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Der Name macht's! Das weiß jeder, der ein wenig von Werbung versteht (und wer tut das nicht?). Eine Zahnpasta verkauft sich einfach besser, wenn ihr Name etwas Strahlendes, Blendendes, Perlend-Weißes suggeriert, und wenn darüberhinaus noch eine geheime Wirk- stoff-Kombination angegeben werden kann, ist der Erfolg garantiert! Ganz ähnlich verhält es sich mit Konzepten in der Medizin. Auch bei ihnen spielt der Name eine wichtige Rolle, wie sich zum Beispiel an der unerwarteten Po- pularität ablesen läßt, zu der eine altbewährte Methode der histopathologischen Schnittrand- kontrolle gelangte, seitdem sie unter dem Na- men „Tübinger Torte“ angepriesen wird. Und um die Wirkung solch süßer Alliteration zu verstärken, wurde gleich noch eine „Wirkstoff- Formel“ beigefügt: „3-D“, d.h., dreidimensio- nale Histologie, die durch die Anfertigung von Randschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe ge- währleistet werden soll. Wenn man den neuen Leitlinien der Qualitäts- sicherungskommission der Deutschen Derma- tologischen Gesellschaft zur Exzision von Ba- salzell- und Plattenepithelkarzinomen Glau- ben schenken will (Hautarzt 1998; 48: S15– S26), dann stellt die 3-D-Histologie in der Tu- morchirurgie das Maß aller Dinge dar. Andere Verfahren zur Schnittrandkontrolle werden nur beiläufig erwähnt, und auch dies mit dem Zu- satz, daß sie nicht in der Lage seien, „die hö- here Sicherheit der mikrographischen Chirur- gie zu erreichen.“ Heißt das, daß man von nun an bei der Exzision von Hauttumoren nur noch die „Tübinger Torte“ gelten lassen kann? Nicht ganz, denn man muß in Rechnung stellen, daß die Autoren der Leitlinien mit den größten Tortenbäckern identisch sind. Und weil jeder Konditor seine Torten liebt, haben sie die Vorteile der Methode übertrieben und die Nachteile verschwiegen, die zum Beispiel darin bestehen, daß im Falle kleiner Exzisio- nen durch Randschnitte zu allen Seiten aus der Torte sehr leicht Geschnetzeltes wird. Von Torten und Geschnetzeltem Nr. 7 II 1999 Zeitschrift des Zentrums für Dermatopathologie Freiburg Schriftleitung und redaktionelle Verantwortung: Wolfgang Weyers, Carlos Diaz, Imke Weyers, Susanna Borghi Rombach Digital Druck Freiburg Inhalt: Zu diesem Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Bunt gemischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Der besondere Fall: Multiple Naevi comedonici . . . . . . . . . . . . . 4 Für Sie referiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Memories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Das ist es! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Klinische Befunde – histopathologisch erläutert . . 10 Bilderbuch der Biopsie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Dermatologie einmal anders: Freude am Rezidiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Torte oder Geschnetzeltes? – Nach Randschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe ist dieses Stück Schwarzwälder Kirsch- torte selbst für einen Freiburger kaum noch als solches erkennbar.

Nr. 7An Stimmen, die eine aus-gewogenere Rezeptur der Leitlinien anmahnten, fehl-te es nicht. So bemühte sich Prof. Christian Schmoeckel aus München als Vertreter der Dermatohistopatholo-gie

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Page 1: Nr. 7An Stimmen, die eine aus-gewogenere Rezeptur der Leitlinien anmahnten, fehl-te es nicht. So bemühte sich Prof. Christian Schmoeckel aus München als Vertreter der Dermatohistopatholo-gie

Der Name macht's! Das weiß jeder, der einwenig von Werbung versteht (und wer tut dasnicht?). Eine Zahnpasta verkauft sich einfachbesser, wenn ihr Name etwas Strahlendes,Blendendes, Perlend-Weißes suggeriert, undwenn darüberhinaus noch eine geheime Wirk-stoff-Kombination angegeben werden kann, istder Erfolg garantiert! Ganz ähnlich verhält essich mit Konzepten in der Medizin. Auch beiihnen spielt der Name eine wichtige Rolle,wie sich zum Beispiel an der unerwarteten Po-pularität ablesen läßt, zu der eine altbewährteMethode der histopathologischen Schnittrand-kontrolle gelangte, seitdem sie unter dem Na-men „Tübinger Torte“ angepriesen wird. Undum die Wirkung solch süßer Alliteration zuverstärken, wurde gleich noch eine „Wirkstoff-Formel“ beigefügt: „3-D“, d.h., dreidimensio-nale Histologie, die durch die Anfertigung vonRandschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe ge-währleistet werden soll.

Wenn man den neuen Leitlinien der Qualitäts-sicherungskommission der Deutschen Derma-tologischen Gesellschaft zur Exzision von Ba-salzell- und Plattenepithelkarzinomen Glau-ben schenken will (Hautarzt 1998; 48: S15–S26), dann stellt die 3-D-Histologie in der Tu-morchirurgie das Maß aller Dinge dar. AndereVerfahren zur Schnittrandkontrolle werden nurbeiläufig erwähnt, und auch dies mit dem Zu-satz, daß sie nicht in der Lage seien, „die hö-here Sicherheit der mikrographischen Chirur-gie zu erreichen.“ Heißt das, daß man von nunan bei der Exzision von Hauttumoren nur nochdie „Tübinger Torte“ gelten lassen kann? Nichtganz, denn man muß in Rechnung stellen, daßdie Autoren der Leitlinien mit den größtenTortenbäckern identisch sind. Und weil jederKonditor seine Torten liebt, haben sie die

Vorteile der Methode übertrieben und dieNachteile verschwiegen, die zum Beispieldarin bestehen, daß im Falle kleiner Exzisio-nen durch Randschnitte zu allen Seiten aus derTorte sehr leicht Geschnetzeltes wird.

Von Torten und Geschnetzeltem

Nr. 7II 1999Zeitschrift des Zentrums fürDermatopathologie Freiburg

Schriftleitung und redaktionelle Verantwortung:Wolfgang Weyers, Carlos Diaz,Imke Weyers, Susanna Borghi

Rombach Digital Druck Freiburg

Inhalt:

Zu diesem Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Bunt gemischt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Der besondere Fall:

Multiple Naevi comedonici . . . . . . . . . . . . . 4Für Sie referiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5Memories . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Das ist es! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Klinische Befunde – histopathologisch erläutert . . 10Bilderbuch der Biopsie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11Dermatologie einmal anders:

Freude am Rezidiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Torte oder Geschnetzeltes? – Nach Randschnitten zu allenSeiten und zur Tiefe ist dieses Stück Schwarzwälder Kirsch-torte selbst für einen Freiburger kaum noch als solcheserkennbar.

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An Stimmen, die eine aus-gewogenere Rezeptur derLeitlinien anmahnten, fehl-te es nicht. So bemühte sichProf. Christian Schmoeckelaus München als Vertreterder Dermatohistopatholo-gie mehrfach um mehr Au-genmaß in der Darstellungvon Methoden der Schnitt-randkontrolle. Nachdemseine Schreiben völlig ig-noriert wurden, kündigte erseinen Rücktritt aus derKommission an, wurde je-doch von mehreren Kolle-gen überredet zu bleiben,um Schlimmeres zu verhü-ten. Dies gelang ihm tat-sächlich, denn durch Inter-vention des Präsidentender Deutschen Dermatolo-gischen Gesellschaft und des Vorsitzenden derQualitätssicherungskommission der DDG wur-den die Autoren der Leitlinien veranlaßt, we-nigstens kurz auf die Existenz anderer Metho-den der Schnittrandkontrolle hinzuweisen.

