die Methode beruht darauf, dass unterchlorig- saure Salxe init HL 02 emischt augenhlicklich ihren activen Snuerstoff her- geben, ebonso wio das fVasserstoffsuporoxyd selbst, so dass man utets geunu dio doppelto Menge Sauerstoff von dorjenigon erhiilt, welche die n i c h t i m U e b or s c h u 8 8 b e f i n d 1 i c he dor beiden auf einander reagirenden Sub- stanzon alu activen Sauerstoff enthielt. Wo Zersetzung wird in oineni etwas abgeiindorten gewohnlichon Nitrometer vorgenommon. Die abgelesene Gas- menge muss natiirlich fur genauere Bestimmungen auf O D und 760mm Bar. reducirt werdon. Bei der Einwirkun von H*O% auf Chlorkalk entwickelt sich, wie oben gcsagt, die doppelte kenge des in1 Chlorkalk vorhandenen

1) S a n c t a o H i l d o g a r d i s Physica. Cap. XL., Migne'sAusgabe,p.1145;

2) .Journal do Pharmacie d'Alsace-Lorraine, Novembre 1885: Zur Ge- vergl. woiter iiber H i l d o g a r d : F l u c k i g e r , Pharniakogumie p. 1001.

schiclite der Gewurznelken.