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Institut für Numerische Mathematik und Optimierung Numerische Simulation mit finiten Elementen Oliver Ernst Vorlesung im gleichnamigen Modul Hörerkreis: 2. MNC, 2. MGPHY, 4. BGIP, 6. BEC-II, 2. MGIN Sommersemester 2011

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Institut für Numerische Mathematik und Optimierung

Numerische Simulation mitfiniten Elementen

Oliver Ernst

Vorlesung im gleichnamigen ModulHörerkreis: 2. MNC, 2. MGPHY, 4. BGIP, 6. BEC-II, 2. MGINSommersemester 2011

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Inhalt I

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 1

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Inhalt II

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Inhalt

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Finite-Elemente

Die finite-Element (FE) Methode ist ein Galerkin-Verfahren, dessenzugehörige endlich-dimensionale Ansatz- und Testräume aus stückweisenPolynomen aufgebaut sind (d.h. bei Problemen in Rd sind diesPolynome in d Variablen).

Hierzu wird das zugrundeliegende Gebiet Ω in einfache Teilgebietezerlegt. Am häufigsten sind

Dreiecke und konvexe Vierecke (2D),Tetraeder, Hexaeder und Prismen (3D).

Bei krummlinig berandeten Gebieten können solche Zerlegungen dasGebiet lediglich durch polygonale bzw. polyedrische Gebieteapproximieren,

Das Zerlegen einer gegebenen Geometrie wird heute fast ausschließlichautomatisch durch sogenannte Netz- oder Gittergeneratoren (engl. meshgenerators) übernommen.

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Zerlegungen

Unter einer Zerlegung Th des Gebiets Ω verstehen wir ein System vonTeilmengen K ⊂ Ω, welches folgende Bedingungen erfüllt:

(Z1) Ω = ∪K∈ThK.

(Z2) Jedes K ∈ Th ist eine abgeschlossene Menge mitnichtleerem Inneren K.

(Z3) Für je zwei verschiedene K1,K2 ∈ Th gilt K1 ∩ K2 = ∅.

(Z4) Jedes K ∈ Th besitzt einen Lipschitz-stetigen Rand ∂K.Der Parameter h sei der maximale Durchmesser aller K ∈ Th.

Eine Zerlegung bezeichnen wir je nach Zusammenhang auch alsTriangulierung (nicht nur bei Dreiecken), Vernetzung, Netz oder Gitter.Es folgen einige grafische Beispiele von Zerlegungen.

Die einzelnen Teilgebiete werden Elemente genannt. (Später wird dieserBegriff jedoch erweitert!)

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ZerlegungenBeispiele

Dreieckszerlegung des Äußeren eines Tragflächenquerschnitts.

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ZerlegungenBeispiele

Zerlegung aus Drei- und Vierecken.

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ZerlegungenBeispiele

Tetraedergitter einer 3D-Werkstücks.

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ZerlegungenBeispiele

3D-Gitter aus Quadern.

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ZerlegungenBeispiele

3D Tetraedervernetzung bei der FE-Analyse biologischen Gewebes.

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ZerlegungenBeispiele

Weitere Beispiele der Vernetzung komplexer Geometrien.

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Konformität bei H1(Ω)

Mit V h sei ein zunächst beliebiger endlichdimensionaler Raum von aufΩ definierten Funktionen bezeichnet. Entsprechend sei

PK := v|K : v ∈ V h

der durch sämtliche Einschränkungen von Funktionen aus V h auf Kaufgespannte Raum.Bei einer konformen FE-Diskretisierung ist V h ⊂ V erforderlich. BeiRandwertaufgaben zweiter Ordnung ist etwa V = H1(Ω) (bzw. einUnterraum hiervon). Eine Charakterisierung von Konformität liefertfolgender Satz.

Satz 10Sei Th eine Zerlegung des Gebietes Ω und V h ein endlichdimensionalerFunktionenraum. Gilt V h ⊂ C0(Ω) sowie PK ⊂ H1(K) für alleK ∈ Th, so gelten

V h ⊂ H1(Ω), sowie V h0 := v ∈ V h : v = 0 auf ∂Ω ⊂ H1

0 (Ω).Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 86

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Beweis: Aufgrund unserer Annahmen gilt bereits V h ⊂ L2(Ω). Damit auchV h ⊂ H1(Ω) müssen wir zeigen, dass jedes v ∈ V h schwache Ableitungen∂iv, i = 1, . . . , d besitzt, d.h. Funktionen vi ∈ L2(Ω) mit∫

Ωvi φdx = −

∫Ωv ∂iφ dx ∀φ, φ differenzierbar, φ|∂Ω = 0.

Elementweise gilt∫K

φ∂i(v|K) dx = −∫

K

v|K ∂iφdx+∫

∂K

v|K φnK,i ds,

(nK,i die i-te Komponente der äußeren Einheitsnormalen längs ∂K).Summation über alle K ergibt (mit vi := ∂iv|K∀K)∫

Ωφ vi dx = −

∫Ωv ∂iφdx+

∑K∈Th

∫∂K

v|K φnK,i ds.

Die Summe verschwindet jedoch, da φ längs ∂Ω verschwindet und die(orientierten!) Randintegrale längs innerer Ränder je zweimal mitentgegengesetztem Umlaufsinn auftreten.

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Bemerkungen 11

1. Dass Stetigkeit auch notwendig ist sieht man durch einenWiderspruchsbeweis.

2. Analog gilt V h ⊂ H2(Ω), falls PK ∈ H2(K) für alle K undV h ⊂ C1(Ω).

Fazit: Um konforme Diskretisierungen zu erhalten können wir also dieendlichdimensionalen Unterräume V h elementweise definieren undmüssen dabei nur die entsprechenden stetigen Übergänge derFunktionen bzw. deren Ableitungen gewährleisten.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 88

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Multivariate PolynomeVollständige Polynome

Für k ∈ N0 bezeichne Pk den Raum aller Polynome vom Grad ≤ k in dVariablen, d.h.

Pk :=p : Rd → R : p(x) =

∑|α|≤k

bαxα

mit Koeffizienten bα, Multiindices α = (α1, . . . , αd) ∈ Nd0,|α| = α1 + · · ·+ αd sowie xα = xα1

1 · · ·xαdd .

Für M ⊂ Rd sei Pk(M) := p|M : p ∈Pk.

Es gilt dim Pk =(d+kk

). (dim Pk = dim Pk(M) sofern M 6= ∅)

Der Unterraum von Pk aus Polynomen in d Variablen vom exaktenGrad k (sog. homogene Polynome vom Grad k) besitzt die Dimension

dim Pk − dim Pk−1 =(d+ k − 1

k

).

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Simplexelemented-Simplices

Ein nichtentartetes Simplex K in Rd (kurz: d-Simplex) ist die konvexeHülle von d+ 1 nicht in einer Hyperebene gelegenen Punkten ajd+1

j=1 ,den Ecken des d-Simplex:

K =x =

d+1∑j=1

λjaj : 0 ≤ λj ≤ 1,d+1∑j=1

λj = 1.

Ein 2-Simplex ist ein Dreieck, ein 3-Simplex ein Tetraeder.

Ein Simplex ist genau dann nicht entartet, wenn die Spalten der Matrix

A :=[a1 a2 · · · ad+11 1 . . . 1

]∈ R(d+1)×(d+1) (24)

linear unabhängig sind.

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Baryzentrische Koordinaten

Für Punkte in einem Simplex K ⊂ Rd ist folgende Darstellung oftzweckmäßig: als baryzentrische Koordinaten λ = (λ1, . . . , λd+1)> einesPunktes x = (x1, . . . , xd)> ∈ K bezeichnen wir den eindeutigenLösungsvektor λ des linearen Gleichungssystems

Aλ =[x1

]

mit Koeffizientenmatrix A aus (24).Sind a(−1)

i,j d+1i,j=1 die Einträge von A−1, so besitzen die baryzentrischen

Koordinaten die Darstellung

λi =d∑j=1

a(−1)i,j xj + a

(−1)i,d+1, i = 1, . . . , d+ 1,

und sind damit affine Funktionen von x, d.h. λi = λi(x) ∈P1.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 91

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Baryzentrische Koordinaten sind invariant unter affinenTransformationen: ist der Simplex K mit den Ecken a1, . . . ,ad+1 dasBild eines Simplex K mit Ecken a1, . . . , ad+1 unter der Abbildungx 7→ x = Bx+ b mit einer nichtsingulären Matrix B ∈ Rd×d undb ∈ Rd, so gilt für die zugehörigen baryzentrischen Koordinaten[Ba1 . . . Bad+1

1 . . . 1

]λ =

[Bx1

]bzw.

[a1 . . . ad+11 . . . 1

]λ =

[x1

]

also λ = λ.

Baryzentrische Koordinaten werden auch Dreiecks- bzw.Flächenkoordinaten im Fall d = 2 sowie Volumenkoordinaten im Falld = 3 genannt. Letztere Bezeichnungen rühren daher, dass λj dasFlächen- bzw. Volumenverhältnis zwischen K und dem durch(a1, . . . ,aj−1,x,aj+1, . . . ,ad+1) aufgespannten Simplex angibt.

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a1 a2

a3

K

K = BK + b

a1

a2a3

x

x

λ1 = |K1||K| = |K1|

|K|

λ2 = |K2||K| = |K2|

|K|

λ3 = |K3||K| = |K3|

|K|

Baryzentrische Koordinaten von x und x = Bx+ b in den affinen Dreiecken Kund K; die Flächen gleich eingefärbter Teildreiecke sind proportional.