Die von viel Zuckerguß überzogene Tortewurde daraufhin mit einem kleinen Feigenblattgarniert. Das in den Leitlinien dargeboteneMenü ist dennoch alles andere als ausgewo-gen. Ein gemischter Salat wäre nahrhaftergewesen als ein Feigenblatt - und etwas weni-ger Zuckerguß besser bekömmlich! Mehr zuden Kochrezepten der histopathologischenSchnittrandkontrolle finden Sie in unserer Ru-brik „Dermatologie – einmal anders“.

Bunt gemischtZwei dermatologische Großveranstaltungen gabes in diesem Frühjahr: die 57. Jahrestagung derAmerican Academy of Dermatology Mitte Märzin New Orleans und die 40.Tagung der Deut-schen Dermatologischen Gesellschaft Mitte Maiin Hamburg. Bei beiden Veranstaltungen wardas Zentrum für Dermatopathologie Freiburgvertreten. In New Orleans sprach Carlos Diazim Rahmen einer Sitzung der International So-ciety of Dermatopathology über Methoden zurDiagnose kutaner Weichteiltumoren. WolfgangWeyers ging in einer „Special Lecture“ auf dieGeschichte von Human-Experimenten ein, die

eng mit der Geschichte derDermatologie verknüpft ist.A. Bernard Ackerman hieltVorträge über die Histopa-thologie des malignen Me-lanoms und über Melano-me im Kindesalter und leite-te ein Diskussionsforum mitdem Titel „An Urgent Needfor a Renaissance in Derma-tology“.

Die Academy-Tagung dau-erte fünf Tage und bot Infor-mationen aus allen Berei-chen der Dermatologie, diein „Symposia“, „Forums“,„Courses“, „Focus Sessions“und „Discussion Groups“vermittelt wurden. Sie wur-de von zahlreichen Satelli-2

Umrahmt von Hamburger Urgewächsen: Barbara Gilchrest (2.v.l.) sowie WolfgangWeyers, A. Bernard Ackerman, Otto Braun-Falco und Ingrid und Roland Moll(4.–8.v.l.) bei einem Empfang in der Alten Altonaer Fischauktionshalle.

Was ist das?

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tenveranstaltungen begleitet, die von Sitzun-gen verschiedener Arbeitsgemeinschaften bishin zu den jährlichen Herausgeberversamm-lungen der Fachzeitschriften reichten. Im Rah-men einer solchen Versammlung wurdenLorenzo Cerroni (Graz), Dieter Metze(Münster) und Wolfgang Weyers (Freiburg) inden Herausgeberstab des American Journal ofDermatopathology aufgenommen.

Die 40. Tagung der Deutschen Dermatologi-schen Gesellschaft in Hamburg stand der Aca-demy-Tagung an Größe kaum nach. Mit rund2300 Teilnehmern war sie die mit Abstandgrößte Veranstaltung in der 111jährigen Ge-schichte der DDG. Größe allein ist aber keinGradmesser für Erfolg, und Gigantomanie oftmehr schädlich als nützlich. Der Erfolg der Ta-gung war darin begründet, daß es den Veran-staltern – allen voran Wilhelm Meigel – ge-lang, trotz der Größe eine warme, familiäreAthmosphäre zu schaffen. Dies zeigte sichschon in der Eröffnungssitzung, die von derBrass Band der Schule seiner Tochter soschwungvoll eingeleitet wurde, daß es leichtfiel, die anschließende Rede der HamburgerSenatorin und Leiterin der Behörde für ArbeitGesundheit und Soziales zu überstehen. Esfolgten eine ausgezeichnete Rede des DDG-Präsidenten Erwin Schöpf, der den Titel derTagung – „Vision und Wirklichkeit“ – aufnahm,um ein kritisches Bild der Lage der Dermato-logie an der Schwelle zum neuen Jahrtausendzu entwerfen, ein Grußwort des Präsidentendes Berufsverbandes Erich Schubert sowie dieVerleihung der höchsten Auszeichnung derDDG, der Herxheimer-Plakette, an Prof.Stefania Jablonska aus Warschau.

Stefania Jablonska folgteanschliessend einer Einla-dung des Zentrums fürDermatopathologie Frei-burg, die von WolfgangWeyers und A. BernardAckerman ausgesprochenworden war, um den per-sönlichen Kontakt mit ko-operierenden Kollegenherzustellen und zu vertie-fen. Zum Kreis, der im"Ristorante" in der GroßenBleichen zusammentraf,zählten außerdem OttoBraun-Falco (München),Dieter Haarhaus (Ham-burg), Uwe Hauswirt(Gerlingen), Ulrich Heid-büchel (Mainz), Andrea

Küchler (Berlin), Eva und Wilhelm Meigel(Hamburg), Jutta Neupert (Norderney), CharisPapavassillis (Gießen), Wolf-Bernhard Schill(Gießen), Axel Schlieter (Norderney), VolkerSteinkraus (Hamburg), Jörg Zimmermann(Gerlingen) und Mirjana Ziemer (Berlin). Eswurde ein wirklich schöner Abend, der beianregenden Gesprächen lange dauerte und fürden ein schwerer Kopf am nächsten Morgengern in Kauf genommen wurde.

Anregungen fachlicher Art gab es reichlich inden nächsten Tagen. Explosiv war ein Plenar-vortrag von A. Bernard Ackerman (New York),der unter dem Titel „Exploding Myths AboutMelanoma“ zwanzig widersprüchliche Kon-zepte wie das der Dysplasie und der Wachs-tumsphasen aufs Korn nahm; instruktiv eineÜbersicht von Enno Christophers zur gene-tischen Verankerung der Psoriasis. Unterhalt-sam war die Diaklinik, bei der die Teilnehmeranhand klinischer Bilder über ein TED-Systemselbst ihre Diagnosen stellen konnten; umfas-send ein Vortrag von Detlef Zillikens (Würz-burg) über „Neue Aspekte zur Diagnostik bla-senbildender Autoimmundermatosen.“ Nahe-liegend waren Ergebnisse einer Arbeitsgruppeaus Tübingen und Philadelphia, die in einemeleganten Hautmodell zeigen konnte, daß in-traepidermalen Melanomzellen die Fähigkeitfehlt, die Basalmembran zu überschreiten;weitblickend ein Vortrag von Barbara Gil-chrest (Boston) über die mögliche therapeuti-sche Nutzung von Thymidindimeren, die nor-malerweise durch UV-Schädigung entstehenund durch deren lokale Applikation DNA-Re-paraturmechanismen und Melanogenese ge-fördert und epidermale Proliferation und Ent-

Abendessen des Zentrums für Dermatopathologie Freiburg während der DDG-Tagung inHamburg: links sieht man Charis Papavassillis, Axel Schlieter, Dieter Haarhaus und Karl-Heinz Vehring mit Sohn. Rechts vorne, das Weinglas fest im Griff, Ulrich Heidbüchel.

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zündungen gehemmt werden könnten. Er-schüttert wurde die TNM-Klassifikation desPlattenepithelkarzinoms durch Untersuchun-gen aus Leipzig, die die geringe prognostischeAussagekraft der gegenwärtigen Einteilungdokumentierten; erschüttert waren Teilnehmereines Mittagsseminars zur „Geschichte derdeutschsprachigen Dermatologie“, in demOtto Braun-Falco (München), Karl Holubar(Wien), J.-M. Paschoud (Saint Sulpice), Wolf-

gang Weyers (Freiburg) und Albrecht Scholz(Dresden) vor allem die Auswirkungen desNationalsozialismus auf die Entwicklung desFachgebietes in Deutschland, Österreich undder Schweiz erörterten.

