333

Click here to load reader

Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

Friedrich U. Mathiak

Die Methode der finiten Elemente (FEM) Einführung und Grundlagen

Page 2: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

Die Methode der finiten Elemente (FEM) Einführung und Grundlagen © Friedrich U. Mathiak Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Neubrandenburg 2010 Hochschule Neubrandenburg Prof. Dr.-Ing. Friedrich U. Mathiak Fachbereich: Bauingenieur- und Vermessungswesen Postanschrift: Prof. Dr.-Ing. F.U. Mathiak Brodaer Straße 2 Tel.: (0395) 5693-(0)-301

D-17033 Neubrandenburg E-Mail: [email protected]

Page 3: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

INHALT 1 EINLEITUNG 1-1 1.1 Allgemeines 1-1 1.2 Entstehungsgeschichte der FEM 1-3 1.3 Zugang zur FEM 1-5 2 EIN EINFACHES BEISPIEL 2-1 2.1 Das Elastizitätsgesetz für einen geraden Stab 2-3 2.2 Transformation auf globale Koordinaten 2-5 2.3 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des freien unverbundenen Systems 2-8 2.4 Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität 2-9 2.5 Einbau der äußeren eingeprägten Kräfte 2-11 2.6 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des ungebundenen Systems 2-14 2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen 2-18 2.8 Ermittlung der Auflagerreaktionsgrößen 2-23 2.9 Ermittlung der Stabkräfte 2-23 2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung 2-25 2.11 Optimale Nummerierung der Systemknoten 2-33 2.12 Spezielle Lagerungen 2-33 2.12.1 Elastische Lagerung 2-35 2.12.2 Schiefe Randbedingungen 2-36 3 GRUNDLAGEN DER LINEAREN ELASTIZITÄTSTHEORIE 3-1 3.1 Der Spannungszustand 3-1 3.1.1 Die statische Grundgleichung 3-5 3.1.2 Der räumliche Spannungszustand in Zylinderkoordinaten 3-7 3.1.3 Der ebene Spannungszustand 3-8 3.1.4 Der einachsige Spannungszustand 3-9 3.2 Verschiebungen und Verzerrungen 3-10 3.2.1 Die Verschiebungen 3-10 3.2.2 Der Verzerrungszustand 3-12 3.2.2.1 Kartesische Koordinaten 3-12 3.2.2.2 Zylinderkoordinaten 3-14 3.2.2.3 Der ebene Verzerrungszustand 3-14 3.3 Materialgesetz 3-16 3.3.1 Das Elastizitätsgesetz für den räumlichen Spannungszustand 3-16 3.3.1.1 Kartesische Koordinaten 3-17 3.3.1.2 Zylinderkoordinaten 3-19

Page 4: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

II

3.3.1.3 Zylinderkoordinaten bei Rotationssymmetrie 3-20 3.3.2 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Spannungszustand 3-21 3.3.3 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Verzerrungszustand 3-22 3.3.4 Das Elastizitätsgesetz für den Stab 3-24 3.3.5 Das Elastizitätsgesetz für den schubstarren Balken 3-24 4 GRUNDGLEICHUNGEN DER SCHEIBENTHEORIE 4-1 4.1 Voraussetzung 4-1 4.2 Scheibenschnittlasten 4-2 4.3 Transformationsgleichungen 4-3 4.3.1 Hauptlängskräfte 4-5 4.3.2 Hauptschubkräfte 4-7 4.3.3 Grundgleichungen 4-8 4.4 Elimination der Spannungen, Verschiebungsfunktion 4-8 4.5 Elimination der Verschiebungen, Spannungsfunktion 4-10 4.6 Randbedingungen 4-11 4.6.1 Verschiebungsrandbedingungen 4-11 4.6.1.1 Der Eingespannte Rand x = x0 = konst. 4-11 4.6.1.2 Der freie Rand x = x0 = konst. 4-12 4.6.2 Kraftrandbedingungen 4-13 4.6.2.1 Der Eingespannte Rand x = x0 = konst. 4-13 4.6.2.2 Der freie Rand x = x0 = konst. 4-13 5 GRUNDGLEICHUNGEN DER KLASSISCHEN PLATTENTHEORIE 5-1 5.1 Voraussetzungen 5-1 5.2 Plattenschnittlasten 5-1 5.3 Transformationsgleichungen für die Schnittmomente 5-3 5.3.1 Hauptbiegemomente 5-4 5.3.2 Hauptdrillmomente 5-5 5.4 Gleichgewicht am Plattenelement 5-7 5.5 Das Verschiebungsfeld w(x,y) 5-7 5.6 Die Plattendifferenzialgleichung 5-10 5.7 Die Plattengleichung in Zylinderkoordinaten 5-10 5.8 Randbedingungen 5-13 5.8.1 Der eingespannte Rand x = x0 = konst. 5-14 5.8.2 Der gelenkig gelagerte Rand x = x0 = konst. 5-14 5.8.3 Der freie Rand x = x0 = konst. 5-15 5.9 Die Platte auf nachgiebiger Unterlage 5-17 6 DER ARBEITS- UND ENERGIEBEGRIFF IN DER ELASTOSTATIK 6-1 6.1 Die Arbeit einer Kraft längs eines Verschiebungsweges 6-1 6.2 Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment M 6-3 6.3 Das Potenzial einer Kraft 6-5 6.3.1 Das Potenzial einer Gewichtskraft 6-6 6.3.2 Das Potenzial einer Federkraft 6-8 6.4 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für elastische Körper 6-9 6.5 Formänderungsenergie für den geraden Balken 6-12 6.5.1 Schiefe Biegung mit Normalkraft 6-13

Page 5: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

III

6.5.2 Querkraftbeanspruchung 6-14 6.5.3 Torsion 6-17 6.6 Die isotherme Formänderungsenergie für die Scheibe 6-19 6.7 Formänderungsenergie für die schubstarre Platte 6-20 7 NÄHERUNGSVERFAHREN BEI EINDIMENSIONALEN RANDWERTPROBLEMEN 7-1 7.1 Grundzüge der Variationsrechnung 7-1 7.2 Das Prinzip der virtuellen Verrückung 7-5 7.3 Das Verfahren von Ritz 7-10 7.4 Die Methode der gewichteten Residuen 7-19 7.4.1 Das Galerkin-Verfahren 7-20 7.4.2 Die Kollokationsmethode 7-23 8 FINITE ELEMENTE BEI EINDIMENSIONALEN RANDWERTPROBLEMEN 8-1 8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-3 8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz 8-20 8.3 Die Eigenwertaufgabe für den ebenen Stab 8-29 8.4 Statische Kondensation 8-33 8.5 Substrukturierung 8-38 9 BALKENELEMENTE 9-1 9.1 Die gerade oder einachsige Biegung 9-1 9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-2 9.2.1 Beispiel 9-9 9.2.1.1 Rückrechnung 9-12 9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-14 9.3.1 Testbeispiel 9-20 9.3.1.1 Rückrechnung 9-22 9.3.2 Statische Kondensation 9-23 9.3.3 Beispiel 9-25 9.4 Der elastisch gebettete Balken 9-26 9.4.1 Die Steifigkeitsmatrix für die elastischer Bettung 9-28 9.4.2 Beispiel 9-29 10 EIN EINFACHES FINITES ELEMENT FÜR EBENE RAHMENTRAGWERKE 10-1 10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-8 11 SCHEIBENELEMENTE 11-1 11.1 Allgemeines 11-1 11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-2 11.2.1 Das Prinzip der virtuellen Verrückung 11-9 11.2.1.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix 11-12 11.2.1.2 Der Elementlastvektor aus Flächenlasten 11-13

Page 6: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

IV

11.2.1.3 Der Elementlastvektor aus Randlasten 11-15 11.2.2 Die Scheibenschnittlasten 11-16 11.3 Quadratische Ansatzfunktionen im Dreieck 11-33 12 EIN EINFACHES RECHTECKELEMENT FÜR DIE SCHEIBE 12-1 12.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix 12-5 12.2 Der Elementvektor aus Flächenlasten 12-7 12.3 Der Elementvektor aus Randlasten 12-9 12.4 Die Scheibenschnittlasten 12-11 Mathematischer Anhang A-1 A NUMMERISCHE INTEGRATION A-2 B GEBIETSTRANSFORMATIONEN B-13 C INTEGRATION IN DREIECKKOORDINATEN C-18 D DIE LAGRANGESCHEN INTERPOLATIONSPOLYNOME D-23

Page 7: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1 Einleitung

1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-

sches Berechnungsverfahren, das in weiten Bereichen der Strukturmechanik und der mathe-

matischen Physik und Chemie zum Einsatz kommt (Abb. 1-1).

Abb. 1-1 Einsatzgebiete der FEM

Die Grundgleichungen zur Beschreibung strukturmechanischer Probleme wie Deformationen,

Spannungen, Geschwindigkeiten, Druck, Temperaturen usw., sind gewöhnliche oder partielle

Differenzialgleichungen (DGLn) bzw. Differenzialgleichungssysteme. Die Lösungen dieser

DGLn haben dabei gewissen Randbedingungen (RB) zu genügen. So wird bekanntlich die

Durchbiegung w(x) eines elastischen Balkens mit der Querlast q(x), der Balkenlänge und

der Biegesteifigkeit EIyy = konst. durch die gewöhnliche DGL 4. Ordnung

Page 8: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1-2 1 Einleitung

)x0()x(q)x(wEI IVyy Gl. 1-1

beschrieben (Abb. 1-2).

Abb. 1-2 Balken unter Querbelastung

Für den Fall des beidseitig gelenkig gelagerten Balkens unter Querlast q(x) muss die Lösung

w(x) den Randbedingungen

0)(w)(w)0(w)0(w Gl. 1-2

genügen. Obwohl für viele Problemstellungen der technischen Mechanik das Randwertprob-

lem (RWP) in Form von DGLn bzw. Differenzialgleichungssystemen formuliert werden

kann, ist nicht immer eine analytische Lösung auffindbar. In diesen Fällen muss auf Nähe-

rungslösungen zurückgegriffen werden, zu denen auch die FEM gehört.

Das Ziel der Näherungsverfahren ist die Transformation der nicht direkt lösbaren Grundglei-

chungen in mathematisch einfacher zu handhabende Strukturen. Bei der Vorgehensweise nach

der FEM werden DGLn in algebraische Gleichungssysteme übergeführt. Den FEM-Program-

men wird dabei aber nicht nur die Lösung der linearen oder auch nichtlinearen Gleichungs-

systeme überlassen, vielmehr wird versucht, das komplette Verfahren zu automatisieren.

Dieses automatisierte Abarbeiten von zum Teil sehr komplexen Problemen verführt dazu, die

mit einer "black box" erzielten Ergebnisse kritiklos hinzunehmen. Das kann jedoch schwer-

wiegende Folgen haben, wenn fehlerhafte Rechenergebnisse vom Berechnungsingenieur zu

spät oder überhaupt nicht erkannt werden.

Für den Anwender von FEM-Software ist es deshalb zwingend erforderlich, die strukturme-

chanischen Hintergründe der Methode zu kennen, damit eine sinnvolle Modellbildung und

Ergebnisinterpretation möglich wird.

Page 9: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1.2 Entstehungsgeschichte der FEM 1-3

In jedem Fall empfiehlt sich zur Kontrolle der Berechnungsergebnisse eine Überschlagsrech-

nung mit vereinfachten Ansätzen.

1.2 Entstehungsgeschichte der FEM

Den Ausgangspunkt der geschichtlichen Entwicklung der modernen Strukturmechanik bildet

die im letzten Jahrhundert entwickelte Theorie der Stab- u. Rahmentragwerke, die sehr eng

mit den Namen Maxwell1, Betti2, Castigliano3 und Mohr4 verbunden ist.

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts konzentrierten sich die Entwicklungen in der Struktur-

berechnung auf das Kraftgrößenverfahren, bei dem als Unbekannte nur Kraftgrößen (Kräfte

und Momente) in der Berechnung erscheinen.

Im Jahre 1926 veröffentlichte Ostenfeld /1/ ein Lehrbuch zum Verschiebungsgrößenverfah-

ren, das auch unter der Bezeichnung Deformationsmethode bekannt ist. Als Unbekannte

treten bei diesem Verfahren nur Verschiebungsgrößen auf, also Knotenverschiebungen und

Knotenverdrehungen.

Auch bei der FEM sind die Unbekannten die Verformungsgrößen, womit die Deformations-

methode, wie sie für Stäbe und Balken entwickelt wurde, als Vorläufer der FEM angesehen

werden kann. Da bis in die 1950er Jahre hinein für beide Verfahren die Rechnungen manuell

durchgeführt werden mussten, konnten nur Systeme mit einer geringen Anzahl von Unbe-

kannten gelöst werden.

Bereits im zweiten Weltkrieg begannen einige Forscher, insbesondere in Großbritannien und

den USA, die Kraftgrößenmethode zur effektiven Umsetzung in einen Computercode in Mat-

rizenschreibweise aufzubereiten. Die Anwendungsgebiete lagen hauptsächlich im militäri-

schen Bereich (Luft- u. Raumfahrt). Als Pionier auf dem Gebiet der FEM kann Zienkiewicz

in England angesehen werden. Das Lehrbuch /8/ vermittelt einen sehr guten Überblick über

die FE-Methode.

Ein Forschungsschwerpunkt auf diesem Gebiet bildete sich in Deutschland mit Beginn der

1960er Jahre unter Argyris in Stuttgart am Institut für Statik und Dynamik der Luft- und

Raumfahrtkonstruktionen.

1JamesClerk Maxwell, brit. Physiker, 1831-1879 2Enrico Betti, italien. Mathematiker, 1823-1892 3Carlo Alberto Castigliano, italien. Eisenbahningenieur, 1847-1884 4Christian Otto Mohr, deutscher Statiker u. Bauingenieur, 1835-1918

Page 10: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1-4 1 Einleitung

X = 11

X = 11

X = 11

Abb. 1-3 Einfach statisch unbestimmtes System, mögliche statisch bestimmte Grundsysteme

Parallel zur Kraftgrößenmethode liefen erste Versuche, auch das Verschiebungsgrößenverfah-

ren für den Computer aufzuarbeiten. Die Vorarbeiten zur Kraftgrößenmethode hatten nämlich

gezeigt, dass die automatische Festlegung der statisch Unbestimmten durch den Computer zu

großen Schwierigkeiten führte. Es zeigte sich dann auch bald, dass die Kraftgrößenmethode

für die automatische Abarbeitung im Rechner ungeeignet ist (Abb. 1-3).

Mit der parallel ablaufenden rasanten Entwicklung der Digitalrechner war die Entscheidung

für die Verschiebungsmethode gefallen, denn bei diesem Verfahren gibt es keine Schwierig-

keiten bei der Auswahl eines kinematisch bestimmten Grundsystems.

Etwa Mitte der 1960er Jahre wurden dann die Zusammenhänge zwischen den anschaulichen

Mitteln der Stabstatik hin zu den Variationsprinzipien der Statik, dem Prinzip der virtuel-

len Kräfte (P.d.v.K.) und dem Prinzip der virtuellen Verrückungen (P.d.v.V.), geknüpft.

Die Aufdeckung dieser Zusammenhänge lieferte der FEM die mathematischen Fundamente,

worauf dann Mitte der 1980er Jahre diese Methode verstärkt von Mathematikern im Hinblick

auf Konvergenz und Genauigkeit untersucht wurde.

Grundlegende Arbeiten zur Lösung kontinuumsmechanischer Aufgaben auf Basis der Varia-

tionsrechnung lieferte Ritz bereits im Jahre 1907 und Courant im Jahre 1943.

Auf Courant geht auch der Vorschlag zurück, die Ritzschen Ansätze lokal anzuwenden, also

auf einen Teil des gesamten Lösungsgebietes, und das ist genau die Idee der FEM.

Im Laufe der weiteren FEM- Entwicklungen wurden die klassischen Energieprinzipe der Me-

chanik erweitert. Verallgemeinerte Prinzipe wurden z.B. von Reißner, Prager und Washizu

Page 11: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1.3 Zugang zur FEM 1-5

angegeben. Eine historische Zusammenfassung zur Entwicklungsgeschichte der FEM findet

der interessierte Leser in /5/.

Das umfassende Verständnis für die FEM erfordert Kenntnisse der Variationsrechnung und

der Kontinuumsmechanik. Für ein vertiefendes Studium der FEM werden deshalb die Litera-

turstellen /6-10/ empfohlen.

1.3 Zugang zur FEM

Der Grundgedanke der FEM besteht darin, das zu untersuchende Gebiet, z. B. die Rahmen-

konstruktion nach Abb. 1-4, in eine größere Anzahl einfacher Teilgebiete, die finiten Elemen-

te, zu zerlegen Dieser Prozeß wird in der FEM Diskretisierung1 oder auch Elementierung

(vom Ganzen zum Teil) genannt. Bei einigen Aufgabenstellungen ist die Aufteilung in finite

Elemente bereits vorgegeben, etwa bei Fachwerken oder auch bei Rahmenkonstruktionen, bei

denen die einzelnen Stäbe oder Rahmenteile die Elemente bilden.

Abb. 1-4 Finites Balken-Element eines Rahmentragwerks

Die Anzahl der dabei gewählten Elemente ist grundsätzlich beliebig, allerdings ist zu beach-

ten, dass der Rechenaufwand mit zunehmend feiner werdender Elementierung überproportio-

nal steigt.

Im Falle zweidimensionaler Gebiete, etwa bei Scheiben und Platten, wird das Grundgebiet in

Dreiecke, Rechtecke oder allgemeine Vierecke eingeteilt. Auch bei geradlinig begrenzten

1 von mlat. discretus ›abgesondert‹, zu lat. dicernere ›absondern‹, ›unterscheiden‹.

Page 12: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1-6 1 Einleitung

Elementen kann bei hinreichend feiner Elementierung das Grundgebiet ausreichend angenä-

hert werden. Krummlinig berandete Elemente gestatten eine höhere Güte der Approximation.

Gerade in dieser flexiblen Anpassung des Grundgebietes durch unterschiedliche Elementfor-

men liegt ein großer Vorteil der FE-Methode gegenüber anderen Näherungsverfahren, etwa

dem Finite-Differenzen-Verfahren.

Bei räumlichen Problemen erfolgt die Diskretisierung des Raumes durch Tetraederelemente,

Quaderelemente oder auch krummflächig begrenzte Elemente.

Innerhalb des Elementgebietes wird dann für die gesuchte Funktion ein problemgerechter

Näherungsansatz gewählt. Für Stäbe und Balken eignen sich besonders Polynome. Die Höhe

des Polynomgrades entscheidet über die Güte der Approximation der gesuchten Funktion. Bei

zweidimensionalen Problemen kommen lineare, quadratische oder auch höhergradige Poly-

nome zum Einsatz. Die Art des Ansatzes wird dabei im Wesentlichen durch zwei Faktoren

bestimmt, einerseits durch die Form des Elementes und andererseits durch die physikalische

Fragestellung.

Die gewählten Ansatzfunktionen müssen gewisse Stetigkeitsforderungen erfüllen, die sich aus

dem physikalischen Problem ergeben. Stetigkeit der gesuchten Zustandsgröße innerhalb des

Elementgebietes ist in der Regel durch die Ansatzfunktion sichergestellt. Problematischer ist

die Forderung nach Stetigkeit an den Elementübergängen. Bei einem einfachen Dehnstab,

dessen gesuchte Funktion die Stabachsverschiebung ist, reduziert sich die Forderung auf Ste-

tigkeit in der Verschiebung an den Elementübergängen. Diese Stetigkeit wird C0-Stetigkeit

genannt. Bei Balkenelementen wird für die Durchbiegung w eine höhere Stetigkeit gefordert.

Neben der Stetigkeit in w, muss, um Knicke in der Biegelinie zu vermeiden, beim Übergang

von einem Element zum anderen zusätzlich Stetigkeit in w' gefordert werden (C1-Stetigkeit).

Bei zweidimensionalen Problemen ist mindestens Stetigkeit der Ansatzfunktionen längs ge-

meinsamer Elementkanten zu fordern. Elemente, deren Ansatzfunktionen die geforderten Ste-

tigkeiten erfüllen, heißen konform1.

Um die Stetigkeitsforderungen an den Elementgrenzen zu erfüllen, müssen die Ansatzfunkti-

onen, bzw. auch deren Ableitungen, an bestimmten Stellen des Elementes, den Knoten, aus-

gedrückt werden. Die Funktionswerte (Verschiebungen, Verdrehungen) der Näherungsansätze

an diesen diskreten Stellen werden Knotenvariable oder auch Knotenfreiwerte genannt. Mit

den Knotenvariablen als Koeffizienten erscheinen dann die Ansatzfunktionen als Interpolati-

onsfunktionen2, die in der FE-Methode auch Formfunktionen genannt werden.

1 spätl. ›gleichförmig‹, ›ähnlich‹ 2 lat. ›Umgestaltung‹, ›Veränderung‹

Page 13: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1.3 Zugang zur FEM 1-7

In der analytischen Mechanik wird gezeigt, dass sich die Knotenverschiebungen als Folge der

äußeren Belastungen und der vorgeschriebenen Randwerte nicht beliebig einstellen. Vielmehr

besagt der Satz vom Extremum des elastischen Potentials1, dass von allen denkbaren Ver-

schiebungszuständen Derjenige der wirklich eintretende ist, für den die Energiegröße , die

auch elastisches Potential genannt wird, einen stationären Wert annimmt. Die Anwendung

dieses Prinzips gestattet uns unter Verwendung von Näherungsansätzen für die Zustandsgrö-

ßen die direkte Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrizen und Elementlastvektoren.

Nach der Zerlegung des Grundgebietes in finite Elemente erfolgt dann wieder der Zusam-

menbau sämtlicher Elemente zum Gesamttragwerk (vom Teil zum Ganzen). Ein wichtiger

Schritt in der FE-Methode ist der Übergang von lokalen zu globalen Koordinaten und damit

von den lokalen Knotenvariablen zu globalen Systemfreiheitsgraden. Dieser Übergang erfolgt

durch problemabhängige Transformationsgleichungen. An den Systemknoten werden die an-

grenzenden lokalen Knotenvariablen den globalen Systemfreiheitsgraden gleichgesetzt, wo-

mit der Zusammenhang (geometrische Kompatibilität) einer allgemeinen Struktur einge-

schränkt an den Knoten realisiert ist. Auch an dieser Stelle äußert sich der Näherungscharak-

ter der FE- Lösung, denn nur die analytische Lösung berücksichtigt das lokale Gleichgewicht

und die Kompatibilität der Verformungen.

Nach dem Zusammenbau aller Elemente liegt oft ein sehr großes Gleichungssystem vor, des-

sen Lösung die globalen Knotenfreiwerte (Verschiebungen, Verdrehungen) liefert, aus denen

durch Rückrechnung die Elementkraftgrößen (Spannungen) ermittelt werden. Es ist selbstver-

ständlich, dass dieses Verfahren, bei dem sehr große Datenmengen anfallen, übersichtliche

und effektive Algorithmen verlangt. Die Formulierung erfolgt konsequenterweise in Matri-

zenschreibweise. Von entscheidender Bedeutung für die Güte eines FE-Programms sind die

implementierten Gleichungslöser. In kommerziellen Programmsystemen kommen zur Lösung

der linearen Gleichungssysteme direkte Verfahren2 zum Einsatz, zu denen die klassischen

Eliminationsverfahren nach Gauß und Cholesky gehören. Bei sehr großen Gleichungssyste-

men werden aus Gründen der Rechenzeitersparnis iterative Lösungsverfahren (Jakobi- oder

Gauß-Seidel-Verfahren, Verfahren der konjugierten Gradienten, Mehrgitterverfahren) ver-

wandt, die die gesuchte Lösung als Grenzwert einer Folge von Näherungen ermittelt. Bei den

iterativen Verfahren ist im Gegensatz zu den direkten Verfahren die permanente Speicherung

der Systemmatrix i.a. nicht erforderlich, was es ermöglicht, sehr große Gleichungssysteme

mit minimalem Speicherbedarf zu lösen. Die Abspeicherungs- und Lösungsalgorithmen be-

1 falls ein solches überhaupt existiert 2 die deshalb so bezeichnet werden, weil im Laufe des Rechenprozesses direkt auf Elemente der Systemmatrix und des Belastungsvektors zugegriffen werden muss

Page 14: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

1-8 1 Einleitung

rücksichtigen dabei die bei der FE-Methode anfallende spezielle Form der Systemmatrizen,

die eine ausgeprägte Band- bzw. Hüllenstruktur aufweisen.

Die enormen Entwicklungen auf den Gebieten der Rechnerhardware, der Bereitstellung leis-

tungsfähiger Algorithmen auf den Gebieten der Lösung großer linearer und nichtlinearer

Gleichungssysteme sowie der Datenvorbereitung und der Ergebnisdarstellung, haben der FE-

Methode in den letzten Jahrzehnten zum Durchbruch verholfen.

Zur Darstellung der wesentlichen Zusammenhänge wird zur Einführung ein ebenes Fachwerk

betrachtet. Fraglos läßt sich dieses Beispiel auf herkömmliche (manuelle) Art schneller be-

rechnen, allerdings erlaubt der hier vorgestellte Lösungsweg die Darstellung der speziellen

Vorgehensweise der FEM. Die Auswahl eines einfachen Beispiels hat zusätzlich den Vorteil,

dass die Ergebnisse mit geringem Aufwand durch Handrechnung kontrolliert werden können,

und die einzelnen Rechenschritte eine ingenieurmäßige Interpretation ermöglichen.

Page 15: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2 Ein einfaches Beispiel

Für das in Abb. 2-1 abgebildete (statisch bestimmte) Fachwerk sind die Stabkräfte und die

Knotenverschiebungen unter den angegebenen äußeren Kräften gesucht.

Abb. 2-1 Ebenes Fachwerk, System und Belastung

Ein finites Fachwerk-Element besteht aus einem Stab mit konstanten Querschnittswerten. Der

Stab kann voraussetzungsgemäß nur Normalkräfte (Zug oder Druck) übertragen. Das setzt

voraus, dass äußere Kräfte nur über die Gelenke eingetragen werden dürfen. Eine Belastung

des Stabes durch Schüttkräfte längs der Stabachse, die mit der Fachwerktheorie im Einklang

stehen, betrachten wir an dieser Stelle nicht.

Das dargestellte Fachwerk besitzt n = 5 Knoten und m = 7 Elemente. Ein Fachwerkstab ent-

spricht bei unserem einfachen Beispiel einem finiten Element. Zur geometrischen Beschrei-

bung des Systems werden problemgerechte kartesische Koordinaten (x,y) eingeführt, deren

Ursprung sinnvoll gewählt wird. Um Knoten und Elemente voneinander unterscheiden zu

können, werden die Knotennummern in Kreise und die Elementnummern in Quadrate ge-

Page 16: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-2 2 Ein einfaches Beispiel

schrieben. Die Reihenfolge der Knoten- und Elementnummerierung kann dabei weitestge-

hend beliebig vorgenommen werden1.

Der Pfeil am Elementsymbol soll die Orientierung des Elementes mit Anfangs- und Endpunkt

anzeigen.

Abb. 2-2 Fachwerk mit n = 5 Knoten und m = 7 Elementen

Jedes FE-Modell enthält eine Knotendatei (Tabelle 2-1) und eine Elementdatei2 (Tabelle

2-2). In der Knotendatei werden jedem Knoten die globalen Koordinaten in einer einheitli-

chen Längeneinheit (LE)3 zugeordnet.

Knotennummer x–Koordinate [cm] y-Koordinate [cm] 1 0 0 2 540 0 3 1080 0 4 270 468 5 810 468

Tabelle 2-1 Knotendatei

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2 2 2 3 3 4 5 4 1 4 5 2 5 6 2 4 7 3 5

Tabelle 2-2 Elementdatei

1 Die Auswirkung einer beliebigen Knotennummerierung auf die Bandbreite (und damit auf den Speicherbedarf und die Rechenzeit) des resultierenden Gleichungssystems werden wir später behandeln. 2 die auch Koinzidenztabelle genannt wird 3LE: Längeneinheit, z.B. mm, cm, m usw.

Page 17: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.1 Das Elastizitätsgesetz für einen geraden Stab 2-3

Die Orientierung eines Elementes mit Anfangs- und Endknoten und die Verknüpfung der

Elemente untereinander entnehmen wir der Elementdatei. Weitere Eingabedaten sind:

a) Stabquerschnittswerte und Materialeigenschaften A: Querschnittsfläche (hier: A = 10,8 cm2)

E: Elastizitätsmodul (hier: E = 21000 kN/cm2)

b) Angaben über die äußeren eingeprägten Knotenlasten

kN5P

kN4P

y4

x4

c) Geometrische Randbedingungen 0vvv y3y1x1 cm

Auf Basis der Knotendatei können noch die Stablängen und die Winkellagen der Elemente

berechnet werden.

)e(

)e(i

)e(j)e(

)e(

)e(i

)e(j)e(

2)e(i

)e(j

2)e(i

)e(j

)e(

xxαcos;

yyαsin

)y(y)x(x

Gl. 2-1

2.1 Das Elastizitätsgesetz für einen geraden Stab

´

Abb. 2-3 Positivbild für die Verschiebungen und Schnittkräfte

Zur Herleitung der allgemeinen Gleichungen auf Stabebene ist ein globales Koordinatensys-

tem ungeeignet. Wir führen deshalb eine lokale Koordinate X(e) mit Ursprung im Staban-

Page 18: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-4 2 Ein einfaches Beispiel

fangspunkt i derart ein, dass die X(e)-Achse mit der Stabachse des betrachteten Stabes zu-

sammenfällt (Abb. 2-3). Die Elementknotenverschiebungen in lokalen Koordinaten werden

im Vektor

)e(

jX

)e(iX(e)

U

UU Gl. 2-2

und die Stabendkräfte im Vektor

)e(

jX

)e(iX(e)

F

FF Gl. 2-3

zusammengefasst. Die Kraft- und Verformungsgrößen sind über ein Werkstoffgesetz mitein-

ander verknüpft. Unterstellen wir Hookesches1 Material und fordern, dass längs der Stabach-

se keine zusätzlichen Lasten eingetragen werden, dann gilt im einaxialen Fall

)e(

)e(jX)e(

iX)e(

jX)e(

)e(

)e(

)e()e()e()e()e(

A

F)U(U

EΔEεEσ

Gl. 2-4

und damit

)U(UAE

F )e(iX

)e(jX)e(

)e()e()e(

jX

Gl. 2-5

Das Kraftgleichgewicht in Richtung der lokalen X-Achse fordert

)U(UAE

F0FF )e(iX

)e(jX)e(

)e()e()e(

iX)e(

jX)e(

iX

Gl. 2-6

Mit Gl. 2-5 und Gl. 2-6 kann der Vektor der Stabendkräfte unter Berücksichtigung von Gl.

2-4 in Matrizenschreibweise auch in der Form

)e(

jX

)e(iX

)e(

)e()e(

)e(jX

)e(iX

U

U

11

11AEF

F

Gl. 2-7

geschrieben werden, oder auch symbolisch

1 Robert Hooke, engl. Naturforscher, 1635-1703

Page 19: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.2 Transformation auf globale Koordinaten 2-5

(e)(e)(e) UCF Gl. 2-8

In Gl. 2-8 bezeichnet

11

11AE)e(

)e()e((e)

C Gl. 2-9

die symmetrische Elementsteifigkeitsmatrix des Stabes in lokalen Koordinaten. Dieses für

eine konstante Dehnsteifigkeit E(e)A(e) hergeleitete Stabelement besitzt folgende Eigenschaf-

ten:

1. Der Verschiebungsverlauf längs der Stabachse ist linear und durch die Stabendver-

schiebungen eindeutig bestimmt.

2. Die Dehnungen und Schnittkräfte verteilen sich konstant über die Stablänge.

2.2 Transformation auf globale Koordinaten

Ein Blick auf Abb. 2-1 zeigt, dass jeder Stab eine andere Lage in Bezug auf das globale Ko-

ordinatensystem besitzt. Um die Wichtung jedes einzelnen Stabes im Gesamtsystem zu erfas-

sen, muss das Werkstoffgesetz Gl. 2-8 vom lokalen in das einheitliche globale Koordinaten-

system transformiert werden. Die Stabendkräfte transformieren sich bei einer Drehung des

Koordinatensystems um den Winkel )e( allgemein wie folgt (Abb. 2-3)

)e()e(jy

)e()e(jx

)e(jX

)e()e(iy

)e()e(ix

)e(iX

αsinFαcosFF

αsinFαcosFF

Gl. 2-10

und in Matrizenschreibweise mit den Abkürzungen )e()e()e()e( sin:s;cos:c

)e(

jX

)e(iX

)e(

)e(

)e(

)e(

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

)e()e(

)e()e(

)e(jX

)e(iX

F

F

s0

c0

0s

0c

F

F

F

F

F

F

F

F

sc00

00sc

F

F Gl. 2-11

Da auch die Verschiebungen Vektorcharakter haben, gelten für diese dieselben Transformati-

onsgesetze wie für die Kräfte

Page 20: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-6 2 Ein einfaches Beispiel

)e(

jX

)e(iX

)e(

)e(

)e(

)e(

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

)e()e(

)e()e(

)e(jX

)e(iX

U

U

s0

c0

0s

0c

u

u

u

u

u

u

u

u

sc00

00sc

U

U Gl. 2-12

Gl. 2-11 und Gl. 2-12 entsprechen folgenden symbolischen Darstellungen

(e)(e)T(e)(e)(e)(e)

(e)(e)T(e)(e)(e)(e)

UTuuTU

FTffTF

Gl. 2-13

mit

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

(e)

F

F

F

F

f ;

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

(e)

u

u

u

u

u ;

)e()e(

)e()e((e)

sc00

00scT ;

)e(

)e(

)e(

)e(

(e)T

s0

c0

0s

0c

T Gl. 2-14

Im Einzelnen sind: )e(f : Vektor der Stabendkräfte in globalen Koordinaten )e(u : Vektor der Stabendverschiebungen in globalen Koordinaten )e(T : Element-Transformationsmatrix

Mit den obigen Gleichungen lässt sich das in lokalen Koordinaten formulierte finite Elastizi-

tätsgesetz Gl. 2-8 unter Beachtung der Transformationsbeziehungen Gl. 2-13 auf das globale

Koordinatensystem transformieren. Mit (e)(e)(e) UCF nach Gl. 2-8 folgt in Schritten:

(e)(e)(e)(e)(e)(e) uTCUCF

und weil nach Gl. 2-13 )e()e(T)e( fFT gilt, erhalten wir den Zusammenhang

(e)(e)(e)(e)T)e()e(T)e( uTCTfFT

Schreiben wir abkürzend

(e)(e)(e)T(e) TCTk Gl. 2-15

dann erkennen wir das Elastizitätsgesetz in globalen Koordinaten

(e)(e)(e) fuk Gl. 2-16

Ausmultiplizieren von Gl. 2-15 führt auf die symmetrische globale Elementsteifigkeitsmat-

rix

Page 21: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.3 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des freien unverbundenen Systems 2-7

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

)e(

)e()e((e)

scsscs

csccsc

scsscs

csccsc

AE

k Gl. 2-17

Für den Stab 4 errechnen wir z.B. mit 500,0αcos;866,0αsin60α )4()4()4( die fol-

gende globale Elementsteifigkeitsmatrix:

750,0433,0750,0433,0

433,0250,0433,0250,0

750,0433,0750,0433,0

433,0250,0433,0250,0

EA)4(

k

Damit führt z.B. eine alleinige Verschiebung des Stabendes )4(jxU = 1 zu den Stabendkräften

433,0

250,0

433,0

250,0

EA

0

1

0

0

750,0433,0750,0433,0

433,0250,0433,0250,0

750,0433,0750,0433,0

433,0250,0433,0250,0

EA

F

F

F

F

)4(jy

)4(jx

)4(iy

)4(ix

[KE]

2.3 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des freien unver-bundenen Systems

Die Elastizitätsgleichung Gl. 2-16 für den Einzelstab ist nun für sämtliche Stäbe des Systems

anzuschreiben. Das Ergebnis ist ein Gleichungssystem von m Vektorgleichungen (m = Anzahl

der Stäbe)

(m)(m)(m)

(2)(2)(2)

(1)(1)(1)

fuk

fuk

fuk

Gl. 2-18

die zunächst unabhängig voneinander sind. Das Gleichungssystem Gl. 2-18 lässt sich auch in

Hypermatrixform1 darstellen:

1 hyper...[griech. hypér ›über‹, ›über – hinaus‹]

Page 22: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-8 2 Ein einfaches Beispiel

(7)

(6)

(5)

(4)

(3)

(2)

(1)

(7)

(6)

(5)

(4)

(3)

(2)

(1)

(7)

(6)

(5)

(4)

(3)

(2)

(1)

f

f

f

f

f

f

f

u

u

u

u

u

u

u

k000000

0k00000

00k0000

000k000

0000k00

00000k0

000000k

Gl. 2-19

oder symbolisch

fuk Gl. 2-20

Die Matrix und die Vektoren in Gl. 2-20 haben folgende Dimensionen1:

1m4:

1m4:

m4m4:

f

u

k

Gl. 2-21

Die formale Aneinanderreihung der Stabendkräfte im Vektor f und der Stabendverschiebun-

gen im Vektor u berücksichtigt noch nicht die Systemeigenschaften des gekoppelten Systems.

Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Gesamtsteifigkeitsmatrix k des freien

unverbundenen Systems nur auf der Hauptdiagonalen besetzt ist, und somit alle Gleichun-

gen entkoppelt sind. Im Folgenden werden die Systemgleichungen schrittweise miteinander

verbunden.

2.4 Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität

Im Fachwerk nach Abb. 2-1 sind die Einzelstäbe an den Knoten fest miteinander verbunden.

Diese Tatsache ist bisher nicht berücksichtigt worden. Wir betrachten als Ausgangspunkt für

die folgenden Untersuchungen die geometrischen Verhältnisse am Knoten 4 (Abb. 2-4).

1 Das Symbol [4m x 1] bezeichnet eine Matrix mit 4m Zeilen und einer Spalte. In diesem Falle handelt es sich also um einen Spaltenvektor.

Page 23: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.4 Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität 2-9

Abb. 2-4 Geometrische Kompatibilität am Knoten 4

Soll der Körperzusammenhang an diesem Knoten gewahrt bleiben, so muss die Knotenver-

schiebung identisch sein mit den Stabendverschiebungen der angrenzenden Stäbe, also

(6)j

(4)j

(3)i4 uuuv Gl. 2-22

Dieselben Überlegungen lassen sich für die restlichen Knoten anstellen. Die Auskunft, wel-

cher Stab an welchem Knoten beginnt oder endet, gibt uns die Elementdatei.

Hinweis: Ein wichtiger Schritt auf dem Wege der FE-Formulierung unseres Problems ist an

dieser Stelle der Übergang von den Stabendverschiebungen auf die Knotenverschiebungen.

Fassen wir sämtliche Knotenverschiebungen im Knotenverschiebungsvektor

1 2n

v

v

v

v

v

v

5

4

3

2

1

Gl. 2-23

zusammen, dann kann die Kopplung der Knotenverschiebungen v mit den Stabendverschie-

bungen u(e) wie folgt dargestellt werden:

Page 24: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-10 2 Ein einfaches Beispiel

5

4

3

2

1

(7)j

(7)i

(6)j

(6)i

(5)j

(5)i

(4)j

(4)i

(3)j

(3)i

(2)j

(2)i

(1)j

(1)i

v

v

v

v

v

10000

00100

01000

00010

10000

00010

01000

00001

10000

01000

00100

00010

00010

00001

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u Gl. 2-24

oder kürzer in symbolischer Schreibweise:

vAu Gl. 2-25

Die Zuordnungsmatrix A in Gl. 2-25 stellt eine Hypermatrix mit den folgenden Submatrizen

dar

2200

00

2210

01

0

1

Gl. 2-26

Die Einheitsmatrix 1 ist nur auf der Hauptdiagonalen mit einer Eins besetzt, sie liefert die

identische Abbildung. Die Nullmatrix 0 enthält an jeder Stelle eine skalare Null.

Die Zuordnungsmatrix A, die in jeder Zeile nur eine 1 enthält, hat lediglich Booleschen1 Cha-

rakter, d.h. sie enthält nur zwei Informationen, die mechanisch wie folgt gedeutet werden:

0 für Kopplung zwischen Stabendpunkt und Knotenpunkt ist nicht vorhanden

1 für Kopplung zwischen Stabendpunkt und Knotenpunkt ist vorhanden

1 George Boole, brit. Mathematiker und Logiker, 1815-1864

Page 25: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.5 Einbau der äußeren eingeprägten Kräfte 2-11

In Gl. 2-24 erkennen wir in der 4. Spalte der Matrix A die Zuordnungsaussage nach Gl. 2-22

wieder. Die Vektoren und Matrizen in Gl. 2-25 haben die Dimensionen:

1n2:

n2m4:

1m4:

v

A

u

Gl. 2-27

2.5 Einbau der äußeren eingeprägten Kräfte

Die an einem Fachwerkknoten angreifenden Kräfte lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

1. Die äußeren Kräfte, die als bekannt vorausgesetzt werden können, wenn es sich um einge-

prägte Kräfte handelt. Unterliegt der Knoten jedoch gewissen Lagerungsbedingungen, so

treten diese äußeren Kräfte als Reaktionskräfte1 auf, die zunächst unbekannt sind.

2. Die als Folge des Schnittprinzips2 auftretenden Stabendschnittkräfte ( (e)iF , (e)

jF )

Abb. 2-5 Kraftgleichgewicht am Knoten 4

Wir betrachten in einem ersten Schritt die freien Knoten des Systems, die also keinen Lage-

rungsbedingungen unterworfen sind. Neben der geometrischen Kompatibilität müssen selbst-

verständlich die Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein. Es leuchtet sofort ein, dass, wenn

jeder Knoten für sich im Gleichgewicht ist, auch das Gesamtsystem im Gleichgewicht sein

muss. Von den drei Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene (zwei Kraft- und eine Momen-

tengleichgewichtsbedingung) verbleiben an einem Knoten nur die beiden Kraftgleichge-

wichtsbedingungen, da das Momentengleichgewicht von vornherein erfüllt ist.

1 Die Berücksichtigung dieser Kräfte erfolgt in einem späteren Rechengang 2 Das Schnittprinzip geht auf Leonhard Euler zurück.

Page 26: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-12 2 Ein einfaches Beispiel

Wir betrachten zur Herleitung der Kraftgleichgewichtsbedingungen wieder die Verhältnisse

am Knoten 4. Abb. 2-5 zeigt den freigeschnittenen Knoten mit dem dort herrschenden Kraft-

zustand. Die beiden äußeren eingeprägten Kräfte !x4P und !

y4P (s.h. Abb. 2-2) wurden zum

resultierenden Kraftvektor !4P zusammengefasst. Nach dem Schnittprinzip wirken die Stab-

endkräfte in entgegengesetzter Richtung auf die Knoten, was durch ein Minuszeichen berück-

sichtigt wurde. Fassen wir die Stabendschnittkräfte am Knoten 4 im Vektor

(6)j

(4)j

(3)i4 FFFp Gl. 2-28

zusammen, so lautet das Kraftgleichgewicht

!444

!4 Pp0pP Gl. 2-29

Zur Formulierung des Kraftgleichgewichts an allen Systemknoten führen wir den Knoten-

kraftvektor

1n2

5

4

3

2

1

p

p

p

p

p

p Gl. 2-30

ein, der mittels einer Zuordnungsmatrix B durch die Stabendschnittkräfte in der Form

(7)j

(7)i

(6)j

(6)i

(5)j

(5)i

(4)j

(4)i

(3)j

(3)i

(2)j

(2)i

(1)j

(1)i

5

4

3

2

1

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

10001000100000

00100010010000

01000000001000

00010100000110

00000001000001

p

p

p

p

p

p Gl. 2-31

erscheint, oder ausgedrückt in symbolischer Schreibweise:

fAfBp T Gl. 2-32

wobei die Beziehung TAB sofort aus einem Vergleich von Gl. 2-31 mit Gl. 2-24 geschlos-

sen werden kann. Die 4. Zeile in Gl. 2-31 entspricht offensichtlich der Gleichgewichtsbedin-

Page 27: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.6 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des ungebundenen Systems 2-13

gung nach Gl. 2-28. Mit dem in globalen Koordinaten dargestellten Vektor der äußeren

Knotenlasten

1n2

!5

!4

!3

!2

!1

!

P

P

P

P

P

p Gl. 2-33

können wir das Kraftgleichgewicht an sämtlichen Knoten des Systems letztendlich wie folgt

schreiben:

!pp Gl. 2-34

bzw. mit Gl. 2-32

!T pfA Gl. 2-35

2.6 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des ungebunde-nen Systems

Wir eliminieren aus Gl. 2-35 mittels Gl. 2-18 die Stabendschnittkräfte f und ersetzen diese

durch die Stabendverschiebungen u, also

!T pukA Gl. 2-36

Die Stabendverschiebungen u in Gl. 2-36 lassen sich mit Gl. 2-25 durch die Knotenverschie-

bungen v ausdrücken

!T pvAkA Gl. 2-37

Mit der Steifigkeitsmatrix des freien ungebundenen Systems

n2n2 AkAK T Gl. 2-38

kann Gl. 2-37 auch in der Form

!pvK Gl. 2-39

geschrieben werden. In Gleichung Gl. 2-39 treten als Unbekannte nur noch die Knotenver-

schiebungen v auf. Ausrechnen von Gl. 2-38 liefert mit

Page 28: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-14 2 Ein einfaches Beispiel

m4n2

10001000100000

00100010010000

01000000001000

00010100000110

00000001000001

AT Gl. 2-40

sowie unter Berücksichtigung der weitgehenden Symmetrieeigenschaften der Elementsteifig-

keitsmatrix

2)e()e()e(

)e()e(2)e(

)e(

)e()e(

scs

cscAE;

(e)11(e)

11(e)11

(e)11

(e)11

(e)22

(e)21

(e)12

(e)11(e) k

kk

kk

kk

kkk Gl. 2-41

in Schritten:

m4n2

722

721

522

521

322

321

622

621

422

421

312

311

712

711

222

221

612

611

512

511

212

211

122

121

412

411

112

111

T

kk00kk00kk0000

00kk00kkkk0000

kk00000000kk00

00kkkk0000kkkk

000000kk0000kk

kA

Gl. 2-42

und unter Berücksichtigung von Gl. 2-41

n2n2

711

511

3113

11711

511

3116

11

411

3116

11411

711

711

211

211

511

611

2116

11211

511

1111

11

411

111

411

111

T

k

kkkkk0

kk

kk0kk

k0kkk0

kkkkk

kkk

0k0kkk

AkAK

Gl. 2-43

Mit den Werten unseres Beispiels erhalten wir

Page 29: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.6 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des ungebundenen Systems 2-15

1010

5,100075,043,075,043,000

05,10143,025,043,025,000

005,100075,043,075,043,0

0105,10043,025,043,025,0

75,043,00075,043,00000

43,025,00043,025,10100

75,043,075,043,0005,1000

43,025,043,025,00105,201

0075,043,0000075,043,0

0043,025,0000143,025,1

EA

K

Gl. 2-44

1. Verschiebung des Systems in Richtung der globalen x-Achse

0

1

0

1

0

1

0

1

0

1

sing,1v

2. Verschiebung des Systems in Richtung der globalen Koordinatenachse y

1

0

1

0

1

0

1

0

1

0

sing,2v

Page 30: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-16 2 Ein einfaches Beispiel

3. Verdrehung des gesamten Systems um die globale z-Achse mit dem Winkel

505

505

404

404

303

303

202

202

101

101

cos

sin

cos

sin

cos

sin

cos

sin

cos

sin

sing,3v

Das freie System besitzt Verschiebungszustände, so genannte Starrkörperverschiebungen

oder Starrkörpermoden, die verzerrungsfrei, ohne äußere Beanspruchungen, durchgeführt

werden können. Wir bezeichnen diese Lösungen als singuläre Lösungen vsing, für die gilt

0vK sing Gl. 2-45

Im ebenen Fall lassen sich genau drei Starrkörperbewegungen angeben, zwei Verschiebungen

und eine Verdrehung.

Zum Nachweis von vsing,3 betrachten wir Abb. 2-6. Der Vektor 1101 sinα;cosα1r mit dem

Neigungswinkel 1 in der Ausgangslage wird um den Winkel in

)sin(α);cos(α 1101 '1r

gedreht.

Abb. 2-6 Starrkörperdrehung um den Punkt 0 mit dem Winkel

Page 31: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen 2-17

Seine Länge 01 bleibt dabei konstant. Der Punkt P1 verschiebt sich um

111101 sinα)sin(α;cosα)cos(α 1'11 rrv Gl. 2-46

in den Punkt '1P . Unter Berücksichtigung der Additionstheoreme

βsinαcosβcosαsinβ)(αsin

βsinαsinβcosαcosβ)(αcos

geht Gl. 2-46 über in

sincos)1(cossin;sinsin)1(coscos 1111011v Gl. 2-47

Für kleine Drehwinkel kann Gl. 2-47 noch vereinfacht werden. Mit

1cos

sin

Gl. 2-48

erhalten wir den linearisierten Verschiebungsvektor

1101 cos;sin lin1,v Gl. 2-49

mit dem sich v sing,3 darstellen lässt.

2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen

Abb. 2-7 Gefesseltes System

Page 32: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-18 2 Ein einfaches Beispiel

Zur Ausschaltung der drei im vorigen Kapitel behandelten Starrkörperbewegungen müssen

mindestens ebenso viele geometrische Zwangsbedingungen formuliert werden. Um unser

System äußerlich statisch bestimmt zu lagern, verhindern wir deshalb durch entsprechende

Fesseln genau drei Starrkörperbewegungen (Abb. 2-7), nämlich zwei Verschiebungen und

eine Verdrehung. Als Folge der Fesselung des Körpers treten in den Fesselstäben, die als

dehnstarr ( EA ) angenommen werden, Reaktionskräfte auf, die zunächst unbekannt sind.

Das System reagiert damit auf die vorgegebenen geometrischen Zwangsbedingungen. Treten

in der Ebene weniger als 3 (im Raum weniger als 6) Reaktionskräfte auf, so handelt es sich

um eine instabile Lagerung. Es sind dann Bewegungen möglich, die in der Statik uner-

wünscht sind1.

Für den Fall, dass mehr als 3 (im Raum mehr als 6) Reaktionskräfte auftreten, ist das System

kinematisch stabil. Die geometrischen Lagerungsbedingungen unseres Beispiels entnehmen

wir direkt der Abb. 2-7

0vvv 3y1y1x Gl. 2-50

und damit

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

y5

x5

y4

x4

y3

x3

y2

x2

y1

x1

v

v

v

v

0

v

v

v

0

0

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v Gl. 2-51

Diese Knotenverschiebungen sind also bekannt und brauchen deshalb nicht mehr berechnet

zu werden. Auf die Fesselung dieser Knoten reagiert das System mit den noch unbekannten

Reaktionslasten y3y1x1 ,R,RR in den Fesselstäben. Gl. 2-39 geht dann über in

1 Dieser Fall kann allerdings auch bei Vorhandensein von mehr als 3 (bzw. im Raum mehr als 6) Reaktionskräf-ten auftreten, wenn die Lagerung in ungeeigneter Weise vorgenommen wurde.

Page 33: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen 2-19

0

0

0

0

R

0

0

0

R

R

0

0

P

P

0

0

0

0

0

0

v

v

v

v

0

v

v

v

0

0

5,100075,043,075,043,000

05,10143,025,043,025,000

005,100075,043,075,043,0

0105,10043,025,043,025,0

75,043,00075,043,00000

43,025,00043,025,10100

75,043,075,043,0005,1000

43,025,043,025,00105,201

0075,0043000075,043,0

0043,025,0000143,025,1

EA

y3

y1

x1

y4

x4

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

Gl. 2-52

oder in symbolischer Schreibweise

apvK ! Gl. 2-53

mit der rechten Seite

0

0

P

P

0

0

0

0

0

0

y4

x4

!p und

0

0

0

0

R

0

0

0

R

R

y3

y1

x1

a Gl. 2-54

Der Vektor a auf der rechten Seite von Gl. 2-53 enthält die noch unbekannten Lagerreakti-

onskräfte, womit die direkte Lösung dieses Gleichungssystems nicht möglich ist. Das System

Gl. 2-52 lässt sich offensichtlich um die Anzahl der bekannten Knotenverschiebungen redu-

zieren. Dazu fassen wir die eingeprägten Knotenverschiebungen (Index !) und die noch unbe-

kannten freien Knotenverschiebungen (Index F) wie folgt zusammen

0

0

0

v

v

v

y3

y1

x1!v

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

v

v

v

v

v

v

v

Fv Gl. 2-55

Durch Umsortieren geht der Knotenverschiebungsvektor v dann über in den Knotenverschie-

bungsvektor

Page 34: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-20 2 Ein einfaches Beispiel

y3

y1

x1

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

ˆ!

F

v

vv Gl. 2-56

Sortieren wir die Vektoren der rechten Seite p! und a in gleicher Weise um, so erhalten wir

y3y3

y1y1

x1x1

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

RP

RP

RP

P

P

P

P

P

P

P

ˆR

F

p

pp Gl. 2-57

Der Subvektor Fp enthält die bekannten eingeprägten Knotenkräfte der freien Knoten und im

Vektor Rp sind die unbekannten Auflagerreaktionslasten und evtl. vorhandene eingeprägte

Knotenlasten zusammengefasst. Das Gleichungssystem Gl. 2-53 ist dann äquivalent zu

pvK ˆˆˆ Gl. 2-58

oder ausgeschrieben

Page 35: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen 2-21

y3y3

y1y1

x1x1

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

y3

y1

x1

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

6,62,61,610,69,68,67,65,64,63,6

6,22,21,210,29,28,27,25,24,23,2

6,12,11,110,19,18,17,15,14,13,1

6,102,101,1010,109,108,107,105,104,103,10

6,92,91,910,99,98,97,95,94,93,9

6,82,81,810,89,88,87,85,84,83,8

6,72,71,710,79,78,77,75,74,73,7

6,52,51,510,59,58,57,55,54,53,5

6,42,41,410,49,48,47,45,44,43,4

6,32,31,310,39,38,37,35,34,33,3

RP

RP

RP

P

P

P

P

P

P

P

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

KKKKKKKKKK

bzw. in verkürzter Schreibweise durch Einführung von Submatrizen

R

F

!

F

2221

1211

p

p

v

v

KK

KKˆˆ

ˆˆ Gl. 2-59

Mit den Werten unseres Beispiels sind

5,100043,075,043,0

05,10125,043,025,0

005,10075,043,0

0105,1043,025,0

43,025,00025,101

75,043,075,043,005,10

43,025,043,025,0105,2

EAˆ

11K

75,000

43,000

075,043,0

043,025,0

43,000

000

001

EAˆ

12K

75,000

075,043,0

043,025,1EAˆ

22K

75,043,00043,000

0075,043,0000

0043,025,0001EAˆ

21K

Ausmultiplizieren von Gl. 2-59 führt auf

Page 36: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-22 2 Ein einfaches Beispiel

R!22

F21

F!12

F11

pvKvK

pvKvK

ˆˆ

ˆˆ Gl. 2-60

In der ersten Zeile von Gl. 2-60 sind nur die freien Knotenverschiebungen vF unbekannt. Die

Auflösung ergibt1

]ˆ[ˆ !12

F111

F vKpKv Gl. 2-61

Sind aus Gl. 2-61 die freien Knotenverschiebungen berechnet worden, so lassen sich aus der

2. Zeile von Gl. 2-60 sofort die Lagerreaktionsgrößen ermitteln

!22

F21

R vKvKp ˆˆ Gl. 2-62

Die Zahlenrechnung liefert für unser Beispiel mit v! = 0 (starre Auflager) die Knotenver-

schiebungen F111

F pKv ˆ (in LE)

y5

x5

y4

x4

x3

y2

x2

v

v

v

v

v

v

v

152,4

582,6

479,8

026,10

887,6

309,7

165,5

EA

0

0

0,5

0,4

0

0

0

292,1072,0542,0361,0577,0000,1144,0

072,0875,1216,0375,1000,1000,0750,0

542,0216,0292,1505,0577,0000,1433,0

361,0375,1505,0875,1000,1577,0750,0

577,0000,1577,0000,1000,2577,0000,1

000,1000,0000,1577,0577,0833,1289,0

144,0750,0433,0750,0000,1289,0000,1

EA

Fv

2.8 Ermittlung der Auflagerreaktionsgrößen

Da nun alle Knotenverschiebungen vorliegen, kann Gl. 2-62 ausgewertet werden. Unter Be-

rücksichtigung von 0v! , wir sprechen in diesem Fall von homogenen Verschiebungsrand-

bedingungen, verbleibt

F21

R vKp ˆ Gl. 2-63

1 Die Existenz der Inversen 1

11K ˆ ist gesichert (hier ohne Beweis).

Page 37: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.9 Ermittlung der Stabkräfte 2-23

Die nummerische Auswertung liefert

y3

y1

x1

P

P

P

982,2

018,2

00,4

152,4

582,6

479,8

026,10

887,6

309,7

165,5

EA75,043,00043,000

0075,043,0000

0043,025,0001EA

Rp

Gl. 2-64

Mit Gl. 2-64 ist das Kraft- u. Momentengleichgewicht am Gesamtsystem erfüllt.

