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Offizielles Magazin für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 6/2014 November/Dezember Titelthema Körpersprache: Warum sie für den Schiedsrichter so wichtig ist Analyse Unter der Lupe: Der Saisonstart aus Sicht der Unparteiischen Projekt „Collinas Erben“: Radio-Podcast von und für Schiedsrichter Lehrwesen Im Blickpunkt: „Schwalben“ und andere Simulationen Es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt (im Bild: Zweitliga-Schiedsrichter René Rohde aus Rostock).

November/Dezember - DFB · 0,0% Alkohol isotonisch vitaminhaltig. Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen

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Offizielles Magazin für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund

6/2014November/Dezember

Titelthema

Körpersprache:Warum sie für denSchiedsrichterso wichtig ist

Analyse

Unter der Lupe:Der Saisonstartaus Sicht derUnparteiischen

Projekt

„Collinas Erben“:Radio-Podcastvon und fürSchiedsrichter

Lehrwesen

Im Blickpunkt:„Schwalben“ und andere Simulationen

Es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt (im Bild: Zweitliga-Schiedsrichter René Rohde aus Rostock).

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3S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 4Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen.

Editorial Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser,

an einen guten Schiedsrichter im modernenFußball darf zu Recht der Anspruch gestelltwerden, dass er ein lückenloses und fundier-tes Regelwissen besitzt, Zweikämpfe sauberbeurteilen kann und körperlich den Anforde-rungen des Spiels gewachsen ist.

Um alle diese Kriterien zu erfüllen, ist es not-wendig, dass ein Unparteiischer seine Spiel-leitungen stets kritisch hinterfragt und nachVerbesserungsmöglichkeiten sucht.

In diesem Zusammenhang sind auch dasAuftreten sowie die Körpersprache einesSchiedsrichters von nicht zu unterschätzen-der Bedeutung: Körpersprache, Mimik undGestik sind wesentliche Kommunikationsmit-tel, die von einem Unparteiischen währendeines Spiels sehr bewusst und gezielt einge-setzt werden können.

So ist es dringend notwendig, dass ein guterSchiedsrichter sich über seine eigene Außen-wirkung im Klaren ist und sich bewusst macht,wie bestimmte Gesten „rüberkommen“ undwas diese beim Gegenüber bewirken.

Ein Unparteiischer sollte sehr genau aufseine Körpersprache achten. Wenn er merkt,dass seine ruhige und zurückhaltende Spiel-führung von den Spielern ausgenutzt wird,ist er gut beraten, eine andere Gangart anzu-schlagen, klare Grenzen zu setzen und diesauch durch seine Körpersprache zu unter-mauern.

In besonders hektischen Spielphasen wird erversuchen, durch ein ruhiges und besonnenesAuftreten kein zusätzliches Öl ins Feuer zugießen.

Um als Schiedsrichter anerkannt zu werden,ist es von Vorteil, wenn man ein möglichstgroßes Repertoire an Reaktionen zur Verfü-gung hat. Nur dann kann man seine Körper-sprache je nach Spiel und Spielsituation varia - bel einsetzen.

Auf der anderen Seite senden aber auchSpieler und Trainer wahrend des Spiels sehrinteressante und wichtige Signale. Auch ihre

Den Körper sprechen lassen

Herbert Fandel, Vorsitzender des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses.

Körpersprache hilft dem Schiedsrichter sehroft, notwendige Weichenstellungen in einerBegegnung richtig vorzunehmen.

Wenn beispielsweise ein Stürmer im gegneri-schen Strafraum im Zweikampf zu Bodengeht und sich schmerzverzerrt auf der Erdekrümmt, unmittelbar nach dem Elfmeterpfiffdes Unparteiischen aber jubelnd aufspringtund den Pfiff wie den eigenen Torerfolg mitseinen Mitspielern feiert, dann sind dies Sig-nale eines Spielers, die keiner weiteren Deu-tung bedürfen.

Nicht nur im Elite-Bereich, sondern auch ander Basis beschäftigt man sich inzwischenmit dem Thema Körpersprache. Auf den fol-genden Seiten stellt Tobias Altehenger einProjekt aus dem Saarland vor. Dort hat maneinen Körpersprache-Experten mit ins Bootgeholt, der mit Schiedsrichtern praktischerarbeitet hat, wie sie Konflikt-Situationenbesser lösen können.

Ich empfehle Ihnen die interessanten Ausfüh-rungen zu dieser Thematik und wünscheIhnen für Ihre Spielleitungen viel Glück undErfolg.

Ihr

Herbert Fandel

TitelthemaBalancieren auf der „Statuswippe“Wie Schiedsrichter ihre Körpersprache verbessern 4

Panorama 10

TagungKompetenz-Module für LehrwarteErste „DFB-Jahres-Tagung Bildung“ 13

LehrwesenBetrug am FußballWas im DFB-Lehrbrief Nr. 57 steht 14

Regel-TestDer Ort der Spielfortsetzung 17

Analyse„Rammstoß“ mit UnschuldsgesteWas man aus dem Geschehen in den Profi-Ligen lernen kann 19

InternetService-Portal onlineNeue interaktive Möglichkeiten für Unparteiische 24

ProjektRegelkunde in Radio-Qualität„Collinas Erben“ berichten überden Schiedsrichter-Alltag 26

NachrufZum Tod von Kurt Tschenscher 29

Blick in die Presse 31

Aus den Verbänden 32

Vorschau 1/2015 34

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Titelthema

Balancieren auf der Dass Körpersprache für jeden Schiedsrichter ein zentrales Mittel der Spielleitung ist, hat vermutlich jeGrund seit Jahren professionelle Wege, holte bereits 2009 den Business-Coach und Schauspiel-Lehrerballverband (SFV) setzt man seit kurzem auf professionelle Expertise. SRZ-Mitarbeiter Tobias Altehenger

Die Szene, die „11Freunde“-Redakteur Ilja Behnisch so beeindruckte: Manuel Gräfe zeigt Kevin Großkreutz und Mario Mandzukicsehr deutlich ihre Grenzen auf.

Für einen Schiedsrichter ist esmeist die größte Anerkennung

seiner Leistung, wenn nach einemSpiel nicht über ihn gesprochenwird. Dieses übereinstimmendeSchweigen bedeutet meistens: DerSchiedsrichter hat alles richtiggemacht, ihm kann man die Schwä-chen des eigenen Teams heute aus-nahmsweise nicht zur Last legen.

Das stille Lob der Öffentlichkeit istdamit oft das Beste, was für einenSpielleiter zu holen ist.

Anders erging es jedoch vor einemknappen Jahr Manuel Gräfe. DerBerliner Sportwissenschaftler vonHertha Zehlendorf erhielt nämlichnach der Bundesliga-BegegnungBorussia Dortmund gegen Bayern

München seine ganz persönlicheWürdigung. Drei Tage nach demSpiel beschrieb der Journalist Ilja Behnisch für das Magazin„11Freunde“ ausführlich eine Situa-tion in der 44. Spielminute, in derMario Mandzukic und Kevin Groß-kreutz aneinandergeraten waren,und die er als Gradmesser für dieSpielleitung Gräfes nahm; für des-

sen Rolle als „Taktgeber imTestosteron-Tango“.

Mit spürbarer Anerkennung schil-dert Behnisch die Szene wie folgt:„Der Schiedsrichter beruhigt erstdas ,Rudel’, geht dann ein paarSchritte zurück, um sich eine neu-trale Zone zu schaffen, in die erdie beiden Kampfhähne einbe-

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„Statuswippe“der schon einmal gehört. Beim DFB geht man in diesem Bereich aus diesemStefan Spies zur Halbzeit-Tagung nach Mainz. Auch im Saarländischen Fuß-stellt das Projekt vor.

Christoph Dostert (rechts) bei der Arbeit mit den saarländi-schen Schiedsrichtern.

Körpersprache-Experte Christoph Dostert: „Die Hände desSchiedsrichters sind eindeutig vor dem Körper und zeigen:‚Hier werden Grenzen überschritten, ich werde das nichtzulassen.’“

stellt. […] Als Mandzukic und Groß-kreutz dann schließlich vor ihmstehen, lässt Gräfe die Situationfür einen Moment unkommentiertwirken. Im Hintergrund sieht manGräfes Assistenten Markus Sinnetwas rufen, doch der nickt nurleicht und signalisiert: alles imGriff. Dann schnellen seine Armenach unten. Die ‚Jetzt-ist-Schluss-Geste’, gefolgt von der GelbenKarte für beide Spieler. Mandzukicund Großkreutz akzeptieren klein-laut und schleichen weg wie Kin-der, die wissen, dass sie ihre Mut-ter enttäuscht haben.“

Paradebeispiel für gelungene Körpersprache

Ein solches Lob „ohne Not“ istmöglicherweise die allergrößteAuszeichnung für einen Spielleiter,nicht nur in der Bundesliga. Auch

die Schiedsrichter an der Basiswissen, wie schnell sich bei einemSieg die Schulterklopfer beimReferee einstellen. Hat eine Mann-schaft jedoch verloren, und dasVerlegenheitslob „An dir hat’snicht gelegen“ macht allgemeindie Runde, ist der Stellenwert eingänzlich anderer. Die von Ilja Beh-nisch geschilderte Szene ist aberin der Tat ein Paradebeispiel. FürDurchsetzungsfähigkeit, Souverä-nität, Routine, und vor allem: fürdie richtige Körpersprache im rich-tigen Moment.

Manuel Gräfe ist FIFA-Schiedsrich-ter, einerseits jahrelang geschult,andererseits aber auch mit einernatürlichen Präsenz ausgestattet,die Behnisch gar an einen jenerBerliner Wirte erinnert, „die demvollgetankten Stammgast erklärenmüssen, dass es jetzt auch mal gut

ist mit Molle und Korn.“ Wie aberist es an der Basis?

Fachmann mit ins Boot geholt

Tief im Südwesten Deutschlandsnahm man die Herausforderungan. Ungefähr zur gleichen Zeit, inder Manuel Gräfe jenes unerwarteteLob für seine Spielleitung erhielt,reifte im Schiedsrichter-Ausschussdes Saarländischen Fußballverban-des nämlich die Erkenntnis, dasses Zeit würde, auch die Schieds-richter an der Basis nach und nach

in den Bereichen Körperspracheund Gewaltprävention zu schulen.

Für dieses Projekt, das im Rahmender landesweiten Aktion „Gewalthat keine Klasse“ stattfinden sollte, holte sich SFV-Schiedsrich-ter-Obmann Heribert Ohlmanngemeinsam mit seinem Team einen echten Fachmann ins Boot:Christoph Dostert, Körpersprache-Experte und Coolness-Trainer amInstitut für Sozialarbeit und Sozial-pädagogik Frankfurt, der die saar-ländischen Verbands- und Landes-liga-Schiedsrichter schulte.

Nicht unbedingt eine einfache Aufgabe: „Fußball ist natürlich ein sehr emotionaler Sport“, weißDostert, der in seinem Job unteranderem mit verurteilten Gewalt-tätern arbeitet. „Leider kommt es auf den Sportplätzen aberimmer wieder vor, dass Aggressio-nen und Hektik durch den Schieds-richter nicht – wie es sein sollte –deeskaliert werden, sondern ganz

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Titelthema

im Gegenteil durch sein Auftretensogar noch verstärkt werden kön-nen.“ Dass man an dem eigenenAuftreten arbeiten kann (und mög-licherweise auch sollte), war einewichtige erste Lehre des Seminar-tags.

„Spiegeln“des eigenen Auftretens

Dabei war es dem Experten Dostertzunächst wichtig, den Spielleiternihr eigenes Auftreten bewusst zumachen. „Ganz entscheidend istfür mich bereits die Vorstellungs-runde am Anfang des Workshops“,erklärt er. „Hier kann ich denSchiedsrichtern im Prinzip sofortspiegeln, wie sie wirken. Viele wis-sen gar nicht, wie eine gewisseGestik oder Haltung eigentlichrüberkommt.“

Diese Analysen, bei denen Dostertauch gerne die Schiedsrichter imPlenum ihren Kollegen ein Feed-back geben lässt, sind natürlichauch auf die Sportplatz-Situationübertragbar: „Wenn vor dem Spielein Schiedsrichter auf den Platzkommt, der leise spricht, den Blicksenkt und keinen festen Hände-druck hat, dann habe ich mir alsVereinsvertreter meinen erstenEindruck doch schon gebildet.“

Dostert schmunzelt, als er berich-tet, wie er als aktiver Fußballer aussolchen Situationen Kapital schla-gen konnte: „Wenn so einer kam,dann wusste ein erfahrener Spielerdoch: ‚Mit dem kann ich’s heutemachen!’ Dem müssen wir mit Kör-persprache entgegenwirken.“

Man kann nicht nichtkommunizieren

Körpersprache macht, erklärtChris toph Dostert, 80 bis 85 Pro-zent des eigenen Auftretens aus.Der Dichter Christian Morgensternbemerkte dementsprechend schon1906: „Der Körper ist der Überset-zer der Seele ins Sichtbare.“ DerKommunikations-WissenschaftlerPaul Watzlawick ein paar Jahr-zehnte später so lakonisch wietreffend: „Man kann nicht nichtkommunizieren.“ Insbesondere dieThese Watzlawicks führt natürlich

dazu, dass man – gerade alsSchiedsrichter – unbewusst eineMenge richtig, aber auch jedeMenge falsch machen kann.

Christoph Dostert nennt Beispiele:„Eine Abwehrbewegung, die abso-lut verständlich sein kann, wennich als Schiedsrichter bedrängt

werde, kann – falsch durchgeführt –arrogant wirken, fehlender Augen-kontakt mitunter herablassend.Außerdem sollte ich mir immerklarmachen, dass der MenschZonen hat, in die niemand eindrin-gen darf. Wenn ich zu nah aneinem Spieler dran stehe, löst dasin aufgeheizter Atmosphäre auto-matisch Aggressionen aus.“

Nicht auf die Größekommt es an…

Dabei ist Körpergröße übrigensnicht alles. Ilja Behnisch hatte inseinem Artikel noch das GardemaßManuel Gräfes hervorgehoben undrhetorisch gefragt, ob als Konse-quenz seiner exzellenten Spiellei-tung jetzt „in der Bundesliga nurnoch groß gewachsene Ur-Berlineran die Pfeife gelassen werden“.

Christoph Dostert müsste da wohlwidersprechen. „Auch wenn einegewisse Größe natürlich hilfreichist, ist die Dynamik einer Aktiondeutlich entscheidender. Wie geheich in die Szene rein, mit welcherKörpersprache und mit welchemAuftreten löse ich beispielsweiseeine ,Rudel-Bildung’ auf?“, meintder Experte. LehrgangsteilnehmerMarius Well gibt ihm recht. „Durchdie Übungen weiß ich jetzt, wie ich

„Was zunächst aggressiv wirkt, kann sich im Nachhineindurchaus als deeskalierend herausstellen. Der Schiedsrichterbefindet sich im Hochstatus und signalisiert deutlich: ‚Ichwerde in meinen Entscheidungen sehr konsequent sein.’“

„Der Schiedsrichter findet sich hier in einer aggressiven Situation wieder“, erklärt ChristophDostert. „Er sollte versuchen, einen Schritt zurückzugehen und seine Hände eindeutig abweh-rend zu positionieren.“

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Fünf Tipps für die Praxis

1. Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance!Schon der erste Händedruck am Platz ist entscheidend. AlsSchiedsrichter sollte man bei der Ankunft am Platz selbstbe-wusst, aber nicht arrogant wirken. Ein freundliches, verbindli-ches Auftreten, ein angenehmer Händedruck, guter Augenkon -takt und deutliche Sprache sind hier der Schlüssel für einenguten Start.

2. Reflexion des eigenen Auftretens!Wenn Schiedsrichter zum ersten Mal bei einer Spielleitunggefilmt werden, sind sie meist selbst überrascht, wie gewisseGesten wirken. Das eigene Auftreten gespiegelt zu bekommen,ist aber äußerst wichtig. Daher, wenn die Möglichkeit besteht:ein eigenes Spiel filmen und an der Körpersprache arbeiten.

3. Dynamisch in Situationen gehen!Weniger entscheidend als die Körpergröße eines Schiedsrich-ters ist die Entschlossenheit, mit der er gewillt ist, Situationenzu lösen. Aber Vorsicht! Nicht jeder Schiedsrichter kann etwamit dem gleichen körperlichen Einsatz eine „Rudel-Bildung“auflösen. Manchmal ist es auch besser, außen vor zu bleibenund zu beobachten, bevor man selbst zum Teil des „Rudels“wird.