Die 40. DDG-Tagung in Hamburg hat inmehrfacher Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt,die von künftigen Tagungen nicht leicht zuerreichen sein werden.

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Der besondere FallMultiple Naevi comedonicivorgestellt von T. Hauschild (Rheinfelden) und W. Weyers (Freiburg)

Ein 68jähriger Patient stellte sich wegen meh-rerer haarloser nummulärer Hautveränderun-gen vor, die seit einem halben Jahr bestündenund keine Beschwerden verursachten. Kli-nisch waren sie durch follikuläre Papeln ge-kennzeichnet, die in einem umschriebenenBereich aggregiert waren. Einige dieser Papelnwaren bräunlich oder hell gefärbt (weiße Ko-medonen), andere wiesen ein schwarzesZentrum mit bläulich durchschimmerndemRandbereich auf (schwarze Komedonen).Vereinzelt zeigten die Papeln zudem eineleichte Rötung und Schuppung. Die aus dichtgelagerten Komedonen zusammengesetztennummulären Herde fanden sich am linkenUnterarm, am rechten Ellenbogen, am linkenOberarm sowie im Bereich der unteren Brust-wirbelsäule. Die histopathologische Untersu-chung einer Probebiopsie ergab eine rupturier-te infundibuläre Follikelzyste. In einigem Ab-stand von dieser Zyste sah man eine Fibrose-zone mit mehreren kleinen Epitheloidzellgra-nulomen als Ausdruck einer abgelaufenen Zy-

Scharf begrenztes nummuläres Areal am Oberarm, bestehendaus follikulären Papeln, die im Zentrum teils eine weißlicheKeratose (Pfeile), teils einen schwärzlichen Porus aufweisen.

Dicht gedrängte helle bis bräunliche Papeln am Rücken. Die Papeln weisen einen mehr oder weniger großen dunklenzentralen Porus auf (je nach Größe „weiße“ oder „schwarze“Komedonen).

Neben einer großen infundibulären Follikelzyste sieht manam rechten Bildrand kleine Epitheloidzellgranulome als Folgeeiner zurückliegenden Follikel- bzw. Zystenruptur. In derMitte Anschnitte von Haarmuskeln (Pfeil).

Die Zystenwand besteht aus abgeflachtem Epithel, das demdes Follikelinfundibulums entspricht (großer Pfeil). An ihrerSeite ist die Zyste rupturiert und wird von Granulationsgewe-be mit epitheloiden Histiozyten begrenzt. Ein weiter fortge-schrittenes Stadium einer Zystenruptur sieht man rechts inForm einer Fibrose mit Epitheloidzellgranulomen (kleiner Pfeil).

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bekannt. Die Erstmanifestation im Alter von 68Jahren beim hier beschriebenen Patienten istungewöhnlich. Ungewöhnlich ist auch dasVorkommen mehrerer isoliert gelegener Naevicomedonici, das in der Literatur nur vereinzeltbeschrieben wurde. Teilweise ließen sich dabeidie Naevi aufgrund ihrer länglichen Kon-figuration und Anordnung den Blaschko'schen Linien zuordnen, in den meisten Fällenwar dies jedoch nicht möglich. Auch beim hierbeschriebenen Patienten war eine Beziehungzu den Blaschko'schen Linien nicht erkennbar.

Therapeutisch kann beim Naevus comedoni-cus eine Langzeitbehandlung mit Vitamin-A-Säure-Derivaten durchgeführt werden, die eineAbnahme der follikulären Verhornung und da-mit auch der Neubildung von Komedonen be-wirkt. Beim hier beschriebenen Patienten kames unter Lokaltherapie mit 0,1% Tretinoin zueiner leichten Besserung. Die chirurgische Ent-fernung wird als Therapie der Wahl empfohlen,ist jedoch bei Vorliegen multipler Naevi come-donici nicht praktikabel und glücklicherweiseauch nicht erforderlich, da in der Regel – vonder kosmetischen Beeinträchtigung abgesehen– keine Beschwerden bestehen.

Literatur:Beerman H, Homan JB. Naevus comedonicus. Arch Klin ExpDerm 1959; 208: 325–342.Cripps DJ, Bertram JR. Nevus comedonicus bilateralis et ver-ruciformis. J Cutan Pathol 1977; 3: 273–281.Fritsch P, Wittels W. Ein Fall von bilateralem Naevus come-donicus. Hautarzt 1971; 22: 409–412.Nilles M, Viragh PA, Moßmann H et al.. Naevus folliculariskeratosus: Klinik, Histologie und Histogenese. Hautarzt1992; 43: 205–209.

sten- bzw. Follikelruptur. Im Zusammenhangmit dem charakteristischen klinischen Bildsprach das nebeneinander mehrerer rupturier-ter Zysten für einen Naevus comedonicus, derselten auch multipel auftreten kann.

Der Naevus comedonicus ist ein Hamartom desHaarfollikels, das im wesentlichen durch eineErweiterung von Follikelinfundibula gekenn-zeichnet ist. Sind auch die Ostia dieser Infundi-bula erweitert, resultieren schwarze Komedo-nen, sind sie verengt, so resultieren geschlos-sene weiße Komedonen, d.h. kleine, oberfläch-liche infundibuläre Zysten. Die Zystenwand istin der Regel dünn, zeigt ansonsten jedoch dennormalen Aufbau des Follikelinfundibulums mitGranularzellschicht und lockerer Hornschicht.Neben der Erweiterung von Follikelinfundibulaweisen Naevus comedonici häufig noch ande-re Anomalien des Follikelapparates auf, v.a.einen weitgehenden Verlust von Talgdrüsen.Das Fehlen von Talgdrüsensekret mag dazu bei-tragen, daß im Unterschied zu anderen mit Ko-medonen einhergehenden Erkrankungen Ent-zündungen mit Ausbildung von Abszessen undFistelkomedonen selten sind.

Naevi comedonici können am gesamten Inte-gument vorkommen. Am häufigsten sind Ge-sicht und Hals betroffen, am seltensten der be-haarte Kopf sowie haarlose Hautbereiche(Glans penis, Hand- und Fußinnenflächen).Die Naevi manifestieren sich meist in der Pu-bertät, jedoch auch im frühen Kindes- undnicht selten erst im Erwachsenenalter. DieGründe, die zur späten Manifestation dieseranlagebedingten Fehlbildung führen, sind un-

Für Sie referiertPatienten mit Mycosis fungoides im Stadium T1(bis 10% der Haut betroffen) weisen quoad vi-tam eine günstige Prognose auf, die nicht sig-nifikant von der der Normalbevölkerung dif-feriert. Demgegenüber ist die Überlebenswahr-scheinlichkeit bei Patienten mit Mycosisfungoides im Patch- und Plaque-Stadium, beidenen eine generalisierte Hautbeteiligung vor-liegt (Stadium T2) vorliegt, deutlich reduziert.In einer Studie der Stanford University, die ei-nen Zeitraum von über 30 Jahren umfaßte,wurde bei 24% dieser Patienten eine Krank-heitsprogredienz festgestellt, und 20% der Pa-tienten starben an der Mycosis fungoides. EineProgredienz der Erkrankung war häufiger beiPatienten, die bei Diagnosestellung eineLymphadenopathie aufwiesen, und bei Patien-ten, bei denen die erste Therapie nicht zur Voll-

remission führte. Die Prognose war bei jungenPatienten günstiger als im höheren Alter (KimYK et al., Arch Dermatol 1999; 135: 26–32).