2.9 Ermittlung der Stabkräfte Die zur Dimensionierung des Fachwerks erforderlichen Stabkräfte erhalten wir aus folgender

Nachlaufrechnung. Sind die Knotenverschiebungen bekannt, so lassen sich die Stabkräfte

aus dem Elastizitätsgesetz Gl. 2-8 sofort ermitteln. Es ist

vATCuTCUCF (e)(e)(e)(e)(e)(e)(e)(e)(e) Gl. 2-65

Für den Stab 4 mit 500,0cos;866,0sin60 )4()4()4( errechnen wir:

vATCF (4)(4)(4)(4) ;

11

11EA

(4)C ;

866,0500,000

00866,0500,0(4)T

und unter Beachtung1 von Gl. 2-24

0010000000

0001000000

0000000010

0000000001

)4(A

sowie den Knotenverschiebungen

1 Die Matrix A(4) filtert aus den Knotenverschiebungen v die dem Stab 4 zugeordneten Stabendverschiebungen

Page 38: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-24 2 Ein einfaches Beispiel

152,4

582,6

479,8

026,10

0

887,6

309,7

165,5

0

0

EA

v

führt das Ausmultiplizieren die Stabkräfte in lokalen Koordinaten zu

33,2

33,2

F

F)4(

jX

)4(iX(4)F [kN] Gl. 2-66

Die in diesem Einführungsbeispiel beschriebene Vorgehensweise liefert im Sinne der Stab-

werkstheorie die exakten Ergebnisse, was den Näherungscharakter der FE-Methode nicht

zum Vorschein kommen lässt.

Das ist bei komplizierteren Tragwerken anders, etwa bei dünnen Flächentragwerken wie

Scheiben, Platten und Schalen. Hier lassen sich die Elementsteifigkeitsmatrizen nicht immer

exakt angeben. Die angenäherten Elementsteifigkeitsmatrizen führen dann auch zu einem

angenäherten Tragwerksmodell.

Page 39: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung 2-25

Abb. 2-8 Allgemeiner Berechnungsablauf nach der FE-Methode für lineare Probleme

Die Notation der Finite-Element-Gleichungen in Matrizenschreibweise eignet sich sehr gut

zur nummerischen Abarbeitung auf digitalen Rechenanlagen. Die Abb. 2-8 zeigt den prinzi-

piellen Ablauf einer FE-Berechnung, der für alle linear elastischen Probleme der Strukturme-

chanik ähnlich ist. Die interne Abarbeitung ist für diese Problemklasse unabhängig vom be-

trachteten Problem. Lediglich die systemabhängigen Eingabedaten ändern sich.

2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung In kommerziellen Programmsystemen folgt der Ablauf der Berechnung nicht in allen Einzel-

heiten dem Weg, der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellt wurde. Der Grund für eine

modifizierte Vorgehensweise liegt in dem Wunsch begründet, möglichst Speicherplatz und

Rechenzeit einzusparen. Betrachten wir beispielsweise die Systemsteifigkeitsmatrix des frei-

Page 40: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-26 2 Ein einfaches Beispiel

en ungebundenen Systems nach Gl. 2-44, dann stellen wir fest, dass diese Matrix symmet-

risch ist und eine Bandstruktur aufweist. Außerhalb dieses Bandes ist die Matrix nur noch mit

Nullen besetzt. Unter der Bandbreite einer Matrix S verstehen wir im Folgenden die kleinste

Zahl B, sodass

0sik für alle i,k mit Bki Gl. 2-67

Die Bandbreite der Systemmatrix wird bestimmt durch die größte Differenz der globalen

Knotennummern eines Elementes. Außer von der Knotennummerierung hängt die Bandbreite

direkt von der Anzahl der Freiheitsgrade je Knoten ab. Es gilt

F)1D(B Gl. 2-68

B: Bandbreite D: Größte Differenz der Knotennummern am Element F: Freiheitsgrade je Knoten (hier F = 2) Die Bandbreite des Systems nach Abb. 2-2 ist B = 8 (s.h. Tabelle 2-3).

Element D B 1 2 – 1 = 1 (1 + 1)2 = 4 2 3 – 2 = 1 (1 + 1)2 = 4 3 5 – 4 = 1 (1 + 1)2 = 4 4 4 – 1 = 3 (3 + 1)2 = 8 5 5 – 2 = 3 (3 + 1)2 = 8 6 4 – 2 = 2 (2 + 1)2 = 6 7 5 – 3 = 2 (2 + 1)2 = 6

Tabelle 2-3 Ermittlung der Bandbreite für das Fachwerk nach Abb. 2-2

Die Bandbreite kann für dieses Beispiel durch Umnummerierung der Systemknoten noch re-

duziert werden, wie die Rechnung für das System nach Abb. 2-9 zeigt.

Abb. 2-9 Reduzierung der Bandbreite durch Umnummerierung der globalen Knoten

Page 41: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung 2-27

Element D B

1 3 – 1 = 2 (2 + 1)2 = 6 2 5 – 3 = 2 (2 + 1)2 = 6 3 4 – 2 = 2 (2 + 1)2 = 6 4 2 – 1 = 1 (1 + 1)2 = 4 5 4 – 3 = 1 (1 + 1)2 = 4 6 3 – 2 = 1 (1 + 1)2 = 4 7 5 – 4 = 1 (1 + 1)2 = 4

Tabelle 2-4 Ermittlung der Bandbreite für das Fachwerk nach Abb. 2-9

In diesem Falle ist B = 6 und damit kleiner als 8

Abb. 2-10 Systemmatrix für Abb. 2-2 (B = 8)

Abb. 2-11 Systemmatrix für Abb. 2-9 (B = 6)

Die im Kap. 2.6 dargestellte Methode des Aufstellens der Systemsteifigkeitsmatrix K unter

Zuhilfenahme der Zuordnungsmatrix A hat zwar einen hohen pädagogischen Wert, wird aber

in der programmtechnischen Umsetzung so nicht durchgeführt. Der Grund liegt darin, dass

für große Systeme das Aufstellen dieser Matrix, die ja nur Nullen und Einsen enthält, einer-

seits erhebliche Rechenzeit erfordert und andererseits sehr speicherplatzintensiv ist. Wesent-

lich schneller und eleganter ist das Arbeiten mit Indexvektoren. Dazu werden für unser

Fachwerk zunächst die Unbekannten im Systemverschiebungsvektor v in Vj umbenannt und

von j = 1 bis 10 durchnummeriert

10987654321

y5x5y4x4y3x3y2x2y1x1

VVVVVVVVVV

vvvvvvvvvv

54321T vvvvvv

Der Index entspricht dann der Position des Freiheitsgrades im Systemverschiebungsvektor v.

Ungerade Indizes (2j-1) korrespondieren mit den x-Verschiebungen und gerade Indizes (2j)

mit den y-Verschiebungen.

Page 42: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-28 2 Ein einfaches Beispiel

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2

2 2 3

3 4 5

4 1 4

5 2 5

6 2 4

7 3 5

Tabelle 2-5 Elementdatei für das Fachwerk nach Abb. 2-2

Zur Aufstellung der Element-Indexvektoren benötigen wir auch hier die Elementdatei. Die

Zuordnung von 422 Elementfreiheitsgraden des Vektors der Stabendverschiebungen in

globalen Koordinaten zu 1052 Systemfreiheitsgrade des Knotenverschiebungsvektors v

erfolgt wieder beispielhaft für das Element 4. Der Anfangsknoten ist der Systemknoten 1 und

der Endknoten entspricht dem Systemknoten 4. Damit treten am Element 4 die folgenden

Systemknotenverschiebungen auf

8

7

2

1

y4

x4

y1

x1

)4(jy

)4(jx

)4(iy

)4(ix

V

V

V

V

v

v

v

v

u

u

u

u

(4)u

womit sich der Element-Indexvektor I(4) = 8721 herleiten lässt. Die Indexberechnung,

die zu diesem Indexvektor führt, ist in den Folgezeilen dargestellt:

112 1 (x-Richtung)

12 2 (y-Richtung)

142 7 (x-Richtung)

42 8 (y-Richtung)

Sämtliche Informationen für das Element 4, die in der Zuordnungsmatrix A enthalten sind,

sind jetzt auch Bestandteil des Element-Indexvektors I(4). Im Einzelnen erhalten wir für die

Elemente folgende Indexvektoren

Elem. 1 Elem. 2 Elem. 3 Elem. 4 Elem. 5 Elem. 6 Elem. 7

[ 1 2 3 4 ] [ 3 4 5 6 ] [ 7 8 9 10 ] [ 1 2 7 8 ] [ 3 4 9 10 ] [ 3 4 7 8 ] [ 5 6 9 10 ]

Tabelle 2-6 Indexvektoren der Elemente 1-7 für das Fachwerk nach Abb. 2-2

Der Einbau der Elementsteifigkeitsmatrix in die Systemsteifigkeitsmatrix wird in Abb. 2-12

exemplarisch für das Element 4 gezeigt.

Page 43: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung 2-29

Abb. 2-12 Einbau der Elementsteifigkeitsmatrix des Elementes 4 in die Systemsteifigkeitsmatrix

Nach dem Einbau sämtlicher Elementsteifigkeitsmatrizen in die Systemsteifigkeitsmatrix

erhalten wir die Struktur nach Abb. 2-13. Die Systemsteifigkeitsmatrix hat die Dimensionen

]n2n2[ , sie ist symmetrisch und zeigt die ermittelte Bandbreite B = 8. Um Speicherplatz zu

sparen, wird in kommerziellen Programmsystemen nur die obere Rechtsdreiecksmatrix (oder

auch untere Linksdreiecksmatrix) abgespeichert.

Unter Berücksichtigung der Bandstruktur bietet sich noch eine von Abb. 2-13 abweichende

Abspeicherung der ungebundenen Systemsteifigkeitsmatrix an. Dabei werden die Hauptdia-

gonalelemente in die 1. Spalte geschrieben und die rechts neben der Hauptdiagonalen positio-

nierten Matrixelemente entsprechend nach links verschoben.

Page 44: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-30 2 Ein einfaches Beispiel

Abb. 2-13 Symmetrische 10][10 Systemsteifigkeitsmatrix

Abb. 2-14 Speicherung der Systemsteifigkeitsmatrix als Bandmatrix 8][10

Page 45: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung 2-31

Die Matrixelemente unterhalb der Treppenkurve werden mit Nullen aufgefüllt. Diese redu-

zierte Matrix hat dann nur noch den Speicherbedarf von ]Bn2[ . Damit reduzieren sich auch

die Rechenoperationen zur Auflösung des Gleichungssystems, das nun jedoch einen Glei-

chungslöser für Matrizen mit Bandstruktur benötigt.

An der rechten Seite, der Lastseite, hat sich bis jetzt nichts geändert. Was noch fehlt, ist der

geschickte Einbau der Verschiebungsrandbedingungen in das Gleichungssystem. Die dazu im

Kap. 2.7 vorgestellte Methode erfordert eine i.a. umfangreiche Umspeicherung in der System-

steifigkeitsmatrix und im Lastvektor. Diese Umspeicherungen benötigen bei großen Systemen

erhebliche Rechenzeit. Wird die Systemsteifigkeitsmatrix als Bandmatrix abgespeichert, dann

ist eine Umspeicherung in Form von Zeilen- und Spaltentausche ohnehin nicht möglich. Des-

halb wird hier ein anderer Weg beschritten. Um den folgenden Algorithmus zu verdeutlichen,

wird das Gleichungssystem

apvK ! Gl. 2-69

betrachtet (s.h. Gl. 2-53) und gezeigt, wie eine vorgegebene Verschiebungsrandbedingung

ohne Umspeicherung der Systemmatrix in das Gleichungssystem eingebaut wird. Die rechte

Seite besteht aus den eingeprägten Knotenlasten p! und den noch zu bestimmenden Auflager-

reaktionskräften a.

Ist die zu berücksichtigende Verschiebungsrandbedingung homogen, etwa Vi = 0, dann ge-

nügt es, in der Steifigkeitsmatrix die i-te Zeile und Spalte durch Nullen und das Diagonalele-

ment Kii durch eine Eins zu ersetzen (Abb. 2-15).

0

0

p

p

v

v

KkK

kk

KkK

!L

!k

i!i

L

i

K

LLLiTKl

TLiii

TKi

KLKiKK

ap0VK

!L

!k

p

p

v

v

K0K

00

K0K

0V1

L

i

K

LLTKl

KLKK

Abb. 2-15 Einbau einer homogenen Randbedingung in das Gleichungssystem

Wird weiterhin in die i-te Zeile der rechten Seite des Gleichungssystems eine Null gesetzt,

dann ist nun offensichtlich die geforderte Verschiebungsrandbedingung Vi = 0 Bestandteil des

Gleichungssystems. Die eingeprägte Knotenlast !ip ist selbstverständlich vor dem Nullsetzen

der rechten Seite zu sichern.

0

0

p

p

v

v

KkK

kk

KkK

!L

!k

i!i

L

i

K

LLLiTKl

TLiii

TKi

KLKiKK

ap0VK

iLi

iKi

i

L

i

K

LLTKl

KLKK

V

0

V

VV1

k

k

p

p

v

v

K0K

00

K0K

!L

!k

Abb. 2-16 Einbau einer inhomogenen Randbedingung in das finite Gleichungssystem

Page 46: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-32 2 Ein einfaches Beispiel

Liegt eine inhomogene Randbedingung Vi 0 vor (Abb. 2-16), dann sind die Verhältnisse

verwickelter. Nun ist zu beachten, dass die Knotenvariable Vi in allen Gleichungen einen Bei-

trag zur rechten Seite liefert, der dem Vi-fachen des i-ten Spaltenvektors von K entspricht.

Demzufolge ist zunächst von der rechten Seite, bis auf die i-te Zeile, die mit der bekannten

Verschiebung Vi multiplizierte i-te Spalte der Steifigkeitsmatrix abzuziehen. Diese nun auf

der Lastseite auftretenden Größen werden generalisierte Knotenkräfte genannt. Sodann

werden die i-te Zeile und die i-te Spalte in der Systemmatrix sowie die i-te Zeile des Aufla-

gerkraftvektors zu Null gesetzt (ai = 0) und abschließend die Verschiebungsrandbedingung als

Identität ( ii VV ) in die i-te Zeile des Gleichungssystems geschrieben. Auch hier ist vorher

wieder die eingeprägte Knotenlast !ip zu sichern. Aus nummerischen Gründen wird die i-te

Zeile mit einem positiven Faktor multipliziert, der etwa die Größenordnung der übrigen

Matrixelemente besitzt. Der Wert für ist geeignet zu wählen.

iLi

iKi

i

L

i

K

LLTKl

KLKK

V

0

V

VV

k

k

p

p

v

v

K0K

00

K0K

!L

!k

Abb. 2-17 Nummerische Stabilisierung des Gleichungssystems mit dem Faktor

Dieser Prozess muss für jede Verschiebungsrandbedingung durchgeführt werden. Die Reihen-

folge spielt dabei keine Rolle. Aus dem so modifizierten Gleichungssystem werden die Sys-

temknotenverschiebungen ermittelt, mit denen dann die Auflagerreaktionsgrößen sofort be-

rechnet werden können. Aus Gl. 2-69 folgt nämlich !pvKa Gl. 2-70

Hinweis: Da die Steifigkeitsmatrix und der Vektor der eingeprägten Kräfte durch den Einbau

der Verschiebungsrandbedingungen verändert werden, müssen diese zur späteren Berechnung

der Auflagerkräfte und der Elementzustandsgrößen vorher gesichert werden.

Der große Vorteil der hier beschriebenen Vorgehensweise zum Einbau der Randbedingungen

liegt darin, dass die Gesamtsteifigkeitsmatrix und die rechte Seite des Gleichungssystems

unabhängig von den Randbedingungen aufgebaut werden können. Ein kleiner jedoch unbe-

deutender Nachteil der Methode besteht darin, dass sich die Ordnung des Gleichungssystems,

trotz bekannter Knotenverschiebungen, nicht verringert. Dieser Nachteil ist deshalb nicht

gravierend, da bei größeren Systemen der Anteil der durch Randbedingungen vorgeschriebe-

Page 47: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.11 Optimale Nummerierung der Systemknoten 2-33

nen Knotenverschiebungen im Vergleich zu den unbekannten Knotenverschiebungen in der

Regel sehr klein ist.

2.11 Optimale Nummerierung der Systemknoten

Die bisherigen Hinweise haben gezeigt, dass die globale Knotennummerierung einen wesent-

lichen Einfluss auf die Größe des resultierenden Gleichungssystems hat. Die Anzahl der we-

sentlichen Rechenoperationen (Multiplikationen, Divisionen) zur Lösung eines linearen Glei-

chungssystems der Größe [ nn ] liegt etwa bei 3n3/1 . Die dazu benötigte Rechenzeit hängt

also entscheidend von der Größe der Systemmatrix ab. Aus diesem Grunde ist es bei großen

Systemen wichtig, die Knotennummerierung im Sinne einer geringen Bandbreite möglichst

optimal zu wählen. Für diese Aufgabe wurden Algorithmen entwickelt, die auf Basis einer

vorgegebenen Knotennummerierung und Elementverknüpfung durch interne Umnummerie-

rung der Systemknoten die geringste Bandbreite liefern sollen. In diesem Zusammenhang

wird auf die Arbeiten von /16/, /17/ und /18/ verwiesen. Die in den genannten Literaturstellen

beschriebenen Algorithmen basieren auf heuristischen1 Prinzipien und liefern deshalb nicht

zwangsläufig die günstigste Lösung. Die auf grafentheoretischen Überlegungen basieren Op-

timierungsalgorithmen laufen in Computerprogrammen für den Benutzer im Hintergrund ab.

Nachdem z.B. von einem Netzgenerator eine Knotennummerierung vorgeschlagen wurde,

wird diese dann vom Optimierungsalgorithmus im Sinne einer günstigeren Bandbreite geän-

dert. Als positiven Nebeneffekt geben diese Algorithmen dem Anwender wertvolle Hinweise

zur geschickten manuellen Knotennummerierung.

2.12 Spezielle Lagerungen In Konstruktionen des Bauwesens können Knotenlagerungen auftreten, die von den bisher

betrachteten Fällen der freien oder der starren Lagerung abweichen.

1 zu griech. heurískein ›finden‹, ›entdecken‹, die Kunst, wahre Aussagen zu finden

Page 48: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-34 2 Ein einfaches Beispiel

Die im Folgenden betrachteten Fälle beziehen sich auf

1. Elastische Lagerungen und

2. Schiefe Randbedingungen.

Unter elastisch gelagerten1 Knoten werden Systemknoten verstanden, die federnd gelagert

sind. Schiefe Randbedingungen2 treten immer dann auf, wenn die Orientierungen der Ver-

schiebungsfreiheitsgrade der Systemknoten nicht parallel zu den globalen Koordinatenachsen

verlaufen.

Grundsätzlich lassen sich Federlagerungen und auch schiefe Randbedingungen (Abb. 2-1)

durch ergänzende Stäbe realisieren. Das ist insbesondere bei denjenigen Programmen ein pro-

bates Mittel, die eine direkte Berücksichtigung dieser Lagerungen nicht zulassen.

Abb. 2-18 Ebenes Fachwerk, Federlagerung und schiefe Randbedingung

Im Falle einer Federlagerung am Knoten 2, hier in globaler y-Richtung, wird im Zusatzstab 8

eine Dehnsteifigkeit eingestellt, die der vorgeschriebenen Federsteifigkeit kf entspricht, also

EAkf . Bei Vorgabe der Stablänge ist dann die Dehnsteifigkeit fkEA zu wählen.

Etwas anders liegen die Verhältnisse bei schiefen Randbedingungen, wie sie am Knoten 3 zu

beobachten sind. Soll nummerisch eine starre Lagerung in Richtung der Achse des Stabes 9

realisiert werden, dann ist dessen Dehnsteifigkeit nummerisch hoch anzusetzen. Aufgrund der

hohen Steifigkeit verhält sich dieser dann näherungsweise wie ein starrer Körper, der nur

noch eine Drehung um den Fußpunkt 7 ausführen kann. Damit bei Unterstellung kleiner Ver-

formungen der Bogen durch die Tangente gut approximiert wird, ist dann der Stab nur noch

hinreichend lang zu wählen.

Bei allen Lagerungen unterstellen wir übrigens eine beidseitige Bindung, ein Abheben der

Konstruktion von den Lagern soll also nicht möglich sein.

1 in der englischsprachigen Literatur elastic support genannt 2 in der englischsprachigen Literatur skew constraints genannt

Page 49: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.12 Spezielle Lagerungen 2-35

2.12.1 Elastische Lagerung

Das Erweitern des FE-Modells durch zusätzliche Stäbe kann vermieden werden, wenn die

Federsteifigkeit beim Aufstellen der Systemsteifigkeitsmatrix sofort berücksichtigt wird. Wir

beschränken uns im Folgenden auf linear elastische Federlagerungen. Unter einer linear elas-

tischen Feder verstehen wir ein idealisiertes mechanisches Gebilde, bei dem eine angreifende

Kraft F eine Auslenkung s hervorruft. In der Feder stellt sich eine Kraft Ff ein, die der Ver-

längerung bzw. der Verkürzung proportional ist. Es gilt

skF ff Gl. 2-71

und wir nennen

s

Fk f

f Gl. 2-72

die Federkonstante, eine für jede Feder charakteristische Größe.

m

Nskg:Einheit;

)Zeit(

Massek 2

2f

Ist beispielsweise ein Systemknoten auf einer Feder gelagert, deren Achse mit der Orientie-

rung der Verschiebung Vi identisch ist, dann führt eine Verschiebung dieses Knotens in posi-

tiver Richtung Vi zu einer Reaktionskraft1

ii,fi,f VkF Gl. 2-73

die im finiten Gleichungssystem zunächst auf der Seite der Knotenlasten erscheint.

0

0

p

p

0

0

p

p

0

0

p

p

v

v

KkK

kk

KkK

!L

!k

!L

!k

!L

!k

ii,f!ii,f

!ii

!i

L

i

K

LLLiTKl

TLiii

TKi

KLKiKK

VkpFpapVK

Wie diese Lagerung in der Systemsteifigkeitsmatrix zu berücksichtigen ist, erkennen wir so-

fort, wenn wir die zweite Zeile des obigen Gleichungssystems ausmultiplizieren. Wir erhalten

ii,f!iL

TLiiiiK

TKi VkpVK vkvk

Bringen wir die Federkraft auf die linke Seite und fassen zusammen, dann folgt

!iL

TLiii,fiiK

TKi pV)kK( vkvk

1 die nicht mit der Federkraft verwechselt werden darf

Page 50: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-36 2 Ein einfaches Beispiel

Die elastische Lagerung eines Systemknotens in Richtung des i-ten Systemfreiheitsgrades

wird also realisiert, indem zum Diagonalelement Kii der Systemsteifigkeitsmatrix die vorge-

gebene Federsteifigkeit kf,i addiert wird, also

!L

!k

p

p

v

v

KkK

kk

KkK!i

L

i

K

LLLiTKl

TLii,fii

TKi

KLKiKK

pVkK Gl. 2-74

2.12.2 Schiefe Randbedingungen

Abb. 2-19 Schiefe Randbedingungen am Knoten 3

Um beispielsweise am Knoten 3 den homogenen Randwert 0y )3( vorgeben zu können

(Abb. 2-19), müssen zunächst die im globalen yx -Koordinatensystem formulierten Kno-

tenfreiheitsgrade in das um den Winkel gedrehte yx -Koordinatensystem transformiert

werden. Zur Erläuterung dieses Vorganges notieren wir das finite Gleichungssystem für das

in Abb. 2-19 skizzierte gleichseitige Fachwerk. Aus Gründen der Vereinfachung wird ohne

Beschränkung der Allgemeinheit für alle Stäbe 1/)EA( angenommen. Das finite Glei-

chungssystem lautet bei Bezugnahme auf die globalen x-y-Koordinaten

apvK ! Gl. 2-75

Im Einzelnen sind, ohne auf die Herleitung der Matrizen und Vektoren näher einzugehen

Page 51: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.12 Spezielle Lagerungen 2-37

750,0.

433,0250,1

750,0433,0500,1

433,0250,00500,0

00750,0433,0750,0

01433,0250.0433,0250,1

sym

K

y3

x3

y2

x2

y3

x3

y2

x2

y1

x1

u

u

u

u

0

0

u

u

u

u

u

u

v

0.5

0

0

0

0

0

P

P

P

P

P

P

y3

x3

y2

x2

y1

x1

!p

y3

x3

y1

x1

R

R

0

0

R

R

a

Im Vektor v tritt offensichtlich der zu unterdrückende Freiheitsgrad y3u gar nicht auf. Des-

halb transformieren wir die Verschiebungen am Knoten 3 mittels einer Drehtransformation

mit dem Winkel in die Richtungen x - y . Allgemein gilt im zweidimensionalen Fall bei

Drehung um die zur x-y-Ebene senkrechte Achse

y

x

cossin

sincos

y

x

y

x

cossin

sincos

y

x Gl. 2-76

Berücksichtigen wir diesen Sachverhalt im Vektor der globalen Knotenverschiebungen, dann

erhalten wir

y3

x3

y2

x2

y1

x1

y3x3

y3x3

y2

x2

y1

x1

y3

x3

y2

x2

y1

x1

u

u

u

u

u

u

cossin0000

sincos0000

001000

000100

000010

000001

cosusinu

sinucosu

u

u

u

u

u

u

u

u

u

u

v

oder symbolisch

vTv T Gl. 2-77

Der Neigungswinkel des einwertigen Lagers am Knoten 3 beträgt 20 . Dann ist

Page 52: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-38 2 Ein einfaches Beispiel

940,0342,00000

342,0940,00000

001000

000100

000010

000001

cossin0000

sincos0000

001000

000100

000010

000001

TT

Wegen 1T TT (Beweis durch Ausrechnen) ist diese Matrix eine orthogonale Matrix für

die gilt: 1TT T . Entsprechend sind

aTa

pTpT

!T!

Gl. 2-78

Einsetzen von Gl. 2-77 und Gl. 2-78 in Gl. 2-39 ergibt )( apTvTK !TT . Linksmulti-

plikation mit T liefert unter Beachtung der Orthogonalität von T

apvTKT !T

Setzen wir zur Abkürzung TTKTK , dann lautet die finite Gleichung mit den am Knoten

3 transformierten Größen

apvK ! Gl. 2-79

Im Einzelnen sind

TT K

sym

TKTK

087,1.

492,0913,0

853,0150,0500,1

492,0087,00500,0

00750,0433,0750,0

342,0940,0433,0250.0433,0250,1

6985,4

7101,1

0

0

0

0

P

P

0

0

0

0

cosP

sinP

0

0

0

0

y3

x3

y3

y3

!! pTp

Page 53: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.12 Spezielle Lagerungen 2-39

y3

y1

x1

y3

x3

y1

x1

y3x3

y3x3

y1

x1

R

0

0

0

R

R

R

R

0

0

R

R

cosRsinR

sinRcosR

0

0

R

R

aTa

Da es sich bei dem schiefen Lager am Knoten 3 um ein einwertiges Lager handelt (Ver-

schieblichkeit des Lagers in x -Richtung nicht unterbunden), ist 0R x3 zu Null zu fordern.

Im Übrigen beziehen sich die Drehtransformationen nur auf diejenigen Systemknoten, die

durch eine schiefe Randbedingung beaufschlagt sind. Damit erhalten wir folgendes Glei-

chungssystem

y3

y1

x1

y3

x3

y2

x2

y1

x1

R

0

0

0

R

R

6985,4

7101,1

0

0

0

0

u

u

u

u

u

u

087,1492,0853,0492,00342,0

492,0913,0150,0087,00940,0

853,0150,0500,10750,0433,0

492,0087,00500,0433,0250.0

00750,0433,0750,0433,0

342,0940,0433,0250.0433,0250,1

aus dem die Knotenverschiebungen und die Lagerreaktionskräfte zu berechnen sind. Der Ein-

bau der homogenen Randbedingungen liefert nach dem im Kap. 2.10 beschriebenen Verfah-

ren

0

7101,1

0

0

0

0

u

u

u

u

u

u

100000

0913,0150,0087,000

0150,0500,1000

0087,00500,000

000010

000001

y3

x3

y2

x2

y1

x1

Die Lösungen sind

Page 54: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2-40 2 Ein einfaches Beispiel

0

937,1

194,0

336,0

0

0

u

u

u

u

u

u

y3

x3

y2

x2

y1

x1

v

321,5

0

0

0

0

820,1

R

0

0

0

R

R

y3

y1

x1

a

Eine andere Möglichkeit des Einbaus schiefer Randbedingungen besteht darin, die erforderli-

chen Drehtransformationen bereits auf Elementebene durchzuführen. Da am Knoten 3 der

Stab 1 endet und der Stab 2 seinen Anfangsknoten hat, sind für beide Elemente entsprechende

Transformationen durchzuführen.

Das Elastizitätsgesetz für den Dehnstab in globalen Koordinaten lautet bekanntlich

(e)(e)(e) fuk Gl. 2-80

Der Vektor u(e) enthält die Komponenten der Stabendverschiebungen in globalen Koordina-

ten. Hat der Stab am betreffenden Knoten z.B. seinen Anfang (Index i), dann lautet die Dreh-

transformation

)e(jy

)e(jx

)e(yi

)e(xi

)e(jy

)e(jx

)e(yi

)e(xi

)e(yi

)e(xi

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

u

u

u

u

1000

0100

00cossin

00sincos

u

u

cosusinu

sinucosu

u

u

u

u

(e)u Gl. 2-81

oder symbolisch

(e)(i)

T(i)

(e) uTu Gl. 2-82

Die Matrix

1000

0100

00cossin

00sincos

T(i)T Gl. 2-83

Page 55: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

2.12 Spezielle Lagerungen 2-41

ist wieder eine orthogonale Matrix. Endet der Stab an einem Knoten (Index j), der einer schie-

fen Randbedingung unterworfen ist, dann gilt entsprechend

(e)(j)

T(j)

(e) uTu

)e(yj

)e(xj

)e(iy

)e(ix

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

u

u

u

u

cossin00

sincos00

0010

0001

u

u

u

u

Gl. 2-84

Einsetzen von Gl. 2-82 in Gl. 2-16 und anschließende Linksmultiplikation mit T(i) ergibt

(e)(i)

(e)(i)

T(i)

(e)(i) fTuTkT Gl. 2-85

Setzen wir noch

(e)(i)

(e)

T(i)

(e)(i)

(e)

fTf

TkTk

Gl. 2-86

dann geht Gl. 2-85 über in

(e)(e)(e) fuk Gl. 2-87

Mit den in Gl. 2-87 errechneten Elementbeiträgen wird das Gesamtsystem aufgebaut. Der

Einbau der Randbedingungen in das globale Gleichungssystem bereitet dann keine Schwie-

rigkeiten mehr.

Page 56: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 57: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 58: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3 Grundlagen der linearen Elastizi-

tätstheorie

An dieser Stelle sollen die Grundgleichungen der linearen Elastizitätstheorie zusammenge-

stellt werden, was bedeutet, dass wir uns einerseits auf kleine Verformungen und kleine 1.

Ableitungen der Verformungen beschränken (geometrische Linearität), andererseits soll ein

linear elastisches Werkstoffgesetz in Betracht gezogen werden (physikalische Linearität).

3.1 Der Spannungszustand

Abb. 3-1 Der Spannungsvektor

Die Spannung1 n)s(r, ist ein dem Flächenelement A mit Ortsvektor r und dem Stellungs-

vektor n zugeordneter Vektor, der als Grenzwert

1 Augustin Louis Baron Cauchy, franz. Mathematiker, 1789-1857

Page 59: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-2 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

dA

d

Δlim

0AΔ

FFn)s(r,

Gl. 3-1

definiert ist (Abb. 3-1). F ist dabei der zur Fläche A im allgemeinen schief gerichtete

Kraftvektor.

Abb. 3-2 Komponenten des Spannungsvektors sn

Der Spannungszustand in einem Kontinuum hängt außer vom Punkt P mit dem Ortsvektor r

auch noch von der geführten Schnittrichtung (Stellungsvektor n) ab. Der Spannungszustand

am Punkt eines Kontinuums ist dann bekannt, wenn für drei unabhängige Schnittrichtungen

durch diesen Punkt die zugeordneten Spannungsvektoren bekannt sind. Erst dann kann der

Spannungsvektor sn für eine beliebige Schnittrichtung berechnet werden. Die senkrecht auf

dem Flächenelement A stehende Komponente des Spannungsvektors (Abb. 3-2) heißt Nor-

malspannung nnnnn )()( enr,nr,s und die in der Ebene des Flächenelements liegende

Komponente wird Schubspannung tntnt )()( enr,nr,s genannt.

Abb. 3-3 Spannungsvektor in kartesischen Koordinaten, Stellungsvektor ex

Die Normalspannung wird als positiv bezeichnet, wenn sie eine Zugspannung ist und entspre-

chend als negativ, wenn sie eine Druckspannung ist. Stehen insbesondere die Schnittflächen

senkrecht auf den kartesischen Koordinaten x,y,z, dann gilt (Abb. 3-3)

Page 60: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.1 Der Spannungszustand 3-3

zyxz

zyxy

zyxx

eees

eees

eees

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

σσσ

σσσ

σσσ

Gl. 3-2

Die 9 Spannungen jk (j,k = x,y,z) lassen sich in einer quadratischen Matrix

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

σσσ

σσσ

σσσ

S

anordnen. Das ist die Matrix des Spannungstensors. An jeder Spannung bedeutet der erste

Index die Koordinatenachse, die auf der betreffenden Schnittfläche senkrecht steht, der zweite

die Koordinatenachse, zu der die Spannung parallel ist. Zur vollständigen Beschreibung des

Spannungszustandes in einem Punkt P eines deformierbaren Körpers sind zunächst also 9

Zahlenangaben erforderlich. Im Vergleich zum Vektor, bei dem im räumlichen Fall drei Zah-

lenangaben ausreichen, spricht man deshalb beim Spannungstensor von einer extensiven Grö-

ße höherer Ordnung, hier also 2. Ordnung.

Abb. 3-4 Gleichgewicht am Tetraederelement

Zur Berechnung des Spannungszustandes in einer beliebig gerichteten Schnittfläche entneh-

men wir dem Innern eines Körpers gedanklich einen nach der orthonormierten Einheitsvek-

torbasis zyx ;; eee orientierten Tetraeder1 (Abb. 3-4) mit den Kantenlängen dx, dy, dz. Im

Sinne des Schnittprinzips werden an den Schnittflächen die als bekannt vorausgesetzten

Spannungsvektoren zyx sss ,, freigesetzt (Abb. 3-4). Auf der Deckfläche des Tetraeders

1 zu griech. hédra ›Sitz(fläche), Basis‹, ein Polyeder mit vier Ecken

Page 61: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-4 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

wirkt der noch unbekannte Spannungsvektor n)(r,sn . Kraftgleichgewicht am infinitesimalen

tetraederförmigen Element liefert mit ]n;n;n[ zyxn

zyxn ssss zyx nnn Gl. 3-3

Unter Beachtung von Gl. 3-2 erhalten wir zunächst

zyxn ssss nznynx σσσ Gl. 3-4

und durch Komponentenvergleich

zzzzyyzxxnz

yzzyyyyxxny

xzzxyyxxxnx

σnσnσnσ

σnσnσnσ

σnσnσnσ

Gl. 3-5

oder symbolisch

nSsn Gl. 3-6

Unter Beachtung des Satzes von den zugeordneten Schubspannungen ( kjjk σσ ) reduziert

sich die Anzahl der unbekannten Spannungen von 9 auf 6. Die Matrix des Spannungstensors

ist symmetrisch

TSS

zzyzxz

zyyyxy

zxyxxx

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

σσσ

σσσ

σσσ

σσσ

σσσ

σσσ

In der FE-Methode werden die 6 Spannungskomponenten zum Spannungsvektor

],,,,,[ zxyzxyzzyyxx Tσ Gl. 3-7

zusammengefasst. Ist der Spannungstensor am Punkt eines Kontinuums bekannt, dann kann

der Spannungsvektor s für jede beliebige Schnittrichtung ermittelt werden.

3.1.1 Die statische Grundgleichung

Aus einem belasteten Körper denken wir uns ein quaderförmiges zu den Koordinatenachsen

paralleles Volumenelement mit den Kantenlängen x, y, z herausgeschnitten. Das Element

besitzt das Volumen V = x y z (Abb. 3-5).

Page 62: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.1 Der Spannungszustand 3-5

Abb. 3-5 Volumenelement eines belasteten Körpers

Abb. 3-6 Kraftzustand am Volumenelement

Auf das Element (Abb. 3-6) wirken neben der Volumenkraft f (z.B. die Gewichtskraft oder

auch magnetische Kräfte) die als Folge des Schnittprinzips erscheinenden Oberflächenspan-

nungen. Im allgemeinen werden die Spannungsvektoren beim Fortschreiten in Richtung der

Koordinatenachsen ihren Betrag und ihre Richtung ändern.

Im statischen Fall muss das Kraftgleichgewicht erfüllt sein, d.h. die Resultierende aller auf

das Volumenelement einwirkenden Kräfte muss verschwinden. Das führt auf die wichtige

statische Grundgleichung

0fsss zyx

zyx Gl. 3-8

Mit Einführung des Gradienten in kartesischen Koordinaten

Page 63: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-6 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

zyx zyxeee

Gl. 3-9

der ein symbolischer Vektor ist und Nablaoperator1 genannt wird, kann Gl. 3-8 noch kürzer

geschrieben werden

0fS Gl. 3-10

Gl. 3-8 ist eine Vektorgleichung, die drei skalaren Gleichungen entspricht. Unter Beachtung

von zyx eeef (x,y,z)f(x,y,z)f(x,y,z)f zyx folgt aus Gl. 3-8

0fz

σ

y

σ

x

σ

0fz

σ

y

σ

x

σ

0fz

σ

y

σ

x

σ

zzzyzxz

yzyyyxy

xzxyxxx

Gl. 3-11

3.1.2 Der räumliche Spannungszustand in Zylinderkoordinaten

Abb. 3-7 Spannungskomponenten in Zylinderkoordinaten (nicht vollständig)

Der Spannungstensors in Zylinderkoordinaten hat die Form (Abb. 3-7)

zrrzrrrrrr eeeeeeS

und in Matrixdarstellung

1 griech. nábla(s), Name eines Saiteninstruments.

Page 64: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.1 Der Spannungszustand 3-7

TSS

zzzzr

zr

rzrrr

σσσ

σσσ

σσσ

Die 6 Spannungskomponenten werden zum Spannungsvektor

],,,,,[ rzzrzzrr Tσ Gl. 3-12

zusammengefasst. In Zylinderkoordinaten hat der Nabla-Operator die Darstellung

zr

1

r zr

eee

Unter Beachtung von zr eeef ,z)(r,f,z)(r,f,z)(r,f zr folgen dann die Gleichge-

wichtsbedingungen

0fz

σσ

r

1

r

1

r

σ

0fz

σσ

r

1

r

2

r

σ

0f)σσ(r

1

z

σσ

r

1

r

σ

zzzz

zrzr

zr

r

rrrrzrrr

Gl. 3-13

3.1.3 Der ebene Spannungszustand

Beim ebenen Spannungszustand1 der x-y-Ebene unterstellen wir

0σ jz (j = x,y,z) Gl. 3-14

Von den verbleibenden Spannungen jkσ (j, k = x,y) wird angenommen, dass sie sich über die

Scheibendicke konstant verteilen. Sie hängen dann nicht mehr von der z-Koordinate ab, und

es gilt

0z

σ jk

Gl. 3-15

Gl. 3-11 reduziert sich auf

1 der mit guter Näherung z.B. in einer Scheibe unterstellt werden kann

Page 65: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-8 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

0fy

σ

x

σ

0fy

σ

x

σ

yyyxy

xyxxx

Gl. 3-16

und für die Matrix des ebenen Spannungstensors verbleibt

yyyx

xyxxyyyx

xyxx

σσ

σσ

000

0σσ

0σσ

S Gl. 3-17

An einem Element treten dann nur noch die folgenden Spannungen auf

Abb. 3-8 Der ebene Spannungszustand

Der Satz von den zugeordneten Schubspannungen liefert für den ebenen Fall

xyyx σσ Gl. 3-18

womit noch drei unbekannte Funktionen y)(x,σy),(x,σy),(x,σ yyxyxx zu bestimmen wären,

die wir im Spannungsvektor

]σ,σ,σ[ xyyyxxTσ Gl. 3-19

zusammenfassen können. Hängen die Spannungen nicht vom Ort ab, so heißt der Spannungs-

zustand homogen, sonst inhomogen.

Page 66: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.2 Verschiebungen und Verzerrungen 3-9

3.1.4 Der einachsige Spannungszustand

In Bauteilen, die vorzugsweise auf Druck oder Zug beansprucht werden, kann näherungswei-

se ein einachsiger Spannungszustand unterstellt werden. Zu diesen Bauteilen gehören z.B.

Seile, Ketten und Stäbe.

Abb. 3-9 Einachsiger Spannungszustand in einem Stab

Der Stab in Abb. 3-9 wird durch eine Kraft F beansprucht, die in hinreichender Entfernung

von der Lasteinleitungsstelle näherungsweise einen einachsigen Spannungszustand

A

Fσ xx Gl. 3-20

induziert. Spannungen yyσ und xyσ treten nicht auf.

3.2 Verschiebungen und Verzerrungen

3.2.1 Die Verschiebungen

Infolge einer Belastung wird ein realer Körper deformiert. Zur (relativen) Beschreibung der

auftretenden Formänderungen wird eine Bezugskonfiguration (BK) eingeführt, von der aus

die Bewegung gemessen wird. In dieser Plazierung muss der kinematische Zustand des Kör-

pers bekannt sein, denn sämtliche Änderungen des kinematischen Zustandes werden auf diese

Referenzkonfiguration bezogen. Die Bewegung endet in der Endkonfiguration (EK), wobei

wir im Rahmen einer linearen Theorie unterstellen, dass Bezugs- und Endkonfiguration dicht

benachbart sind.

Page 67: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-10 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

Abb. 3-10 Verschiebungsvektor w(r)

Bezugs- und Endkonfiguration sind durch den Verschiebungsvektor

)w,w,w()(w)(w)(w zyxzyx zyx erererw(r) Gl. 3-21

miteinander verbunden1. Dabei können wx,wy und wz noch Funktionen von x,y,z sein. Der

Sprung zwischen beiden Plazierungen wird als Deformation bezeichnet.

Abb. 3-11 Deformation eines Quaders

Abb. 3-11 zeigt die Deformation eines Quaders, die sich infolge der Verschiebungen der ein-

zelnen Körperpunkte aus

Starrkörperverschiebungen, die aus Translation und Rotation bestehen, sowie

Verzerrungen, d.h. Dehnungen und Gleitungen zusammensetzt.

1 Im Rahmen der hier behandelten Theorie ist es gleichgültig, auf welchem Wege der Punkt P nach P’ gelangt.

Page 68: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.2 Verschiebungen und Verzerrungen 3-11

Da i.a. jedem Punkt P(r) ein anderer Verschiebungsvektor w zugeordnet ist, handelt es sich

hierbei um ein Vektorfeld. Es leuchtet sofort ein, dass die Verschiebungen der einzelnen

Körperpunkte keinen Aufschluß über das lokale kinematische Verhalten geben können, dazu

ist vielmehr die Umgebung eines Punktes, etwa in Form von Linienelementen, in die Betrach-

tungen mit einzubeziehen.

Hinweis: Wir beschränken uns im Folgenden auf kleine Verformungen und kleine 1. Ablei-

tungen der Verformungen.

3.2.2 Der Verzerrungszustand

Neben den Spannungen und den Verschiebungen sind die Verzerrungen zur Beurteilung

eines Beanspruchungszustandes eines belasteten Körpers von entscheidender Bedeutung. Die

Dehnungen resultieren aus den Längenänderungen einzelner Körperelemente und die Glei-

tungen beschreiben die Winkeländerungen der Elementkanten. Die Formänderung eines

Körperelementes liegt fest, wenn die Längenänderungen eines Volumenelementes mit den

Seiten x, y, z und die Änderungen der ursprünglich (rechten) Winkel bekannt sind.

3.2.2.1 Kartesische Koordinaten

Verschiebungsvektor: )w,w,w( zyxw

Dehnungen: zzyyxx ,,

Halbe Gleitungen: zxzxyzyzxyxy 2

1;

2

1;

2

1

Der Verzerrungstensor hat dann die Form

zxxzyxxyxxxx eeeeeeE

oder in Matrixform

TEE

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

εγ2

2

1

γ2

1εγ

2

1

γ2

2

εεε

εεε

εεε

Gl. 3-22

Page 69: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-12 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

Auch diese Matrix ist symmetrisch. Die 6 Größen werden im Verzerrungsvektor

],,,,,[ zxyzxyzzyyxxT ε Gl. 3-23

zusammengefasst. Die Verzerrungs-Verschiebungsrelationen sind

z

w

x

w

2

1

z

w

y

w

2

1

x

w

y

w

2

1

z

w

y

w

x

w

xzzx

yzyz

yxxy

zzz

yyy

xxx

Gl. 3-24

die unter Beachtung der Differentiationsoperatormatrix

xy0

z00

0zx

0y

0

z0

y00

xTL Gl. 3-25

auch in die Darstellung

Lwε Gl. 3-26

gebracht werden können. Sind die drei Verschiebungen wx,wy,wz bekannt, dann lassen sich

daraus 6 Verzerrungen berechnen. Umgekehrt gehören zu 6 Verzerrungen genau 3 Verschie-

bungskomponeneten. Soll das Verschiebungsfeld eindeutig sein, dann können die 6 Verzer-

rungen nicht beliebig sein, sie müssen den sog. Kompatibilitäts- oder Verträglichkeitsbe-

dingungen genügen, die hier angegeben werden, auf deren Herleitung jedoch nicht näher

eingegangen wird.

0yxzyzxz

,0xz

2zx

0xzyxyzy

,0zy

2yz

0zyxzxyx

,0yx

2xy

zz2

zx2

zy2

2

xy2

zx2

2xx

2

2zz

2

yy2

yz2

yx2

2zx

2yz

2

2zz

2

2

yy2

xx2

xy2

xz2

2

yz2

xy2

2

yy2

2xx

2

Gl. 3-27

Page 70: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.2 Verschiebungen und Verzerrungen 3-13

3.2.2.2 Zylinderkoordinaten

Verschiebungsvektor: )w,w,w( zr w

Dehnungen: zzrrr ,,

Halbe Gleitungen: zrzrzzrr 2

1;

2

1;

2

1

Die Dehnungen und Gleitungen bilden den symmetrischen Verzerrungstensor

zzzzr

zr

rzrrr

zzzzr

zr

rzrrr

εγ2

2

1

γ2

1εγ

2

1

γ2

2

εεε

εεε

εεε

E Gl. 3-28

Die 6 Größen werden im Verzerrungsvektor

],,,,,[ zrzrzzrrT ε Gl. 3-29

zusammengefasst. Die Verzerrungs-Verschiebungsrelationen sind

z

w

r

w

2

1

w

r

1

z

w

2

1

r

w

r

ww

r

1

2

1

z

w;

w

r

1

r

w;

r

w

rzzr

zz

rr

zzz

rrrr

Gl. 3-30

3.2.2.3 Der ebene Verzerrungszustand

Ein ebener Verzerrungszustand wird in langgestreckten Körpern unterstellt, für die Geometrie

und Belastung in Längsrichtung nahezu konstant sind. Das trifft zum Beispiel bei der in Abb.

3-12 dargestellten Stützmauer mit guter Näherung zu.

Page 71: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-14 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

Abb. 3-12 Stützmauer, ebener Verzerrungszustand

Ein ebener Verzerrungszustand in der x,y-Ebene wird durch 0(x,y,z)wz definiert. Punkte

der x,y-Ebene sollen sich auch nur in dieser Ebene verschieben können. Von Gl. 3-21 ver-

bleibt

y)(x,wy),(x,w yxw Gl. 3-31

und damit

0εεε zzyzxz Gl. 3-32

Gl. 3-22 geht über in

yyyx

xyxx

εγ2

1

γ2

E Gl. 3-33

und der Verzerrungsvektor Gl. 3-23 reduziert sich auf

xyyyxxT ,, ε Gl. 3-34

Von der Differentiationsoperatormatrix Gl. 3-25 verbleibt

xy0

y0

xTL Gl. 3-35

Page 72: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.3 Materialgesetz 3-15

3.3 Materialgesetz

Nach der Einführung der beiden Begriffe Spannungen und Verzerrungen sind zwischen bei-

den Definition Beziehungen herzustellen, die vom verwendeten Material abhängen. Die Glei-

chungen, die die Verzerrungen und die Spannungen miteinander verknüpfen, heißen Materi-

al- oder auch Stoffgleichungen. Zur Bestimmung der in den Stoffgleichungen auftretenden

Werkstoffkennwerte werden Experimente benötigt.

Für die folgenden Untersuchungen beschränken wir uns auf den einfachsten Fall der homo-

genen linear-elastischen isotropen Stoffe. Dabei bedeuten im einzelnen

homogen: Das Material besitzt überall dieselben, vom Ort unabhängigen Materi-

alkonstanten

linear-elastisch: Zwischen den Verzerrungen und den Spannungen besteht ein linearer

Zusammenhang

isotrop: Die Richtungen der Hauptspannungen und Hauptverzerrungen fallen

zusammen und gleiche Hauptspannungen führen bei beliebig gedreh-

tem Material zu gleichen Dehnungen.

3.3.1 Das Elastizitätsgesetz für den räumlichen Spannungszustand

Der einfachste Zusammenhang zwischen den Spannungen S und den Verzerrungen E ist line-

ar. Das linear-elastische Verhalten homogener isotroper Materialien erfordert die Angabe der

Materialkonstanten E, und Die Konstante E heißt Elastizitätsmodul. Der Elastizitäts-

modul ist ein Maß für den Widerstand des Materials gegen Normalspannungsbeanspruchung.

Je größer E ist, um so kleiner werden die Dehnungen oder Stauchungen bei einer vorgegebe-

nen Spannung. Der E-Modul kann unterhalb der Proportionalitätsgrenze wegen der dort gülti-

gen Beziehung Etan

der Spannungs-Dehnungskurve eines einaxialen Zugversuches

entnommen werden.

2212

m/NsmkgEinheit)Zeit(Länge

MasseE

E0 Gl. 3-36

Die positive Konstante wird Querkontraktionszahl genannt.

Page 73: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-16 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

2

10 Gl. 3-37

Der Wert 21 bedeutet Volumenkonstanz1. Wird der Körper um T Kelvin gegenüber ei-

ner beliebigen Ausgangstemperatur erwärmt, so vergrößert sich jedes beliebig orientierte Li-

nienelement der Länge um das Maß TT , wobei T den linearen Temperatur-

ausdehnungskoeffizienten bezeichnet. Zu jeder beliebigen Richtung ergibt sich dann zusätz-

lich eine Temperaturdehnung. Das Hookesche2 Gesetz lautet in Tensorschreibweise unter

Einbeziehung des Lastfalls Temperatur

IISE T1E

1T

Gl. 3-38

In Gl. 3-38 bezeichnen zzyyxx die Spur des Spannungstensors und

T00

0T0

00T

100

010

001

TT

T

T

T

TT I Gl. 3-39

den linearen Wärmedehnungstensor. Lösen wir Gl. 3-38 nach den Spannungen auf, dann er-

halten wir

IIES

21

TE

211

E T Gl. 3-40

In obiger Gleichung ist zzyyxx die Spur des Verzerrungstensors

3.3.1.1 Kartesische Koordinaten

In kartesischen Koordinaten sind die Dehnungen und Gleitungen

1 Für Baustahl und die meisten metallischen Werkstoffe kann = 1/3 gesetzt werden. 2 Robert Hooke fand dieses Gesetz auf empirischem Wege und veröffentlichte seine Ergebnisse im Jahre 1678.

Page 74: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.3 Materialgesetz 3-17

TE

1

TE

1

TE

1

Tyyxxzzzz

Tzzxxyyyy

Tzzyyxxxx

Gl. 3-41

zxzxyzyzxyxy E

1

E

1

E

1

Gl. 3-42

sowie die Spannungen

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

Tyyxxzzzz

Tzzxxyyyy

Tzzyyxxxx

Gl. 3-43

yzyzyz

xzxzxz

xyxyxy

G1

E

G1

E

G1

E

Gl. 3-44

wobei in Gl. 3-44 zur Abkürzung der Schubmodul

)1(2

EG

Gl. 3-45

eingeführt wurde, der allerdings keine neue Materialkonstante darstellt, da es sich durch E

und ausdrücken läßt. Die Dimension des Schubmoduls ist

2212

m/NsmkgEinheit)Zeit(Länge

MasseG

und es gilt wegen Gl. 3-36 und Gl. 3-37

2

EG

3

E

G0

Gl. 3-46

Unter Beachtung von Gl. 3-7 und Gl. 3-23 lautet das Werkstoffgesetz Gl. 3-43 und Gl. 3-44

in Matrizenschreibweise

Dεσ Gl. 3-47

Page 75: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-18 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

wobei

2

ν2100000

02

ν210000

002

ν21000

000ν1νν

000νν1ν

000ννν1

ν)21ν)(1(

ED Gl. 3-48

die symmetrische Materialmatrix des räumlichen Spannungszustandes für den isothermen

Fall bezeichnet.

3.3.1.2 Zylinderkoordinaten

TE

1

TE

1

TE

1

Trrzzzz

Tzzrr

Tzzrrrr

Gl. 3-49

zrzrzzrr E

1

E

1

E

1

Gl. 3-50

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

Trrzzzz

Tzzrr

Tzzrrrr

Gl. 3-51

Page 76: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.3 Materialgesetz 3-19

zrzrzr

zzz

rrr

G1

E

G1

E

G1

E

Gl. 3-52

3.3.1.3 Zylinderkoordinaten bei Rotationssymmetrie

Bei axialsymmetrischen Systemen, deren Geometrie und Belastung Rotationssymmetrie zu

einer Achse aufweisen, etwa bei zylindrischen Behältern unter Flüssigkeitsdruck, können die

voranstehenden Gleichungen noch reduziert werden. Ist die z-Achse die Symmetrieachse,

dann ist nämlich 0)z,,r(w und sämtliche Änderungen der Zustandsgrößen in tangentia-

ler Richtung müssen ebenfalls verschwinden ( 0 ). Von Gl. 3-30 verbleibt dann

0;0

z

w

r

w

2

1z

w;0

r

w;

r

w

zr

rzzr

zzz

rrrr

Gl. 3-53

Als unbekannte Verschiebungen bleiben nur die planaren Komponenten wr(r,z) und wz(r,z).

Das Materialgesetz aufgelöst nach den Spannungen ist dann

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

T1

1

1)21)(1(

E)1(

Trrzzzz

Tzzrr

Tzzrrrr

Gl. 3-54

zrzrzr G1

E

Gl. 3-55

Mit dem Spannungs- und Verzerrungsvektor

,,,,,, zrrrzzT

zrrrzzT εσ Gl. 3-56

Page 77: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-20 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

und der symmetrischen Materialmatrix für den isothermen Fall

1011

0)1(2

2100

101

1

10

11

)21)(1(

E)1(AXD Gl. 3-57

kann das Werkstoffgesetz für axialsymmetrische Systeme in Matrizenschreibweise wie folgt

notiert werden

εDσ AX Gl. 3-58

3.3.2 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Spannungszustand

Für den ebenen Spannungszustand galt x,y,zj0σ jz . Es verbleibenden somit die

Spannungen (x,y)σσ;(x,y)σσ;(x,y)σσ xyxyyyyyxxxx . Durch die Reduktion der zu ermit-

telnden Spannungsfunktionen jk von 6 auf 3 läßt sich, im Vergleich zum räumlichen Fall,

das Aufstellen der Grundgleichungen des ebenen Spannungszustandes erheblich vereinfa-

chen. Von den Dehnungen verbleiben

0TασσE

νε

TανσσE

TανσσE

Tyyxxzz

Txxyyyy

Tyyxxxx

Gl. 3-59

und entsprechend von den Gleitungen

xyxy σG

1 Gl. 3-60

Lösen wir die obigen Gleichungen nach den Spannungen auf, dann erhalten wir

Page 78: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.3 Materialgesetz 3-21

xyxy

Txxyy2yy

Tyyxx2xx

Tαν1νεεν1

Tαν1νεεν1

Gl. 3-61

Mit dem Spannungs- und Verzerrungsvektor

xyyyxxT

xyyyxxT ,γε,ε,σσ,σ εσ Gl. 3-62

und der symmetrischen Materialmatrix für den isothermen Fall

s

xxy

xyx

2

D00

0DD

0DD

2

ν100

01ν

0ν1

ν1

EESD Gl. 3-63

mit

G)ν1(2

ED;D

ν1

ED;

ν1

ED sx2xy2x

Gl. 3-64

kann das Werkstoffgesetz für den ebenen Spannungszustand in Matrizenschreibweise wie

folgt notiert werden

εDσ ES Gl. 3-65

3.3.3 Das Elastizitätsgesetz für den ebenen Verzerrungszustand

Wegen Gl. 3-32 verbleibt von Gl. 3-44

Gγ2Gεσ

yz

xz

xyxyxy

Gl. 3-66

Aus der 3. Beziehung von Gl. 3-41 erhalten wir zunächst wegen 0ε zz

Page 79: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3-22 3 Grundlagen der linearen Elastizitätstheorie

0TEα)σν(σσ Tyyxxzz Gl. 3-67

Einsetzen in die beiden ersten Gleichungen von Gl. 3-41 liefert

Tαν1σν1

νσ

E

ν1ε

Tαν1σν1

νσ

E

ν1ε

zz

Txxyy

2

yy

Tyyxx

2

xx

Gl. 3-68

Von den Gleitungen verbleibt nur

xyxyxy σG

1γε2 Gl. 3-69

Lösen wir Gl. 3-68 nach den Spannungen auf, dann erhalten wir

Tαν)(1)εν(εν)2ν)(1(1

Tαν)(1νεεν)(1ν)2ν)(1(1

Tαν)(1νεεν)(1ν)2ν)(1(1

Tyyxxzz

Txxyyyy

Tyyxxxx

Gl. 3-70

und

xyxy G Gl. 3-71

oder in Matrizenschreibweise unter Beachtung von Gl. 3-62 für den isothermen Fall

εDσ EV Gl. 3-72

2

ν2100

0ν1ν

0νν1

)ν21)(ν1(

EEVD Gl. 3-73

Page 80: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

3.3 Materialgesetz 3-23

3.3.4 Das Elastizitätsgesetz für den Stab

Wir unterstellen einen einachsigen Spannungszustand (Abb. 3-9) in x-Richtung, für den gilt

xxxx E Gl. 3-74

oder in Matrizenschreibweise

εDσ ST Gl. 3-75

wobei

][ xxσ und ][ xxε Gl. 3-76

gesetzt wurde. Die Materialmatrix für den Stab ist dann

ESTD Gl. 3-77

3.3.5 Das Elastizitätsgesetz für den schubstarren Balken

Die Momenten-Krümmungsbeziehung für den schubstarren Balken lautet bekanntlich

(x)wEI(x)M yyy Gl. 3-78

oder in Matrizenschreibweise

BADM Gl. 3-79

wobei

]M[ yM und ]w[ Gl. 3-80

gesetzt wurde. Die Materialmatrix für den schubstarren Balken ist dann

]EI[ yyBAD Gl. 3-81

Page 81: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 82: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 83: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4 Grundgleichungen der Scheiben-

theorie

4.1 Voraussetzung

Abb. 4-1 Ebenes Flächentragwerk, Scheibe

Die Scheibe ist ein typischer Vertreter eines ebenen Flächentragwerkes, in der mit guter Nä-

herung ein ebener Spannungszustand unterstellt werden kann.