4. Kritische Situationen schnell beenden!Eine knappe Geste ist manchmal vielsagender als ausschweifendeDiskussionen. Der Schiedsrichter macht somit deutlich: bis hier-hin und nicht weiter. Christoph Dostert: „Je länger ein Konfliktdauert, desto schwerer wird es, ihn zu lösen.“

5. Status wahren!Spieler versuchen oft, den Schiedsrichter in den Tiefstatus zudrängen. Dies gilt es aber zu verhindern. Dabei hilft die richtigeKörpersprache. Eine gerade Haltung ist wichtig, auch muss derSchiedsrichter seine Intimsphäre schützen, indem er Distanz zuden Spielern wahrt. Mit einem ausgestreckten Arm kann mansich eine Zone schaffen, in die kein Spieler eindringen darf. Ver-letzt ein Spieler diese Zone, indem er zum Beispiel gegen denArm läuft, gibt es „Gelb“.

Die richtige Körpersprache

mich, obwohl ich körperlich nichtder Größte bin, anders darstellenkann.“

Für die richtige Dynamik hat Chris -toph Dostert übrigens noch einenTipp: „Viele Schiedsrichter verges-sen in Stress-Situationen ihr wich-tigstes Instrument: die Pfeife.Wenn ich bedrängt werde, ener-gisch pfeife und zwei, drei Schrittezurückgehe, dort eine feste Posi-tion finde und den Spielern klar-machen kann: Wer jetzt noch inmeinen Bereich eindringt,bekommt die Konsequenzen zuspüren, dann habe ich schon eineMenge gewonnen. Je länger einKonflikt dauert, desto schwererwird es, ihn zu lösen.“

Beim Lehrgang im SaarländischenFußballverband stehen genau sol-che Übungen auf der Tagesord-nung. Die Teilnehmer holen„Opfer“ aus einer Bedrohungs-Situation, lösen „Rudel“ auf undgehen zielsicher durch eine Men-

schenmenge aggressiver Perso-nen. „Damit simulieren wir denWeg vom Platz in die Kabine“,erläutert der Experte Dostert.

„Die anderen Schiedsrichter habenvorher die Anweisung bekommen,die Person in der Gasse verbalanzugehen und auch zu versu-chen, sie festzuhalten und so amFortkommen zu hindern. Dabei wares natürlich wichtig, auf der einenSeite zwar zielstrebig weiterzuge-hen, auf der anderen Seite abernicht auch noch zu einer Eskala-tion der Situation beizutragen.“

Ein Ziel: situatives Verständnis

Für die Schiedsrichter ist dieseÜbung eine zwar ungewohnte,aber willkommene Simulation. ImVergleich zu den mitunter etwastheorielastigen Regelschulungengibt Christoph Dostert praktischesHandwerks- und Rüstzeug für Kon-flikt-Situationen an die Hand. Den-

Hier wird ein wichtiger Aspekt der Körpersprache verletzt: dieIntimzone. Christoph Dostert: „Zu große Nähe kann in aufge-heizter Atmosphäre neue Aggressionen hervorrufen.“

noch weiß auch er: „Es gibt keinAllheilmittel. Jeder Spieler istanders und benötigt je nachdemauch eine andere Ansprache.“

Trotzdem ist die Reflexion undWeiterentwicklung der eigenenKörpersprache aus seiner Sicht fürGewaltprävention auf dem Fußball-platz ein zentrales Thema: „Nebenden praktischen Übungen wollenwir natürlich auch ein Bewusstseinfür die Rolle schaffen, die man alsSchiedsrichter eigentlich hat, wol-

len von den Teilnehmern wissen,was eigentlich einen gutenSchiedsrichter ausmacht, wollendie Unparteiischen aber auch fürKonzepte wie die ‚Statuswippe‘sensibilisieren.“

Mit diesem Begriff ist gemeint, wieSchiedsrichter und Spieler in Kon-flikt-Situationen ihren Status tau-schen. Denn plötzlich wird derSchiedsrichter durch den Spieler indie passivere Rolle gedrängt, densogenannten Tiefstatus. „So etwas

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Titelthema

gilt es zu verhindern“, stelltDostert klar, „dafür muss man esaber auch auf dem Platz erkennenkönnen. Um dieses situative Ver-ständnis zu schaffen, sind wirnatürlich auch hier.“

Ein positives Fazit

Am Ende des Lehrgangs bittenChristoph Dostert und HeribertOhlmann zur Diskussion. Das Fazitder Teilnehmer ist überaus positiv.

Auch in Diskussionen kann Gelegenheit für ein entspanntesWort sein. Durch die eher passive Körpersprache signalisiertder Schiedsrichter, dass er sich auf möglicherweise aufkom-mende Aggressionen nicht einlassen wird.

Für eine Verwarnung umarmt wurde FIFA-Schiedsrichter Wolf-gang Stark vermutlich eher selten. Wenn die Situation aberderart entspannt abläuft, ist auch das Eindringen in die Intim-zone mit einem freundlichen Lächeln zu lösen.

Die „Rudel-Bildung“ ist eine der anspruchsvollsten Situationen für einen Spielleiter. ChristophDostert weiß: „Hier muss der Schiedsrichter Dynamik an den Tag legen. Zögerlich wird maneine ,Rudel-Bildung’ nicht auflösen können.“

Wichtig ist ihnen aber, dass es miteinem Lehrgang nicht getan ist.Einer der erfahreneren Schieds-richter sieht vor allem die Anwär-ter-Lehrgänge als geeigneten Platzfür die Schulung zu diesem Thema,

seien doch gerade die ganz jungenKollegen häufig Stress-Situationenmit Eltern, Trainern und Betreuernausgesetzt. Christoph Dostertsieht das ähnlich: „Die meisteGewalt haben wir in den unterenKlassen.“

Auch Schiedsrichter-Obmann Heri -bert Ohlmann betont, dass dieZiele nachhaltig gesteckt werdenmüssen. „Einerseits sollen diebereits geschulten Schiedsrichteran der Basis als Moderatoren desThemas fungieren, andererseitswollen wir aber auch in den Krei-sen Überzeugungsarbeit leisten,dass es sich bei dem Projekt umeine gute und wichtige Sache han-delt.“

Die Schiedsrichter aus dem SFVdürfen sich also voraussichtlichauf ein Wiedersehen mit ChristophDostert freuen. Bei diesem Treffensollen dann die Erfahrungen derTeilnehmer mit den neu erlerntenStrategien diskutiert werden.

Und wer weiß: Vielleicht reicht‘sdann auch bald schon für einenvon ihnen für ein unverhofftesSonderlob in der „Saarbrücker Zei-tung“…

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Engländer Webbbeendet Karriere

Viel mehr kann ein Schiedsrichternicht erreichen: Der EngländerHoward Webb leitete auf der Inselmehr als 500 Profispiele, wurdezweimal zum „Welt-Schiedsrichter“ernannt, leitete ein WM- und ein

Champions-League-Finale. Jetzthat der 43-Jährige seine erfolgrei-che Laufbahn beendet.

„Ich hatte mehr als ein Jahrzehntlang den besten Platz im Stadionfür Premier-League-Spiele, durftean UEFA- und FIFA-Turnieren teil-nehmen und auch Finalspiele lei-ten“, sagte Webb, der insgesamt 25 Jahre lang als Schiedsrichter im Einsatz war.

Künftig wird der 43-Jährige alsTechnischer Direktor der engli-schen Schiedsrichter-VereinigungPGMOL arbeiten, die Leistungender Unparteiischen beobachtenund Schulungen koordinieren. Essei wichtig, betonte Webb, dasserfahrene Referees auch nachihrer Karriere ihr Wissen weiterge-ben.

Das WM-Finale 2010 zwischen Spanien und den Niederlanden (1:0 n.V.) war der Höhepunkt seinerlangen Karriere. Im selben Jahr leitete der frühere Polizist ausRotherham auch das Finale derChampions League zwischen Bay-ern München und Inter Mailand(0:2) in Madrid.

Webb war zudem bei den EM-End-runden 2008 und 2012 sowie beider WM 2014 in Brasilien im Ein-satz. Mike Riley, Generaldirektordes Schiedsrichter-Verbandes,lobte seinen Landsmann: „Webbwar der führende Schiedsrichterseiner Generation und eine Inspi-ration in England und auf der gan-zen Welt.“

Howard Webb leitete unteranderem das WM-Finale 2010in Südafrika.

Wolf-Dieter Ahlenfelder vor dem Bundesliga-Spiel SV Waldhof Mannheim gegenden VfB Stuttgart im Jahr1987.

Aufhebung der Altersgrenze?

Können FIFA-Schiedsrichter inZukunft länger das Wappen desWeltverbandes auf der Brust tra-gen? So zumindest sieht es derPlan der FIFA vor, der die Alters-grenze für internationale Unpartei-ische aufheben könnte. DasSchiedsrichterkomitee arbeitetderzeit einen Vorschlag für dieUmsetzung aus.

Bereits im Juni war die Aufhebungder Altersgrenze für FIFA-Mitglie-

Wolf-Dieter Ahlenfelderverstorben

Mit Wolf-Dieter Ahlenfelder starbam 2. August einer der beliebtes -ten, aber auch ein umstrittenerBundesliga-Schiedsrichter der80er-Jahre. Er wurde 70 Jahre alt.

In seiner aktiven Zeit leitete Ahlen-felder 106 Bundesliga-Spiele. In derSaison 1983/84 wurde er als besterdeutscher Schiedsrichter vomDeutschen Fußball-Bund mit der„Goldenen Pfeife“ ausgezeichnet.

Die Laufbahn Ahlenfelders begannauf den Ascheplätzen des Ruhrge-biets. Er wurde 1944 in Oberhausengeboren und machte eine Ausbil-dung zum Mineralölkaufmann.

Durch eine der größten Pannen inder Bundesliga-Geschichte erlangteder Oberhausener Kult-Status:Ahlenfelder bat 1975 beim SpielWerder Bremen gegen Hannover 96 –seiner dritten Bundesliga-Begeg-nung – bereits nach 32 Minutenzum Pausentee.

Seine Entscheidung korrigierte derUnparteiische zwar, aber erstnachdem der Bremer Horst-DieterHöttges ihn auf seinen Irrtum hin-wies. Später begründete derSchiedsrichter den frühen Abpfiffdamit, dass er vor dem Spiel zum

Mittagessen neben einem Gänse-braten ein Bier und einen Malte-ser-Schnaps zu sich genommenhätte.

Viele andere Schiedsrichter hätteein solcher Lapsus vermutlich dieKarriere gekostet. Nicht Ahlenfel-der, der es verstand, seinen Skan-dal-Auftritt geschickt umzudeuten.Und wer in der Bremer Vereins-gaststätte einen „Ahlenfelder“bestellt, erhält auch heute nochein Bier und einen Malteser.

Schiedsrichterboykottieren Spiele

Als „Weckruf für den Celler Fuß-ball“ bezeichnete Kreis-Schieds-richter-Obmann Michael Frede den14-tägigen Boykott seiner Schieds-richter. Tritte, Schläge, Beleidigun-gen und sogar Morddrohungenhatten zu diesem drastischenSchritt der Celler Schiedsrichtergeführt. Die Konsequenz: Spielevon der ersten bis zur viertenKreisklasse fanden an zwei Wochen -enden ohne neutrale Schiedsrich-ter statt.

„Wir mussten einfach reagieren.Man kann ja nicht warten, bis es

der beschlossen worden. FIFA-Prä-sident Joseph Blatter sprach sichzuletzt dafür aus, den Beschlussdes Kongresses auch für Schieds-richter zu erweitern: „Es gibt keineAltersrichtlinie für das Karriere-Ende von Spielern, Trainern undallen anderen Positionen innerhalbeines Fußballklubs. Schiedsrichtersollen auch von dieser wesent-lichen Freiheit profitieren“, sagteder FIFA-Präsident.

Nachdem FIFA-Referees frühermaximal 50 Jahre alt sein durften,wurde das „Rentenalter“ für dieinternationalen Unparteiischenschrittweise auf 48 und dann auf47 Jahre herabgesetzt. Seit 1992ist bereits mit 45 Jahren Schluss.In der Bundesliga liegt die Alters-grenze bei 47 Jahren.

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Die internationalen Spiele der Deutschen im Juli und August 2014

FIFA-Schiedsrichter unterwegsName Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierte Offizielle/Torrichter

Deniz Aytekin Europa League Maccabi Tel-Aviv FC Asteras Tripolis FC (GRE) Kleve, Häcker, Perl

Felix Brych Freundschaftsspiel Hyundai A-League All-Stars Juventus Turin

in Australien

Felix Brych Champions League Steaua Bukarest PFC Ludogorets 1945 (BUL) Borsch, Häcker, Christ, Fritz, Dankert

Bastian Dankert Europa League FK Jagodina (SRB) CFR 1907 Cluj (ROU) Schiffner, Seidel, Stegemann

Bastian Dankert Europa League Real Sociedad FC Aberdeen Häcker, Fischer, Winkmann

San Sebastián (ESP)

Christian Dingert Europa League FK Lovcen (Montenegro) FK Željeznicar Henschel, Christ, Stegemann

(Bosnien-Herzegowina)

Christian Dingert Europa League FC Krasnodar (RUS) Diósgyöri VTK (HUN) Pickel, Schaal, Hartmann

Marco Fritz Europa League FC Zimbru Chisinau (MDA) ZSKA Sofia Achmüller, Schaal, Winkmann

Manuel Gräfe Europa League Qarabag FK (AZE) Twente Enschede Henschel, Gittelmann, Winkmann

Wolfgang Stark Champions League BATE Borisov (Belarus) ŠK Slovan Bratislava Pickel, Schiffner, Kempter, Stieler, Hartmann

Tobias Stieler Europa League HNK Rijeka (CRO) Ferencvárosi TC Bornhorst, Thielert, Hartmann

Tobias Welz Champions League F91 Dudelange (LUX) PFC Ludogorets 1945 (BUL) Kleve, Foltyn, Schmidt

Tobias Welz Champions League FK Mladá Boleslav (CZE) Olympique Lyon Schiffner, Foltyn, Perl

Felix Zwayer Champions League Besiktas Istanbul Feyenoord Rotterdam Achmüller, Pelgrim, Stieler

Felix Zwayer Europa League FC Rostov (RUS) Trabzonspor A.S. Achmüller, Steuer, Schmidt

Marija Kurtes Champions League Frauen Apollon Ladies FC (CYP) Gintra Universitetas (Litauen) Biehl

Marija Kurtes Champions League Frauen Klaksvíkar Ítrottarfelag Apollon Ladies FC (CYP) Biehl

(Färöer)

Bibiana Steinhaus U 20-Frauen-WM Kanada Ghana Rafalski, Wozniak

Bibiana Steinhaus U 20-Frauen-WM Paraguay Costa Rica Rafalski, Wozniak

Bibiana Steinhaus U 20-Frauen-WM Nordkorea USA Rafalski, Wozniak

Danijel Darandik UEFA Futsal Cup FS Ilves Tampere (FIN) FK Lokomotyvas Radviliškis (LTU)

Danijel Darandik UEFA Futsal Cup Perth Saltires (SCO) FS Ilves Tampere (FIN)

Danijel Darandik UEFA Futsal Cup FK Lokomotyvas Radviliškis (LTU) Perth Saltires (SCO)

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Das Freistoß-Spray ist nun auch in Deutschland eingeführt.Freistoß-Spray nunauch in Deutschland

Seit Mitte Oktober wird das Frei-stoß-Spray nun auch in den dreihöchsten deutschen Spielklasseneingesetzt.

Damit folgen die deutschen Unpar-teiischen denen der spanischenPrimera Division, der französi-schen Ligue 1 und auch der engli-schen Premier League, die schon

weiter eskaliert und ein Schieds-richter im Krankenhaus landet“,erklärte Frede gegenüber der „Cel-leschen Zeitung“. In der abgelaufe-nen Saison war der Celler Fußball-kreis laut Fair-Play-Statistik zumdritten Mal in Folge der unfairstein ganz Niedersachsen. Seit Märzkam es wiederholt zu gewalttäti-gen Angriffen auf Unparteiischeund damit zu Spielabbrüchen. Deshalb herrschte bei den Verei-nen im Fußballkreis auch überwie-gend Verständnis für die unge-wöhnliche Maßnahme.

Zustimmung fand die Entschei-dung der Celler Schiedsrichterauch auf höchster Ebene desNiedersächsischen Fußballverban-des (NFV). Wolfgang Mierswa, Vor-sitzender des NFV-Schiedsrichter-Ausschusses, betont: „Aus meiner

Sicht ist das genau das richtigeZeichen. Natürlich trifft das auchVereine, die sich fair verhalten.Aber in fast jedem Verein gibt eseben auch Unvernünftige.“ Mierswahat die Hoffnung, dass durch die-ses deutliche Zeichen wieder Nor-malität im Celler Fußball einkehrt.