In einer retrospektiven Studie wurde in Dublindie Häufigkeit der Assoziation von Necrobiosislipoidica und Diabetes mellitus überprüft. Von65 Patienten mit Necrobiosis lipoidica wiesennur 7 (11%) einen Diabetes mellitus auf, beiweiteren 7 war die Glucosetoleranz erniedrigt.Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich über5 bis 15 Jahre (75% bzw. 35% der Patienten).Die überlieferte Vorstellung, daß etwa zweiDrittel der Patienten mit Necrobiosis lipoidicaan einem Diabetes mellitus leiden, wird durchdiese Daten in Frage gestellt. Die Wahrschein-lichkeit, daß nicht-diabetische Patienten mitNecrobiosis lipoidica im weiteren Verlauf ei-nen Diabetes mellitus entwickeln, scheint ge-ringer zu sein als bisher angenommen (O'TooleEA et al., Br J Dermatol 1999; 140: 283–286).

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In London wurden Sensitivität und Spezifitätdes autologen Serum-Hauttestes in der Dia-gnostik der chronischen idiopathischen Urti-caria (CIU) untersucht. Der Test beruht auf derVorstellung, daß etwa ein Drittel aller Patientenmit CIU zirkulierende Autoantikörper gegenden hochaffinen IgE-Rezeptor (FcεRI) oder IgEaufweisen, die eine Histaminausschüttung vonMastzellen herbeiführen und damit für die kli-nische Symptomatik verantwortlich sind. Nachintrakutaner Injektion des eigenen antikörper-haltigen Serums entwickelt sich bei diesen Pa-tienten eine Quaddel. Die Ergebnisse des Testesbei Patienten mit CIU und positivem Antikör-per-Nachweis wurden mit den Ergebnissen beiCIU-Patienten ohne Antikörpernachweis sowiePatienten mit urtikariellem Dermographismus,cholinerger Urticaria und atopischer Dermatitisverglichen, wobei sich signifikante Unter-schiede ergaben. Die höchste Sensitivität undSpezifität für die Diagnose einer Autoimmun-CIU ergab sich, wenn die durch intrakutaneSeruminjektion verursachte Quaddel nach 30Minuten im Durchmesser mindestens 1,5 mmgrößer war als die Quaddel der Kochsalz-Kontrolle (Sabroe RA et al., Br J Dermatol 1999;140: 446–452).

Rückfettende Externa werden zur Präventionund Therapie der irritativen Kontaktdermatitiseingesetzt. Während ihre kurzfristige Wirksam-keit nachgewiesen ist (z.B. Schutzwirkung beiApplikation unmittelbar vor Anwendung einerirritativen Substanz), ist über den Effekt einerlangfristigen Anwendung wenig bekannt. InKopenhagen wurde bei zwanzig Probanden einUnterarm vier Wochen lang dreimal täglich miteiner rückfettenden Salbe behandelt, währendder andere Unterarm unbehandelt blieb. NachPatch-Tests mit Natriumlaurylsulfat wurden imSeitenvergleich verschiedene Parameter derepidermalen Barrierefunktion gemessen (u.a.transepidermaler Wasserverlust). Hierbei ergabsich, daß die mit der Salbe vorbehandeltenHautpartien eine deutlich erhöhte Empfindlich-keit gegenüber dem Irritans aufwiesen. Einedurch langfristige Anwendung rückfettenderSalben stark hydrierte Hornschicht kann mögli-cherweise die Penetration wasserlöslicher Sub-stanzen wie Natriumlaurylsulfat erhöhen. Dertägliche Gebrauch rückfettender, lipophilerExterna bietet nach diesen Ergebnissen keinenSchutz gegenüber dem irritativen Einfluß vonDetergenzien und kann evtl. sogar zu einerVerstärkung irritativer Effekte führen. Der häufi-ge und regelmäßige Einsatz von Pflegesalbenbei Arbeiten im feuchten Milieu ist problema-tisch (Held E et al., Acta Derm Venereol Stockh1999; 79: 49–51).

Ebenso wie man an den Farben des Laubes dieJahreszeit ablesen kann, kann man sich die Fär-bung histopathologischer Schnitte zunutze ma-chen, um Diagnosen zu stellen. Dies gilt nichtnur für das „pink & blue“ in der Hornschichtsolarer Keratosen, sondern auch für andereNeoplasien. Vom Zentrum für Dermatopatho-logie Freiburg wurde eine Methode der Analysevon kutanen Weichteiltumoren vorgestellt, beider zunächst von den Farben des Gewebesausgegangen wird. Unter Berücksichtigung derBegrenzung (scharf oder unschard) und derLokalisation (v.a. Dermis oder Subkutis) gelingtes so für viele Farbe, die Diagnosemöglichkei-ten schon vor der Betrachtung der Zytologieauf wenige Tumoren einzuschränken (Diaz C,Am J Dermatopathol 1999; 21: 193–199).

Unterschiedliche klinische Fehldiagnosen desmalignen Melanoms wurden an der Universitätvon Connecticut zusammengestellt. Die Autorender Studie wiesen darauf hin, daß die klassi-schen ABCD-Regeln für die Diagnose eines Me-lanoms in fast einem Fünftel aller Fälle nicht er-füllt seien. Ein besonderes Problem seien unpig-mentierte Melanome sowie Melanome, die in-nerhalb vorbestehender gutartiger Tumoren ent-stünden, wie dies v.a. bei klinisch unauffälligenNaevi und seborrhoischen Keratosen vorkom-me. Daraus gehe die Wichtigkeit der histopatho-logischen Überprüfung solcher gutartig erschei-nenden Hauttumoren hervor (Grant-Kels J et al.,J Am Acad Dermatol 1999: 40: 539–548).

Eine Lipodystrophie mit Stammfettsucht,„Mondgesicht“ und „Stiernacken“ ist eine gutbekannte Manifestion des Cushing-Syndroms,hervorgerufen durch einen Hypercortisolismus,der meist auf einer systemischen Corticoste-roidtherapie beruht, jedoch auch durch ver-schiedene Tumoren (u.a. kleinzelliges Lungen-karzinom, Phäochromozytom) und Alkoholis-mus verursacht werden kann. Die klinischenManifestationen des Cushing-Syndroms wur-den jedoch nicht nur bei Hypercortisolismus,sondern auch im Rahmen einer HIV-Therapiemit Proteaseinhibitoren beobachtet. MöglicheUrsache ist eine kompetitive Hemmung vonzwei Enzymen des Lipidmetabolismus, die eineden Proteaseinhibitoren ähnliche Struktur auf-weisen. Dementsprechend sind bei den Pa-tienten in der Regel Fettstoffwechselstörungen(Hypertriglyceridämie, Hypercholesterinämie)nachzuweisen. Die klinischen Veränderungenmachen sich meist 6 bis 12 Monate nach The-rapiebeginn bemerkbar und sind nach Ab-setzen der Therapie in der Regel reversibel(Williamson K. et al., J Am Acad Dermatol1999; 40: 635–636).

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MemoriesDie Biopsie – 120 Jahre

Wörter haben Macht. Nicht immer, aber im-mer wieder. Daß ein einziges Wort, eine einzi-ge knappe Formulierung stärker sein könnenals ganze Armeen, ist in der Geschichte viel-fach belegt. So führte der Slogan „No taxationwithout representation“ zur amerikanischenUnabhängigkeit von England, Madisons For-mulierung „We, the people“ am Anfang deramerikanischen Verfassung war Ausdruck undKatalysator des demokratischen Bewußtseinsin den USA, und ohne die Forderung nach„Liberté, egalité, fra-ternité“ wäre diefranzösische Revo-lution unmöglich ge-wesen.