Hinsichtlich der Geometrie und der Belastung einer z.B. in der x,y- Ebene liegenden Scheibe

werden folgende Voraussetzungen getroffen:

- Die Scheibe ist ein dünnes ebenes Flächentragwerk

- Die Belastung erfolgt parallel zur Scheibenebene und durch Randlasten

Page 84: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-2 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

- Die Belastung ist unabhängig von der Dickenrichtung z der Scheibe

- Die Scheibendicke h ist klein gegenüber den Abmessungen in der Ebene

- Die Scheibendicke h ist konstant

- Die Belastung ist unabhängig von der z- Richtung

- Die Oberflächen der Scheibe | z | = h/2 sind lastfrei

- Es gilt das Hookesche Gesetz

- Die Schnittlasten werden am unverformten System ermittelt (Theorie 1. Ordnung)

Unter diesen Voraussetzungen können wir in guter Näherung von folgenden Spannungsver-

läufen ausgehen (Abb. 4-2)

Abb. 4-2 Spannungsverläufe in einer Scheibe

Die obigen Spannungsverläufe legen es nahe, in einer Scheibe einen ebenen Spannugszustand

zu unterstellen, für den gilt:

zy,x,j0;σ jz Gl. 4-1

4.2 Scheibenschnittlasten

Abb. 4-3 Spannungen an einem Scheibenelement

Page 85: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.3 Transformationsgleichungen 4-3

Wegen )y,x(jkjk besteht keine Abhängigkeit der Spannungen von der Dickenrichtung z

der Scheibe. Aus diesem Grunde ist es in der Scheibentheorie üblich, die Spannungen in Di-

ckenrichtung zu Scheibenschnittlasten zusammenzufassen. Mit hdz/h

/h

2

2

gilt:

Abb. 4-4 Längskräfte

Längskräfte:

xx

2h

2h

xxxx hσdzσn

yy

2h

2h

yyyy hσdzσn

(Kräfte je Längeneinheit)

Abb. 4-5 Schubkräfte

Schubkräfte:

dzσn2h

2h

xyxy

, dzσn2h

2h

yxyx

xyyx nn

(Kräfte je Längeneinheit)

4.3 Transformationsgleichungen

Abb. 4-6 Schnittlasten am Dreieckelement, Scheibendicke h

Wir notieren die Transformationsgleichungen bei Drehung des Koordinatensystems um den

Winkel für die Scheibenschnittlasten jkjk hn (Abb. 4-6).

Das Kraftgleichgewicht in x - und y - Richtung liefert ( sindsdy,cosdsdx )

Page 86: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-4 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

cossindsnsincosdsn

sinsindsncoscosdsndsn0F

yxxy

yyxxxxx

sinsindsncoscosdsn

cossindsnsincosdsndsn0F

yxxy

yyxxyxy

Unter Beachtung von yxxy nn können wir xxn und yxn sofort berechnen. Zur Ermittlung

von yyn beachten wir, daß die zugehörige Richtung y gegenüber der x - Richtung um 2

gedreht ist. Mit )2/(nn xxyy folgt dann insgesamt

)sin(cosncossinncossinnn

cossinn2cosnsinnn

cossinn2sinncosnn

22xyyyxxyx

xy2

yy2

xxyy

xy2

yy2

xxxx

oder

2cosn2sin2

nnn

2sinn2cos2

nn

2

nnn

2sinn2cos2

nn

2

nnn

xyyyxx

yx

xyyyxxyyxx

yy

xyyyxxyyxx

xx

Gl. 4-2

Abb. 4-7 Um den Winkel gedrehter Schnittlastenzustand

Die Beziehungen in Gl. 4-2 beschreiben das Transformationsverhalten des ebenen Schnittlas-

tenzustandes am Punkt P, wenn ein nach den Kanten x,y orientiertes Element um den Winkel

gedreht wird (Abb. 4-7). Wie mit Gl. 4-2 leicht nachgewiesen werden kann, gelten die fol-

genden Invarianten

2xyyyxx

2yxyyxx

yyxxyyxx

nnnnnn

nnnn

Gl. 4-3

Page 87: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.3 Transformationsgleichungen 4-5

4.3.1 Hauptlängskräfte

Nach Gl. 4-2 sind die Scheibenkräfte yyxx n,n und yxn Funktionen des Drehwinkels Die

Matrix des Scheibenschnittlastentensors

n0

0n

nn

nn

yyyx

xyxxN Gl. 4-4

erhält Diagonalgestalt, wenn wir den Drehwinkel so wählen, daß 0n yx erfüllt ist, also

02cosn2sin2

nnxy

yyxx

Gl. 4-5

und damit

)2tan(nn

n22tan 1

yyxx

xy1

Gl. 4-6

wird.

Abb. 4-8 Hauptlängskraftzustand

Die Hauptlängskräfte ergeben sich aus Gl. 4-2 mit 1

1xy1yyxxyyxx

1xy1yyxxyyxx

2sinn2cos2

nn

2

nnn

2sinn2cos2

nn

2

nnn

Gl. 4-7

Ein mit dem Winkel 1 gedrehtes Element (Abb. 4-8) unterliegt somit einem reinen Längs-

kraftzustand. Wegen 11 2tan2tan existiert eine zweite Richtung

Page 88: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-6 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

212

Gl. 4-8

für die Gl. 4-5 ebenfalls erfüllt ist. Für diese Drehwinkel werden außerdem die Längskräfte

extremal, denn die für das Vorliegen von Extremwerten notwendigen Bedingungen 0d

dn xx

und 0d

dn yy

führen wiederum auf Gl. 4-5. Der unter diesen Richtungen auftretende schub-

kraftfreie Zustand wird Hauptlängskraftzustand genannt. Die Achsen und heißen

Hauptachsen. Die Invarianten nach Gl. 4-3 gehen für den Hauptlängskraftzustand wegen

0n über in

2xyyyxx

yyxx

nnnnn

nnnn

Gl. 4-9

Aus Gl. 4-9 lassen sich die Hauptlängskräfte berechnen, ohne den Weg über die Transforma-

tionsgleichungen Gl. 4-2 zu gehen. Eine direkte Zuordnung zum Drehwinkel ist dann aller-

dings nicht möglich. Wir ordnen sie so an, daß 2211 nn ist.

2

xy2

yyxxyyxx22

2xy

2yyxxyyxx11

n4)nn()nn(2

1n

n4)nn()nn(2

1n

Gl. 4-10

Der Gl. 4-6 entspricht folgende Darstellung

21

21

yyxx

xy1 y1

y2

tan1

tan2

nn

n22tan

Gl. 4-11

Auflösung nach y' liefert die Differenzialgleichung der Hauptlängskrafttrajektorien.

1n2

nn

n2

nny

2

xy

yyxx

xy

xxyy2,1

Gl. 4-12

Hinweis: Wegen 1yy 21 schneiden sich die Hauptlängskrafttrajektorien in einem Winkel

von 90°.

Page 89: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.3 Transformationsgleichungen 4-7

4.3.2 Hauptschubkräfte

Die Richtung für die extremalen Schubkräfte erhalten wir aus der Forderung

2sinn22cos)nn(0d

dnxyyyxx

yx

und damit

)2tan(2cot2tan

1

n2

nn2tan 31

1xy

yyxx3

Gl. 4-13

Wegen 1

3 2tan

12tan

stehen die beiden Richtungen 3 und 1 senkrecht aufeinander.

Damit wird

413

Gl. 4-14

d.h. die diesem Winkel zugeordneten Hauptschubkräfte

2xy

2yyxx12 n4)nn(

2

1n Gl. 4-15

treten in einer unter 45° gegen die Hauptlängskraftrichtung gedrehten Schnittfläche auf. Die-

ser Hauptschubkraftzustand ist i.a. nicht längskraftfrei, vielmehr wirken in dieser Schnittflä-

che die Längskräfte

)nn(2

1n yyxxM Gl. 4-16

Abb. 4-9 Der Hauptschubkraftzustand

Nach Gl. 4-13 gilt

23

23

xy

yyxx3 y1

y2

tan1

tan2

n2

nn2tan

Gl. 4-17

Auflösung nach y' liefert

1nn

n2

nn

n2y

2

yyxx

xy

yyxx

xy2,1

Gl. 4-18

Page 90: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-8 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

die Differenzialgleichung der Hauptschubkrafttrajektorien.

Hinweis: Hauptlängskraft- und Hauptschubkrafttrajektorien bilden je für sich ein orthogona-

les Netz. Beide Netze schneiden sich unter einem Winkel von 45 .

4.3.3 Grundgleichungen

Zur Herleitung der Scheibengleichung fassen wir zur besseren Übersicht die Grundgleichun-

gen der linearen Elastizitätstheorie noch einmal zusammen. Das waren die Gleichgewichtsbe-

dingungen (Gl. 5-12) für den ebenen Spannungszustand ( jkjk hn )

0fhy

n

x

n

0fhy

n

x

n

yyyxy

xyxxx

Gl. 4-19

die kinematischen Beziehungen oder auch Verzerrungs-Verschiebungsrelationen

x

v

y

u,

y

v,

x

uxyyyxx

Gl. 4-20

und das Werkstoffgesetz (hier für den isothermen Fall)

xyxy

xxyy2yy

yyxx2xx

Ghn

νεεν1

Ehn

νεεν1

Ehn

Gl. 4-21

Mit Gl. 4-19 , Gl. 4-20 und Gl. 4-21 liegen 8 Gleichungen für die 8 Unbekannte (3 Schnittlas-

ten, 3 Verzerrungen und 2 Verschiebungen vor. Ergänzt werden diese Gleichungen durch die

Randbedingungen, die als Kraft- oder Verschiebungsrandbedingungen auftreten können.

Abhängig vom konkret zu lösenden Randwertproblem ist es nun sinnvoll, entweder die

Schnittlasten oder die Verzerrungen aus diesen Gleichungen zu eliminieren.

4.4 Elimination der Spannungen, Verschiebungsfunktion

Beachten wir in Gl. 4-21 die kinematischen Beziehungen Gl. 4-20, dann folgt

Page 91: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.4 Elimination der Spannungen, Verschiebungsfunktion 4-9

y

u

x

vGhn

x

y

v

ν1

Ehn

y

x

u

ν1

Ehn

xy

2yy

2xx

Gl. 4-22

und unter Berücksichtigung der Gleichgewichtsbedingungen Gl. 4-19, erhalten wir

0fyx

u

x

v

12

E

yx

y

v

ν1

E

0fy

u

yx

v

12

E

yx

x

u

ν1

E

y

2

2

22

2

2

2

x2

222

2

2

2

Gl. 4-23

Die obigen Gleichungen können noch umgeschrieben werden.

y

x

fE

12

y

v

x

u

y1

1v

fE

12

y

v

x

u

x1

1u

Gl. 4-24

Die Gl. 4-24 heißen Lamé-Naviersche1 Verschiebungsdifferenzialgleichungen. In diesem

partiellen Differenzialgleichungssystem treten nur noch die unbekannten Verschiebungsfelder

u(x,y) und v(x,y) auf. Eine Lösung kann mit Hilfe der Verschiebungsfunktion (x,y) erzeugt

werden. Dazu machen wir den folgenden speziellen Ansatz

2

2

2

2

2

x

)y,x(B

y

)y,x(A)y,x(v

yx

)y,x()BA()y,x(u

Gl. 4-25

mit den beiden noch freien Konstanten A und B. Wir betrachten im Folgenden den homoge-

nen Fall (fx = fy = 0). Die Scheibe wird also nur noch durch Randverschiebungen beansprucht.

Dann verbleiben von Gl. 4-24

1 Gabriel Lamé, frz. Mathematiker u. Physiker, 1795-1870 und Claude Louis Marie Henri Navier, frz. Physiker, 1785-1836

Page 92: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-10 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

0x

By1

A2

0yx

B1

A2

2

2

2

2

2

Gl. 4-26

Für

1

A2B ist die erste der beiden Gleichungen erfüllt und die zweite geht über in

01

A2

, die dann für

0 Gl. 4-27

mit beliebigem A ebenfalls erfüllt ist. Von Gl. 4-27 ist eine Lösung aufzusuchen, aus der sich

dann die Verformungen

2

2

2

2

2

2

2

x

)y,x(

1

1

x

)y,x(

1

2

y

)y,x()y,x(v

yx

)y,x(

1

1)y,x(u

Gl. 4-28

ergeben.

4.5 Elimination der Verschiebungen, Spannungsfunktion

Dieser Weg ist immer dann von Vorteil, wenn Spannungs- oder Kraftrandbedingungen vor-

gegeben sind. Aus den Grundgleichungen Gl. 4-19, Gl. 4-20 und Gl. 4-21 müssen jetzt die

Verschiebungen eliminiert werden. Im Folgenden wird wieder nur der homogene Fall mit

fx = fy = 0 betrachtet, die Scheibe soll also nur durch Randlasten belastet werden. Zur Herlei-

tung der maßgebenden Differenzialgleichung betrachten wir die Kompatibilitätsbedingungen

für den ebenen Fall, von denen lediglich

0yx

2xy

xy2

2

yy2

2xx

2

Gl. 4-29

verbleibt. Aus dieser Gleichung eliminieren wir mit Hilfe des Werkstoffgesetzes für den ebe-

nen Spannungszustand (isothermer Fall) die Verzerrungen

0yx

n)1(2

x

n

x

n

y

n

y

n xy2

2xx

2

2

yy2

2

yy2

2xx

2

Gl. 4-30

Page 93: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.6 Randbedingungen 4-11

Unter Berücksichtigung der Gleichgewichtsbedingungen kann noch etwas umgeformt wer-

den. Aus Gl. 4-19 folgt, wenn wir die 1. Gleichung nach x und die zweite nach y differenzie-

ren und anschließend addieren

2

yy2

2xx

2yx

2

2

yy2

xy2

yx2

2xx

2

y

n

x

n

yx

n2

0y

n

yx

n

0yx

n

x

n

Berücksichtigen wir diesen Sachverhalt in Gl. 4-30, dann erhalten wir

0)nn( yyxx Gl. 4-31

Durch Einführung der Airyschen1 Spannungsfunktion F(x,y), aus der die Schnittkräfte nach

folgender Vorschrift ermittelt werden

yx

Fn,

x

Fn,

y

Fn

2

xy2

2

yy2

2

xx

Gl. 4-32

kann Gl. 4-31 noch vereinfacht werden. Mit Gl. 4-32 sind die Gleichgewichtsbedingungen

erfüllt. Die Kompatibilitätsbedingungen Gl. 4-31 erfordern dann

0y

F

yx

F2

x

F4

4

22

4

4

4

Gl. 4-33

oder unter Verwendung des planaren Laplace-Operators

0)y,x(F Gl. 4-34

4.6 Randbedingungen

4.6.1 Verschiebungsrandbedingungen

4.6.1.1 Der Eingespannte Rand x = x0 = konst.

1 Sir (seit 1872) George Bidell Airy, brit. Mathematiker und Astronom, 1801-1892

Page 94: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4-12 4 Grundgleichungen der Scheibentheorie

Es dürfen keine Randverschiebungen auftreten, sodass

0)y,x(v

0y,xu

0

0

Gl. 4-35

gefordert werden muss. Sind explizit Randverschiebungen )y(v),y(u 00 vorgegeben, dann

gilt

)y(v)y,x(v

)y(uy,xu

00

00

Gl. 4-36

4.6.1.2 Der freie Rand x = x0 = konst.

Wirken keine Randlasten, dann müssen 0)y,x(n 0xx und 0)y,x(n 0xy sein. Unter Beach-

tung von

y

u

x

vGhn

x

y

v

ν1

Ehn

y

x

u

ν1

Ehn

xy

2yy

2xx

können wir dafür auch

0y

u

x

v

0y

x

u

y,x

y,x

0

0

Gl. 4-37

schreiben. Sind Randschnittlasten )y,x(n 00,xx und )y,x(n 00,xy vorgegeben, dann muss

Page 95: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

4.6 Randbedingungen 4-13

)y(nGh

1

y

u

x

v

)y(nE

1

y

x

u

0,xy

y,x

0,xx

2

y,x

0

0

Gl. 4-38

erfüllt sein.

4.6.2 Kraftrandbedingungen

4.6.2.1 Der Eingespannte Rand x = x0 = konst.

Hinweis: Da es erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die Bedingungen des eingespannten Ran-

des in den Kräften zu formulieren, ist es rechentechnisch günstiger, diesen Fall mit den Lamé-

Navierschen Verschiebungsdifferenzialgleichungen zu lösen.

4.6.2.2 Der freie Rand x = x0 = konst.

Bei homogenen Randbedingungen müssen wieder 0)y,x(n 0xx und 0)y,x(n 0xy sein,

sonst gilt

y,xny,xn

y,xny,xn

00,xy0xy

00,xx0xx

Gl. 4-39

Page 96: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 97: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 98: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

5.1 Voraussetzungen

Die Platte ist ein dünnes ebenes Flächentragwerk

Die Belastung erfolgt senkrecht zur Plattenebene und durch Randlasten

Die Plattendicke h ist klein gegenüber den Abmessungen in der Ebene

Die Plattendicke h ist konstant

Es gilt das Hookesche Gesetz

Die Schnittlasten werden am unverformten System ermittelt (Theorie 1. Ordnung)

Abb. 5-1 Dünne Rechteckplatte der Dicke h, mögliche Feld- und Randbelastungen

5.2 Plattenschnittlasten Wie beim Balken, wird auch in der Plattentheorie vorteilhaft mit Spannungsresultierenden

gearbeitet. Allerdings werden bei der Platte die Spannungen nur über die Plattendicke h integ-

riert. Die so definierten Schnittgrößen haben dann die Dimension Kraft/Länge oder Mo-

ment/Länge

Page 99: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-2 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

Abb. 5-2 Spannungen an einem Plattenelement

Abb. 5-3 Querkräfte

Querkräfte:

dzσq2h

2h

xzx

dzσq2h

2h

yzy

(Kräfte je Längeneinheit)

Abb. 5-4 Biegemomente

Biegemomente:

dzzσm2h

2h

xxxx

dzzσm2h

2h

yyyy

(Momente je Längeneinheit)

Abb. 5-5 Drillmomente

Drillmomente:

dzzσm2h

2h

xyxy

dzzσm2h

2h

yxyx

yxxy mm

(Momente je Längeneinheit)

Page 100: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.3 Transformationsgleichungen für die Schnittmomente 5-3

5.3 Transformationsgleichungen für die Schnittmomente Wir untersuchen das Transformationsverhalten der Schnittmomente beim Übergang vom

y,x - Koordinatensystem auf das um den Winkel gedrehte y,x - Koordinatensystem.

Die Transformationsgesetze für Vektoren liefern bei einer Drehung um den Winkel

(Abb. 5-6)

Abb. 5-6 Plattenelement

2cosm2sin)mm(2

1m

2sinm2cos)mm(2

1)mm(

2

1m

2sinm2cos)mm(2

1)mm(

2

1m

xyyyxxyx

xyyyxxyyxxyy

xyyyxxyyxxxx

Gl. 5-1

Offensichtlich sind die Transformationsgesetze für die Schnittmomente identisch mit denen

für die Scheibenschnittlasten. Es gelten (Gl. 5-1) die folgenden invarianten Beziehungen

2xyyyxx

2yxyyxx

yyxxyyxx

mmmmmm

mmmm

Gl. 5-2

5.3.1 Hauptbiegemomente

Die Matrix des Schnittmomententensors

m0

0m

mm

mm

yyyx

xyxxM

Page 101: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-4 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

erhält Diagonalgestalt, wenn wir den Drehwinkel so wählen, dass

02cosm2sin)mm(2

1xyyyxx Gl. 5-3

und damit

)2tan(mm

m22tan 1

yyxx

xy1

Gl. 5-4

wird. Ein so in der Ebene orientiertes Element ist damit frei von Drillmomenten. Zu den in

Gl. 5-4 ermittelten Richtungen gehören die Hauptbiegemomente

1xy1yyxxyyxx

1xy1yyxxyyxx

2sinm2cos)mm(2

1)mm(

2

1m

2sinm2cos)mm(2

1)mm(

2

1m

Gl. 5-5

Abb. 5-7 Hauptbiegemomente

Wegen 11 2tan2tan existiert eine zweite Richtung

212

Gl. 5-6

für die Gl. 5-3 ebenfalls erfüllt ist. Für diese Drehwinkel werden außerdem die Biegemomen-

te extremal, denn die für das Vorliegen von Extremwerten notwendigen Bedingungen

0d

dm xx

und 0d

dm yy

führen wiederum auf Gl. 5-4. Der unter diesen Richtungen auftre-

tende drillmomentenfreie Zustand wird Hauptbiegemomentenzustand genannt. Die Achsen

und heißen Hauptachsen. Die Invarianten Gl. 5-2 gehen für den Hauptbiegemomenten-

zustand wegen 0m über in

Page 102: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.3 Transformationsgleichungen für die Schnittmomente 5-5

2xyyyxx

yyxx

mmmmm

mmmm

Gl. 5-7

Aus Gl. 5-7 lassen sich die Hauptmomente berechnen, ohne den Weg über die Transformati-

onsgleichungen zu gehen. Eine direkte Zuordnung zum Drehwinkel ist dann allerdings nicht

möglich. Wir ordnen sie so an, dass 2211 mm ist und erhalten

2xy

2yyxxyyxx22

2xy

2yyxxyyxx11

m4)mm()mm(2

1m

m4)mm()mm(2

1m

Gl. 5-8

Wegen yyxx

xy

21

21

1 mm

m2

y1

y2

tan1

tan22tan

folgt aus Gl. 5-4 die Differenzialglei-

chung der Hauptbiegemomententrajektorien.

1m2

mm

m2

mmy

2

xy

xxyy

xy

xxyy2,1

Gl. 5-9

Hinweis: Wegen 1yy 21 schneiden sich die Hauptbiegemomententrajektorien in einem

Winkel von 90°.

5.3.2 Hauptdrillmomente Die Richtung für die extremalen Drillmomente erhalten wir aus der Forderung

2sinm22cos)mm(0d

dmxyyyxx

yx

und damit

)2tan(2cot2tan

1

m2

mm2tan 31

1xy

yyxx3

Gl. 5-10

Diesen Richtungen sind die Hauptdrillmomente

2xy

2yyxx12 m4)mm(

2

1m Gl. 5-11

Page 103: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-6 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

zugeordnet. Der Hauptdrillmomentenzustand ist i.a. nicht biegemomentenfrei, vielmehr wir-

ken in dieser Schnittfläche die Biegemomente

)mm(2

1m yyxxM Gl. 5-12

Abb. 5-8 Der Hauptdrillmomentenzustand

Nach Gl. 5-10 gilt

23

23

xy

yyxx3 y1

y2

tan1

tan2

m2

mm2tan

Gl. 5-13

Auflösung nach y' liefert

1mm

m2

mm

m2y

2

yyxx

xy

yyxx

xy2,1

Gl. 5-14

die Differenzialgleichung der Hauptdrillmomententrajektorien.

Hinweis: Wegen 1yy 21 schneiden sich die Hauptdrillmomententrajektorien in einem

Winkel von 90°. Die Hauptdrill- und die Hauptbiegemomententrajektorien bilden je für sich

ein orthogonales Netz. Wegen 13 2tan/12tan stehen die beiden Richtungen 32 und

12 senkrecht aufeinander. Damit wird 413

. Beide Netze schneiden sich unter einem

Winkel von 45 .

5.4 Gleichgewicht am Plattenelement Wir betrachten ein aus der Platte geschnittenes Element der Abmessungen dx dy (s.h. Abb.

5-2). Das Element wird durch eine Flächenlast p(x,y) sowie die durch den Schnitt freigesetz-

ten Querkräfte qx, qy und Momente mxx, myy, mxy = myx entsprechend Abb. 5-3 - Abb. 5-5

belastet. Kraft- und Momentengleichgewicht fordern

Page 104: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.5 Das Verschiebungsfeld w(x,y) 5-7

0Fz : 0dyqdxqdy)dxx

qq(dx)dy

y

qq(dydxp xy

xx

yy

0M x : 02

dydydx

y

qdxdyqdxdy

x

mdydx

y

m yy

xyyy

0M y : 02

dxdxdy

x

qdydxqdydx

y

mdxdy

x

m xx

yxxx

Mit 0dydx liefert das Kraftgleichgewicht

0py

q

x

q yx

Gl. 5-15

sowie das Momentengleichgewicht getrennt um beide Achsen

0qy

m

x

m

0qy

m

x

m

yyyxy

xyxxx

Gl. 5-16

Einsetzen von Gl. 5-16 in Gl. 5-15 ergibt

0py

m

yx

m2

x

m2

yy2

xy2

2xx

2

Gl. 5-17

5.5 Das Verschiebungsfeld w(x,y) Die Verschiebung eines Punktes P mit dem Abstand z von der Mittelfläche setzt sich zusam-

men aus der Verschiebung w(x,y) der Plattenmittelfläche und den Verschiebungen u(x,y,z)

sowie v(x,y,z), die sich wie folgt auf die Verschiebung w zurückführen lassen.

Page 105: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-8 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

Abb. 5-9 Verschiebung des Punktes P

Unter der Voraussetzung kleiner Verformungen und kleiner 1. Ableitungen der Verformun-

gen entnehmen wir Abb. 5-9:

x

wz)z,y,x(u

y

wz)z,y,x(v

wobei die Verschiebung w der Plattenmittelfläche nur von den Koordinaten x, y abhängt.

Damit ergeben sich die Verzerrungen

0;y

wz

y

v;

x

wz

x

uzz2

2

yy2

2

xx

yx

wz2

x

v

y

u 2

xy

0yzxz

In einer dünnen Platte kann mit guter Näherung ein ebener Spannungszustand 0zz un-

terstellt werden, für den gilt:

xyxyxxyy2yyyyxx2xx G)(1

E)(

1

E

Abb. 5-10 Spannungsverteilungen in Dickenrichtung

Einsetzen der Verzerrungen in das Stoffgesetz liefert

Page 106: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.5 Das Verschiebungsfeld w(x,y) 5-9

xyxy

2

2

2

2

2yy

2

2

2

2

2xx

Gz2

zx

w

y

w

1

E

zy

w

x

w

1

E

Gl. 5-18

Unter Beachtung der Definition für das Biegemoment mxx erhalten wir

2

2

2

2

2

3

12/h

2/h

2/h

22

2

2

2

2

2/h

2/h

xxxx y

w

x

w

)1(12

Ehdzz

y

w

x

w

1

Edzzm

3

und mit der Plattensteifigkeit

)1(12

EhN

2

3

Gl. 5-19

folgt für die Schnittlasten

yx

w1Nmm

x

w

y

wNm

y

w

x

wNm

2

yxxy

2

2

2

2

yy

2

2

2

2

xx

Gl. 5-20

wy

Ny

w

x

w

yNq

wx

Ny

w

x

w

xNq

2

2

2

2

y

2

2

2

2

x

Gl. 5-21

In Gl. 5-21 wurde der planare Laplace1 - Operator

2

2

2

2

yx

Gl. 5-22

eingeführt.

1 Pierre Simon Marquis de (seit 1817) Laplace, frz. Mathematiker und Physiker, 1749-1827

Page 107: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-10 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

5.6 Die Plattendifferenzialgleichung Einsetzen von Gl. 5-20 in Gl. 5-17 führt auf

0pyx

w

y

wN

yx

w1N2

yx

w

x

wN

22

4

4

4

22

4

22

4

4

4

und zusammengefasst

N

p

y

w

yx

w2

x

w4

4

22

4

4

4

Gl. 5-23

Unter Beachtung von Gl. 5-22 können wir dafür auch kürzer

N

)y,x(p)y,x(w Gl. 5-24

schreiben.

5.7 Die Plattengleichung in Zylinderkoordinaten Zur Berechnung kreis- oder kreisringförmiger Platten ist die Verwendung kartesischer Koor-

dinaten ungeeignet. Dem Problem angepaßt sind hier Zylinderkoordinaten, das sind ebene

Polarkoordinaten r, und die z- Richtung. Die Definition der Schnittlasten erfolgt analog zur

Definition der Schnittlasten bei Verwendung kartesischer Koordinaten

Abb. 5-11 Spannungsverteilung an einem Plattenelement, Zylinderkoordinaten

Page 108: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.7 Die Plattengleichung in Zylinderkoordinaten 5-11

Abb. 5-12 Querkräfte

Querkräfte:

dzσq2h

2h

rzr

dzσq2h

2h

z

(Kräfte je Längeneinheit)

Abb. 5-13 Biegemomente

Biegemomente:

dzzσm2h

2h

rrrr

dzzσm2h

2h

(Momente je Längeneinheit)

Abb. 5-14 Drillmomente

Drillmomente:

dzzσm2h

2h

rr

dzzσm2h

2h

rr

rr mm

(Momente je Längeneinheit)

Das Kraftgleichgewicht am Plattenelement liefert

0pq

r

1

r

q

dr

dq rr

Gl. 5-25

Für das Momentengleichgewicht erhalten wir

0qr

m2

r

mm

r

1

0qm

r

1

r

m

r

m

r

m

rr

rrrrrr

Gl. 5-26

Unter Verwendung des Laplace-Operators in ebenen Polarkoordinaten

Page 109: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-12 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

2

2

22

2

r

1

rr

1

r

Gl. 5-27

schreibt sich die Verschiebungsdifferenzialgleichung

N

),r(p),r(w

Gl. 5-28

oder

N

),r(p

w

r

1w

r

4

r

w

r

2

r

w

r

2

r

w

r

1

r

w

r

1

r

w

r

2

r

w

wr

1

rr

1

rr

1

rr

1

rw

4

4

42

2

42

3

322

4

232

2

23

3

4

4

2

2

22

2

2

2

22

2

Gl. 5-29

Die Schnittlasten sind

w

r

1

rN1m

r

ww

r

1

r

w

r

1Nm

w

r

1

r

w

r

1

r

wNm

r

2

2

2

2

2

2

2

22

2

rr

Gl. 5-30

wr

1Nq

wr

Nqr

Gl. 5-31

Im Falle der Rotationssymmetrie ist 0

, )r(ww , )r(pp und der planare Laplace-

Operator reduziert sich auf

dr

dr

dr

d

r

1

dr

d

r

1

dr

d2

2

. Mit )(dr

d geht Gl. 5-29 über in

N

)r(pw

r

1w

r

1w

r

2w

dr

dwr

dr

d

r

1

dr

dr

dr

d

r

1w

dr

d

r

1

dr

d

dr

d

r

1

dr

d)r(w

32

2

2

2

2

Gl. 5-32

Page 110: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.8 Randbedingungen 5-13

0m

dr

wd

dr

dw

r

1Nm

dr

dw

r

1

dr

wdNm

r

2

2

2

2

rr

Gl. 5-33

0q

dr

dwr

dr

d

r

1

dr

dNqr

Gl. 5-34

5.8 Randbedingungen Die Gl. 5-23 entspricht einer partiellen Differenzialgleichung 4. Ordnung mit der an zwei ge-

genüberliegenden Rändern jeweils nur zwei Randbedingungen erfüllt werden können. Aus

einem gedachten Schnitt treten jedoch drei Spannungskomponenten heraus. Nach einem Vor-

schlag von Thomson1 u. Tait2 wird am Rand (hier der Rand x = x0 = konst.) das Drillmoment

statisch äquivalent durch eine Folge von Einzellasten ersetzt.

Abb. 5-15 Ersatzquerkräfte (hier der Rand x = x0 = konst.)

An der Grenze zweier benachbarter Elemente verbleibt nur der Zuwachs dyy

mdm xy

xy

.

Diese Einzelkraft wird Ersatzquerkraft genannt und der Querkraft hinzugefügt. Die Summe

y

mqq xy

xx

Gl. 5-35

1 William Thomson, seit 1892 Lord Kelvin of Largs, brit. Physiker, 1824-1907 2 Peter Guthrie Tait, 1831-1901

Page 111: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-14 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

heißt Randquerkraft. Die Randquerkraft entspricht der endgültigen Auflagerkraft.

5.8.1 Der eingespannte Rand x = x0 = konst.

0x

w

0)y,x(w

y,xx

0

0

Aus w = 0 folgt 0y

w,0

y

w2

2

usw. Aus 0x

w

folgt sofort 0yx

w2

, 0

yx

w2

3

Damit ist aber am Rand auch 0mxy und damit nach Gl. 5-35 ist xx qq . Die Reaktionslas-

ten sind

y,xx3

3

x

y,xx2

2

xx

0

0

x

wNq

x

wNm

Gl. 5-36

5.8.2 Der gelenkig gelagerte Rand x = x0 = konst.

0y,xm

0y,xw

0xx

0

Wegen w = 0 ist dann auch 0y

w,0

y

w2

2

usw. Dann ist

y,xx0

2

2

2

2

xx

0

y

w

x

wNm

.

Um mxx = 0 zu erfüllen, genügt es also auch 0x

wy,xx2

2

0

zu fordern oder auch 0w

0x

w

0)y,x(w

y,xx2

2

0

0

Gl. 5-37

oder

Page 112: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.8 Randbedingungen 5-15

0w

0)y,x(w

y,xx

0

0

Gl. 5-38

Für die Reaktionskraft gilt

y,xx

2

2

2

2

x

0y

w2

x

w

xNq

Gl. 5-39

5.8.3 Der freie Rand x = x0 = konst.

0y,xq

0y,xm

0x

0xx

0y

w2

x

w

x

0y

w

x

w

y,xx2

2

2

2

y,xx2

2

2

2

0

0

Gl. 5-40

Abb. 5-16 Rechtwinklige Plattenecke, Eckkraft

An einer rechtwinkligen Plattenecke tritt eine Besonderheit auf. Die aus dem Drillmoment

resultierenden statisch äquivalenten Ersatzquerkräfte mxy = myx addieren sich hier zu einer

Einzelkraft

xym2A Gl. 5-41

die Eckkraft genannt wird und bei einem drehbar gelagerten Rand vom Auflager aufgenom-

men werden muss. Am freien Rand wird A = 0 gefordert.

Page 113: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-16 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

Beispiel 5-1:

Für den beidseitig gelenkig gelagerten Plattenstreifen unter Gleichlast sind sämtliche Zu-

standsgrößen zu berechnen.

Abb. 5-17 Gelenkig gelagerter Plattenstreifen

Aufgrund von Geometrie und Belastung muss die Biegefläche eine Zylinderfläche sein.

In y-Richtung sind sämtliche Zustandsgrößen konstant. Von Gl. 5-23 verbleibt

N

p)x(w 0 mit

x

Viermalige Integration der obigen Differenzialgleichung liefert die Biegefläche

43

22

31

40 CxCxCxC

24

x

N

pw

Die noch freien Konstanten werden aus den Randbedingungen

0)a(m;0)0(m;0)a(w;0)0(w xxxx

ermittelt. Wir erhalten

0C;24

aC;0C;

12

aC 4

3

321

Biegefläche: ( )a/x : 344

0 2N24

apw

Momente: 0m,m12

apm,1

2

apm xyxx

20

yy

20

xx

Querkräfte: 0q212

apq y

0x

Speziell in Feldmitte gilt

N

ap

384

5w

40 ; 0q;m

8

apm;

8

apm xxx

20

yy

20

xx

Page 114: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5.9 Die Platte auf nachgiebiger Unterlage 5-17

Wegen 0mxy entsprechen die Querkräfte 2

ap)a(q)0(q 0

xx den Randquerkräften und

damit den endgültigen Auflagerkräften.

Hinweis: Aufgrund der zylindrischen Biegefläche existiert keine Krümmung in y-Richtung.

Trotzdem erhalten wir auch Biegemomente xxyy mm . Für Stahlbeton ( = 1/5) hätten wir

xxyy m2,0m . Diese, allein aus der Querdehnung herrührenden Momente, sind nach DIN

1045 mit einer Querbewehrung 1/5 der Hauptbewehrung abzudecken.

5.9 Die Platte auf nachgiebiger Unterlage

Abb. 5-18 Platte auf nachgiebiger Unterlage

Wir betrachten eine Platte, die vollständig auf einer elastischen Unterlage liegt1. Die Platte sei

durch Flächenlasten und Einzellasten in z- Richtung belastet (Abb. 5-18). Nach Winkler wird

angenommen, dass der Bodendruck pB proportional zur lokalen Eindringtiefe w ist:

wkpB Gl. 5-42

Die Konstante k heißt Bettungsmodul.

3

2222 m

NskgmEinheit,

ZeitLänge

Massek

1 Solche Systeme treten beispielsweise im Bauwesen bei Flachgründungen auf.

Page 115: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

5-18 5 Grundgleichungen der klassischen Plattentheorie

Material Bettungsmodul k [MN/m3]

Sand, locker, rund 10...15

Sand, mitteldicht, rund 50...100

Sand, dicht, eckig 150...250

Geschiebemergel, fest 30...100

Lehm, halbfest 20...50

Tabelle 5-1 Rechenwerte von Bettungszahlen k einiger ausgewählter Böden für Vorentwürfe1

Alle bisher gewonnenen Beziehungen bleiben erhalten, wenn wir p durch Bpp ersetzen.

Aus Gl. 5-24 folgt dann

N

ppw B Gl. 5-43

und mit Gl. 5-42

N

pw

N

kw

N

p

N

pw B

Gl. 5-44

Setzen wir noch

4

N

k Gl. 5-45

dann erhalten wir aus Gl. 5-44

N

pww 4 Gl. 5-46

Bei fehlender Querbelastung gilt

0ww 4 Gl. 5-47

1 Nach Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen - EAU, 8. Aufl. 1990

Page 116: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

6.1 Die Arbeit einer Kraft längs eines Verschiebungswe-ges

Abb. 6-1 Arbeit einer Kraft längs eines Verschiebungsweges

Für die an einem starren Körper angreifende Kraft F, deren Angriffspunkt sich auf einer

Bahnkurve C bewegt (Abb. 6-1), definieren wir die differentielle Arbeit längs des Verschie-

bungsweges dr als das Skalarprodukt

cosFdr)(cosdddAa rrF(r)rF(r) Gl. 6-1

Die skalare Größe dAa ist das Produkt aus der Kraftkomponente in Wegrichtung, also

cosF , und dem Verschiebungszuwachs dr, wenn Kraft- und Wegrichtung den Winkel

miteinander einschließen. Der Verschiebungszuwachs dr tangiert dabei an jeder Stelle r die

Page 117: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-2 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

Bahnkurve C. Auf dem endlichen Verschiebungsweg von r1 nach r2 verrichtet die Kraft die

Arbeit

rrFr

r

d)(A2

1

a Gl. 6-2

Sonderfall: Hängt die Kraft zFeF nicht vom Verschiebungswege r ab, und sind Kraft und

Verschiebungsdifferenzial zdzd er für den gesamten Verschiebungsweg parallel, dann geht

Gl. 6-2 über in

)zz(FdzFd)(A 12

z

z

a

2

1

2

1

rrFr

r

Gl. 6-3

Die Arbeit kann sowohl positiv, negativ oder auch Null sein. Die Definition wurde gerade so

gewählt, dass bei positiver Arbeit Aa die Kraft F Arbeit verrichtet, während bei negativer Ar-

beit Aa Arbeit gegen die Kraft aufgewendet werden muss. Für rF d ist der differentielle Ar-

beitsanteil dAa gleich Null. Die Arbeit hat die Dimension:

2

2

a)Zeit(

)Länge(MasseA

Einheit: JNmskgm 22

Beispiel: 6-1

Gesucht wird die Arbeit einer linear veränderlichen Streckenlast (Abb. 6-2) an einem vorge-gebenen Verschiebungsweg

22 463

f)x(w . x

Abb. 6-2 Kragträger mit linear veränderlicher Streckenlast

Wir führen die Lösung des Problems auf die Arbeit einer infinitesimalen Kraft dF längs des

Verschiebungsweges w(x) zurück. Die Arbeit der differentiellen Kraft dF = q(x) dx am Ver-

schiebungswege w(x) ist: )x(wdx)x(q)x(w)x(dFdAa

Page 118: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.2 Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment M 6-3

Für die Arbeit der gesamten Linienlast q(x) gilt dann: dx)x(w)x(qdAA0x

aa

.

Beachten wir

qqxqq

q)x(q r

, dann liefert die Integration

q

45

13q

5

2fd46qq

3

fA

1

0

22a

und für den Sonderfall Gleichstreckenlast erhalten wir mit 0r qqq und 0q

fq4,0f5

q2A 0

0a

.

Achtung: Prinzipiell falsch wäre es, im Fall der Gleichstreckenlast mittels der Resultierenden

0qR und dem zugehörigen Angriffspunkt 2* sowie der dortigen Verschiebung

f48

17)(w * die Arbeit fq354,0f

48

q17)(RwA 0

0*a

zu ermitteln.

6.2 Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment M

Abb. 6-3 Arbeit eines Kräftepaares

Abb. 6-4 Momentane Drehachse

Die Arbeit eines Kräftepaares mit dem Moment FrM (Abb. 6-3) leiten wir unmittelbar

aus der Definition Gl. 6-1 her. Nach Euler kann nämlich die infinitesimale Lageänderung

(Abb. 6-4) eines Punktes P des starren Körpers darstellt werden als die Hintereinanderschal-

tung einer für alle Körperpunkte identischen Translation drA und einer Rotation mit dem dif-

ferentiellen Drehwinkel d um den Punkt A, also

APA ddd rrr Gl. 6-4

Page 119: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-4 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

Dabei ist A ein beliebiger Punkt des Körpers und rAP der Verbindungsvektor von A nach P.

Nach Gl. 6-1 ist die differentielle Arbeit des Kräftepaares:

dMdrFdrFrdFaadF

addradrFrrFdrFrdF

21

2A21

1A21a ddddA

Der translatorische Anteil hebt sich offensichtlich heraus, und es verbleibt

d)M( adA Gl. 6-5

Dreht sich der Körper mit dem Kräftepaar von 1 bis 2 , so wird die Arbeit

2

1

aA

d)M( Gl. 6-6

verrichtet.

Beispiel: 6-2

Gesucht wird die Arbeit eines Momentes M an der Verdrehung des Stabendes nach Gl. 6-7,

wenn die Verschiebung 22 463

f)x(w vorgegeben ist.

Abb. 6-5 Balken mit Endmoment

Wird der Balken durch ein Moment M mit Drehrichtung um die negative y-Achse belastet,

dann leistet dieses Moment Arbeit an der Tangentenneigung w', denn es gilt für kleine Ver-

formungen w'(x)(x)(x)tan und damit

'MwA2

1

a

dM

Differentiation der Biegelinie nach x liefert:

3

f4)x('w33

3

f4'w 2

Für die Arbeit des Momentes erhalten wir dann:

f

3

M4)('MwAa

Page 120: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.3 Das Potenzial einer Kraft 6-5

6.3 Das Potenzial einer Kraft Zur Auswertung des Integrals Gl. 6-2 ist in aller Regel die explizite Angabe der Bahnkurve C

erforderlich, da sich mit der Lageänderung des Körpers im Allgemeinen auch die Kraft F än-

dert. Wir sprechen in diesem Fall von einem Kraftfeld F(r). In einem stationären1 Kraftfeld

ist F(r) nur vom Ort r abhängig, in einem instationären Kraftfeld hängt F(r,t) zusätzlich

noch von der Zeit t ab.

1

2(a) (b)

r1

r2

dr

F(r)

P

Abb. 6-6 Bewegung einer Kraft auf einer geschlossenen Bahnkurve

Betrachten wir Abb. 6-6, dann ist i.a. )b(21

)a(21 AA . Ist jedoch die Arbeit vom Weg unabhän-

gig, dann hängt sie nur vom Anfangs- und Endpunkt der Bahnkurve ab. Wir sprechen dann

von einem konservativen2 Kraftfeld. Wegunabhängigkeit )b(21

)a(21 AA

oder auch

01

)b(2

2

)a(1

drFdrF

ist gegeben, wenn gilt

0A)C(

a drF Gl. 6-7

Die Arbeit verschwindet demnach längs eines beliebigen geschlossenen Weges. Allgemein

kann gezeigt werden, dass für ein Kraftfeld, das Gl. 6-7 genügt, ein Potenzial U(r) existieren

muss, aus dem durch Gradientenbildung

zyx z

U

y

U

x

U)(U)(Ugrad eeerrF Gl. 6-8

das Kraftfeld F selbst gewonnen werden kann. Setzen wir nämlich Gl. 6-8 in Gl. 6-2, dann

folgt unter Beachtung von

1 von lat. stationarius ›stillstehend‹, ›zum Standort gehörig‹ 2 zu lat. conservare ›bewahren‹, ›erhalten‹

Page 121: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-6 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

dUdzz

Udy

y

Udx

x

U

dzdydxz

U

y

U

x

UU zyxzyx

eeeeeedr

)(U)(U)(dU)(UA 12

r

r

r

r

r

r

21

2

1

2

1

2

1

rrrrdrrdF(r) Gl. 6-9

Die Wegunabhängigkeit eines konservativen Kraftfeldes begründet sich aus dem Sachverhalt,

dass die Arbeit allein aus der Potenzialdifferenz der Orte r2 und r1 gewonnen werden kann.

Die Komponentendarstellung von Gl. 6-8 hinsichtlich einer kartesischen Basis liefert

z

Uy

Ux

U

F

F

F

z

y

x

F Gl. 6-10

Die Rotation eines Vektorfeldes (hier des Kraftfeldes F) wird in der Vektoranalysis als Wir-

bel des Vektorfeldes bezeichnet und symbolisch, unter Verwendung des Nablaoperators, in

der Form FF rot geschrieben. Kraftfelder, die ein Potenzial besitzen, sind demnach

wirbelfrei, denn es gilt:

0eee

xy

U

yx

U

zx

U

xz

U

yz

U

zy

UUgradUrot

22

z

22

y

22

x

Das Potenzial U(x,y,z) des Kraftfeldes muss also den folgenden Integrabilitätsbedingungen

genügen:

0xy

U

yx

U;0

zx

U

xz

U;0

yz

U

zy

U 222222

Gl. 6-11

6.3.1 Das Potenzial einer Gewichtskraft Als Beispiel einer Kraft, der ein Potenzial zugeordnet werden kann, betrachten wir die Ge-

wichtskraft G eines schweren Körpers in der Nähe der Erdoberfläche (Abb. 6-7).

Page 122: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.3 Das Potenzial einer Kraft 6-7

Abb. 6-7 Arbeit der Gewichtskraft G

Die Gewichtskraft zGeG hat in dem gewählten Koordinatensystem nur eine Komponen-

te. Mit dem Ortsvektordifferenzial zyx dzdydx eeedr erhalten wir zunächst

dzGrdAa dG Gl. 6-12

Integrieren wir diesen Ausdruck längs des Verschiebungsweges von r1 nach r2, also

21

z

z

1221 zzGzzGGdzA2

1

2

1

r

r

drG

dann erhalten wir die Arbeit der Gewichtskraft G, die offensichtlich nur von den z-

Koordinaten der beiden Endpunkte abhängt. Das Potenzial der Gewichtskraft folgt aus Gl.

6-10 zu

adAGdzdUdz

dUG

nach Integration zwischen den beiden Lagen r1 und r2

)zz(GUU 1212 Gl. 6-13

Nehmen wir das Nullniveau bei z2 = 0 an (U2 = 0), dann hat der Körper mit der Gewichtskraft

G bezüglich der Ebene NN die Energie der Lage oder die potentielle Energie

hGU Gl. 6-14

Die Dimension dieser skalaren Größe ist

JNmsmkgEinheit)Zeit(

)Länge(MasseU 22

2

2

Page 123: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-8 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

Die potentielle Energie kann anschaulich gedeutet werden als diejenige Energie, die benötigt

wird, um G vom Nullniveau (z = 0) um z anzuheben. Sie ist > 0, wenn sich der Schwerpunkt

oberhalb des Nullniveaus befindet, Null, wenn der Schwerpunkt im Nullniveau liegt und < 0,

wenn er sich unterhalb desselben befindet.

6.3.2 Das Potenzial einer Federkraft

Abb. 6-8 Lineare Feder, Kraft-Verformungsdiagramm

Als weiteres Beispiel für eine konservative Kraft betrachten wir die äußere Kraft xeF cx ,

die eine lineare Feder mit der Federkonstanten c aus der ungespannten Lage (x = 0) in die

Lage x auslenkt (Abb. 6-8). Nach Gl. 6-2 leistet die Kraft dabei die Arbeit

Fx2

1cx

2

1xdxcxd)x(FA 2

x

0x

x

0x

a

Gl. 6-15

In Gl. 6-15 wurde xdxr ed berücksichtigt. Die Federkraft fF leistet als Reaktionskraft dann

die innere Arbeit

Fx2

1cx

2

1xd)x(FA 2

x

0x

f

Gl. 6-16

Zur Berechnung des Potenzials der Federkraft beachten wir Gl. 6-10 und erhalten

cxdx

dUcx

dx

dUFF ff

fx

Integration liefert:

Page 124: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.4 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für elastische Körper 6-9

2f cx

2

1U Gl. 6-17

Geometrisch entspricht das Potenzial der Federkraft Uf der in Abb. 6-8 schraffierten Dreiecks-

fläche unterhalb der linearen Kraft-Verschiebungskurve. Auch das Potenzial Uf ist nur bis auf

eine (additive) Konstante festgelegt.

Entsprechende Beziehungen lassen sich für eine Drehfeder mit der Federkonstanten cd herlei-

ten. Ist ydc eM das äußere Moment, das die lineare Feder aus der ungespannten Lage

0 in die Lage auslenkt, dann folgt unter Beachtung von d yd e die dabei vom

äußeren Moment geleistete Arbeit

M2

1c

2

1dcd)(MA 2

d

0

d

0

a Gl. 6-18

Für das Federmoment MM f ist dann analog zu Gl. 6-17

2df c

2

1U Gl. 6-19

Hinweis: Zu den Kräften, die sich nicht aus einem Potenzial ableiten lassen, gehören z.B. die

geschwindigkeitsabhängigen Reibungskräfte, die dem Materialgesetz

v)v(f

vR mit 0)v(f

genügen. Unter Beachtung von dtdtdt

r vdr

d liefert Gl. 6-7

0dtv)v(fdtv

)v(frAa vv

dR

eine Arbeit, die immer negativ ist. Wegen 0Aa lässt sich ein Potenzial nicht nachweisen.

Da diese Kräfte Arbeit zerstreuen, werden sie auch dissipative Kräfte1 genannt. Zur Berech-

nung der Arbeit einer dissipativen Kraft muss deshalb der vollständige Verschiebungszustand

des Kraftangriffspunktes bekannt sein.

6.4 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für elasti-

sche Körper

Wir betrachten in einem ersten Schritt einen elastischen Körper, dessen Ausgangszustand

spannungs- und verzerrungsfrei ist. Dieser Körper sei einem einachsigen Spannungs- und

Deformationszustand unterworfen. Die einzigen von Null verschiedenen Spannungs- und

1 zu lat. dissipare ›zerstreuen‹, ›verschwenden‹

Page 125: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-10 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

Verzerrungskomponenten sind dann z.B. xx und xx . Ist die Spannung xx eine allgemeine

Funktion von xx , also

)(f xxxx Gl. 6-20

dann definieren wir als Differenzial der spezifischen1 Formänderungsenergie (Abb. 6-9)

xxxx)s( d)(fdW Gl. 6-21

Nach Integration über den gesamten Verzerrungszustand erhalten wir die spezifische Form-

änderungsenergie

xx

xx 0

xxxxxx)s( d)(f)(W Gl. 6-22

Fassen wir umgekehrt die Dehnungen als Funktion der Spannungen auf, also

)(f xx*

xx Gl. 6-23

dann definieren wir als Differenzial der spezifischen Ergänzungsenergie (Abb. 6-9)

xxxx**)s( d)(fdW Gl. 6-24

Abb. 6-9 Spezifische Formänderungs- und Ergänzungsenergie

1 auf die Volumeneinheit bezogen

Page 126: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.4 Formänderungs- und Ergänzungsenergie für elastische Körper 6-11

Nach Integration über den gesamten Spannungszustand erhalten wir die spezifische Ergän-

zungsenergie xx

xx

(s)* *xx xx xx

0

W ( ) f ( )d

Gl. 6-25

Aus Abb. 6-9 wird auch deutlich, warum *)s(W spezifische Ergänzungsenergie genannt wird.

Sie ergänzt offensichtlich die spezifische Formänderungsenergie, die sich im eindimensiona-

len Fall geometrisch als die Fläche unterhalb der Kurve )(f xxxx interpretieren lässt, zu

einem Rechteck der Größe (s) (s)*

xx xxW W Gl. 6-26

Die spezifische Formänderungsenergie und auch die Ergänzungsenergie haben Potenzialcha-

rakter, denn aus Gl. 6-21 und Gl. 6-24 folgen unmittelbar

(s)

xx xxxx

(s)**

xx xxxx

dWf ( )

d

dWf ( )

d

Gl. 6-27

oder in Worten:

1. Die spezifische Formänderungsenergie ist das Potenzial der Spannung.

2. Die spezifische Ergänzungsenergie ist das Potenzial der Verzerrung.

Abb. 6-10 Linear elastisches Material, Formänderungs- und Ergänzungsenergie

Bei linear elastischem Material sind im isothermen Fall (T = 0) die Maßzahlen für die spezifi-

sche Formänderungsenergie und die spezifische Ergänzungsenergie gleich. Hier gilt nämlich

nach Hooke: xxxx E und damit

Page 127: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-12 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

(s) (s)* 2 2xx xx xx xx

E 1 1W W

2 2E 2

In Verallgemeinerung auf den dreidimensionalen Fall erhalten wir die spezifische Formände-

rungsenergie für Hookesches Material in Matrizenschreibweise

εDεεDεεσ TTT(s)

2

1

2

1

2

1W Gl. 6-28

Ausrechnen von Gl. 6-28 liefert in kartesischen Koordinaten

2

zx2

yz2

xy2

zzyyxx2

zz2

yy2

xx(s) γγγ

2

1εεε

ν21

νεεεGW Gl. 6-29

und unter Beachtung von Luε gilt weiter

u)LDL(uDεε TTT ()2

1

2

1W(s) Gl. 6-30

Die Auswertung der rechten Seite von Gl. 6-30 liefert

222

2222

(s)

z

x

x

z

v

z

z

v

x

v

y

u

2

1

z

w

y

v

x

u

ν21

ν

z

w

y

v

x

u

GW Gl. 6-31

Die Formänderungsenergie ergibt sich in jedem Fall durch Integration der spezifischen Form-

änderungsenergie über das Gesamtvolumen des betrachteten Körpers.

(V)

(s)dVWW Gl. 6-32

6.5 Formänderungsenergie für den geraden Balken

Wir beschränken uns auf linear elastisches Material. Für die folgenden Untersuchungen wird

der isotherme Fall mit T = 0 zugrunde gelegt.

Page 128: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.5 Formänderungsenergie für den geraden Balken 6-13

6.5.1 Schiefe Biegung mit Normalkraft

Von den Verzerrungen verbleibt nur die Dehnung vywzuxx . Alle anderen Verzer-

rungen sind Null. Die spezifische Formänderungsenergie Gl. 6-29 reduziert sich unter Beach-

tung von 0 und G = E/2 auf

22222

22xx

)s(

vyvwyz2wzvyu2wzu2u2

E

vywzu2

E

2

EW

und mit dxdAdV erhalten wir bei Bezugnahme auf Hauptzentralachsen

dxdAy)x(vdAyz)x(v)x(w2dAz)x(w

dAy)x(v)x(u2dAz)x(w)x(u2dA)x(u

2

EdVWW

0x

I

)A(

22

0

)A(

I

)A(

22

0

)A(

0

)A(

A

)A(

2

)V(

)s(

zzyy

Nach Zusammenfassung verbleibt

dx)x(vEI)x(wEI)x(uEA2

1W

0x

2zz

2yy

2

Gl. 6-33

Die spezifische isotherme Formänderungsenergie lässt sich unter Beachtung von

y

I

)x(Mz

I

)x(M

A

)x(N

E

1

E zz

z

yy

yxxxx

auch als Funktion der Schnittlasten N(x), My(x) und Mz(x) darstellen:

2

zz

z

yy

y2xx

)s( yI

)x(Mz

I

)x(M

A

)x(N

E2

1

2

EW

Integration über das Stabvolumen führt auf

dxEI

)x(M

EI

)x(M

EA

)x(N

2

1W

0x zz

2z

yy

2y

2

Gl. 6-34

Page 129: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-14 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

Beispiel: 6-3

Für den durch eine Normalkraft F und eine

Linienlast q0 belasteten Kragträger ist die

Formänderungsenergie zu berechnen.