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a1

a2

a3λ3 = 2

3λ3 = 1

3

λ2 = 13

λ2 = 23λ1 = 2

3

λ1 = 13

Linien konstanter baryzentrischer Koordinaten im Dreieck. Der Schwerpunktliegt bei λ1 = λ2 = λ3 = 1

3 .

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Das lineare Simplexelement

Lemma 12Ein Polynom p ∈P1 in d Variablen ist durch dessen Funktionswertep(aj) an den d+ 1 Ecken eines d-Simplex im Rd eindeutig bestimmt.

Beweis: Zu zeigen ist, dass für jeden Vektor µ = (µ1, . . . , µd+1)> ∈ Rd+1 daslineare Gleichungssystem∑

|α|≤1

bαaαj = µj , j = 1, . . . , d+ 1,

eindeutig lösbar ist. Die zugehörige Koeffizientenmatrix ist quadratisch, somitist Existenz einer Lösung äquivalent mit deren Eindeutigkeit. Für diebaryzentrischen Koordinaten der Ecken gilt λi(aj) = δij (1 ≤ i, j ≤ d+ 1),weshalb das Polynom

p(x) :=d+1∑i=1

µiλi(x)

das Gewünschte leistet. Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 95

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Bemerkung 13Aus dem Beweis folgt insbesondere, dass jedes p ∈P1 bezüglich derbaryzentrischen Koordinaten eines Simplex die Darstellungp(x) =

∑d+1i=1 p(ai)λi(x) besitzt.

Das lineare Simplexelement in d Variablen ist nun wie folgt definiert:(i) Das Gebiet K ist ein nichtentartetes Simplex in Rd.(ii) Der endlichdimensionale Funktionenraum PK auf K ist P1(K).(iii) Die Freiheitsgrade ΨK , welche ein Polynom p ∈PK eindeutig

festlegen, sind dessen Funktionswerte an den Ecken, symbolisch

ΨK = p(aj) : 1 ≤ j ≤ d+ 1.

Nach Bemerkung 13 bilden die Funktionen

φj(x) = λj(x), j = 1, . . . , d+ 1,

eine Basis von PK mit der Eigenschaft φi(aj) = δi,j . Eine solche Basisheißt nodale Basis.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 96

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Das quadratische SimplexelementEckknoten

Seienaij := 1

2(ai + aj), 1 ≤ i < j ≤ d+ 1

die Seitenmittelpunkte des d-Simplex K. Es gilt

λk(aij) = 12(δki+δkj) =

12 ak und aij liegen auf gemeinsamer Kante0 sonst.

Damit gelten für die Funktionen φi ∈P2 definiert durch

φi(x) := λi(x)(2λi(x)− 1), i = 1, . . . , d+ 1,

die Beziehungen

φi(aj) = δi,j , φi(ajk) = 0, j < k.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 97

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Das quadratische SimplexelementMittelknoten

Für die d(d+ 1)/2 weiteren Funktionen φij ∈P2 definiert durch

φij(x) := 4λi(x)λj(x), 1 ≤ i < j ≤ d+ 1,

gilt

φij(aij) = 1,φij(ak`) = 0, falls k 6= i oder ` 6= j,

φij(ak) = 0, für alle k.

Wegen dim P2 = (d+ 1)(d+ 2)/2 bilden damit die (d+ 1)(d+ 2)/2Funktionen

φ1, . . . , φd+1, φ1,2, . . . , φd−1,d

die nodale Basis von P2 bezüglich der Knoten

ai, 1 ≤ i ≤ d+ 1, und aij , 1 ≤ i < j ≤ d+ 1.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 98

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Das quadratische SimplexelementFreiheitsgrade

Insbesondere besitzt jedes Polynom p ∈P2 die Darstellung

p(x) =d∑i=1

p(ai)λi(x)(2λi(x)− 1) +∑i<j

p(aij) · 4λi(x)λj(x).

Wir erhalten so das quadratische Simplexelement definiert durch dasSimplex K, den Funktionenraum P2(K) und als Freiheitsgrade dieFunktionswerte an den Ecken und Seitenmittelpunkten, d.h.

ΨK =p(ai), 1 ≤ i ≤ d+ 1;p(aij), 1 ≤ i < j ≤ d+ 1

.

a1

a2a3

a12a13

a23

Knoten im quadratischen DreieckOliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 99

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Beispiel: Die nodalen Basisfunktionen im Dreieckelement vom Gradzwei.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 100

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Das kubische Simplexelement

Mit den Bezeichnungen

aiij := 13(2ai + aj), i 6= j,

aijk := 13(ai + aj + ak), i < j < k,

gilt analog für Polynome p ∈P3 die Beziehung

p =∑i

p(ai)λi(3λi − 1)(3λi − 2)

2 +∑i 6=j

p(aiij)9λiλj(3λi − 1)

2

+∑i<j<k

p(aijk) · 27λiλjλk,

was auf das kubische Simplexelement mit Funktionenraum P3(K) undals Freiheitsgrade die Werte an den ai, aiij(i 6= j) und aijk(i < j < k)führt.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 101

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Das kubische Simplexelement

a1

a2a3

a221

a112a113

a331

a332 a223

a123

Knoten im kubischen Dreieck

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 102

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SimplexelementeAllgemeiner Fall

Satz 14Sei K ein d-Simplex mit Ecken ajd+1

j=1 und p ∈Pk für ein k ∈ N.Dann ist p eindeutig bestimmt durch dessen Funktionswerte an denPunkten der Knotenmenge

Nk(K) :=x =

d+1∑j=1

λjaj :d+1∑j=1

λj = 1,

λj ∈ i/k, i = 0, . . . , k, j = 1, . . . , d+ 1.

Beweis: Wegen |Nk(K)| = dim Pk ist durch die Forderungen

φi ∈Pk, φi(xj) = δij , 1 ≤ i, j ≤ |Nk(K)|

die nodale Basis von Pk eindeutig bestimmt.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 103

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Finite-Element Räume basierend auf Simplices

Wir betrachten eine Zerlegung Th eines polyedrischen Gebiets Ω ⊂ Rdin disjunkte Simplices sodass die Eigenschaften (Z1)–(Z4) erfüllt sind.Diesen Forderungen fügen wir eine weitere hinzu:

(Z5) Jede Fläche eines Simplex K ∈ Th ist entweder Teil desRandes ∂Ω oder gleichzeitig Fläche eines anderen Simplexvon Th.

Erlaubt. Verboten.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 104

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Ein zu einer Zerlegung Th von Ω und einem finiten Element gehörenderFE-Raum V h besteht nun aus Funktionen auf Ω, deren Enschränkungauf jedes Element K ⊂ Th zu PK gehört.

Satz 15Sei V h der zu einer zulässigen Zerlegung Th von Ω und entweder demlinearen, quadratischen oder kubischen Simplex gehörende FE-Raum.Dann gilt

V h ⊂ C(Ω) ∩H1(Ω).

Beweis: Zu zeigen ist nur, dass die Funktionen v ∈ V h stetige Übergängezwischen den Elementen besitzen. Seien K1,K2 ∈ Th zwei benachbarteSimplices mit gemeinsamer Fläche K ′ sowie v1 := v|K1 , v2 := v|K2 für einv ∈ V h. Die Einschränkung von v1 bzw. v2 auf die Fläche K ′ ist jeweils einPolynom vom Grad k in d− 1 Variablen (k = 1, 2, 3). Diese beiden Polynomestimmen an den auf K ′ liegenden Knoten überein. Die Anzahl Knoten auf(dem d− 1-Simplex) K ′ ist aber genau die erforderliche, um ein Polynom vomGrad k in d− 1 Variablen eindeutig festzulegen, also stimmt v1 auf K ′ mit v2

überein. Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 105

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Rechteckelemente

Auch wenn Dreieckzerlegungen im Allgemeinen flexibler sind, so tretenin der Praxis hinreichend oft Gebiete auf, welche einfach in Rechteckeoder (konvexe) Vierecke zerlegbar sind.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 106

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RechteckelementeDer Polynomraum Qk

Für k ∈ N0 bezeichnet Qk den Raum aller Polynome in d Variablen,welche bezüglich jeder einzelnen Variablen vom Grad ≤ k sind, d.h.

Qk :=p : Rd → R : p(x) =

∑αi≤k

1≤i≤d

bαxα.

Es gilt dim Qk = (k + 1)d sowie Pk ⊂ Qk ⊂Pdk.

Beispiel: Im Fall d = 2 erhält man für k = 1 die bilinearen Funktionen

Q1 = span1, x1, x2, x1x2

bzw. für k = 2 die biquadratischen Funktionen

Q2 = span1, x1, x2, x1x2, x21, x

22, x

21x2, x1x

22, x

21x

22.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 107

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Rechteckelemented-Rechtecke

Ein d-Rechteck K ⊂ Rd ist das kartesische Produkt

K =d∏i=1

[ai, bi] = x ∈ Rd : ai ≤ xi ≤ bi, i = 1, . . . , d

von d Intervallen [ai, bi],−∞ < ai < bi <∞.Für d = 2 erhält man echte Rechtecke, für d = 3 Quader.

Rechteckelemente sind aufgrund ihrer Produktstruktur einfach zuhandhaben. So erhält man etwa eine nodale Basis von Qk auf einemd-Rechteck K aus Produkten eindimensionalerLagrange-Grundpolynome: sind in jeder Koordinatenrichtung k + 1Knoten gegeben

ai = x(0)i < x

(1)i < · · · < x

(k−1)i < x

(k)i = bi, i = 1, . . . , d,

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RechteckelementeNodale Basis

so bildet das kartesische Produkt der d Knotenmengen ein Gitter aus(k + 1)d Knoten

xi1,...,id = (x(i1)1 , x

(i2)2 , . . . , x

(id)d ) ∈ K, 0 ≤ ij ≤ k, j = 1, . . . , d.