Es liegt an den Funktionären undSpielern, gemeinsam mit denSchiedsrichtern in Zukunft für einsportliches und faires Miteinanderzu sorgen.

länger mit dem Hilfsmittel ausge-stattet sind.

„Die Handhabung des Freistoß-Sprays war Bestandteil des turnus-

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Panorama

Nach einem Disput mit demVierten Offiziellen wurdeDiego Simeone für achtPflichtspiele gesperrt.

Vor ihren Jubiläumsspielen: Sascha Thielert, Peter Gagel-mann, Thomas Gorniak und Sven Jablonski in Hannover sowie...

...Guido Winkmann, Christian Fischer, Thorsten Kinhöfer undFrederick Assmuth (jeweils von links) zeitgleich in Berlin.

Acht Spiele Sperre für Atlético-TrainerTrainer Diego Simeone vom spani-schen Fußball-Meister AtléticoMadrid ist für seine schwere Ent-gleisung im Rückspiel des nationa-len Supercups hart bestraft wor-den: Der 44 Jahre alte Argentinierwurde wegen zwei Ohrfeigengegen den Vierten Offiziellen imDuell mit Pokalsieger Real Madrid(1:0) zu einer Sperre von achtPflichtspielen verurteilt. Zudemmuss Simeone eine Geldstrafe inHöhe von 4.805 Euro zahlen, derKlub wurde mit einer Strafe von2.800 Euro belegt.

Simeone hatte in der Neuauflagedes Champions-League-Finalesnach 25 Minuten aus Verärgerungüber Schiedsrichter David Fernán-dez Borbalán die Beherrschungverloren. Weil der Referee Atlético-Spieler Juanfran nach einerBehandlung am Spielfeldrand nicht wieder auf den Rasen ließ,

attackierte Simeone den ViertenOffiziellen. Nach seinem Innenraum-verweis gab Atléticos Trainer auchaus der ersten Reihe der Tribünenoch Anweisungen für sein Team.

Das Urteil gegen Simeone ist dashärteste gegen einen spanischenTrainer seit 14 Jahren. Im Jahr2000 war Trainer Rojo wegenSchiedsrichter-Beleidigung imKabinengang für neun Spielegesperrt worden.

Vor Bekanntgabe des Urteils hatteder frühere Profi Simeone sich ein-sichtig gezeigt: „Es tut mir leid. Ichhabe Fehler gemacht, und wennman einen Fehler macht, dannmuss man natürlich auch dafürzahlen.“

200. Bundesliga-Spielfür Gagelmann undKinhöfer

Der Eröffnungs-Spieltag der laufenden Bundesliga-Saison botgleich für zwei Schiedsrichtereinen kleinen Anlass zum Feiern:Peter Gagelmann und Thorsten Kinhöfer leiteten jeweils ihr 200. Bundesliga-Spiel.

Peter Gagelmann pfiff das Duell Han- nover 96 gegen den FC Schalke 04.Assistiert wurde er bei seinemJubiläums-Einsatz von SvenJablonski und Thomas Gorniak.

mäßigen Schiedsrichter-Lehr-gangs, der Anfang Oktober inMainz stattfand“, sagt Herbert Fan-del, Vorsitzender des DFB-Schieds-richter-Ausschusses.

Zunächst war die Einführung desSprays noch verschoben worden,weil eine Umsetzung bereits zuSaisonbeginn zu kurzfristig schien.

UEFA schützt Köpfe der SpielerSchiedsrichter in europäischenWettbewerben können ab soforteine Partie für bis zu drei Minutenunterbrechen, wenn sich ein Spie-ler am Kopf verletzt hat. Dasbeschloss das Exekutivkomitee derEuropäischen Fußball-Union (UEFA)in Nyon.

In dieser Pause soll der verletzteSpieler vom Mannschaftsarztuntersucht werden können. Einweiterer Einsatz ist nur dannerlaubt, wenn der Arzt demSchiedsrichter ein positives Signalgibt.

Vierter Offizieller in diesem Spielwar Sascha Thielert.

Zur gleichen Zeit lief Thorsten Kin-höfer im Berliner Olympiastadionebenfalls zum 200. Mal in derBundesliga auf. Er war für dieBegegnung zwischen der Herthaund Werder Bremen angesetzt. Mitdabei: die Assistenten ChristianFischer und Frederick Assmuth

sowie der Vierte Offizielle GuidoWinkmann.

Von den derzeit aktiven Schieds-richtern in der Bundesliga habenansonsten nur Wolfgang Stark, Florian Meyer, Michael Weiner und Knut Kircher bisher die 200-Spiele-Marke erreicht.

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Tagung

Kompetenz-Modulefür LehrwarteZur ersten „DFB-Jahres-Tagung Bildung“ trafen sich die Bildungs-Beauftragtender Verbände zusammen mit den Qualifizierungs-Beauftragten, den Schieds-richter-Lehrwarten und den Verbandssportlehrern in Frankfurt am Main. SRZ-Mitarbeiter Günther Thielking berichtet über das Treffen.

Mit einem interessanten Blick indie Zukunft in Sachen „DFB-

Akademie“ begrüßte DFB-General-sekretär Helmut Sandrock die rund90 Gäste.

Zum Auftakt der Arbeitseinheitenfolgte ein spannendes Referat zumThema „Wie man lehrt, ohne zubelehren“ von Professor RolfArnold von der Technischen Uni-versität Kaiserslautern.

Der Wissenschaftler machte deutlich, dass in der modernenLehrarbeit die Auszubildenden

nicht nur mit Fachwissen zuge-schüttet werden dürfen. Sie müss -ten emotional in die Lernprozesseeingebunden sein, um das Erlernteaufzunehmen und zu verinner-lichen.

„Lernen kann man nicht erzwin-gen, sondern lediglich anregen,fördern und begleiten“, sagteArnold. „Damit dies gelingt, müs-sen Lehrkräfte wissen, wie Lernenfunktioniert, und sie müssen in derLage sein, Lernprozesse zu initiie-ren, zu arrangieren, zu beratenund zu begleiten.“

Auf der Grundlage des Masterplansfür den Amateurfußball gab DFB-Direktor Willi Hink einige Hinweisezum zukünftigen Bildungs-Konzeptdes Deutschen Fußball-Bundes. ImAnschluss daran erhielten die Teil-nehmer den Auftrag, in Fachgruppenan einem Entwurf zur neuen DFB-Ausbildungsordnung zu arbeiten.

Deutlich wurde in der Diskussionder Verbands-Schiedsrichter-Lehr-warte, dass am 14. Lebensjahr alsEinstiegsalter in die Tätigkeit einesUnparteiischen festzuhalten sei.Ausnahmen hiervon müssten

jedoch auf den Einzelfall bezogenmöglich sein.

In einem weiteren Arbeitsgangsollten die Teilnehmer ein Bil-dungs-Konzept unter der Über-schrift „Qualifizierung 2020“ ent-wickeln. Die Schiedsrichter-Lehr-warte hatten die aktuelle Bildungs-Situation in ihren Bereichen zureflektieren, um daraus Möglich-keiten für neue Zielgruppen,aktuelle Lehrinhalte und Methodenzu finden.

Zum Abschluss kamen sämtlicheLehrgangsteilnehmer noch einmalin gemischten Gruppen zusammen.Dabei ging es um die Rahmenbe-dingungen für Lehrgänge zumErwerb eines Ausbilder-Zertifikatszur Methoden-Kompetenz, Sozial-Kompetenz und Medien-Kompe-tenz.

Hier fanden die in der Vergangen-heit durchgeführten DFB-Lehrwar-te-Schulungen der Schiedsrichterein sehr positives Echo und sollennicht nur in bewährter Form beibe-halten und fortgeführt, sondernauch um eine weitere Stufeergänzt werden.

Die angestrebte „Zertifizierung“der Schiedsrichter-Lehrwarte istdabei nicht nur die logische Folge,sondern auch eine Dokumentationder Qualität in diesem Ausbil-dungsbereich und eine Wertschät-zung eines jeden Einzelnen. ■

Von links: Die Schiedsrichter-Ausbilder Dr. Ronald Möhlenbrock (Badischer FV), Daniel Hartig(Sächsischer FV), Lutz Wagner (DFB), Horst Ebel (Württembergischer FV) und Stefan Weber(Thüringer FV) zeigen sich angetan von der großen Zahl ehrenamtlicher Mitarbeiter in denVerbänden.

Gastreferent Professor RolfArnold ist Experte fürErwachsenenbildung.

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Lehrwesen

Wer ist hier der Täter? Nach seiner Biss-Attacke bei der WM in Brasilien spielte Uruguays LuisSuárez (links) die Opfer-Rolle.

Betrug am FußballImmer wieder versuchen Spieler, mit der Simulation eines Foulspiels den Schiedsrichter zum Pfiffzu verleiten. Worauf der Unparteiische achten muss, um nicht auf diese Form des Betrugs herein-zufallen, das erläutert Günther Thielking. Er stellt den aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 57 vor, der sichdem Thema „Schwalben und andere Simulationen“ widmet.

Zu einer der schillerndsten Figu-ren der WM in Brasilien wurde

Luis Suárez. Der Stürmerstar ausUruguay sorgte jedoch nur in derBegegnung gegen England mitzwei Toren für positive Schlagzei-len. Im Aufeinandertreffen mit Ita-lien war es neben seinem Biss indie Schulter von Giorgio Chielliniauch die anschließende Schau-spieleinlage, die heftig kritisiertwurde.

Unmittelbar nach seiner Attackewar er zu Boden gestürzt und hieltmit schmerzhafter Miene seineHände an den Mund. Er simuliertedamit ein Foul des Italieners undunterstrich dies nach dem Spiel

mit den Worten: „Er hat mich hartmit seiner Schulter angegangen unddabei auch mein Auge getroffen.“

Suárez reiht sich mit seinem Ver-halten in eine nahezu unendlicheKette von Aktionen ein, die seit derschon historischen „Möller-Schwalbe“in der Fachsprache des Regelwerksmit dem Begriff „Simulieren“bezeichnet werden.

Der deutsche NationalspielerAndreas Möller hatte sich in derSaison 1994/1995 beim Spiel zwi-schen dem Karlsruher SC undBorussia Dortmund im Strafraumnach einem Zweikampf mit seinemGegenspieler Dirk Schuster fallen

lassen. Er wollte damit einen Straf-stoß herausschinden und bekamdiesen durch den Schiedsrichterauch zugesprochen.

Nach dem Spiel verteidigte derDortmunder seine Aktion: „Das wareine ‚Schutz-Schwalbe’. Ich dachte,dass Dirk Schuster mich voll um -hauen würde.“

Als solche Vergehen in den folgen-den Jahren immer häufiger beob-achtet wurden, entschied die FIFA,dass es dafür zwingend eine Ver-warnung geben müsste.

Unter der Überschrift „Verwarnungfür unsportliches Betragen“ heißt

es im aktuellen Regeltext seitdem:„Ein Spieler ist wegen unsport-lichen Betragens zu verwarnen,wenn er versucht, den Schiedsrich-ter durch das Simulieren einer Ver-letzung oder eines angeblichenFouls (,Schwalbe’) zu täuschen.“

Ging es der FIFA bei dieser Ergän-zung der Spielregeln zunächst nurum das unberechtigte Heraus-schinden eines Strafstoßes oderdas Vortäuschen eines Fouls durcheinen Gegenspieler, so haben sichinzwischen weitere Formen desSimulierens im Fußball einge-schlichen, die ebenfalls als„unsportlich“ einzustufen sind.Auch sie müssen entsprechend derRegel 12 bestraft werden.

Der frühere DortmunderAndreas Möller gab der„Schwalbe“ im Jahr 1995 sei-nen Namen.

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Mal lassen sich Spieler nach einerBerührung theatralisch fallen undtäuschen den Kopfstoß eines Gegners vor, mal wehren sie einenBall auf der Torlinie mit der Handab und drehen ihren Oberkörperdabei so, dass der Schiedsrichtereine Abwehr mit der Brust vermu-tet.

Schließlich kommt es auch vor,dass angreifende Spieler den Ballmit einer schnell vorgestrecktenHand ins Tor lenken, wobei mitun-ter selbst die Fernsehkamerasdiese Vergehen erst in der Zeitlupeund nach mehrfacher Wiederho-lung sichtbar machen.

Solche Spieler verhalten sichdamit unsportlich im Sinne derSpielregeln und verstoßen gegendas Fair Play auf dem grünenRasen. Letztlich schaden sie demFußballspiel und betrügen nichtnur die gegnerische Mannschaft,sondern zugleich alle am Fußballbeteiligten Fans.

In einer Umfrage unter 94 Schieds-richtern wurde deutlich, dass dieseUnsportlichkeiten der Vorbilderaus dem bezahlten Fußball mittler-weile bis zu den Nachwuchsspie-lern ihre Nachahmer finden.

Volker Seekamp, der Schiedsrich-ter-Lehrwart im Fußballkreis Bre-men-Nord, sagt: „Was die Jugend-spieler und Kreisklassen-Fußballeram Samstag in der Bundesligasehen, das müssen unsere Unpar-teiischen an der Basis am Tag dar-auf ausbaden, denn Simulierengehört auch dort längst zum Fuß-ball-Alltag. Inzwischen lassen sichselbst einige Funktionäre von sol-chen Schauspieleinlagen anste -cken.“

Deutlich wird dies zum Beispiel ineinem Video, das im vergangenenSommer im Netz die Runde machteund für Spott und Gelächter sorgte.Darauf zu sehen ist der Betreuereines Bayernligisten, der sich mitseinem Pendant auf der Gegenseiteein Wortgefecht liefert. Nacheinem harmlosen Wischer geht dasSchwergewicht plötzlich wie vomBlitz getroffen zu Boden.

Sind es wie im geschilderten Falldie Funktionäre, die sich als Schau-spieler darstellen, so bleibt demUnparteiischen nur die Ansprachean den Spielführer der Mann-schaft, verbunden mit der Auffor-derung, dass dieser Funktionärden Innenraum verlassen muss.Dazu hat der Unparteiische eine

Meldung im Spielbericht abzuge-ben.

Zu beachten ist bei Simulationenvon Spielern jedoch, dass der Gratder Bewertung durch den Schieds-richter gerade bei der Vermutung

Nur weil ein Spieler schreiend hinfällt, muss noch lange kein Foulspiel vorliegen.

Liegt eine Mannschaft kurz vor Spielende in Führung, mussder Schiedsrichter bei Verletzungen besonders genau auf dieUhr schauen.

einer „Schwalbe“, wie auch beischeinbar simulierten Verletzun-gen, sehr schmal ist.

Ist nicht eindeutig zu erkennen, obsich ein Angreifer hat fallen lassenoder ob er bei einem fußballtypi-schen Zweikampf gestürzt ist, sollteder Schiedsrichter das Spiel nichtunterbrechen, sondern auf„Weiterspielen“ entscheiden. Nochzu häufig werden Spieler verwarnt,die im gegnerischen Strafraumbeim Kampf um den Ball zu Fallkommen, ohne dass eine Simula-tion vorliegt.

Bei knappen Spielständen kommtes immer wieder vor, dass einAkteur gegen Ende eines Spielseine Verletzung simuliert, umzunächst auf dem Platz behandeltzu werden und damit wertvolleZeit verstreichen zu lassen.

Kaum vom Spielfeld geschickt unddraußen behandelt, meldet er sichwieder an und will weiter am Spielteilnehmen. Für alle Beteiligtenkommt die schnelle Gesundungdes Spielers dann überraschend.Die verloren gegangene Zeit mussder Schiedsrichter deshalb konse-quent nachspielen lassen.

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Lehrwesen

Vier Fragen an Robert Hartmann

Die Praxis-Fragen zum Thema„Schwalben und andere Simula-tionen“ beantwortet dieses MalBundesliga-SchiedsrichterRobert Hartmann.

Wie kann ich als Schiedsrichtereinen Stürmer entlarven, wenndieser mit einer „Schwalbe“einen Strafstoß herausholenmöchte?

Robert Hartmann: „Schwalben“sind oft an einem untypischenFallmuster der Spieler erkenn-bar – nämlich dann, wenn eineBewegung vorgetäuscht wird,ohne dass ein auslösenderImpuls erkennbar ist.

Ein wichtiger Fakt in diesemZusammenhang ist: Nicht jeder„Faller“, der keinen Strafstoß-pfiff nach sich zieht, muss zwin-gend eine „Schwalbe“ sein.Manchmal geht ein Angreiferauch im Zweikampf zu Boden,ohne dass eine Täuschungsab-sicht vorliegt. Dann ist „Weiter-spielen“ die richtige Entschei-dung.