Lösung: Aus Gleichgewicht ergeben sich die

Schnittlasten:

N = F = konst.; 20y x

2

q)x(M

Mit Gl. 6-34 erhalten wir dann

yy

520

2

0x

4

yy

20

2

0x yy

2y

2

EI40

q

2EA

Fdxx

4EI

q

EA

F

2

1dx

EI

(x)M

EA

(x)N

2

1W

Hinweis: Die Verschiebung u eines Dehnstabes infolge Einzellast F am Stabende ist bekannt-

lich EA

Fu

. Die Arbeit der Kraft F an dieser Verschiebung ist nach Gl. 6-15

EA2

FFu

2

1A

2

und damit identisch mit der im Körper gespeicherten Formänderungsenergie, die z.B. dazu

genutzt werden kann, den Körper bei der Entlastung wieder in seinen Ausgangszustand zu

bringen.

6.5.2 Querkraftbeanspruchung

Für den schubelastischen Balken gilt: w2

1

2

1yyxz . Mit Gl. 6-29 finden wir dann

2y

)S( G2

1W

und nach Integration über das Gesamtvolumen des Stabes

dx)x(GA2

1W

0x

2y

Gl. 6-35

Page 130: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.5 Formänderungsenergie für den geraden Balken 6-15

Unter Beachtung des Werkstoffgesetzes für die Querkraft yz GAQ können wir mit Gl.

6-35 auch

dxGA

)x(Q

2

1W

0x

2z

Gl. 6-36

schreiben. Durch formale Erweiterung auf den zweidimensionalen Fall erhalten wir in Erwei-

terung von Gl. 6-35

dx)x(GA2

1dx)x(GA

2

1W

0x

2z

0x

2y

Gl. 6-37

Und entsprechend von Gl. 6-36

dxGA

)x(Q

2

1dx

GA

)x(Q

2

1W

0x

2y

0x

2z

Gl. 6-38

Im Fall des schubstarren Balkens liegt kein Stoffgesetz für die Querkräfte vor. Wir gehen

deshalb von den aus Gleichgewichtsbetrachtungen ermittelten Schubspannungen

)z(b)x(I

)z(S)x(Q

yy

yzxz

aus. Mit Gl. 6-25 erhalten wir 2

yy

yz2xz

)S()S(

)z(b)x(I

)z(S)x(Q

G2

1

G2

1W*W

und damit

dx)x(A)x(I

)x(A)x(Qdz

)z(b

)z(S

dzdx)z(b)z(b)x(I

)z(S)x(Q

G2

1dAdx

)z(b)x(I

)z(S)x(Q

G2

1dV

G

1

2

1W

0x2

2z

z

zz

2y

)V(22

2y

2z

)V(22

2y

2z

)V(

2xz

yy

u

o

yyyy

Die obige Beziehung können wir noch etwas kompakter schreiben, wenn wir den dimensions-

losen Querschnittswert

u

o

2

z

zz

2y

yy

z dz)z(b

)z(S

)x(I

)x(A)x( Gl. 6-39

einführen. Wir erhalten dann die Formänderungsenergie

Page 131: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-16 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

0x

2z

z dx)x(A

)x(Q)x(

G2

1W Gl. 6-40

Beispiel 6-1:

Gesucht wird die Formänderungsenergie für einen Balken mit Rechteckquerschnitt der Breite

b und der Höhe h.

Lösung:

22

y h

z21

8

bh)z(S . Für den Querschnittswert erhalten wir

5

6

120

hb

hb

144dz)z(S

b12bh

bhdz

b

)z(S

I

A 52

52

2/h

2/hz

2y23

2/h

2/hz

2y

yy

z 2

und damit

0x

2z dx)x(Q

GA5

3W

Beispiel 6-2:

Gesucht wird die Formänderungsenergie eines Balkens mit Kreisquerschnitt (Radius a). 232

3y

4

yy2

a

z1a

3

2)z(S;

4

aI;aA

;

2

a

z1a2)z(b

; dz)z(bdA

65a

0z

2525

a

az

2y a

72

5a

32

5a

9

4dz

a

z1a

9

4dz

)z(b

)z(S

9

10a

72

5

4

a

adA

)z(b

)z(S

I

A 624

2

)A(2

2y

yy

z 2

und damit

0x

2z dx)x(Q

GA9

5W

Für den Fall der schiefen Biegung mit Qz und Qy werden die oben hergeleiteten Beziehungen

sinnvoll erweitert. Wir erhalten entsprechend Gl. 6-40

0x

2y

y

0x

2z

z dxGA

)x(Q)x(

2

1dx

GA

)x(Q)x(

2

1W Gl. 6-41

Page 132: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.5 Formänderungsenergie für den geraden Balken 6-17

Bei dünnwandigen Walzprofilen (I-Profil, U-Profil usw.) wird die Querkraft Qz vorwiegend

durch den Steg abgetragen. Bezeichnet A die Querschnittsfläche des Gesamtquerschnittes und

ASteg die Querschnittsfläche des Steges, dann kann näherungsweise

Stegz A

A Gl. 6-42

gesetzt werden.

6.5.3 Torsion

Wir beschränken uns auf den wölbfreien Kreis- bzw. Kreisringquerschnitt. Für den Verschie-

bungsvektor gilt

)]x(y);x(z;0[ xx u

mit den daraus resultierenden Gleitungen

)x(y

)x(z

xxz

xxy

Abb. 6-11 Torsion eines kreisförmigen Balkens

Alle anderen Verzerrungen sind null. Mit Gl. 6-29 erhalten wir

)x()

r

zy(2

G

2

GW 2

x

2

222xz

2xy

)s(

und nach Integration über das Stabvolumen

Page 133: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-18 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

0x

2xp

0x

2x

I

)A(

2 dxGI2

1dx)dAr(G

2

1W

p

Gl. 6-43

Beachten wir noch das Werkstoffgesetz p

xx GI

M)x()x(D , dann lässt sich die in einem tor-

dierten Stab gespeicherte Formänderungsenergie auch durch das Schnittlastmoment Mx aus-

drücken:

0x p

2x dxGI

)x(M

2

1W Gl. 6-44

Liegt eine kombinierte Beanspruchung vor, dann dürfen die Einzelbeanspruchungen zur Ge-

samtlösung superponiert werden. Die Addition sämtlicher Formänderungsanteile liefert:

dxGI

)x(M

GA

)x(Q

GA

)x(Q

EI

)x(M

EI

)x(M

EA

)x(N

2

1W

0x p

2x

2y

y

2z

zzz

2z

yy

2y

2

Normalkraft Biegung Querkraft Torsion

0x

2 dx)x(uEA2

1W

0x

2zz

0x

2yy

dx)x(vEI2

1

dx)x(wEI2

1W

dx)x(GA2

1

dx)x(GA2

1W

0x

2z

0x

2y

(schubelastischer Balken)

0x

2xp dxGI

2

1W

0x

2

dxEA

)x(N

2

1W

0x zz

2z

0x yy

2y

dxEI

)x(M

2

1

dxEI

)x(M

2

1W

0x

2y

y

0x

2z

z

dxGA

)x(Q

2

1

dxGA

)x(Q

2

1W

(schubstarrer Balken)

0x p

2x dx

GI

)x(M

2

1W

Tabelle 6-1 Formänderungsenergien für den geraden Stab bei linear elastischem Materialverhalten

Hinweis: Der Anteil der Formänderungsenergie aus Querkraft ist im Vergleich zu den übrigen

Beanspruchungen von untergeordneter Bedeutung und wird deshalb in praktischen Berech-

nungen oftmals vernachlässigt.

Page 134: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6.6 Die isotherme Formänderungsenergie für die Scheibe 6-19

6.6 Die isotherme Formänderungsenergie für die Scheibe

Die Scheibenebene liege parallel zur x-y-Ebene. Es gilt der ebene Spannungszustand mit dem

Verschiebungsvektor

)v,u(T u

und den daraus abgeleiteten Verzerrungen

x

v

y

u,

y

v,

x

u,, xyyyxx

sowie der Materialmatrix

2

ν100

01ν

0ν1

ν1

E2ESD

Für die spezifische Formänderungsenergie erhalten wir dann

2

xyyyxx2

yy2

xx2(s)

2

1εε2εε

)ν1(2

E

2

1W εDε ES

T Gl. 6-45

und unter Beachtung von Luε

222

2

(s)

x

v

y

u

2

1

y

v

x

u2

y

v

x

u

)ν1(2

E

2

1W (Lu)D(Lu) ES

T

Gl. 6-46

Die Formänderungsenergie der gesamten Körpers ist dann (Scheibendicke h)

A(A)

(s) dA2

hdAWhW (Lu)D(Lu) ES

T Gl. 6-47

Page 135: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

6-20 6 Der Arbeits- und Energiebegriff in der Elastostatik

6.7 Formänderungsenergie für die schubstarre Platte

Die Plattenmittelfläche liege in der x-y-Ebene. Die Verschiebung

y

wz,

x

wz)v,u(Tu

eines Punktes P mit dem Abstand z von der Plattenmittelfläche lässt sich durch die Änderung

des Verschiebungsfeldes w(x,y) ausdrücken. Daraus ergeben sich die Verzerrungen

zzyx

w2,

y

w,

x

w,, T

2

2

2

2

2

xyyyxxT κε

Mit der Materialmatrix für den ebenen Spannungszustand

2

100

01

01

1

E2

D

folgt für die Spannungen Dεσ und damit die spezifische Formänderungsenergie

DκκDεεεσ T2

TT)s(

2

z

2

1

2

1W Gl. 6-48

Ausrechnen liefert

yx

w

y

w

x

w)1(2w

)1(2

EzW

2

2

2

2

22

2

2)s( Gl. 6-49

In jedem Fall ist die Formänderungsenergie der gesamten Platte

dA2

1dA

12

h

2

1dVWW

)A(

T

)A(

T3

)V(

)s( κDκDκκ PL Gl. 6-50

wobei

2

100

01

01

)1(12

Eh2

3

PLD

die Materialmatrix der Plattenbiegung bezeichnet.

Page 136: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7 Näherungsverfahren bei eindimen-sionalen Randwertproblemen

Aufgrund der komplexen Struktur der allgemeinen Grundgleichungen der Elastizitätstheorie

sind analytische Lösungen für die Deformationen und Kraftgrößen eines Körpers nur in weni-

gen Spezialfällen möglich. Bei vielen Problemen der Praxis liegen komplizierte Randbedin-

gungen oder auch Differenzialgleichungen vor, die analytisch nicht mehr behandelt werden

können. Das trifft insbesondere auf nichtlineare Differenzialgleichungen zu, für die geschlos-

sene Lösungen nur sehr selten auffindbar sind. In allen diesen Fällen ist der Berechnungsin-

genieur auf Näherungslösungen angewiesen. Dazu zählt auch die FEM. Im Hinblick auf die

Beschaffung von Näherungslösungen ist es hilfreich, sich mit den Grundlagen der Variations-

rechnung1 zu beschäftigen, wobei wir uns im Folgenden auf eindimensionale Probleme be-

schränken.

7.1 Grundzüge der Variationsrechnung

Sehr vereinfachend formuliert besteht ein Variationsproblem aus der Aufgabe, eine Funktion

y(x), bxa unter Beachtung von eventuell vorhandenen Randbedingungen für y(x) und

)x(y in den Randpunkten a und b zu ermitteln, die das Integral

b

a

b

a2

2

dx)y,y,y,x(Fdxdx

)x(yd,

dx

)x(dy),x(y,xF}y{I Gl. 7-1

1 lat. ›Veränderung‹

Page 137: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-2 Näherungslösungen

extremal macht, d.h. ein Maximum oder ein Minimum liefert. Im Vergleich zum gewöhnli-

chen Maximum-Minimum-Problem wird hier also eine ganze Funktion gesucht, die überdies

noch unter einem Integral steht. Die Grundfunktion F soll nur Ableitungen der gesuchten

Funktion y(x) bis zur zweiten Ordnung enthalten, was für unsere anstehenden Problemstel-

lungen ausreichend ist. Die Variationsaufgabe lautet dann

Extremumdx)y,y,y,x(F}y{Ib

a

Gl. 7-2

Durch einen mathematischen Kunstgriff kann die Lösung von Gl. 7-2 auf ein gewöhnliches

Maximum-Minimum-Problem zurückgeführt werden. Dazu wird im Intervall (a,b) eine Schar

von variierten Funktionen

)x()x(y)x(y Gl. 7-3

betrachtet, die auch Vergleichsfunktionen genannt werden. In Gl. 7-3 ist ein Parameter. Die

Vergleichsfunktion )x(y muss denselben Randbedingungen genügen wie die gesuchte Funk-

tion y(x). Das erfordert für 0 das Verschwinden der Funktionen und ' an den Rand-

punkten.

Abb. 7-1 Variierte Funktion y(x), Randwerte für beide Ränder vorgegeben

Abb. 7-2 Variierte Funktion y(x), nur linker Rand-wert vorgegeben

In Analogie zu Gl. 7-2 bilden wir mit der Schar von Vergleichsfunktionen Gl. 7-3 das Funkti-

onal

)(Idx)y,y,y,x(Fdx)y,y,y,x(F}y{Ib

a

b

a

Gl. 7-4

das bei festgehaltenem eine Funktion des Parameters ist. Da aber voraussetzungsgemäß

I{y} ein Extremum des Variationsintegrals ist, muss I() für = 0 einen Extremwert besitzen,

Page 138: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.1 Grundzüge der Variationsrechnung 7-3

was 0d

)(dI

0

erfordert. Um die letzte Beziehung auszuwerten, entwickeln wir die Grund-

funktion F in Gl. 7-4 in eine Taylorreihe:

...y

F

!2

1

y

F

!1

1...

y

F

!2

1

y

F

!1

1...

y

F

!2

1

y

F

!1

1

)y,y,y,x(F)y,y,y,x(F

2

2

22

2

22

2

2

Führen wir unter dem Integral die Differentiation nach aus und setzen danach = 0, dann

verbleibt

dxy

F

y

F

y

F0

d

)(dI b

a0

Gl. 7-5

Mit )x(y)x(y)x(y~)x( und yyy~ sowie yyy~ geht Gl.

7-5 über in

0dxyy

Fy

y

Fy

y

F

d

)(dI b

a0

Gl. 7-6

Bezeichnen wir mit 0d

)(dII

die erste Variation des Funktionals I, dann erscheint Gl.

7-6 in der Form

0dxyy

Fy

y

Fy

y

FI

b

a

Gl. 7-7

Das Auftreten eines Extremwertes des Funktionals I ist also gleichbedeutend mit dem Ver-

schwinden seiner ersten Variation. In Gl. 7-7 ist noch

ydx

dy

dx

dyy

dx

dy

2

2

Gl. 7-8

zu beachten. Wir formen nun mittels partieller Integration1 den Integranden in Gl. 7-5 mit

dem Ziel um, die Ableitungen der Variationen )x(y unter dem Integral zum Verschwinden

zu bringen. Das Ergebnis ist

0yy

Fy

y

F

dx

d

y

Fdxy

y

F

dx

d

y

F

dx

d

y

FI

b

a

b

a

b

a2

2

Gl. 7-9

Wegen der Beliebigkeit der Variationen )x(y werden nun solche betrachtet, für die sämtli-

che Randgrößen y und y an den Rändern verschwinden. Diese Randbedingungen heißen

1 b

a

ba

b

a

dvu]vu[vdu

Page 139: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-4 Näherungslösungen

homogene Randbedingungen. Damit verschwinden in Gl. 7-9 sämtliche Randterme, womit

nur noch das Integral verbleibt. Da aber im Intervall (a,b) die Werte der Variation )x(y be-

liebig sind, verschwindet das Integral nur dann, wenn der Faktor bei y zu Null wird, also die

Eulersche Differenzialgleichung

0y

F

dx

d

y

F

dx

d

y

F2

2

Gl. 7-10

besteht. Da Gl. 7-10 auf jeden Fall erfüllt sein muss, verbleiben im allgemeinen Fall inhomo-

gener Randbedingungen nur die Randterme

0yy

Fy

y

F

dx

d

y

FI

b

a

b

a

Gl. 7-11

Sind y oder y' am Rande nicht vorgegeben, dann sind dort y oder y beliebig und Gl. 7-11

kann nur bestehen, wenn die natürlichen Randbedingungen

0y

F

dx

d

y

Fb

a

bzw. 0

y

Fb

a

Gl. 7-12

erfüllt sind. Enthält das Variationsproblem für y(x) zusätzlich Randterme Z der Form

Extremum)]y,y,x[(Zdx)y,y,y,x(F}y{Ib

a

b

a

Gl. 7-13

dann folgt daraus die Extremalbedingung

0yy

Z

y

Fy

y

Z

y

F

dx

d

y

F

dxyy

F

dx

d

y

F

dx

d

y

FI

b

a

b

a

b

a2

2

Gl. 7-14

An der Eulerschen Differenzialgleichung hat sich offensichtlich nichts geändert, nur die na-

türlichen Randbedingungen erfahren eine Erweiterung.

Im folgenden Abschnitt lernen wir ein Energieprinzip der Statik kennen, welches die Grund-

lage für die Herleitung der Grundgleichungen der FEM sein wird.

Page 140: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.2 Das Prinzip der virtuellen Verrückung 7-5

7.2 Das Prinzip der virtuellen Verrückung In der Statik bilden die beiden Axiome Kraftgleichgewicht und Momentengleichgewicht

die Grundlage zur Berechnung mechanischer Systeme. Neben diesen Grundgesetzen werden

außer dem Befreiungsprinzip und dem Schnittprinzip bei Systemen starrer Körper die ki-

nematischen Beziehungen und bei deformierbaren Körpern zusätzlich geeignete Material-

gesetze benötigt. Die Vorgehensweise bei der Lösung mechanischer Probleme gestaltet sich

dabei wie folgt:

Systeme starrer Körper:

1. Befreiung des Systems von den Auflagern, Anbringen der Auflagerreaktionslasten nach

dem Befreiungsprinzip

2. Zerschneiden des Systems, Anbringen der Schnittlasten nach dem Schnittprinzip

3. Anwendung der Gleichgewichtsbedingungen auf jedes freigeschnittene Teilsystem

4. Formulierung der kinematischen Beziehungen für das Starrkörpersystem

5. Berechnung der Auflager- und Schnittkräfte

Deformierbare Körper:

1. Herausschneiden eines Volumenelements

2. Anwendung der Gleichgewichtsbedingungen auf das Element

3. Aufstellen der kinematischen Beziehungen, also den Beziehungen zwischen den Ver-

schiebungen und den Verzerrungen

4. Wahl eines Materialgesetzes

5. Elimination der Spannungen führt auf ein System partieller Differenzialgleichungen für

die Verschiebungen, den Lamé-Navierschen Verschiebungsdifferenzialgleichungen, Eli-

mination der Verschiebungen führt auf die Beltrami-Michellschen Spannungsdifferenzial-

gleichungen,

6. Lösung des Gleichungssystems unter Berücksichtigung der Randbedingungen

Einen eleganten Zugang zur Lösung vieler Elastizitätsprobleme eröffnet das Prinzip der virtu-

ellen Verrückung, das wir hier zur Herleitung von Näherungsverfahren verwenden werden.

Das Prinzip der virtuellen1 Verrückung ist eine den Gleichgewichtsbedingungen äquivalente

Energieaussage, das sowohl für starre als auch für deformierbare Körper formuliert werden

kann.

1 virtualis zu lat. virtus ›Tüchtigkeit‹, ›Mannhaftigkeit‹, fachsprachlich für nicht wirklich; scheinbar; gedacht.

Page 141: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-6 Näherungslösungen

Abb. 7-3 Virtuelle Verrückung

Definition: Eine virtuelle Verrückung uδ ist eine dem aktuellen Deformationszustand zusätz-

lich überlagerte Verschiebung (Variation des Verschiebungszustandes) mit den folgenden

Eigenschaften:

1. u ist geometrisch möglich, d.h. bei der virtuellen Verrückung wird der Zusammenhang

des Körpers gewahrt. u ist verträglich (kompatibel) mit den Lagerungsbedingungen.

2. Die Verrückung u ist differentiell klein. Damit können in allen Rechnungen Terme von

höherer Ordnung als klein gestrichen werden.

3. Sämtliche inneren und äußeren Kraftgrößen werden bei der Durchführung der Variation

u konstant gehalten, d.h. nicht variiert.

4. Die virtuelle Verrückung ist eine gedachte Verrückung bei festgehaltener Zeit. Dabei ist

uninteressant, in welcher Zeit wir uns diese virtuelle Verrückung entstanden denken.

Das -Symbol ist der Variationsrechnung entlehnt und soll zum Ausdruck bringen, dass es

sich um Änderungen handelt, die nicht einzutreten brauchen. Mathematisch entspricht dem -

Symbol das d-Symbol, das im Gegensatz zu den virtuellen Änderungen wirklich eintretende

Änderungen bezeichnet.

Das Prinzip der virtuellen Verrückungen für elastische Körper besagt:

ia δAδA Gl. 7-15

oder in Worten:

Befindet sich ein Körper im Gleichgewicht, dann ist bei einer virtuellen Verrückung des Körpers die

Arbeit der äußeren Kräfte gleich der Arbeit der inneren Kräfte.

Werden bei der virtuellen Verrückung die Lagerungsbedingungen des Systems berücksichtigt,

dann kann statt aδA auch (e)aδA (Arbeit der eingeprägten Kräfte1) geschrieben werden, da

dann bei der virtuellen Verrückung die Reaktionskräfte keine Arbeit leisten.

1 Die äußeren Kräfte setzen sich bekanntlich aus eingeprägten Kräften und Reaktionskräften zusammen

Page 142: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.2 Das Prinzip der virtuellen Verrückung 7-7

Die Variation der inneren Arbeit ist identisch mit der Variation der Formänderungsenergie,

also δWδAi , so dass wir für Gl. 7-15 auch δWδAa oder umgeformt

0δΠAWδδAδW aa Gl. 7-16

schreiben können. Der Ausdruck

)dOdVρ(WAWΠO(V)(V)

n

1kk

m

1jjja

usufMuF Ok Gl. 7-17

wird elastisches Potenzial genannt, und Gl. 7-16 heißt Satz vom Extremum des elastischen

Potenzials.

In der obigen Gleichung wird im Ausdruck für die äußere Arbeit durch die Pfeile angedeutet,

dass allein die Verrückungsgrößen zu variieren sind. Das ist auch dann der Fall, wenn die

Belastungen, z.B. bei Federkraftbelastungen, von den Verschiebungen abhängen. In Worten

besagt Gl. 7-16:

Von allen denkbaren Verschiebungszuständen eines elastischen Körpers ist Derjenige der

wirklich Eintretende, für den die Energiegröße einen stationären Wert (Maximum oder Mi-

nimum) annimmt.

Abb. 7-4 Biegeträger mit Querbelastung

Wie wir in Kap. 7.1 gesehen haben, kann ein mittels des Prinzips der virtuellen Verrückung

bereitgestelltes funktional unbestimmtes Problem unter Berücksichtigung der vorgegebenen

und natürlichen Randbedingungen in eine Differenzialgleichung übergeführt werden. Dazu

betrachten wir den Biegeträger nach Abb. 7-4. Im Sinne des Prinzips muss der Ausdruck

dx)x(w),x(w,xFdx)x(w)x(q)x(w2

EI}w{

0x0x

2yy

Gl. 7-18

extremal gemacht werden. Das ist gleichbedeutend mit der Forderung nach dem Verschwin-

den der ersten Variation, also 0)w( . Nach Gl. 7-10 ist die Eulersche Differenzialglei-

chung 0w

F

dx

d

w

F

dx

d

w

F2

2

. In der Grundfunktion )x(w)x(q)x(w2

EIF 2yy tritt

Page 143: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-8 Näherungslösungen

die Ableitung nach w' nicht auf, was auf 0w

F

dx

d

w

F2

2

führt, und wie erhalten mit

)x(qw

F

sowie ])x(wEI[w

F

dx

dyy2

2

die Gleichung

)x(q])x(wEI[ yy Gl. 7-19

die identisch ist mit der Differenzialgleichung für die Biegelinie des elastischen Balkens. An

den Rändern sind wegen 0w die natürlichen Randbedingungen

0MwEIw

F0y0yy

0

Gl. 7-20

einzuhalten. Setzen wir in den Ausdruck für das elastische Potenzial

dx)x(w)x(q)x(w2

EI}w{

0x

2yy

Gl. 7-21

die Verschiebung, die sich nach Gl. 7-19 ergibt, dann erhalten wir unter Berücksichtigung von

])x(w)x(EI[)x(q yy

dx)x(w)x(EIwwEIw)wEI(dx)x(w)x(EI2

1

dx)x(w)x(w)x(EIdx)x(w)x(EI2

1

0x

2yy0yy0yy

0x

2yy

0x

yy

0x

2yy.extr

und unter Beachtung der Randbedingungen für unser Beispiel nach Abb. 7-4

dx)x(w)x(EI2

1dx)x(w)x(EIdx)x(w)x(EI

2

1

0x

2yy

0x

2yy

0x

2yy.extr

Gl. 7-22

Beachten wir noch das Werkstoffgesetz )x(w)x(EI)x(M yyy , dann können wir auch

0dx)x(w)x(q2

1dx

)x(EI

)x(M

2

1dx)x(w)x(EI

2

1

0x0x yy

2y

0x

2yy.extr

Gl. 7-23

schreiben. Für die wahren Verschiebungen ist damit der Extremwert von negativ.

Ersetzen wir im elastischen Potenzial dx)x(w)x(q)x(w2

)x(EI

0x

2yy

die Funktion

w(x) durch

)x(h)x(w)x(W Gl. 7-24

Page 144: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.2 Das Prinzip der virtuellen Verrückung 7-9

mit einer mindestens die geometrischen Randbedingungen erfüllenden Funktion h(x), dann

erhalten wir

dxhwEIdxhqh2

EI

dxwqw2

EIdxhwqhw

2

EIW

0x

yy

0x

2yy

0x

2yy

0x

2yy

sowie mit

0dxwEI2

1wdxwqw

2

EI

0x

2yy.extr

0x

2yy

und

dxhMdxhwEI

dxhwEIhwEIh)wEI(dxh)wEI(dxhq

0x

y

0x

yy

0x

yy0yy0yy

0x

yy

0x

und damit

0hdxh2

EIhwW .extr

0x

2yy.extr

Gl. 7-25

Wir errechnen also mit den wahren Verschiebungen einen absoluten Minimalwert für das

elastische Potenzial, das durch keine andere zulässige Funktion unterboten werden kann.

Beispiel 7-1:

Abb. 7-5 Dehnstab mit Einzelkraft und Potenzial

Es ist die Stabendverschiebung ue eines geraden zylindrischen Stabes mit konstanter Stab-

querschnittsfläche A gesucht. Der Stab wird am rechten Rand durch eine Kraft P belastet.

Dehnung: .konstu

(x)uε exx

Formänderungsenergie:

2e

0x

2 u

2

EAdxuEA

2

1W

Äußere Arbeit: ea PuA

Page 145: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-10 Näherungslösungen

Elastisches Potenzial: e

2e

ae Fuu

2

EAAW)Π(uΠ

Zur Berechnung der äußeren Arbeit ea PuA ist folgendes anzumerken: Aa ist diejenige Ar-

beit der äußeren Kraft P, die diese mit ihrem im Gleichgewichtszustand entsprechenden kon-

stanten Wert am Verschiebungsweg ue leistet. Das elastische Potenzial ist eine quadratische

Funktion der Stabendverschiebung ue. Damit liegt lediglich ein parametrisch unbestimmtes

Problem vor, das mit den klassischen Methoden der Extremwertberechnung gelöst werden

kann. Die erste Ableitung nach ue liefert: 0δuPuEA

δuu

ΠδΠ eee

e

. Wegen der

Beliebigkeit von eδu ist somit die gesuchte Stabendverschiebung: EA

Pue

. Abb. 7-5

(rechts) zeigt das Potenzial als quadratische Funktion von ue. An der Stelle EA

Pue

nimmt EA2

FFu

u

2

EAAW)Π(u

2

e

2e

ae

einen Extremwert an. Das Vorzeichen der

zweiten Variation 0uEA

uu e

2e

e

2

entscheidet von welcher Art der Ex-

tremwert ist. Hier liegt offensichtlich ein Minimum vor.

7.3 Das Verfahren von Ritz

Abb. 7-6 Träger auf zwei Stützen mit Querlast q(x)

Ein Weg zur Gewinnung von Näherungslösungen ist das Verfahren von Ritz1. Dieses Verfah-

ren basiert auf dem Prinzip der virtuellen Verrückungen für elastische Körper.

1 Walter Ritz, schweizer. Mathematiker und Physiker, 1878-1909

Page 146: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.3 Das Verfahren von Ritz 7-11

Es setzt voraus, dass das betrachtete statische Problem als Lösung einer Variationsaufgabe

aufgefasst werden kann und ein Potenzial existiert, das es zu minimieren gilt. Zur Vorstellung

des Verfahrens betrachten wir das System nach Abb. 7-6.

Für das zu ermittelnde Verschiebungsfeld w(x) wird ein Ansatz der Form

(x)wc(x)w k

n

1kk

ˆ Gl. 7-26

gemacht. Dabei sind die kw bekannte, linear unabhängige Funktionen von x. Sie sollen belie-

big wählbar sein, bis auf folgende Einschränkungen:

Die Funktionen (x)wk müssen mit den kinematischen Lagerungsbedingungen verträglich

sein, sie müssen also mindestens die geometrischen Randbedingungen erfüllen.

Abb. 7-7 Geometrische und dynamische Randbedingungen

Ansatzfunktionen kw , die den geometrischen Randbedingungen genügen, heißen zulässige

Funktionen. Genügen die Ansatzfunktionen neben den zwingend erforderlichen geometri-

schen Randbedingungen auch noch den dynamischen1 Randbedingungen, so spricht man von

Vergleichsfunktionen. Die geometrischen werden auch als wesentliche Randbedingungen2

und die dynamischen als natürlichen Randbedingungen bezeichnet. Zur Unterscheidung

zwischen geometrischen und dynamischen Randbedingungen betrachten wir Abb. 7-7. Beide

Randbedingungen unterscheiden sich in der Ordnung der in ihnen auftretenden Ableitungen.

Beim Biegeproblem ist die höchste Ableitung von vierter Ordnung. Die geometrischen oder

natürlichen Randbedingungen enthalten nur Ableitungen bis zur ersten Ordnung, in den geo-

metrischen oder natürlichen Randbedingungen treten dagegen Ableitungen zweiter und dritter

Ordnung auf. Ganz allgemein kann bei einem linearen Randwertproblem für eine Differenzi-

algleichung 2m-ter Ordnung gesagt werden:

1 griech. = Kraft, Stärke 2 Als wesentliche Randbedingungen werden bei einem Differentialoperator 2k-ter Ordnung solche verstanden, deren Werte Ableitungen bis zu (k-1)-ter Ordnung enthalten

Page 147: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-12 Näherungslösungen

Hinweis: In der Regel werden die Ansatzfunktionen aus der Erfahrung heraus gewählt. All-

gemein kann hinsichtlich der Güte der mit Gl. 7-26 erzielten Approximation gesagt werden,

dass diese um so besser ist, je vollständiger mit den Ansatzfunktionen wk(x) die Randbedin-

gungen des Problems erfüllt werden.

Für den Träger mit Querlast q(x) nach Abb. 7-6 lautet das elastische Potenzial:

0x

'2'

0x

yy q(x)w(x)dx(x)dxw2

EIΠ Gl. 7-27

Mit dem Ritz-Ansatz Gl. 7-26 erhalten wir einen Näherungswert

0x

'2'

0x

yy (x)dxwq(x)(x)dxw2

EIΠ Gl. 7-28

und unter Beachtung von

n

1k

''kk

'' (x)wc(x)w folgt:

0x

n

1kkk

2n

1k

''kk

yy dx(x)wcq(x)(x)wc2

EIΠ = Extremum

Da die Ansatzfunktionen bekannte Funktionen sein sollen, ist

n),...,1(k)(cΠΠ k

nur noch eine Funktion der unbekannten Koeffizienten kc . Damit ist das funktionalkinema-

tisch unbestimmte Problem zur Ermittlung der Durchbiegung w(x) auf ein algebraisches

Problem zur Ermittlung der n Unbekannten Koeffizienten kc zurückgeführt. Das Problem

nach Gl. 7-28 ist wesentlich einfacher zu lösen als Gl. 7-27, in der die gesuchte Funktion w(x)

unter dem Integral steht. Da ein Extremum des Variationsintegrals ist, muss

0δcc

ΠΠδ j

n

1j j

erfüllt sein, und wegen der Beliebigkeit der jc folgt

n)...,,1(j0c

Π

j

Gl. 7-29

Beachten wir in Gl. 7-29 den Wert für nach Gl. 7-28, dann erhalten wir

0x

j''k

''j

0x

yy

n

1kk

0x

j''j

n

1k

''kkyy

j

dxq(x)wdxwwEIcdxq(x)wwwcEI0c

Π

Mit den Abkürzungen

Page 148: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.3 Das Verfahren von Ritz 7-13

0x

j0j''k

0x

''jyyjk dxwq(x)dxwwEI Gl. 7-30

können wir auch

n),...,1(j0c 0jjk

n

1kk

Gl. 7-31

schreiben. Das sind n lineare Gleichungen zur Bestimmung der n unbekannten Koeffizienten

kc . Fassen wir die Werte jk in der symmetrischen Matrix , die unbekannten Ritzparameter

ck im Vektor c und die Lastanteile 0j im Vektor der rechten Seite b zusammen, also

nn1n

n22221

n11211

TΦΦ ;

n

2

1

c

c

c

c ;

0n

20

10

b

dann kann das Gleichungssystem Gl. 7-31 in der Form

bcΦ Gl. 7-32

geschrieben werden.

Beispiel 7-2:

Abb. 7-8 Träger auf zwei Stützen mit konstanter Querlast q0

Für die Verschiebung des System in Abb. 7-8 machen wir nun konkret den eingliedrigen Ritz-

Ansatz

(x)wc(x)w 11 Gl. 7-33

wobei

πxsin(x)w1 Gl. 7-34

gewählt wird. Dieser Ansatz erfüllt mit 0)0(w1 und 0)(w1 die geometrischen und unter

Beachtung von

πx

sinπ(x)w 2''1 dann mit My(x = 0) = My(x = ) = 0 auch die dynami-

schen Randbedingungen. Der Ansatz entspricht damit einer Vergleichsfunktion, von der eine

gute Näherungslösung für die Durchbiegung erwartet werden kann. Allerdings erfüllt dieser

Page 149: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-14 Näherungslösungen

Ansatz nicht die Differenzialgleichung 0yy q)x(wEI . Wir erhalten nämlich mit dem Nähe-

rungsansatz Gl. 7-34 )x(qx

sincEI])x(wc[EI4

1yy11yy

und damit eine Belastung,

die durch keine Wahl von c1 auf q0 gebracht werden kann. Das Potenzial errechnen wir zu

dxwcq(x)wc2

EIdxwq(x)w

2

EIΠ

0

112''

121

yy

0

2''yy

= Extremum

Die Extremaleigenschaft dieses Funktionals ist gleichbedeutend mit

101111

0

0'2'

1

0

yy11

cdxwqdxwEIc0c

Π

Gl. 7-35

wobei abkürzend

πq2dx

πxsinqdxwq

π

2

πEIdx

πxsin

πEIdxwEI

0

o

01

0

010

3

yy

0

2

4

yy2''

1

0

yy11

gesetzt wird. Aufgelöst nach c1 erhalten wir

yy

40

yy

40

53

yy

0

11

101 EI

q01307,0

EI

q

π

4

π

2

πEI

πq2

c

.

Durch Differentiationsprozesse an Gl. 7-33 erhalten wir die Biegemomente

πxsinq12901,0

πxsinlq

π

4wEIM 2

02

03''

yyy

und die Querkräfte

πxcosq40528,0

πxcosq

π

4

dx

MdQ 002

yz

Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit der exakten Lösung und einer weiteren Lösung, die als

Ritz-Ansatz lediglich eine zulässige Funktion darstellt, zeigt mit /x die folgende Tabel-

le:

Page 150: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.3 Das Verfahren von Ritz 7-15

Vergleich Exakte Lösung Vergleichsfunktion Zulässige Funktion

32

yy

40 21EI24

q)(w

sinc)(w 1 )1(c)(w 1

0

max,z

q

Q 5,0

2

1 0,40528 (-18,9%) 0 (-100%)

20

maxy

q

M

125,0

8

1 0,12901 (3,2%)

0,0833 = konst.

(-33,3%)

40

maxyy

q

wEI

01302,0

384

5 0,01307 (0,38%) 0,01043 (-19,9%)

Tabelle 7-1 Vergleich zwischen exakter Lösung und zweier Näherungslösungen nach Ritz

Es ist ersichtlich, dass die Approximation derjenigen Größe, für die der Ritz-Ansatz gewählt

wurde, hier also für die Durchbiegung w(x), besser ist als die hieraus durch Differentiati-

onsprozesse abgeleiteten Größen Biegemomente My und Querkräfte Qz. Diese Aussage gilt

ganz allgemein.

Die im elastischen Potenzial auftretenden Integrale können recht kompliziert werden, so dass

in diesen Fällen auf ein numerisches Integrationsverfahren zurückgegriffen wird.

Um die Leistungsfähigkeit des Ritz-Verfahrens erneut zu dokumentieren, betrachten wir als

weiteres Beispiel einen Biegestab unter Längskraft nach Abb. 7-9. Um hier zu einer Anwen-

dung des Verfahrens zu kommen, muss die Arbeit der Kraft P in das Gleichungssystem ein-

gebaut werden. Dazu betrachten wir das System in ausgelenkter Lage.

Abb. 7-9 Träger mit Längs- und Querkraftbeanspruchung

Eine erste Näherung für die Axialverschiebung des Lastangriffspunktes der Last P, die als

Druckkraft positiv eingeführt wird, erhalten wir unter der Voraussetzung dehnungsfreier Sta-

bachsverformung mit

0x

2'

0x

2'

0x

dxw2

1dx1w1dx)(dsd

Page 151: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-16 Näherungslösungen

Die Arbeit der äußeren Belastung im elastischen Potenzial ist um den Anteil

0x

2 dxw'2

PPζ

zu erweitern, also

0δΠExtremumq(x)w(x)dx(x)dxw'2

Pdx(x)w

2

EIΠ

0x0x

22''

0x

yy

Gl. 7-36

Die Behandlung von Gl. 7-36 mit einem Ritzansatz (x)wc(x)wn

1kkk

entsprechend Gl. 7-26

führt auf

0x

n

1kkk

2n

1k

'kk

2n

1k

''kk

yyn1 dx(x)wcq(x)(x)wc

2

P(x)wc

2

EI)c...c(Πw(x)Π Da

)c...c(Π n1 Extremwertcharakter hat, ist 0cc

ˆ)c...c(Π j

jn1

. Da im allgemeinen 0c j

gilt, muss 0c

ˆ

j

(j = 1,...,n) erfüllt sein. Wir benötigen also die Ableitungen jc

ˆ

. Die Dif-

ferenziation kann unter dem Integral vorgenommen werden:

0jjkjk

0x

j

n

1k 0x

'j

'kk

n

1k 0x

''j

''kyyk

0x

j

n

1k

'j

'kk

n

1k

''j

''kyyk

0x

j'j

n

1k

'kk

''j

n

1k

''kkyy

j

(x)dxq(x)w(x)dx(x)wwcPdx(x)(x)wwEIc

dx(x)q(x)w(x)(x)wwcP(x)(x)wwEIc

dx(x)q(x)w(x)w(x)wcP(x)w(x)wcEIc

Π

Damit erhalten wir das lineare Gleichungssystem

n)..,,1(j0)Pψ(c0c

Π0jjkjk

n

1kk

j

Gl. 7-37

oder symbolisch

bcΨΦ P Gl. 7-38

mit symmetrischen Matrizen und . In Gl. 7-37 wurde zur Abkürzung

0x

j0jk

0x

jjkk

0x

jyyjk dxq(x)wdxwwdxwwEI Gl. 7-39

gesetzt. Bei einem zweigliedrigen Ritzansatz )x(wc)x(wc(x)wc(x)w 2211

2

1kkk

hätten wir mit Gl. 7-37 das Gleichungssystem

Page 152: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.3 Das Verfahren von Ritz 7-17

20

10

2

1

2212

1211

2212

1211

c

cP Gl. 7-40

zu lösen. Gl. 7-37 geht bei fehlender Querbelastung (b = 0) in ein homogenes Gleichungssys-

tem über, das für

0Pdet ΨΦ Gl. 7-41

auch von null verschiedene ck und damit auch von null verschiedene Transversalverschiebun-

gen ermöglicht. Das ist das Kennzeichen für das Eintreten des Stabilitätsfalles. Mechanisch

bedeutet dies, dass es neben der gestreckten Lage des Stabes eine infinitesimal benachbarte

ausgelenkte Lage gibt, die ebenfalls eine Gleichgewichtslage ist. Die Eigenwertgleichung

Gl. 7-41 enthält als freien Parameter nur noch die Axialbelastung P. Der kleinste errechenbare

Wert dieser Axialbelastung ist ein Näherungswert kritP für die kritische Knicklast des Sys-

tems. Für eine erste Abschätzung der kleinsten kritischen Last kritP setzen wir

(x)wc(x)w 11

Bei der Auswahl von w1(x) ist darauf zu achten, dass die Ansatzfunktion möglichst wenig

gekrümmt ist, denn mit

dxw

dxwEI

ψP0ψP

0x

2'1

0x

2''1yy

11

11krit11krit11

Gl. 7-42

wird die kleinste kritische Last dann berechnet, wenn der Zähler in Gl. 7-42, also die Formän-

derungsenergie 11 des Stabes, möglichst klein gehalten wird. Das wird erreicht, wenn wir

mit w1(x) eine Stabauslenkung wählen, die zwischen 0 < x < keine weitere Nullstelle be-

sitzt, also etwa

)x

1(x

(x)w1

Gl. 7-43

Es handelt sich bei diesem Ansatz um eine zulässige Funktion, da die Verschiebungsrandbe-

dingungen an den Stabenden erfüllt werden. Mit Gl. 7-42 errechnen wir

2yy3

yy

11

11krit

EI12

3

1

EI4

ψP

Einen wesentlich besseren Wert für die kleinste Knicklast erhalten wir, wenn wir anstatt einer

zulässigen Funktion mit

Page 153: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-18 Näherungslösungen

32

1

xx21

x(x)w

Gl. 7-44

eine Vergleichsfunktion wählen, die, wie durch Ausrechnen leicht bestätigt wird, wegen

41

)x(x12)x(w

auch die dynamischen Randbedingungen My(x = 0) = My(x = ) = 0

erfüllt. Mit Gl. 7-44 errechnen wir

2

yy

2

yy3

yy

11

11krit

EI882,9

EI

17

168

35

175

EI24

ψP

und damit einen Wert, der der exakten Lösung 2

yy

2

yy2krit

EI870,9

EIπP

schon recht nahe

kommt. Beim folgenden zweigliedrigen Ansatz verwenden wir mit

(x)wc(x)wc(x)w 2211 Gl. 7-45

und

πxsin(x)w1

πx2sin(x)w2 Gl. 7-46

für den Ritzansatz die theoretisch exakten Knickfiguren des Instabilitätsproblems. Wir erhal-

ten mit Gl. 7-39

160

01

2

EI3

yy4

Φ ;

40

01

2

2

Ψ

und damit die Eigenwertgleichung:

2

3yy

42

3yy

4P2EI8

2

P

2

EI0)Pdet( ΨΦ

aus der wir erwartungsgemäß die exakten Lösungen 2yy

2

krit,22yy

2

krit,1

EI4P;

EIP

ablesen.

Aufgrund der Orthogonalität der Ansatzfunktionen w1 und w2 und deren Ableitungen besitzen

die beiden Matrizen und Diagonalgestalt.

An dieser Stelle sollen die Voraussetzungen des Verfahrens von Ritz noch einmal genannt

werden:

1. Es muss ein Funktional existieren, das es zu minimieren gilt.

2. Die Näherungsansätze müssen nur die wesentlichen Randbedingungen erfüllen.

3. Bei einem Differentialoperator 2k-ter Ordnung enthält das zugeordnete Funktional Ablei-

tungen der Grundfunktion bis zur k-ten Ordnung, die (k-1)-mal stetig differenzierbar sein

müssen.

Page 154: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.4 Die Methode der gewichteten Residuen 7-19

Der Nachteil des Ritzschen Verfahrens liegt auf der Hand. Die Auswahl zulässiger Funktio-

nen oder das Auffinden von Vergleichsfunktionen erfordert vom Anwender ein hohes Maß an

Erfahrung. Insbesondere bei mehrdimensionalen oder ungleichmäßig berandeten Gebieten

stößt das Auffinden geeigneter Ansatzfunktionen oft auf unüberwindliche Schwierigkeiten.

Wie wir später sehen werden, entfällt dieser Nachteil bei der FE-Methode.

7.4 Die Methode der gewichteten Residuen

Die Methode der gewichteten Residuen ist auch dann anwendbar, wenn für das anstehende

Randwertproblem kein Extremalprinzip zur Verfügung steht, wie das beim Ritz-Verfahren

erforderlich war. Es werden lediglich die dem Randwertproblem zugeordnete Differenzial-

gleichung und die Randbedingungen benötigt. Damit ist dieses Verfahren auf eine wesentlich

größere Klasse von Randwertproblemen anwendbar. Wir beschränken uns im Folgenden auf

gewöhnliche Differenzialgleichungen, für die in einem gegebenen Intervall )b,a( eine Funk-

tion y(x) als Lösung einer linearen, inhomogenen Differenzialgleichung 2k-ter Ordnung

)x(r)x](y[L k2 Gl. 7-47

ergänzt durch 2k Randbedingungen gesucht wird, die sich auf die Werte der Funktion y und

ihren Ableitungen an den Rändern beziehen. Wie bei der Vorgehensweise nach Ritz, wird für

die gesuchte Funktion y(x) ein Näherungsansatz (x)y als Linearkombination bekannter Funk-

tionen yk(x) in der Form

(x)yc(x)y k

m

1kk

Gl. 7-48

gemacht. Dabei setzen wir voraus, dass die Funktionen yk(x) hinreichend stetig sind und

sämtlichen Randbedingungen genügen. Die Koeffizienten ck sollen nun so bestimmt werden,

dass die Differenzialgleichung Gl. 7-47 von der Funktion )x(y möglichst gut angenähert

wird. Setzen wir diesen Näherungsansatz in die Differenzialgleichung ein, dann wird nur in

Ausnahmefällen diese auch erfüllt, vielmehr verbleibt eine Fehlerfunktion R0(x), die Resi-

duum1 genannt wird

0)x(r]y[L:)c,...,c,c,x(R k2m210 Gl. 7-49

1 Residuum lat. das ›Zurückbleibende‹, zu residuus ›zurückgeblieben‹

Page 155: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-20 Näherungslösungen

Aufgrund der Linearität der Differenzialgleichung hängt die Fehlerfunktion linear von den

Koeffizienten ck ab. Das Verfahren zur Bestimmung der unbekannten Koeffizienten ck ver-

langt nun, dass das Integral des Residuums, gewichtet mit sogenannten Gewichtsfunktionen

)x(j , über das Integrationsgebiet verschwindet. Da der Ansatz für die Näherungsfunktion in

Gl. 7-48 m unbekannte Koeffizienten enthält, kann die Bedingung für m linear unabhängige

Gewichtsfunktionen )x(j formuliert werden, womit m lineare Gleichung zur Bestimmung

der m unbekannten Koeffizienten ck vorliegen. Die Forderung nach dem Verschwinden des

gewichteten Restes lautet dann

0dx)x()c,...,c,c,x(Rb

ax

jm210

)m,...,1j( Gl. 7-50

Die Auswahl der linear unabhängigen Gewichtsfunktionen )x(j entscheidet über die Be-

zeichnung des Verfahrens.

7.4.1 Das Galerkin-Verfahren Die Besonderheit des Galerkin-Verfahrens1 besteht darin, dass für die Gewichtsfunktionen

)x(j derselbe Ansatz wie für die Näherungsfunktionen gewählt wird. Wir erhalten dann mit

Gl. 7-50

0dx)x(y)c,...,c,c,x(Rb

ax

jm210

(j = 1,...,m) Gl. 7-51

Damit dieses Verfahren zu einer Lösung führt, muss der Näherungsansatz alle Randbedin-

gungen erfüllen und hinreichend oft stetig differenzierbar sein.

Abb. 7-10 Links eingespannter und rechts drehbar gelagerter Balken

Wir konkretisieren das bisher Gesagte am Beispiel nach Abb. 7-10. Der links eingespannte

und rechts drehbar gelagerte Balken mit konstanter Biegesteifigkeit EIyy wird durch eine si-

1 Boris Grigorjewitsch Galerkin, sowjetischer Ingenieur und Mathematiker, 1871-1945

Page 156: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.4 Die Methode der gewichteten Residuen 7-21

nusförmige Streckenlast 2

xsinq)x(q 0

mit belastet. Die Differenzialgleichung lautet:

)x(q)x(wEI IVyy . An den Rändern sind die Randwerte: 0)0x(w)0x(w und

0)x(M)x(w y einzuhalten. Zum Vergleich notieren wir die exakte Lösung

( /x )

81224482

sin16EI

q)x(w 2223

4yy

40 ;

24248123241

2cos8

EI

q)x(w 222

4yy

30 ;

1224123241

2sin2

EI

q2)x(w 22

4yy

20 ;

12324

2cos

EI

q2)x(w 23

4yy

0

Die Berechnung des Residuums ergibt

)x(q(x)wcEI)x(q)x(wEI)c,...,c,c,x(R IVk

m

1kkyy

IVyym210

Gl. 7-52

und die Substitution in Gl. 7-51 liefert

0dx)x(w)x(q(x)wcEI j

0x

IVk

m

1kkyy

(j = 1,...,m) Gl. 7-53

oder

0dx)x(w)x(qdx)x((x)wwEIc j

0x0x

jIVkyy

m

1kk

(j = 1,...,m) Gl. 7-54

Mit den Abkürzungen

dx)x(w)x(q;dx)x((x)wwEI j

0x

0j

0x

jIVkyyjk

Gl. 7-55

geht Gl. 7-54 über in das lineare Gleichungssystem

m),...,1(j0c 0jjk

m

1kk

Gl. 7-56

Page 157: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-22 Näherungslösungen

Wir haben nun Näherungsfunktionen zu wählen, die sämtliche Randbedingungen erfüllen.

Das sind in unserem Beispiel die wesentlichen Randbedingungen w = 0 am linken und rech-

ten Rand und die Randbedingung w' = 0 am linken Rand. Am rechten Rand muss zusätzlich

das Biegemoment )x(My verschwinden. Das ist gleichbedeutend mit dem Verschwinden

der zweiten Ableitung von w. Als Näherungsansätze wählen wir Koordinatenfunktionen der

Form

)2k()1k(1)x(w 1kk (k = 1,...,m) Gl. 7-57

die sämtliche Randbedingungen erfüllen. Für einen zweigliedrigen Näherungsansatz

)x(wc)x(wc)x(w 2211 mit )32)(1()x(w 21 und )43)(1()x(w 3

2 nach

Gl. 7-57 sind die Ableitungen bis zu 4. Ordnung in Tabelle 7-2 zusammengestellt.

Ableitungen wk

kw kw kw kw

)32)(1()x(w 21 )6158( 2

)14)(1(62

)58(63

4

48

)43)(1()x(w 32 )122815( 2

2

)25)(1(122

)21415(12 2

3

)715(

244

Tabelle 7-2 Ableitungen der Koordinatenfunktionen

3

yy1

0

24yy

0x

1IV1yy11

EI20,7d)32)(1(

48EIdx)x(w(x)wEI

3

yy1

0

24yy

0x

1IV2yy12

EI80,4d)32)(1()715(

24EIdx)x(w(x)wEI

3

yy1

0

34yy

0x

2IV1yy21

EI80,4d)43)(1(

48EIdx)x(w(x)wEI

3

yy1

0

34yy

0x

2IV2yy22

EI485714,5d)43)(1()715(

24EIdx)x(w(x)wEI

01

1

0

21

0x

10 q10093237,1d)32)(1(2

sindx)x(w)x(q

02

1

0

32

0x

20 q10933249,7d)43)(1(2

sindx)x(w)x(q

Die Lösung des Gleichungssystems Gl. 7-56 ergibt:

yy

403

2yy

402

1 EI

q10821889,2c;

EI

q10330258,1c

Page 158: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.4 Die Methode der gewichteten Residuen 7-23

)x(wq

EI104

0

yy3

)x(M

q

EI10y2

0

yy2

/x /x m

0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 0,00 0,25 0,50 0,75 1,00 1 0,000 1,779 3,796 3,203 0,000 -9,110 0,000 4,555 4,555 0,000 2 0,000 1,666 3,767 3,327 0,000 -7,982 -0,476 4,414 5,102 0,000 3 0,000 1,663 3,774 3,325 0,000 -7,852 -0,519 4,463 5,080 0,000

exakte Lösung

0,000 1,663 3,774 3,325 0,000 -7,863 -0,520 4,462 5,081 0,000

Tabelle 7-3 Ergebnisse des Galerkin-Verfahrens

Die Ergebnisse des Galerkin-Verfahrens sind für den ein- bis dreigliedrigen Ansatz in Tabelle

7-3 für die Durchbiegung und die Biegemomente zusammengestellt. Sie zeigen eine gute

Übereinstimmung mit den exakten Lösungen.

Wir wollen die Voraussetzungen zur Anwendung des Galerkin-Verfahrens hier noch einmal

zusammenstellen:

1. Es muss kein Funktional existieren, wie das beim Ritz-Verfahren erforderlich war.

2. Die Näherungsansätze müssen alle Randbedingungen erfüllen.

3. Bei einem Differentialoperator 2k-ter Ordnung muss die Näherungslösung (2k-1)-mal

stetig differenzierbar sein.

Ein großer Vorteil des Galerkin-Verfahrens gegenüber dem Ritz-Verfahren liegt darin be-

gründet, dass kein Funktional zur Verfügung stehen muss. Damit kann dieses Verfahren auf

einen sehr großen Problemkreis angewendet werden. Nachteilig wirken sich jedoch die unter

2. und 3. genannten Sachverhalte aus. Damit werden an die Näherungsansätze des Galerkin-

Verfahrens wesentlich strengere Anforderungen gestellt, als an diejenigen des Ritz-

Verfahrens.

7.4.2 Die Kollokationsmethode Die Kollokationsmethode1 fordert, dass die Ansatzfunktion )x(w die Differenzialgleichung

an m diskreten Intervallstellen2 bxx...xxa m1m21 erfüllt. Diese Forderung führt

auf genau m Bedingungen

0)c,...,c,c;x(R m21i

und die Koeffizienten ck sind aus der Forderung

)m,...,1i(0)x(r]w[L]w[Lcm

1kix0xkk ii

Gl. 7-58

1 lat. Ordnung nach der Reihenfolge, Platzanweisung 2 die Kollokationspunkte genannt werden

Page 159: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7-24 Näherungslösungen

zu berechnen. Wir betrachten als Beispiel den beidseitig eingespannten Träger in Abb. 7-11

mit einer parabelförmig verteilten Querbelastung

Abb. 7-11 Beidseitig eingespannter Träger

Differenzialgleichung: ( /x ): )x(q)x(wEI IV

yy , )41(q)x(q 20

Randwerte: 0)2/1(w , 0)2/1(w , 0)2/1(w , 0)2/1(w ;

Exakte Lösung:

)413()41(EI5760

q)x(w 222

yy

40

; )49)(41(EI240

q)x(w 22

yy

30

Wir wählen den zweigliedrigen Näherungsansatz:

)(wc)(wc)(w 2211 mit 221 )41()(w und 32

2 )41()(w .

Die Ableitungen dieser Funktionen bis zu 4. Ordnung können Tabelle 7-4 entnommen wer-

den.

Funktion 1. Abltg. 2. Abltg. 3. Abltg. 4. Abltg.