Ist ferner `ij (xj) das Lagrange-Grundpolynom in der Variablen xjbezüglich der Knoten in der j-ten Variable, so ist

`i1,...,id(x) :=d∏j=1

`ij (xj) ∈ Qk, (i1, . . . , id) ∈ 0, 1, . . . , kd

das Lagrange-Grundpolynom in d Variablen des Knoten xi1,...,id , d.h. esgilt

`i1,...,id(xj1,...,jd) =

1, falls i1 = j1, . . . , id = jd,

0, sonst.

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RechteckelementeTensorprodukt-Gitter

Damit gilt für alle p ∈ Qk:

p(x) =∑

(i1,...,id)∈0,...,kd

p(xi1,...,id) `i1,...,id(x).

Ein solches kartesisches Produkt von d Knotenmengen nennt man auchd-faches Tensorprodukt-Gitter.

Satz 16Ein Polynom p ∈ Qk ist eindeutig bestimmt durch seine Werte aufeinem d-fachen Tensorprodukt-Gitter.

Betrachten wir das Referenz-d-Rechteck K := [−1, 1]d, so ist einäquidistantes Tensorproduktgitter für Qk(K) hierauf gegeben durch dieKnotenmenge

Nk :=(ξ(i1)

1 , . . . , ξ(id)d ) : ξ(ij)

j = −1 + 2kij , 0 ≤ ij ≤ k, 1 ≤ j ≤ d

.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 110

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RechteckelementeTensorprodukt-Gitter

Das äquidistante Tensorproduktgitter Nk(K) für Qk(K) bezüglich einesbeliebigen achsenparallelen d-Rechtecks K ⊂ Rd ist das BildNk(K) = FK(Nk) einer diagonal-affinen Abbildung

FK : K → K, ξ 7→ BKξ + bK

mit einer Diagonalmatrix BK und einem Verschiebungsvektor bK .

Nk(K) für ein Rechteck K (d = 2), k = 1, 2, 3.

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RechteckelementeDas d-Rechteckelement der Ordnung k

Das Rechteckelement der Ordnung k in d Raumdimensionen ist somitcharakterisiert durch

K ein achsenparalleles d-RechteckPK = Qk (dimPK = (k + 1)d)mit den Freiheitsgraden ΨK = p(x) : x ∈ Nk(K).

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RechteckelementeBeispiel: bilineares Rechteck

Beispiel: d = 2, k = 1 (bilineares Rechteck).Nodale Basis auf Referenzelement K = [−1, 1]2:

φi(ξ1)φj(ξ2) : 0 ≤ i, j ≤ 1

mit

φ0(ξ) = 12(1− ξ), φ1(ξ) = 1

2(1 + ξ),

d.h.

φ1(ξ1, ξ2) = 14(1− ξ1)(1− ξ2),

φ2(ξ1, ξ2) = 14(1 + ξ1)(1− ξ2),

φ3(ξ1, ξ2) = 14(1 + ξ1)(1 + ξ2),

φ4(ξ1, ξ2) = 14(1− ξ1)(1 + ξ2).

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RechteckelementeBeispiel: biquadratisches Rechteck

Beispiel: d = 2, k = 2 (biquadratisches Rechteck). Die nodale Basis aufdem Referenzelement K = [−1, 1]2 ist gegeben durch

φi(ξ1)φj(ξ2) : 0 ≤ i, j ≤ 2

mit

φ0(ξ) = 12ξ(ξ − 1), φ1(ξ) = −(ξ + 1)(ξ − 1), φ2(ξ) = 1

2(ξ + 1)ξ.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 114

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RechteckelementeBeispiel: biquadratisches Rechteck

Die neun Basisfunktionen auf dem Referenzelement lauten hier

φ1(ξ1, ξ2) = 14ξ1(1− ξ1)ξ2(1− ξ2),

φ2(ξ1, ξ2) = 14ξ1(1 + ξ1)ξ2(1− ξ2),

φ3(ξ1, ξ2) = 14ξ1(1 + ξ1)ξ2(1 + ξ2),

φ4(ξ1, ξ2) = 14ξ1(1− ξ1)ξ2(1 + ξ2),

φ5(ξ1, ξ2) = 12 (1 + ξ1)(1− ξ1)ξ2(1− ξ2),

φ6(ξ1, ξ2) = 12ξ1(1 + ξ1)(1− ξ2)(1 + ξ2),

φ7(ξ1, ξ2) = 12 (1− ξ1)(1 + ξ1)ξ2(1 + ξ2),

φ8(ξ1, ξ2) = 12ξ1(1− ξ1)(1− ξ2)(1 + ξ2),

φ9(ξ1, ξ2) = (1− ξ1)(1 + ξ1)(1− ξ2)(1 + ξ2).

x1 x2

x3x4

x5

x6

x7

x8 x9

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RechteckelementeBeispiel: biquadratisches Rechteck

Biquadratische nodale Basisfunktionen zu einer Ecke, einer Seitenmitte unddem Mittelpunkt.

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Finite-Element-Räume basierend auf Rechtecken

Jedes durch stückweise achsenparallele Randflächen berandete GebietΩ ⊂ Rd kann so in d-Rechtecke zerlegt werden, dass die Eigenschaften(Z1)–(Z4) erfüllt sind.

Ferner fordern wir die Eigenschaft (Z5) mit „Simplex“ ersetzt durch„Rechteck“.

Aufgrund der Anzahl Knoten auf den Randflächen zeigt man leicht, dassauf einer solchen Zerlegung basierende finite-Element-RäumeH1-konform sind:Satz 17Ist V h der zu einer zulässigen Zerlegung Th aus Rechteckelementengehörende FE-Raum, so gilt

V h ⊂ C0(Ω) ∩H1(Ω).

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Affine Familien

Ziel des weiteren Vorgehens ist es nun, ein finites Element zunächst aufeinem Referenzelement K zu definieren und dann beliebige Elemente Keiner Triangulierung durch affine Abbildung von K nach K abzuleiten.

Vorteile dieses Ansatzes:Auf dem Referenzelement besitzt ein finites Element eine besonderseinfache Beschreibung.Berechnungen werden durch Transformation auf dasReferenzelement einheitlicher.Es genügt, theoretische Aussagen (z.B.Approximationseigenschaften) nur für das Referenzelement zubeweisen.

Wir bescheiben in diesem Abschnitt, wie dieser Ansatz im Allgemeinenangewandt werden kann.

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Affine FamilienDefinition finites Element

Folgende abstrakte Definition eines finiten Elements geht auf Ciarlet zurück:

Definition 18Ein finites Element ist ein Tripel (K,P,Ψ); hierbei sind(i) K eine abgeschlossene Teilmenge des Rd mit nichtleerem Inneren und

Lipschitz-Rand,(ii) P ein linearer Raum auf K definierter Funktionen sowie(iii) Ψ eine endliche Menge linear unabhängiger linearer Funktionale

Φ1, . . . ,Φn auf P derart, dass jede Funktion φ ∈ P eindeutig durch dieWerte Φ1(φ), . . . ,Φn(φ) festgelegt ist. (Man sagt auch, Ψ seiunisolvent bezüglich P .)

Bemerkung 19Durch Ψ ist eine Basis φ1, . . . , φn von P ausgezeichnet durchΦi(φj) = δij , i, j = 1, . . . , n, die wir in Beispielen bereits als nodale Basisbezeichnet haben. Die Basen Φj und φj sind also zueinander dual.

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Affine FamilienBedeutung der Freiheitsgrade

Dass es bei einem finiten Element auch auf die Freiheitsgrade ankommtveranschaulicht folgendes Beispiel: wir betrachten ein Dreieckelement mitPolynomraum P1 und als Freiheitsgrade die Funktionswerte an jeweils dreiKnoten, die wir wie folgt wählen.

Nur bei der ersten Wahl der Knoten (und damit der Freiheitsgrade) erhaltenwir einen FE-Raum mit stetigen Übergängen zwischen benachbartenDreiecken.

Insbesondere erhalten wir so drei verschiedene finite Elemente bei jeweilsgleichem K und P .

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 120

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Affine FamilienDefinition affin äquivalent

Definition 20Zwei finite Elemente (K,P,Ψ) und K, P , Ψ) heißen affin äquivalent,falls folgende Bedingungen erfüllt sind:(a) Es existiert eine affine Abbildung F : K → K, x 7→ Bx+ b, mit

B ∈ Rd×d nichtsingulär, b ∈ Rd sodass K = F (K),(b) Für die Funktionenräume gilt P = φ F−1 : φ ∈ P.(c) Für die Freiheitsgrade gilt Ψ = Φ · F−1 : Φ ∈ Ψ.

Proposition 21Affine Äquivalenz finiter Elemente ist eine Äquivalenzrelation.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 121

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Affine Familien

Bemerkungen 22

1. Bedingung (c) besagt, dass die Funktionalmenge Ψ das Bild von Ψist unter der Abbildung

Φ 7→ Φ mit Φ(φ) = Φ(φ F−1) ∀φ ∈ P .

2. Die Zuordnung in (b) zwischen Funktionen auf K und solchen aufK über Verkettung mit F−1 wird auch „Pull-back“ genannt,geschrieben (F−1)∗(φ) := φ F−1.Damit lautet (b) P = (F−1)∗P oder P = F ∗P .