Was kann ich als Schiedsrichterbereits präventiv tun, um imStrafraum eine Zweikampf-Situa -tion richtig zu bewerten?

Hartmann: Grundlage für diekorrekte Zweikampf-Beurteilung,

nicht nur im Strafraum, ist eingutes Stellungsspiel mit ausrei-chender Nähe zum Spiel undeinem optimalen Blickwinkel zurSituation. Welche Position die rich-tige ist, ist situativ oft unter-schiedlich.

Dennoch kann man sich alsSchiedsrichter bereits im VorfeldGedanken machen: durch die Ana-lyse von Spielzügen, aber auchanhand der Eigenarten von Spie-lern, wie diese in ihre Zweikämpfegehen. Dann kann man alsSchiedsrichter seine Position ent-sprechend wählen und rechtzeitigin Stellung laufen.

darf er eine „Schwalbe“ nicht nurmit einem indirekten Freistoß fürden Gegner ahnden, sondern mussauch zwingend die Gelbe Karte fürden Simulanten geben. So setztder Schiedsrichter ein Zeichen,dass er gegen Täuschungsversu-che rigoros vorgeht.

Welche Hilfestellung können dieneutralen Schiedsrichter-Assisten-ten geben, wenn es um die Fragegeht: „Schwalbe“ – ja oder nein?

Hartmann: Je nach Ort der Zwei-kampfs haben die neutralen Assis -tenten die Möglichkeit, die Situa-tion noch einmal aus einer ande-ren, zusätzlichen Perspektive zubeurteilen.

Insbesondere wenn der Schieds-richter von „hinten“ auf eine Situa-tion schaut, kann der Assistentdurch seine Seiteneinsicht einenwichtigen Hinweis liefern – ob bei-spielsweise der Ball vom Verteidi-ger gespielt wurde, ob ein Foul-spiel oder ob eine „Schwalbe“ vor-lag.

Durch eine gezielte Absprache vordem Spiel, speziell für solche Situa-tionen, kann das Schiedsrichter-Team dann zur richtigen Entschei-dung kommen.

Eine andere Form der Simulationkann vorliegen, wenn ein Spielereine Verletzung vortäuscht, wäh-rend sein Team kurz vor Schluss inFührung liegt. Wie sollte ich als

Schiedsrichter agieren, wennich eine solche Simulation ver-mute?

Hartmann: In solchen, meisthektischen Situationen sollteder Schiedsrichter kühlen Kopfbewahren. Das heißt, Erstbe-handlung des Spielers auf demFeld zulassen und die Betreuerdeutlich auffordern, die Behand-lung danach außerhalb desSpielfelds fortzusetzen.

Oftmals hilft es, proaktiv denreklamierenden Spielern des inRückstand liegenden Teamsklarzumachen, dass die verlorengegangene Zeit nachgespieltwird. Dies muss der Schiedsrich-ter dann natürlich auch konse-quent tun und möglicherweiseauch eine bereits angezeigteNachspielzeit noch einmal ver-längern.

„Fallbewegung ohne Impuls“

Robert Hartmann (35) pfeiftseit 2011 in der Bundesliga.

Zusätzlich ist es hilfreich, sichgrundsätzlich mit Fallmustern aus-einanderzusetzen und Kriterien imKopf zu speichern, die man wäh-rend des Spiels abrufen kann.

Merkt der Schiedsrichter währenddes Spiels, dass Spieler ihnbewusst täuschen wollen, dann

Im Duden wird das Wort „simulie-ren“ definiert als „lügen, vorma-chen als ob, vorgaukeln, vorgeben,so tun als wenn, vorspielen, vor-täuschen, schauspielern“. Daranwird deutlich, dass solch ein Ver-halten versteckt und mit allen Raf-finessen durchgeführt wird.

Der Schiedsrichter, alle anderenSpieler, die Offiziellen, die Fansund auch die Medien sollen alsogetäuscht werden, damit der Spie-

ler für sich und seine Mannschaftdurch diesen Betrug am Fußballeinen Vorteil bekommt.

Dem Schiedsrichter wird es nurdann gelingen, dies zu erkennen,wenn er jederzeit mit solch einemtaktischen Mittel seitens einzelnerSpieler rechnet, über ein ange-messenes Maß an Erfahrung verfügt und auf der Grundlageeiner guten körperlichen Verfas-sung das jeweils passende Stel-

lungsspiel zum Geschehen ein-nimmt.

Hat der Unparteiische eine solcheSimulation erkannt, dann muss ermit der nötigen Konsequenz beider Persönlichen Strafe sowie derentsprechenden Spielstrafe ein-greifen. Arbeitet der Unpartei -ische im Team mit seinen Assis -tenten, so kommt diesen bei derZusam menarbeit eine besondere Bedeutung zu.

Die Verfasser der Lehrbriefehaben die Schwierigkeitenerkannt, die einem Unparteiischenaus den Schauspielkünsten man-cher Spieler erwachsen und diese Problematik deshalb imLehrbrief 57 bearbeitet. Sie gebenmethodische Hilfestellungen fürdie Lehrarbeit und zeigen an kon-kreten Videobeispielen auf, wiesolche Simulationen zu erkennensind.

Regel-Test Fragen

Weil der richtige Ort der Spielfortsetzung invielen Situationen entscheidend dafür ist, keinen Regelverstoß zu begehen, hat LutzWagner beim aktuellen Regel-Test darauseinen Themen-Schwerpunkt gemacht.

Situation 1Der Torwart wehrt auf Höhe derStrafstoßmarke einen Angriff desGegners ab. Während der Gegenan-griff läuft und der Ball sich bereitsin der anderen Spielfeldhälftebefindet, maßregelt der Torwartseinen Abwehrspieler wegen sei-nes schlechten Defensiv-Verhal-tens. Dieser ist darüber so erregt,dass er seinen Torwart heftiggegen die Brust schlägt. Er stehtdabei knapp außerhalb seinesStrafraums, der Torwart innerhalb.Der Schiedsrichter unterbricht dasSpiel. Welche Sanktionen müssennun erfolgen, und wo wird dasSpiel fortgesetzt?

Situation 2Während einer Spielruhe versetztder Spieler des Heimvereins seinemGegenspieler einen Kopfstoß. DerSchiedsrichter-Assistent zeigt dasVergehen an. Dieses Zeichen siehtder Schiedsrichter noch vor derSpielfortsetzung mittels Einwurf.Als Sekunden später das Spiel vomGastverein ohne seine Zustim-mung fortgesetzt wird, unterbrichtder Unparteiische den Angriff. Wiehat er nun zu entscheiden?

Situation 3Bei der Strafstoß-Ausführungunterbricht der ausführende Spie-ler etwa zwei Meter vor dem Ballseinen Anlauf und schießt danachden Ball auf das Tor. Dem Torwartgelingt es trotz Berührung nicht,den Ball abzuwehren, sodass derBall über die Torlinie ins Tor rollt.Wie muss der Schiedsrichter ent-scheiden?

Situation 4Nach einem Torerfolg zieht derTorschütze eine Clown-Maske ausseinem Stutzen über den Kopf undjubelt zusammen mit seinen Mann-schaftskollegen vor der Fankurvean der Eckfahne. Der Schiedsrich-ter kann den Torschützen als Trä-ger der Maske eindeutig identifi-zieren. Wie muss er entscheiden?

Situation 5Ein Abwehrspieler spuckt aus sei-nem Strafraum heraus in Richtungeines Gegenspielers, der außer-halb des Strafraums steht, undtrifft diesen. Wie hat der Schieds-richter zu entscheiden, und wo istdas Spiel fortzusetzen?

Situation 6Ein Verteidiger gewinnt im eigenenStrafraum einen Zweikampf gegeneinen Angreifer und startet unmit-telbar danach einen Konter. Da derAngreifer einen Pfiff wegen Foul-spiels erwartet hatte, beleidigt erjetzt lautstark den Schiedsrichter.

Situation 7Bei der Ausführung eines Strafsto-ßes wehrt der Torwart, der vorherschon vor der Linie stand, den Ballzum Schützen hin ab. Der schießtden Ball nun ins Tor. Entscheidung?

Situation 8Zu Beginn eines Angriffs steht einAngreifer kurz hinter der Mittel -linie in der Spielfeldmitte inAbseitsposition. Der Ball wird nachaußen gespielt, wo er von einemSpieler, der nicht im Abseits steht,angenommen wird. Dieser spielt

einen Gegner aus und läuft bis zurTorlinie, von wo er den Ball vor’sTor flankt. Der Ball wird von demzuvor im Abseits stehenden Spie-ler ins Tor geköpft. Entscheidung?

Situation 9Der Torwart hat einen hohen Flan-kenball ungehindert abgefangenund legt den Ball innerhalb seinesTorraums auf den Boden. Als einStürmer ihn angreift, nimmt er denBall wieder auf. Wie entscheidetder Schiedsrichter, und wo ist dasSpiel fortzusetzen?

Situation 10Ein Abwehrspieler, der von einemAngreifer bedrängt wird, spielt denBall mit dem Fuß zum Torwartzurück. Der Ball wird vom Angrei-fer noch leicht berührt, bevor erzum Torwart gelangt, der ihn mitder Hand aufnimmt und abschlägt.Entscheidung?

Situation 11Wegen eines Foulspiels entschei-det der Schiedsrichter auf direktenFreistoß für die angreifende Mann-schaft unmittelbar vor dem Straf -raum des Gegners. Er fordert dieausführende Mannschaft auf, mitder Ausführung bis zur Ballfreigabezu warten. Während er noch die„Mauer“ auf die regelgerechte Ent-fernung zurückweist, führt einangreifender Spieler den Freistoßdennoch aus, schießt aber den Ballneben das Tor. Der Schiedsrichterhat aus den Augenwinkeln herauserkannt, wer den Freistoß ausge-führt hat. Entscheidungen?

Situation 12Bei einem Einwurf steht ein Spieler

mit dem Fuß im Spielfeld. Trotzdemkann ein Gegenspieler den Ballerreichen und allein Richtung geg-nerisches Tor laufen.

Situation 13Der Torwart kann nach einemAngriff unmittelbar an der Torlinieden Ball sicher unter Kontrollebringen. Der Angreifer gerät dabeiseitlich des Tors knapp über dieTorlinie. Dort kommt es zu einemStreit mit einem Auswechselspie-ler des Gegners, der sich dort auf-wärmt. Zuerst beleidigt der Aus-wechselspieler lautstark denAngreifer, danach revanchiert sichdieser mit einem Faustschlag. Mitt-lerweile befindet sich die Mann-schaft des Torwarts und des Aus-wechselspielers im Angriff. Wie istzu entscheiden, und wo ist dasSpiel fortzusetzen?

Situation 14Weil der Ball die Seitenlinie über-schritten hat, hebt der Schieds-richter-Assistent die Fahne. Durchschlechtes Stellungsspiel erkenntder Schiedsrichter dies nicht, unddas Spiel läuft weiter. Nachdemder Ball in den Strafraum gelangtist, muss nach einem Festhaltenund der damit verbundenen Tor-verhinderung durch einen Verteidi-ger auf Strafstoß entschieden wer-den. Entscheidungen?

Situation 15Ein Auswechselspieler läuft uner-laubt auf das Spielfeld, stehtunmittelbar vor dem Schiedsrich-ter und reklamiert bei diesem ver-warnungswürdig. Wie ist zu ent-scheiden, und wo ist das Spiel fort-zusetzen?

Der Ort der Spielfortsetzung Mit dem Frei-

stoß-Spray kannder Schiedsrich-ter nicht nur den„Mauer“-Abstand,sondern auchden Ort der Spiel -fortsetzungexakt markieren.

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Regel-Test Antworten

So werden die auf Seite 17 beschriebenen Situationen korrekt gelöst.

Situation 1Indirekter Freistoß außerhalb desStrafraums dort, wo der Spielerstand, der die Unsportlichkeitbegangen hat, sowie Feldverweis.

Bei den Antworten zum Regel-Testder vorherigen Schiedsrichter-Zei-tung (Ausgabe Nr. 5/2014, Situation10) war der Ort der Spielfortset-zung nicht korrekt angegeben: Wirhatten geschrieben, Spielfortset-zungsort wäre dort, wo der Tor-wart getroffen wird.

Weil der Verteidiger allerdings einMitspieler des Torwarts ist, handeltes sich in diesem Fall nicht um einKontaktvergehen zwischen Spie-lern verschiedener Teams, sondern

um eine Unsportlichkeit. Und diesewird dort bestraft, wo derjenigesteht, der die Unsportlichkeit ver-übt. Somit an dem Punkt, an demder Spieler sich befand, der denTorwart gestoßen hat.

Situation 2Einwurf, Feldverweis. Der Ball warzum Zeitpunkt des Vergehensnicht im Spiel, und die Spielfort-setzung erfolgte ohne die Zustim-mung des Schiedsrichters.

Situation 3Tor, Anstoß. Dies ist eine erlaubteSpielweise. Ein unsportliches Täu-schen bei der Strafstoß-Ausfüh-rung liegt nur dann vor, wenn derSchütze – nachdem das Standbein

neben dem Ball ist und er zum Stoßausholt – diesen Stoß im Ablaufunterbricht. Alle anderen Verhal-tensweisen zuvor gelten nicht alsunerlaubtes Täuschen.

Situation 4Tor, Anstoß, Verwarnung. Das Ver-decken des Gesichts mit einer Maskewird in der Regel 12 unter dem Punkt„Torjubel“ explizit als verwarnungs-pflichtiges Vergehen aufgeführt.

Situation 5Direkter Freistoß und Feldverweis.Spucken ist analog zum Werfen einKontaktvergehen, sofern es sichgegen einen Gegenspieler richtet.Spielfortsetzungsort ist dort, woder Spieler getroffen wird – in die-sem Fall außerhalb des Strafraums.

Situation 6Indirekter Freistoß, Rote Karte. Mussein Feldverweis ausgesprochenwerden, ist das Spiel unmittelbarzu unterbrechen. Nur bei einerglasklaren Torchance, also wennder Spieler den Ball nur noch zumTorerfolg verwandeln muss, ist auf„Vorteil“ zu entscheiden. In allenanderen Situa tionen ist bei solcheiner schwerwiegenden Entschei-

Masken jeglicher Art haben auf dem Spielfeld nichts zu suchen – das Verdecken des Gesichts wirdmit „Gelb“ bestraft.

dung wie dem Feldverweis auf den„Vorteil“ zu verzichten.

Situation 7Tor, Anstoß. Tritt ein unmittelbarer„Vorteil“ ein, so ist dieser zugewähren. Der Schiedsrichter hatdie Wirkung des Strafstoßes abzu-warten. Hierzu gehört auch eineventueller Nachschuss.

Situation 8Tor, Anstoß. Nicht nur jedes neueAbspiel, sondern auch jede neueBallberührung eines Angreifersführt zu einer erneuten Abseits-Bewertung.

Situation 9Indirekter Freistoß auf der parallelzur Torlinie verlaufenden Torraum-linie – von dem Punkt, der dem Ortdes Vergehens am nächsten ist.

Situation 10Weiterspielen.

Situation 11Wiederholung, Verwarnung.

Situation 12Wiederholung des Einwurfs für denGegner.

Situation 13Spiel-Unterbrechung und Schieds-richter-Ball dort, wo sich der Ballbei der Unterbrechung befand;Feldverweis für den Angreifer undAusschluss des Auswechselspie-lers vom Spiel (jeweils mit RoterKarte).

Situation 14Einwurf. Der Schiedsrichter-Assis -tent muss den Schiedsrichterunterrichten, dass der Ball zuvorim Aus war.

Situation 15Indirekter Freistoß, „Gelb“ undanschließend „Gelb/Rot“ aufgrundvon zwei Unsportlichkeiten. Die ersteUnsportlichkeit ist das unerlaubteBetreten des Spielfelds; die zweitedas verwarnungswürdige Rekla-mieren beim Schiedsrichter. DasSpiel wird dort fortgesetzt, wo sichder Ball bei der Unterbrechungbefand. Dies ist bei einem Verge-hen eines Auswechselspielersimmer der Fall.

Der Ort der Spielfortsetzung

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Analyse

„Rammstoß“mitUnschuldsgesteNeun Szenen haben sich Lutz Michael Fröhlich und Lutz Lüttig aus dem Gesche-hen im Profi-Fußball herausgesucht, um sie in ihrem Ablauf regeltechnisch ein-zuordnen und für alle Schiedsrichter nutzbar zu machen.