221 )41()(w )41(

16 2

)112(16 2

2

3

384

4

384

322 )41()(w 22 )41(

24

)120)(41(

24 222

)203(384 2

3

)201(1152 2

4

Tabelle 7-4 Ableitung des Näherungsansatzes

Der Näherungsansatz erfüllt sämtliche Randbedingungen. Inhomogene Randbedingungen

liegen nicht vor, so dass

)m,...,1i(0)x(r]w[Lcm

1kixkk i

Gl. 7-59

gilt. Um die Koeffizienten c1 und c2 zu bestimmen, ermitteln wir mit dem Näherungsansatz

nach Gl. 7-49 den Fehler

0)41(q)201(1152

c384

cEI)x(q)x(wEI)c,c;x(E 20

24241yy

IVyy21

Page 160: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

7.4 Die Methode der gewichteten Residuen 7-25

Mit der Kollokation an den beiden Stellen 0 und 4/1 erhalten wir das Gleichungssys-

tem

4/4

1

EI

qc

c

288384

1152384

yy

40

2

1

yy

40

2yy

40

1 EI5760

qc;

EI480

qc

Und damit )413()41(EI5760

q)x(wc)x(wc)x(w 222

yy

40

2211

. Das Ergebnis ent-

spricht der exakten Lösung. Die maximale Durchbiegung tritt bei = 0 in Feldmitte auf:

yy

40

yy

40

F EI

q00226,0

EI

q

5760

13w

Schnittmomente: )801209(240

q)x(wEIM 42

20

yy

Stützmoment: 20S q

15

1M

Feldmoment: 20F q

80

3M

Page 161: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 162: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 163: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8 Finite Elemente bei eindimensiona-len Randwertproblemen

Wir haben im vorigen Kapitel die näherungsweise Lösung eines Randwertproblems mit Hilfe

des Ritzschen Verfahrens kennen gelernt. Die Herleitung der Methode der finiten Elemente

(FEM) kann nun auf einfache Weise erfolgen. Die grundlegende Idee besteht darin, anstelle

eines Näherungsansatzes für das Gesamtgebiet Ansätze zu wählen, die sich lediglich auf Teil-

bereiche der Struktur beziehen und auch nur dort von Null verschieden sind. Wir unterstellen,

dass ein zu minimierendes Funktional vorliegt. Zur Erläuterung der weiteren Vorgehens-

weise beziehen wir uns auf das Beispiel nach Abb. 8-1.

Abb. 8-1 Dehnstab mit linear veränderlichem Querschnitt A(x)

Zum Vergleich mit der noch bereitzustellenden FE-Lösung beschaffen wir uns zunächst die

analytische Lösung des Problems.

Normalkraft: )x(nFN 0

Materialgesetz: )x(nF)x(A

1

)x(A

NuEE 0xxxx

mit

A

~1A

x

A

AA1AA(x) r

A/AAA

~r , x

Page 164: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-2 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Abb. 8-2 Verschiebung u(x), exakte Lösung

Abb. 8-3 Spannung xx, exakte Lösung

DGL: )ξA

~1(EA

)1(nF

)x(EA

)x(nF)x(u 00

Integration der Differentialgleichung und Anpassung an die Randbedingung u(0) = 0 liefert

1. Verschiebung:

ξA

~1ln

A~1

1nξA~

1lnFA~

EA

1u 2

0

2. Dehnung: )ξA

~1(EA

)1(nF 0xx

3. Spannung: )ξA

~1(A

)1(nFE 0

xxxx

Mit den Zahlenwerten aus Abb. 8-1 ergibt die nummerische Auswertung:

2

xxxx2

xx cm/kN20)(max]cm/kN[910

525

cm1843,0)(uumax]cm[9,01ln072,001852,0u

Für den Vergleich mit der noch zu beschaffenden FE-Lösung werten wir die Querschnittsflä-

chen, die Verschiebungen sowie die Spannungen an diskreten Stellen aus.

/x ]cm[)(A 2 u() [cm] xx() [kN/cm2]

0,000 10,000 0,0000 2,5000 0,125 8,875 0,0109 2,7465 0,250 7,750 0,0230 3,0645 0,375 6,625 0,0366 3,4906 0,500 5,500 0,0523 4,0909 0,625 4,375 0,0711 5,0000 0,750 3,250 0,0948 6,5385 0,875 2,125 0,1277 9,7059 1,000 1,000 0,1843 20,0000

Tabelle 8-1 Querschnittswerte, Verschiebungen und Spannungen an diskreten Stellen

Page 165: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-3

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode

Das zuvor analytisch behandelte Beispiel soll nun mit der FE-Methode gelöst werden. Dazu

gehen wir in Schritten vor.

1. Schritt Bereitstellung eines Tragwerkmodells

Diese Phase der Problemlösung gestaltet sich genauso wie bei der analytischen Vorgehens-

weise. Wir stellen zunächst fest, dass es sich bei der vorliegenden Aufgabe um ein statisches

Problem mit konstanten Lasten handelt, das nach den Grundlagen der linearen Elastizitätsthe-

orie als Stab berechnet werden kann. Die einzige Schnittlast ist die Normalkraft N(x). Wir

unterstellen bei der Modellbildung

Konstante Lasten

Hookesches Materialgesetz

Kleine Verformungen

Stabtheorie

2. Schritt Formulierung der Variationsaufgabe

Die Formänderungsenergie des Stabes ist

dx)x(u)x(EA2

1W

0x

2

Die äußere Arbeit resultiert aus der konstanten Normalkraftschüttung n0 längs der Stabachse

und der Einzelkraft F am Stabende

)(Fudx)x(unA0

0a

Ausgehend vom elastischen Potenzial

Extremum)(Fudx)x(undx)x(u)x(EA2

1AW)u(

0x

0

0x

2a

Gl. 8-1

erhalten wir aus dem Prinzip der virtuellen Verrückung die Extremwertaufgabe

0)(uFdx)x(undx)x(u)x(u)x(EA)u(0x

0

0x

Gl. 8-2

Page 166: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-4 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

3. Schritt Diskretisierung1 des Tragwerkes

Die vorgegebene Aufgabe wird in dem Sinne diskretisiert, dass der Stab in Teilgebiete, die

finiten Elemente, zerlegt wird. Bei unserem Einführungsbeispiel (Fachwerk) und der vorlie-

genden Stabaufgabe ist die Elementierung bereits vorgegeben. In beiden Fällen entspricht das

finite Element einem Fachwerkstab oder Teilen davon. Ähnlich ist übrigens die Situation bei

Rahmentragwerken. Dort stellen die Balken oder Balkenstücke die finiten Elemente dar.

100cm

50cm 50cm

x,u

1

1 2 3 j

2 k Elementnummer

Globale Knotennummer

Abb. 8-4 Elementierung eines Dehnstabes, 2 Elemente gleicher Länge

Abb. 8-4 zeigt eine mögliche Elementierung unseres Dehnstabes mit zwei gleichlangen Ele-

menten und drei globalen Knoten. Die globalen Knotenkoordinaten sind in der Knotendatei

abgelegt (Tabelle 8-2). In der Elementdatei (Tabelle 8-3) werden den Elementen die globalen

Anfangs- und Endknoten zugeordnet.

Knotennummer x-Koordinate [cm]

1 0

2 50

3 100

Tabelle 8-2 Knotendatei

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2

2 2 3

Tabelle 8-3 Elementdatei

4. Schritt Auswahl des Elementtyps, Ansatzfunktionen

Wir betrachten in einem ersten Schritt das 2-Knotenelement entsprechend Abb. 8-5. Jeder

Knoten besitzt nur einen kinematischen Freiheitsgrad, das ist die Verschiebung in Stablängs-

richtung. Wir sprechen deshalb von einem Element mit zwei Freiheitsgraden.

1 zu lat. discernere ›absondern‹, ›unterscheiden‹

Page 167: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-5

Abb. 8-5 Dehnstab, 2-Knotenelement

Der Stabanfangsknoten wird mit 1 und der Stabendknoten mit 2 bezeichnet.

Hinweis: Anfangs- und Endknoten des Stabes dürfen nicht mit der globalen Knotennumme-

rierung nach Abb. 8-4 verwechselt werden.

Damit besitzt das Element eine Orientierung. Für die Verschiebung u verwenden wir inner-

halb des Elementes einen Verschiebungsansatz, der für alle Elemente identisch ist. Damit

entfällt das umständliche Suchen nach geeigneten globalen Ansatzfunktionen, wie das beim

Ritz-Verfahren erforderlich ist. Für Elemente, die sich am Rande des Lösungsgebietes befin-

den, sind später die vom Problem vorgegebenen Randwerte einzuhalten. An den Element-

grenzen müssen die Ansatzfunktionen gewissen Stetigkeitsanforderungen genügen, die vom

mechanischen Problem abhängen. Beim Dehnstab müssen an den Elementübergängen die

Verschiebungen stetig sein. In der FEM spricht man in diesem Fall von C0-Stetigkeit der

Verschiebung u.

Hinweis: C0-Stetigkeit reicht z.B. für die Durchbiegung beim Biegebalken nicht aus. Hier

muss zusätzlich noch Stetigkeit in der 1. Ableitung von w(x) gefordert werden, die als C1-

Stetigkeit bezeichnet wird (Abb. 8-6).

Abb. 8-6 Verletzung der C1-Stetigkeit bei einem Balkenelement

Zur Beschreibung des Verschiebungszustandes innerhalb des Elementes verwenden wir die

lokale Koordinate )e()e(x 10 . Wir benötigen zur Lösung des Problems die glo-

balen Verschiebungen. Dazu stellen wir zunächst den Verschiebungszustand innerhalb eines

Elementes auf und sorgen durch entsprechende Wahl der Verschiebungsfunktionen für Ste-

tigkeit an den Elementgrenzen.

Page 168: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-6 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Zur Darstellung der Verschiebung innerhalb des Elementes eignen sich speziell Polynome, da

diese leicht aufgebaut und auch leicht zu differenzieren sind. Ein Polynom vom Grade n be-

sitzt genau n + 1 freie Parameter. Es hat die Darstellung

n

0i

ii

nn

2210n aaaaa)(P Gl. 8-3

Da von der Zustandsgröße u(x) unseres Stabproblems lediglich C0-Stetigkeit gefordert wird,

genügt es bei einem 2-Knotenelement einen linearen Ansatz für die Verschiebungen zu wäh-

len, also

10 aa)(u 10 Gl. 8-4

Dabei entspricht der Wert a0 im Ansatz Gl. 8-4 einer Starrkörperverschiebung des Elementes.

Wir drücken nun die Verschiebungen innerhalb des Elementes durch die Stabendverschie-

bungen u1 und u2 aus. Das erreichen wir, indem wir die Verschiebungsfunktion Gl. 8-4 an den

Rändern = 0 und = 1 auswerten.

121102

1001

uuaaau)1(u

uaau)0(u

Einsetzen der Konstanten a0 und a1 in Gl. 8-4 liefert: )uu(u)(u 121 . Wir sortieren

noch etwas um und erhalten

221121 u)(Nu)(Nuu)1()(u Gl. 8-5

Damit haben wir die Verschiebungen innerhalb des Elementes zunächst durch die Stabend-

verschiebungen ausgedrückt. Die Funktionen vor den Stabendverschiebungen in Gl. 8-5

1 1

2 2

N ( ) 1 L ( )

N ( ) L ( )

Gl. 8-6

sind die Lagrangeschen1 Interpolationspolynome Li, die in der FEM auch Formfunktio-

nen2 genannt werden (Abb. 8-7). Die Lagrangeschen Interpolationspolynome nehmen an den

Knoten i gerade den Wert 1 und an den übrigen Knoten den Wert 0 an

ii i

k

1 fürN ( ) L ( )

0 für (k i)

1 Joseph Louis de Lagrange, frz. Mathematiker und Physiker, 1736-1813 2 In der angelsächsischen Literatur werden diese Funktionen als shape functions bezeichnet

Page 169: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-7

Abb. 8-7 Formfunktionen, linearer Ansatz

Weiterhin gilt: n

ii 1

L 1

.

Zur Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrix gehen wir aus vom Funktional Gl. 8-1, das

hier noch einmal notiert werden soll

Extremum)(Fudx)x(undx)x(u)x(EA2

1AW)u(

0x

0

0x

2a

Gl. 8-7

Da sämtliche Energieausdrücke in Gl. 8-7 additiv sind, dürfen wir diese elementweise berech-

nen und letztlich durch Summation zum Gesamtpotenzial zusammenführen. Für die Formän-

derungsenergie erhalten wir

)e(n

1e 0x

2)e()e(n

1e

)e(

0x

2 dxuA2

EWdx)x(u)x(EA

2

1W

)e(

)e(

Gl. 8-8

und für die Arbeit der äußeren Kräfte folgt

)(Fudx)x(un)(Fudx)x(unAn

1e 0x

ee0

0x

0a

e

e

Gl. 8-9

Die Variation des Funktionals Gl. 8-7 ist

0AW a Gl. 8-10

mit

Page 170: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-8 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

n

1e

)e(

0x

)e(n

1e

)e( dxAuuEWW

)e(

)e(

Gl. 8-11

und

)(uFdxunAn

1e 0x

)e(0a

)e(

)e(

Gl. 8-12

Wir beschaffen uns jetzt eine Näherungswert für das Potenzial , indem wir für die Verschie-

bungen auf Elementebene den linearen Verschiebungsansatz

221121 u)(Nu)(Nuu1)(u Gl. 8-13

wählen. Damit geht das Potenzial (u) über in die Näherung )u( . Gl. 8-13 können wir auch

kompakter in Matrizenschreibweise notieren

(e) (e)1 1(e) (e) (e) (e) (e)

1 2(e) (e)2 2

u ux xu(x ) 1 , N (x ), N (x )

u uN u

Gl. 8-14

Die virtuelle Verrückung ist dann

(e)(e) δu uN Gl. 8-15

Wir benötigen noch die Ableitung der Verschiebungsfunktion u nach der Variablen x, die der

Dehnung xx entspricht. Es gilt

(e)(e)

2

1

)e()e(2

1

)e(2

)e(1)e((e)

xx u

u1,

1

u

u

dx

dN,

dx

dN)x(uε uB

Gl. 8-16

Die Matrix

)e()e()e(2

)e(1

21(e) 1

,1

dx

dN,

dx

dNB,B

B

Gl. 8-17

enthält die Ableitungen der Ansatzfunktionen. Die Dehnungen auf Elementebene lassen sich

dann, ausgedrückt durch die Knotenverschiebungen, wie folgt schreiben

Page 171: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-9

(e)(e))e((e)xx )x(uε uB Gl. 8-18

Beachten wir mit Gl. 8-16 (e)(e)u uB , dann liefert das Einsetzen in Gl. 8-11

(e)(e)T(e)(e)

0

)e()e((e))e(T(e)T(e)

0

)e()e((e)(e))e((e)(e))e(

)e(

)e(

dxAE

dxAE)u(W

ukuuBBu

uBuB

(e)k

Gl. 8-19

Bezeichnen A1 und A2 die Querschnittsflächen am Stabanfang (Knoten 1) bzw. Stabende

(Knoten 2) dann gilt: )e(

)e(

121)e( x

)AA(AA

. Ausmultiplizieren der Matrizen und an-

schließende Integration liefert die Elementsteifigkeitsmatrix

11

11AE

11

11AAE

2

1

dxx

)AA(Ax

)AA(A

x)AA(A

x)AA(AE

dxAE

)e(

)e(m

)e(

)e(21

)e(

0

)e(

)e(

)e(

121)e(

)e(

121

)e(

)e(

121)e(

)e(

121

2)e(

)e(

0

)e()e((e))e(T(e)(e)

)e()e(

BBk

Gl. 8-20

die offensichtlich nur von der Länge )e( und der Dehnsteifigkeit )e(m

)e( AE des betrachteten

Elementes abhängt. In Gl. 8-20 ist

21)e(

m AA2

1A Gl. 8-21

der Mittelwert der Querschnittsflächen am Stabanfang und Stabende. Ist die Querschnittsflä-

che innerhalb des Elementes konstant (A(e) = A1 =A2) , dann geht Gl. 8-20 über in

11

11AE)e(

)e()e((e)

k Gl. 8-22

Die virtuelle Arbeit der äußeren Kräfte setzt sich aus zwei Anteilen zusammen:

1. Arbeit der Linienlast n0 an der virtuellen Verschiebung u

2. Arbeit der Kraft F an der virtuelle Verschiebung u( )

Page 172: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-10 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Wir betrachten zuerst die Linienlast n0. Die Kraft F am Stabende wird später berücksichtigt.

Wir erhalten durch Summation über sämtliche Elemente

n

1e

)e(a

n

1e 0

)e()e(0a Adx)x(unA

)e(

Gl. 8-23

mit dem auf das Element bezogenen Anteil

(e)(e)T

0x

)e(0

(e)T(e)T

0

)e(0

(e)(e)

0

)e()e(0

)e(a

(e)

dxndxndx)x(unA

)e(

e

)e()e(

pu

p

NuuN

Gl. 8-24

Die Integration liefert für n = n0 = konst. den Elementlastvektor

(e )

e

(e)(e)T (e) 0

0

x 0

1nn dx

12(e)p N

Gl. 8-25

5. Schritt Aufbau des globalen Gleichungssystems

Die auf Elementebene berechneten Matrizen werden jetzt zum globalen Gleichungssystem

zusammengebaut. Der Zusammenbau muss so erfolgen, dass die Kompatibilität in den Ver-

formungen über die Elementgrenzen hinweg gewährleistet ist. Dazu benötigen wir den Zu-

sammenhang zwischen den lokalen Elementknotenverschiebungen (u1, u2) und den globalen

Systemknotenverschiebungen

3

2

1

v

v

v

v Gl. 8-26

Hierzu führen wir auf Elementebene die Zuordnungsmatrix A(e) ein, die sich aus der Element-

datei ermitteln lässt. Es gilt dann

vAu (e)(e) Gl. 8-27

Die Matrix A(e) ist eine Boolesche Matrix, die nur die Informationen 0 oder 1 enthält (s.h.

Beispiel Fachwerk). Für das Element 2 erhalten wir zum Beispiel

Page 173: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-11

vAu )2(

3

2

1)2(

2

1)2(

v

v

v

100

010

u

u

Gl. 8-28

Das Potenzial des Elementes ist dann

(e)(e)T(e)(e)(e)T

0

)e(0

)e(

0

2)e()e(

2

1dxundxuAE

2

1)e()e(

puuku

Gl. 8-29

Am Gesamtpotenzial fehlen jetzt noch die Arbeiten der äußeren Kräfte, die aus der Kraft F

am rechten Rand und der zunächst unbekannten Auflagerkraft R am linken Rand bestehen.

Um aus der Reaktionskraft R eine äußere Kraft zu machen, muss das kinematische Modell

durch das entsprechende statische Modell ersetzt werden (Abb. 8-8).

Abb. 8-8 Statisches Modell zur Darstellung der Reaktionskraft R

Die Reaktionskraft R wird am Systemknoten "1" und die Kraft F am Systemknoten "3" in die

Konstruktion eingeleitet. Führen wir mit

F

0

R

F

F

F

3

2

1

F Gl. 8-30

den Knotenlastvektor ein, dann ist die Arbeit der eingeprägten Kräfte

vFTF,aA

Die Gesamtenergie des Stabes ist dann endgültig

Page 174: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-12 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Extremum2

1

22

1

22

1)u(ˆ

TT

Tn

1e

(e)(e)T(e)(e)(e)TT

n

1e

T(e)(e)T(e)(e)(e)Tn

1e

)e(

PvvKv

FvpAvAkAv

vFpuuku

Gl. 8-31

mit der globalen Systemsteifigkeitsmatrix

n

1e

(e)(e)(e)T AkAK Gl. 8-32

und dem globalen Knotenlastvektor

FpAP

n

1e

(e)(e)T Gl. 8-33

Das Prinzip der virtuellen Verrückung fordert

02

1

2

1ˆ TTTT PvKvPvvKvvKv Gl. 8-34

In Gl. 8-34 wurde die Symmetrie der Systemsteifigkeitsmatrix berücksichtigt1. Wegen der

Beliebigkeit von v muss dann

PvK Gl. 8-35

erfüllt sein.

6. Schritt Aufbau des modifizierten Gleichungssystems, Einbau der Randbedingun-

gen

Mit Hilfe der Zuordnungsmatrizen A(e) lässt sich nun das Gleichungssystem für das noch

nicht gefesselte System aufbauen. Wir beginnen mit der Systemmatrix K

)2()2()T2()1()1()T1()2()1(2

1e

(e)(e)(e)T AkAAkAKKAkAK

Gl. 8-36

1 Dann gilt: vKvvKv TT

Page 175: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-13

Zum Aufbau der Elementsteifigkeitsmatrix k(e) benötigen wir gemäß Gl. 8-21 neben den Ela-

stizitätsmoduli die Mittelwerte der Elementquerschnittsflächen )e(mA

Element Elastizitätsmodul [kN/cm2] (e)mA [cm2] Elementlänge [cm]

1 3000,0 0,5 (10 + 5,5) = 7,75 50,0

2 3000,0 0,5 (5,5 + 1,0) = 3,25 50,0

Tabelle 8-4 Elementgrößen, zwei Elemente gleicher Länge

Damit erhalten wir nach Gl. 8-20 die Elementsteifigkeitsmatrizen

11

11195

11

11AE

11

11465

11

11AE)2(

)2(m

)2()2(

)1(

)1(m

)1()1(

kk

sowie unter Beachtung von Gl. 8-32 die globalen Elementmatrizen

000

0465465

0465465

010

001

465465

465465

00

10

01)1()1()T1()1( AkAK

1951950

1951950

000

100

010

195195

195195

10

01

00)2()2()T2()2( AkAK

Der Zusammenbau liefert die globale Systemsteifigkeitsmatrix

1951950

195660465

0465465

1951950

195195465465

0465465)2()1( KKK

Nun wird die rechte Seite aufgebaut. Es gilt

25,21

50,2

25,1

20

0

0

1

1

0

25,1

0

1

1

25,1)2()T2()1()T1(n

1e

(e)(e)T FpApAFpAP

Die Systemgleichung Gl. 8-35 lautet dann

25,21

50,2

25,1

v

v

v

1951950

195660465

0465465

3

2

1

Wie man leicht zeigen kann, ist die Systemmatrix K singulär (det K = 0). Das System ist of-

fensichtlich kinematisch, denn wir haben noch nicht die Lagerungsbedingung des Stabes am

linken Rand (x = 0) berücksichtigt. Wegen v1 = 0 und damit auch 0v1 können die 1. Spal-

Page 176: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-14 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

te und die 1. Zeile des Gleichungssystems gestrichen werden. Es verbleibt dann die reduzierte

Systemgleichung mit der Lösung

25,21

50,2

v

v

195195

195660

3

2

1600,0

0511,0

v

v

3

2 [cm]

Setzen wir die nun bekannten Knotenverschiebungen v2 und v3 in den Knotenverschiebungs-

vektor ein und berücksichtigen wegen des kinematischen Zwangs v1 = 0 auf der rechten Seite

die unbekannte Reaktionskraft R, dann erhalten wir die Systemgleichung

25,21

50,2

R25,1

1600,0

0511,0

0

1951950

195660465

0465465

Gl. 8-37

Ausmultiplizieren der 1. Zeile liefert

R25,1v465 2

und damit

kN0,2525,10511,0465R

7. Schritt Rückrechnung

Mit den Knotenverschiebungen liegen dann auch die verbleibenden Zustandsgrößen fest. Da

wir einen linearen Verschiebungsansatz gewählt haben, sind die Verzerrungen (und damit

auch die Spannungen) innerhalb des Elementes konstant1. Mit Gl. 8-16 gilt

vABuBε (e)(e)(e)(e)(e) Gl. 8-38

Element 1:

3e022,150

0511,0

1600,0

0511,0

0

010

001

50

1,

50

1

v

v

v

010

0011,

1

3

2

1

)1()1()1()1()1(

vABε

Element 2:

3e178,20511,016,050

1

1600,0

0511,0

0

100

010

50

1,

50

1

v

v

v

100

0101,

1

3

2

1

)2()2()2()2()2(

vABε

1 In der angelsächsischen Literatur wird deshalb ein solches Element als constant strain element bezeichnet.

Page 177: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-15

Für die Spannungen gilt

(e))e((e) E εσ Gl. 8-39

Element 1: 2)1()1()1( cm/kN07,33e022,13e0,3E εσ

Element 2: 2)2()2()2( cm/kN53,63e178,23e0,3E εσ

Die grafischen Darstellungen der Verschiebungen und Spannungen in Abb. 8-9 und Abb.

8-10 zeigen deutlich ein starkes Anwachsen der analytisch exakten Zustandsgrößen in der

Nähe des rechten Randes. Das trifft besonders für die Spannungen zu. Die Elementierung des

Stabes mit nur zwei Elementen unter Verwendung des Zweiknotenelementes mit linearem

Verschiebungsansatz ist offensichtlich nicht in der Lage, insbesondere die Spannungen be-

friedigend wiederzugeben. Die mit der FEM ermittelten Spannungen entsprechen jedoch ex-

akt den theoretischen Werten in Elementmitte. Diese Mittelung im energetischen Sinne ist

charakteristisch für die FE-Methode. Die größte Spannung tritt bei x auf. Der relative

Fehler beträgt immerhin

%4,6720

53,620

an

FEan

ein für die sinnvolle Auslegung des Systems zu hoher Wert.

Abb. 8-9 Verschiebung u, Ergebnis für zwei Elemente gleicher Länge

Page 178: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-16 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Abb. 8-10 Spannung xx, Ergebnis für zwei Elemente gleicher Länge

Mit dem vorgestellten 2-Knoten-Element lassen sich die Ergebnisse durch folgende Modifika-

tionen wesentlich verbessern:

1. Erhöhung der Anzahl der Elemente, wobei alle Elemente dieselbe Elementlänge besitzen

h-Adaptivität (h = Elementlänge)

2. Feinere Elementierung im Bereich starker Änderung der Zustandsgrößen

r-Adaptivität (r = Knotenabstand)

Hinweis: Die Konvergenz einer Näherungslösung gegen die im Sinne der Theorie exakte Lö-

sung kann dadurch beobachtet werden, dass in eine grobe Vernetzung ein feineres Netz gelegt

wird, wobei sich die Lage der Knoten und der Elementgrenzen der gröberen Vernetzung nicht

ändert. Nähert sich dann die Lösung einem Grenzwert, dann kann auf Konvergenz der Nähe-

rungslösung gegen die exakte Lösung geschlossen werden.

Abb. 8-11 Elementierung eines Dehnstabes, 4 Elemente gleicher Länge

Wir erhöhen in einem ersten Schritt die Anzahl der Elemente von zwei auf vier. Den vier

Elementen gleicher Länge sind 5 Systemknoten mit den entsprechenden Freiheitsgraden zu-

geordnet.

Page 179: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-17

Knotennummer x-Koordinate [cm]

1 0

2 25

3 50

4 75

5 100

Tabelle 8-5 Knotendatei, 4 Elemente gleicher Länge

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2

2 2 3

3 3 4

4 4 5

Tabelle 8-6 Elementdatei, 4 Elemente gleicher Länge

Zur Berechnung der Elementsteifigkeitsmatrizen benötigen wir wieder die gemittelten Quer-

schnittsflächen )e(mA

Element Elastizitätsmodul [kN/cm2] (e)mA [cm2] Elementlänge [cm]

1 3000,0 0,5 (10,0 + 7,75) = 8,875 25,0

2 3000,0 0,5 (7,75 + 5,50) = 6,625 25,0

3 3000,0 0,5 (5,50 + 3,25) = 4,375 25,0

4 3000,0 0,5 (3,25 + 1.00) = 2,125 25,0

Tabelle 8-7 Elementgrößen, 4 Elemente gleicher Länge

Elementlastvektoren

1

1625,0

1

1

2

25,05

1

1

2

n )e(0(e)

p

Elementsteifigkeitsmatrizen

255255

255255

11

11AE

525525

525525

11

11AE

795795

795795

11

11AE

06510651

06510651

11

11AE

)4(

)4()4()4(

)3(

)3()3()3(

)2(

)2()2()2(

)1(

)1()1()1(

kk

kk

Page 180: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-18 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Vektor der rechten Seite

625,20

250,1

250,1

250,1

625,0

20

0

0

0

0

1

1

0

0

0

625,0

0

1

1

0

0

625,0

0

0

1

1

0

625,0

0

0

0

1

1

625,04

1e

(e)(e)T FpAP

Systemgleichung

625,20

250,1

250,1

250,1

R625,0

v

v

v

v

0

255255000

25525552552500

05255257957950

0079579510651065

00010651065

5

4

3

2

Knotenverschiebungen

1745,0

0936,0

0520,0

0229,0

0

v

Reaktionskraft kN00,25625,002289,01065R

Verzerrungen

(1) (1) (1) (1) (1)

0

0,02291 0 0 0 01 1 0,0229

, 9,160e 40,05200 1 0 0 025 25 25

0,0936

0,1745

ε B u B A v

(2) (2) (2) (2) (2)

0

0,02290 1 0 0 01 1 0,052 0,0229

, 1,164 30,05200 0 1 0 025 25 25

0,0936

0,1745

ε B u B A v

(3) (3) (3) (3) (3)

0

0,02290 0 1 0 01 1 0,0936 0,052

, 1,664e 30,05200 0 0 1 025 25 25

0,0936

0,1745

ε B u B A v

Page 181: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.1 Vorgehensweise nach der FE-Methode 8-19

(4) (4) (4) (4) (4)

0

0,02290 0 0 1 01 1 0,1745 0,0936

, 3, 236e 30,05200 0 0 0 125 25 25

0,0936

0,1745

ε B u B A v

Abb. 8-12 Verschiebung u, Ergebnis für vier Elemente gleicher Länge

Abb. 8-13 Spannung xx, Ergebnis für vier Elemente gleicher Länge

Spannungen 2)1()1()1( cm/kN75,24e160,93e0,3E εσ

2)2()2()2( cm/kN49,33e164,13e0,3E εσ

2)3()3()3( cm/kN99,43e664,13e0,3E εσ

2)4()4()4( cm/kN71,93e236,33e0,3E εσ

Page 182: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-20 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz Wird der Grad des Polynoms für die Verschiebungsfunktion )(u erhöht, so sind weitere

Zwischenknoten erforderlich. Die automatische Anpassung der Polynomordnung in der An-

satzfunktion wird als p-Adaptivität bezeichnet. Wählen wir beispielsweise ein Polynom 2.

Ordnung, also

2210 aaa)(u Gl. 8-40

dann können wir den zusätzlichen Freiwert (hier a2) einem weiteren Knoten zuordnen, etwa

dem Element-Mittelpunkt in Abb. 8-14.

Abb. 8-14 Dehnstab, 3-Knoten-Element

Die drei Konstanten a0, a1 und a2 werden aus dem linearen Gleichungssystem

2103

2102

01

aaau)1(u

4a2aau)21(u

au)0(u

zu

3212

3211

10

u2u4u2a

uu4u3a

ua

Gl. 8-41

ermittelt. Einsetzen dieser Konstanten in Gl. 8-40 liefert

32

22

12 u2u4u231)(u Gl. 8-42

Mit den Formfunktionen

Page 183: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz 8-21

12)(N

14)(N

)1)(12()(N

3

2

1

Gl. 8-43

lauten dann die Elementverschiebungen

332211 u)(Nu)(Nu)(N)(u Gl. 8-44

Abb. 8-15 Formfunktionen (quadratischer Ansatz)

In Abb. 8-15 sind die Formfunktionen für das 3-Knoten-Element dargestellt.

Hinweis: Wir hätten selbstverständlich den Knoten mit 10 2 an jede beliebige Stelle

zwischen beide Endknoten legen können. Die Formfunktionen errechnen sich dann für diesen

allgemeinen Fall zu

1

)(N;)1(

1)(N;

))(1()(N

2

23

222

2

21

Gl. 8-45

Für 2/12 gehen die Funktionen Gl. 8-45 in die einfache Form Gl. 8-43 über, was die

Wahl des Knotens in der Elementmitte nachträglich als sinnvoll erscheinen lässt.

Die Aufstellung des linearen Gleichungssystems Gl. 8-41 zur Berechnung der Polynomkon-

stanten kann vermieden werden, wenn man bei einem Polynom p-ten Grades das Bildungsge-

setz der Lagrangeschen Interpolationspolynome

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)()(L

1pk

1p

pk

p

1kk

1k

1kk

1k

2k

2

1k

11p

)km(1m mk

mk

beachtet. In unserem Fall des quadratischen Ansatzes Gl. 8-40 ist p = 2 und wir erhalten:

Page 184: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-22 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

321

1 2 1 3

( )( ) ( 1 2) ( 1)L ( ) (2 1)( 1)

( ) ( ) (0 1 2) (0 1)

312

2 1 2 3

( )( ) ( 0) ( 1)L ( ) 4 (1 )

( ) ( ) (1 2 0) (1 2 1)

1 23

3 1 3 2

( ) ( ) ( 0) ( 1 2)L ( ) (2 1)

( ) ( ) (1 0) (1 1 2)

Die Lagrangeschen Interpolationspolynome sind identisch mit den Formfunktionen, die wir

im Vektor der Formfunktionen N(e) zusammenfassen.

(e)(e)

3

2

1

)e(3

)e(2

)e(1

)e(

u

u

u

)x(N),x(N),x(N)x(u uN

Gl. 8-46

und die Variation liefert

(e)(e)u uN Gl. 8-47

Wir benötigen wieder die Ableitung der Verschiebungsfunktion u . Es gilt

(e)(e)

3

2

1

)e(

3

2

1

)e(3

)e(2

)e(1)e(

u

u

u

14,84,341

u

u

u

dx

dN,

dx

dN,

dx

dN)x(u uB

Gl. 8-48

Die Querschnittsfläche des Stabes ist linear veränderlich. Bezeichnen A1 und A3 die Quer-

schnittsflächen an den entsprechenden Elementknoten, dann gilt:

31)e(

)e(

131)e( AA)1(

xAAA)x(A

und für die Elementsteifigkeitsmatrix erhalten wir ( 13 A/A )

113)31(41

)31(4)1(16)3(4

1)3(4311

6

AEdxAE

)e(1

)e(

0

)e((e))e((e)T(e)

)e(

BBk Gl. 8-49

Für elementweise konstante Querschnittsflächen A1 = A3 = )e(0A = konst. ( 1 ) folgt aus Gl.

8-49

Page 185: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz 8-23

781

8168

187

3

AE)e(

)e(0

)e()e(

k Gl. 8-50

Entsprechend erhalten wir mit n0 = konst. den Elementlastvektor

1

4

1

6

nd

)12(

)1(4

231

ndxn)e(

01

0

2

)e(0

)e(

0

0(e)T(e)

)e(

Np Gl. 8-51

Abb. 8-16 Dehnstab, 2 Elemente gleicher Länge (quadratischer Verschiebungsansatz)

Zur Berechnung der Elementsteifigkeitsmatrizen nach Gl. 8-49 benötigen wir noch die Quer-

schnittsflächen an den Elementrändern.

Element E(e) [kN/cm2] (e)1A [cm2] (e)

3A [cm2] (e) = (e)3A / (e)

1A (e) [cm]

1 3000,0 10,00 5,50 0,5500 50,0

2 3000,0 5,50 1,00 0,1818 50,0

Tabelle 8-8 Elementgeometrie

27534065

3401040700

65700635

9051060155

106024801420

15514201265(2)(1) kk

417,0

667,1

417,0

1

4

1

6

5,05

1

4

1

6

n )e(0(e)p

Page 186: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-24 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Systemgleichung des gefesselten Systems

417,20

667,1

834,0

667,1

R417,0

v

v

v

v

0

2753406500

340104070000

657006359051060155

00106024801420

0015514201265

5

4

3

2

Lösung

1.) Knotenverschiebungen

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

v

v

v

v

v

5

4

3

2

1

v [cm]

2.) Reaktionskraft

kN25417,005228,015502302,01420R

3.) Elementverschiebungen

Element 1:

]cm[10248,110979,3

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

00100

00010

00001

)12(),1(4,231)(u

222

2)1()1()1()1(

vANuN

Element 2:

]cm[10216,810577,410228,5

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

10000

01000

00100

)12(),1(4,231)(u

2222

2)2()2()2()2(

vANuN

4.) Spannungen

vABuB )e()e()e()e()e()e()e()e()e( EEE

Page 187: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz 8-25

Element 1:

]cm/kN[499,1388,2

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

00100

00010

00001

14,84,3450

3000E

2

)1()1()1()1(

vAB

Element 2:

]cm/kN[859,9746,2

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

10000

01000

00100

14,84,3450

3000E

2

)2()2()2()2(

vAB

Abb. 8-17 Verschiebung u, Ergebnis für zwei Elemente gleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Page 188: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-26 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Abb. 8-18 Spannung xx, Ergebnis für zwei Elemente gleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Abb. 8-19 Verschiebung am Stabende in Abhängigkeit von der Anzahl der Elemente

Abb. 8-20 Spannung am Stabende in Abhängigkeit von der Anzahl der Elemente

Ein Blick auf das Verschiebungsfeld in Abb. 8-17 zeigt, dass, obwohl nur zwei Elemente ver-

wendet wurden, bereits eine sehr gute Übereinstimmung mit den analytischen Werten besteht.

Für die Spannungen gilt das nur im ersten Element (Abb. 8-18). Dort ist die Spannungsände-

Page 189: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.2 Stabelement mit quadratischem Verschiebungsansatz 8-27

rung jedoch nicht so stark, wie in der zweiten Hälfte. Am Elementübergang tritt ein Span-

nungssprung auf. Mit feiner werdender Elementierung lassen sich die Ergebnisse für die Ver-

schiebungen und Spannungen noch erheblich verbessern. Abb. 8-19 und Abb. 8-20 zeigen die

Entwicklung der Zustandsgrößen bei Verwendung gleicher Elementlängen und zunehmender

Anzahl der Elemente. Das Element mit quadratischem Verschiebungsansatz zeigt für beide

Zustandsgrößen die besseren Ergebnisse. Allerdings ist beim Element mit quadratischem Ver-

schiebungsansatz infolge des zusätzlichen Mittenknotens, und damit einer zusätzlichen Unbe-

kannten je Element, die Rechenzeit größer als beim linearen Element.

Den analytischen Lösungen für die Verschiebungen und Spannungen ist zu entnehmen, dass

die Änderung der Zustandsgrößen (ihre Gradienten) mit Annäherung an den rechten Rand

zunimmt. Es liegt daher nahe, auch die Elementierung zum rechten Rand hin zu verdichten.

Wir wählen abschließend ein Elementnetz entsprechend Abb. 8-21. Die rechte Stabhälfte

wurde nochmals in 2 Elemente gleicher Länge (25 cm) unterteilt. Die analytische Lösung des

linken Bereichs zeigt eine nahezu lineare Veränderlichkeit der Zustandsgrößen, hier kann also

recht grob elementiert werden.

Abb. 8-21 Elementierung eines Dehnstabes, 3 Elemente ungleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Knotennummer x-Koordinate [cm]

1 0,0

2 25,0

3 50,0

4 62,5

5 75,0

6 87,5

7 100,0

Tabelle 8-9 Knotendatei, 3 Elemente ungleicher Länge, quadratischer Verschiebungsansatz

Page 190: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-28 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Elementnummer Anfangsknoten Mittenknoten Endknoten

1 1 2 3

2 3 4 5

2 5 6 7

Tabelle 8-10 Elementdatei, 3 Elemente ungleicher Länge, quadratischer Verschiebungsansatz

Zur Berechnung der Elementsteifigkeitsmatrizen nach Gl. 8-49 benötigen wir wieder die

Querschnittsflächen an den Elementrändern.

Element E(e) [kN/cm2] (e)

1A [cm2] (e)3A [cm2] (e) [cm]

1 3000,0 10,00 5,50 50,0

2 3000,0 5,50 3,25 25,0

3 3000,0 3,25 1,00 25,0

Tabelle 8-11 Elementgrößen

Systemgleichung

2083,20

8333,0

4166,0

8333,0

6250,0

6667,1

R4167,0

v

v

v

v

v

v

0

415

5001360

858601820

0012202800

0017515802310

000010602480

000015514201265

7

6

5

4

3

2

sym.

Abb. 8-22 Verschiebungen, 3 Elemente ungleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Page 191: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.3 Die Eigenwertaufgabe für den ebenen Stab 8-29

Abb. 8-23 Spannungen, 3 Elemente ungleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Knotenverschiebungen:

18353,012802,009479,007110,005228,002302,00T v [cm]

Elementverschiebungen:

Element 1: (0,03979 + 0,01249) [cm]

Element 2: 0,05228 + 0,032763 + 0,009738 2 [cm]

Element 3: 0,09478 + 0,044211 + 0,044529 2 [cm]

Elementspannungen:

Element 1: 2,3876 + 1,4983 [kN/cm2]

Element 2: 3,9316 + 2,3372 [kN/cm2]

Element 3: 5,3053 + 10,6870 [kN/cm2]

Die errechneten Verschiebungen sind praktisch deckungsgleich mit den analytischen Werten.

Bei den Spannungen hat sich im rechten Bereich eine wesentliche Verbesserung im Vergleich

zu einer äquidistanten Elementierung mit 3 Elementen ergeben. Der Maximalwert am rechten

Rand ( 2FE cm/kN00,16 ) liegt näher an der analytischen Lösung, der relative Fehler be-

trägt aber immer noch etwa 20%. Eine Verbesserung der Spannungsergebnisse kann durch

feinere Elementierung in der rechten Stabhälfte erzielt werden.

8.3 Die Eigenwertaufgabe für den ebenen Stab Das Elastizitätsgesetz für den geraden Stab in globalen Koordinaten lautet

(e)(e)(e) fuk Gl. 8-52

Page 192: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-30 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

mit der symmetrischen Elementsteifigkeitsmatrix in globalen Koordinaten

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

)e(

)e()e((e)

scsscs

csccsc

scsscs

csccsc

AE

k Gl. 8-53

und

)e(u : Vektor der Stabendverschiebungen in globalen Koordinaten )e(f : Vektor der Stabendkräfte in globalen Koordinaten

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

(e)

u

u

u

u

u

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

(e)

F

F

F

F

f Gl. 8-54

Die Elementsteifigkeitsmatrix k(e) hat die Dimension [ 44 ]. Sie ist symmetrisch und ihre

Koeffizienten sind reell. Denken wir uns in diesem Elastizitätsgesetz die Knotenverschiebun-

gen u(e) vorgegeben, dann liefert die Multiplikation der Steifigkeitsmatrix mit diesem Knoten-

verschiebungsvektor die dazu erforderlichen Stabendkräfte f(e). Es lässt sich nun die Frage

stellen, ob ausgezeichnete Stabendverschiebungen u(e) existieren, die zu Stabendkräften füh-

ren, die proportional zu diesen Richtungen sind, was (e)(e)(e) uuk erfordert oder

0uI-(k (e)(e) ) Gl. 8-55

In Gl. 8-55 bezeichnet I die Einheitsmatrix. Dieses lineare homogene Gleichungssystem be-

sitzt nur dann von null verschiedene Lösungen u(e) wenn

0)det)(P I-(k(e) Gl. 8-56

erfüllt ist. P() ist hier ein Polynom in vom Grade 4 und heißt charakteristisches Polynom.

Die Eigenwertgleichung Gl. 8-56 liefert genau 4 reelle und positive Lösungen )4,...,1i(i ,

die auch mehrfach auftreten können und Eigenwerte der Steifigkeitsmatrix k(e) genannt wer-

den. Für diese Zahlen besitzt das Gleichungssystem Gl. 8-55 nichttriviale Lösungen. Im Fall

von 4 verschiedenen Eigenwerten gibt es dann auch genau 4 verschiedene Eigenlösungen

Page 193: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.3 Die Eigenwertaufgabe für den ebenen Stab 8-31

oder Eigenvektoren u(e) der Matrix1. Die Eigenvektoren sind wegen der Homogenität des

Gleichungssystems Gl. 8-55 allerdings nur bis auf eine Konstante bestimmbar, die durch eine

geeignete Normierung festgelegt werden kann.

Liegen mehrfache Eigenwerte vor, dann sind die Verhältnisse verwickelter. In diesem Fall

sind die Eigenvektoren zu den mehrfachen Eigenwerten nicht mehr eindeutig. Jede Linear-

kombination dieser Eigenvektoren ist dann wieder ein Eigenvektor.

Setzen wir im Elastizitätsgesetz 0/AE )e()e()e((e)0 , dann lautet die Eigenwertgleichung

Gl. 8-56

0)det)(P I-k( (e) Gl. 8-57

mit

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

2)e()e()e(2)e()e()e(

)e()e(2)e()e()e(2)e(

scsscs

csccsc

scsscs

csccsc

(e)k und )e(0/ Gl. 8-58

Das charakteristische Polynom

0)2()(P 3 Gl. 8-59

besitzt als Lösungen die dreifachen Null-Eigenwerte 0321 sowie 24 .

Die Eigenvektoren zu den entsprechenden Eigenwerten werden aus den homogenen Glei-

chungssystemen

0uI-k( (e)i

(e) )i (i = 1,...,4) Gl. 8-60

berechnet. Wir gehen dazu aus von einem Stab in horizontaler Lage ( 0 ) und erhalten

0000

0101

0000

0101

(e)k Gl. 8-61

Gl. 8-60 geht dann über in

0

0

0

0

u

u

u

u

000

0101

000

0101

)e(jy

)e(jx

)e(iy

)e(ix

i

i

i

i

(i = 1,...,4) Gl. 8-62

Die Lösung des Gleichungssystems liefert folgende Eigenvektoren:

1 Die Aufgabe, die Eigenwerte und Eigenvektoren der Matrix k(e) zu bestimmen, heißt Eigenwertaufgabe.

Page 194: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-32 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Eigenvektor zum Eigenwert 01 : ]0,0,1,0[(e)T1u

Eigenvektor zum Eigenwert 02 : ]1,0,0,0[(e)T2u

Eigenvektor zum Eigenwert 03 : ]0,1,0,1[(e)T3u

Eigenvektor zum Eigenwert 24 : ]0,1,0,1[(e)T4u

Sämtliche Eigenvektoren erfüllen die Bedingung (e)j

(e)j uuk j

)e( . Aus den Vektoren (e)1u und

(e)2u dürfen wir durch Linearkombinationen die beiden Eigenvektoren (e)T

2(e)T1 uu und

(e)T2

(e)T1 uu bilden, die wir dann wieder mit (e)T

1u und (e)T2u bezeichnen. Dann erhalten wir:

]1,0,1,0[(e)T1u ; ]1,0,1,0[ (e)T

2u ; ]0,1,0,1[(e)T3u ; ]0,1,0,1[(e)T

4u .

Zur weiteren Betrachtung werden die Eigenvektoren auf den Betrag 1 normiert und dann spal-

tenweise in der Eigenvektormatrix1

0022

12

2

1

22

12

2

100

0022

12

2

1

22

12

2

100

(e)4

(e)3

(e)2

(e)1

(e) e,e,e,eΦ Gl. 8-63

zusammengefasst. Die Eigenvektormatrix hat die Eigenschaft 1(e)(e)T ΦΦ , was durch Aus-

rechnen leicht bestätigt werden kann. Die mittels der Eigenvektormatrix gebildete Matrix

)k~

(diag~

jj 1(e)(e)(e)T(e) ΦkΦk (j = 1,..,4) Gl. 8-64

hat Diagonalgestalt und wird modale Steifigkeitsmatrix genannt. Auf ihrer Hauptdiagonalen

stehen die Eigenwerte.

Abb. 8-24 Eigenformen des ebenen Stabes

Die Eigenvektoren zum dreifachen Eigenwert 0321 stellen Starrkörperbewegun-

gen dar, die kraftfrei durchgeführt werden können, denn es gilt 0ek (e)i

(e) (i = 1,2,3). Um

den Stab kinematisch bestimmt zu lagern, müssen mindestens die drei Starrkörperbewegun-

1 die auch Modalmatrix genannt wird

Page 195: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.4 Statische Kondensation 8-33

gen unterbunden werden. Der Eigenvektor zum 4. Eigenwert beschreibt eine Stabdehnung.

Die allgemeine Verschiebung

4

1iic (e)

i(e) ev Gl. 8-65

der Stabenden eines Elementes kann dann nur aus der Überlagerung der vier Eigenformen

bestehen, wobei die ci beliebige reelle Konstanten darstellen.

8.4 Statische Kondensation

In den vorangegangenen Untersuchungen wurde gezeigt, dass bei Verwendung eines Poly-

nomansatzes n-ter Ordnung für die Verschiebungen genau n + 1 Freiwerte anfallen. Bei einem

linearen Verschiebungsansatz waren das 2 Freiwerte, die wir den Knotenverschiebungen u1

und u2 zuordneten. Bei Verwendung eines Polynoms 2. Ordnung (quadratischer Verschie-

bungsansatz, 3 Freiwerte) wurde zur Abdeckung des dritten Freiwertes ein zusätzlicher Kno-

ten in Elementmitte erforderlich. Dieser Mittenknoten stellt einen inneren Knotenpunkt des

Elementes dar verglichen mit den äußeren Knoten, die am Rand des Elementes liegen. Dieser

Knotenfreiwert ist nur mit den äußeren Knotenwerten des Elementes verknüpft und zeigt kei-

ne Wirkung auf die Nachbarelemente, was eine Folge der Ansatzfunktionen ist, die als lokale

Träger nur auf der Elementebene definiert sind. Es wird deshalb im Folgenden versucht, die-

sen inneren Knotenfreiwert bereits auf Elementebene durch die äußeren Knotenwerte zu er-

setzen. Dieser Vorgang wird statische Kondensation1 genannt, weil der Elimination der in-

neren Knotenvariablen die Extremalbedingung des elastischen Potenzials und damit dem sta-

tischen Gleichgewicht zugrunde gelegt ist.

Ausgangspunkt unserer Untersuchungen ist der auf das Element entfallende Anteil des elasti-

schen Potenzials

(e)(e)T(e)(e)T(e))e(

2

1ˆ puuku Gl. 8-66

Durch Summation aller Elementbeiträge erhalten wir das vollständige Potenzial

Extremum2

1ˆˆn

1e

(e)(e)T(e)(e)(e)Tn

1e

)e(

puuku Gl. 8-67

1 spätl. ›Verdichtung‹

Page 196: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-34 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

Im Elementlastvektor p(e) sind sämtliche Elementbeiträge zum Lastvektor der rechten Seite

zusammengefasst. Die Variation des elastischen Potenzials liefert

0ˆˆn

1e

(e)(e)(e)(e)Tn

1e

)e(

puku

Für jedes Element ist also 0][ (e)(e)(e)(e)T puku oder

(e)(e)(e) puk Gl. 8-68

sicherzustellen. Es wird nun eine Umsortierung derart vorgenommen, dass im Elementkno-

tenverschiebungsvektor u(e) die Knotenvariablen zu den äußeren Knotenpunkten im Vektor (e)au und die Variablen zu den inneren Knotenpunkten im Vektor (e)

iu zusammengefasst sind.

Das erfordert eine Umsortierung1 der Elementsteifigkeitsmatrix k(e) und des Vektors der rech-

ten Seite p(e) in

(e)(e)(e) ~~~puk

p

p

u

u

kk

kk(e)i

(e)a

(e)i

(e)a

(e)ii

(e)ia

(e)ai

(e)aa

Gl. 8-69

Damit zerfällt das obige Gleichungssystem in die beiden Matrizengleichungen

)e(i

)e(i

)e(ii

)e(a

)e(ia

)e(a

)e(i

)e(ai

)e(a

)e(aa

pukuk

pukuk

Gl. 8-70

Aus der zweiten Gleichung kann )e(iu sofort ermittelt werden, wenn unterstellt wird, dass die

Submatrix )e(iik regulär ist und damit eine Inverse besitzt

][ )e(a

)e(ia

)e(i

1)e(ii

)e(i ukpku

Gl. 8-71

Setzen wir dieses Ergebnis in die erste Gleichung ein, dann erhalten wir zunächst

)e(a

)e(a

)e(ia

)e(i

1)e(ii

)e(ai

)e(a

)e(aa pukpkkuk

und zusammengefasst

)e(i

1)e(ii

)e(ai

)e(a

)e(a

)e(ia

1)e(ii

)e(ai

)e(aa pkkpu]kkk[k

Gl. 8-72

Der Gl. 8-72 entnehmen wir die kondensierte Elementsteifigkeitsmatrix

1 was durch einfache Zeilen- und Spaltentausche immer möglich ist

Page 197: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.4 Statische Kondensation 8-35

)e(ia

1)e(ii

)e(ai

)e(aa

(e)ˆ kkkkka

Gl. 8-73

und den kondensierten Elementlastvektor

)e(i

1)e(ii

)e(ai

)e(a

(e)ˆ pkkppa

Gl. 8-74

Mit Gl. 8-73 und Gl. 8-74 können wir dann Gl. 8-72 kompakter notieren

(e))e(

a(e) ˆˆ

aa puk Gl. 8-75

Wir wenden die obigen Gleichungen auf das Stabelement mit quadratischem Verschiebungs-

ansatz an. Gl. 8-68 lautet dann ausgeschrieben

1

4

1

6

n

u

u

u

113)31(41

)31(4)1(16)3(4

1)3(4311

6

AE )e(0

3

2

1

)e(

)e(1

)e(

Gl. 8-76

Das Element besitzt neben den beiden Außenknoten einen zusätzlichen Mittenknoten, den wir

durch statische Kondensation auf Elementebene eliminieren wollen. Dadurch reduziert sich

die Elementsteifigkeitsmatrix der Dimension ]33[ auf eine Matrix der Dimension ]22[ .

Der herauszukondensierende Knoten ist der Mittenknoten 2. Wir haben also in der Steifig-

keitsmatrix die 2. und 3. Spalte und Zeile zu tauschen. Nach der Umsortierung erhalten wir

4

1

1

6

n

u

u

u

)1(16)31(4)3(4

)31(41131

)3(41311

6

AE )e(0

2

3

1

))e(

)e(1

)e(

Gl. 8-77

Gl. 8-77 entnehmen wir die Submatrizen

1131

1311

6

AE)e(

)e(1

)e((e)aa

k (e)T

ia)e(

)e(1

)e((e)ai 31

3

3

AE2kk

13

AE8)e(

)e(1

)e((e)ii

k )1(1

AE8

3)e(

1)e(

)e(1)e(

ii

k

Gl. 8-78

und die Subvektoren

Page 198: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-36 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

13

n2;

1

1

6

n )e(0

)e(0

(e)

i(e)a pp Gl. 8-79

Die kondensierte Elementsteifigkeitsmatrix ist dann (Gl. 8-73)

11

11

)1(3

41AEˆ2

)e(

)e(1

)e()e(

ia

1)e(ii

)e(ai

)e(aa

(e)

kkkkka Gl. 8-80

Mit 2/)1(A2/)AA(A )e(1

)e(3

)e(1

)e(m geht Gl. 8-80 über in

11

11AE)(ˆ

)e(

)e(m

)e((e)

ak 2

2

)1(

41

3

2)(

Gl. 8-81

Abb. 8-25 Der Faktor k(a)

Um also die kondensierte Elementsteifigkeitsmatrix für ein 3-Knoten-Stabelement zu erhal-

ten, ist die Steifigkeitsmatrix des 2-Knotenelementes mit dem Faktor () zu multiplizieren.

Für ein Element mit konstantem Stabquerschnitt ( = 1) sind beide Steifigkeitsmatrizen iden-

tisch (Gl. 8-20). Für 1 ist 1)( .

Den kondensierten Elementlastvektor erhalten wir mit

21

2

)1(3

)e(0)e(

i

1)e(ii

)e(ai

)e(a

(e) pkkppa Gl. 8-82

Die Verschiebung des Innenknotens ist

311

)e(

)e(0)e(

a)e(

ia)e(

i

1)e(ii

)e(2 u)31(u)3(

AE

n

)1(4

1][u

2

ukpk Gl. 8-83

Page 199: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.4 Statische Kondensation 8-37

Wir elementieren den Dehnstab entsprechend Abb. 8-16 mit zwei Elementen gleicher Länge.

Entsprechend Gl. 8-80 und Gl. 8-82 erhalten wir dann die Elementgrößen

Element 1: cm50;55,0105,5;cm5,5A;cm10A;cm/kN3000E )1(2)1(3

2)1(1

2

Element 2: cm50;182,05,50,1;cm0,1A;cm5,5A;cm/kN3000E )2(2)2(3

2)2(1

2

961538462,0

538461539,1ˆ;

8461539,1638461539,163-

8461539,163-8461539,163ˆ

129032258,1

370967742,1ˆ;

9354838,4519354838,451-

9354838,451-9354838,451ˆ

)2(a

)2(a

)1(a

)1(a

pk

pk

Gl. 8-84

Die Systemgleichung des gefesselten Systems kann dann unter Berücksichtigung der Einzel-

kraft am Knoten 5 (20kN) leicht aufgebaut werden

961538,20

667494,2

R370968,1

v

v

0

8461539,1638461539,163-0

8461539,163-7816377,6159354838,451-

09354838,451-9354838,451

5

3 Gl. 8-85

1.) Knotenverschiebungen

]cm[

18022,0

05228,0

0

v

v

v

v

5

3

1

2.) Reaktionskraft

kN25370968,105228,09354838,451R

Diese Lösungen sind bereits bekannt. Die Verschiebungen der Innenknoten werden auf Ele-

mentebene mit Gl. 8-83 berechnet.

cm05228,0][ )1(a

)1(ia

)1(i

1)1(ii

)1(i

ukpku

cm09571,0][ )2(a

)2(ia

)2(i

1)2(ii

)2(i

ukpku

Hinweis: In FE-Programmen wird die oben beschriebene Kondensation so nicht durchgeführt.

Nummerisch effektiver ist im Sinne einer Gauß-Elimination folgende Vorgehensweise: Aus

der dritten Gleichung Gl. 8-77 bestimmen wir u2 und erhalten

Page 200: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-38 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

31

1)e(

)e(0

2 u)31(u)3(AE

n

)1(4

1u

2

Gl. 8-86

Substituieren wir u2 in die beiden ersten Gleichungen und fassen zusammen, dann erhalten

wir das reduzierte Gleichungssystem

21

2

)1(3

nu

u

11

11AE)(

)e(0

3

1

)e(

)e(1

)e(

Gl. 8-87

was mit Gl. 8-80 identisch ist.