3. Analog nennt man die Zuordnung in (c) zwischen linearenFunktionalen von Funktionen auf K zu solchen von Funktionen aufK auch „Push-Forward“, geschrieben((F−1)∗Φ

)(φ) := Φ

((F−1)∗(φ)

). Eine entsprechende Formulierung

von (c) lautet also Ψ = (F−1)∗Ψ bzw. Ψ = F∗Ψ.Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 122

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Affine FamilienDefinition affine Familie

Beispiel: Lagrange-Elemente auf Simplices oder Rechtecken, derenKnotenmengen durch die affine Gebietsabbildung F ineinander überführtwerden, sind affin äquivalent.

Definition 23Eine Menge von finiten Elementen heißt affine Familie, falls alleElemente affin äquivalent zu einem Referenzelement (K, P , Ψ) sind.(Letzteres braucht selbst nicht zur Familie zu gehören)

Bei d-Simplexelementen wählt man meist als Referenzelement (-Gebiet)den Einheitssimplex mit Ecken im Ursprung und an der Spitze der dKoordinaten-Einheitsvektoren.

Bei d-Rechteckelementen sind entweder der Einheitswürfel [0, 1]d oder,weil die Basisfunktionen hierfür etwas symmetrischer aussehen, [−1, 1]düblich.

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Der Interpolationsoperator

Der Interpolationsoperator ist ein wichtiges Hilfsmittel bei derKonstruktion von FE-Räumen aus einzelnen Elementen sowie bei derKonvergenzanalyse.

Definition 24Sei (K,P,Ψ) ein finites Element und φ1, . . . , φn die nodale Basis von Pzu Ψ. Ist u eine Funktion auf K, für die alle Freiheitsgrade Φj ∈ Ψdefiniert sind, so wird die lokale Interpolierende IKu ∈ P definiert durch

IKu =n∑j=1

Φj(u)φj .

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 124

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Der Interpolationsoperator

Beispiel: Sei K das lineare Dreieckelement bezüglich des Dreiecks Kmit den Ecken (0, 0), (1, 0) und (0, 1). Die nodale Basis ist gegebendurch

φ1(x, y) = 1− x− y, φ2(x, y) = x, φ3(x, y) = y.

Die lokale Interpolierende der Funktion u(x, y) = exy lautet damit(IKu)(x, y) = e0φ1(x, y)+e0φ2(x, y)+e0φ3(x, y) = (1−x−y)+x+y ≡ 1.

Proposition 25IK ist linear und es gilt Φj(IKu) = Φj(u), j = 1, . . . , n.

Mit anderen Worten: IKu ist diejenige Funktion in P mit denselbenFreiheitsgraden wie u.

Proposition 26Für alle p ∈ P gilt IKp = p, d.h. IK ist eine Projektion auf P .

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 125

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Der Interpolationsoperator

Proposition 27Sind (K,P,Ψ) und (K, P , Ψ) zwei affin äquivalente finite Elementebezüglich der affinen Abbilding F : K → K und bezeichnen IK bzw. IK diezugehörigen lokalen Interpolationsoperatoren, so gilt IK F

∗ = F ∗ IK .

Definition 28Sei Th eine zulässige Zerlegung des polyedrischen Gebiets Ω ⊂ Rd und seiauf jedem Teilgebiet K ∈ Th ein finites Element (K,P,Ψ) definiert. Sindfür eine Funktion u : Ω→ R alle Freiheitsgrade ΨK ,K ∈ Th definiert, sodefinieren wir den globalen Interpolationsoperator Ih durch

(Ihu)|K = IKu, für alle K ∈ Th.

Man nennt ein finites Element Ck-Element, falls die zugehörigenglobalen Interpolierenden stets k mal stetig differenzierbar sind.Lagrange-Elemente sind (bei geeigneter Knotenwahl) C0-Elemente.

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Inhalt

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Das Galerkin-Gleichungssystem

Das Galerkin-Verfahren zur Approximation der Lösung von (14) bestehtdarin, Ansatz- und Testraum durch endlichdimensionale Räume S h

bzw. V h (gleicher Dimension) zu ersetzen.

Hierbei ist h > 0 der Diskretisierungsparameter.

Wir betrachten zunächst die homogenisierte Variationsaufgabe von (16)und einen n-dimensionalen Unterraum V h ⊂ V . (Oder, äquivalent, denFall g ≡ 0.)

Die diskrete Variationsaufgabe lautet somit

Bestimme uh ∈ V h sodass a(uh, v) = `(v) ∀v ∈ V h. (25)

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 128

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Das Galerkin-Gleichungssystem

Ist φ1, φ2, . . . , φn eine Basis von V h sowie uh =∑nj=1 ujφj , so ist

(25) äquivalent mit

n∑j=1

uj a(φj , φi) = `(φi), i = 1, 2, . . . , n,

oder, mit A ∈ Rn×n gegeben durch [A]i,j = a(φj , φi), b ∈ Rn durch[b]i = `(φi) sowie u ∈ Rn durch [u]i = ui, zu dem Galerkin-System

Au = b. (26)

Beachte:Die diskrete Variationsaufgabe (25) bzw. (26) besitzt eineeindeutige Lösung.Die Galerkin-Matrix A aus (26) ist symmetrisch und positiv-definit.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 129

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Das Galerkin-GleichungssystemVerwendung der nodalen Basis

Wir beschäftigen uns nun mit der Aufstellung des Gleichungssystems(26) anhand des Beispiels linearer Dreieckelemente.

Funktionen aus V h sind eindeutig durch ihre Funktionswerte an denKnoten der Triangulierung (Ecken der Dreiecke) bestimmt. Bei linearenDreiecken stellen diese Funktionswerte sämtliche Freiheitsgrade dar.

Bei V h sind dies alle Knoten bis auf die, die nicht auf ΓD liegen. DerenAnzahl sei n.Eine besonders nützliche Basis φ1, . . . , φn, die sog. nodale Basis, istcharakterisiert durch

φj(xi) = δi,j i, j = 1, . . . , n.

Ist N h = x1, . . . , xn die Menge der Knoten mit xj 6∈ ΓD, so gilt

suppφj = K ∈ T h : xj ∈ K.

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Beispiel

Triangulierung des L-förmigen Gebiets aus Abschnitt 1 (Beispiel 2) mit demTräger dreier nodaler Basisfunktionen.

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Galerkin-System

Konsequenz für das Galerkin-System (26):

[b]i = `(φi) =∫

suppφi

fφi dx+∫

suppφi∩ΓN

hφi ds

[A]i,j = a(φj , φi) =∫

suppφi∩suppφj

∇φi · ∇φj dx

Insbesondere: die Galerkin-Matrix A ist dünn besetzt.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 132

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Aufbau des Galerkin-Systems

Großer Vorteil der FEM:Aufbau des FE Gleichungssystems – man nennt diesen VorgangAssemblieren – verläuft auch bei komplizierteren Problemen stetsnach dem gleichen Grundschema.Parametrisierung durch spezielle Eigenschaften der jeweiligenAufgabe.Grundbausteine der Assemblierung stets dieselben, kann bei derSoftwareumsetzung ausgenutzt werden (z.B. Objektorientierung).

Wir stellen nun die Grundschritte der Assemblierung für unserModellproblem zusammen. Das Vorgehen besteht darin, die Rechnungauf Operationen auf den einzelnen Elementen zurückzuführen, derenErgebnisse dann zusammengefügt (assembliert) werden.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 133

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Aufbau des Galerkin-Systems

Übliches Vorgehen:

(1) Ignoriere zunächst die wesentlichen RBen, d.h. ein gößerer RaumV h ⊃ V h wird zugrundegelegt, mit nodaler Basis

φ1, φ2, . . . , φn, φn+1, . . . , φn,

n− n die Anzahl der Knoten auf ΓD.Liefert A ∈ Rn×n, b ∈ Rn.

(2) Eliminiere zum Schluß die Freiheitsgrade der wesentlichen RBen.Liefert A, b.

Zunächst naheliegend für (1): sukzessives Abarbeiten allerBasisfunktionen (= Einträge in A, b)

Aber: Lage und Anordnung der Träger variieren stark.

Einfacher: elementweises Vorgehen.Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 134

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Aufbau des Galerkin-SystemsReduktion auf Elemente

Sei K ∈ T h: dann gilt für i, j = 1, 2, . . . , n:

a(φj , φi) =∫

Ω∇φj · ∇φi dx =

∑K∈T h

∫K∇φj · ∇φi dx =:

∑K∈T h

aK(φj , φi),

`(φi) =∑

K∈T h

(∫Kfφi dx+

∫K∩ΓN

hφi ds

)=:

∑K∈T h

`K(φi).

Mit

[AK ]i,j := aK(φj , φi) i, j = 1, 2, . . . , n,[bK ]i := `K(φi), i = 1, 2, . . . , n,

folgt alsoA =

∑K∈T h

AK , b =∑

K∈T h

bK .

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Aufbau des Galerkin-SystemsElementtabelle

Da jedes Element nur zum Träger dreier Basisfunktionen gehört, sindnur (höchstens) neun bzw. drei Einträge von AK bzw. bK von Nullverschieden.Welche Einträge dies sind kann durch Nachschlagen in einerElementtabelle ermittelt werden:

[ET (i, j)]i=1,2,3;j=1,...,nK :Element K1 K2 . . . KnK

erster Knoten i(1)1 i

(2)1 . . . i

(nK)1

zweiter Knoten i(1)2 i

(2)2 . . . i

(nK)2

dritter Knoten i(1)3 i

(2)3 . . . i

(nK)3

Hierbei sei nK die Anzahl der Elemente in T h.Diese führt neben der bisherigen globalen Knotennumerierungx1, x2, . . . , xn in jedem Element zusätzlich eine lokale Nummerierungx

(K)1 , x(K)

2 , x(K)3 der zu K gehörenden Knoten ein.