An den Anfang wollen wir dies-mal eine Szene aus dem Spiel

Fortuna Düsseldorf gegen Ein-tracht Braunschweig (1. Spieltag,2. Bundesliga) stellen. Sie zeigtunter anderem, wie sich Fußball-Profis immer neue Verhaltenswei-sen aneignen, um einen Vorteil zuerlangen und den Schiedsrichter,wenn nicht zu täuschen, dannzumindest zu irritieren.

Der Braunschweiger Harvard Nielsen legt sich im DüsseldorferStraf raum den Ball mit dem Fußvor. Heinrich Schmidtgal (Düssel-dorf), der von rechts auf denAngreifer zuläuft, erkennt dieGefahr für sein Tor: Er wird denBall aber nicht vor Nielsen errei-chen können. Also kommt eineGrätsche für den von der Seiteheranpreschenden Verteidigernicht in Frage, sie würde zu einemklaren Foul führen.

Schmidtgal wählt deshalb einanderes Mittel: Er vermindert seinTempo nicht, sondern läuft vonder Seite mit hohem Tempo underhobenen Armen ungestüm inNielsen hinein (Foto 1a), man kannschon fast von einem „Rammstoß“sprechen. Durch den heftigen Kon-takt mit dem Oberkörper kommtder Braunschweiger Angreifer zuFall. Der gut postierte Schiedsrich-ter pfeift allerdings nicht, sondernlässt das Spiel laufen.

Er hat sich offensichtlich von derUnschuldsgeste des Verteidigersirritieren lassen. Schmidtgals nachoben gerissene Arme sollen wohlsignalisieren, dass er extra imletzten Moment versucht, einenstrafbaren Kontakt zum Angreiferzu vermeiden. Ein Verhalten, dassman in letzter Zeit (zum Beispielauch bei der WM) häufiger beob-achten kann: „Schiri, ich treff‘ ihndoch gar nicht! Und wenn doch,dann nur aus Versehen.“ Hierheißt es, sehr genau hinzuschauen.Zur richtigen Einschätzung sol-cher Situationen sind eigene Spiel-Erfahrungen für jeden Schieds-richter von hohem Wert.

Erschwerend kam in diesem spe-ziellen Fall in Düsseldorf für denSchiedsrichter noch hinzu, dass

der gefoulte Spieler mit einemleicht nach außen gestellten Beinvom natürlichen Fallmusterabwich (Foto 1b). Dennoch: Derausschließlich gegnerorientierteLaufweg von Schmidtgal und dieIntensität des Kontakts sprecheneine klare Sprache: Dies ist eineeindeutige Regelwidrigkeit, dieeinen Strafstoß erfordert.

***

Natürlich ist für eine gute Spiel -leitung die körperliche Fitness

Ein Foto kann die Dynamik, mit der der Düsseldorfer Schmidtgal (links) den BraunschweigerNielsen „rammt“, natürlich nur unzureichend ausdrücken.

Nochmal aus anderer Sicht: Schmidtgal kam von rechts undhätte problemlos bremsen können.

Foto 1a

Foto 1b

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Analyse

eine unabdingbare Voraussetzung.Mindestens genauso wichtig istaber auch die Fähigkeit, sich 90Minuten lang auf das Geschehenauf dem Platz konzentrieren zukönnen, häufig gerade dann, wenndas Spiel unterbrochen ist.Abschalten, sich einen Momentmental erholen? Im heutigenHochgeschwindigkeits-Fußballpraktisch ausgeschlossen.

Was dann passieren kann, dafürbot das Spiel Hertha BSC gegenWerder Bremen (1. Spieltag) einBeispiel. Nach einem Freistoßpfifffür Bremen im Mittelfeld entferntsich der Berliner Hosogai mit demBall in den Händen vom „Tatort“,während zwei Werder-Spieler dasLeder von ihm fordern (Foto 2a,Pfeil). Eine brisante Situationbahnt sich an, zunächst unerkanntvom Schiedsrichter. Denn der legtseinen Fokus auf den Ort der Frei-stoß-Ausführung, eine Stelle aufdem Spielfeld, an der in diesemMoment aber „nichts los“ ist.

Dass der Bremer Santiago Garciaden Berliner mit beiden Händenrecht heftig vor den Kopf und anden Oberkörper stößt (Foto 2b),woraufhin Hosogai zu Bodenstürzt, erkennt der Unparteiischenur aus dem Augenwinkel. Deshalbist er sich über die Heftigkeit desStoßes nicht im Klaren und belässtes nach der Auflösung einer sichanschließenden beträchtlichen„Rudel-Bildung“ bei einer GelbenKarte für den Bremer.

Der Schiedsrichter hat für einenAugenblick in seiner Konzentra-tion nachgelassen und ist mit denAugen nicht beim Ball geblieben,was ihm ermöglicht hätte, denentstehenden Konflikt vollständigwahrzunehmen. Dann nämlichwäre eine Rote Karte für den Bremer Garcia unumgänglichgewesen. Und auch die notwendigeGelbe Karte für Hosogai, der dieseSituation ja provoziert hat, unter-bleibt leider.

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Die Frage nach der Konzentrationmuss man wohl auch bei einerSituation aus dem Zweitligaspiel

Erzgebirge Aue gegen den VfL Bochum (2. Spieltag) stellen.

In der Nähe der Seitenauslinie legt sich Thomas Paulus (Aue) den Ball mit dem Kopf zu weit vor. Dadurch kommt der BochumerLatza an den Ball. Deutlich nachdessen Abspiel und ohne reelleChance, den Ball spielen zu kön-nen, trifft Paulus mit durchge-strecktem Bein seinen Gegner am rechten Knie (Foto 3). Diese brutale Spielweise lässt dem eigentlich gut postiertenSchiedsrichter hinsichtlich derPersönlichen Strafe keinerleiSpielraum: „Rot“ muss hier dieFolge sein.

Natürlich weiß der Schiedsrichterdas nach dem Betrachten der Bilder auch. Er muss – gemeinsammit seinem Coach oder Beobach-ter – prüfen, was ihn von der rich-tigen Entscheidung abgelenkt hat. War es der frühe Zeitpunkt(12. Minute), der ihn zögern ließ,obwohl er die Szene genauerkannte? Oder die Tatsache, dass es bis dahin ein absolut fai-res Spiel war? Alles keine Gründe.Ein Schiedsrichter muss so kon-zentriert sein, dass er in einerSekunde vom Spiel-laufen-lassenin den Höchststraf-Modus schaltenkann. Erwarte das Unerwartete!

***

Auch diese Ausgabe der Schieds-richter-Zeitung kommt nicht ohneden analysierenden Blick auf dasThema „Handspiel – strafbar odernicht?“ aus. Es läuft die 62. Minuteim Spiel Schalke 04 gegen BayernMünchen (2. Spieltag), der Deut-sche Meister führt 1:0.

Unmittelbar vor der Bayern-Tor -linie versucht Xabi Alonso den Ballmit dem Rücken zum Spielfeldherauszuschlagen. Zugleichspringt auch der einen Meter seitlich hinter Alonso postierte Schalker Benedikt Höwedes inRichtung Ball (Foto 4a). Erbekommt ihn aus kürzester Ent-fernung auch an den in Brusthöhevor dem Körper gehaltenen linkenArm (Foto 4b). Der Ball fliegt insTor der Bayern.

Während in der Bildmitte zwei Bremer den Ball vom BerlinerHosogai haben wollen (Pfeil), hat der Schiedsrichter den Blickabgewandt.

Rüde stößt Gracia den Hertha-Spieler um, der den Ball inzwi-schen freigegeben hat.

Keine zwei Meinungen möglich: Paulus (Aue) trifft seinenGegenspieler mit gestrecktem Bein am Knie – „Rot“!

Foto 2a

Foto 2b

Foto 3

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Schiedsrichter Marco Fritz erkenntden Treffer an, weil nach seinerAnsicht hier kein absichtlichesHandspiel vorliegt. Und er liegtdamit richtig: Der Arm des Schal-kers wird hier in einem natür-lichen Bewegungsablauf und dichtvor dem Körper ein wenig nachoben geführt, keineswegs aberbewusst in die Flugbahn des Ballesbewegt.

***

Und noch eine Handspiel-Szenemit Bayern-Beteiligung sorgte fürDiskussionen, allerdings nur weilsie so ungewöhnlich war. Dass dieEntscheidung des Schiedsrichtersin der Öffentlichkeit als „umstrit-ten“ dargestellt wurde, hing wie-der einmal – man muss es leiderso ausdrücken – mit mangelnderRegelkenntnis zusammen.

Im Spiel Hamburger SV gegenBayern München (4. Spieltag)läuft Manuel Neuer beim Spiel-stand von 0:0 in der Nachspielzeitweit aus seinem Tor heraus. Erumspielt zunächst einen Gegner,legt sich dann aber den Ball zuweit vor (Foto 5a, Kreis). Weil derHamburger Julian Green eher amBall ist, grätscht Neuer, trifft denBall aber nicht mit dem Fuß, son-dern absichtlich mit dem ausge-streckten linken Arm (Foto 5b).

Vehement fordern die HSV-Spielereinen Feldverweis, eine Grundlagedafür lässt sich im Regelwerk aber

nicht finden. Auch die Anmerkungdes TV-Reporters: „Neuer hatGlück, hier nicht ,Rot’ zu sehen –so weit, wie er aus dem Tor heraus-gegangen ist“, hat nichts mit denFußball-Regeln zu tun. Schieds-richter Christian Dingert jedenfallszeigt dem Torwart die Gelbe Karte –und findet mit dieser Verwarnunggenau das richtige Strafmaß.

Das Handspiel eines Torwartsaußerhalb des Strafraums führtnicht automatisch zu einem Feld-verweis, denn er wird dort wie einFeldspieler behandelt. Er kannalso nur mit „Rot“ bestraft wer-den, wenn er ein grobes Foulspielbegeht oder eine klare Torchancevereitelt. Beides ist hier nicht derFall. Neuers unsportliches Hand-spiel findet weit außerhalb seinesStrafraums (circa zehn Meter vonder Mittellinie entfernt!) statt.Zudem hätten noch zwei Bayern-Spieler eingreifen können, wennsich Green gegen Neuer durchge-setzt hätte.

***

Und noch eine Handspiel-Situ a -tion, diesmal aus dem Spiel Schalke 04 gegen EintrachtFrankfurt (4. Spieltag). Am eige-nen Torraum versucht der Frank-furter Slobodan Medojevic, eineflache Hereingabe von JulianDraxler zu verhindern, indem ergut zwei Meter vom SchalkerAngreifer entfernt in RichtungAuslinie grätscht (Foto 6a). Diese

Ungewöhnlich: Torwart Neuer (grünes Trikot, Kreis) verliertweit außerhalb seines Tors die Kontrolle über den Ball…

Xabi Alonso (am Boden) versucht das Tor zu verhindern undtrifft dabei mit dem Ball den heranspringenden BenediktHöwedes,…

…dessen Arme sich in einer dem Sprung entsprechenden, alsonatürlichen Haltung befinden.

…und hält ihn deshalb absichtlich mit dem linken Arm auf.

Foto 4a

Foto 4b

Foto 5a Foto 5b

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Analyse

fußballspezifische (und damit„natürliche“) Bewegung führtdazu, dass sich der Frankfurtermit dem linken Arm am Bodenabstützen muss.

Der von Draxler gespielte Ballfliegt nun genau gegen diesenArm (Foto 6b) – strafbares Hand-spiel? Nein, denn dafür müssteeine Absicht vorliegen, die mandem Frankfurter hier aber nichtunterstellen darf.

Dass der Schiedsrichter in diesemFall auf Strafstoß erkannt hat, wardeshalb falsch und wohl in ersterLinie seinem mangelnden Stel-lungsspiel zuzuschreiben: Er hattees nicht geschafft, weit genugnach links zu laufen, um sich dennotwendigen Seiteneinblick in dieSituation zu verschaffen.

***

Im Spiel FC Augsburg gegen Werder Bremen (4. Spieltag)ergibt sich kurz vor der Pausebeim Stand von 1:1 eine interessanteAbseits-Szene mit Folgen. Beieiner vom Strafraumeck scharfund flach hereingegebenen Flankedes Augsburgers Paul Verhaeghsteht sein Kollege Sascha Mölderszentral vor dem Bremer Torerkennbar im Abseits. Etwa dreibis vier Meter vor dem BremerTorwart Raphael Wolf springt Möl-ders mit dem linken Bein vorauszum Ball und klar in Richtung Tor-wart (Foto 7). Auch wenn er den

Ball ganz knapp verfehlt, greift erdurch diese Aktion unmittelbar vordem Torwart aktiv ins Spiel ein. ImRegelwerk steht: „Einen Gegnerbeeinflussen heißt, dass der Spie-ler …den Gegner angreift, um denBall spielen zu können.“ Deshalbist diese Abseitsposition strafbar.

Da das Schiedsrichter-Team dieseSituation anders bewertet, wirddas Spiel nicht unterbrochen. ZumGlück bleiben solche falschen Ein-schätzungen häufig ohne Folgen,in diesem Fall ist das aber anders.Denn unmittelbar danach kommtes links am Torraum zu einemZweikampf des Bremers Bartelsmit dem Augsburger AngreiferBobadilla. Durch den eigentlichnotwendigen Abseitspfiff hättediese Szene eigentlich gar nichtmehr bewertet werden müssen. So aber pfeift der Schiedsrichtereinen Strafstoß für Augsburg, mitdem der FC 2:1 in Führung geht.Für sich genommen, war dieserPfiff absolut in Ordnung, aber wiegesagt…

***

Und noch eine weitere Abseits-Szene, diesmal aus dem SpielMainz 05 gegen Borussia Dort-mund (4. Spieltag) soll uns hierinteressieren. Bei einem Querpassdes Mainzers Jairo Samperio inRichtung seines Kollegen JonasHofmann steht dieser auf Höhe derStrafraumlinie ganz knapp imAbseits (Foto 8a). Hofmann kommt

Als der Schalker Draxler den Ball zur Mitte spielt, springtMedojevic in die Flugbahn…

…und wird nach der Landung am linken Arm getroffen.

Aus dem Abseits heraus springt der Augsburger Mölders zumBall und in Richtung Torwart Wolf.

Beim Querpass von Samperio steht sein Mainzer Kollege Hof-mann knapp im Abseits,…

…was aber nicht strafbar wird, weil er nicht ins Spiel ein-greift.

Foto 6a

Foto 6b

Foto 7

Foto 8a

Foto 8b

23S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 4

allerdings nicht zum Abschluss,weil rund drei bis vier Meter vonihm entfernt der Dortmunder Matthias Ginter zum Ball grätscht(Foto 8b) und ihn dadurch inseigene Tor abfälscht.

Schiedsrichter Günter Perlerkennt diesen Treffer zu Rechtan, denn bei der Abseitsstellungvon Hofmann ist kein Kriteriumder Strafbarkeit erfüllt. Wederwird vom Mainzer Angreifer insSpiel eingegriffen („Ball berührenoder spielen“), noch nimmt er Ein-fluss auf einen Gegenspieler („ein-deutig die Sicht versperren“ oder„den Gegner angreifen“).

***

Zum Schluss eine ungewöhnlicheFoul-Szene aus dem ZweitligaspielSV Sandhausen gegen GreutherFürth (5. Spieltag).

Bedrängt vom SandhausenerAngreifer Manuel Stiefler köpft

Benedikt Röcker (Fürth) kurz vordem eigenen Strafraum den Ballvor seinem herauseilenden Tor-wart Wolfgang Hesl in RichtungTorauslinie (Foto 9a). Röckerkommt bei dieser Aktion selbst ins Straucheln und schließlich imStrafraum zu Fall. Beim Abrollengerät er genau in den Laufwegvon Stiefler, der dem Ball nach-läuft. Dadurch stürzt auch derAngreifer zu Boden (Foto 9b).

Eine unglückliche und so sicher-lich auch nicht gewollte Aktiondes Verteidigers, dennoch hat erseinen Gegenspieler zu Fallgebracht und damit verhindert,dass Stiefler zum Ball laufen konnte.Deshalb muss in einer solchenSituation der Pfiff erfolgen undein Strafstoß verhängt werden.

Denn Absicht ist zwar die Voraus-setzung für ein strafbares Hand-spiel, aber nicht für ein Foul. Dareicht schon Ungeschicklichkeitoder auch einfach nur der Zufall.■

Das offizielle Reisebüro des Deutschen Fußball-Bundes | www.dfb-reisebuero.deDFB-Reisebüro GmbH, Otto-Fleck-Schneise 6a, 60528 Frankfurt am Main, Tel.: +49 (0)69 677207-20, Fax: +49 (0)69 677207-29, [email protected]

TRAUMZEIT IN BRASILIEN WELTWEIT REISEN WIE DIE PROFIS

MIT DEM DFB-REISEBÜRO

Nach seinem Kopfball kommt der Fürther Röcker ins Strau-cheln und stürzt,…

...wodurch er den Angreifer – sicherlich ungewollt, aber regel-widrig – zu Fall bringt.