Auch in der Medizinhatten Wörter gros-sen Einfluß. Die For-mulierung „Omniscellula a cellula“markierte das Endeder Humoralpatho-logie und den An-fang einer neuen Ärain der Medizin. Ru-dolf Virchow warnicht der erste, derdie Zelle als wichtig-ste Funktionseinheitdes menschlichenKörpers erkannte,doch erst seine Pro-klamation der „Cel-lularpathologie“ ver-half dieser Einsichtzum Durchbruchund stellte die Patho-logie auf eine völligneue Grundlage. Einanderes Wort, das die Medizin dauerhaft ver-änderte, feiert in diesem Jahr seinen 120. Ge-burtstag, das Wort „Biopsie“.

Geprägt wurde der Begriff „Biopsie“ vonErnest Besnier, dem Leiter des Hôpital Saint-Louis in Paris. Besnier zählte bereits zu denbekanntesten Internisten Frankreichs, als ihm1872 die Nachfolge des Dermatologen ErnestBazin am Hôpital Saint-Louis angebotenwurde. Obwohl Besnier damals nur geringeKenntnisse in der Dermatologie besaß, über-

nahm er Bazins Posten, studierte intensiv diegesamte dermatologische Literatur und über-gab sich vertrauensvoll der Anleitung seinesälteren Kollegen Charles Lallier, ein kluge Ent-scheidung, die auch heute manchem leiten-den Arzt ohne ausreichende praktische Erfah-rung zur Nachahmung empfohlen werdenkann. So entwickelte sich Besnier binnen kur-zem zu einem kompetenten Dermatologen.Zu seinen wichtigsten Leistungen zählten dieBeschreibung des Lupus pernio und vor allem

die umfassende Dar-stellung der atopi-schen Dermatitis un-ter dem Namen „Pru-rigo diathésique“.

Besnier war keinFreund übertriebe-ner morphologischerSpitzfindigkeiten. Diedamals verbreiteteNeigung, Hautkrank-heiten anhand klein-ster Unterschiede derEffloreszenzen inzahllose Varianten zuuntergliedern, be-zeichnete er als die„Tyrannei des Willan'schen Sytsems“. Beiseiner Beschreibungder atopischen Der-matitis setzte er sichüber diese „Tyran-nei“ insofern hinweg,als er allgemeine As-pekte, wie die anla-gebedingte Neigungzum Juckreiz und dieAssoziation mit Heu-

schnupfen und Asthma bronchiale, in denVordergrund stellte und die Effloreszenzenselbst als unspezifische Folgen chronischenKratzens bezeichnete. Die Erforschung vonHautkrankheiten durch Analyse der Efflo-reszenzen hatte sich nach Ansicht Besniers in-zwischen erschöpft. Um weiter voranzukom-men, waren neue Betrachtungsweisen erfor-derlich, zu denen Besnier auch die Mikrosko-pie zählte. In seinem Artikel über die Biopsiewies er auf die „beständige Weiterentwicklungder mikroskopischen Technik“ hin, die zu „her-

Ernest Besnier (1831–1909)

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Simon, Moriz Kaposi und Paul Gerson Unnagilt. Er empfahl die Biopsie auch nicht als dia-gnostisches Routineverfahren – dafür war dieKenntnis der differentialdiagnostischen Wer-tigkeit histopathologischer Veränderungennoch zu gering –, sondern wollte sie wissen-schaftlichen Fragestellungen vorbehalten se-hen. Biopsien sollten nach seiner Ansicht nurerfolgen, wenn „eine vollständige Diagnostiknach dem gegenwärtigen Stand unserer Kennt-nisse ohne dieses Hilfsmittel absolut unmög-lich ist, oder auch dann, wenn es darum geht,einen zweifelhaften Punkt in der Natur derAffektionen zu bestimmen, den man durchNekropsien niemals wird klären können.“

Durch die Einführung des Begriffes „Biopsie“trug Besnier jedoch erheblich zur Popularisie-rung dieses „Hilfsmittels“ bei, das sich inner-halb weniger Jahrzehnte zum „gold standard“der Diagnostik entwickelte, an dem sich nochheute alle anderen Verfahren messen lassenmüssen. Besnier veränderte damit dauerhaftdas Gesicht der Medizin – weit über die Der-matologie hinaus.

vorragenden Entdeckungen“ geführt und der„Pathologie der Haut schließlich eine solideBasis“ gegeben habe. Weiter schrieb Besnier:

„Kutane Veränderungen wurden nicht nurdurch eine Serie von Nekropsien in definitiverForm untersucht, sondern man hat vieleFragen auch am Lebenden geklärt, indem maneine histologische Untersuchung von kleinenFetzen des Integuments oder Fragmenten kran-ken Gewebes durchgeführt hat. Diese Unter-suchungsmethode, tatsächlich eine Biopsie(ein neuer Begriff, den wir als Bezeichnung fürdiese neuartige Untersuchungsmethode vor-schlagen), ist ein reguläres Verfahren der klini-schen Diagnostik, dessen Bedeutung beträcht-lich ist. Man benötigt für gewöhnlich nur sehrkleine Haut- oder Gewebefragmente, die vonerfahrener Hand mit Hilfe einer Lanzette ent-nommen werden, um die unbestreitbarstenund vollkommensten histologischen Resultatezu erhalten.“

Besnier zählte nicht zu den Pionieren der Der-matohistopathologie, wie dies etwa für Gustav

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Das ist es!

Es handelt sich um ein pig-mentiertes Dermatofibrosar-coma protuberans, das nachdem Erstbeschreiber auchBednar-Tumor genannt wird.Die Größe, Asymmetrie undunregelmäßige Begrenzungdes Tumors weisen auf seineMalignität hin. Die Pigmen-tierung läßt zunächst an einevaskuläre oder melanozytäreNeoplasie denken. Angiosar-kome weisen jedoch in derRegel neben bräunlichenauch rote oder livide Farbtöneauf (erstere als Folge vonHämosiderin, letztere als Fol-ge von Einblutungen oder vonErythrozyten in ektatischenGefäßen). Auch mehrknotigemaligne Melanome zeigen grössere Farb-schwankungen, da bei ihnen das mehrknotigeWachstum auf die Entwicklung unterschiedli-cher Zellpopulationen mit variabler Pigment-produktion zurückzuführen ist. Neben brau-nen und blauen Farbtönen, die durch Melaninin der oberen bzw. unteren Dermis hervorru-fen werden, finden sich bei fortgeschrittenenMelanomen in der Regel auch weiße Zonendurch einen Untergang von Melanozyten imRahmen einer fokalen Tumorregression. Zu-dem wäre sowohl für das maligne Melanomals auch für das Angiosarkom das Vorkommen

mehrerer gut abgrenzbarer Knoten innerhalbeines ausgedehnten flachen Plaques unge-wöhnlich.