8.5 Substrukturierung

Abb. 8-26 Substrukturen eines Stabes

Mittels der statischen Kondensation konnten Element-Mittenknoten eliminiert werden, die

wegen des lokalen Verschiebungsansatzes auf Elementebene nur mit den Element-

Außenknoten in Verbindung stehen. Es entstand dabei ein Element mit einer reduzierten Stei-

figkeitsmatrix. Treten in einer Konstruktion nun viele gleichartige Elemente auf, deren Mit-

tenknoten eliminiert wurden, dann ergibt sich eine wesentliche Reduzierung der Systemglei-

Page 201: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.5 Substrukturierung 8-39

chungen. Die Substrukturierung ist damit die folgerichtige Fortsetzung der statischen Kon-

densation.

Substruktur der 1. Stufe

Die Basis der Substrukturierung ist das kondensierte 3-Knoten-Stabelement. Wir notieren die

Elementgleichungen für alle 4 Elemente.

Element 1

8333,0

2083,0

2083,0

v

v

v

5680.sym

26602305

30203552665

2

3

1

296,1059296,1059-

296,1059-296,1059ˆ (1)ak ;

3

1

v

v(1)au ;

598590,0

651410,0ˆ (1)

ap

312 u468308,0+u531692,0+3e-146714,0v

Element 2

8333,0

2083,0

2083,0

v

v

v

4240.sym

19401675

23002652035

4

5

3

358,787358,787-

358,787-358,787ˆ (2)ak ;

5

3

v

v(2)au ;

589620,0

660377,0ˆ (2)

ap

534 v457546,0+v542454,0+3e-196541,0v

Element 3

8333,0

2083,0

2083,0

v

v

v

2800.sym

12201045

15801751405

6

7

5

429,513429,513-

429,513-429,513ˆ (3)ak ;

7

5

v

v(3)au ;

571430,0

678573,0ˆ (3)

ap

756 v435713,0+v564283,0+3e-297619,0v

Element 4

8333,0

2083,0

2083,0

v

v

v

1360.sym

500415

86085775

8

9

7

Page 202: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8-40 8 Finite Elemente bei eindimensionalen Randwertproblemen

176,231176,231-

176,231-176,231ˆ (4)ak ;

9

7

v

v(4)au ;

514707,0

735293,0ˆ (4)

ap

978 v367647,0+v632354,0+3e-612746,0v

Substruktur der 2. Stufe

In diesem Arbeitsschritt werden die aus der 1. Stufe ermittelten Elementmatrizen dazu be-

nutzt, um die Elemente 1 und 2 sowie 3 und 4 jeweils zu einem Element zusammenzufassen.

Wir beginnen mit der Kopplung der Elemente 1 und 2 durch Eliminierung von v3.

25897,1

58962,0

65141,0

v

v

v

654,1846sym.

358,787-358,787

296,1059-0296,1059

3

5

1

652,451652,451-

652,451-652,451ˆ (1,2)ak ;

5

1

v

v(1,2)au ;

12641,1

37359,1ˆ (1,2)

ap

513 v426367,0+v573630,0+3e-681755,0v

Kopplung der Elemente 3 und 4 zur Eliminierung von v7

306723,1

514707,0

678573,0

v

v

v

605,744sym.

176,231-176,231

429,513-0429,513

7

9

5

403,159403,159-

403,159-403,159ˆ (3,4)ak ;

9

5

v

v(3,4)au ;

920402,0

579598,1ˆ (3,4)

ap

957 v310470,0+v689529,0+2e-175491,0v

Substruktur der 3. Stufe

Auf dieser letzten Stufe werden zur Elimination von v5 die beiden auf Stufe 2 erzeugten Ele-

mente zusammengefasst und die Verschiebung v5 eliminiert. Wir erhalten

70600,2

92040,0

37359,1

v

v

v

056,611sym.

403,159-403,159

652,451-0652,451

5

9

1

821,117821,117-

821,117-821,117ˆ (1,2)(3,4)ak ;

9

1

v

v(1,2)(3,4)au ;

62631,1

37367,3ˆ (1,2)(3,4)

ap

915 v260866,0+v739131,0+2e-442838,0v

Damit liegen sämtliche Gleichungen für unser Superelement vor. Die abschließende FE-

Gleichung für die unbekannten Verschiebungen der Randknoten lautet

62631,1

37367,3

v

v

821,117821,117-

821,117-821,117

9

1

Page 203: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

8.5 Substrukturierung 8-41

Das System ist kinematisch, da wir die Randbedingung (v1 = 0) am linken Rand noch nicht

berücksichtigt haben. Außerdem ist am Knoten 9 die eingeprägte Knotenkraft von 20 kN an-

zubringen. Das endgültige finite Gleichungssystem ist dann

0

R

626307,21

373693,3

v

0

821,117821,117-

821,117-821,117 1

9

Gl. 8-88

Aus der letzten Gleichung kann 18355,0821,117

62631,21v9 [cm] berechnet werden. Die Reak-

tionskraft am linken Rand ergibt sich aus der 1. Gleichung in Gl. 8-88:

0,25v821,11737367,3R 91 [kN].

Eine Rückwärtsrechnung liefert abschließend die Verschiebungen der Innenknoten:

05231,0v260866,0+2e-442838,0v 95 [cm]

1e-948104,0v310470,0+v689529,0+2e-175491,0v 957 [cm]

1e-229847,0v426367,0+v573630,0+3e-681755,0v 513 [cm]

128048,0v367647,0+v632354,0+3e-612746,0v 978 [cm]

1e-711247,0v435713,0+v564283,0+3e-297619,0v 756 [cm]

1e-365984,0v457546,0+v542454,0+3e-196541,0v 534 [cm]

1e-109107,0u468308,0+u531692,0+3e-146714,0v 312 [cm]

Hätten wir das 3-Knotenelement ohne Kondensation eingesetzt, dann hätten wir eine Steifig-

keitsmatrix der Größe 99 erhalten.

2083,20

8333,0

4167,0

8333,0

4167,0

8333,0

4167,0

8333,0

2083,0

v

v

v

v

v

v

v

v

v

415.

5001360

858601820

0012202800

0017515803080

000019404240

000026523004340

00000026605680

00000035530202665

9

8

7

6

5

4

3

2

1

sym

Page 204: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 205: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 206: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9 Balkenelemente

9.1 Die gerade oder einachsige Biegung

Abb. 9-1 Träger mit Querbelastung q(x), EIyy = konst. (Koordinatensystem entsprechend Stabstatik)

Ist der Balken statisch bestimmt gelagert, dann lassen sich die Biegemomente My(x) aus den

Gleichgewichtsbedingungen allein ermitteln. Die Biegelinie des schubstarren1 Balkens kann

dann aus der Differenzialgleichung 2. Ordnung

)x(M)x(w)x(EI yyy Gl. 9-1

durch zweimaliges Integrieren gewonnen werden. Die beiden dabei anfallenden Integrations-

konstanten werden aus den Randbedingungen bestimmt. Ist das Tragwerk statisch unbestimmt

gelagert, so ist unter Beachtung der lokalen Gleichgewichtsbedingungen

)x(w)x(EI)x(qdx

)x(dQ

)x(w)x(EI)x(Qdx

)x(dM

yyz

yyzy

Gl. 9-2

auf die Differenzialgleichung 4. Ordnung

1 Für den schubstarren Balken steht kein Werkstoffgesetz für die Querkräfte zur Verfügung

Page 207: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-2 9 Balkenelemente

)x(q)x(w)x(EIyy Gl. 9-3

überzugehen. Ist die Biegesteifigkeit EIyy mindestens abschnittsweise konstant, dann folgt aus

Gl. 9-3

)x(q)x(wEI IVyy Gl. 9-4

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsan-

satz

Von der Biegelinie eines Balkens verlangen wir einen stetigen Verlauf der Verschiebung

w(x). Soll die Biegelinie keine Knicke aufweisen, dann muss auch Stetigkeit der Tangenten-

neigung )x(w gefordert werden. Um diesen Forderungen zu genügen, benötigen wir für das

Verschiebungsfeld w(x) mindestens C1-stetige Ansatzfunktionen.

Wenn wir uns an die Herleitung der Steifigkeitsmatrix für ein Stabelement erinnern, dann

waren den Koeffizienten des C0–stetigen Verschiebungsansatzes u(x) den Knotenwerten zu-

geordnet. Bei Verwendung eines Polynoms 3. Grades mit vier Konstanten waren neben den

beiden Randknoten zusätzlich zwei Mittenknoten erforderlich. Wir können bei einem 2-

Knotenelement mit kubischem Verschiebungsansatz die beiden zusätzlichen Parameter jedoch

auch dazu benutzen, die Stetigkeitsanforderungen an den Randknoten zu erhöhen.

Wir wählen die lokalen Koordinaten entsprechend Abb. 9-2. Das Balkenelement liegt damit in

der (x, z)-Ebene. Die Verschiebungsgrößen zeigen in positive Koordinatenrichtungen und

positive Drehungen drehen im Sinne der Rechtsschraubenregel um die senkrecht zur (x, z)-

Ebene stehende y-Achse.

Abb. 9-2 Ein 2-Knotenelement

Wir wählen dazu die Knotenvariablen w und w'. Neben der Verschiebung w verfügt der

Knoten eines Balkenelementes damit über einen zusätzlichen Freiheitsgrad, den Drehfrei-

heitsgrad w'. Jeder Knoten besitzt also zwei und das 2-Knoten-Element damit insgesamt 4

Page 208: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-3

Freiheitsgrade. Wir wählen als Verschiebungsansatz ein Polynom 3. Grades mit vier Freiwer-

ten 3

32

210 aaaa)(w Gl. 9-5

Damit werden innerhalb des Elementes die Biegemomente linear und die Querkräfte konstant

approximiert. Differenziation unter Beachtung von

d

d1

dx

ddxd

x)e()e()e(

)e(

)e(

)e(

Gl. 9-6

liefert die Ableitungen

0w

a61

d

wd1

dx

wdw

)a6a2(1

d

wd1

dx

wdw

)a3a2a(1

d

dw1

dx

dww

33)e(3

3

3)e(3)e(

3

322)e(2

2

2)e(2)e(

2

2321)e()e()e(

Gl. 9-7

Hinweis: Wegen 0)x(wIV ist w(x) nach Gl. 9-5 Lösung der homogen Differenzialglei-

chung der Balkenbiegung 0)x(wEI IVyy .

Die vier freien Konstanten a0, a1, a2, a3 in Gl. 9-5 sind nun mit den Knotenfreiwerten zu ver-

knüpfen. An den Knoten muss die Ansatzfunktion den folgenden Bedingungen genügen

)a3a2a(1

w)1(waaaaw)1(w

aw)0(waw)0(w

321)e(232102

)e(1

101

Die Auflösung des obigen Gleichungssystems ergibt

2)e(

21)e(

13

2)e(

21)e(

12

1)e(

1

10

ww2ww2a

ww3w2w3a

wa

wa

Gl. 9-8

Setzen wir diese Werte in Gl. 9-5 ein und sortieren nach den Knotenvariablen, dann erhalten

wir

Page 209: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-4 9 Balkenelemente

223)e(

232

132)e(

132 w)(w)23(w)2(w)231(w Gl. 9-9

Die Funktionen vor den Knotenfreiwerten

)1()()(N

)23(23)(N

)1()2()(N

)1)(12(231)(N

2)e(32)e(4

2323

2)e(32)e(2

2321

Gl. 9-10

sind die Formfunktionen 3. Grades. Mit Gl. 9-10 können wir die Elementverschiebungen

auch wie folgt darstellen

2

12

)e(2

021

11

)e(1

01

24231211

w)(Hw)(Hw)(Hw)(H

w)(Nw)(Nw)(Nw)(N)(w

Gl. 9-11

Die Funktionen

)1()(H)23()(H

)1()(H)1)(12()(H21

220

2

211

201

Gl. 9-12

heißen Hermitesche1 Interpolationspolynome 3. Grades.

Abb. 9-3 Hermite-Polynome 3. Grades

1 Charles Hermite, frz. Mathematiker, 1822-1901

Page 210: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-5

Sie besitzen die Eigenschaft, dass entweder ihre Ordinate oder ihre Tangentenneigung an ei-

nem der Stützpunkte den Wert 1 besitzt. Alle anderen Stützwerte sind Null (Abb. 9-3). Die

Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrix und des Elementlastvektors erfolgt wieder mit Hilfe

des Prinzips der virtuellen Verrückung. Dazu schreiben wir die Elementverschiebungen noch

etwas um. Wir führen zunächst wieder den Vektor der Formfunktionen

)x(N),x(N),x(N),x(N )e(4

)e(3

)e(2

)e(1

)e( N Gl. 9-13

und den Vektor der Element-Knotenvariablen

]wwww[ 2211 (e)Tz Gl. 9-14

ein. Damit geht Gl. 9-11 über in die kompaktere Form

)e()e()(w zN Gl. 9-15

Ausgehend vom elastischen Potenzial1 für den Biegebalken

Extremumdx)x(w)x(qdx)x(wEI2

1AW

0x0x

2yya

Gl. 9-16

liefert die Variation

0dx)x(w)x(qdx)x(w)x(wEI0x0x

yy

Aufgrund der Additivität der Energieausdrücke dürfen wir die Integration über die Balken-

länge durch die Summe der Integrale über die einzelnen Elemente ersetzten, also

Extremumdx)x(w)x(qdx)x(wEI2

1AW

n

1e 0x

)e(

0x

)e(2yya

)e(

)e(

)e(

)e(

Gl. 9-17

Die Variation des Funktionals ergibt

0dxwqdxwwEIn

1e 0x

)e(

0x

)e(yy

)e(

)e(

)e(

)e(

Gl. 9-18

1 Im Falle zusätzlicher Belastungen, etwa in Form von Einzelkräften und Einzelmomenten, ist die äußere Arbeit entsprechend zu ergänzen.

Page 211: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-6 9 Balkenelemente

Substituieren wir den Verschiebungsansatz Gl. 9-15 in das variierte Potenzial Gl. 9-18, dann

erhalten wir einen Näherungswert

0dxwqdxwwEIˆn

1e 0x

)e(

0x

)e(yy

)e(

)e(

)e(

)e(

Gl. 9-19

Wir benötigen in Gl. 9-19 die zweite Ableitung von w . Mit Gl. 9-15 folgt

)e()e(

2

2

1

1

2)e(

42

2)e(

32

2)e(

22

2)e(

12

)e(

w

w

w

w

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd)x(w zB

Gl. 9-20

mit der Ableitungsmatrix der Formfunktionen

3122163222161 )e()e(

2)e(

)e(

B Gl. 9-21

Einsetzen in Gl. 9-19 liefert

0

dxqdxEI

dxqdxEIˆ

n

1e

)e()e()e(T)e(

n

1e 0

)e(T)e(

0

)e()e()e(yy

T)e(T)e(

n

1e 0

)e()e()e(

0

)e()e()e(yy

)e()e(

)e()e(

)e()e(

pzkz

NzBBz

zNzBzB

Gl. 9-22

Wegen der Beliebigkeit der Verschiebungsvariationen (e)z muss für jedes Element

0pzk )e()e()e( Gl. 9-23

erfüllt sein. In Gl. 9-22 bezeichnet

)e(

0

)e()e(yy

T)e()e( dxEI

BBk Gl. 9-24

die symmetrische Elementsteifigkeitsmatrix und

Page 212: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-7

)e(

0

)e(T)e()e( dxq

Np Gl. 9-25

den Elementlastvektor. Zur Ermittlung der Elementsteifigkeitsmatrix ist das Produkt )e(T)e( BB zu bilden. Die Biegesteifigkeit EIyy sei innerhalb des Elementes konstant und kann

deshalb vor das Integral gezogen werden. Im Einzelnen erhalten wir

ξ)31(4.

)ξ6ξ51(12ξ)21(36

)ξ9ξ92(4)ξ6ξ72(12ξ)32(4

)ξ6ξ52(12ξ)21(36)ξ6ξ72(12ξ)21(36

EI

dxEI

1

0ξ2)e(

2)e(2

2)e(22)e(

2)e(22)e(2

3)e(

yy

0

)e()e(yy

T)e()e(

e

)e(

sym

BBk

Gl. 9-26

und die Integration liefert

2)e(

)e(

2)e((e)2(e)

)e((e)

3(e)yy(e)

4.

612

264

612612

EI

sym

k Gl. 9-27

Die Werte in den einzelnen Spalten der Steifigkeitsmatrix können wie folgt gedeutet werden.

Wird zum Beispiel dem Knoten 1 die Einheitsverschiebung v1 = "1" [LE] eingeprägt (Abb.

9-4), dann filtert dieser Verschiebungsvektor die erste Spalte aus der Steifigkeitsmatrix heraus

(Gl. 9-28), deren Werte den Festhaltekräften und –Momenten eines beidseitig eingespannten

Trägers infolge dieses Verformungszustandes entsprechen.

2

2

1

1

)e(

)e(

3(e)yy

2)e(

)e(

2)e((e)2(e)

)e((e)

3(e)yy)e((e)

M

V

M

V

6

12

6

12

]LE[1EI

0

0

0

]LE[1

4.

612

264

612612

EI

sym

zk Gl. 9-28

Page 213: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-8 9 Balkenelemente

Abb. 9-4 Einheitsverschiebung am Knoten 1, Festhaltekräfte

Die zweite Spalte enthält demzufolge die Festhaltekräfte und –Momente infolge einer Ein-

heitsverdrehung am Knoten 1 usw..

Unterstellen wir auf Elementebene eine linear veränderliche Belastung q, also

(e)

1 2 1 1 2(e)

xq q q q (1 )q q

Gl. 9-29

dann gilt für den Elementlastvektor zunächst

(e) 1(e) (e)T (e) (e) (e)T

0 0

q dx q dp N N

und nach

Einsetzen des Vektors der Formfunktionen N(e) und der Belastung q

2L

2L

1L

1L

21)e(

21

21)e(

21

)e()e(

M

V

M

V

)q3q2(

q21q9

)q2q3(

q9q21

60

p Gl. 9-30

Abb. 9-5 Beidseitig eingespannter Träger, äquivalente Knotenlasten

Für den Sonderfall konstanter Elementbelastung ( 021 qqq ) geht Gl. 9-30 über in

Page 214: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-9

2L

2L

1L

1L

)e(

)e()e(0)e(

M

V

M

V

6

6

12

q

p Gl. 9-31

Hinweis: Der Elementlastvektor p(e) enthält die statisch äquivalenten Knotenlasten (Einzel-

kräfte VL1, VL2 und Einzelmomente ML1, ML2), die sich als Auflagerkräfte und Vollein-

spannmomente1 eines beidseitig eingespannten Trägers unter Querbelastung q(x) ergeben.

9.2.1 Beispiel 10.1 Wir testen das soeben entwickelte Element am Beispiel der Abb. 9-6. Die analytische Lösung

)85(8

q)x(Q)41)(1(

8

q)x(M

)6158(EI48

q)x(w)1)(23(

EI48

q)x(w

02

0

2

yy

302

yy

40

Gl. 9-32

ist bekannt.

Abb. 9-6 Elementierung eines Balkens, 2 Elemente gleicher Länge

Die Verschiebungen entsprechen einem Polynom 4. Grades, sie lassen sich also mit unserem

kubischen Verschiebungsansatz nicht exakt wiedergeben. Das gilt dann auch für die Biege-

momente und die Querkräfte.

1 hierbei ist die Änderung der Vorzeichenregel gegenüber der aus der Statik bekannten Festsetzung zu beachten

Page 215: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-10 9 Balkenelemente

Die Diskretisierung des Balkens erfolgt durch zwei Elemente gleicher Länge. Wir benötigen

wieder eine Knoten- und eine Elementdatei.

Knotennummer x-Koordinate [m]

1 0

2 5,00

3 10,0

Tabelle 9-1 Knotendatei

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2

2 2 3

Tabelle 9-2 Elementdatei

Systemwerte: m5)e( , 2)e( m/MN30000E , Balken mit Rechteckquerschnitt b/h =

40/80cm ( 4yyI 0,0171m ), 2

yy MNm512EI , m/MN2,0qq 0 .

Da die Systemwerte für beide Elemente gleich sind, sind auch beide Elementsteifigkeitsmatri-

zen und Elementlastvektoren gleich

600,409.

880,122152,49

800,204880,122600,409

880,122152,49880,122152,49

)2()1(

sym

kk

4167,0

5,0

4167,0

5,0

)2()1( pp

Zum Aufbau der globalen Steifigkeitsmatrix und des globalen Lastvektors benötigen wir den

Zusammenhang zwischen den lokalen Elementknotenfreiheitsgraden und den globalen Sys-

temknotenfreiheitsgraden, die wir im Vektor

332211 vvvvvv Tv Gl. 9-33

zusammenfassen. Die Einordnung der Elementsteifigkeitsmatrizen und der Elementlastvekto-

ren in die Systemmatrix bzw. die rechte Seite erfolgt mit Hilfe der Knoten- und Elementdatei.

Für die Steifigkeitsmatrix ergibt sich folgende Parkettierung

Page 216: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-11

Abb. 9-7 Bildung der Gesamtsteifigkeitsmatrix

4167,0

5,0

4167,04167,0

5,05,0

4167,0

5,0

v

v

v

v

v

v

600,409

800,122152,49

800,204880,122600,409600,409

880,122152,49880,122880,122152,49152,49

00800,204880,122600,409

00880,122152,49880,122152,49

3

3

2

2

1

1

sym.

Fassen wir die Komponenten in der obigen Gleichung zusammen, dann erhalten wir

4167,0

5000,0

0

0000,1

4167,0

5000,0

v

v

v

v

v

v

600,409.

800,122152,49

800,204880,122200,819

880,122152,490304,98

00800,204880,122600,409

00880,122152,49880,122152,49

3

3

2

2

1

1

sym

Es fehlt noch der Einbau der Randbedingungen. Am linken Rand müssen 0vv 11 erfüllt

sein, und am rechten Rand ist 0v3 zu fordern. Die aus diesen kinematischen Zwängen re-

sultierenden Reaktionslasten V1, M1 und V3 erscheinen dann auf der rechten Seite im Vektor

der Unbekannten

0

V

0

0

M

V

4167,0

5000,0

0

0000,1

4167,0

5000,0

v

0

v

v

0

0

600,409.

800,122152,49

800,204880,122200,819

880,122152,490304,98

00800,204880,122600,409

00880,122152,49880,122152,49

3

1

1

3

2

2

sym

Wegen 0vvv 311 und 0δvvδδv 311 können die 1., 2., 5. Zeile und Spalte aus

dem Gleichungssystem gestrichen werden. Es verbleibt

Page 217: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-12 9 Balkenelemente

4167,0

0000,0

0000,1

v

v

v

600,409.

800,204200,819

880,1220304,98

3

2

2

sym

mit der Lösung: 00813818,0v00203454,0vm02034526,0v 322 .

Damit sind auch die Reaktionslasten bekannt:

MN25,15,0v880,122v125,49V 221

MNm5,24167,0v800,204v880,122M 221

MN75,05000,0v800,122v880,122v125,49V 3223

9.2.1.1 Rückrechnung Mit dem Vektor v der globalen Knotenwerte liegen sämtliche Zustandsgrößen fest. Für beide

Elemente gilt:

]55, 23, 5105, 231[NN 32323232)2()1(

]20,140,0 ;48,024,0;20,180,0 ;48,024,0[-BB )2()1(

Element 1

]m[)0305181,00508634,0(N0020345,0N0203453,0

0020345,0

0203453,0

0

0

]N,N,N,N[

w

w

w

w

]N,N,N,N[w

243

4321

2

2

1

1

4321)1()1()1(

zN

]MNm[75006,308334,2)B0020345,0B0203453,0(EI

0020345,0

0203453,0

0

0

]B,B,B,B[EI

w

w

w

w

]B,B,B,B[EIEIM

43yy

4321yy

)1(

2

2

1

1

4321yy)1()1(

yy)1(

y

zB

]MNm[75,000,5

75006,3

dx

dMQ

)1(y)1(

z

Page 218: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.2 Ein Balkenelement mit kubischem Verschiebungsansatz 9-13

Element 2

]m[0101722,004069,00101725,00203453,0

N0081382,0N0020345,0N0203453,0

0081382,0

0

0020345,0

0203453,0

]N,N,N,N[

w

w

w

w

]N,N,N,N[w

32

421

4321

)2(

2

2

1

1

4321)2()2()2(

zN

Abb. 9-8 Durchbiegung w, 2 Elemente gleicher Länge

Abb. 9-9 Biegemomente My, 2 Elemente gleicher Länge

Page 219: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-14 9 Balkenelemente

Abb. 9-10 Querkräfte Qz, 2 Elemente gleicher Länge

(2)

1

1(2) (2) (2)y yy yy 1 2 3 4 yy 1 2 3 4

2

2

yy 1 2 4

w 0,0203453

w 0,0020345M EI B z EI B ,B ,B ,B EI B ,B ,B ,B

w 0

w 0,0081382

EI 0,0203453 B 0.0020345 B 0,0081382 B

1,666662400 1,249959

936 [MNm]

]MNm[25,000,5

24996,1

dx

dMQ

)2(y)2(

z

Offensichtlich werden trotz der groben Diskretisierung die Verschiebungen recht gut wieder-

gegeben. Das gilt nicht für die Biegemomente My und schon gar nicht für die Querkräfte Qz.

Für eine Bemessung sind die Ergebnisse der Schnittlasten unbrauchbar. Um hier zu akzeptab-

leren Lösungen zu kommen, müsste wesentlich feiner elementiert werden.

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsan-

satz

Neben der feineren Elementierung besteht eine weitere Möglichkeit der Ergebnisverbesserung

in der Erhöhung des Polynomgrades der Verschiebungsfunktion w. Bei der Wahl eines Ver-

schiebungsansatzes mit sechs Freiwerten

5

54

43

32

210 aaaaaa)(w Gl. 9-34

Page 220: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-15

könnten wir die beiden zusätzlichen Freiwerte dazu benutzen, die Stetigkeitsforderungen an

beiden Randknoten zu erhöhen, also neben w und w zusätzlich Stetigkeit in w zu fordern.

Abb. 9-11 Stetigkeiten am Übergang zweier benachbarter Elemente

Damit hätten wir als zusätzlichen Knotenfreiwert die linearisierte Krümmung w , was aber

wegen y yyM EI w nur dann auch Stetigkeit in My bedeutet, wenn die Biegesteifigkeiten

EIyy zweier benachbarter Elemente gleich sind (Abb. 9-11). Es macht also mechanisch keinen

großen Sinn, ein solches Element weiter zu betrachten. Besser ist es, die beiden hinzukom-

menden Freiwerte einem zusätzlichen Knoten zuzuordnen, etwa dem Elementmittelpunkt

(Abb. 9-12), wobei jeder Knoten die Variablen w und w' erhält.

Abb. 9-12 Balkenelement mit drei Knoten

Mit dem Ansatz Gl. 9-34 werden auf Elementebene die Biegemomente kubisch und die Quer-

kräfte quadratisch approximiert. Das ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem kubi-

schen Ansatz. Für den weiteren Rechengang benötigen wir die Ableitungen der Verschie-

bungsfunktion

)a120a24(1

d

wd1

dx

wdw

)a60a24a6(1

d

wd1

dx

wdw

)a20a12a6a2(1

d

wd1

dx

wdw

)a5a4a3a2a(1

d

dw1

dx

dww

544)e(4

4

4)e(4)e(

4

25433)e(3

3

3)e(3)e(

3

35

24322)e(2

2

2)e(2)e(

2

45

34

2321)e()e()e(

Gl. 9-35

Page 221: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-16 9 Balkenelemente

Die 6 freien Konstanten a0, a1, a2, a3, a4 und a5 sind mit den Knotenfreiwerten zu verknüpfen.

An den 3 Knoten müssen die Ansatzfunktion sowie deren 1. Ableitung den Knotenvariablen

entsprechen. Das führt auf das lineare Gleichungssystem

)a5a4a3a2a(1

)1(w

aaaaaaw)1(w

)a16

5a

2

1a

4

3aa(

1)2/1(w

a32

1a

16

1a

8

1a

4

1a

2

1aw)2/1(w

aw)0(w

aw)0(w

54321)e(

5432103

54321)e(

5432102

)e(1

1

01

Gl. 9-36

aus dem die Konstanten berechnet werden. Einsetzen dieser Konstanten in Gl. 9-34 und Koef-

fizientenvergleich in den Knotenvariablen liefert die Formfunktionen 5. Grades für unser

Balkenelement

)1()12()(N)12)(76()(N

)1)(12(8)(N)1(16)(N

)1()12()(N)1()12)(16()(N

22)e(6

225

22)e(4

223

22)e(2

221

Gl. 9-37

Die Elementverschiebungen gehen dann mit Gl. 9-34 über in

313

)e(3

032

12

)e(2

021

11

)e(1

01

363524231211

w)(Hw)(Hw)(Hw)(Hw)(Hw)(H

w)(Nw)(Nw)(Nw)(Nw)(Nw)(N)(w

Gl. 9-38

Die Funktionen

)1()12()(H)12)(76()(H

)1)(12(8)(H)1(16)(H

)1()12()(H)1()12)(16()(H

2213

2203

2212

2202

2211

2201

sind die Hermiteschen Interpolationspolynome 5. Grades (Abb. 9-13 und Abb. 9-14).

Page 222: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-17

Abb. 9-13 Hermite-Polynome 5. Grades

Abb. 9-14 Hermite-Polynome 5. Grades

Mit Einführung des Vektors der Formfunktionen 654321)e( NNNNNNN und

des Vektors der Knotenvariablen

1 1 2 2 3 3w w w w w w(e) Tz Gl. 9-39

notieren wie die Elementverschiebungen in Matrizenschreibweise

(e)(e)zNw Gl. 9-40

Der weitere Rechengang entspricht dem des 2-Knotenelementes. Unter Beachtung von Gl.

9-24 und

Page 223: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-18 9 Balkenelemente

(e)(e)zB

3

3

2

2

1

1

2)e(6

2

2)e(5

2

2)e(4

2

2)e(3

2

2)e(2

2

2)e(1

2

w

w

w

w

w

w

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Ndw Gl. 9-41

sowie der Ableitungsmatrix

2)e(

62

2)e(5

2

2)e(4

2

2)e(3

2

2)e(2

2

2)e(1

2

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd,

dx

Nd(e)B und

deren Komponenten

)4048151(2

B)2403121027(2

B

)2030121(16

B)661(32

B

)4072396(2

B)24040819823(2

B

32)e(

)e(6

322)e(

)e(5

32)e(

)e(4

22)e(

)e(3

32)e(

)e(2

322)e(

)e(1

Gl. 9-42

erhalten wir unter Beachtung der Formfunktionen nach Gl. 9-37 die symmetrische Element-

steifigkeitsmatrix, die jetzt die Größe [ 6 6 ] besitzt.

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e(

2)e()e(2)e()e(2)e(

)e()e()e(

3)e(

yy

332

11385092

32019201280

896358407168

38242320896332

24215081920358411385092

35

EI

sym.

k(e) Gl. 9-43

Zur Ermittlung des Elementlastvektors

)e(

0

(e)dxq

(e)T(e) Np Gl. 9-44

interpolieren wir die Linienlast q(e) durch eine quadratische Verteilung mittels der Lagrange-

schen Interpolationspolynome

321(e) q)12(q)1(4q)1)(12(q Gl. 9-45

Page 224: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-19

die für )qq(2/1q 312 in die lineare Verteilung

(e)

1 3q (1 )q q Gl. 9-46

übergeht.

Abb. 9-15 Elementlasten

Die Auswertung der Gl. 9-44 liefert die Elementlastvektoren für eine quadratische Lastvertei-

lung

3L

3L

2L

2L

1L

1L

3

2

1

)e()e(

)e()e(

)e()e(

)e(

M

V

M

V

M

V

q

q

q

440

57443

808

1619212

043

34457

420

(e)p Gl. 9-47

sowie für eine lineare Lastverteilung

3L

3L

2L

2L

1L

1L

31)e(

31

31)e(

31

31)e(

31

)e(

M

V

M

V

M

V

)q5q2(

q79q19

)qq(8

)qq(112

)q2q5(

q19q79

420

(e)p Gl. 9-48

Die Elementlasten VLi und MLi (i = 1,..,3) sind die statisch äquivalenten Knotenlasten (Kräfte

V und Momente M).

Page 225: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-20 9 Balkenelemente

Abb. 9-16 Beidseitig eingespannter Träger, äquivalente Knotenlasten

Für den praktisch wichtigen Fall konstanter Elementbelastung ( 021 qqq ) geht Gl. 9-48

über in

3L

3L

2L

2L

1L

1L

)e(

)e(

)e()e(0

M

V

M

V

M

V

14

0

32

14

60

q

(e)p Gl. 9-49

9.3.1 Testbeispiel

Abb. 9-17 Elementierung eines Balkens, 2 Elemente gleicher Länge

Wir testen das Element aus Kap.9.3 am Beispiel der Abb. 9-17. Der Grad des Polynoms Gl.

9-34 reicht aus, um die Zustandsgrößen einer linear veränderlichen Belastung exakt wieder-

zugeben. Bei einer konstanten Belastung entspricht die analytische Verschiebungsfunktion

nämlich einem Polynom 4. Grades. Wir benötigen deshalb nur ein Element.

Page 226: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-21

Knotennummer x-Koordinate [m]

1 0

2 5,00

3 10,00

Tabelle 9-3 Knotendatei

Elementnummer Anfangsknoten Mittenknoten Endknoten

1 1 2 3

Tabelle 9-4 Elementdatei

Systemwerte: m10)e( , 2)e( m/MN30000E , Balken mit Rechteckquerschnitt b/h =

40/80cm ( 4yy m0171,0I ), 2

yy MNm512EI , m/MN2,0qq 0 .

Die Knotenfreiheitsgrade fassen wir im Vektor der globalen Systemfreiheitsgrade

332211 v,v,v,v,v,v Tv Gl. 9-50

zusammen. Mit den obigen Werten ergibt sich die Systemgleichung des ungefesselten Sys-

tems

)e(

)e(

)e(0

3

3

2

2

1

1

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e(

2)e()e(2)e()e(2)e(

)e()e()e(

3)e(

yy

14

0

32

14

60

q

v

v

v

v

v

v

332

11385092

32019201280

896358407168

38242320896332

24215081920358411385092

35

EI

sym.

Gl. 9-51

Am linken Rand müssen 0vv 11 erfüllt sein, und am rechten Rand ist 3v 0 zu fordern.

Die aus diesen kinematischen Zwängen resultierenden Reaktionslasten V1, M1 und V3 er-

scheinen dann auf der rechten Seite im Vektor der Unbekannten

Page 227: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-22 9 Balkenelemente

0

V

0

0

M

V

14

0

32

14

60

q

v

v

v

v

v

v

332

11385092

32019201280

896358407168

38242320896332

24215081920358411385092

35

EI

3

1

1

)e(

)e(

)e(0

3

3

2

2

1

1

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e(

2)e()e(2)e()e(2)e(

)e()e()e(

3)e(

yy

sym.

Gl. 9-52

Wegen 1 1 3v v v 0 und 1 1 3δv δv δv 0 können die 1., 2., 5. Zeile und Spalte aus dem

Gleichungssystem Gl. 9-51 gestrichen werden. Es verbleibt das reduzierte Gleichungssystem

)e(

)e(0

3

2

2

2)e(

2)e(2)e(

)e(

3)e(

yy 0

32

60

q

v

v

v

332.

3201280

89607168

35

EI

sym

mit der Lösung: yy

3)e(0

3yy

3)e(0

2yy

4)e(0

2 EI48

qv

EI192

qv

EI192

qv

.

Der System-Knotenverschiebungsvektor ist dann

4

0

1

0

0

EI192

q

v

v

v

v

v

v

)e(

yy

3)e(0

3

3

2

2

1

1

v

Aus Gl. 9-52 ermitteln wir die Auflagerreaktionsgrößen

)e(03

2)e(01

)e(01 q

8

3Vq

8

1Mq

8

5V

9.3.1.1 Rückrechnung

Die Verschiebungen ermitteln wir mittels Gl. 9-40. Mit m10)e( erhalten wir zunächst

)1()12(10

)12)(76(

)1)(12(80

)1(16

)1()12(10

)1()12)(16(

22

22

22

22

22

22

(e)TN

Page 228: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-23

und damit: )253(EI48

qw 22

yy

40 (e)(e)zN . Das ist die theoretisch exakte Lösung. Die

Schnittlasten folgen in bekannter Weise durch Differenziationsoperationen an der Verschie-

bungsfunktion.

9.3.2 Statische Kondensation Durch statische Kondensation lässt sich der Mittenknoten eliminieren. Dazu wird in Ana-

logie zu Kap. 9.3 eine Aufteilung der Gleichung (e) (e) (e)k z p vorgenommen:

(e)i

(e)a

(e)i

(e)a

(e)ii

(e)ia

(e)ai

(e)aa

p

p

z

z

kk

kk Gl. 9-53

Dabei sind im Vektor (e)az die Verschiebungskomponenten der Außenknoten und im Vektor

(e)iz die Verschiebungskomponenten des Innenknotens zusammengefasst. Eine entsprechende

Umsortierung ist in der Elementsteifigkeitsmatrix k(e) und dem Elementlastvektor p(e) vorzu-

nehmen. Wir erhalten im Einzelnen, wenn wir uns auf eine linear veränderliche Querlastver-

teilung q beschränken

2

2

3

3

1

1

31)e(

31

31)e(

31

31)e(

31

)e(

2

2

3

3

1

1

M

V

M

V

M

V

)qq(8

)qq(112

)q5q2(

q79q19

)q2q5(

q19q79

420

w

w

w

w

w

w

(e)i

(e)a(e)

(e)i

(e)a(e)

p

pp

z

zz

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e()e(

3)e(

yy

323

11385092

38242332

242150811385092

35

EI

sym.

k(e)aa

(e)Tia

(e)ai kk

2)e()e(

)e(

2)e()e(

)e(

3)e(yy

320896

19203605

320896

19203605

35

EI

Page 229: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-24 9 Balkenelemente

2)e(yy

3)e(

2)e(3)e(yy

1280

10

07168

1

EI

3512800

07168

35

EI

1-(e)

ii(e)ii kk

Hinweis: Zur Berechnung der kondensierten Elementsteifigkeitsmatrix und des kondensierten

Elementlastvektors wird die Inverse von (e)iik benötigt, was offensichtlich immer möglich ist,

da die Determinante von (e)iik nicht singulär ist.

Entsprechend Kap. 9 folgt dann die kondensierte Elementsteifigkeitsmatrix

2)e(

)e(

2)e((e)2(e)

)e((e)

3(e)yy)e(

ia

1)e(ii

)e(ai

)e(aa

(e)

4.

612

264

612612

EIˆ

sym

kkkkka Gl. 9-54

die mit der Steifigkeitsmatrix des 2-Knotenelementes übereinstimmt, und der kondensierte

Elementlastvektor

)q3q2(

q21q9

)q2q3(

q9q21

60ˆ

31)e(

31

31)e(

31

)e()e(

i

1)e(ii

)e(ai

)e(a

(e)

pkkppa Gl. 9-55

der im Falle konstanter Belastung 1 3 0q q q übergeht in

)e(

)e()e(0)e(

6

6

12

ap Gl. 9-56

Mit Gl. 9-54 und Gl. 9-55 können wir dann kompakter notieren

(e)a

(e)a

(e)a pzk ˆˆ Gl. 9-57

Die Verformung des Innenknotens ]uk[pkz (e)a

(e)ia

(e)i

1(e)ii

(e)i errechnet sich zu

Page 230: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.3 Ein Balkenelement mit quintischem Verschiebungsansatz 9-25

3

3

1

1

)e()e(

2)e()e(2)e()e(

)e(31

31)e(

yy

3)e(

2

2

w

w

w

w

212212

44

8

1

)qq(2

)qq(5

EI3840w

w

(e)iz Gl. 9-58

und für den Sonderfall 1 3 0q q q

3

3

1

1

)e()e(

2)e()e(2)e()e(

)e(yy

4)e(0

2

2

w

w

w

w

212212

44

8

1

0

1

EI384

qw

w

(e)iz Gl. 9-59

9.3.3 Beispiel 10.3 Wir testen das soeben entwickelte Element am Beispiel des Trägers nach Abb. 9-17 und ver-

wenden wieder nur ein Element über die gesamte Trägerlänge. Damit stimmt die kondensierte

Elementsteifigkeitsmatrix mit der Systemsteifigkeitsmatrix überein ( )e( ). Das zu lösende

Gleichungssystem ist

6

6

12

q

v

v

v

v

4.

612

264

612612

EI0

3

3

1

1

2

22

3

yy

sym

Der Einbau der homogenen Randbedingungen ergibt

0

V

M

V

6

6

12

q

v

0

0

0

4.

612

264

612612

EI

3

1

1

0

32

22

3yy

sym

Gl. 9-60

Aus der letzten Gleichung folgt yy

30

3 EI48

qv

, womit dann aus den drei ersten Gleichungen

von Gl. 9-60 die Auflagerreaktionsgrößen ermittelt werden können:

Page 231: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-26 9 Balkenelemente

0

032

yy3

20

20

32yy

100

32yy

1 q8

3

2

qv

EI6V;q

8

1

12

qv

EI2M;q

8

5

2

qv

EI6V

Die Verformungen des Innenknotens sind

28

v

0

1

EI384

q

v

0

0

0

212212

44

8

1

0

1

EI384

qv

v3

yy

40

3

22

yy

40

2

2

iz

und damit yy

40

2 EI192

qv

sowie

yy

30

32 EI192

qv

4

1v

in Übereinstimmung mit des Ergebnis-

sen des Beispiels 10.2.

9.4 Der elastisch gebettete Balken

Abb. 9-18 Balken auf nachgiebiger Unterlage

Wir betrachten einen Balken, der vollständig auf einer elastischen Unterlage liegt1. Der Bal-

ken sei durch Streckenlasten und Einzellasten in z-Richtung belastet (Abb. 9-18). Nach

Winkler wird angenommen, dass der Bodendruck qB(x) proportional zur lokalen Eindringtie-

fe w(x) ist

)x(wc)x(qB Gl. 9-61

Die Konstante c heißt Bettungszahl.

221

2 m

NskgmEinheit,

)Zeit(Länge

Masse]c[

1 Solche Systeme treten z.B. im Bauwesen bei Flachgründungen auf.

Page 232: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.4 Der elastisch gebettete Balken 9-27

Material Bettungszahl c [MN/m2]

Sand, locker, rund 10...15

Sand, mitteldicht, rund 50...100

Sand, dicht, eckig 150...250

Geschiebemergel, fest 30...100

Lehm, halbfest 20...50

Torf 0,4...1

Tabelle 9-1 Rechenwerte von Bettungszahlen c einiger ausgewählter Böden für Vorentwürfe1

Die Differenzialgleichung der elastischen Linie ermitteln wir aus der linearisierten Momen-

ten-Krümmungsbeziehung )x(M)x(wEI yyy sowie unter Beachtung der lokalen Gleich-

gewichtsbedingungen )x(q)x(q)x(M By zu

)x(cw)x(q])x(wEI[ yy .

Für einen Balken mit konstanter Biegesteifigkeit EIyy folgt daraus )x(q)x(cw)x(wEI IVyy

und nach Division durch die Biegesteifigkeit EIyy

yyyy

IV

EI

)x(q)x(w

EI

c)x(w Gl. 9-62

Substituieren wir noch mit

4 yyyy4

c

EI4L

c

EI4L Gl. 9-63

die als charakteristische Länge bezeichnete Konstante L, so erhalten wir abschließend die

inhomogene lineare Differenzialgleichung 4. Ordnung mit konstanten Koeffizienten für die

Biegung des elastisch gebetteten Balkens

yy4

IV

EI

)x(q)x(w

L

4)x(w Gl. 9-64

Die allgemeine Lösung der Gl. 9-64 setzt sich additiv zusammen aus der Lösung wh der zuge-

hörigen homogenen Differenzialgleichung 0)x(wL

4)x(w h4

IVh mit der Lösung ( L/x )

h 1 2 3 4w (x) e C cos C sin e C cos C sin Gl. 9-65

und einer beliebigen partikulären Lösung wp der inhomogenen Differenzialgleichung

1 Nach Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen - EAU, 8. Aufl. 1990

Page 233: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-28 9 Balkenelemente

yyp4

IVp EI

)x(q)x(w

L

4)x(w Gl. 9-66

sodass für die Gesamtlösung )x(w)x(w)x(w ph gilt. Ein für die Praxis wichtiger Belas-

tungsfall ist q(x) = q0 = konst., für den durch Einsetzen in Gl. 9-66 die partikuläre Lösung

c/qw 0p nachgewiesen werden kann.

9.4.1 Die Steifigkeitsmatrix für die elastischer Bettung

Um hier zu einer Lösung im Sinne der Methode der Finiten Elemente zu kommen, denken wir

uns den Boden durch beliebig dicht gelagerte linear elastische Federn mit der Federsteifigkeit

c ersetzt. Auf die infinitesimale Balkenlänge dx entfällt dann die Formänderungsenergie der

Federung dx)x(cw21dW 2F , und deren vollständige Formänderungsenergie ist dann

)e(

0x

2FF dx)x(wc

2

1dWW

Gl. 9-67

Die Variation liefert

)e(

0x

F dx)x(w)x(wcW

Gl. 9-68

Unter Beachtung von (e)(e)zNw und (e)(e) zN w folgt aus Gl. 9-68

(e)(e)c

(e)T(e)(e)(e)T(e)T zkzzNNz

)e(

0x

)e()e(FF dxcW

In der obigen Beziehung ist

)e(

0x

)e()e(F dxc

(e)(e)T(e)

c NNk Gl. 9-69

der Anteil der Elementsteifigkeitsmatrix der elastischen Bettung, zu der der Anteil aus der

Balkenkrümmung hinzuzurechnen ist

(e)c

(e)(e) kkk ˆ Gl. 9-70

Bei einem kubischen Verschiebungsansatz nach Gl. 9-5 erhalten wir nach kurzer Rechnung

Page 234: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.4 Der elastisch gebettete Balken 9-29

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e()e(

)e()e(F

4

22156

3134

135422156

420

c

sym.

k(e)c Gl. 9-71

und entsprechend für den quintischen Verschiebungsansatz nach Gl. 9-34

2)e(

)e(

2)e()e(2)e(

)e(

2)e()e(2)e()e(2)e(

)e()e()e(

)e()e(F

8

1142092

12160128

8888005632

32912888

292621608801142092

13860

c

sym.

k(e)c Gl. 9-72

Hinweis: Nummerische Untersuchungen zeigen, dass aufgrund der hochgradig nichtlinearen

Lösungsfunktionen des elastisch gebetteten Balkens (s.h. Gl. 9-65) der kubische Verschie-

bungsansatz zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Hier ist es besser, das höherwertige 3-

Knoten-Element zu verwenden.

9.4.2 Beispiel 10.4

Für den links eingespannten und rechts frei gelagerten Balken auf elastischer Unterlage (Bet-

tungszahl c) mit konstanter Belastung q = q0 sind sämtliche Zustandsgrößen zu ermitteln.

Geg.: = 10m, E = 30000 MN/m2, Iyy = 5,10 10-3 m4, q0 = 1MN/m, c = 50 MN/m2

Abb. 9-19 Elastisch gebetteter Träger mit konstanter Belastung q0

Mit den Abkürzungen 87,1c/EI4L 4yy m; 346,5L ; /x ; lautet die

vollständige analytische Lösung

c/q)sinCcosC(e)sinCcosC(e)x(w 04321

Die Konstanten

Page 235: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-30 9 Balkenelemente

)cosh(cosc2

)coshecoscos(sinqC 22

20

1

)cosh(cosc2

)coshecoscos(sinqC 22

20

2

)cosh(cosc2

)coshecoscos(sinqC 22

20

3

)cosh(cosc2

)coshecoscos(sinqC 22

20

4

ergeben sich aus den Randbedingungen am linken Rand: 0)0x(w;0)0x(w und den

Kraftrandbedingungen am rechten Rand: 0)x(Q;0)x(M zy . Für die FE-Lösung

verwenden wir das 3-Knotenelement. Wir diskretisieren den Balken durch ein Element der

Länge 10m . Damit ist die Elementsteifigkeitsmatrix identisch mit der Systemsteifig-

keitsmatrix. Die Steifigkeitsmatrix für den elastisch gebetteten Balken setzt sich zusammen

aus der Steifigkeitsmatrix (e)k nach Gl. 9-43 und der Elementsteifigkeitsmatrix für die elasti-

sche Bettung (e)ck nach Gl. 9-72. Einsetzen der Systemwerte liefert

991,173

872,90728,97

596,96211,26303,1021

422,7079,160509,234

789,5117,0596,96422,7991,173

117,0860,2211,26079,16872,90728,97

ˆ

sym.

kkk (e)c

(e)(e)

Nach Gl. 9-49 erhalten wir den Elementlastvektor, der bei unserem Beispiel auch dem Sys-

temlastvektor entspricht:

667,1

333,2

0

333,5

667,1

333,2

14

0

32

14

60

q

)e(

)e(

)e(0

(e)p

Damit ist folgendes Gleichungssystem zu lösen

667,1

333,2

0

333,5

667,1

333,2

v

v

v

v

v

v

991,173

872,90728,97

596,96211,26303,1021

422,7079,160509,234

789,5117,0596,96422,7991,173

117,0860,2211,26079,16872,90728,97

3

3

2

2

1

1

sym.

Page 236: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.4 Der elastisch gebettete Balken 9-31

Wir stellen zunächst fest, dass sich am linken Rand die Randbedingungen 0v;0v 11 prob-

lemlos in das obige Gleichungssystem einbauen lassen. Für den rechten freien Rand, an dem

Biegemoment und Querkraft verschwinden müssten, stehen im Vektor der Systemfreiheits-

grade nur die Verschiebung 3v und die Tangentenneigung 3v zur Randwertvorgabe zur Ver-

fügung. Damit ist aber die Anpassung der Lösung an die Kraftrandbedingungen des rechten

Randes nicht möglich. Wir können deshalb nur die homogenen Verschiebungsrandbedingun-

gen am linken Rand berücksichtigen und erhalten

0

0

0

0

M

V

667,1

333,2

0

333,5

667,1

333,2

v

v

v

v

0

0

991,173

872,90728,97

596,96211,26303,1021

422,7079,160509,234

789,5117,0596,96422,7991,173

117,0860,2211,26079,16872,90728,97

1

1

3

3

2

2

sym.

Das obige Gleichungssystem besitzt die Lösungen

4

2

4

2

3

3

2

2

1

1

10507,1

10037,2

10369,5

10135,2

0

0

v

v

v

v

v

v

MN917,1V1 ; MNm777,1M1

514321 1008918,419796,121141,11042732,4)x(w [m]

4131212 1004459,21079185,41063423,31085464,8)x(w [/]

322123 1017836,81043755,11026845,71085464,8)x(w [1/m]

2223 1045351,21087511,21026845,7)x(w [1/m2]

Schnittlasten: 32

yyy 5129,129946,211207,113548,1)x(wEI)x(M [MNm]

2yyz 7539,33989,41121,1)x(wEI)x(Q [MN]

Page 237: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9-32 9 Balkenelemente

Abb. 9-20 Resultierende Kraftgrößen

Ein Vergleich der Querkraft MN1121,1)0x(Qz mit der berechneten Auflagerkraft

MN9177,1V1 zeigt, dass die Auflagerkraft hier nicht mit der Querkraft Qz am linken

Rand übereinstimmt, wie wir das von der analytischen Lösung erwarten. Vielmehr steht V1

im energetischen Mittel mit der Resultierenden MN9177,1d)qq(R1

0

B0

aus der äu-

ßeren Belastung q0 und dem entgegengesetzt wirkenden Bodendruck )x(cw)x(qB im glo-

balen Gleichgewicht: RV0RV 11 . Der Angriffspunkt der Resultierenden R liegt

bei m926,0d)qq(R

a1

0

B0

2

. Das Momentengleichgewicht bezogen auf den linken

Rand erfordert: 0aRM1 , womit auch das Einspannmoment MNm7765,1aRM1

nachgewiesen ist.

Die folgenden Darstellungen zeigen den Vergleich der analytischen Lösung mit derjenigen

nach der FE-Methode. Am rechten Rand, an dem keine Randwerte vorgegeben werden konn-

ten, weicht die FE-Lösung deutlich von der analytischen Lösung ab. Weiterhin ist auch hier

wieder zu beobachten, dass die durch Differenziationen an der Verschiebungsfunktion ge-

wonnenen Zustandsgrößen (Biegemomente und Querkräfte) erheblich von der theoretisch

exakten Lösung abweichen. Durch feinere Elementierung kann das Ergebnis jedoch wesent-

lich verbessert werden.

Page 238: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

9.4 Der elastisch gebettete Balken 9-33

Abb. 9-21 Durchbiegung w(x) des elastisch gebetteten Balkens [m]

Abb. 9-22 Biegemoment My des elastisch gebetteten Balkens [MNm]

Abb. 9-23 Querkraft Qz des elastisch gebetteten Balkens [MN]

Page 239: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 240: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 241: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10 Ein einfaches finites Element für

ebene Rahmentragwerke

Abb. 10-1 Ebener Stockwerkrahmen

Werden im Gegensatz zum Fachwerk die Stäbe an den Knoten nicht gelenkig sondern vor-

wiegend biegesteif miteinander verbunden, dann sprechen wir von einem Rahmentragwerk.

Rahmentragwerke werden als Einfach- oder Mehrfachrahmen ausgebildet. Stockwerkrahmen

(Abb. 10-1) bestehen aus mehreren übereinander gesetzten Rahmenstrukturen. Der biegesteife

Anschluss der Stabenden hat die Beanspruchung der einzelnen Stäbe durch Biegung und

Normalkraft zur Folge.

Page 242: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10-2 10 Ein einfaches finites Element für ebene Rahmentragwerke

´

Abb. 10-2 Verformungen und Schnittkräfte in lokalen Koordinaten

Zur Herleitung der Elementgrößen führen wir Positivbilder der Verformungen und Schnitt-

kräfte eines auf Biegung und Normalkraft beanspruchten geraden Stabes in globalen (Abb.

10-2) und lokalen Koordinaten (Abb. 10-3) ein.

´

Abb. 10-3 Verformungen und Schnittkräfte in globalen Koordinaten

Jeder Knoten besitzt nun 3 Freiheitsgrade, das sind 2 Translationen und die Drehung des Kno-

tens um die z-Achse. Führen wir mit

T2z2y2x1z1y1x)e( uuuu z Gl. 10-1

den Vektor der Stabendlasten in globalen Koordinaten ein und kombinieren die Lösungen für

den Dehnstab und Biegestab, dann erhalten wir das Elastizitätsgesetz für einen durch Biegung

und Normalkraft beanspruchten ebenen Balken

Page 243: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-3

2z

2y

2x

1z

1y

1x

2z

2y

2x

1z

1y

1x

2)e()e(

)e()e()e(

)e(

2)e()e()e()e(2)e()e(

)e()e()e()e()e()e(

)e()e(

M

F

F

M

F

F

u

u

u

u

b4

b6b12

00a

b2b60b4

b6b120b6b12

00a00a

sym.

Gl. 10-2

oder in symbolischer Schreibweise

(e)(e)(e) fzk Gl. 10-3

In Gl. 10-2 wurden zur Abkürzung

3)e(

)e(yy

)e()e(

)e(

)e()e()e( IE

b,AE

a

Gl. 10-4

gesetzt. Wir benötigen das Elastizitätsgesetz Gl. 10-3 in globalen Koordinaten. Dazu ist eine

Drehtransformation mit dem Winkel um die z-Achse erforderlich.

z

y

x

100

0cossin

0sincos

z

y

x

z

y

x

100

0cossin

0sincos

z

y

x

Gl. 10-5

Die Transformationsgesetze Gl. 10-5 sind auf die Zustandsgrößen am Anfang und Ende des

Balkens anzuwenden. Das Ergebnis ist

(e)(e)(e) zTz

(e)(e)(e) fTf Gl. 10-6

Substituieren wir Gl. 10-6 in Gl. 10-3, dann erhalten wir

(e)(e)(e)(e)(e) fTzTk Gl. 10-7

mit

Page 244: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10-4 10 Ein einfaches finites Element für ebene Rahmentragwerke

100000

0cossin000

0sincos000

000100

0000cossin

0000sincos

(e)T

100000

0cossin000

0sincos000

000100

0000cossin

0000sincos

1(e)T

Die Matrix T(e) ist eine orthogonale Matrix (Beweis durch Ausrechnen). Multiplikation der

Gl. 10-7 von links mit (e)T1(e) TT ergibt (e)(e)(e)(e)(e)(e)(e)T fzkzTkT Gl. 10-8

Die symmetrische Matrix

3

52

641

3563

52452

641641

c

cc

ccc

2/cccc

ccccc

cccccc

sym.

TkTk (e)(e)(e)T(e) Gl. 10-9

mit den Abkürzungen

sinb6ccosb6c

cossin)b12a(cb4c

cosb12sinacsinb12cosac

)e(6

)e(5

)e()e(4

2)e(3

2)e(2)e(2

2)e(2)e(1

Gl. 10-10

ist die globale Steifigkeitsmatrix des finiten Balkenelements für Biege- und Normalkraftbean-

spruchung. Wir testen dieses Element an folgendem Beispiel.

Beispiel 10-1:

Abb. 10-4 System und Belastung

Abb. 10-5 Elementierung

Page 245: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-5

Für den eingespannten Rechteckrahmen, der durch eine Horizontalkraft kN50F in Riegel-

höhe belastet wird, sind sämtliche Verformungen und Schnittlasten zu berechnen. Die beiden

Stiele (Elemente 1, 3) und der Riegel (Element 2) entsprechen jeweils einem finiten Element.

Elementlastvektoren treten hier nicht auf.

Knotennummer x-Koordinate [cm] y-Koordinate [cm]

1 0 0

2 0 400

3 600 400

4 600 0

Tabelle 10-1 Knotendatei

Elementnummer Anfangsknoten Endknoten

1 1 2

2 2 3

3 3 4

Tabelle 10-2 Elementdatei

Für alle Elemente gilt: E(e) = E = 21000 kN/cm2.