Foto 9a

Foto 9b

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Internet

Service-Portal onlineVon Abseitsschulungen bis zur Bewältigung von Konflikt-Maßnahmen: Das neue Service-Portal „MeinFußball“ des DFB hat auch den rund 75.000 Schiedsrichtern im deutschen Amateurfußball einiges zubieten. SRZ-Mitarbeiter Andreas Arens stellt die interaktiven Möglichkeiten für Unparteiische und sol-che, die es werden wollen, vor.

In Video-Sequenzen geht es umdie Frage „Abseits – ja oder nein?“,

in Online-Tests kann der Interes-sierte im Handumdrehen seineRegelfestigkeit überprüfen, sogarFitness-Programme für Schieds-richter gibt es hier. In einem knappzweiminütigen Video wird zudemein „ganz normales“ Spiel desUnparteiischen Thomas Diederich,Teilnehmer der Kampagne „UnsereAmateure. Echte Profis.“,zusammengefasst.

Es geht um praktische Tipps, dieeinem Schiedsrichter – egal welcherAltersklasse und Liga – Hilfestel-lung leisten sollen, die „Mein Fuß-ball“ in den vergangenen Monatenentwic kelt hat.

Schon auf die Eingangsfragen „Wiewerde ich 23. Mann?“ und „WelcheVorteile bietet die Schiedsrichte-rei?“ gibt es in informativen Arti-keln zahlreiche Argumente.

Listen mit den regionalen Ansprech-partnern und Funktionsträgernsind ebenfalls zu finden.

Tipps und Hinweise für Schiedsrich-ter-Beobachter runden das ausführ-liche Angebot ab, das in engem Austausch mit der DFB-Schieds -richter-Kommission Amateureerstellt wurde und ständig aktuali-siert wird.

Angedacht ist auch, dass sich dieUnparteiischen und alle, die amSchiedsrichter-Wesen Interessehaben, über die den jeweiligenArtikeln zugeordnete Kommentar-Funktionen aktiv an der Meinungs-bildung beteiligen.

Die User sollen so nach Möglich-keit mitdenken und mitmachen.Das Service-Portal soll künftig mit

weiteren Funktionen auch denErfahrungsaustausch der Schieds-richter untereinander stärken. Weitere Module, mit denen dieAktivität der User unterstützt werden soll, sind in Planung.

Trainer, Spieler, Vereinsmitarbeiter,Lehrer – oder eben auch Schieds-richter: Egal, wie man mit demFußball in Berührung kommt –„Mein Fußball“ bietet die passen-den Tipps und Informationen.

Der Zugang zu den Service-Ange-boten des DFB und seiner Regio-nal- und Landesverbände erfolgtgenerell zielgruppenspezifisch. Je nach Altersklasse oder Auf -gabe im Amateurverein sind dieInhalte unterschiedlich und auf

die jeweiligen Bedürfnisse zuge-schnitten.

Ein bekanntes und bereits seit längerem erprobtes Produkt istder Service „Training Online“. Inregelmäßigen Abständen werdenhier von DFB-Trainern beispielhafteTrainingseinheiten vorgestellt –spezifisch nach Altersklassen.

Weitere Funktionen sind hinzuge-kommen: Mit dem Programm „easySports-Graphics“ können Trainerihre eigenen Spielfeldgrafikenerstellen. Bei „Training Live“ wer-den die Übungseinheiten im Videovorgeführt und erklärt. Darüberhinaus erhalten Trainer viele wei-tere Hilfen und Informationen –von Kopiervorlagen bis zu Trai-

nings-Leitlinien für ihre jeweiligeAltersklasse.

Der Start des Service-Portals„Mein Fußball“ ist Teil des DFB-Masterplans und der Kampagne fürden Amateurfußball. Ganz nach demMotto „Unsere Amateure. EchteProfis.“ erhalten AmateurfußballerProfi-Tipps.

Das Ziel gibt DFB-Präsident Wolf-gang Niersbach vor: „Wir wollenund wir werden immer besser wer-den, um den Strang von der Spitzeunseres Verbandes bis in alleEcken des Landes zu stärken.“

➤ Unter dem Link dfb.de/schiedsrichter ist das neueAngebot im Internet zu finden. ■

Im Schieds-richter-Bereich vondfb.de sindInformationenfür aktiveSchiedsrich-ter, Interes-senten undFunktionärezusammenge-fasst.

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EROBERT BÄLLEIM MITTELFELD.UND HERZENIM STURM.Anna-Maria, Spielerin beim FC Viktoria 1889 Berlin.Eine von 1,1 Millionen Spielerinnen, die täglich beweisen, wie ernst es ihnen mit diesem Spiel ist.Mehr über Anna-Maria und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

UNSERE AMATEURE. ECHTE PROFIS.

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Projekt

Regelkunde in Radio-QualitätDer Kölner Stadtteil Nippes hat es in der DFB-Schiedsrichter-Zeitung im Laufe der Jahre zu einer gewis-sen Prominenz gebracht. Bereits Anfang 2013 berichtete SRZ-Mitarbeiter Tobias Altehenger von einemdort durchgeführten Anwärter-Lehrgang, anderthalb Jahre später ist er abermals im Kölner Nordenunterwegs. In einer Nippeser Dachgeschoss-Wohnung entsteht nämlich allwöchentlich „Collinas Erben“,Deutschlands einziger Schiedsrichter-Podcast. Ein Hausbesuch.

Am Klingelschild steht Feuer-herdt. Wer nicht so recht weiß,

bei wem er hier gleich klingelnwird, nimmt Google und das Stich-wort „Schiedsrichter“ zur Hilfe.Schnell wird man fündig: Alexan-der Feuerherdt, Jahrgang 69,gelernter Buchhändler, Schieds-richter bis zur Oberliga, Lehrwartim Fußballkreis Köln. „Stimmtalles“, nickt die eine Hälfte von„Collinas Erben“, nur bei „Alexan-der“ zuckt der 45-Jährige leichtzusammen. „Das sagt eigentlichnur meine Mutter.“

Die andere Hälfte sucht geradeeinen Parkplatz. Gar nicht so ein-

Startklar: Klaas Reese (links) und Alex Feuerherdt unmittelbar vor der Produktion einer neuen Folge von „Collinas Erben“.

fach in dieser Gegend. KlaasReese ist freier Journalist undBlogger. Außerdem: „Schiedsrich-ter im Landkreis Schaumburg imAlter von 14 Jahren. VorläufigesKarriereende mit 15.“ Wie er selbstsagt. Und seither? „LautstarkerLibero im Abwehrriegel des Kreis-ligisten Raderthaler Kickers undmitunter leidgeprüfter Sympathi-sant von Hannover 96.“ Zusam-men sind sie: „Collinas Erben“ –Deutschlands erster und einzigerSchiedsrichter-Podcast.

Mit Klaas geht es drei Treppennach oben. Im Dachgeschossangekommen, fällt der Blick ins

weite Rund eher nüchtern aus.Wer Porträts von Alfons Berg und Helmut Fleischer an den Wänden erwartet hat, wird ent-täuscht. Ein ganz normales Wohnzimmer.

Nur die Technik auf dem Esstischlässt erahnen, dass von hier ausgleich drauflos gepodcastet wer-den soll: ein kleines Mischpult, einLaptop, zwei Headsets. Und: einePierluigi-Collina-Figur. DasGeschenk eines treuen Hörersdient Alex und Klaas als Maskott-chen. Die beiden begrüßen sichherzlich, es wird viel gelacht. Manahnt schon jetzt: Hier funken zwei

auf derselben Wellenlänge. Andiesem Mittwoch produzieren siedie 59. Folge ihres Schiedsrichter-Podcasts. Doch wie fing das Ganzeeigentlich an?

Die Idee

Die erste Folge von „CollinasErben“ lief vor zwei Jahren, imOktober 2012. Klaas Reese, der dieIdee zu dem Podcast hatte,erinnert sich: „Der Grundgedankewar eigentlich, dass ich damals jaschon seit gut zwei JahrzehntenFußball gespielt hatte und imPrinzip immer noch nicht wusste,wie alle Regeln genau funktionie-

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Eine Figur des Namenspa-trons steht während der Auf-zeichnung stets auf demSchreibtisch.

Tauscht das Headset hin und wieder auch noch gegen die Pfeife:der ehemalige Oberliga-Schiedsrichter Alex Feuerherdt in Aktion.

ren. Und ich hatte immer dasGefühl: Das geht auch ganz vielenanderen so.“

Mit diesem Gedanken im Hinter-kopf wandte er sich an den Lehr-wart des Fußballkreises Köln. Dasursprüngliche Ziel: alle 17 Fußball-regeln in Podcast-Form vorstellenund somit Aufklärungsarbeit leis -ten. Der Spieler Reese sollte fra-gen, der Schiedsrichter Feuerherdtantworten.

Alex war anfangs allerdings skep-tisch: „Aus meiner Praxis in derLehrarbeit kannte ich es eigentlichso, dass man eine Visualisierungbenötigt. Nur über Regeln zu spre-chen anstatt Szenen zu zeigen,habe ich mir schwierig vorge-stellt.“ Dennoch: Gemeinsam wag-ten sie das Experiment.

Es dauerte nicht lange, bis sichzeigen sollte, dass sie mit derIdee eine Nische entdeckt hatten.Schon nach wenigen Folgen rücktedie ursprünglich als Hauptzielausgegebene Regelkunde in denHintergrund. Die Hörerschaft wolltemehr, und vor allem: Aktuelles.„Nachdem wir die ersten Folgengesendet hatten, kamen immermehr Hörerfragen auf uns zu. Die

Bundesliga lief, es gab kritischeEntscheidungen, und die Leutewollten, dass wir diese Entschei-dungen erklären“, berichtet Klaas.

Schnell war ein sorgsam gepfleg-ter Twitter-Account eingerichtet,in dem mitunter auch parallel zuden live laufenden Spielen ersteRückfragen kompetent beantwor-tet werden konnten. Mittlerweilehaben fast 6.000 Twitter-Nutzerdiesen Service abonniert.

Tweets vom DFB-Junioren-Trainer

Zwei Jahre später sind die beidenin der Regelkunde inzwischen beiRegel 14 angekommen. „Der Groß-teil ist geschafft“, sagt Alex.„Dass es dafür zwei Jahre brau-chen würde, hatten wir allerdingsnicht erwartet.“ Klaas ergänzt:„Derzeit kommen wir eigentlichnur noch in Sommer- oder Winter-pausen zur Regelkunde. Es gibt zuviele spannende Szenen aus derBundesliga und immer jede MengeHörerfragen, die natürlich denaktuelleren Bezug und dement-sprechend Priorität haben.“

Ihre Zielgruppe sehen die beidenim Übrigen nicht in Stein gemei-ßelt. Alex Feuerherdt: „Der Grund-gedanke war, internetaffine Fuß-ballfans zu erreichen und durchAufklärungsarbeit ein größeresVerständnis für Schiedsrichterund die Schiedsrichterei zu erzie-len. Wichtig ist uns, Entscheidun-gen verständlich zu machen undherauszustellen: Wenn irgendwoein Fehler passiert, dann ist daserstens menschlich und zweitenserklärbar.“

Inzwischen melden sich regelmä-ßig nicht nur Fans zurück. AuchSportjournalisten und Aktive ver-folgen den Podcast und fachsim-peln mit Alex und Klaas. BeiHörerzahlen im schon fünfstelli-gen Bereich ist auch mancherProminente dabei: „Zuletzt hattenwir eine angeregte Diskussion mitdem DFB-Junioren-Trainer ChristianWück“, berichtet Alex.

„Nachdem ich zunächst dem Frei-stoß-Spray skeptisch gegenüber-

gestanden und dies auch zumAusdruck gebracht hatte, hatWück über Twitter von seinendurchweg positiven Erfahrungendamit berichtet. Auf diese Art hatman immer einen regen Aus-tausch: Podcasten ist schließlichkeine Einbahnstraße.“

Hilfestellung, keine Konkurrenz!

Aber auch viele Schiedsrichterlauschen „Collinas Erben“. „Geradejüngeren Kollegen, die noch inihrer Ausbildung sind, bringt derPodcast schon eine ganze Menge“,glaubt Klaas. „Das Schöne ist,dass man so einen Podcast über-all mit hinnehmen kann und nichtan Stützpunkt-Schulungen oderÄhnliches gebunden ist.“

Einige der Hörer, die früher nurFußballfans waren, haben inzwi-schen sogar selbst ihre Ausbil-

dung zum Schiedsrichter absol-viert. „Das ist natürlich einegroße Motivation“, freut sich Alex,„wenn Leute explizit sagen, dasssie wegen uns Schiedsrichtergeworden sind, ist das grandios.“

Als Konkurrenz zur DFB-Lehrar-beit betrachten die beiden ihrProjekt im Übrigen nicht. „DasSpannende ist ja, dass wir unsnicht an den Tisch setzen undsagen: ‚Wir haben die ultimativeWahrheit’“, meint Klaas, der imPodcast auch nach zwei Jahrennoch zumeist die Rolle des Fra-genden übernimmt, dem Lehrwartaber auch häufiger Kontra ausder Fanperspektive gibt.

„Alex äußert zwar seine Einschät-zung zu gewissen Szenen, dieseist aber nicht in Stein gemeißeltund kann mit einer WocheAbstand oder entsprechendemFeedback in der nächsten Woche

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Projekt

durchaus nochmal revidiert wer-den.“ Alex Feuerherdt nickt dazu:„Wir können interpretieren, Mei-nung verkünden, Hilfestellunggeben; einen offiziellen Statushaben wir mit unserem Podcastaber natürlich nicht.“

Manchmal warten sie auch auf die Lehrmeinung des DFB-Lehr-stabs. „Es sind ja auch einfachnicht alle Situationen sofort undschwarz-weiß aufzulösen“, sagtAlex. „Natürlich kann ich auchunmittelbar meine Einschätzungzu einer Szene äußern – wenndiese aber im Nachhinein indirektvom DFB kassiert wird, wäre es janicht zweckdienlich zu sagen: Ichbleibe jetzt aber trotzdem beimeiner Ansicht.“

Klaas ergänzt: „Manchmal geht es ja auch nicht anders. Wir wür-den natürlich auch am liebstenimmer sofort bei Hellmut Krugnachfragen, wenn wir Fragen zueiner Szene haben, aber wirhaben seine Handy-Nummernicht.“ Und mit augenzwinkernderDrohung schiebt er nach: „Nochnicht!“

Stegemann als Gast

Wenn auch Hellmut Krug nochnicht zu Gast in Nippes war: Inden bisherigen Folgen konnten

sich Alex und Klaas schon übermanch anderen Besucher bei „Collinas Erben“ freuen. Mit LauraDuske, Schiedsrichterin in der 2. Frauen-Bundesliga, sprachensie unter anderem über die Her-ausforderung, als Frau im Männer-fußball zu pfeifen, mit dem neuenBundesliga-Referee Sascha Stege-mann über seinen Weg vom Jung-Schiedsrichter in die deutschenEliteklassen.

„Wir arbeiten momentan auchdaran, jemanden aus dem DFB-Kontrollausschuss zum Intervieweinzuladen“, sagt Alex. „VieleHörer sind nämlich auch an mög-lichen Strafmaßen oder denRechtswegen im DFB interessiert.Dazu haben wir zwar ein gewissesGrundwissen, Experten auf demGebiet sind aber die Juristen.“

Folge 59:„Zwei Ahlenfelder, bitte!“

In der heutigen Folge steht dieSportgerichtsbarkeit indes nichtim Mittelpunkt. Alex und Klaasstarten mit einer kleinen WM-Nachlese, besprechen das Trai-ningslager der DFB-Schiedsrichterund informieren über den neues -ten Stand beim Freistoß-Spray.Außerdem werden die kritischenSituationen der ersten Bundes -liga-Spieltage analysiert.

Aber auch zwei Nachrufe stehenauf dem Plan. Kurt Tschenscher,einer der ehemals weltbesten

Schiedsrichter, der die allerersteGelbe Karte in der Geschichte desFußballs zeigte, wird ebenso imSchiedsrichter-Podcast gewürdigtwie Wolf-Dieter Ahlenfelder.

Zu beiden großen, nun verstorbe-nen Spielleitern haben Alex undKlaas etwas Besonderes vorberei-tet. In einer sehr persönlichenAnekdote berichtet Alex zunächst,wie ihm als Teenager einst KurtTschenscher seine Pfeife aus demWM-Eröffnungsspiel 1970geschenkt hat – eine Geste, dieden damals 17-Jährigen schwerbeeindruckte und bei seinenersten Schritten als Schiedsrich-ter enormen Rückenwind verlieh.