Neben vaskulären und melanozytären Tumo-ren können auch viele andere Tumoren Pig-ment enthalten. Eine Melaninvermehrungkommt vor allem bei epithelialen (u.a. sebor-rhoische Keratose, Basalzellkarzinom, Tricho-blastom) und neuralen (u.a. Neurofibrom, Neu-rofibrosarkom) Neoplasien vor. Das Dermatofi-brosarcoma protuberans weist in knapp fünfProzent der Fälle eine Kolonisation durch Me-

lanozyten auf, die mit Hilfeentsprechender Antikörper(S100-Protein) dargestelltwerden können. Abgese-hen von der Präsenz pig-mentierter Melanozyten un-terscheidet sich der Bednar-Tumor nicht von anderenFällen des Dermatofibrosar-coma protuberans. Im vor-liegenden Fall ist der klini-sche Befund eines ausge-dehnten Plaque mit mehre-ren kuppelförmig erhabe-nen Knoten für das Derma-tofibrosarcoma protuberanscharakteristisch, und im Zu-sammenhang mit der deut-lichen Pigmentierung kannschon klinisch die Ver-dachtsdiagnose eines Bed-nar-Tumors gestellt werden.

Das Dermatofibrosarcoma protuberans besteht aus einem ausgedehnten, unregel-mäßig begrenzten Knoten in Dermis und Subkutis, von dem aus schmaleTumorausläufer in die Peripherie ziehen (Pfeile).

Der Tumor wird von kurzen, ineinandergreifenden Faszikeln aus Spindelzellen mitplumpen, monomorphen Kernen gebildet. Eingestreut finden sich pigmentierte dendri-tische Zellen (Pfeil), die immunhistochemisch als Melanozyten zu identifizieren sind.

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Das Dermatofibrosarcoma protuberans ist kli-nisch durch einen unscharf begrenzten Plaquecharakterisiert, der von unveränderter Epider-mis bedeckt wird und innerhalb dessen sichmehrere Knoten abgrenzen lassen. Histopa-thologisch erklärt sich der Plaque durch eineProliferation dichtgelagerter Spindelzellen inDermis und Subkutis. Die Epidermis wird vor-gewölbt, ist jedoch ansonsten nicht betroffenund demzufolge klinisch unauffällig. Dasmehrknotige Erscheinungsbild ist auf dasWachstumsverhalten des Dermatofibrosarco-ma protuberans zurückzuführen: die Prolifera-tion erfolgt ungleichmäßig, so daß sich nebenArealen mit diffus verteilten Tumorzellen auchumschriebene zelldichte Knoten bilden. Aus-druck der ungleichmäßigen Proliferation sinddarüberhinaus schmale Tumorausläufer, diesich von der Hauptmasse der Neoplasie bisweit in die Peripherie erstrecken können.

Die schmalen, langgezogenen Tumorausläufersind histopathologisch relativ unauffällig, zu-mal die neoplastischen Zellen keine grobenAtypien aufweisen und leicht mit Fibrozytenzu verwechseln sind. Aus diesem Grunde wer-den unvollständige Exzisionen nicht immer alssolche erkannt und Rezidive sind dementspre-chend häufig. Die Wachstumsverhalten desDermatofibrosarcoma protuberans erklärt alsonicht nur den charakteristischen klinischenBefund, sondern auch die hohe Zahl von Lo-kalrezidiven.

Klinische Befunde – histopathologisch erläutert

Das Dermatofibrosarcoma protuberans manifestiert sich kli-nisch als unscharf begrenzter Plaque, in dem sich mehrereKnoten abgrenzen lassen.

Großer, scheinbar scharf begrenzter Tumorknoten in derDermis, von dem aus schmale Ausläufer in die Subkutis ziehen (Pfeile).

Die schmalen Ausläufer des Dermatofibrosarcoma protu-berans gleichen Fettgewebssepten und gehen am Rande desExzidates in einen etwas breiteren Tumorverband mit größerer Zelldichte über (Pfeil).

Aufgrund der Zelldichte ist dieser Tumorausläufer von einerBindegewebsvermehrung abzugrenzen. Die einzelnen Zellensind morphologisch nicht von Fibrozyten zu unterscheiden,sind immunhistochemisch jedoch CD34-positiv.

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Bilderbuch derBiopsieEs gibt viele Euphemismen. DerBegriff „scharfer Löffel“ ist einerdavon, denn häufig ist es mit derSchärfe dieses Instrumentesnicht weither. Zwar kann mandurch entsprechenden Druckauch mit einem stumpfen„scharfen Löffel“ größere zu-sammenhängende Gewebe-stücke abtragen (v.a. bei Einsatzder „Kartoffelschälertechnik“),öfter jedoch resultieren winzigeGewebefragmente, die eine si-chere histopathologische Dia-gnose kaum noch erlauben.Dies ist nicht unwichtig, dennbei Kürettagen unter dem Ver-dacht auf eine seborrhoischeKeratose werden in etwa fünfProzent der Fälle maligne Tumo-ren festgestellt. Auch die Unter-scheidung von solaren Kerato-sen und oberflächlichen Antei-len eines invasiven Plattenepi-thelkarzinoms ist anhand klein-ster Gewebefragmente nichtmöglich. Und bei Kürettage ei-nes melanozytären Naevus er-lauben stark fragmentierte Ge-webestücke nur selten densicheren Ausschluß eines malig-nen Melanoms.

Sehr viel günstiger sind die Re-sultate, wenn die oberflächlicheAbtragung mit einem scharfen Instrumenterfolgt (wie zum Beispiel mit der scharfenRingkürette). Anstelle kleiner Gewebefragmen-

te erhält man dann einen repräsentativen Tu-morausschnitt, anhand dessen eine zuverlässi-ge Diagnose gestellt werden kann.

Winzige Gewebefragmente nach Entfernung einer seborrhoi-schen Keratose mit einem (nicht mehr scharfen) scharfen Löf-fel. Die Beurteilbarkeit des Materials ist stark eingeschränkt.Fokale Kernatypien oder assoziierte Tumoren wären nurschwer erkennbar.

Große zusammenhängende Gewebestücke nach Entfernungeiner seborrhoischen Keratose mit der scharfen Ringkürette.Man sieht verbreitertes Epithel mit typischen „Pseudohorn-zysten“ und monomorphen Keratinozyten. Das Gewebe istgut beurteilbar.

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Wer freut sich über ein Rezidiv? Keiner, sollteman meinen. Sehr viele, wenn man der medizi-nischen Literatur Glauben schenkt! Denn im-mer wieder heißt es von Erkrankungen, sie sei-en rezidivfreudig. Das gilt besonders für malig-ne Tumoren, die sogar Abstufungen ihrer Freu-de erkennen lassen. Das solide Basaliom freutsich zum Beispiel nur wenig, während das Der-matofibrosarcoma protuberans ganz besondersrezidivfreudig ist. In Zahlen gesprochen: 20 bis40% der Dermatofibrosarcome haben großeFreude am Rezidiv. Ein Charakterfehler?

In Wirklichkeit gibt es natürlich keine rezidiv-freudigen Tumoren, sondern nur unzureichendeExzisionen. Ist ein Tumor einmal vollständigentfernt, kann er nicht mehr rezidivieren. Egal,wie sein Charakter ist: Was weg ist, ist weg!Aber ist es wirklich weg? Dies allein ist die ent-scheidende Frage, und um sie zu beantworten,wurden unterschiedliche Strategien ersonnen.Da ist zum einen die rein chirurgische, die da-rin besteht, für unterschiedliche Neoplasienschematische Sicherheitsabstände zu postulie-ren. Nach einer neueren Studie (Zitelli et al., JAm Acad Dermatol 1997; 37: 422–429) kannman z.B. davon ausgehen, daß bei Stamm- undExtremitätenmelanomen mit einem Durchmes-ser von bis zu 2 cm ein Exzisionsabstand von1 cm zur vollständigen Entfernung ausreicht,während für Melanome mit einem Durchmesservon über 3 cm ein Abstand von 2,5 cm erforder-lich sei. Die Autoren räumten jedoch ein, daßman sehr viel geringere Abstände benötige, fallseine sorgfältige histopathologische Schnittrand-kontrolle gewährleistet sei. Mit anderen Wortenwird die rein chirurgische Strategie zur vollstän-

digen Tumorentfernung nur dann zum Einsatzkommen können, wenn viel gesunde Haut ge-opfert werden kann. Und da der Mensch sichnur ungern von seiner gesunden Haut trennt, istdies nur selten der Fall.