Element 1: A(1) = 62,6 cm2, m4)1( ; I1 = 11770 cm4; ;2/

Element 2: A(2) = 84,5 cm2, m6)2( ; I2 = 23130 cm4; 0 ;

Element 3: A(3) = 62,6 cm2, m4)3( ; I3 = 11770 cm4; ;2/

Im Einzelnen erhalten wir die folgenden Elementsteifigkeitsmatrizen in lokalen und globalen

Koordinaten

(3)(1) k

sym.

k

7

77

102472,0

88,9268344,46

0050,3286

101236,088,92680102472,0

88,9268344,46088,9268344,46

0050,32860050,3286

7

77

102472,0

050,3286

88,92680344,46

101236,0088,9268102472,0

050,32860050,3286

88,92680344,4688,92680344,46

sym.

k(1)

Page 246: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10-6 10 Ein einfaches finites Element für ebene Rahmentragwerke

(2)(2) k

sym.

k

7

77

103238,0

50,8095985,26

0050,2957

101619,050,80950103238,0

50,8095985,26050,8095985,26

0050,29570050,2957

7

77

102472,0

050,3286

88,92680344,46

101236,0088,9268102472,0

050,32860050,3286

88,92680344,4688,92680344,46

sym.

k(3)

Der Einbau der Elementsteifigkeitsmatrizen in die Systemsteifigkeitsmatrix erfolgt mittels

Indexvektoren. Da der Rahmen 4 Knoten und jeder Knoten 3 FG besitzt, liegen insgesamt

1234 Systemfreiheitsgrade vor, die im Systemfreiheitsgradvektor

T121110987654321

T

4z4y4x3z3y3x2z2y2x1z1y1x

vvvvvvvvvvvv

vvvvvvvv

v

zusammengestellt werden. Wir ermitteln exemplarisch den Indexvektor IND2 für das Element

2. Der Elementdatei entnehmen wir den Anfangsknoten 2 und den Endknoten 3.

]987654[2IND

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

u

u

u

u

z

9

8

7

6

5

4

3z

3y

3x

2z

2y

2x)2(

2z

2y

2x

1z

1y

1x

)2(

Entsprechend erhalten wir

]121110987[3IND];654321[1IND

Der Einbau der Elementsteifigkeitsmatrizen in die Systemsteifigkeitsmatrix unter Berücksich-

tigung der Horizontalkraft am Knoten 2 ergibt die Systemgleichung

Page 247: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-7

0

0

0

0

0

0

0

0

.50

0

0

0

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

v

X

0X

00X

00010571,0

000500,8095-485,3313

000875,92680844,3003

000101619,0500,8095-010571,0

000500,8095985,26-0500,8095485,3313

00000500,2957-875,92680844,3003

000000000X

0000000000X

00000000000X

12

11

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

7

77

sym.

Das obige System wurde nicht auf ein [6x6]- System reduziert, was selbstverständlich auch

möglich wäre. Aus nummerischen Gründen sollte X etwa den Wert des betragsgrößten Ele-

mentes der Systemsteifigkeitsmatrix haben (z.B. )10000X . Das Gleichungssystem hat die

Lösung: T]0, 0, 0, 3e-91695,0; -2e-44906,0; -72053,0; 3e-93602,0; -2e-44906,0; 72895,0; 0; 0; 0[ =v

aus der wir auch die Stabendverformungen entnehmen können. Transformieren wir diese mit

der 1. Gleichung in Gl. 10-6 auf lokale Koordinaten, dann kommt

T)1( 3e-93601938,0-72894506,0-2e-4490595,0000z

T)2( 3e-9169482,0-2e-4490595,0-7205280,03e-9360194,0-2e-4490595,07289451,0z

T)3( 0003e-9169482,0-7205280,02e-4490595,0z

Die Berechnung der Stabendlasten in lokalen Koordinaten erfolgt dann mit der 2. Gleichung

in Gl. 10-6 zu:

942,4442107,25-758,14721,5599107,25758,14-f )1(

063,4412-758,14893,24942,4442758,14-893,24f )2(

274,5545893,24758,14063,4412893,24758,14f )3(

Die folgenden Grafiken zeigen die berechneten Zustandsgrößen nach der in der Baustatik

üblichen Vorzeichenregel wonach positive Momente an der Seite der gestrichelten Faser Zug

erzeugen und Normalkräfte positiv sind (s.h. Abb. 10-4), wenn sie Zug erzeugen.

Page 248: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10-8 10 Ein einfaches finites Element für ebene Rahmentragwerke

Abb. 10-6 Verschiebungen [cm]

Abb. 10-7 Biegemomente [kNcm]

Abb. 10-8 Querkräfte [kN]

Abb. 10-9 Normalkräfte [kN]

Da bei fehlender Elementbelastung die homogene Lösung auch die vollständige Lösung ist,

und die gewählten Elemente mit ihren Ansatzfunktionen die homogene Lösung exakt darstel-

len, sind in den obigen Grafiken die theoretisch exakten Ergebnisse unter Berücksichtigung

die Normalkraftverformung wiedergegeben.

10.1 Berücksichtigung von Gelenken

In Rahmentragwerken können Gelenkverbindungen Abb. 10-10 auftreten, die die Übertragung

von Normalkraft, Querkraft oder Biegemoment unterbinden.

Abb. 10-10 Gelenkformen in Rahmentragwerken

Gelenkverbindungen stellen auch immer Elementgrenzen dar. Sie lassen sich dadurch realisie-

ren, indem in den angrenzenden Stäben für die dualen Größen der gelösten Bindung unter-

schiedliche Freiheitsgrade eingeführt werden. Bei einem Momentengelenk sind das die

Page 249: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-9

Drehwinkel z der angrenzenden Stabenden. Neben den beiden Verschiebungen in globaler

x- und y-Richtung treten beim Zusammentreffen zweier Stäbe in der Ebene zwei zusätzliche

Unbekannte auf, womit ein solcher "Knoten" 422 Freiheitsgrade besitzt. Beim Zusam-

mentreffen von n Stäben an einem Momentengelenk treten damit n2 Freiheitsgrade am

Knoten auf, was zu einer Vergrößerung der Systemgleichung um n – 1 Gleichungen führt. Für

Querkraft- und Normalkraftgelenke gelten entsprechende Aussagen.

Abb. 10-11 Unbekannte Verformungsgrößen an Gelenken

Beispiel 10-2:

Abb. 10-12 Eingespannter Rechteckrahmen mit Gelenk am Knoten 3

Für den eingespannten Rechteckrahmen nach Abb. 10-12 mit einseitig gelenkig angeschlos-

senem Riegel sind sämtliche Verformungen und Schnittlasten zu berechnen.

Da am Knoten 3 ein Momentengelenk vorhanden ist, macht der Drehfreiheitsgrad 3 des Sys-

temknotens 3 keinen Sinn mehr. Wir führen die Drehfreiheitsgrade der angrenzenden Stäbe

Page 250: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10-10 10 Ein einfaches finites Element für ebene Rahmentragwerke

als Unbekannte ein. Bezeichnet )2(2 den Drehwinkel am Stabende von Element 2 und )3(

1

den Drehwinkel am Stabanfang von Element 3, dann lautet der Vektor der Knotenverformun-

gen:

T13121110987654321

T

4y4x4)3(

1)2(

2y3x32y2x21y1x1

vvvvvvvvvvvvv

vvvvvvvv

v

Unter Beachtung der homogenen Randbedingungen an den Knoten 1 und 4 erhalten wir fol-

gendes Gleichungssystem

0

0

0

0

0

0

50

v

v

v

v

v

v

v

102472,0

0103238,0

050,8095485,3313

875,926800844,3003

010162,050,80950105710,0

050,8095985,26-0500,8095485,3313

000500,2957-875,92680844,3003

10

9

8

7

6

5

4

7

7

77

sym.

mit der Lösung

]2e-46324,0 -;2e-11608,0 ;2e-28831,0, -23531,1 ;2e-23505,0 -;2e-28831,0 ;24015,1[

]v;v;v;v;v;v;v[v 10987554

Transformation auf lokale Koordinaten ergibt die Stabendverformungen

]2e-23505,0; -24015,1; -2e-28831,0; 0; 0; 0[z1

]2e-11608,0, 2e-28831,0; -23531,1; 2e-23505,0, -2e-28831,0; 24015,1z2 [

]0; 0; 0; 2e-46324,0; -23531,1; 2e-28831,0[z3

und die Stabendlasten

]114,5685; 688,35; -475,9; 935,8589; 688,35; 475,9[-f1

]0, 475,9; 312,14; -114,5685; -475,9; -312,14[f2

]950,5724; 312,14; -475,9, -0; 312,14; 475,9[f3

Page 251: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

10.1 Berücksichtigung von Gelenken 10-11

Abb. 10-13 Verschiebungen [cm]

Abb. 10-14 Biegemomente [kNcm]

Abb. 10-15 Querkräfte [kN]

9,47

5

9,47

5

14,312

-

+ -

Abb. 10-16 Normalkräfte [kN]

Abb. 10-14 zeigt die Einhaltung der Bedingung für ein Momentengelenk am Knoten 3.

Aufgabe 10-1:

Ermitteln für den unten skizzierten Rahmen sämtliche Zustandsgrößen

Abb. 10-17 Eingespannter Rechteckrahmen

Page 252: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 253: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,
Page 254: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11 Scheibenelemente

11.1 Allgemeines Bei der Vorstellung des Ritzschen Verfahrens wurde bereits darauf hingewiesen, dass es bei

zweidimensionalen Randwertproblemen in der Regel unüberwindliche Schwierigkeiten gibt,

globale Ansatzfunktionen für unregelmäßige Lösungsgebiete zu finden, die den geometri-

schen oder sogar den dynamischen Randbedingungen genügen. Die exakte Integration der

dem Problem zugeordneten Differentialgleichung unter Einhaltung der oft komplizierten

Randbedingungen gelingt nur in Ausnahmefällen.

Bei diesen komplizierten Aufgabenstellungen zeigt sich nun der wahre Vorteil der FE- Me-

thode, die jetzt auf zweidimensionale Randwertprobleme zu erweitern ist. Hier wird auch de-

ren Näherungscharakter deutlich. Dreieck-Element

Viereck-Element

Abb. 11-1 Vernetztes ebenes Gebiet, Dreieck- und Viereckelemente

Es werden statt der Linienelemente nun Flächenelemente benötigt. Das können Dreieck- oder

auch Viereckelemente sein. Da die Vernetzung jedoch weitestgehend willkürlich ist, können

bei einer Vernetzung auch Dreieck- und Viereckelemente in Kombination verwendet werden.

Dreieckelemente haben den Vorteil, dass mit ihnen krummlinig oder auch polygonal berande-

Page 255: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-2 11 Scheibenelemente

te Gebiete (Abb. 11-1) besser vernetzt werden können als mit Viereckelementen allein. Ge-

radlinig berandete Elemente sind außerdem mathematisch relativ einfach zu behandeln.

In Abhängigkeit von der Art des zweidimensionalen Randwertproblems sind gewisse Stetig-

keitsforderungen an die Näherungslösungen und deren Ableitungen zu stellen. Im Fall der

Stab- und Balkenelemente bezog sich die Stetigkeitsforderung auf die Elementübergänge am

Systemknoten. Bei zweidimensionalen Problemen ist diese Stetigkeit auf die Kontaktlinien

der Elemente auszudehnen. C0-Stetigkeit bedeutet bei Flächenelementen also Stetigkeit der

Ansatzfunktionen längs gemeinsamer Elementkanten.

11.2 Ein einfaches Dreieckelement

Abb. 11-2 Dreieckelement mit Nachbarelementen

Das Dreieckelement nach Abb. 11-2 besitzt im globalen Koordinatensystem x,y die drei Eck-

punkte 1, 2 und 3, die wir mathematisch positiv im Gegenuhrzeigersinn durchnummerieren.

Im Allgemeinen sind diese Knotenpunkte in der x-y-Ebene frei verteilt. Ein Punkt P im In-

nern des Dreiecks kann entweder durch seine globalen kartesischen Koordinaten x,y oder

durch Einführung dimensionsloser lokaler Koordinaten1 321 ,, beschrieben werden (Abb.

11-3). Zur Bestimmung der lokalen Koordinaten werden die globalen Koordinaten x,y als

Linearkombination der lokalen Koordinaten notiert

332211

332211

y

x

Gl. 11-1

1 die auch als Dreieckkoordinaten bezeichnet werden

Page 256: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-3

Abb. 11-3 Dreieckkoordinaten

Die Koordinatenlinien k konst. (k = 1, 2, 3) verlaufen parallel zu der dem Punkt k gege-

nüberliegenden Dreieckseite (Abb. 11-3). Im Punkt k ist 1k , so dass an den Eckpunkten

die Dreieckkoordinaten die Werte (1,0,0), (0,1,0) und (0,0,1) besitzen. Die Beziehungen in Gl.

11-1 sind für alle Punkte innerhalb der Dreieckfläche gültig, insbesondere auch an den Eck-

punkten. Das führt auf die Konstanten

)3,2,1i(yx iiii Gl. 11-2

und damit

321

332211

332211

1

yyyy

xxxx

Gl. 11-3

Lösen wir Gl. 11-3 nach den Dreieckkoordinaten k (k = 1,2,3) auf, dann sind

233231131221

122112213

233231131221

311331132

233231131221

233223321

yxyxyxyxyxyx

y)xx(x)yy()yxyx(

yxyxyxyxyxyx

yxxx)yy()yxyx(

yxyxyxyxyxyx

y)xx(x)yy()yxyx(

Gl. 11-4

Die lokalen Koordinaten eines beliebigen Zwischenpunktes P(x,y) im Dreieckgebiet erhalten

wir durch Auswertung von Gl. 11-4.

Page 257: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-4 11 Scheibenelemente

Abb. 11-4 Dreieckelement, Interpretation der Dreieckkoordinaten

Die Dreieckkoordinaten 21 , und 3 in Gl. 11-4 lassen sich noch geometrisch interpretie-

ren. Hat der Punkt P(x,y) den Ortsvektor r, dann liefert unter Beachtung von

y)xx(x)yy()yxyx(2

1

yx1

yx1

yx1

2

1)()(

2

1A 23322332

33

22)e(

1 rrrr 32

yxxx)yy()yxyx(2

1

yx1

yx1

yx1

2

1)()(

2

1A 31133113

33

11

)e(2 rrrr 13

y)xx(x)yy()yxyx(2

1

yx1

yx1

yx1

2

1)()(

2

1A 1221122122

11

)e(3 rrrr 21

und

)yxyx()yxyx()yxyx(2

1AAAA 233231131221

)e(3

)e(2

)e(1

)e( Gl. 11-5

Ein Vergleich mit Gl. 11-4 zeigt

)e(

)e(3

3)e(

)e(2

2)e(

)e(1

1 A

A;

A

A;

A

A Gl. 11-6

weshalb diese lokalen Koordinaten auch Flächenkoordinaten genannt werden. Die drei loka-

len Koordinaten können in der Ebene nicht unabhängig voneinander sein, sie genügen der

Nebenbedingung (Gl. 11-6)

Page 258: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-5

1321 Gl. 11-7

Zur Vereinfachung der Schreibweise führen wir für die nachfolgenden Untersuchungen die

Abkürzungen

213132321

213132321

122133113223321

xxcxxcxxc

yybyybyyb

yxyxayxyxayxyxa

Gl. 11-8

ein. Es gilt (Beweis durch Ausrechnen)

)e(233212213113

3

1ii

3

1ii

A2cbcbcbcbcbcb

0c

0b

Gl. 11-9

Damit lassen sich die Dreieckkoordinaten auch in der Form

)ycxba(A2

1

)ycxba(A2

1

)ycxba(A2

1

333)e(3

222)e(2

111)e(1

Gl. 11-10

schreiben. Wir wollen nun die Verschiebungen innerhalb des Elementes festlegen. Der plana-

re Verschiebungsvektor

yx eew )y,x(v)y,x(u)y,x( Gl. 11-11

ordnet jedem Punkt mit den Koordinaten (x,y) die beiden Verschiebungen u(x,y) und v(x,y)

zu, für die wir die linearen Ansätze

ykxkk)y,x(v

ykxkk)y,x(u

654

321

Gl. 11-12

mit noch unbekannten Ansatzkoeffizienten ki (i = 1..6) wählen. Diese Ansätze auf Element-

ebene erfüllen die geforderte C0-Stetigkeit.

Page 259: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-6 11 Scheibenelemente

Abb. 11-5 Dreieckelement, Knotenpunktverschiebungen u,v

Die Beziehungen Gl. 11-12 müssen selbstverständlich auch für jeden Knoten des Dreieckele-

mentes gelten, also

6

5

4

3

2

1

33

22

11

33

22

11

3

2

1

3

2

1

k

k

k

k

k

k

yx1

yx1

yx1

yx1

yx1

yx1

v

v

v

u

u

u

0

0

Das obige Gleichungssystem ist offensichtlich in x- und y-Richtung entkoppelt. Im Folgenden

reicht es deshalb aus, das reduzierte Gleichungssystem

3

2

1

33

22

11

3

2

1

k

k

k

yx1

yx1

yx1

u

u

u

Gl. 11-13

zu betrachten. Die Auflösung nach den unbekannten Koeffizienten ki (i = 1,2,3) liefert

312231123)e(3

321213132)e(2

312212311312332)e(1

u)xx(u)xx(u)xx(A2

1k

u)yy(u)yy(u)yy(A2

1k

u)yxyx(u)yxyx(u)yxyx(A2

1k

Gl. 11-14

wobei )yxyx()yxyx()yxyx(A2 233231131221)e( der doppelten Dreieckfläche

entspricht.

Page 260: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-7

Hinweis: Die Fläche A(e) verschwindet u.a. dann, wenn alle drei Eckpunkte des Elementes auf

einer Geraden liegen. Bei der Vernetzung einer Scheibe ist deshalb darauf zu achten, dass

spitzwinklige Dreiecke möglichst vermieden werden, weil es sonst zu nummerischen Schwie-

rigkeiten kommen kann.

Die Lösungen 64 kk erhalten wir, indem wir formal die Knotenverschiebungen ui durch vi

ersetzen. Führen wir die Abkürzungen Gl. 11-8 ein, dann lassen sich die Koeffizienten noch

etwas kompakter schreiben

)vcvcvc(A2

1k)ucucuc(

A2

1k

)vbvbvb(A2

1k)ububub(

A2

1k

)vavava(A2

1k)uauaua(

A2

1k

332211)e(6332211)e(3

332211)e(5332211)e(2

332211)e(4332211)e(1

Gl. 11-15

Einsetzen von Gl. 11-15 in den Verschiebungsansatz Gl. 11-12 liefert

y)vcvcvc(x)vbvbvb()vavava(A2

1)y,x(v

y)ucucuc(x)ububub()uauaua(A2

1)y,x(u

332211332211332211)e(

332211332211332211)e(

Gl. 11-16

und sortiert nach den Knotenverschiebungen

333322221111)e(

333322221111)e(

v)ycxba(v)ycxba(v)ycxba(A2

1)y,x(v

u)ycxba(u)ycxba(u)ycxba(A2

1)y,x(u

Gl. 11-17

Eine besonders einfache Darstellung der Verschiebungsfunktionen Gl. 11-17 gelingt bei Be-

achtung von Gl. 11-10

332211321

332211321

vvv),,(v

uuu),,(u

Gl. 11-18

Die drei linearen Interpolationsfunktionen

3,2,1i;)ycxba(A2

1N iiii)e(i Gl. 11-19

Page 261: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-8 11 Scheibenelemente

werden Formfunktionen genannt. Am Knoten i besitzen diese Funktionen den Wert Ni = 1

an den beiden anderen Knoten jeweils den Wert Null (Abb. 11-6).

Abb. 11-6 Formfunktion N1

Hinweis: Längs der Dreieckseiten sind die Verschiebungen u(x,y) und v(x,y) lineare Funktio-

nen. Damit stimmen aufgrund der Verschiebungskompatibilitäten an den Knoten auch die

Verschiebungen längs gemeinsamer Elementkanten überein, womit die geforderte C0-

Stetigkeit auch längs der Elementkanten gewährleistet ist.

Die Knotenvariablen werden im Elementknotenverschiebungsvektor zusammengestellt

3

2

1

3

2

1

v

v

v

u

u

u

(e)z Gl. 11-20

Da jeder Knoten zwei Verschiebungsfreiheitsgrade besitzt, verfügt unser Dreiknotenelement

über insgesamt 6 FG. Die Verschiebungen innerhalb des Elementes interpolieren wir dann mit

den Formfunktionen Ni wie folgt

(e)(e)(e) zNu

3

2

1

3

2

1

321

321

v

v

v

u

u

u

NNN000

000NNN

v

u Gl. 11-21

Page 262: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-9

In Gl. 11-21 bezeichnet

321

321

NNN000

000NNN(e)N Gl. 11-22

die Matrix der Formfunktionen.

11.2.1 Das Prinzip der virtuellen Verrückung Den auf Elementebene formulierten Verschiebungsansatz Gl. 11-21 setzen wir nun in das

Prinzip der virtuellen Verrückung ein. Dazu notieren wir zunächst das elastische Potenzial

nur für ein Element. Das vollständige Potenzial

Extremum)AW( )e(a

n

1e

)e(n

1e

)e(

Gl. 11-23

der Scheibe erhalten wir dann durch Summation der Energieausdrücke über alle Elemente.

Das elastische Potenzial wird gebildet aus der auf das Element entfallenden Formänderungs-

energie )e(W und der Arbeit der äußeren Kräfte )e(aA . Wir beschäftigen uns in einem ersten

Schritt mit der Berechnung der Formänderungsenergie

)e()e( AA

(s))e( dA2

hdAWhW (e)

EST(e) εDε Gl. 11-24

eines Elementes. In der obigen Gleichung bezeichnet h die konstante Scheibendicke und

x

v

y

u

y

v

x

uγεε xyyyxx

T(e)ε Gl. 11-25

die Verzerrungen, die in bekannter Weise aus dem Verschiebungsfeld berechnet werden, so-

wie der symmetrischen Materialmatrix

s

xxy

xyx

2

D00

0DD

0DD

2

ν100

01ν

0ν1

ν1

EESD Gl. 11-26

Page 263: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-10 11 Scheibenelemente

des ebenen Spannungszustandes. Das Zweifachintegral in Gl. 11-24 ist dabei über das Ele-

mentgebiet A(e) zu erstrecken.

Abb. 11-7 Scheibenelement mit flächenhafter Belastung px und py

Die Arbeit der äußeren Kräfte wird gebildet aus den flächenhaft verteilten Kräften

)y,x(p

)y,x(p

y

x(e)p Gl. 11-27

die positiv sind, wenn sie in Richtung der globalen Koordinaten (x,y) zeigen, sowie aus den

an den Außenrändern des Elementes wirkenden linienhaft verteilten Randkräften

)s(q

)s(q

y

x(e)q Gl. 11-28

Hinweis: Sind weitere äußere Belastungen vorhanden (z.B. Einzelkräfte), dann ist der Aus-

druck für die äußere Arbeit entsprechend zu ergänzen.

Die Arbeit der äußern Kräfte aus Flächen- und Randlasten ist dann

C

T

A

T)e(a ds)s((s)dA(x,y)(x,y)A

(e)

(e)(e)(e)(e) uqup Gl. 11-29

und für das elastische Potenzial erhalten wir

n

1e A C

T

A

T

)e( (e)

ds)s((s)dA(x,y)(x,y)dA2

h (e)(e)(e)(e)(e)ES

T(e) uqupεDε Gl. 11-30

Page 264: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-11

Wir approximieren nun auf Elementebene die Verschiebung u(e)(x,y) durch den Näherungsan-

satz

(e)(e)(e) zNu

)y,x(v

)y,x(u Gl. 11-31

womit das elastische Potenzial in den Näherungswert übergeht

n

1e A C

T

A

T

)e( (e)

ds)s((s)dA(x,y)(x,y)dA2

hˆ (e)(e)(e)(e)(e)ES

T(e) uqupεDε Gl. 11-32

Um die Formänderungsenergie auswerten zu können, benötigen wir die Verzerrungen

x

v

y

u

y

v

x

uγεε xyyyxx

T(e)ε Gl. 11-33

Dazu sind die folgenden Ableitungen der Formfunktionen zu bilden

)vbvbvb(A2

1v

x

Nv

x

Nv

x

N

x

v

)ucucuc(A2

1u

y

Nu

y

Nu

y

N

y

u

)vcvcvc(A2

1v

y

Nv

y

Nv

y

N

y

v

)ububub(A2

1u

x

Nu

x

Nu

x

N

x

u

332211)e(33

22

11

332211)e(33

22

11

332211)e(33

22

11

332211)e(33

22

11

Gl. 11-34

Gl. 11-34 entnehmen wir, dass sämtliche Ableitungen, und damit auch die Verzerrungen, in-

nerhalb des Elementes konstant1 sind. Unter Beachtung von Gl. 11-34 lassen sich die Verzer-

rungen durch die Knotenverschiebungen ausdrücken

(e)(e)(e) zBε

3

2

1

3

2

1

321321

321

321

)e(

xy

yy

xx

v

v

v

u

u

u

bbbccc

ccc000

000bbb

A2

1

γ

ε

ε

Gl. 11-35

1 In der angelsächsischen Literatur wird ein solches Element als constant strain element (CST-Element) be-zeichnet.

Page 265: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-12 11 Scheibenelemente

In Gl. 11-35 ist

321321

321

321

)e(

bbbccc

ccc000

000bbb

A2

1(e)B Gl. 11-36

die Matrix der Ableitungen der Formfunktionen. Berücksichtigen wir diesen Sachverhalt in

Gl. 11-32, dann erhalten wir

Extremum

dsdAdA)(2

hˆn

1e A C

T

A

T

)e( (e)

(e)(e)(e)(e)(e)(e)(e)(e)ES

T(e)(e) zNqzNpzBDzB Gl. 11-37

Die Variation dieses Funktionals ergibt

0dsdAdAhˆn

1e A CA)e( (e)

(e)(e)T(e)(e)T(e)(e)ES

T(e)(e)T qNpNzBDBδz Gl. 11-38

11.2.1.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix

Mit der symmetrischen Elementsteifigkeitsmatrix

(e)ES

T(e)(e)ES

T(e)(e)ES

T(e)(e) BDBBDBBDBk )e(

AA

AhdAhdAh)e()e(

Gl. 11-39

und dem Elementlastvektor der rechten Seite

CA

dsdA(e)

(e)(e)T(e)(e)T(e) qNpNr Gl. 11-40

geht Gl. 11-38 über in

0ˆn

1e

(e)(e)(e)(e)T rzkδz Gl. 11-41

Wegen der Beliebigkeit von (e)δz ist die obige Beziehung nur dann erfüllt, wenn für jedes

Element (e)(e)(e) rzk Gl. 11-42

Page 266: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-13

besteht. Die Berechnung des Matrizenproduktes (e)ES

(e)T BDB , auf dessen Wiedergabe wir hier

verzichten wollen, liefert uns die Steifigkeitsmatrix

(e)2

(e)1

(e) kkk2

1

)1(A4

Eh2)e(

Gl. 11-43

mit

23

3222

312121

33323123

2322213222

131211312121

23

3222

312121

33231323

3222123222

312111312121

b.

bbb

bbbbb

cbcbcbc

cbcbcbccc

cbcbcbccccc

c.

ccc

ccccc

cbcbcbb

cbcbcbbbb

cbcbcbbbbbb

sym

k

sym

k

(e)2

(e)1

Gl. 11-44

Eine andere Darstellung der Steifigkeitsmatrix erhalten wir, wenn wir in Gl. 11-26 den rechts

stehenden Ausdruck für die Materialmatrix verwenden und dann nach Dx, Dxy und Ds sortie-

ren

(e)11

(e)12

(e)T12

(e)22

(e)T12

(e)12

(e)22

(e)11(e)

kk

kk

0k

k0

k0

0kk sxyx)e(

DDDA4

h Gl. 11-45

Zur Abkürzung wurden in Gl. 11-45 die [ 33 ] Untermatrizen

23

3222

312121

b.sym

bbb

bbbbb(e)11k

23

3222

312121

c.sym

ccc

ccccc(e)22k

332313

322212

312111

cbcbcb

cbcbcb

cbcbcb(e)12k

eingeführt.

11.2.1.2 Der Elementlastvektor aus Flächenlasten

Der Flächenlastvektor p(e), der z.B. aus Eigengewicht oder auch aus magnetischen Kräften

resultiert, muss innerhalb des Elementgebietes nicht konstant sein.

Page 267: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-14 11 Scheibenelemente

Abb. 11-8 Knotenwerte bilinearer Flächenlasten

Wir beschränken uns im Folgenden auf bilinear verteilte Flächenlasten entsprechend Abb.

11-8. Sind die Knotenwerte der Flächenlast bekannt, dann interpolieren wir diese Belastung

mit den gleichen Formfunktionen wie den Verschiebungszustand selbst, also

3y32y21y1

3x32x21x1

y3

y2

y1

x3

x2

x1

321

321

y3

y2

y1

x3

x2

x1

ppp

ppp

p

p

p

p

p

p

000

000

p

p

p

p

p

p

(e)(e) Np Gl. 11-46

dA

ppp

ppp

ppp

ppp

ppp

ppp

dAppp

ppp

0

0

0

0

0

0

dA)e()e((e) A

23y323y213y1

32y322y212y1

31y321y221y1

23x323x213x1

32x322x212x1

31x321x221x1

3y32y21y1

3x32x21x1

A

3

2

1

3

2

1

A

(e)(e)TpN

Mit der Integrationsvorschrift )!2rqp(

!r!q!pA2dA )e(

A

r3

q2

p1

)e( ) folgt dann der Element-

lastvektor aus Flächenlasten

Page 268: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-15

y3

y2

y1

x3

x2

x1

)e(

A

p

p

p

p

p

p

AdA(e) F0

0FpN (e)(e)T Gl. 11-47

wobei zur Abkürzung

211

121

112

12

1F Gl. 11-48

gesetzt wurde.

11.2.1.3 Der Elementlastvektor aus Randlasten

Die Randlasten einer Scheibe werden einem Elementrand zugeordnet (Abb. 11-9). Auch diese

Lasten müssen längs des Randes nicht konstant sein. Wir betrachten für die folgenden Ablei-

tungen den Rand 01 mit der Länge 1 . Die orientierten Randpunkte auf diesem Rand

sind die Knoten 2 und 3.

Abb. 11-9 Randbelastung eines Scheibenelementes, hier der Rand 1 = 0

Längs dieses Randes wirken in globaler x- und y-Richtung (Abb. 11-9) die Linienlasten

(e)

(e)1q

),(q

),(q

32y

32x Gl. 11-49

Mit den Knotenlasten (q12,x;q12,y) am Knoten 2 und (q13,x;q13,y) am Knoten 3 werden auch die

Randlasten, in Anlehnung an die Verschiebungen, längs des Randes linear interpoliert

Page 269: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-16 11 Scheibenelemente

(e)

(e(e

(e)1 Nq

3y,132y,12

3x,132x,12

)

y,13

y,12

x,13

x,12

32

32

)

y,13

y,12

x,13

x,12

qq

qq

q

q

q

q

00

00

q

q

q

q

Gl. 11-50

Der Anteil der rechten Seite aus dieser Randlast ist dann (1 = 0)

ds

qq

qq

0

qq

qq

0

dsqq

qq

0

0

00

0

0

00

ds11

23y,1332y,12

32y,1322y,12

23x,1332x,12

32x,1322x,12

3y,132y,12

3x,132x,12

C

3

2

3

2

(e)

(e)1

(e)TqN

Die Anwendung der Integrationsregel )!1rq(

!r!qds 1

r3

q2

1

liefert

y,13y,12

y,13y,12

x,13x,12

x,13x,12

1

C

q2q

qq2

0

q2q

qq2

0

6ds

(e)1

(e)TqN Gl. 11-51

Für die Außenränder 02 bzw. 03 gilt dann entsprechend

0

q2q

qq2

0

q2q

qq2

6ds;

qq2

0

q2q

qq2

0

q2q

6ds

y,32y,31

y,32y,31

x,32x,31

x,32x,31

3

y,21y,23

y,21y,23

x,21x,23

x,21x,23

2

32

(e)3

(e)T(e)2

(e)T qNqN Gl. 11-52

11.2.2 Die Scheibenschnittlasten Für die Dimensionierung eines Tragwerkes sind nicht die Verformungen entscheidend, son-

dern vielmehr die infolge der Deformation auftretenden Spannungen. Diese planaren Span-

Page 270: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-17

nungen werden zu Resultierenden, den Scheibenschnittlasten, zusammengefasst. Mit dem

Spannungs- und Verzerrungsvektor

],γε,ε[],σσ,σ[ xyyyxxT

xyyyxxT εσ Gl. 11-53

und der symmetrischen Materialmatrix Gl. 11-26 für den isothermen Fall kann das Werk-

stoffgesetz für den ebenen Spannungszustand in Matrizenschreibweise wie folgt notiert wer-

den (e)(e)

ES(e)

ES(e) zBDεDσ Gl. 11-54

Die Schnittlasten selbst ergeben sich dann zu

(e)(e)(e)(e)

ES(e)

ES(e)(e) zSzBDεDσn hhh )e( Gl. 11-55

Der Vektor )e(

xy

yy

xx

n

n

n

(e)n Gl. 11-56

heißt Schnittkraftvektor und die Matrix

S3S2S1S3S2S1

x3x2x1xy3xy2xy1

xy3xy2xy1x3x2x1

)e(

DbDbDbDcDcDc

DcDcDcDbDbDb

DcDcDcDbDbDb

A2

hh (e)

ES(e) BDS Gl. 11-57

wird Schnittkraftmatrix genannt. Wir haben nun alle theoretischen Vorarbeiten abgeschlos-

sen und wollen uns deshalb einem praktischen Beispiel zuwenden. Damit verbinden wir auch

den Vorteil, programmspezifische Vorgehensweisen bei der FEM besser verstehen zu können.

Als Berechnungsbeispiel wählen wir die in Abb. 11-10 dargestellte quadratische Kragscheibe,

für die sämtliche Zustandsgrößen (Verschiebungen, Verzerrungen, Schnittlasten) berechnet

werden sollen. Wir vernetzen das Scheibengebiet (Abb. 11-11) mit m = 4 Dreieckelementen.

Dabei entstehen n = 6 Systemknoten, von denen jeder Knoten 2 FG (ui, vi) besitzt. Die sym-

metrische Steifigkeitsmatrix des freien ungefesselten Systems hat demnach die Größe 1212 ,

die allerdings um die Anzahl der vorgegeben Randbedingungen reduziert wird.

Page 271: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-18 11 Scheibenelemente

Abb. 11-10 Quadratische Kragscheibe Abb. 11-11 Vernetzung

Die Geometrie des Systems wird durch die globalen Knotenkoordinaten festgelegt. Dazu wird

eine Knotendatei aufgestellt (Tabelle 1)

Knotennummer x - Koordinate [m] y - Koordinate [m]

1 0 2,00

2 0 1,00

3 0 0

4 2,00 2,00

5 2,00 1,00

n = 6 2,00 0

Tabelle 1 Knotendatei

Die Zuordnung der Elementknoten zu den Systemknoten erfolgt in der Elementdatei. Damit

ist die Topologie1 der Elemente in der Ebene festgelegt. Knoten- und Elementdatei werden in

kommerziellen Programmsystemen weitestgehend durch Netzgeneratoren erstellt.

Elementnummer Knoten 1 Knoten 2 Knoten 3

1 2 4 1

2 2 5 4

3 3 5 2

m = 4 3 6 5

Tabelle 2 Elementdatei

Die Lösung der Aufgabe erfolgt in Schritten:

1. Eingabe der Systemdaten (preprocessing)

2. Ermittlung der Elementsteifigkeitsmatrizen und Aufbau der Systemsteifigkeitsmatrix

3. Ermittlung der Elementlastvektoren und Aufbau des Systemlastvektors

1 topo... [zu griech. tópos ›Ort‹ , ›Stelle‹, ›Platz‹]

Page 272: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-19

4. Einbau der Verschiebungsrandbedingungen in die Systemmatrix

5. Lösung des linearen Gleichungssystems (z.B. mit Gauß)

6. Ermittlung der Elementverzerrungen und Elementspannungen

7. Ausgabe der Ergebnisse (postprocessing)

Wir beginnen mit 2.) und wenden uns der Ermittlung der Elementsteifigkeitsmatrizen zu. Da

die Scheibe aus einheitlichem Material und konstanter Dicke h besteht, und die Elemente

(1,3) und (2,4) geometrisch gleich sind, haben wir hier nur zwei unterschiedliche Elementstei-

figkeitsmatrizen aufzustellen.

Elemente 1, 3

m00,2c;m00.0c;m0,2c

m0,1b;m0,1b;m00,0b

321

321

)3(21221

)1( Am00,1)cbcb(5,0A

(3)(1) k

sym

k

4,4.

4,04,0

0,400,4

2,18,04,06,2

4,004,00,10,1

8,08,006,106,1

)1(A4

Eh2)1(

(3)(1) SS

125012500250002500

6250062506256250

125001250312531250

Elemente 2,4

;m00,2c;m00,2c;m00,0c

m00,0b;m00,1b;m00,1b

321

321

)4(21221

)2( Am00,1)cbcb(5,0A

(4)(2) k

sym

k

0,4.

0,44,4

04,04,0

08,08,06,1

4,02,18,06,16,2

4,04,0000,10,1

)1(A4

Eh2)2(

(4)(2) SS

012501250250025000

6250625000625625

125012500031253125

Page 273: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-20 11 Scheibenelemente

Die vier Elementsteifigkeitsmatrizen )e(k der Größe [ 66 ] sind nun in die Systemsteifig-

keitsmatrix K der Größe [ 1212 ] einzubauen. Dazu ist der Zusammenhang zwischen den

Freiheitsgraden der Elementknoten und der Systemknoten zu beachten. Während im Element-

knotenverschiebungsvektor zuerst die drei u-Verschiebungen und dann die drei v-

Verschiebungen angeordnet sind, also ]vvvuuu[ 321321(e)Tz werden in den

meisten FE-Programmen die System-Knotenverschiebungen ( ii v,u ) knotenweise aufgelistet

66ii11 vuvuvu Tv

Um eine Verwechslung der Elementknotenverschiebungen mit den Systemknotenverschie-

bungen auszuschließen, erhalten die Systemknotenverschiebungen im Vektor v einen Quer-

strich. Die Zuordnung von Elementknoten zu Systemknoten kann mittels Zuordnungsmatrizen

A(e) erfolgen, die wir bereits bei unserem Beispiel des ebenen Fachwerks kennen gelernt ha-

ben: vAz (e)(e) δvAδz (e)(e) (e)TT(e)T Aδvδz . Die Variation des elasti-

schen Potenzials geht dann über in

0ˆn

1e

)e(n

1e

RvKδvrAvAkAδv (e)T(e)T(e)(e)(e)(e)TT

mit

(e)T(e)(e)

(e)(e)(e)T(e)

rAR

AkA K

Für das Element 1 erhalten wir z.B. die folgende Zuordnungsmatrix A(1), die unmittelbar aus

der Elementdatei hergeleitet werden kann.

1

4

2

1

4

2

6

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

1

3

2

1

3

2

1

v

v

v

u

u

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

000000000010

000010000000

000000001000

000000000001

000001000000

000000000100

v

v

v

u

u

u(1)

(1)

(1)

vA

16 126 112 16

Page 274: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-21

Page 275: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-22 11 Scheibenelemente

Page 276: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-23

Bezeichnet n die Anzahl der Systemknoten, dann haben die Zuordnungsmatrizen A(e) für un-

ser Dreieckelement die Dimension n26 . In jeder Zeile j enthalten die A(j,k) genau eine

Eins. Sonst sind sie mit Nullen besetzt. Eine "1" an der Position (j,k) bedeutet eine Kopplung

des j-ten Elementfreiheitsgrades mit dem k-ten Systemfreiheitsgrad. Bei einer "0" besteht

keine Kopplung. Bilden wir die Matrizenprodukte (e)(e)(e)T AkA , dann erhalten wir die oben

dargestellten Teilmatrizen K(e) (e = 1..4).

Das Aufstellen der Systemsteifigkeitsmatrizen K(e) unter Zuhilfenahme der Zuordnungsmatri-

zen A(e) ist allerdings sehr speicherplatz- und rechenintensiv. Deshalb wird in FE-

Programmen die Berechnung der Systemmatrizen mit Hilfe der A(e) –Matrizen so nicht vorge-

nommen. Wesentlich schneller und eleganter ist das Arbeiten mit Indexvektoren. Dazu wer-

den zunächst die Unbekannten im Systemverschiebungsvektor v in Uj umbenannt und von j =

1..2n durchnumeriert

n21n2j21j221

66ii11

UUUUUU

vuvuvu

Tv

Der Index entspricht dann der Position des Freiheitsgrades im Systemverschiebungsvektor v.

Ungerade Indizes (2j-1) entsprechen den u- Verschiebungen, und gerade Indizes (2j) sind den

v- Verschiebungen zugeordnet. Zur Aufstellung der Element-Indexvektoren benötigen wir

auch hier die Elementdatei. Die Zuordnung von 632 Elementfreiheitsgraden zu 1262

Systemfreiheitsgraden erfolgt beispielhaft für das Element 1

2

8

4

1

7

3

1

4

2

1

4

2

3

2

1

3

2

1

U

U

U

U

U

U

v

v

v

u

u

u

v

v

v

u

u

u

Ausgehend von der entsprechenden Zeile der Elementdatei (hier der 1. Zeile)

142

lässt sich der Indexvektor

284173

leicht aufbauen. Die Indexberechnung ist in der Folgezeile dargestellt

142142 222121212 284173

Sämtliche Informationen für das Element 1, die in der Zuordnungsmatrix A(1) enthalten sind,

sind jetzt auch Bestandteil des Element-Indexvektors.

Page 277: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-24 11 Scheibenelemente

Abb. 11-12 Einordnung des Elementes 1 in die Systemsteifigkeitsmatrix, Indexvektor

m

MN

4.42.10.48.0004.04.00000

2.16.24.06.1008.00.10000

0.44.08.82.10.48.002.18.02.100

8.06.12.18.84.06.12.102.10.200

000.44.04.400002.14.08.0

008.06.106.2002.104.00.1

4.08.002.1004.400.44.000

4.00.12.100006.28.06.100

008.02.102.10.48.08.82.10.44.0

002.10.22.104.06.12.12.58.06.1

00004.04.0000.48.04.42.1

00008.00.1004.06.12.16.2

5.1562K

1212

Gl. 11-58

Die symmetrische Gesamtsteifigkeitsmatrix (Gl. 11-58) erhalten wir durch Addition aller E-

lementsteifigkeitsmatrizen unter Beachtung des Vorfaktors 32)e(

m/MN5.1562)1(A4

Eh

.

Diese Matrix ist singulär (det K = 0), da das System noch kinematisch ist.

Page 278: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-25

Wir kommen nun zum 3.) Schritt, dem Aufbau der Elementlastvektoren und deren Einbau in

den Systembelastungsvektor r. Die Lasten auf Elementebene setzen sich aus den Elementflä-

chenlasten und den Elementrandlasten zusammen. Wir beschäftigen uns zuerst mit der Be-

rechnung der Elementflächenlasten. Das konstante Eigengewicht als volumenhaft verteilte

Belastung, das hier in negativer y-Richtung wirkt, wird zunächst in eine statisch äquivalente

Flächenlast umgerechnet

.konstm/MN0,52,025hpppp 20yy3y2y1

Da die Elementflächen für alle Elemente gleich sind ( 2)e( m1A ), sind nach Gl. 11-47 auch

alle Elementflächenlastvektoren gleich

MN

667.1

667.1

667.1

0

0

0

1

1

1

0

0

0

3

pA

p

p

p

0

0

0

AdA 0y)e(

0y

0y

0y

)e(

A(e)

L0

0LpN (e)(e)T

Die Elementgewichtskraft py0 A(e) wird damit gleichmäßig (jeweils zu 1/3) auf die Element-

knoten verteilt.

Es fehlen noch die Randlasten, die in unserem Beispiel nur beim Element 1 auftreten (Abb.

11-13). Bei diesem Element ist der parallel zur globalen x-Achse liegende Rand 1 ( 01 ) in

negativer y-Richtung belastet (q12,x = q13,x = 0, q12,y = q13,y = -q0). Mit der Lastaufstandslänge

m21 erhalten wir unter Beachtung von Gl. 11-51

MN

0.10

0.10

0

0

0

0

1

1

0

0

0

0

2

q

q2q

qq2

0

q2q

qq2

0

6ds 10

y,13y,12

y,13y,12

x,13x,12

x,13x,12

1

C

(e)

1(e)TqN

Page 279: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-26 11 Scheibenelemente

Abb. 11-13 Elementrandlasten, Element 1 am Rand 1 mit q0 belastet.

Die resultierende Randlast wird also bei konstanter Linienlast jeweils zur Hälfte auf die an-

grenzenden Knoten (hier die Elementknoten 2 und 3) verteilt. Das Einsortieren der Element-

knotenlasten in den Systemlastvektor geschieht wieder vorteilhaft mittels der Indexvektoren.

Wir erhalten z.B. für das Element 1 den resultieren Elementlastvektor aus Flächen- und

Randbelastung zu

667.11

667.11

667.1

0

0

0

0.10

0.10

0

0

0

0

667.1

667.1

667.1

0

0

0

(1)r

Sämtliche Elementknotenlasten sind dann in den Systemknotenlastvektor

121110987654321

y6x6y5x5y4x4y3x3y2x2y1x1T

FFFFFFFFFFFF

FFFFFFFFFFFF

R

einzusortieren, was z.B. unter Beachtung des Indexvektors folgenden Anteil für das Element 1

liefert:

Page 280: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-27

2

8

4

1

7

3

y1

y4

y2

x1

x4

x2

y3

y2

y1

x3

x2

x1

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

und mit den Werten des Beispiels

0

0

0

0

667.11

0

0

0

667.1

0

667.11

0

667.11

667.11

667.1

0

0

0

)1(Rr(1)

Die vollständige rechte Seite ist dann

667.1

0

0.5

0

333.13

0

333.3

0

0.5

0

667.11

0

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

F

4

1e

12

11

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

(e)RR

Mit dem vollständigen Aufbau der rechten Seite liegt dann auch das Gleichungssystem

RvK Gl. 11-59

Page 281: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-28 11 Scheibenelemente

für das ungefesselte System vor. Im 4. Schritt müssen die Randbedingungen berücksichtigt

werden. In unserem Fall sind aufgrund der Einspannung des linken Randes die Systemknoten

1,2,3 in x- und y-Richtung festzuhalten. Die diesen Knoten zugeordneten Verschiebungen

sind damit alle Null. Als Folge der Fesselungen treten nun zusätzlich unbekannte Lagerreakti-

onskräfte auf, die im Lastvektor der rechten Seite erscheinen. Um die Verschiebungsrandbe-

dingungen im Gleichungssystem zu berücksichtigen, wird der Systemverschiebungsvektor in

zwei Anteile zerlegt, in die eingeprägten Knotenverschiebungen (Index !) und die freien Kno-

tenverschiebungen (Index F)

12

11

10

9

8

7

6

6

5

5

4

4

6

5

4

3

2

1

3

3

2

2

1

1

U

U

U

U

U

U

v

u

v

u

v

u

0

0

0

0

0

0

U

U

U

U

U

U

v

u

v

u

v

u

F! vv

Durch Umsortieren gehen der Knotenverschiebungsvektor v und die rechte Seite R dann über

in

12

11

10

9

8

7

U

U

U

U

U

U

0

0

0

0

0

0

ˆF

!

v

vv

12

11

10

9

8

7

R6

R5

R4

R3

R2

R1

R

R

R

R

R

R

R

R

R

R

R

R

ˆF

R

R

RR

und für Gl. 11-59 erhalten wir entsprechend

RvK ˆˆˆ Gl. 11-60

oder

F

R

F

!

22T12

1211

R

R

v

v

KK

KKˆˆ

ˆˆ Gl. 11-61

Ausmultiplizieren von Gl. 11-61 liefert

Page 282: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-29

FF22

!T12

RF12

!11

RvKvK

RvKvK

ˆˆ

ˆˆ Gl. 11-62

In der zweiten Zeile von Gl. 11-62 sind nur die freien Knotenverschiebungen unbekannt. Auf-

lösung liefert unter Beachtung von 0v!

F-122

!T12

F-122

F rKvKrKv ˆˆˆ Gl. 11-63

Sind die freien Knotenverschiebungen aus Gl. 11-63 berechnet worden, dann lassen sich aus

der 1. Zeile von Gl. 11-62 die Lagerreaktionsgrößen ermitteln

F12

F12

!11

R vKvKvKR ˆˆˆ Gl. 11-64

Für unser Beispiel erhalten wir mit

4.400.44.000

06.28.06.100

0.48.08.82.10.44.0

4.06.12.12.58.06.1

000.48.04.42.1

004.06.12.16.2

5.1562ˆ11K

4.08.002.100

4.00.12.1000

008.02.102.1

002.10.22.10

00004.04.0

00008.00.1

5.1562ˆ12K

4.42.10.48.000

2.16.24.06.100

0.44.08.82.10.48.0

8.06.12.18.84.06.1

000.44.04.40

008.06.106.2

5.1562ˆ22K

die freien Knotenverschiebungen

Page 283: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-30 11 Scheibenelemente

]m[

03E403717.11

03E464859.3

03E214196.11

03E118843.0

03E144921.12

03E523655.3

v

u

v

u

v

u

6

6

5

5

4

4

Fv Gl. 11-65

Abb. 11-14 Verformte Lage, stark überhöht

Mit Gl. 11-65 und Gl. 11-64 lassen sich dann die Lagerreaktionsgrößen an den Knoten 1-3

berechnen

]MN[

907.5

313.19

634.12

374.1

459.21

687.20-

R

R

R

R

R

R

y3

x3

y2

x2

y1

x1

RR Gl. 11-66

Im 6. und hier abschließenden Schritt werden aus den Verschiebungen die Elementverzerrun-

gen und Scheibenschnittlasten berechnet. Dazu benutzen wir die Definition der Elementver-

zerrungen

Page 284: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.2 Ein einfaches Dreieckelement 11-31

3

2

1

3

2

1

321321

321

321

)e(

xy

yy

xx

v

v

v

u

u

u

bbbccc

ccc000

000bbb

A2

1

γ

ε

ε(e)(e)(e) zBε

Die Rechnung ergibt exemplarisch für das Element 1 die konstanten Verzerrungen

03E0725.6

0

03E7618.1

0

03E144921.12

0

0

03E523655.3

0

0.10.100.200.2

.200.2000

0000.10.10

12

1

γ

ε

ε

xy

yy

xx(1)ε

und die konstanten Scheibenschnittlasten

18.15

20.2

01.11

03E0725.6

0

03E7618.1

4.000

012.0

02.01

96.0

2.030000hh εDσn (1)

ES(1)(1) [ m/MN ]

Die Richtungen der Hauptlängskräfte ergeben sich aus

45.320.201.11

18.152

nn

n22tan

yyxx

xy1

82.732 1

Die Hauptlängskräfte sind dann

m/MN20,92sinn2cos2

nn

2

nnn

m/MN41,222sinn2cos2

nn

2

nnn

1xy1yyxxyyxx

1xy1yyxxyyxx

An dieser Stelle soll auf eine Besonderheit der FE-Methode hingewiesen werden, die sich auf

die Elementierung des Lösungsgebietes bezieht. Hätten wir statt der Vernetzung nach Abb.

11-11 die in Abb. 11-15 rechts stehende gewählt, dann wären, unter Wahrung des globalen

Gleichgewichts, die Ergebnisse für die Knotenverschiebungen, Reaktionskräfte und die Ele-

mentspannungen anders ausgefallen. Durch die Elementierung wird offensichtlich eine Vor-

zugsrichtung des Tragverhaltens vorgegeben, der einer (allerdings ungewollten) Anisotropie

entspricht. Diesem Modellierungsfehler, der bei Dreiecken auftritt, ist besondere Aufmerk-

samkeit zu widmen. Bei Rechteckelementen tritt dieses Problem nicht auf.

Hinweis: Für eine in der Praxis verwertbare Berechnung müsste das Scheibengebiet feiner

elementiert werden. Das betrifft insbesondere den Bereich der Einspannung.

Page 285: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-32 11 Scheibenelemente

]m[

03E403717.11

03E464859.3

03E214196.11

03E118843.0

03E144921.12

03E523655.3

v

u

v

u

v

u

6

6

5

5

4

4

Fv

]MN[

907.5

313.19

634.12

374.1

459.21

687.20-

R

R

R

R

R

R

y3

x3

y2

x2

y1

x1

RR

]m[

03E131446.11

03E581796.3

03E714964.11

03E037064.0

03E561985.13

03E479884.4

v

u

v

u

v

u

6

6

5

5

4

4

Fv

]MN[

862.10

511.19

858.12

978.0

279.16

489.20-

R

R

R

R

R

R

y3

x3

y2

x2

y1

x1

RR

Abb. 11-15 Mögliche Elementierungen, zugehörige Verschiebungen und Reaktionskräfte

Abb. 11-16 Hauptachsentransformation der Scheibenschnittlasten [MN/m]

Page 286: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.3 Quadratische Ansatzfunktionen im Dreieck 11-33

11.3 Quadratische Ansatzfunktionen im Dreieck Soll die Genauigkeit der Ergebnisse gesteigert werden, dann bestehen dazu wieder zwei Mög-

lichkeiten

1. Feinere Elementierung im Lösungsgebiet

2. Wahl höherer Ansatzfunktionen

Bevor wir uns dem Punkt 2 näher widmen, sind zur Vorbereitung der folgenden Untersu-

chungen noch einige geometrische Vorarbeiten sinnvoll. Wir transformieren zunächst mittels

der linearen Transformation

23113121

23113121

bby)yy()yy(y),(y

ccx)xx()xx(x),(x Gl. 11-67

unter Beachtung von Gl. 11-8 das Dreieck D0 aus der allgemeine Lage in das Einheitsdreieck

DE. Die Kanten 0 und 0 besitzen dann jeweils die Kantenlänge 1. Durch Gl. 11-67

wird jede Gerade im x-y-System wieder in eine Gerade ins System übergeführt. Den

drei Eckpunkten P1(x1,y1), P2(x2,y2), P3(x3,y3) im (x,y) Koordinatensystem entsprechen die

Eckpunkte )1,0(P),0,1(P),0,0(P 321 im Koordinatensystem (, ), wobei zu beachten ist, daß

die drei Eckpunkte nicht auf einer Geraden liegen dürfen, da sonst die Jacobi-Matrix singulär

wird, und eine Transformation nicht möglich ist.

Abb. 11-17 Lineare Transformation

Lösen wir Gl. 11-67 nach ),( auf, dann erhalten wir

Page 287: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-34 11 Scheibenelemente

ycxbaA2

1)yy)(xx()xx)(yy(

A2

1)y,x(

ycxbaA2

1)yy)(xx()xx)(yy(

A2

1)y,x(

333)e(112121)e(

222)e(131113)e(

Gl. 11-68

Das Flächenelement dxdydA transformiert sich mittels der Jacobi-Determinante (s.h. An-

hang) und mit Gl. 11-9

)e(

22

33

1313

1212 A2bc

bc

yyxx

yyxxyx

yx

detJ

J Gl. 11-69

zu

ddA2dddetdxdydA )e(J Gl. 11-70

Der Wert der Jacobi-Determinante entspricht damit der doppelten Dreieckfläche A(e) und ist

bei Beachtung des Umfahrungssinnes im Gegenuhrzeigersinn immer positiv. Die partiellen

Ableitungen der Koordinatenfunktionen ),( sind

)e(

3

)e(

12

)e(

2

)e(

13

)e(

3

)e(

12

)e(

2

)e(

13

A2

c

A2

xx

y;

A2

c

A2

xx

y

A2

b

A2

yy

x;

A2

b

A2

yy

x

Gl. 11-71

Die partiellen Ableitungen sind konstant und hängen nur von der Geometrie des Dreiecks ab.

Abb. 11-18 Pascalsches Dreieck

Wir wählen nun für das Verschiebungsfeld in x-Richtung einen vollständigen quadratischen

Ansatz 2

652

4321 ykxykxkykxkk)y,x(u Gl. 11-72

Page 288: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.3 Quadratische Ansatzfunktionen im Dreieck 11-35

den wir dem Pascalschen Dreieck (Abb. 11-18) entnehmen. Eine vollständige Ansatzfunktion

eines Polynoms zweiten Grades enthält genau 6 Terme mit einer entsprechenden Anzahl von

freien Koeffizienten. Zur eindeutigen Festlegung dieser Koeffizienten müssen genau 6 Kno-

tenwerte vorliegen. Wir ordnen deshalb den Knotenwerten die Werte der Feldfunktionen

u(x,y) und v(x,y) an den 3 Eckpunkten und den drei Mittenknoten zu.