Wolf-Dieter Ahlenfelder indes wirdvon beiden auf eine Art gewürdigt,die ihm selbst, so glaubt Klaas,„vermutlich gut gefallen hätte“:Nach 32 Minuten wird das regulärePodcast-Programm unterbrochen –also nach genau der Dauer, nachder Ahlenfelder 1975 die ersteHalbzeit der Bundesliga-Begeg-nung Bremen gegen Hannover 96vorzeitig beendet hatte – undbeide erheben die Gläser auf einUnikum der Bundesliga-Historie.

Einen historisch originalgetreuen„Ahlenfelder“ gibt es in Köln-Nip-pes allerdings nicht, an der Seitedes Biers steht an diesem AbendWhiskey statt Malteser. Wichtig istbeiden aber auch, neben der wohlbekanntesten Schiedsrichter-Anekdote der Bundesliga die

besondere Qualität Wolf-DieterAhlenfelders als Spielleiter zuwürdigen: „Auch wenn er sichselbst immer gefreut hat, wennman ihn auch 30 Jahre späternoch auf diese Geschichte ange-sprochen hat, man darf nicht ver-gessen, was für ein großartigerSchiedsrichter Wolf-Dieter Ahlen-felder war“, sagt Alex on Air.

Eine Erfolgsgeschichte

Als sich die 59. Folge von „Colli-nas“ Erben dem Ende entgegen-neigt, ist es bald zehn Uhrabends. Fast zwei Stunden sind esdiesmal geworden. „Nach derSommerpause mussten wir ja zei-gen, dass wir wieder bei Kräftensind“, schmunzelt Klaas und sen-det zum Abschluss der Folge nochein paar Grüße an einen Hörer,der den Podcast am Wochenendebei einem Trainingslauf hörenwollte: „Sorry Stefan, es sind jetztein paar Minuten mehr gewor-den… Aber dann musst du ebeneinfach etwas länger laufen.“

Die Lust und Freude – auch aneiner ausgedehnten Nachspielzeitim Podcast – zeigt: Die Erfolgsge-schichte „Collinas Erben“ wird aufalle Fälle weitergehen. Und siebreitet sich aus. Während derWeltmeisterschaft waren Alex undKlaas regelmäßig bei „Deutsch-landradio Wissen“ zu Gast; seitSaisonbeginn gibt es zudem eine„Collinas-Erben-Kolumne“ für dasOnline-Angebot des Fernsehsen-ders N-TV.

Durch Spenden von Hörern konn-ten sie außerdem jüngst ihr tech-nisches Equipment aufrüsten undsenden inzwischen in Radio-Qua-lität. Und alle, die sich einstgefragt hatten, ob man wirklichnahezu jede Woche zwei Stundenüber Schiedsrichter und Schieds-richter-Entscheidungen redenkann, ohne dass es öde wird, sindinzwischen zu dem Ergebnisgekommen: Jawohl, man kann!Deutschlands einziger Schieds-richter-Podcast macht Spaß. Unddas hört man ihm auch an.

➤ Der Podcast ist kostenlos abruf-bar unter www.collinas-erben.de.■

„Collinas Erben“

Alex Feuerherdt (Jahrgang 1969) ist Lektor und freier Publizist aus Köln.Seit 1985 Schiedsrichter, pfiff er aktiv bis zur Oberliga und war als Assis-tent in der Regionalliga im Einsatz. Verantwortlicher Lehrwart seit 1998,erst im Fußballkreis Bonn, seit 2007 im Fußballkreis Köln. Heutzutageleitet Alex noch hin und wieder Spiele in der Kreisliga, hält Vorträge zugesellschaftlichen Fragen im Fußball und engagiert sich für die AktionLibero. Verein: TuS Makkabi Köln.

Klaas Reese (Jahrgang 1980) ist freier Journalist und Podcaster ausKöln. Auf seiner Seite www.reesessportkultur.de bloggt er regelmäßigzum „Drumherum, Kulturellen und Anekdotischen“ des Fußballs. Ver-einsfußballer seit seiner Kindheit, zunächst für den VfL Bad Nenndorf,inzwischen für die Raderthaler Kickers. Schiedsrichter im LandkreisSchaumburg im Alter von 14 Jahren. Vorläufiges Karriere ende mit 15.

Das Logo des Podcasts: „Pier-luigi Collina war ein auch beiden Fans bekannter Schieds-richter, der mit seinem Auftre-ten Maßstäbe gesetzt hat”,erklärt Alex Feuerherdt.

Zur Person

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Nachruf

Zum Tod von Kurt Tschenscher1948 wurde er Schiedsrichter und blieb es sein Leben lang – als Aktiver war Kurt TschenscherDeutschlands erfolgreichster Unparteiischer, als Funktionär ein nimmermüder Helfer des Fußballsund letztlich als genauer Beobachter der Szenerie ein gesuchter Ratgeber. Ein Nachruf von LutzLüttig.

Anfang Oktober 2008 trafen sichKurt Tschenscher und Felix

Brych zu einem von der Schieds-richter-Zeitung angeregten „Gesprächder Generationen“, in dem derdamals 80-Jährige temperament-voll deutlich machte, wie sehr ersich der Sache immer noch zuge-hörig fühlte.

Als es um das Verhältnis derSchiedsrichter zu den Spielern undübrigen Akteuren des Profi-Fuß-balls ging, sagte Tschenscher: „Ja,Felix, die Distanz zu den handeln-den Personen ist wirklich wichtig.Es geht schließlich um immermehr Geld, und eure Aufgabe wirdständig schwieriger. Aber ich hab’sja schon gesagt: Ich würde michdem gern stellen und noch malrichtig mitmischen auf dem Platz.Mein Blut kommt bei schwerenVergehen und groben Unsportlich-keiten auch noch mit 80 Jahren inWallung, sodass mich meine Frauvor dem Fernseher immer bremsenmöchte: ,Bitte, Kurt, reg’ dich dochnicht so auf, du hast doch mit derSache nichts mehr zu tun.‘ Aber daliegt sie ausnahmsweise mal falsch –ich werde immer mit euch mitfie-bern, Felix!“

Er hätte es mit Sicherheit auch indieser Saison getan, aber KurtTschenscher ist am 13. August, kurzvor Beginn der neuen Spielzeit, imKreiskrankenhaus von Schwetzin-gen im Alter von 85 Jahren gestor-ben.

Geboren im heute polnischen Zabrze (damals Hindenburg/Schle-sien) kam er – kurz vor Kriegsendenoch in amerikanische Gefangen-schaft geraten – 1947 nach Mann-heim, wo er beim StadtteilvereinVfL Neckarau Fußball spielte. Erlernte Versicherungskaufmann und

wurde später stellvertretender Lei-ter des Sportamts der Stadt.

Kurt Tschenschers Schiedsrichter-Karriere als Aktiver und auch alsFunktionär ist nach seinem Tod invielen Medien gewürdigt worden.Kein Wunder, mit drei WM-Teilnah-men (1966, 1970, 1974) gilt er alsder erfolgreichste UnparteiischeDeutschlands. Seine weiteren Meriten sind problemlos im Internet nachlesbar und auch die Schiedsrichter-Zeitung (siehevor allem die Ausgaben Nr. 6/2008und Nr. 1/2009) ist darauf einge-gangen.

Deshalb sei es gestattet, in diesemNachruf den großartigen Schieds-richter Kurt Tschenscher noch ein-mal selbst zu zitieren, denn er warein wunderbarer Erzähler miteinem ausgezeichneten Gedächt-nis. Bei dem bereits erwähntenGespräch mit Felix Brych ging erauch auf die Frage seiner Anfängeals Schiedsrichter im Jahr 1948ein.

„Das war purer Zufall. Unser Ver-einsvorsitzender hat mich bedrängt,als beim Spiel unserer A-Jugendkein Schiedsrichter kam. Ich wolltenicht, schließlich hatte ich meine

einzige vernünftige Hose an. Daswar ja gleich nach dem Krieg unddann auf so einem Sandacker! Ichspiele zwar Fußball, sagte ich zuihm, aber ich hab’ doch keineAhnung von den Regeln. – Dustellst dich in die Mitte und siehstdoch auch von da, ob ein Foul pas-siert.

Ich bin also rein in das Spiel. Als esherum war, kommt da ein Herr aufmich zu: Sagen Sie mal, jungerMann, ich hab’ Sie da pfeifensehen. Also, aus Ihnen könnte einSchiedsrichter werden. Sie sindzwar bloß rumgestanden, aber wasSie gepfiffen haben, war gut.Schlagen Sie den Weg ein, machenSie eine Schiedsrichter-Prüfung. –Aber ich spiel‘ doch Fußball, hab‘ich gesagt. Na, sagt er, wir suchendoch junge Leute wie Sie. So vieleältere Schiedsrichter-Kameradensind nicht aus dem Krieg zurück -gekehrt. Sie können ja trotzdemFußball spielen. – Das war EmilSchmetzer, damals schon eineKoryphäe. Später hat er Endrun-denspiele um die Deutsche Meis -terschaft gepfiffen – und ich standbei ihm an der Linie!

Er hat mir dann den Termin für dennächsten Schiedsrichter-Kursgesagt, und ich bin da hingegan-gen. Hermann Woll hieß der Ausbil-der, zu dem wir an sechs Abendengingen. Die Prüfung hab‘ ichbestanden, mit zwei Fehlern,glaub‘ ich. Und dann kamen dieJugendspiele. Das erste war eineB-Jugend-Begegnung in Sandhofen,ausgerechnet beim Spielverteiler,Ansetzer sagt man heute. LeoStreit hieß der. Und der hat nachdem Spiel dem Schmetzer mitge-teilt: Du, da haben wir anscheinendeinen guten jungen Mann an Landgezogen. Aus dem kann was wer-

Kurt Tschenscher (1928 – 2014).

30 S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 4

Nachruf

den. Das hat mir der Schmetzerspäter so erzählt. Und das zweiteSpiel war dann schon die Reserve-mannschaft von 08 Lindenhofgegen Seckenheim. Nach zwei Jah-ren war ich schon in der Landesliga(damals die zweithöchste Spiel-klasse Deutschlands, d. Red.).

Schwierig war’s oft in Viernheim,die hatten ein sehr aufmüpfigesPublikum. Bei einem Elfmetergegen Viernheim standen sie drau-

ßen, pöbelten und drohten mitihren Regenschirmen. Ich dachtenur: Irgendwie wirst du schon indie Kabine kommen. Das klappteauch.

Als ich drin saß, hörte ich Rufe wie:‚Pfui, du Scherenschleifer!’ Unddachte, sollst du dir das wirklichantun? Ja, da gehst du durch, Kurt,habe ich zu mir gesagt. Und sag’das gerade zu meinen Linienrich-tern, da geht die Tür auf. Und wer

kommt rein? Der Herberger! MitEmil Schmetzer, der inzwischenVerbands-Schiedsrichter-Obmannwar. Sagt der Sepp Herberger (derehemalige Bundestrainer stammteaus Mannheim, d. Red.) zu mir:‚Gratuliere, Herr Tschenscher, dashaben Sie sehr gut gemacht. WennSie so weiter pfeifen, kann ausIhnen mal ein großer Schiedsrich-ter werden. Aber eines müssen Sieberücksichtigen‘, und dabei hob erden Zeigefinger, ‚Sie drehen sichimmer vom Spiel ab.‘ Herr Herber-ger, das versteh ich nicht ganz.,Na, das ist doch ganz einfach:Wenn der Ball ins Toraus gegangenist, drehen Sie sich einfach um undlaufen zur Mittellinie. Was machenSie denn, wenn hinter Ihnen waspassiert, und plötzlich Tumult istauf dem Spielfeld? Wie wollen Siereagieren? Gewöhnen Sie es sichan: Als Schiedsrichter müssen Sieimmer den Ball und das Geschehenvor Augen haben. Und dafür müs-sen Sie auch das Rückwärtslaufenüben. Das ist nicht so einfach, dakönnen Sie leicht ins Stolpernkommen. Ich wünsche Ihnen allesGute!‘ Der Mann hat mich so beein-druckt, dass ich mir gesagt habe:So, jetzt packst du die Sache rich-tig an. Und hab‘ dann mit dem Fuß-ballspielen aufgehört. 1948 hatteich als Schiedsrichter angefangenund 1951 war ich in der OberligaSüd angekommen: 1. FC Nürnberg,Bayern München, 1860 München,VfB Stuttgart und so weiter.“

Wer den Mannheimer Kurt Tschen-scher gekannt hat, kann sich vor-stellen, wie er diese Erinnerungenvortrug – in ordentlich „manneme-risch“ gefärbtem Hochdeutsch,begleitet von beeindruckendenGesten.

Die drei Stunden des Gesprächsvergingen in jenem Oktober 2008wie im Flug. Dass der „Alte“ dem„Jungen“ an diesem Tag viel Mutmachte für dessen anstehendeAufgaben und Felix Brych einegroße Karriere vorhersagte, ver-steht sich bei dem Sachverstandeines Kurt Tschenscher von selbst.

Dass er aber auch davon über-zeugt war, dass „der Felix“ einesTages wie er selbst bei einer WM

pfeifen würde, sagte er nur demSRZ-Redakteur. Er hatte eben auchdas Einfühlungsvermögen, einentalentierten jungen Mann nicht zusehr unter Druck zu setzen.

Kurt Tschenscher hat es in diesemSommer noch erlebt, dass seineProphezeiung sechs Jahre späterwahr wurde.

22 Jahre ganz oben

1953 DFB-Schiedsrichter (24 Jahre alt)

1958 FIFA-Schiedsrichter (29)

1962 Europacup-Finale derPokalsieger (33)

1966 WM-Schiedsrichter in England (37)

1967 Europacup-Finale derLandesmeister (38)

1968 EM-Schiedsrichter in Italien (39)

1970 WM-Schiedsrichter inMexiko (41)

1972 Finale Olympische Spielein München (43)

1973 DFB-Pokalfinale (44)

1974 WM-Schiedsrichter inDeutschland (45)

1975 126. und letztes Bundes -liga-Spiel (46)

Kurt Tschenscher

WM 1974: Kurt Tschenscher stellte in der 2. Finalrunde im SpielNiederlande – Brasilien (2:0) den Brasilianer Luis Pereira vomPlatz.

Kurt Tschenscher war ein temperamentvoller Erzähler.

Kurt Tschenscher und FelixBrych auf der Titelseite derDFB-Schiedsrichter-ZeitungNr. 6/2008.

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Blick in die Presse

Die „Augsburger Allgemeine“ weistanhand eines aktuellen Beispielsauf das Verhalten bei Gewitter hin.

Das Spiel FC Augsburg gegenLeverkusen wurde vom Schieds-richter wegen eines Gewittersunterbrochen. Es war eine richtigeEntscheidung, wie Vorfälle aus derVergangenheit zeigen.

Gerade im Sommer kann es immerwieder vorkommen, dass Gewitteraufziehen. So war es auch in Lever -kusen beim Spiel des FCA gegendie Werkself. Die Partie lief knapp38 Minuten, als plötzlich ein Gewit-ter aufzog. Es goss in Strömen –und Schiedsrichter Guido Wink-mann entschied: Spielunterbre-chung.

Die Spieler von Augsburg undBayer Leverkusen wurden in dieKabinen geschickt, bis sich dasGewitter etwas verzog. Dann pfiffder Schiedsrichter die Partie wie-der an. Winkmann handelte ausVorsicht – und durfte das auch.Das besagen die offiziellen Regelndes Deutschen Fußball-Bundes.

„Der Schiedsrichter kann ein Spielwegen der Witterungsverhältnisseoder aus einem anderen Grundunterbrechen. Die Dauer derUnterbrechung soll 30 Minutennicht überschreiten“, heißt es inden Anweisungen des DFB.

Dass Schiedsrichter gut daran tun,bei Gewitter Vorsicht walten zulassen, zeigen gleich mehrere Fälleaus der Vergangenheit.

Mai 2009: Bei einem Blitzeinschlagauf einen Fußballplatz in Ingoldin-gen (Baden-Württemberg) werden26 Menschen verletzt – darunter dreischwer. Der Blitz schlägt in einenFlutlichtmast ein, als sich zweiJugendfußball-Mannschaften voreinem Spiel gerade warm machen.

August 2008: Ein Blitz verletzt imsüdhessischen Wald-Michelbach

32 Fußballspieler. Neun Männer imAlter zwischen 14 und 30 Jahrenmüssen ins Krankenhaus, drei derSpieler schweben zunächst sogarin Lebensgefahr. Der Blitz war aufden Platz des Sportvereins Ein-tracht Wald-Michelbach einge-schlagen, als dort ein C-Jugend-Team und eine Altherren-Mann-schaft trainierten.