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Globale Nummerierung der Knoten (rot) und der Elemente (schwarz)einer Triangulierung des L-Gebiets.

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Aufbau des Galerkin-SystemsElementmatrizen/-vektoren

Damit sind die von Null verschiedenen Teilmatrizen bzw. -vektoren von AK undbK gegeben durch

AK :=

aK(φ(K)1 , φ

(K)1 ) aK(φ(K)

2 , φ(K)1 ) aK(φ(K)

3 , φ(K)1 )

aK(φ(K)1 , φ

(K)2 ) aK(φ(K)

2 , φ(K)2 ) aK(φ(K)

3 , φ(K)2 )

aK(φ(K)1 , φ

(K)3 ) aK(φ(K)

2 , φ(K)3 ) aK(φ(K)

3 , φ(K)3 )

, bK :=

`K(φ(K)1 )

`K(φ(K)2 )

`K(φ(K)3 )

.

Trägt K in der Nummerierung der Elemente den Index k, so ist die Zuordnungder lokalen Nummerierung φ(K)

i i=1,2,3 der zu K gehörenden Basisfunktionenzur globalen Nummerierung φjnj=1 gegeben durch

φ(K)i = φj , j = ET (i, k), i = 1, 2, 3.

Man bezeichnet AK und bK auch als Elementsteifigkeitsmatrix bzw.Elementlastvektor.

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Aufbau des Galerkin-SystemsAssemblierungsalgorithmus

Nach diesen Überlegungen erhalten wir folgenden Algorithmus4 zurAssemblierung:

Initialisiere A := O, b := 0foreach K ∈ Th

berechne AK und bKk := [Index des Elementes K]i1 := ET (1, k), i2 := ET (2, k), i3 := ET (3, k)A([i1i2i3], [i1i2i3]) := A([i1i2i3], [i1i2i3]) +AK

b([i1i2i3]) := b([i1i2i3]) + bKend

4Hier wird folgende an MATLAB angelehnte Notation verwendet:

A([i1i2i3], [i1i2i3]) =

[ai1,i1 ai1,i2 ai1,i3

ai2,i1 ai2,i2 ai2,i3

ai3,i1 ai3,i2 ai3,i3

], b([i1i2i3]) =

[bi1

bi2

bi3

].

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Aufbau des Galerkin-SystemsReferenzelement

Hilfreich für Implementierung und Analyse: Bezug auf einReferenzelement K ⊂ R2. Für alle K ∈ T h gilt dann K = FK(K) mit

FK : K → K, K 3 ξ 7→ x ∈ K, x = FK(ξ) = BKξ + bK .

Bei Dreieckelementen üblich: Einheitssimplex

K = (ξ, η) ∈ R2 : 0 ≤ ξ ≤ 1, 0 ≤ η ≤ 1− ξ

Für jedes Dreieck K ∈ T h ist die affine Abbildung FK bestimmt durchdie Abbildungsvorschriften

(1, 0) 7→ (x1, y1),(0, 1) 7→ (x2, y2),(0, 0) 7→ (x3, y3), d.h.

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Aufbau des Galerkin-SystemsReferenzelement

K

ξ

η

(0, 0) (1, 0)

(0, 1)

x

y

FK

K

(x1, y1)

(x2, y2)

(x3, y3)

[xy

]=[x1 − x3 x2 − x3y1 − y3 y2 − y3

]︸ ︷︷ ︸

BK

[ξη

]+[x3y3

]︸ ︷︷ ︸bK

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 141

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Aufbau des Galerkin-SystemsReferenzelement

Lokale (nodale) Basisfunktionen in K:

φ1(ξ, η) = ξ, φ2(ξ, η) = η, φ3(ξ, η) = 1− ξ − η, (ξ, η) ∈ K.

Durch die Zuordnung

φ 7→ φ := φ F−1K , d.h. φ(x) := φ(ξ(x)) = φ(F−1

K (x))

wird jeder Funktion φ auf K eine Funktion φ auf K zugeordnet.Lokale Basisfunktionen auf K:

φj = φj F−1K : K → R, j = 1, 2, 3.

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Aufbau des Galerkin-SystemsRückführung der Integration auf das Referenzelement

Die bei der Assemblierung der Galerkin-Matrix anfallenden Integralewerden ebenfalls auf das Referenzelement zurückgeführt. Dies ist auchfür die Verwendung von Quadraturformeln hilfreich.Aus φ(x) = φ(ξ(x)) folgt (Kettenregel5)

∇φ =[φxφy

]=[φξξx + φηηxφξξy + φηηy

]=[ξx ηxξy ηy

] [φξφη

]= (DF−1

K )>∇φ.

Wegen x = FK(ξ) = BKξ + bK , d.h. DFK = BK ,

ξ = F−1K (x) = B−1

K (x− bK), d.h. DF−1K = B−1

K

folgt schließlich∇φ = B−>K ∇φ.

5∇ bedeutet, dass nach den Variablen ξ und η differenziert wird.Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 143

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Aufbau des Galerkin-SystemsRückführung der Integration auf das Referenzelement

Damit ergibt sich (φi = φ(K)i , i = 1, 2, 3)

aK(φj , φi) =∫K∇φj · ∇φi dx

=∫K

(B−>K ∇φj

)·(B−>K ∇φi

)| detBK | dξ.

(27)

Hierbei ist (lineares Dreieckelement)

|detBK | = 2|K|,

B−>K = 12|K|

[y2 − y3 y3 − y1x3 − x2 x1 − x3

],

[∇φ1 ∇φ2 ∇φ3

]=[1 0 −10 1 −1

].

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 144

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Aufbau des Galerkin-SystemsEinbringung wesentlicher Randbedingungen

Bei Lagrange-Elementen läßt sich die wesentliche Randbedingungu(x) = g(x) ∀x ∈ ΓD

am einfachsten durch die Forderunguh(x) = g(x) x ∈ N h \N h,

umsetzen, wobei mit N h := x1, . . . ,xn,xn+1, . . . ,xn die Mengealler Knoten des zu T h gehörenden FE-Raums bezeichnet sei.Zerlegt man N h in N h = NI ∪NW mitN hI := N h = x1, . . . ,xn, N h

W := N h \N h = xn+1, . . . ,xn

und nummeriert die Freiheitsgrade von uh entsprechend, so zerfällt dasbisher assemblierte Galerkin-System Au = b in[

AII AIW

AWI AWW

] [uIuW

]=[bIbW

]. (28)

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 145

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Aufbau des Galerkin-SystemsEinbringung wesentlicher Randbedingungen

Hierbei beschreiben die Teilmatrizen AII und AWW die Kopplung derden Knoten aus N h

I bzw. N hW zugeordneten Freiheitsgrade jeweils

untereinander, sowie AIW und AWI die gegenseitigen Kopplungen.

Bezeichnet g ∈ Rn−n den Vektor mit den Komponenten gi = g(xi), solauten unter Hinzunahme der Nebenbedingungen

uW = g

die diskreten Gleichungen (28)[AII AIW

O I

] [uIuW

]=[bIg

].

Die nicht durch die wesentlichen RB festgelegten Freiheitsgrade uIergeben sich somit aus dem reduzierten linearen Gleichungssystem

AIIuI = bI −AIWg.

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Inhalt

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Konvergenz

Im Lemma von Céa (Satz 9) haben wir bereits gesehen, dass dieGalerkin-Approximation der Lösung einer Variationsaufgabe, welche denVoraussetzungen des Lax-Milgram-Lemmas genügt, bis auf eineKonstante die Bestapproximation der Lösung im verwendetenUnterraum liefert.

Somit konvergiert die FE-Approximation gegen die Lösung derentsprechenden RWA, sofern diese bei Vergrößerung des FE-Raumes(durch Verfeinerung des Gitters und/oder Erhöhung des Polynomgrades)immer besser durch Funktionen aus diesem Raum approximiert werdenkann.

Wir werden sehen, dass dies im Wesentlichen von der Regularität derLösung, d.h. die maximale Ordnung ihrer (schwachen)Differenzierbarkeit, abhängt.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 148

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Konvergenz bei h-VerfeinerungFolgen von Triangulierungen

Wir betrachten den Fall, dass der FE-Raum ausschließlich durchVerfeinerung des Gitters vergrößert wird, d.h. der Polynomgrad derFE-Funktionen bleibt konstant.

Wir betrachten im Folgenden Triangulierungen aus Dreiecken (mitoffensichtlichen Verallgemeinerungen auf Tetraeder in 3D).

Die Feinheit h einer Triangulierung T h ist definiert als

h := maxdiam(K) : K ∈ T h.

Bei der Konvergenzanalyse betrachtet man den Fehler ‖u− uh‖ imGrenzwert h→ 0. Letzterem liegt also eine Folge von FE-Räumen V hzugrunde, jeweils basierend auf einer Triangulierung T h, wobei in dieserFolge die Feinheit h beliebig klein wird.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 149

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Konvergenz bei h-VerfeinerungDie Form von Dreiecken

Die Approximierbarkeit einer Funktion in Räumen aus stückweisenPolynomen bezüglich einer Folge T h von Triangulierungen hängtwesentlich davon ab, dass die Dreiecke in dieser Folge nicht beliebig spitzwerden können.

Der Inkreisradius ρK eines Dreiecks K ist definiert durch

ρK := maxρ : K enthält einen Kreis mit Radius ρ

.

Das Verhältnis ρK/diam(K) gibt an, wie spitz das Dreieck K ist.