Die chirurgische Exzision wird daher in der Re-gel mit einer histopathologischen Schnittrand-kontrolle verbunden. Auch dies kann verschie-denes bedeuten. Die einfachste, billigste, aberam wenigsten sichere Methode besteht in derAnfertigung repräsentativer Querschnitte durchdie Stelle, an der der Tumor seine größte Aus-dehnung zu haben scheint (A). Etwas aufwendi-ger, aber auch sicherer sind Stufenschnittedurch den gesamten Tumor, der so in seinerQuerachse vollständig dargestellt wird (B). Umzusätzlich die Tumorausdehnung in der Längs-achse zu erfassen, kann man diese Querschnittemit Randschnitten an beiden Polen des Exzi-dates kombinieren (C). Eine Darstellung der ge-samten Tumorzirkumferenz gelingt auch mit dersogenannten „Tortenmethode“, bei der das Prä-parat wie eine Torte in dreieckige Stücke zerlegtwird und dann nach allen Richtungen vomZentrum bis zum Schnittrand beurteilt werdenkann (D). Dieser „Tortenmethode“ wurde die„Tübinger Torte“ („3-D-Histologie“) gegenübergestellt, bei der die Schnittrandkontrolle durchRandschnitte zu allen Seiten und zur Tiefe er-folgt (E). Als Modifikation der „Tübinger Torte“wurde für kleine Exzidate die „Flundertechnik“empfohlen, bei der der Tumor aus dem Exzidatherausgeschält und der verbleibende seitlicheund tiefe Rand beim Einbetten flach aufgepreßtwird, so daß die Ränder in einem Stück ange-schnitten werden können.

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Dermatologie – einmal anders Freude am Rezidiv

A B C

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Eine Randbildung von Tumoranteilen läßt sichdurch diese Verfahren mit hoher Zuverlässig-keit erkennen. Wird darüber hinaus die topo-graphische Lage des Exzidates angegeben (z.B.mit Hilfe einer Fadenmarkierung am kranialenPol), können randbildende Tumoranteile nichtnur erfaßt, sondern auch genau lokalisiert wer-den. Dies erfolgt bei Querschnitten, indemman beide Hälften eines Exzidates mit unter-schiedlichen Farben markiert und anschlies-send die Schnitte durchnummeriert, so daßman genau weiß, auf welcher Seite und in wel-cher Höhe Tumorzellen an den Schnittrandgrenzen. Ebenso präzis gelingt die Lokalisationrandbildender Tumorverbände durch die „Tor-tenmethode“ und die Anfertigung von Rand-schnitten zu allen Seiten und zur Tiefe.

Mit anderen Worten stehen für die „mikrosko-pisch kontrollierte Chirurgie“ mehrere Techni-ken zur Verfügung, und wie immer deutet dieExistenz mehrerer Möglichkeiten darauf hin,daß kein Verfahren allen Anforderungen ge-recht wird, daß jedes seine Vor- und Nachteilehat. So sind einfache repräsentative Quer-schnitte für manche Indikationen vollkommenausreichend: wird zum Beispiel ein scharf be-grenztes Basalzellkarzinom mit mehreren Milli-metern Abstand exzidiert und bestätigt sich derklinische Eindruck in Querschnitten durch diebreiteste Stelle des Tumors, ist ein Rezidiv nichtzu befürchten. Bei knapperer Exzision und we-niger scharf begrenzten Tumoren sind Schnittedurch den gesamten Tumor erforderlich. Aufeine gesonderte Einbettung von Randschnittenan den Polen des Exzidates kann man jedochverzichten, wenn der Abstand zum Schnittrandhier sehr groß zu sein scheint, wie dies für vielespindelige Exzidate gilt. Durch die Kombina-tion von Stufenschnitten in der Querachse mitRandschnitten an den Polen der Längsachse

wird die gesamte Zirkumferenz des Exzidatesdargestellt, und der Tumor ist in seinem Ge-samtaufbau exzellent beurteilbar. Ein Nachteilder Methode ist, daß zwischen den einzelnenStufenschnitten schmale Gewebestreifen nichterfaßt werden. Das Ideal einer lückenlosenSchnittrandkontrolle wird also nicht erreicht.

Dies gilt auch für die „Tortenmethode“, die zu-dem den Nachteil hat, daß sie fehleranfälligerist. Die durch den Zuschnitt entstandenen Drei-ecke können beim Einbetten des Gewebesleicht kippen und werden dann nicht mehr voll-ständig angeschnitten. Darüberhinaus weisendie Dreicke bei kleinen Exzidaten häufig glei-che Kantenlängen auf, so daß Ober-, Unter- undSeitenflächen verwechselt werden können.Wird das Präparat aufgrund eines solchenFehlers einmal falsch angeschnitten, ist auchnach späterem Umbetten die Vollständigkeit derExzision nicht mehr sicher beurteilbar.

Eine „lückenlose Schnittrandkontrolle“ sollmanchen Autoren zufolge durch die Anferti-gung von Randschnitten zu allen Seiten undzur Tiefe gewährleistet werden, eine Methode,die bei der Mohs-Chirurgie Anwendung findetund auch als „mikrographische“ oder „dreidi-mensionale“ Histologie („3-D-Histologie“) pro-pagiert wurde. Doch auch bei der „3-D-Histo-logie“ bleibt die lückenlose Schnittrandkon-trolle Illusion. Exzidate sind nämlich keineidealen geometrischen Körper, sondern habenhäufig eine unregelmäßige Oberfläche mit Vor-wölbungen und Einrisssen. Beim Anschnitt vonder Seite werden dann zunächst nur kleineGewebefetzen abgetrennt, die nicht zur orien-tieren sind. Schneidet man tiefer in das Gewe-be hinein und trifft dabei auf Tumorverbände,ist nicht immer klar zu entscheiden, ob diesetatsächlich randbildend waren (F).

D E F

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Ein weiterer Nachteil von Randschnitten ist,daß sie die Tumorarchitektur nicht widergeben.Die Zuverlässigkeit der histopathologischenBeurteilung wird dadurch eingeschränkt. Sokann es äußerst schwierig sein, kleine Ausläu-fer eines Basalzellkarzinoms von anderen basa-loiden Zellverbänden zu unterscheiden, zumBeispiel von normalen Haarkeimen im frühenAnagenstadium, von Anschnitten undifferen-zierten Talgdrüsenepithels (sog. „Mantelzel-len“) oder von gutartigen follikulären Tumorenmit germinativer Differenzierung. Kann manden gesamten Querschnitt eines Tumors beur-teilen, ist die korrekte Einordnung solcherStrukturen aufgrund der topographischen Be-ziehungen sehr viel leichter. Die Beurteilungder gesamten Tumorarchitektur, die durchQuerschnitte gewährleistet wird, erleichtertauch das Feststellen von Artefakten. Zum Bei-spiel geschieht es bei Basalzellkarzinomennicht selten, daß sich Tumorverbände währendder Verarbeitung des Präparates aus demGewebeverband lösen und plötzlich an ande-rer Stelle nachweisbar sind. In Randschnitten,die nur winzige Tumoranteile erfassen, sindsolche Artefakte kaum erkennbar.