Juli 2005: Elf Fußballspieler wer-den in Regensburg von einemBlitzschlag verletzt. Einen 17-Jähri-gen trifft der Blitz voll. Er muss mitdem Hubschrauber in eine Spezial-klinik gebracht werden. Der Unfallereignet sich bei einem privatorganisierten Fußballspiel. Als einGewitter aufzieht, beenden dieMannschaften vorzeitig das Spiel.Die Spieler sind gerade im Begriff,das Spielfeld zu verlassen, als derBlitz in eine Gruppe einschlägt.

August 2002: Ein Blitzschlag ver-letzt 14 jugendliche Fußballer imniedersächsischen Wiersdorf naheZeven. Die Spieler im Alter zwi-schen 14 und 17 Jahren suchen beieinem Gewitter Schutz in einemTrainerhäuschen am Spielfeldrand,das teilweise aus Metall ist. Dortschlägt der Blitz ein. Die Verletz-ten, darunter auch der 24-jährigeTrainer, tragen schwere Verbren-nungen und Nervenstörungendavon.

Jedes Jahr werden in der Bundes-republik zwischen 50 und 150 Men-schen vom Blitz getroffen. Die meis -ten, etwa 90 Prozent, überleben –allerdings mit mehr oder wenigerstarken Beeinträchtigungen. Einbeträchtlicher Teil hat unter Spät-folgen zu leiden.

für Spiele im Bereich des Deut-schen Fußball-Bundes gesperrtworden. Das hat die Spruchkam-mer des Fußballkreises EssenNord/West in einer Verhandlungentschieden.

Der 21 Jahre alte Spieler von DJK Juspo Altenessen II hatte imKreisliga-C-Spiel am 14. Septem-ber gegen Sportfreunde Altenes-sen III laut Angaben des Schieds-richters einen Gegenspieler brutalattackiert.

„Für uns haben zwei Tätlichkeitenvorgelegen. Ein Kopfstoß und dar-auffolgend ein Tritt gegen denKopf“, sagte der Spruchkammer-Vorsitzende Karl Schiller der„Funke Mediengruppe“.

Der Täter zeigte demnach wenigEinsicht. „Fußball ist Kontaktsportund kein Ballett“, sagte er in einerStellungnahme bei der Verhand-lung.

Lebenslange Strafen gegen Ama-teurfußballer werden selten aus-gesprochen, das Strafmaß ist beientsprechenden Vergehen abernicht unüblich. Im Februar 2013war ein Amateurfußballer in Kre-feld von der zuständigen Spruch-kammer ebenfalls lebenslanggesperrt worden. Ihm wurde vor-geworfen, einem Schiedsrichterbei einem Hallenturnier in denRücken gesprungen zu sein.

Unterbrechung bei Gewitter

Lebenslanggesperrt

Schiedsrichter im„Schlafanzug“

Der „Westfälische Anzeiger“berichtet über ein ungewöhnlichesUrteil gegen einen Spieler.

Ein Amateurfußballer aus Essen istnach einer Tätlichkeit lebenslang

Die „Frankfurter Allgemeine Zei-tung“ staunt über das neue Outfitder Champions-League-Schieds-richter.

Den „Mann in Schwarz“ gibt esnur noch selten. Die Schiedsrich-ter im modernen Fußball tragenbuntfarbige Trikots. Ob rot, gelb,grün oder blau – vieles ist mittler-weile möglich. Konsens war aller-dings bis jetzt immer eineschwarze Hose. Seit dem Start in

die neue Saison der Champions-League ist auch das anders. DieUnparteiischen liefen bei allenSpielen der Gruppenphase inweiß-grauen Hosen auf. Das gabes noch nie. Dazu trugen sie teil-weise blaue Hemden und Stutzen.

Die Twitter-Gemeinde zeigtewenig Verständnis für die gewagteFarbkombination. Sogar vom„Schlafanzug“-Dress war dieRede. Die Europäische Fußball-Union (UEFA) habe das gewöh-nungsbedürftige Outfit auf Anre-gung des Sportartikelherstellerseingeführt, teilte ein UEFA-Spre-cher der Nachrichtenagentur dpamit. Es sei zunächst nur für dieaktuelle Champions-League-Spiel-zeit vorgesehen.

In der Bundesliga soll sich an derKleidung der Unparteiischennichts ändern. Die KombinationBlau-Weiß-Blau oder Schwarz-Weiß-Schwarz wird in Deutsch-lands Stadien also so schnellnicht zu sehen sein.

Es gilt nach wie vor: Die Ausstat-tung der Referees muss sich vonden Trikots der Spieler unter-scheiden. In der Partie Dortmundgegen den FC Arsenal trug derSchiedsrichter ein ähnliches Blauwie die Arsenal-Profis… ■

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Aus den Verbänden

Mit der DFB-Verdienstnadel wurde Lehrgangsleiter Uwe Specht (Zweitervon links) ausgezeichnet. Rechts Helmut Geyer und BFV-Präsident BerndSchultz, links der Vorsitzende des Berliner Schiedsrichter-Ausschusses,Bodo Brandt-Chollé.

Bei seiner Verabschiedung wurde Jürgen Pickard zum Ehrenmitglied desKreis-Schiedsrichter-Ausschusses Nordsaar ernannt. Die entsprechendeEhrenurkunde überreichte ihm Obmann Georg Wettmann.

Beim Festkommers stellten sich den Fotografen (von links): ModeratorChristof Kandel, Obmann Dalibor Guzijan, MSV-Legende Bernard Dietz,WFLV-Schiedsrichter-Obmann Andreas Thiemann und FVN-Präsident PeterFrymuth.

Schulung der Talente

Zahlreiche Schiedsrichter-Talenteaus dem gesamten Bundesgebietund aus Österreich nahmen amtraditionellen Lehrgang des Junio-ren-Leistungskaders des BerlinerFußball-Verbandes teil.

Die Lehrgangsleiter Jens May, UweSpecht und Robert E. Wessel hat-ten wieder ein abwechslungsrei-ches Programm in Theorie undPraxis zusammengestellt. Zu denReferenten gehörten unter ande-

Berlin

Saarland

Schlusspfiff für Jürgen Pickard

Wer Jürgen Pickard kennt, vermages nicht zu glauben. Doch es istFakt: Der 71-jährige Oberkircherhat sein Amt als Obmann derSchiedsrichter-Gruppe Weiselbergim Saarländischen Fußballverband(SFV) nach 42 Jahren abgegeben.

Seit Gründung der Gruppe im Jahr1972 hat er unzählige Schiedsrich-ter betreut und pro Saison zwi-schen 1.500 und 2.000 Partien mitUnparteiischen besetzt. Für seinen

rem der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichter-Kommission Ama-teure, Helmut Geyer, der Schieds-richter-Abteilungsleiter in der DFB-Zentralverwaltung in Frankfurt,Lutz Michael Fröhlich, und der Ber-liner Bundesliga-SchiedsrichterFelix Zwayer, der kürzlich als„Schiedsrichter des Jahres 2014“ausgezeichnet wurde.

Im Beisein von BFV-PräsidentBernd Schultz erhielt Lehrgangs-leiter Uwe Specht für sein langjäh-riges Engagement im Schiedsrich-ter-Bereich von Helmut Geyer dieDFB-Verdienstnadel.

Robert E. Wessel

Verdienste der Pioniere gewürdigt

Die Schiedsrichter-VereinigungDuisburg-Süd, die am 30. Juli 1914unter anderem durch den damali-gen DFB-Präsidenten GottfriedHinze gegründet wurde, feierteMitte September ihr 100-jährigesBestehen. Rund 100 Gäste warender Einladung von Obmann DaliborGuzijan gefolgt, unter ihnen FVN-Präsident und DFB-VizepräsidentPeter Frymuth, der Schiedsrichter-Obmann des Westdeutschen Fuß-ball- und Leichtathletikverbandes(WFLV), Andreas Thiemann, Duis-burgs Bürgermeister Volker Mos-blech und MSV-Legende BernardDietz.

In seiner Rede würdigte Frymuth,der auch die Glückwünsche vonDFB-Präsident Wolfgang Niersbachüberbrachte, die Verdienste derdamaligen Pioniere: „Was die Grün-dungsmitglieder im Jahr 1914geleistet haben, ist bemerkens-wert. Es kann nur mit der Liebezum Fußball verstanden werden.“Andreas Thiemann hob die heuti-gen Leistungen der Schiedsrichter-Vereinigung Duisburg-Süd, derüber 150 Unparteiische angehören,hervor: „Die Schiedsrichter-Zahl imDuisburger Süden ist seit 2007 um90 gestiegen. Für diese vorbild -liche Leistung möchte ich mich beiDalibor Guzijan und seinem Aus-schuss recht herzlich bedanken.“

In einer Talkrunde berichtete MSV-Legende Bernard Dietz von seinenErfahrungen mit Schiedsrichtern

Niederrhein

Rückzug spielten neben dem Alterauch gesundheitliche Gründe eineRolle, die früh in den 1980er-Jah-ren schon einmal seine Karriereals DFB-Schiedsrichter gestoppthaben.

Der Top-Leichtathlet feiertezunächst als Mittelstreckler im Trikot des TV Ottweiler die Saar-land-Meisterschaft über 800 und1.000 Meter.

Sein Debüt als Schiedsrichter in derdamaligen Zweiten Liga Süd gab erim Jahr 1979. In der Bundesligaassistierte er dem ReimsbacherWalter Engel an der Seiten linie.Nach einem Dutzend Einsätzen

in der Zweiten Liga musste erkrankheitsbedingt die aktiveSchiedsrichter-Laufbahn beendenund tauschte die Pfeife mit dem

Bewertungsbogen des Schiedsrich-ter-Beobachters.

Frank Faber

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Württemberg

Trauer um Gottfried Geltenbort

Der ehemalige Schiedsrichter-Obmann des WürttembergischenFußballverbandes (WFV), GottfriedGeltenbort, ist im Alter von 88 Jah-ren gestorben. Dem Schiedsrich-ter-Wesen war Geltenbort mit gro-ßer Leidenschaft verbunden: ImJahr 1951 legte er die Schiedsrich-ter-Prüfung ab, nur drei Jahre spä-ter pfiff er sein erstes Spiel in der1. Amateurliga.

1958 wurde Geltenbort Lehrwartund engagierte sich besonders imBeobachtungswesen. 1964 wurdeer in den Verbands-Schiedsrichter-Ausschuss gewählt und übernahmzwei Jahre später das Amt desVerbands-Schiedsrichter-Obmanns.Diese Tätigkeit übte er 28 Jahrelang mit großem Engagement aus.

Kameradschaft, Hilfsbereitschaft,Großzügigkeit und Kollegialitätbedeuteten ihm viel. Nach seinemAusscheiden wurde er zum Ehren-mitglied ernannt. Daneben erhielter unzählige weitere Ehrungen.Unter anderem wurde er mit derVerbands-Ehrennadel des Würt-tembergischen Fußballverbandesin Gold und der DFB-Verdienst -nadel ausgezeichnet. Für sein bürgerschaftliches Engagementwurde er zudem mit dem Bundes-verdienstkreuz geehrt.

Gottfried Geltenbort war bei „sei-nen“ Schiedsrichtern überausbeliebt und durch seine korrekte,direkte und geradlinige Artgeschätzt.

Gerlinde Geltenbort-Wurster

und stellte deutlich heraus, dasses ein schwieriger „Job“ sei, dener sich nie zutrauen würde. Gerneerinnere er sich aber noch an diezahlreichen Schiedsrichter-Persön-lichkeiten seiner aktiven Karriere.

Boris Guzijan

„Leute mit Pfiff“ gesucht

Auch im Fußball-Verband Mittel -rhein (FVM) ging die Zahl der akti-ven Schiedsrichter in den letztenJahren zurück. Das will der Ver-bands-Schiedsrichter-Ausschuss(VSA) mit einer neuen Werbekam-pagne ändern.

Zum Saisonbeginn startete der VSAdie Kampagne „Mach mit! WerdeSchiri!“ unter dem Motto „Wir suchenLeute mit Pfiff“ mit Flyern, Plaka-ten und Bannern, die über Fernseh-,Print- und Onlinebeiträge bereitseine beacht liche Aufmerksamkeiterzielt hat. „Unser Ziel ist es, neueSchiedsrichter zu gewinnen und diebereits Aktiven weiter für ihrHobby zu begeistern“, so der Vor-sitzende des Verbands-Schieds-richter-Ausschusses, Peter Oprei.

Neben Flyern, Plakaten und Bannernwurde zudem die Kampagnen-Homepage www.schiri-werden.demit allen Informationen rund umdie Ausbildung und die Schieds-richter-Tätigkeit erstellt.

Sven Körfer

Mittelrhein

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SpielplanImpressum

Vorschau 1/2015

Ein Strafstoß kann ein Spiel entscheiden – und deshalb weiß jeder Schiedsrichter, wie wichtigdiese Entscheidung ist. Was in den Sekundenbruchteilen zwischen Vergehen und Pfiff imSchiedsrichter vorgeht, ist Thema im aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 58. Günther Thielking stelltihn vor.

Den Traum vom Profifußball haben viele junge Schieds-richter – doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Wie inDeutschland der Schiedsrichter-Nachwuchs auf demWeg an die Spitze gefördert wird, hat sich Tobias Alte-henger angesehen. Er hat einen Stützpunkt der Junio-ren-Bundesliga-Schiedsrichter in Hennef besucht unddabei den jungen Unparteiischen über die Schultergeschaut.

Seit 1963, also seit Beginn der Bundesliga-Geschichte, ist Adi Weber (Zweiter von links) alsSchiedsrichter-Betreuer tätig. Zunächst vier Jahre lang bei den Münchner Löwen, seit nun-mehr 47 Jahren beim FC Bayern. Doch was ist eigentlich die Aufgabe eines Schiedsrichter-Betreuers? Und wie haben sich die Unparteiischen im Lauf der Jahrzehnte verändert? DavidBittner hat Adi Weber bei einem Einsatz begleitet.

Titelthema

Talente entdecken,Nachwuchs fördern

Die Ausgabe erscheint am 15. Dezember 2014.

Porträt

Ein Freund derSchiedsrichter

bequem per E-Mail:[email protected]

ABO

Lehrwesen

Der Strafstoß-Pfiff –Stress oder Routine?

Herausgeber:Deutscher Fußball-Bund Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/MainTelefon 0 69/6788-0www.dfb.de

Verantwortlich für den Inhalt:Ralf Köttker

Koordination:David Bittner, Thomas Dohren

Mitarbeiter dieser Ausgabe:Tobias Altehenger, Andreas Arens, Lutz MichaelFröhlich, David Hennig, Manfred Kobstaedt,Klaus Löw, Günther Thielking, Lutz Wagner

Lektorat:Klaus Koltzenburg

Konzeptionelle Beratung:Lutz Lüttig

Bildnachweis:David Bittner, dpa, Fishing4, Udo Gottschalk,Harder, imago, Günther Thielking, Ottmar Winter

Gestaltung, Satz und Druck:AWD Druck + Verlag GmbH,Otto-Brenner-Straße 7, 52477 Alsdorf,Telefon 0 24 04/2 2071, Fax 0 24 04/8 18 22, E-Mail: [email protected]

Anzeigenverwaltung: AWD Druck + Verlag GmbH, Manfred Kuper

Erscheinungsweise:Zweimonatlich. Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Lieferung ins Ausland oder per Streifband aufAnfrage. Abonnements-Kündigungen sindsechs Wochen vor Ablauf des berechnetenZeitraums dem Abonnements-Vertriebbekannt zu geben.

Zuschriften, soweit sie die Redaktion betref-fen, sind an den Deutschen Fußball-Bund,Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main,[email protected], zu richten.

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Nachdruck oder anderweitige Verwendungder Texte und Bilder – auch auszugsweise undin elektronischen Systemen – nur mit schrift-licher Genehmigung und Urhebervermerk.

Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem Papier gedruckt.

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Kein Fairplay ohne Schiedsrichter.Was er auch macht – er kann es keinem recht machen. Obwohl er dafür sorgt, dass auf dem Rasen alles rechtens abläuft: Schiedsrichter zu sein ist ein harter Job. Und doch bringen über 70.000 Frauen und Männer Woche für Woche Fairplay ins Spiel – mit Neutralität, Sachverstand und einer großen Portion Leidenschaft. Genau wie DEKRA: Seit knapp 90 Jahren sorgen wir dafür, dass auch abseits des Rasens alles im grünen Bereich ist.

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