Definition 29Eine Folge von Triangulierungen T h heißt quasi-uniform, falls es eineuntere Schranke σ > 0 gibt, mit

ρKdiamK

≥ σ für alle K ∈ T h für alle h.

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Konvergenz bei h-VerfeinerungApproximation durch stückweise lineare Funktionen

Eine obere Schranke für den Fehler der Bestapproximation einerFunktion u ∈ H1(Ω) aus dem Raum V h stetiger stückweise linearerFunktionen bezüglich einer Triangulierung T h von Ω erhält manbeispielsweise durch den Approximationsfehler der InterpolierendenIhu ∈ V h.

Mit dem Céa-Lemma gilt also für den Fehler der Galerkin-Approximation

‖u− uh‖1 ≤C

αinfv∈V h

‖u− v‖1 ≤C

α‖u− Ihu‖1.

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Konvergenz bei h-VerfeinerungApproximation durch stückweise lineare Funktionen

Satz 30Sei T h eine quasiuniforme Familie von Triangulierungen einespolygonalen Gebiets Ω ⊂ R2, V h der zugehörige Raum stetigerstückweise linearer Funktionen, Ih die globale Interpolierende sowieu ∈ H2(Ω). Dann existiert eine Konstante C = C(Ω, σ) sodass

‖u− Ihu‖1 ≤ Ch|u|2,‖u− Ihu‖0 ≤ Ch2|u|2.

Hierbei bezeichnet |u|2 die Halbnorm in H2(Ω) gegeben durch

|u|22 =∫

Ω

∑|α|=2

|Dαu|2 dx.

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Konvergenz bei h-VerfeinerungApproximation durch stückweise Polynome höheren Grades

Satz 31Sei T h eine quasiuniforme Familie von Triangulierungen einespolygonalen Gebiets Ω ⊂ R2, V h der zugehörige Raum stetigerstückweiser Polynome vom Grad k, Ih die globale Interpolierende sowieu ∈ Hk+1(Ω). Dann existiert eine Konstante C = C(Ω, σ) sodass

‖u− Ihu‖1 ≤ Chk|u|k+1,

‖u− Ihu‖0 ≤ Chk+1|u|k+1.

Hierbei bezeichnet |u|k+1 die Halbnorm in Hk+1(Ω) gegeben durch

|u|2k+1 =∫

Ω

∑|α|=k+1

|Dαu|2 dx.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 153

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Konvergenz bei h-VerfeinerungKonvergenzsatz

Aus dem Céa-Lemma und den Interpolationsabschätzungen ergibt sichnun ein Konvergenzresultat.

Satz 32Für die Lösung der RWA (14) auf dem polygonalen Gebiet Ω ⊂ R2 gelteu ∈ Hk+1(Ω). Ist T h eine quasiuniforme Familie von Zerlegungen,V h der zugehörige Raum stetiger stückweiser Polynome vom Grad kund uh ∈ V h die zugehörige Galerkin-Approximation, so gilt

‖u− uh‖1 ≤ C hk |u|k+1.

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Inhalt

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Numerische Integration

Die Berechnung der bei der Assemblierung auftretenden Integrale ist oftzu aufwändig (bei komplizierten Elementen) oder unmöglich (etwa beinicht geschlossen integrierbaren Koeffizientenfunktionen). Man behilftsich deshalb zur Approximationen der Integrale mit Quadraturformelnder Bauart ∫

Kf(x) dx ≈

m∑i=1

γif(xi) (29)

mit Knoten xi = xKi ∈ K und Gewichten γi = γKi > 0 und erhält somitNäherungen∫

Ωf(x) dx =

∑K∈Th

∫Kf(x) dx ≈

∑K∈Th

m∑i=1

γKi f(xKi ).

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Numerische IntegrationQuadraturformeln

Bei affinen Familien können alle Integrale auf solche über einReferenzelement K zurückgeführt werden. Daher genügt es in diesemFall, Quadraturformeln für Referenzelemente zu betrachten.

Quadraturformeln klassifiziert man nach deren Exaktheitsgrad, d.h. demhöchsten Polynomgrad der durch eine Formel noch exakt integriert wird.Eine Quadraturformel für zwei Raumdimensionen besitzt alsoExaktheitsgrad q ∈ N0, falls∫

Kξjηk dξdη =

m∑i=1

γiξji ηki ∀j, k : j + k ≤ q.

Beispiel: Im ersten Teil der Vorlesung wurden dieGauß-Quadraturformeln für eindimensionale Integrale behandelt. Diesebesitzen bei m Knoten und Gewichten den (maximalen) Exaktheitsgradq = 2m− 1.

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 157

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Numerische IntegrationKonstruktion von Quadraturformeln

Bei Newton-Cotes-Quadraturformeln werden die Knoten xi vorgegebenund die Gewichte γi so gewählt, dass ein möglichst hoherExaktheitsgrad erreicht wird. Vorausgesetzt die Knoten sind so gewählt,dass sie ein eindeutiges Interpolationspolynom definieren (etwa wie inSatz 14 bzw. Satz 16) so sind für Exaktheitsgrad q höchstensn = (q + 1)(q + 2)/2 Knoten erforderlich. Bei Integrationsgebieten mitSymmetrien reichen oft auch weniger Knoten aus.

Bei Gauß-Quadraturformeln wird neben den Gewichten auch die Lageder Knoten zur Maximierung des Exaktheitsgrades variiert. Dies führtoft zu wesentlich weniger Knoten als bei Newton-Cotes Formeln gleicherExaktheit. Diese stimmen aber meist nicht mit Knoten fürFreiheitsgrade überein.

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Numerische IntegrationNewton-Cotes Formeln für das Referenzdreieck

Bei den folgenden Beispielen für Quadraturformeln bezeichnet

q den Exaktheitsgrad,m die Anzahl Knoten und|K| = 1/2 die Fläche des Referenzdreiecks.

Die Knoten werden sowohl in kartesischen als auch baryzentrischenKoordinaten angegeben. Letztere sind affin invariant, die Formel kann daherauch auf beliebige Dreiecke angewandt werden (nur |K| muss angepasstwerden).

(1) q = 1, m = 1 „Schwerpunktregel“ξ1 = (1

3 ,13) = (1

3 ,13 ,

13)

γ1 = |K|

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 159

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Numerische IntegrationNewton-Cotes Formeln für das Referenzdreieck

(2) q = 2, m = 3ξ1 = ( 1

2 , 0) = (12 ,

12 , 0) γ1 = γ2 = γ3 = |K|/3

ξ2 = ( 12 ,

12 ) = (0, 1

2 ,12 )

ξ3 = (0, 12 ) = (1

2 , 0,12 )

(3) q = 3, m = 7ξ1 = ( 1

3 ,13 ) = (1

3 ,13 ,

13 ) γ1 = 27|K|/60

ξ2 = (0, 0) = (1, 0, 0) γ2 = γ3 = γ4 = |K|/60ξ3 = (1, 0) = (0, 1, 0)ξ4 = (0, 1) = (0, 0, 1)ξ5 = ( 1

2 ,12 ) = (0, 1

2 ,12 ) γ5 = γ6 = γ7 = 8|K|/60

ξ6 = (0, 12 ) = (1

2 , 0,12 )

ξ7 = ( 12 , 0) = (1

2 ,12 , 0)

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 160

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Numerische IntegrationEinige Gauß-Formeln für das Referenzdreieck

Hier geben wir zum Vergleich nur d,m und die Lage der Knoten an.

q = 2,m = 3 q = 3,m = 4 q = 4,m = 6

q = 5,m = 7 q = 6,m = 12 q = 7,m = 13

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 161

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Numerische IntegrationEinige Gauß-Formeln für das Referenzdreieck

(Quelle: Die genauen Knoten und Gewichte sind zu finden inG. R. Cowper: Gaussian Quadrature Formulas for Triangles. Int. J. Num.Meth. Eng. 7 (1973) 405–408

oder im Buch von Hughes.)

Zur Kontrolle der Exaktheitsgrade (Fehlersuche) ist folgende Formel fürbeliebige Dreiecke K mit Flächeninhalt A hilfreich:∫

Kλ1(x)α1λ2(x)α2λ3(x)α3 dx = 2Aα1!α2!α3!

(α1 + α2 + α3 + 2)! = 2Aα!(|α|+ 2)! .

Dabei sind λi(x), i = 1, 2, 3, die baryzentrischen Koordinaten von x undαi ∈ N0.

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Numerische IntegrationQuadraturformeln für Rechtecke

Bei Rechtecken werden fast ausschließlich sog. Produktformelnverwendet, welche durch Kombination eindimensionalerQuadraturformeln resultieren: wendet man die Formel∫ 1

−1f(ξ) dξ ≈

m1∑i=1

γif(ξi)

an auf ein Integral über das Referenzelement K = [−1, 1]2 sukzessiveauf beide Teilintegrale an, erhält man mit∫ 1

−1

∫ 1

−1f(ξ, η) dξdη ≈

∫ 1

−1

m1∑i=1

γif(ξi, η) dη ≈m1∑i=1

m1∑j=1

γiγjf(ξi, ξj)

eine Quadraturformel für K mit m = m21 Knoten (ξi, ξj) und Gewichten

γiγj , i, j = 1, . . . ,m1.

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Numerische IntegrationQuadraturformeln für Rechtecke

Besitzt die eindimensionale Formel Exaktheitsgrad q, so erkennt mansofort durch Einsetzen von Monomen ξkη` für f , dass die Produktformelalle Polynome exakt integriert, welche in jeder Variablen höchstens Gradq haben, also genau die Polynome aus Qq.