Ein weiterer wichtiger Nachteil der Anfertigungvon Randschnitten zu allen Seiten ergibt sichbei sehr kleinen Exzidaten: durch die Rand-schnitte bleibt bei ihnen vom Tumor kaumetwas übrig. Dies verschlechtert nicht nur diehistopathologische Beurteilbarkeit, sondernstellt auch eine zusätzliche labortechnischeFehlerquelle dar, denn kleine, kantige Gewebe-fragmente sind viel schwerer zu verarbeiten alsgroße, flache Scheiben. Aus diesem Grundekommt es am Mikrotom häufiger zu Schrägan-schnitten, in denen wichtige Strukturen nichterfaßt sind. Zudem werden kleine Gewebestük-ke häufiger mit der Pinzette gequetscht odernicht richtig gefaßt, so daß sie herunterfallenund so zu liegen kommen, daß man Ober- undUnter-, Außen- und Innenseite nicht mehr zu-verlässig unterscheiden kann. Durch Anschnitt

des Gewebes von der falschen Seite wird dannmöglicherweise eine Randbildung vorge-täuscht, wo keine ist.

Wie kommt es angesichts all dieser Nachteile,daß die Anfertigung von Randschnitten zu allenSeiten und zur Tiefe als die beste und sicherstealler Methoden der histopathologischen Schnitt-randkontrolle gepriesen wird? Dafür für gibt esfünf Gründe. Der erste ist, daß die Daten zurMohs-Chirurgie und „3-D-Histologie“ vielfachaus Studien hervorgingen, deren spätere Publi-kation von vorneherein vorgesehen war, wäh-rend andere Formen der Schnittrandkontrolleretrospektiv an Routinefällen überprüft wurden.Im Rahmen von Studien wird in der Regelsorgfältiger gearbeitet, als dies im klinischenAlltag der Fall ist. Der zweite Grund ist, daß dieAutoren der Studien die Operationen häufigselbst durchführen, und da sie naturgemäß einInteresse an einer guten Statistik haben, werdensie im Zweifelsfall ein wenig großzügiger exzi-dieren als ein Kollege, der seine Ergebnissenicht statistisch überprüfen möchte und im In-teresse kosmetisch günstiger Resultate bei nied-rig malignen Tumoren lieber ein etwas höheresRezidivrisiko in Kauf nimmt. Der dritte Grundbesteht darin, daß bei der Anfertigung vonRandschnitten die Wahrscheinlichkeit von Fehl-diagnosen größer ist. Werden zum Beispiel Fol-likelanschnitte mit Ausläufern eines Basalzell-karzinoms verwechselt, so wird trotz vollständi-ger Tumorentfernung nachexzidiert, und vieleunnötig große Exzisionen schlagen sich amEnde in einer statistisch geringeren Rezidivhäu-figkeit nieder. Dies gilt vor allem für die Mohs-Chirurgie, bei der die Beurteilung durch denVerzicht auf eine ausreichende Gewebefixie-rung erschwert wird. Der vierte Grund für dieangebliche Überlegenheit der „3-D-Histologie“besteht darin, daß sie in der Regel stationärdurchgeführt wird und ein Wundverschluß erstdann erfolgt, wenn das Ergebnis der histopatho-logischen Untersuchung vorliegt. Bei anderenFormen der Schnittrandkontrolle werden die

Kleine Exzision unter dem Verdacht auf ein Basalzellkarzinommit Fadenmarkierung am kranialen Pol.

Nach Randschnitten zu allen Seiten und zur Tiefe bleiben nurwinzige Gewebestücke übrig. Die Beurteilbarkeit ist einge-schränkt, und es besteht die Gefahr einer Fehleinbettung.

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Wunden meist sofort verschlossen, nicht seltendurch aufwendige Verschiebeplastiken. Im Fallesehr knapper Exzisionen mit fraglicher Randbil-dung oder nicht sicher beurteilbarer Präparateentschließt man sich bei offenen Wunden vielleichter zu einer möglicherweise unnötigenNachexzision als in Fällen, in denen der Wund-verschluß bereits erfolgt ist.

Der fünfte Grund besteht darin, daß die „3-D-Histologie“ tatsächlich eine sehr effektive Me-thode ist, die Vollständigkeit einer Exzision zuüberprüfen. Sie ist aber nur eine von vielen, undihre angebliche Überlegenheit im Vergleich zurAufarbeitung eines Tumors in Querschnitten be-ruht auf Faktoren, die mit der Technik selbstnicht in Zusammenhang stehen und einen Ver-gleich von Studien unmöglich machen. BeideMethoden haben ihre Vorteile: die Aufarbeitungin Querschnitten bei kleinen Exzidaten mit un-regelmäßiger Oberfläche, die „3-D-Histologie“bei großen, gleichmäßig geformten Exzidaten.Welche Methode angewandt werden sollte,hängt auch vom klinischen Eindruck ab: bei kli-nisch scharf begrenzten Tumoren sind Quer-schnitte vorzuziehen, da diese Technik am we-nigsten Fehlerquellen bietet, während bei kli-nisch sehr unscharf begrenzten Tumoren Rand-schnitte zu allen Seiten und zur Tiefe Vorteilehaben, sofern das Exzidat nicht zu klein und zuunregelmäßig begrenzt ist.

Mit anderen Worten sollte die Art der Schnitt-randkontrolle für jeden Einzelfall festgelegtwerden, entweder durch den Dermatopatholo-gen, der ein Präparat erhält, oder bereits durchden Chirurgen, der es entnimmt. Ein solch indi-viduelles Vorgehen mag dem Zeitgeist vonQualitätssicherungsnormen und „evidence-based medicine“ zuwider laufen, ist jedoch ambesten geeignet, malignen Tumoren ihre Freudeam Rezidiv auszutreiben.

Basalzellkarzinom mit artefiziell versprengten Tumoranteilenam Schnittrand (kleiner Pfeil). Die randbildenden Fragmentestammen vermutlich aus dem Zentrum des von Muzin durch-setzten Tumorknotens in der mittleren Dermis (großer Pfeil).

Äußerst knappe Exzision eines Basalzellkarzinoms, das fokalnur durch Millimeterbruchteile vom Schnittrand getrennt ist(Pfeil). Nachdem auch in Stufenschnitten keine Randbildungfestzustellen war, wurde auf eine Nachexzision verzichtet.Klinische Kontrollen erbrachten drei Jahre nach Exzision desTumors keinen Anhalt für ein Rezidiv. In Randschnitten hätteman den Tumor erfaßt und eine unvollständige Exzision dia-gnostiziert - mit der Folge einer unnötigen Nachexzision.

Falsche Einbettung eines kleinen Randschnittes, bei demOber-, Unter- und Seitenflächen im Labor nicht zu unterschei-den waren. Da das Präparat flach angeschnitten wurde, findetsich Epithel an drei Seiten. Anteile eines Basalzellkarzinomssind von fixationsbedingten Hohlräumen umgeben (großerPfeil) und teilweise aus diesen herausgelöst (kleine Pfeile). Siegrenzen zur Tiefe an eine vermutlich artefizielle Schnittkante.Die Vollständigkeit der Exzision ist nicht beurteilbar.

Exzidat eines Basalzellkarzinoms. Aufgrund der unregelmäßi-gen Begrenzung können die Seitenflächen nicht durchRandschnitte dargestellt werden, ohne Tumorverbände anzu-schneiden und dadurch eine Randbildung vorzutäuschen.