Abb. 11-19 6-Knoten-Dreieckelement, Umfahrungssinn

Aus rechentechnischen Gründen ist es von Vorteil, dieses Dreieck in allgemeiner Lage mittels

der linearen Transformation Gl. 11-67 in ein Einheitsdreieck zu transformieren

Abb. 11-20 Transformation

Setzen wir die Transformationsbeziehungen Gl. 11-67 in Gl. 11-72 ein, dann erhalten wir eine

vollständige quadratische Funktion in den Variablen und

2

652

4321),(u Gl. 11-73

Die 6 Koeffizienten i (i = 1..6) werden aus den Interpolationsbedingungen der quadrati-

schen Funktion Gl. 11-73 im Einheitsdreieck ermittelt. Es muss gelten

Page 289: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-36 11 Scheibenelemente

6631

5654321

4421

3631

2421

11

u25,05,0

u25,025,025,05,05,0

u25,05,0

u

u

u

Gl. 11-74

Gl. 11-74 entspricht in symbolischer Schreibweise dem linearen Gleichungssystem

uAα Gl. 11-75

mit

4

100

2

101

4

1

4

1

4

1

2

1

2

11

004

10

2

11

100101

001011

000001

A Gl. 11-76

und

654321

654321

uuuuuu

T

T

u

α Gl. 11-77

Aufgelöst nach erhalten wir die gesuchten Koeffizienten in Abhängigkeit von den Knoten-

verschiebungen

uAα 1 Gl. 11-78

Die Inverse von A, also

400202

444004

004022

400103

004013

000001

1A Gl. 11-79

Page 290: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11.3 Quadratische Ansatzfunktionen im Dreieck 11-37

enthält offensichtlich nur ganze Zahlen. Setzen wir die soeben ermittelten Koeffizienten i in

den Verschiebungsansatz Gl. 11-73 ein und sortieren nach den Knotenpunktverschiebungen,

dann erhalten wir

665544332211 uNuNuNuNuNuN),(u Gl. 11-80

In Gl. 11-80 sind N1-N6 die quadratischen Formfunktionen im Einheitsdreieck

)1(4),(N

4),(N

)1(4),(N

)12(),(N

)12(),(N

)221)(1(),(N

6

5

4

3

2

1

Gl. 11-81

Die quadratischen Formfunktionen Ni besitzen an den Knoten i den Wert 1 und an allen ver-

bleibenden Knoten jeweils den Wert Null (Abb. 11-21 Formfunktionen N1 und N6.

Abb. 11-21 Formfunktionen N1 und N6

Abb. 11-22 Dreieckkoordinaten im Einheitsdreieck

Page 291: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

11-38 11 Scheibenelemente

Im Einheitsdreieck bestehen zwischen den kartesischen Koordinaten ( , ) und den Dreieck-

koordinaten ( 321 ,, ) besonders einfache Beziehungen, die Abb. 11-22 entnommen werden

können

3

2

1 1

Gl. 11-82

Damit gehen die Formfunktionen über in

316

325

214

333

222

111

4N

4N

4N

)12(N

)12(N

)12(N

Gl. 11-83

wobei in Gl. 11-83 noch 213 1 zu beachten ist. Damit hängen die Formfunktionen

nur noch von 1 und 2 ab. Die Elementverschiebungen u und v interpolieren wir dann ent-

sprechend Gl. 11-21 wie folgt

)e()e(

6

5

4

3

2

1

6

5

4

3

2

1

654321

654321

v

v

v

v

v

v

u

u

u

u

u

u

NNNNNN000000

000000NNNNNNzN

v

uu(e)

Gl. 11-84

Die weitere Vorgehensweise zur Herleitung der Elementmatrizen ist bekannt. Aus Gl. 11-84

werden die Verzerrungen ermittelt, die dann in das Prinzip der virtuellen Verrückungen ein-

gesetzt werden (s.h. Kap. 11.2.1). Aufgrund des quadratischen Verschiebungsansatzes sind

die Verzerrungen auf Elementebene linear verteilt. Da jeder Knoten 2 Freiheitsgrade besitzt,

ist die Elementsteifigkeitsmatrix von der Dimension 1212 .

Page 292: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

Wir betrachten in einem ersten Schritt das 4-Knoten-Element nach Abb. 12-1. Die Knoten-

nummerierung P1 – P4 wurde im Gegenuhrzeigersinn vorgenommen. Die Kanten des Recht-

ecks R0 mit der Breite 2a(e) und der Höhe 2b(e) sollen in der Ausgangslage parallel zu den glo-

balen Koordinatenachsen x und y verlaufen1.

Abb. 12-1 Lineare Transformation

Es sind wieder geometrische Vorarbeiten zu leisten. Zur Vereinfachung der folgenden Unter-

suchungen transformieren wir das Rechteck R0 mittels der Transformation

)e(

S

)e(S

by)(y

ax)(x

dbdy

dadx)e(

)e(

Gl. 12-1

1 was selbstverständlich für kommerzielle FE-Programme eine starke Einschränkung bedeutet

Page 293: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-2 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

in das Grundquadrat QE. Die dimensionslosen Koordinaten

)e(S

)e(S

b

yy;

a

xx

Gl. 12-2

variieren dann im Bereich zwischen 1,1 womit das Grundquadrat die dimensionslo-

se Kantenlänge "2" besitzt. Die Jacobi-Determinante

)e()e()e(

)e(

)e(

A4

1ba

b0

0ayx

yx

detJ

J Gl. 12-3

entspricht einem Viertel der Rechteckfläche A(e). Mit Gl. 12-1 transformiert sich das Flächen-

element

dddetddA4

1dbdadxdydA )e()e()e( J Gl. 12-4

Abb. 12-2 Pascalsches Dreieck, bilinearer Ansatz mit 4 freien Konstanten

Es stellt sich an dieser Stelle wieder die Frage nach geeigneten Ansatzfunktionen für die Zu-

standsgrößen u und v. Jeder Knoten besitzt bei Scheibenproblemen mit den Knotenverschie-

bungen u und v genau zwei Freiheitsgrade, bei 4 Knoten sind das auf Elementebene insge-

samt 8 Freiheitsgrade. In einem Polynomansatz für eine der Verschiebungskomponenten

müssten deshalb 4 Freiwerte vorhanden sein. Ein Blick auf das Pascalsche Dreieck zeigt je-

doch, dass ein vollständiger linearer Ansatz nur drei und ein vollständig quadratischer Ansatz

bereits 6 Freiwerte besitzt. Um auf die erforderlichen vier Koeffizienten zu kommen, wählen

wir deshalb im Grundquadrat QE für die Verschiebungsfelder u und v die identischen bilinea-

ren Ansätze

4321

4321

),(v

),(u Gl. 12-5

Page 294: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix 12-3

Diese Ansätze enthalten lediglich den vollständigen linearen Ansatz mit dem gemischten Zu-

satzterm . Längs der Koordinatenlinien .konst, verlaufen die Verschiebungen linear,

womit C0-Stetigkeit längs der Ränder gesichert ist.

Wir beschäftigen uns im Folgenden nur mit der Verschiebung u(). Für das Verschiebungs-

feld ),(v gelten identische Ergebnisse. Die 4 Koeffizienten i (i = 1..4) werden aus den

Interpolationsbedingungen der bilinearen Funktion Gl. 12-5 im Grundquadrat ermittelt. Für

die vier Eckpunkte muss gelten

44321

34321

24321

14321

u

u

u

u

Gl. 12-6

Gl. 12-6 entspricht in symbolischer Schreibweise dem linearen Gleichungssystem

uAα Gl. 12-7

mit

1111

1111

1111

1111

A Gl. 12-8

und

4321

4321

uuuu

T

T

u

α Gl. 12-9

Aufgelöst nach erhalten wir die gesuchten Koeffizienten in Abhängigkeit von den Knoten-

verschiebungen

uAα 1 Gl. 12-10

mit der Inverse

1111

1111

1111

1111

4

1-1A Gl. 12-11

Setzen wir die Koeffizienten i in den Verschiebungsansatz Gl. 12-5 ein und sortieren nach

den Knotenpunktverschiebungen, dann erhalten wir die Darstellung

44332211 u),(Nu),(Nu),(Nu),(N),(u Gl. 12-12

Page 295: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-4 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

In Gl. 12-12 sind N1-N4 die bilinearen Formfunktionen im Grundquadrat

)1)(1(4

1),(N

)1)(1(4

1),(N

)1)(1(4

1),(N

)1)(1(4

1),(N

4

3

2

1

Gl. 12-13

Hinweis: Die obigen Formfunktionen lassen sich als Produkte der Lagrangeschen1 Interpola-

tionspolynome 1. Grades in bzw. darstellen (s.h. Anhang).

Abb. 12-3 Formfunktion N1

Die Formfunktionen Ni besitzen an den Knoten i jeweils den Wert 1, an den übrigen Knoten

verschwinden sie (Abb. 12-3). Innerhalb des Elementes werden die Verschiebungen dann wie

folgt interpoliert

(e)(e)(e) zNu

4

3

2

1

4

3

2

1

4321

4321

v

v

v

v

u

u

u

u

NNNN0000

0000NNNN

),v(

),u( Gl. 12-14

Die Matrix N(e) der Formfunktionen können wir noch etwas kompakter schreiben, wenn wir

mit

1 Joseph Louis de, eigtl. Giuseppe Ludovico Lagrangia, frz. Mathematiker und Physiker italien. Herkunft, 1736-1813

Page 296: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix 12-5

),(N),(N),(N),(N),( 4321 T(e)f Gl. 12-15

den Vektor der Formfunktionen einführen. Dann erhalten wir

]82[

T(e)T

TT(e)(e)

f0

0fN

Gl. 12-16

12.1 Die Elementsteifigkeitsmatrix Um die Formänderungsenergie berechnen zu können, benötigen wir die Verzerrungen

x

v

y

u

y

v

x

uγεε xyyyxx

T(e)ε Gl. 12-17

Mit den Differenziationsregeln

d

d

b

1

dy

d;

d

d

a

1

dx

d)e()e(

Gl. 12-18

erhalten wir folgende Ableitungen

4

1ii,i)e(

4

1iiy,i

4

1ii,i)e(

4

1iix,i

4

1ii,i)e(

4

1iiy,i

4

1ii,i)e(

4

1iix,i

vNb

1vN

y

v

vNa

1vN

x

v

uNb

1uN

y

u

uNa

1uN

x

u

Gl. 12-19

Hinweis: Die in den obigen Gleichungen mit einem Komma abgetrennten Indizes oder

bedeuten hier die partiellen Ableitungen nach einer der Variablen.

Unter Beachtung von Gl. 12-19 lassen sich die Verzerrungen durch die Knotenverschiebun-

gen ausdrücken.

Page 297: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-6 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

(e)(e)(e)

ξ,T(e)

η,T(e)

η,T(e)T

Tξ,

T(e)

(e) zBz

ff

f0

0f

ε

(e)(e)

(e)

(e)

xy

yy

xx

a

1

b

1b

1a

1

γ

ε

ε

]83[

Gl. 12-20

mit

)1(11)1()1()1()1()1(

)1()1()1()1(0000

0000)1(11)1(

a4

1

)e()e()e()e(

)e()e()e()e((e)B

Gl. 12-21

sowie )e(

)e()e(

b

a und damit

1

1

1

1

)e(

A

dd4

hAdAh

)e(

(e)ES

T(e)(e)ES

T(e)(e) BDBBDBk Gl. 12-22

Beachten wir die Materialmatrix des ebenen Spannungszustandes

s

xxy

xyx

2

D00

0DD

0DD

2

ν100

01ν

0ν1

ν1

EESD Gl. 12-23

dann ist der Integrand in Gl. 12-22

,,)e(

,,

,,,,)e(

s

,,

,,

xy

,,)e(

,,)e(

x

)e(

1D

D

1

D

A

4

(e)T(e)(e)T(e)

(e)T(e)(e)T(e)

(e)T(e)

(e)T(e)

(e)T(e)

(e)T(e)

(e)ES

T(e)

ffff

ffff

0ff

ff0

ff0

0ff

BDB Gl. 12-24

mit )e()e()e( ba4A . Im Integranden Gl. 12-24 treten nur Funktionen auf, deren Variablen

getrennt sind. Damit zerfällt das Zweifachintegral in das Produkt zweier Einfachintegrale. Das

Auswerten der Integrale liefert nach Gl. 12-22 die Elementsteifigkeitsmatrix

Page 298: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.2 Der Elementvektor aus Flächenlasten 12-7

(e)11

(e)12

(e)T12

(e)22

(e)T12

(e)12

(e)22

(e)11

(e)

kk

kk

0k

k0

k0

0kk

)e(

)e(

sxy)e(

)e(

x 1DD

1

Dh

1 Gl. 12-25

Die symmetrische Steifigkeitsmatrix hat die Dimension [ 88 ]. Zur Abkürzung wurden in Gl.

12-25 die [ 44 ] Untermatrizen

2211

2211

1122

1122

6

1(e)11k

2112

1221

1221

2112

6

1(e)22k

1111

1111

1111

1111

4

1(e)12k

eingeführt.

Die Arbeit der äußeren Kräfte wird gebildet aus flächenhaft verteilten Kräften

)y,x(p

)y,x(p

y

x(e)p Gl. 12-26

die positiv sind, wenn sie in Richtung der globalen Koordinaten zeigen, sowie an den Außen-

rändern des Elementes wirkende linienhaft verteilte Randkräfte

)s(q

)s(q

y

x(e)q Gl. 12-27

Wirken auf die Konstruktion zusätzlich Einzellasten, dann sind diese statisch äquivalent unter

Berücksichtigung der Ansatzfunktionen auf die Knoten zu verteilen.

12.2 Der Elementvektor aus Flächenlasten Die Elementflächenlasten interpolieren wir mit den gleichen Formfunktionen wie den Ver-

schiebungszustand selbst, also

Page 299: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-8 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

4y

3y

2y

1y

4x

3x

2x

1x

4321

4321

y

x

p

p

p

p

p

p

p

p

NNNN0000

0000NNNN

)y,x(p

)y,x(p(e)(e)(e) pNp Gl. 12-28

Abb. 12-4 Knotenwerte bilinearer Flächenlasten

Die Werte pxi bzw. pyi sind die Eckwerte der Flächenlasten px(x,y) und py(x,y) an den Knoten

i = 1 .. 4, die mittels der Interpolationsfunktionen Ni bilinear im Gebiet des Elementes inter-

poliert werden (Abb. 12-4). Der Elementlastvektor aus Flächenlasten ist dann

4y

3y

2y

1y

4x

3x

2x

1x

)e(

A

p

p

p

p

p

p

p

p

AdA(e) L0

0LpN (e)(e)T Gl. 12-29

wobei zur Abkürzung die symmetrische Matrix

4212

2421

1242

2124

36

1L Gl. 12-30

Page 300: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.3 Der Elementvektor aus Randlasten 12-9

eingeführt wurde. Im Falle des Eigengewichtes ist z.B. mit hpp 00yi (i = 1..4) nur eine

konstante Flächenlast p0 in negativer y-Richtung vorhanden (h: Scheibendicke). Auf jeden

Knoten entfällt dann

1

1

1

1

4

Ap

1

1

1

1

4212

2421

1242

2124

36

Ap

1

1

1

1

Ap

p

p

p

p

AdA)e(

0)e(

0)e(0

4y

3y

2y

1y

)e(

A(e)

LLpN (e)(e)T Gl. 12-31

ein Viertel der gesamten Flächenlast, was auch sofort einleuchtet.

12.3 Der Elementvektor aus Randlasten

Wirken auf das Rechteckelement äußere Randlasten, dann sind diese Lasten eindeutig einem

Rand zuzuordnen. Zur Beschreibung der Topologie eines Rechteckelementes ist neben der

Zuordnung der Knoten zu einem Viereck zusätzlich die Zuordnung von Knoten zu einem

Rand in einer Randdatei erforderlich.

Rand Anfangsknoten Endknoten 1 1 2 2 2 3 3 3 4 4 4 1

Tabelle 12-1 Zuordnung der Knoten zu den Rändern

Die Reihenfolge der Randnummerierung Ri (i = 1..4) erfolgt vereinbarungsgemäß gegen den

Uhrzeigersinn. Die Wahl des ersten Randes ist beliebig und wird hier bei 1 vorgenom-

men.

Abb. 12-5 Bezeichnung der Ränder

Page 301: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-10 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

In Tabelle 12-1 ist mit der Wahl des Anfangs- u. Endknotens die Orientierung des Randes

festgelegt. Längs eines Randes i (i = 1..4) wirken in globaler x- und y- Richtung die Linien-

lasten (e)iq .

Abb. 12-6 Linear verteilte Randbelastung am Rand R3 ( = 1)

Am Rand R3 ( 1 ) ist das z.B. die Randlast

(e)

(e)3q

)1,(q

)1,(q

y3

x3 Gl. 12-32

Mit den Knotenlasten (q33,x; q33,y) am Knoten 3 und (q34,x; q34,y) am Knoten 4 werden auch die

Randlasten, in Anlehnung an die Verschiebungen, längs des Randes linear interpoliert. Am

Rand R3 ( 1 ) verbleiben vom Satz der Formfunktionen mit 0NN 21 nur

)1(2

1N

)1(2

1N

4

3

Gl. 12-33

und die Interpolationsvorschrift liefert

(e)

(e

(e)3q

y,34y,33

x,34x,33

)

y,34

y,33

x,34

x,33

43

43

q)1(q)1(

q)1(q)1(

2

1

q

q

q

q

NN00

00NN Gl. 12-34

Der Elementvektor aus Randlasten ist dann mit dds

Page 302: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.4 Die Scheibenschnittlasten 12-11

dq)1(q)1(

q)1(q)1(

2

1

N0

N0

00

00

0N

0N

00

00

adsC y,34y,33

x,34x,331

1

4

3

4

3

)e(

(e)

(e)3

(e)TqN

Die Integration liefert

y,34y,33

y,34y,33

x,34x,33

x,34x,33

)e(

C

q2q

qq2

0

0

q2q

qq2

0

0

3

ads(e)

3(e)TqN Gl. 12-35

Im Falle konstanter Linienlasten x,30x,34x,33 qqq und y,30y,34y,33 qqq entfallen auf die

betreffenden Knoten mit

y,30

y,30

x,30

x,30

)e(

C

q

q

0

0

q

q

0

0

ads(e)3

(e)TqN Gl. 12-36

jeweils die Hälfte (Randlänge des Randes 3 ist 2a(e)) der resultierenden Linienlast. Entspre-

chende Ausdrücke lassen sich für die verbleibenden Ränder herleiten.

12.4 Die Scheibenschnittlasten Die Schnittlasten selbst ergeben sich wie beim Dreieckelement zu

(e)(e)(e)(e)

ES(e)

ES(e)(e) zSzBDεDσn hhh )e( Gl. 12-37

Page 303: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-12 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

mit der nun von den lokalen Koordinaten und abhängigen Schnittkraftmatrix

)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D

)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D

)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D)1(D

a4

h

SSSS)e(

S)e(

S)e(

S)e(

S

)e(x

)e(x

)e(x

)e(xxyxyxyxy

)e(xy

)e(xy

)e(xy

)e(xyxxxx

(e)S

Die Auswertung der Schnittlastmatrix in Elementmitte ( = = 0) ergibt

SSSS)e(

S)e(

S)e(

S)e(

S

)e(x

)e(x

)e(x

)e(xxyxyxyxy

)e(xy

)e(xy

)e(xy

)e(xyxxxx

DDDDDDDD

DDDDDDDD

DDDDDDDD

a4

h)0,0((e)S

Beispiel 12-1:

Wir erläutern die weitere Vorgehensweise am Beispiel der Stahlbetonscheibe nach Abb. 12-7.

Die Scheibe hat die einheitliche Dicke cm10h . Sie ist links eingespannt (Kragscheibe). Die

Belastung besteht aus dem Eigengewicht ( 3m/MN5,2 ) und einer konstanten Linienlast

m/MN1q0 am oberen Rand. Das Eigengewicht und die Randlasten wirken in negativer y-

Richtung.

Abb. 12-7 Stahlbetonscheibe

Um bei der folgenden Handrechnung mit erträglichem Rechenaufwand auszukommen, ele-

mentieren wir die Scheibe entsprechend Abb. 12-8 lediglich durch zwei identische Rechteck-

elemente. Die Elementsteifigkeitsmatrix und die Elementlastvektoren müssen dann jeweils

nur für ein Element berechnet werden.

Page 304: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.4 Die Scheibenschnittlasten 12-13

Abb. 12-8 Elementierung der Scheibe, 2 gleiche Rechteckelemente, globale Knotennummerierung

Knotennummer x-Koordinate [m] y-Koordinate [m] 1 0,0 2,0 2 0,0 0,0 3 2,5 2,0 4 2,5 0,0 5 5,0 2,0 6 5,0 0,0

Tabelle 12-2 Knotendatei

Elementnummer Knoten 1 Knoten 2 Knoten 3 Knoten 4 1 2 4 3 1 2 4 6 5 3

Tabelle 12-3 Elementdatei

Elementsteifigkeitsmatrizen

Für den ebenen Spannungszustand ist nach Gl. 12-23 ( 2,0,m/MN30000E 2 )

s

xxy

xyx2

2

D00

0DD

0DD

]m/MN[

1250000

0312506250

0625031250

2

ν100

01ν

0ν1

ν1

EESD

2

x m/MN31250D ; 2xy m/MN6250D ; 2

S m/MN12500D

m00,1bb;m25,1aa )2()1()2()1( ; 25,1m00,1

m25,1)2()1(

Mit Gl. 12-25 folgen die symmetrischen Elementsteifigkeitsmatrizen

Page 305: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-14 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

41,1635

71,31741,1635

71,817-41,1135-41,1635

41,1135-71,817-71,31741,1635

75,468-25.15675.46825,156-17,1354

25,156-75,46825,15675,468-92,572-17,1354

75,46825,156-75,468-25,15608,677-17,104-17,1354

25,15675,468-25,156-75,46817,104-084,677-92,572-17,1354

)2()1(

sym.

kk

Die Elementlastvektoren für die konstante Flächenlast infolge Eigengewicht in y-Richtung

ermitteln wir nach Gl. 12-31 unter Beachtung von 20 m/MN25,0hp zu

]MN[

3125,0

3125,0

3125,0

3125,0

0

0

0

0

1

1

1

1

0

0

0

0

4

pA

p

p

p

p

0

0

0

0

AdA 0y)e(

0y

0y

0y

0y

)e(

A(e)

L0

0LpN (e)(e)T

Auch die Linienlast hat nur Anteile in (negativer) y-Richtung. Mit q0 = -1 MN/m am oberen

Rand entfällt mit Gl. 12-36 auf die Elementknoten 3 und 4 in y-Richtung der Anteil

]MN[

25,1

25,1

0

0

0

0

0

0

1

1

0

0

0

0

0

0

aq

q

q

0

0

q

q

0

0

ads )e(0

y,30

y,30

x,30

x,30

)e(

C

(e)3

(e)TqN

Die Transformation der lokalen Elementknotenverschiebungen in globale Systemknotenver-

schiebungen erfolgt mittels der Zuordnungsmatrizen A(e).

Page 306: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.4 Die Scheibenschnittlasten 12-15

vA(1)

6

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

1

)1()1(

4

3

2

1

4

3

2

1

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

000000000010

000000100000

000010000000

000000001000

000000000001

000000010000

000001000000

000000000100

v

v

v

v

u

u

u

u

vA(2)

6

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

1

)2()2(

4

3

2

1

4

3

2

1

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

000000100000

001000000000

100000000000

000010000000

000000010000

000100000000

010000000000

000001000000

v

v

v

v

u

u

u

u

Die Systemsteifigkeitsmatrix (2)(2)(2)T(1)(1)(1)T(2)(1) AkAAkAKKK ist von der Grö-

ßenordnung [12 x 12]. Der Einbau der Elementsteifigkeitsmatrizen in die Systemsteifigkeits-

matrix erfolgt mittels der Zuordnungsmatrizen A(1) und A(2). Das Ergebnis ist

42.1635.

75.468-17.1354

42.1135-25.156-42.1635

25.15617.104-75.46817.1354

71.31725.15671.817-75.468-84.3270

25.156-92.572-75.468-08.677-034.2708

71.817-75.46871.31725.156-84.2270-084.3270

75.46808.677-25.15692.572-033.208-034.2708

0000708.31725.15671.817-75.468-42.1635

0000250.156-92.572-75.468-08.677-75.46817.1354

0000708.817-75.46871.31725.156-42.1135-25.15642.1635

000075.46808.677-25.15692.572-25.156-17.104-75.468-17.1354

sym

K

Im Folgenden werden für die Flächenlasten und die Randlasten die Elementlastvektoren zu-

sammengestellt.

Page 307: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-16 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

]MN[

3125-.

0

3125-.

0

6250-.

0

6250-.

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

0

0

0

0

0

0

0

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

3125-.

0

γR

]MN[

0

0

25.1-

0

0

0

50,2-

0

0

0

25,1-

0

0

0

25,1-

0

0

0

25,1-

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

25,1-

0

0

0

25,1-

0

p0R

Systemlastvektor aus Flächenlasten (Eigengewicht) Systemlastvektor aus Randlasten

Resultierender Systemlastvektor ergibt sich durch Summation aus dem Eigengewichtsanteil

und der Linienlast zu

]MN[

3125-.

0

5625.1-

0

6250-.

0

1250.3-

0

3125-.

0

5625.1-

0

p0γ RRR

Mit der vollständigen rechten Seite und der Systemsteifigkeitsmatrix liegt dann das Glei-

chungssystem RvK vor, allerdings sind noch die Randbedingungen an den Knoten 1 und

2 zu berücksichtigen. Wir verzichten in diesem Beispiel auf den Einbau der Randbedingungen

und geben sofort die Lösung an:

]m[

1e-419559-.

1e-102434-.

1e-422615-.

1e-105220.

1e-162382-.

2e-860193-.

1e-166425-.

2e-870303.

0

0

0

0

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

v

u

6

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

1

v

Page 308: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12.4 Die Scheibenschnittlasten 12-17

Abb. 12-9 Beispiel 12-1, Verformte Struktur

Die Auflagerreaktionskräfte errechnen sich zu

]MN[

1e33387.0

1e93750.0

1e41613.0

1e93749.0

R

R

R

R

y2

x2

y1

x1

RR

Um die Ergebnisse der Vertikalverschiebung hinsichtlich der Größenordnung zu überprüfen,

bietet sich eine Vergleichsrechnung nach der Balkentheorie an. Das für die Gültigkeit dieser

Theorie erforderliche Verhältnis von Balkenhöhe h zu Balkenlänge von 10/1h wird

hier jedoch nicht erreicht. Um die Lösung für den querbelasteten Träger nutzen zu können,

wird die Last aus Eigengewicht in eine statisch äquivalente Linienlast umgerechnet. Wir er-

halten m/MN5,00,21,05,20,2hq und damit in der Summe

m/MN5,1qqq 0 . Das Flächenträgheitsmoment ist 43yy m0667,012/21,0I . Für

den eingespannten Balken gilt: m05856,00667,0300008

55,1

EI8

qw

4

yy

40

max

, eine Lösung,

die in der Umgebung der Vertikalverschiebungen der Knoten 5 und 6 nach der Scheibentheo-

rie liegt. Allerdings wurde in unserem Beispiel aus rechentechnischen Gründen die Scheibe

mit nur zwei Elementen recht grob elementiert.

Wir wollen uns noch etwas näher mit dem Lösungsverhalten des Rechteckelementes beschäf-

tigen. Dazu ermitteln wir aus Gl. 12-19 die Dehnungen

4321)e(yy

4321)e(xx

v1v1v1v1b4

1

y

v

u1u1u1u1a4

1

x

u

und die Gleitung

4321)e(

4321)e(xy

v1v1v1v1a4

1

u1u1u1u1b4

1

x

v

y

u

Page 309: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

12-18 12 Ein einfaches Rechteckelement für die Scheibe

die offensichtlich lineare Funktionen in bzw. sind. Die Dehnung xx ist in x-Richtung

konstant und in y-Richtung linear veränderlich. Analoges gilt für die Dehnung yy.

Abb. 12-10 Verschiebungszustand u3 = 1

Zum Beispiel erhalten wir für den speziellen Verschiebungszustand nach Abb. 12-10 mit

]LE[1u3 :

)1)(1(4

1uN),(u 33 ; )1(

a4

1)e(xx ; 0yy ; )1(

b4

1)e(xy .

Hinweis: Scheibenelemente mit einem bilinearen Verschiebungsansatz zeigen in beiden Rich-

tungen Unstetigkeiten in den Dehnungen und Gleitungen und damit auch im Schnittkraftver-

lauf. Um hier zu einer akzeptablen Lösung zu kommen, ist eine feine Elementierung unab-

dingbar. Um in beiden Richtungen linear veränderliche Schnittkraftverläufe zu erhalten, ist

ein vollständiger quadratischer Verschiebungsansatz erforderlich.

Abb. 12-11 Unstetigkeiten in der Schnittlast nxx bei einem bilinearen Verschiebungsansatz

Page 310: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

Mathematischer Anhang

Page 311: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-2 A Nummerische Integration

A Nummerische Integration

Abb. A-1 Exakte Integration eines Polynoms 7. Grades nach a) Newton-Cotes, b) Gauß

Bei der Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrix und des Elementlastvektors für Stabtrag-

werke mußten Einfachintegrale gelöst werden. Die Integration erstreckte sich dabei in beiden

Fällen über die Elementlänge )e( . Die dort auftretenden Integrale können jedoch schon recht

kompliziert werden, insbesondere bei Elementen mit höherwertigen Ansätzen. In der FE-

Methode werden deshalb die Integrationen nahezu ausnahmslos nummerisch durchgeführt.

Um die Rechenzeiten gering zu halten, sind schnelle Integrationsalgorithmen erforderlich. Die

bekanntesten Verfahren zur nummerischen Integration sind das Gaußsche Integrationsver-

fahren und die Newton-Cotes-Quadratur, wobei sich das Gaußsche Integrationsverfahren

bei FE-Anwendungen durchgesetzt hat. Ohne auf die Herleitung des Verfahrens näher einzu-

gehen, wird hier nur die Gauß-Quadraturformel angegeben. Die Aufgabe besteht darin, das

bestimmte Integral

Page 312: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-3

b

a

dt)t(fI Gl. A-1

nummerisch auszuwerten. In einem ersten Schritt wird durch die lineare Transformation

bax)ab(2

1t ]1,1[t Gl. A-2

das Intervall ]b,a[t auf das normierte Intervall ]1,1[x transformiert. Gl. A-1 geht dann

über in

1

1

b

a

dx2

bax

2

abf

2

abdt)t(fI Gl. A-3

Da in einer nummerischen Integrationsformel nur endlich viele Funktionswerte vorkommen

sollen, hat die nummerische Integrationsformel die Darstellung

nn

b

a

RQdt)t(fI Gl. A-4

In der Quadraturformel

)n..1i(tfw2

ab

2

bax

2

abfw

2

abQ

n

1iii

n

1iiin

Gl. A-5

mit

)n..1i(2

bax

2

abt ii

Gl. A-6

sind zunächst die Stützstellen xi und Gewichte wi unbekannt, die so gewählt werden, dass

das Restglied Rn möglichst klein wird. Die Stützstellen xi können aus den i-ten Nullstellen

der Legendre1-Polynome Pn(x) ermittelt werden, die auch einfache Kugelfunktionen genannt

werden. Unter Beachtung von P0 = 1 und P1 = x lassen sich die Kugelfunktionen Pn rekursiv2

aus

n1n1n Px1n2nPP)1n( Gl. A-7

berechnen. Für n = 1 erhalten wir z.B.:

1 Adrien-Marie Legendre, franz. Mathematiker, 1742-1833 2 spätl. ›zurücklaufen‹

Page 313: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-4 A Nummerische Integration

2

1x

2

3PxP3

2

1PxP3PP2 2

012102

Die Nullstellen von 2

1x

2

3P 2

2 sind 33

1x1 und 3

3

1x2 .

Abb. A-2 Legendresche Kugelfunktionen Pn(x)

Es kann gezeigt werden, dass sämtliche Nullstellen reell sind und im Intervall 1x1 lie-

gen. An der Stelle x = 1 haben alle Kugelfunktionen den Wert 1.

n Pn

nP Nullstellen Gewichte wi Restglied Rn

1 x 1 0x1 2 )x(f3

2

33

1x1 1w1

2 1x32

1 2 x3

33

1x2 1w2

)x(f135

1 IV

155

1x1

9

5w1

0x2 9

8w2 3 x3x5

2

1 3 2

3x

2

15 2

155

1x3

9

5w3

)x(f15750

1 VI

Tabelle A-1 Geschlossene Lösungen für die Stützstellen und Gewichte der Gauß-Quadratur

In der FE-Methode werden diese Nullstellen als Gauß-Punkte bezeichnet. Die große Bedeu-

tung der Gaußschen Quadraturformel für die FE-Methode liegt in der Tatsache begründet,

dass sie mit kleinster Anzahl von Stützstellen höchste Genauigkeit erzielt. So wird bei Ver-

wendung von n Stützstellen noch ein Polynom vom Grade 2n-1 exakt integriert. Um z.B. ein

Page 314: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-5

Polynom 7. Grades exakt zu integrieren, werden bei Verwendung der Newton-Cotes-Formel

acht und bei Gauß lediglich vier Stützstellen benötigt. Das reduziert bei einer großen Anzahl

von finiten Elementen die Rechenzeit erheblich. Die Gewichte wi ergeben sich aus der Be-

rechnungsvorschrift

2in

2i

i)]x('P[)x1(

2w

Gl. A-8

In Tabelle A-2 sind die Stützstellen xi und die zugehörigen Gewichte wi bis n = 8 angegeben.

ix n wi

n = 1

0 2.00000 00000 00000

n = 2

0.57735 02691 89626 1.00000 00000 00000

n = 3

0.77459 66692 41483 0.55555 55555 55556

0.00000 00000 00000 0.88888 88888 88889

n = 4

0.86113 63115 94053 0.34785 48451 37454

0.33998 10435 84856 0.65214 51548 62546

n = 5

0.00000 00000 00000 0.56888 88888 88889

0.53846 93101 05683 0.47862 86704 99366

0.90617 98459 38664 0.23692 68850 56189

n = 6

0.23861 91860 83197 0.46791 39345 72691

0.66120 93864 66256 0.36076 15730 48139

0.93246 95142 03152 0.17132 44923 79170

n = 7

0.00000 00000 00000 0.41795 91836 73469

0.40584 51513 77397 0.38183 00505 05119

0.74153 11855 99394 0.27970 53914 89277

0.94910 79123 42759 0.12948 49661 68870

n = 8

0.18343 46424 95650 0.36268 37833 78362

0.52553 24099 16329 0.31370 66458 77887

0.79666 64774 13627 0.22238 10344 53374

0.96028 98564 97536 0.10122 85362 90376

Tabelle A-2 Stützstellen xi und Gewichtsfaktoren wi für die Gauß-Integration (n = 1 bis 8)

Page 315: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-6 A Nummerische Integration

Beispiel A-1

Um den hohen Genauigkeitsgrad der Gaußschen Quadraturformel zu dokumentieren, soll das

Integral dttsineI1t

0t

t

mit 15-stelligen Werten für die Stützstellen und Gewichte berech-

net werden. Die exakte Lösung ist:

064603953520151.0e)1(

)e1(I 2

.

Die transformierten Stützstellen ergeben sich aus Gl. A-6:

)n..1i(1x2

1

2

bax

2

abt iii

Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

n Qn Fehler [Iex - Qn]

1 1.21306131942527 -0.818E+00

2 0.389419313184207 0.593E-02

3 0.395269764820483 0.823E-04

4 0.395355418276976 -0.340E-05

5 0.395351980576427 0.345E-07

6 0.395352015262665 -0.156E-09

7 0.395352015106183 0.277E-12

Tabelle A-3 Gauß-Quadratur

Beispiel A-2:

Wir betrachten im Folgenden den Dehnstab mit zwei Elementen gleicher Länge und quadrati-

schem Verschiebungsansatz (Abb. A-3), den wir bereits im Kapitel 9 untersuchten. Die Koef-

fizienten der Steifigkeitsmatrizen und der Elementlastvektoren sollen nun mit Hilfe der Gauß-

schen Integrationsformel bestimmt werden.

Page 316: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-7

Abb. A-3 Elementierung eines Dehnstabes, 2 Elemente gleicher Länge (quadratischer Ansatz)

Für die Elementsteifigkeitsmatrix galt

1

0

)e()e((e)T)e(

0

)e()e()e()e()e()e((e)T)e( d)(A)(E)(dx)x(A)x(E)x(

)e(

BBBBk

Gl. A-9

Mit

321(e)(e)(e) B

~B~

B~1

14,84,341

)(

B

sowie

34)(B~

1 , 84)(B~

2 , 14)(B~

3

liefert das Ausmultiplizieren des Integranden in Gl. A-9

)e(33

)e(23

)e(22

)e(13

)e(12

)e(111

033

3222

312111

)e(

)e(

1

0

)e()e((e)T)e(

k

kk

kkk

d

AB~

B~

.symm

AB~

B~

AB~

B~

AB~

B~

AB~

B~

AB~

B~

E

d)(A)(E)(

sym.

BBk (e)

Gl. A-10

Page 317: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-8 A Nummerische Integration

Abb. A-4 Koordinatentransformation

Zwischen den normierten Elementkoordinaten ( 10 ) und den normierten Koordinaten

x ( 1x1 ) der Gauß-Integration besteht folgender Zusammenhang (Abb. A-4)

x12

1 dx

2

1d Gl. A-11

Damit ergeben sich die Koeffizienten der Steifigkeitsmatrix zu

dxAB~

B~

2

Ed)(A)(B

~)(B

~Ek

1

1

ji)e(

)e(1

0

ji)e(

)e()e(

ij

(i, j = 1..3) Gl. A-12

Die Integranden AB~

B~

ji sind Polynome 3. Grades, die bei Verwendung einer Gauß-

Integration mit 2 Stützstellen (n = 2) exakt integriert werden. Nach Tabelle A-2 und unter

Beachtung der Transformationsbeziehung Gl. A-11 erhalten wir die Lage der Stützstellen im

lokalen Element-Koordinatensystem zu

78868,0)57735,01(2

1)x1(

2

1

21135,0)57735,01(2

1)x1(

2

1

22

11

An diesen Stellen sind die Integranden auszuwerten und dann mit den entsprechenden Ge-

wichten (hier w = 1) zu versehen.

Element 1: ( 2)1( cm/kN3000E , cm50)1( , 5,410A )

1

1

)1(11

1

1)1(

)1(1

1

11)1(

)1()1(

11 dx)(fdx5,41034342

EAdxB

~B~

2

Ek

1

1

)1(12

1

1)1(

)1(1

1

21)1(

)1()1(

12 dx)(fdx5,41084342

EAdxB

~B~

2

Ek

Page 318: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-9

1

1

)1(13

1

1)1(

)1(1

1

31)1(

)1()1(

13 dx)(fdx5,41014342

EAdxB

~B~

2

Ek

1

1

)1(22

1

1)1(

)1(1

1

22)1(

)1()1(

22 dx)(fdx5,41084842

EAdxB

~B~

2

Ek

1

1

)1(23

1

1)1(

)1(1

1

32)1(

)1()1(

23 dx)(fdx5,41014842

EAdxB

~B~

2

Ek

1

1

)1(33

1

1)1(

)1(1

1

33)1(

)1()1(

33 dx)(fdx5,41014142

EAdxB

~B~

2

Ek

Element 2: ( 2)2( cm/kN3000E , cm50)2( , 5,45,5A )

1

1

)2(11

1

1)2(

)2()2(

11 dx)(fdx5,45,534342

Ek

1

1

)2(12

1

1)2(

)2()2(

12 dx)(fdx5,45,584342

Ek

1

1

)2(13

1

1)2(

)2()2(

13 dx)(fdx5,45,514342

Ek

1

1

)2(22

1

1)2(

)2()2(

22 dx)(fdx5,45,584842

Ek

1

1

)2(23

1

1)2(

)2()2(

23 dx)(fdx5,45,514842

Ek

1

1

)2(33

1

1)2(

)2()2(

33 dx)(fd5,45,514142

Ek

)1(

ijf )21135,0(f 1)1(

ij )78868,0(f 2)1(

ij )(f)(f 2)1(

ij1)1(

ij

5,410342

Ef 2

)1(

)1()1(

11

1260,368419 4,631582293 1265,00000

5,41084342

Ef

)1(

)1()1(

12

-1350,858800 -69,14120151 -1420,00000

5,41014342

Ef

)1(

)1()1(

13

90,49038134 64,50961921 155,00000

5,410842

Ef 2

)1(

)1()1(

22

1447,846099 1032,153904 2480,00000

5,41014842

Ef

)1(

)1()1(

23

-96,98729844 -963,0127025 -1060,00000

5,410142

Ef 2

)1(

)1()1(

33

6,496917088 898,5030834 905,00000

Tabelle A-4 Steifigkeitsmatrix nach Gauß für das Element 1

Page 319: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-10 A Nummerische Integration

)2(ijf )21135,0(f 1

)2(ij )78868,0(f 2

)2(ij )(f)(f 2

)2(ij1

)2(ij

5,45,5342

Ef 2

)2(

)2()2(

23

633,5992724 1,4007276 635,00000

5,45,584342

Ef

)2(

)2()2(

23

-679,0896534 -20,9103466 -700,00000

5,45,514342

Ef

)2(

)2()2(

23

45,4903811 19,5096189 65,00000

5,45,5842

Ef 2

)2(

)2()2(

23

727,8460969 312,1539031 1040,00000

5,45,514842

Ef

)2(

)2()2(

23

-48,7564435 -291,2435565 -340,00000

5,45,5142

Ef 2

)2(

)2()2(

23

3,2660624 271,7339376 275,00000

Tabelle A-5 Steifigkeitsmatrix nach Gauß für das Element 2

Es werden jetzt noch die Elementlastvektoren benötigt. Mit n0 = konst. galt für den Element-

lastvektor

d

)(N

)(N

)(N

ndxn1

03

2

1

)e(0

)e(

0x

0(e)T(e)

)e(

)e(

Np Gl. A-13

und in Komponenten

dx)(N2

nd)(Nnp

dx)(N2

nd)(Nnp

dx)(N2

nd)(Nnp

1

1x

3

)e(0

1

0

3)e(

0)e(

3

1

1x

2

)e(0

1

0

2)e(

0)e(

2

1

1x

1

)e(0

1

0

1)e(

0)e(

1

Gl. A-14

Die Auswertung der Formfunktionen

12)(N

14)(N

231)(N

3

2

21

Gl. A-15

erfolgt wieder an den Stellen

Page 320: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-11

78868,0)57735,01(2

1)x1(

2

1

21135,0)57735,01(2

1)x1(

2

1

22

11

Da beide Elemente identische Längen und Belastungen aufweisen, sind beide Elementlastvek-

toren gleich.

Elemente 1: (n0 = 5 kN/m; m50,0)1( )

)1(

ip )21135,0(p 1)1(

i )78868,0(p 2)1(

i )(p)(p 2)1(

i1)1(

i

2)1(

0)1(1 231

2

np

0,569177 -0,152511 0,416667

142

np

)1(0)1(

2

0,833333 0,833333 1,666667

122

np

)1(0)1(

3

-0,152511 0,569177 0,416667

Tabelle A-6 Elementlastvektor nach Gauß für das Element 1 (Element 2 identisch)

Hinweis: Die in den Elementlastvektoren auftretenden Formfunktionen sind Polynome 2.

Grades, die von der hier verwendeten Gauß-Integration mit zwei Stützpunkten exakt integriert

werden.

Der Zusammenbau der Systemsteifigkeitsmatrix und der rechten Seite führt nach Einbau der

Randbedingung am linken Rand selbstverständlich wieder auf das Gleichungssystem

417,20

667,1

834,0

667,1

R417,0

v

v

v

v

0

2753406500

340104070000

657006359051060155

00106024801420

0015514201265

5

4

3

2

dessen Lösung bereits bekannt ist. Sind die Knotenverschiebungen vi bekannt, dann sind noch

die Dehnungen und Spannungen auf Elementebene auszuwerten. In den meisten kommerziel-

len FE-Programmen erfolgt diese Auswertung nicht, wie im vorigen Kapitel gezeigt, als

Funktion der Elementkoordinate e , sondern diskret an den Gauß-Punkten. Wir beschränken

uns auf die Spannungen

vABuBεσ )e()e()e()e()e()e()e()e()e( EEE

Page 321: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

A-12 A Nummerische Integration

Element 1:

]cm/kN[499,1388,2

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

00100

00010

00001

14,84,3450

3000Eσ

2

)1()1()1()1(

vAB

An den Gauß-Punkten ergeben sich damit die folgenden Spannungen

2)1(2

2)1(1

cm/kN5702,3)78868,0(

cm/kN7048,2)21135,0(

Element 2:

]cm/kN[859,9746,2

18022,0

09571,0

05228,0

02302,0

0

10000

01000

00100

14,84,3450

3000Eσ

2

)2()2()2()2(

vAB

Die Auswertung der obigen Beziehung an den Gauß-Punkten liefert

2)2(2

2)2(1

cm/kN522,10)78868,0(

cm/kN830,4)21135,0(

Abb. A-5 Spannung xx, Ausgabe an den Gauß-Punkten

Page 322: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

B-13

B Gebietstransformationen

Abb. B-1 Schiefwinklige Koordinaten, Flächenelement dA

Bei Interpolation der Verschiebungsgrößen im Elementgebiet wurde bereits der Vorteil der

Einführung lokaler Koordinaten deutlich. Wie wir später sehen werden, vereinfacht sich auch

die Herleitung der Elementeigenschaften (Elementsteifigkeitsmatrix, Elementlastvektor) bei

Verwendung dieser speziellen Koordinaten ganz erheblich. Wir benötigen dazu die Transfor-

mationsgleichungen zwischen den kartesischen Koordinaten im globalen System und den

lokalen Dreieckkoordinaten. Um die Transformationsgleichungen möglichst allgemein zu

halten, beziehen wir uns auf allgemein krummlinige Koordinaten. Zwischen den krummlini-

gen Koordinaten (u,v) und den kartesischen Koordinaten (x,y) bestehe der Zusammenhang

)y,x(v

)y,x(u

Gl. B-1

Im Sonderfall können krummlinige Koordinaten auch Geraden enthalten. Die Auflösung der

Gl. B-1 nach x und y liefert die Darstellung der kartesischen Koordinaten durch die krummli-

nigen Koordinaten u,v.

Page 323: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

B-14 B Gebietstransformationen

)v,u(y

)v,u(x

1

1

Gl. B-2

Wir bestimmen jetzt den Flächeninhalt dA in krummlinigen Koordinaten u,v. In kartesischen

Koordinaten ist bekanntlich dA = dx dy. Das Flächenelement wird durch die infinitesimal

benachbarten Koordinatenlinien

dvv)y,x(v)y,x(

duu)y,x(u)y,x(

gebildet. Die Eckpunkte P1, P2, P3 und P4 (

Abb. B-1) sind bis auf unendlich kleine Größen höherer Ordnung durch die Koordinaten

(P1) )v,u(x 11

)v,u(y 11

(P2) duu

)v,u()v,duu(x 1112

duu

)v,u()v,duu(y 1112

(P3) dvv

duu

)v,u()dvv,duu(x 11113

dvv

duu

)v,u()dvv,duu(y 11113

(P4) dvv

)v,u()dvv,u(x 1114

dvv

)v,u()dvv,u(y 1114

gegeben. Den obigen Beziehungen entnehmen wir unmittelbar 4312 xxxx und

4312 yyyy . Daraus folgt, dass die Strecken 21PP und 34PP der Größe und Richtung

nach gleich sind. Dasselbe gilt auch für die Strecken 41PP und 32PP . Bis auf kleine Größen

höherer Ordnung ist P1P2P3P4 also ein Parallelogramm. Mit den Koordinatendifferenzen

dvv

yy,dvv

xx

duu

yy,duu

xx

114

114

112

112

können die infinitesimalen Kantenvektoren du und dv des Parallelogramms in

Abb. B-1 aufgestellt werden

Page 324: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

B-15

y1

x1

y14x14

y1

x1

y12x12

dvv

dvv

)yy()xx(d

duu

duu

)yy()xx(d

eeeev

eeeeu

Gl. B-3

Das vektorielle Flächenelement dA ist dann

dvduuvvu

ddd 1111z

evuA Gl. B-4

und damit

dvduuvvu

dA 1111

Gl. B-5

Führen wir mit

vv

uu11

11

J Gl. B-6

die Funktionalmatrix oder Jacobi-Matrix1 der Funktionen )v,u(1 und )v,u(1 ein, dann

kann das Flächenelement dA auch in der Form

dvdudetdA J Gl. B-7

geschrieben werden. Die Formel zur Substitution der Veränderlichen in einem Doppelintegral

lautet mit Gl. B-7

dvdudet)v,u(FdA)y,x(f)A()A(

J Gl. B-8

F(u,v) ist diejenige Funktion von u und v, in die f(x,y) infolge der Transformation Gl. B-2

übergeht. Entsprechendes gilt für die Integrationsgrenzen.

Wir benötigen des Weiteren eine Vorschrift zur Bildung der Ableitungen einer zusammenge-

setzten Funktion von zwei unabhängigen Veränderlichen. Ist die Funktion )y,x(fw mit

)v,u(y

)v,u(x

1

1

gegeben, dann ist

1 Carl Gustav Jacob Jacobi, dtsch. Mathematiker, 1804-1851

Page 325: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

B-16 B Gebietstransformationen

vy

w

vx

w

v

w

uy

w

ux

w

u

w

11

11

oder in Matrizenform

y

wx

w

y

wx

w

vv

uu

v

wu

w

11

11

J Gl. B-9

Die Umkehrung von Gl. B-9 ist

v

wu

w

y

wx

w

-1J Gl. B-10

Abb. B-2 Dreieckkoordinaten

Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die schiefwinkligen Dreieckkoordinaten

321

332211

332211

1

yyyy

xxxx

Gl. B-11

Mit 1u und 2v sowie der Nebenbedingung 213 1 folgt aus Gl. B-11

Page 326: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

B-17

3232131332211

3232131332211

y)yy()yy(yyyy

x)xx()xx(xxxx

Gl. B-12

und damit

3232131211

3232131211

y)yy()yy(),(

x)xx()xx(),(

Gl. B-13

Die Komponenten der Jacobi-Matrix erhalten wir nach Gl. B-6

1322

1231

1

1132

2

1231

1

1 byy;byy;cxx;cxx

und damit

11

22

3232

3131

bc

bc

yyxx

yyxxJ Gl. B-14

Die Determinante der Jacobi-Matrix

0A2cbcb)yy)(xx()yy)(xx(detJ )e(122131323231 J Gl. B-15

lässt sich geometrisch deuten. Sie verschwindet nur dann, wenn die Dreieckfläche null wird.

Das ist der Fall, wenn alle drei Punkte auf einer Geraden liegen. Die Inverse der Jakobi-

Matrix ist

21

21

)e( cc

bb

A2

1-1J Gl. B-16

Mit Gl. B-7 ist dann das Flächenelement

21)e(

21 ddA2dddetdA J Gl. B-17

Page 327: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

C-18 C Integration in Dreieckkoordinaten

C Integration in Dreieckkoordinaten

Abb. C-1 Dreieckkoordinaten

Zur Bildung der Elementsteifigkeitsmatrizen und der Elementlastvektoren für Dreieckelemen-

te werden Integrationen über die Dreieckfläche erforderlich. Diese Flächenintegrale mit den

lokalen Koordinaten 1 , 2 und 213 1 haben allgemein die Form

dAI)e(A

r3

q2

p1

Gl. C-1

Die Exponenten p,q,r sind ganzzahlig. Unter Beachtung von 21)e( ddA2dA geht Gl. C-1

über in

2

1

0

1r

12p1

1

0

q2

)e(

A

r3

q2

p1 dd)1(A2dAI

2

12)e(

Gl. C-2

Das innere Integral

21

0

1r

12p11 d)1(I Gl. C-3

Page 328: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

C-19

wird mittels partieller Integration1 aufgelöst. Dazu setzen wir

1p1 ddv 1p

11p

1v

r12 )1(u 1

1r12 d)1(rdu

und erhalten

2

2

1

1

0

11r

121p

1

1

0

r12

1p11 d)1(

1p

r)1(

1p

1I

Der 1. Ausdruck auf der rechten Seite der obigen Gleichung verschwindet. Damit verbleibt:

21

0

11r

121p

11 d)1(1p

rI

Wird die partielle Integration insgesamt r-mal angewandt, dann ist der Exponent beim Aus-

druck )1( 12 identisch null, und es verbleibt

1rp2

1

0

1rp1

1

0

1rp

11

)1()!1rp(

!p!r

)1rp)(rp()2p)(1p(

!r

d)rp()2p)(1p(

)1()2r)(1r(rI

2

2

Einsetzen in Gl. C-2 liefert

2)e(

21rp

2

1

0

q2

)e(221

1

0

q2

)e(

I)!1rp(

!r!pA2

d)1()!1rp(

!r!pA2d)(IA2I

22

Gl. C-4

Das Integral

21rp

2

1

0

q22 d)1(I

2

Gl. C-5

lösen wir wieder mittels partieller Integration. Dazu setzen wir

2q2ddv 1q

21q

1v

1rp2 )1(u 2

rp2 d)1)(1rp(du

1 vduuvudv

Page 329: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

C-20 C Integration in Dreieckkoordinaten

2rp

2

1

0

1q2

1

0

1rp2

1q22 d)1(

1q

1rp)1(

1q

1I

22

Der 1. Ausdruck auf der rechten Seite verschwindet wieder und wir erhalten

2rp

2

1

0

1q22 d)1(

1q

1rpI

2

Nach p + r + 1-maliger Anwendung partieller Integration verbleibt

)!2rpq(

!q)!1rp(

)2rpq()!1rpq(

!q)!1rp(

)2rpq()!1rpq(

!q)!1rp(

d)!1rpq(

!q)!1rp(d

)1rpq)...(2q)(1q(

)1)...(1rp)(rp)(1rp(I

1

0

2rpq2

2

1

0

1rpq22

1

0

1rpq22

2

22

Einsetzen von I2 in Gl. C-4 liefert

)!2rpq(

!q)!1rp(

)!1rp(

!r!pA2I )e(

und damit

)!2rqp(

!r!q!pA2dAI )e(

A

r3

q2

p1

)e( Gl. C-6

Mit dieser einfachen Formel lassen sich die Integrale von Funktionen in lokalen Koordinaten

über einer Dreieckfläche mit geringem Aufwand berechnen. Gl. C-6 gilt auch unter Beach-

tung der Definition 1!0 für 0p oder 0q oder 0r .

Bei der Auswertung von Linienintegralen längs der Dreieckseiten treten Integrale der Form

dsdsds321

q2

p1

r3

p1

r3

q2

Gl. C-7

auf. Wir konzentrieren uns auf das Linienintegral längs der Dreieckseite 01 .

ds1

r3

q2

Gl. C-8

Die Transformationsbeziehung für das Linienelement ds beschaffen wir uns aus Abb. C-1

y1x1y22

1x2

2

1 bcddd eeeev

Gl. C-9

Page 330: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

C-21

1322

1132

2

1 byy;cxx

Daraus folgt unmittelbar

21221

21 ddbcdds v Gl. C-10

und damit

2r

2q21

r3

q2 d)1(ds

11

Gl. C-11

Das Integral

2r

2

1

0

q21 d)1(I

2

Gl. C-12

wird mittels partieller Integration gelöst. Wir setzen

2q2 ddv 1q

21q

1v

r2 )1(u 2

1r2 d)1(rdu

21r

2

1

0

1q2

21r

2

1

0

1q2

1

0

1q2

r22

r2

1

0

q21

d)1(1q

r

d)1(1q

r)1(

1q

1d)1(I

2

22

r-malige Anwendung partieller Integration liefert

)!1rq(

!r!q

)1rq)(rq()2q)(1q(

!rd

)rq()2q)(1q(

)1()2r)(1r(rI 2

1

0

rq21

2

und damit

)!1rq(

!r!qds 1

r3

q2

1

Gl. C-13

Page 331: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

C-22 C Integration in Dreieckkoordinaten

Die Werte der Integrale über die beiden verbleibenden Dreieckseiten erhalten wir durch zykli-

sche Vertauschung

)!1qp(

!q!pds

)!1rp(

!r!pds

3q2

p1

2r3

p1

3

2

Gl. C-14

Page 332: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

D-23

D Die Lagrangeschen Interpolati-onspolynome

Abb. D-1 Interpolationsaufgabe

Gegeben sind von einer Funktion )(u an diskreten Stützstellen n21 ,,, die Stützwerte

n21 u,,u,u . Die allgemeine Interpolationsaufgabe besteht darin, den Funktionswert )(u an

einer beliebig vorgegebenen Zwischenstelle zu ermitteln (Abb. D-1). Dieser Wert muss

durch Interpolation geschätzt werden. Der Verlauf einer Funktion u() wird nach Lagrange

durch eine Linearkombination von n Lagrange-Polynomen angenähert.

n

1kkk u)(L)(u Gl. D-1

Der Ansatz Gl. D-1 fordert von den Lagrange-Polynomen Lk folgende Eigenschaften

0)(L mk für km

1)(L mk für km

Mit Kenntnis der Nullstellen n1k1k21 ,,,,,, lässt sich ein Polynom Pk() in Line-

arfaktoren zerlegen

Page 333: Die Methode der finiten Elemente (FEM) · PDF file1 Einleitung 1.1 Allgemeines Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein nummeri-sches Berechnungsverfahren,

D-24 D Die Lagrangeschen Interpolationspolynome

)())(())((a)(P n1k1k21k

An der Stützstelle k besitzt dieses Polynom den Wert

)())(())((a)(P nk1kk1kk2k1kkk

Da das Lagrange-Polynom am Punkte k den Wert 1 besitzen muss, lautet das Bildungs-

gesetz

(

(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)(

)()(L

k1nk

1n

1kk

1k

1kk

1k

2k

2n

kj,1j 1k

1

jk

jk

Gl. D-2

Beispiel: n = 3

)(

)(

)(

)(L

31

3

21

21

; )(

)(

)(

)(L

32

3

12

12

; )(

)(

)(

)(L

23

2

13

13

;