(4) Produkt-Trapezregel, m1 = 2:m = 4, exakt für Q1

ξ1, . . . , ξ4 = (±1,±1), γ1 = · · · = γ4 = 1

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Numerische IntegrationQuadraturformeln für Rechtecke

Verwendet man etwa Gauß-Legendre Formeln mit m1 Knoten, so integriert diezugehörige Produktformel mit m2

1 Knoten alle Polynome in Q2m1−1 exakt.(5) Produkt-Gauß-Legendre Formel, m1 = 2:m = 4, exakt für Q3

r = 1/√

3ξ1, . . . , ξ4 = (±r,±r), γ1 = · · · = γ4 = 1

(6) Produkt-Gauß-Legendre Formel, m1 = 3:m = 9, exakt für Q5

r =√

3/5ξ1, . . . , ξ4 = (±r,±r), γ1 = · · · = γ4 = 25/81ξ5, ξ6 = (±r, 0)ξ7, ξ8 = (0,±r), γ5 = · · · = γ8 = 40/81ξ9 = (0, 0), γ9 = 64/81

Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 165

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Numerische IntegrationQuadraturformeln für Rechtecke

Es gibt aber auch Nichtproduktformeln mit weniger Knoten bei gleichemExaktheitsgrad: Untenstehende Formel besitzt Exaktheitsgrad q = 5 beim = 7 Knoten (Produkt-Gauß erfordert 9 Knoten)

(7) ξ1 = (0, 0) γ1 = 2V/7ξ2, . . . , ξ5 = (±r,±s) γ2 = · · · = γ5 = 5V/36ξ6, ξ7 = (0,±t), γ6 = γ7 = 5V/63

r =√

3/5 V = |K|

s = 1/√

3

t =√

14/15

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Numerische IntegrationAuswirkungen numerischer Integration

Man kann recht allgemein zeigen, dass bei Verwendung vonQuadraturformeln hinreichend hohen Exaktheitsgrades (in Abhängigkeitvom Polynomgrades im FE-Raum) dieselbe Konvergenzrate in Bezug aufh→ 0 erreicht wird wie bei exakter Auswertung der Integrale.

Im Modellproblem (14) unter Verwendung eines FE-Raumes aus stetigenstückweisen Polynomen vom Grad k reicht hierfür ein Exaktheitsgradvon q = 2k − 2.

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Inhalt

1. Einleitung1.1 Vorbemerkungen1.2 Finite Differenzen in 2D2. Variationsformulierung von Randwertaufgaben2.1 Bezeichnungen und mathematische Hilfsmittel2.2 Variationsformulierung des Modellproblems2.3 Referenzaufgaben in 2D2.4 Galerkin-Approximation3. Lagrange-Elemente3.1 Konstruktion von finite-Element-Räumen3.2 Assemblierung der Galerkin-Gleichungen3.3 Konvergenz3.4 Numerische Integration3.5 Beispiele aus der Geophysik

2D MagnetotellurikGleichstromgeoelektrik

4. Nédélec-Elemente4.1 Neue Variationsräume4.2 Divergenz- und Rotationskonforme Elemente

GebietstransformationenDivergenzkonforme Finite ElementeRotationskonforme Finite Elemente

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Beispiele aus der Geophysik

Im folgenden geben wir einige längere Fallbeispiele für Anwendungenvon Lagrange-Elementen auf Randwertaufgaben der Geophysik.

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MagnetotellurikFeldgleichungen

Ausgangspunkt sind die vier Maxwell-Gleichungen (mit den üblichenBezeichnungen)

B +∇×E = 0 (30a)D −∇×H = −J (30b)

∇·D = ρ (30c)∇·B = 0. (30d)

Für die Geoelektrik sind typischerweise folgende Annahmengerechtfertigt:

B = µH, µ konstant, (lineares Medium, konstante Permeabilität)D ≈ 0, (Vernachlässigung der Verschiebungsströme)J = σE + Je. (Ohmsches Gesetz)

(Bei der MT ist Je = 0, die Anregung erfolgt durch die RBen.)Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 170

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MagnetotellurikHarmonische Zeitabhängigkeit, Gleichungen zweiter Ordnung

Für harmonische Zeitabhängigkeit der Form eiωt gehen das Faradaysche undAmpèresche Gesetz (30a) bzw. (30b) über in

iωµH +∇×E = 0, (31a)∇×H = σE. (31b)

Oft – besonders im 2D-Fall – ist die Formulierung elektromagnetischerAufgaben in Bezug auf ein einziges Feld ökonomischer. Hierzu wird aus denbeiden Gleichungen (31) jeweils entweder E oder H eliminiert.So erhält man durch Anwendung von ∇× auf (31a) und Einsetzen von∇×H aus (31b)

∇×(∇×E) + iωµσE = 0 (32)

bzw. nach Division von (31b) durch σ > 0 und anschließender Anwendungvon ∇×

∇×( 1σ∇×H

)+ iωµH = 0. (33)

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Magnetotellurik2D Gleichungen

Annahme: alle Daten (insbesondere σ) in einer Koordinatenrichtung, dersog. Streichrichtung (hier x), uniform. Man unterscheidet zwei Spezialfälle:

E-Polarisation: Ist das elektrische Feld parallel zur Streichrichtung, so gilt

E =

Ex(y, z)00

und somit H =

0Hy(y, z)Hz(y, z)

.Mit

∇×E =

0∂zEx−∂yEx

bzw. ∇×(∇×E) =

−∂yyEx − ∂zzEx00

wird aus (32)

−∆Ex + iωµσEx = 0. (34)

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Magnetotellurik2D Gleichungen

H-Polarisation: Zeigt H in die Streichrichtung, so erhält man mit

H =

Hx(y, z)00

, ∇×H =

0∂zHx

−∂yHx

,

∇×( 1σ∇×H

)=

−∂y(σ−1∂yHx)− ∂z(σ−1∂zHx)00

aus (33) die skalare Gleichung

−∇·( 1σ∇Hx

)+ iωµHx = 0. (35)

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MagnetotellurikRechengebiet, Koeffizienten

Einfachste Situation: Rechteckgebiet Ω = [ymin, ymax]× [zmin, zmax]Bei E-Polarisation gehört ein Teil des Lufthalbraums zu Ω(zmin < 0), bei H-Polarisation nicht (zmin = 0).Im Boden ist σ ortsabhängig, im Lufthalbraum konstant.

E-Polarisation

y

z

σ = σ(y, z)

σ ≡ 10−14S/mz=0

z=zmin

z=zmaxy=ymin y=ymax

H-Polarisation

y

z

σ = σ(y, z)

z=0

z=zmaxy=ymin y=ymax

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MagnetotellurikRandbedingungen

Grundannahme: im Bereich der lateralen Ränder ist σ = σ(z). Wirbetrachten hier den einfachen Fall, dass σ(z) sogar eine stückweisekonstante Funktion ist.

E-PolarisationIm Fall σ = σ(z) vereinfacht sich (34) zur gewöhnlichenDifferentialgleichung

E′′(z) + k2E(z) = 0, k2 = −iωµσ,

für die Feldkomponente E = Ex. Unter der Zusatzannahme σ ≡ consterhalten wir die allgemeine Lösung

E(z) = Aeikz +Be−ikz, A,B ∈ C.

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MagnetotellurikRandbedingungen

Wählt man für k =√−iωµσ denjenigen Zweig der Wurzelfunktion

mit Im(k) > 0 für ω > 0, so zieht die Abklingbedingung

E(z)→ 0 für z →∞

nach sich, dass A = E(0) und B = 0, und somit

E(z) = E0 eikz, z > 0, E0 = E(0).

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MagnetotellurikRandbedingungen

Zur Bestimmung von E0 beachte man, dass im Fall σ = σ(z) neben Hx

auch Hz verschwindet. Wie für E = Ex erhält man mit H0 := Hy(0) diez-Abhängigkeit

Hy(z) = H0 eikz

und durch Vergleich der ersten Komponenten der Gleichung (31b)

σEx = −∂zHy, d.h. Ex(z) = −ikσH0e

ikz, d.h. E0 = −ikσH0.

Wir erhalten somit die beiden lateralen Randwerte im Untergrund z > 0

Ex(ymin, z) = −ikσH0e

ikz, σ = σymin , k = kymin ,

Ex(ymax, z) = −ikσH0e

ikz, σ = σymin , k = kymin .

(36)

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MagnetotellurikRandbedingungen, z < 0

Für den Bereich z < 0 beachten wir zunächst, dass aus den zweitenKomponenten von (31a) folgt

∂zEx = −iωµHy.

Hieraus und aus der Tatsache, dass im Lufthalbraum gilt Hy ≡ H0 folgtsomit für z < 0

Ex(z)− Ex(z = 0) =∫ z

ζ=0∂zEx(ζ) dζ = −iωµ

∫ z

ζ=0H0 dζ = −iωµH0z.

Mit (36) erhalten wir somit an den lateralen Rändern im Lufthalbraum

Ex(z) = −iH0

(k

σ+ ωµz

), z < 0, (37)

wobei (die Konstante) H0 üblicherweise zu Eins normiert wird.

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MagnetotellurikRandbedingungen

An den horizontalen Rändern z = zmin und z = zmax werden die lateralenRandwerte durch ein kubisches Polynom φ in y interpoliert mit denNebenbedingungen, dass φ′(y) = 0 für y = ymin und y = ymax.Mit den Interpolationsbedingungen

φ(ymin) = φ0, φ′(ymin) = 0,φ(ymax) = φ1, φ′(ymax) = 0

erhält man das Polynom

φ(y) = φ0 +(φ1−φ0)(3η2 − 2η3

), η = y − ymin

ymax − ymin, ymin ≤ y ≤ ymax.

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Gleichstromgeoelektrik

Besonderheiten der Geoelektrik

! Technisch erzeugteStromquellen

! Punktquellen

! Simultane Strom- undSpannungsmessung

! Scheinbarer spezifischerWiderstand

AB

M NI!U

"#1

2"# ÄquipotentiallinienStromlinien"#1 2"#>

Gleichstromgeoelektrik bezeichnet ein geophysikalisches Erkundungsverfahren,bei dem künstliche Ströme in die Erde eingespeist werden und aus gemessenenPotentialdifferenzen auf die Widerstands- bzw. Leitfähigkeitsverteilunggeschlossen wird.

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GleichstromgeoelektrikGrundgleichungen

Bei stationärer Anregung (Strom) folgt aus (30a) ∇×E = 0 und somit

E = −∇φ

für eine skalare Potentialfunktion φ. Ohne eingeprägten Strom folgt ausdem Ohmschen Gesetz J = σE und aus der Ladungserhaltung∇·J = 0 für homogene leitfähige Medien (σ > 0 konstant)

−∇·(σ∇φ) = 0, d.h. ∆φ = 0.

Außerhalb von Quellen erfüllt somit das elektrische Potential dieLaplace-Gleichung.

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GleichstromgeoelektrikGrundgleichungen

Liegt nun eine im Punkt x0 konzentrierte Stromquelle der Stärke I vor,so wird die Ladungserhaltungsgleichung zu

∇·J = I δx0 . (38)

Hierbei bezeichnet δx0 die sog. Diracsche Delta-Distribution lokalisiertim Punkt x0; diese stellt keine Funktion dar, sondern ein linearesFunktional auf stetigen Funktionen. Sie ist charakterisiert durch dieEigenschaft

δx0(v) = v(x0) ∀v ∈ C(Ω).

Suggestiverweise wird dies oft geschrieben als∫Ωδx0(x)v(x) dx = v(x0).

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GleichstromgeoelektrikGrundgleichungen

Aus (38) folgt nun die Grundgleichung der Geoelektrik

−∇·(σ∇φ) = I δx0 . (39)

Im homogenen Vollraum besitzt (39) die Lösung

φ(x) =

−ρI2π log r (2D)

ρI

4πr (3D)(40)

mit r = ‖x− x0‖ sowie ρ := 1/σ.Im homogenen Halbraum (Punktquelle an Erdoberfläche) verdoppelnsich die Lösungen jeweils, da wegen σLuft = 10−14 S/m ≈ 0 derGesamtstrom nach unten fließt.

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GleichstromgeoelektrikZwei Elektroden an der Oberfläche

Seien x+ und x− die beiden Einspeisungspunkte an der Oberfläche, mitStromstärken I bzw. −I.

Das überlagerte Potential φ an einem Punkt x mit Abstand r+ zu x+

bzw. r− zu x− ergibt sich somit zu

φ(x) = φ+(x) + φ−(x) = ρI

2πr+ −ρI

2πr− = ρI

( 1r+ −

1r−

).

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GleichstromgeoelektrikVierpunktanordnung

Grundidee: zu jeder Einspeisung Messung an mehreren Messpunkten.Gemessen kann technisch nur eine Potentialdifferenz

∆φ := φ(x1)− φ(x2)

zwischen zwei Messpunkten x1 und x2. Besitzen diese die Abstände r+1 ,

r−1 , r+2 und r−2 zu x+ und x−, so beträgt diese Potendialdifferenz

∆φ = φ(x1)− φ(x2) = ρI

(1r+

1− 1r−1− 1r+

2+ 1r−2

)Umgekehrt wird nun aus der Messung von ∆φ bei eingestellterStromstärke I der scheinbare Widerstand

ρa = ∆φI

2π(1r+

1− 1

r−1− 1

r+2

+ 1r−

2

)abgelesen.

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GleichstromgeoelektrikRandbedingungen

Bei der Lösung von (39) mit der FE-Methode muss ein beschränktesRechengebiet Ω zugrundegelegt werden, dessen Ränder hinreichend wegvon den Stromquellen liegen6. Zur Formulierung einer RWA müssen auf∂Ω geeignete Randbedingungen gestellt werden. Da diese Ränder reinrechentechnisch entstehen spricht man von künstlichen Rändern bzw.künstlichen Randbedingungen.Bei der Lösung von (39) könnte man etwa eine homogene Dirichlet-oder Neumann-Randbedingung auf dem künstlichen Rand stellen, wobeieine homogene Dirichlet-RB im 2D-Fall wegen log r →∞ mit r →∞ungeeignet ist.Alternativ kann man, wenn σ im Bereich ∂Ω konstant ist, auch dieÜbereinstimmung mit den Dirichlet bzw. Neumann-Randdaten von (40)fordern.

6(da die Felder bei Entfernung von den Quellen abklingen)Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 186

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GleichstromgeoelektrikRandbedingungen

Im 3D-Fall kann man sich jedoch eine Beziehung zwischen Dirichlet-und Neumann-Daten von (40) zunutze machen: Wegen

∇φ(x) =

∂xφ∂yφ∂zφ

= − 14πr2

∂xr∂yr∂zr

= − 14πr3

xyz

= −φ(x)r2 x

ist die Normalableitung gegeben durch

∂nφ(x) = n · ∇φ(x) = −φ(x)r2 n · x,

was auf ∂Ω auf die gemischte Randbedingung

∂nφ+ n · xr2 φ = 0 (41)

führt.Oliver Ernst (TU Freiberg) Numerische Simulation mit finiten Elementen Sommersemester 2011 187

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GleichstromgeoelektrikBeispiel 1

Wir betrachten eine FE-Diskretisierung der RWA

−∇·(σ∇φ) = δ0 auf Ω = [−1, 1]× [−1, 0],

∂nφ = 0 längs ΓN = [−1, 1]× 0,

φ = − 1π

log r längs ΓD = ∂Ω \ ΓN ,

mit σ = 1 mit der Lösung φ(x) = − 1π log r, also des Potentials einer

Einheitsstromquelle im Ursprung im homogenen Halbraum.

Da hier die exakte Lösung bekannt ist können wir so die Konvergenz derFE-Approximation bei einer RWA mit Punktquelle untersuchen.

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GleichstromgeoelektrikBeispiel 1

COMSOL Lösung, lineare Dreieckelemente, 281 Freiheitsgrade.

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GleichstromgeoelektrikBeispiel 1: Konvergenzstudie

lineare DreieckelementeAnzahl FGe L2-Fehler Konvergenzordnung

8 4.9× 10−2

23 2.4× 10−2 1.0277 1.2× 10−2 0.98281 6.1× 10−3 0.981073 3.1× 10−3 0.994193 1.5× 10−3 0.99

quadratische DreieckelementeAnzahl FGe L2-Fehler Konvergenzordnung

23 2.1× 10−2

77 1.1× 10−2 0.98281 5.3× 10−3 1.001073 2.6× 10−3 1.004193 1.3× 10−3 1.0016577 6.6× 10−4 1.00

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GleichstromgeoelektrikBeispiel 2

Wir betrachten nun eine FE-Diskretisierung der 3D RWA

−∇·(σ∇φ) = δ0 auf Ω = [−1, 1]2 × [−1, 0],

∂nφ = 0 längs ΓN = [−1, 1]2 × 0,

∂nφ+ n · xr2 φ = 0 längs ΓD = ∂Ω \ ΓN ,

mit σ = 1 mit der Lösung φ(x) = 12πr , also des Potentials einer

Einheitsstromquelle im Ursprung im homogenen Halbraum.

Da auch hier die exakte Lösung bekannt ist können wir so dieKonvergenz der FE-Approximation bei einer RWA mit Punktquelleuntersuchen.

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GleichstromgeoelektrikBeispiel 2

lineare TetraederelementeAnzahl FGe L2-Fehler Konvergenzordnung

10 1.4× 10−1

39 1.1× 10−1 0.39205 7.5× 10−2 0.461305 5.3× 10−2 0.499265 3.8× 10−2 0.5069729 2.7× 10−2 0.50

Hier ist die Konvergenzrate noch geringer als im 2D-Fall.

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GleichstromgeoelektrikSekundärfeldansatz

Um die langsame Konvergenz der FE-Approximation bei Punktquellenzu vermeiden ist folgender Sekundärfeldansatz hilfreich.

Annahme: In Umgebung der Quellposition x0 ist σ(x) ≡ σ0 := σ(x0).

Das sog. Primärpotential φ0 zum Quellterm δx0 bei konstanterLeitfähigkeit σ0 erfüllt

−∇·(σ0∇φ0) = I δx0 .

Im homogenen Halbraum etwa gilt

φ0(x) = I

2πσ0r, r = ‖x− x0‖.

Wir zerlegen die Leitfähigkeitsverteilung nun als σ(x) = σ0 + σ(x).

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GleichstromgeoelektrikSekundärfeldansatz

Zerlegt man nun das Gesamtpotential aus (39) in φ = φ0 + φ, so erfülltdas sog. Sekundärpotential (anomales Potential, engl. anomalouspotential) die Differentialgleichung

−∇·(σ∇ φ) = ∇·(σ∇φ0). (42a)

Aufgrund der Linearität der Randbedingung (41) erfüllt φ längs ∂Ωaußerhalb der Boden-Luftgrenze

∂nφ+ n · xr2 φ = 0, (42b)

d.h. (41) mit φ anstelle von φ. An der Boden-Luftgrenze führt dieRandbedingung ∂nφ = 0 auf

∂nφ = −∂nφ0 längs z = 0. (42c)

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