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Planta (Berl.) 121, 293--302 (1974) 9 by Springer-Verlag 1974 0ffnen der Stomata bei hoher Temperatur im Dunkeln Ulrich Brunner und Benno M. Eller Institut fiir altgemeine Botanik der Universit~t Zi~rich, Kiinstlergasse 16, CH 8006 Ziirieh, Switzerland Eingegangen am 19. September 1974 Stomatal Opening in the Dark at High Temperatures Summary. Transpiration and absorption of water by the roots of Piper betle L. have been measured simultaneously with intact single-leaf plants. The degree of stomatal opening has been calculated from leaf temperature, air humidity and wind speed. The roots were aerated at intervals. In an atmosphere of unchanged composition, the stomata of Piper betle L. remain closed or only slightly open at a leaf temperature of 36-38 ~ C in the dark and at night. However, if the temperature is raised above 40 ~ C, they open rapidly after a short time lag to a degree normally met only under daylight conditions. Opening occurs independently of the length of the preceding dark period and hour of the night. The high degree of opening in the dark does not change considerably for many hours, and is more pronounced at high air humidity. At temperatures above 40~ the degree of opening is little influenced by the change from light to dark or from dark to light. The results give evidence that heat resistance could be strongly affected by stomatal reactions at high temperatures. The maximum temperature during the experiments did not exceed 45 ~ C. To ensure that Piper betle L. had not been damaged by the high temperature the experiments were repeated with the same plants on several consecutive days, and the same results were obtained. Close agreement was found between the highest possible stomatal conductance derived from transpiration and that calculated from scanning electron microscopic analysis. Einleitung und Problemstellung Um die stomatgren Offnungsmeehanismen besser verstehen zu khnnen, mug versueht werden, die Giiltigkeitsbereiche der zugeh6rigen ]~egelkreise zu erfassen. Dies erfordert das Konstanthalten mhgliehst vieler StellgrhBen. Eine solche Stell- grhBe ist beispielsweise die kurzwellige Einstrahlung unter 3 000 nm We]len]/s Eine wesentliche gegelgrhge bildet dann die Blattemperatur. Ob sie in jedem Falle Stellgrhf3e ist, bleibt noch zu kl~Lren. Liegt Bin temperaturabh~tngiger Regelkreis vor, so muB neben der Regelfunktion auch sein Gtiltigkeitsbereieh ermitte]bar sein, d.h. die Grenzen, bei deren Uberschreiten der Regelkreis seine Funktions- f/~higkeit ganz oder partiell einbtiBt. Bei solchen Untersuehungen an Pflanzen khnnen allerdings Grenzwerte tibersehritten werden, die die Funktionsf/~higkeit des ganzen Systems durch ~bersehreiten anderer Giiltigkeitsgrenzen, beispiels- weise ftir die Existenz der Proteine oder Enzymsysteme, in Frage stellen. Diese Schwierigkeiten sind bei Experimenten mit Pflanzen unter hohen Temperaturen zu erwarten. In jedem Fa]le dfirfen Temperaturen yon 45~ nieht iiberschritten werden. Derartige Untersuchungen khnnen aneh zus/~tzliehe Informationen zum Problem der Hitzeresistenz ]iefern.

Öffnen der Stomata bei hoher Temperatur im Dunkeln

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Planta (Berl.) 121, 293--302 (1974) �9 by Springer-Verlag 1974

0ffnen der Stomata bei hoher Temperatur im Dunkeln

Ulrich Brunner und Benno M. El ler

Institut fiir altgemeine Botanik der Universit~t Zi~rich, Kiinstlergasse 16, CH 8006 Ziirieh, Switzerland

Eingegangen am 19. September 1974

S t o m a t a l Opening in the Da rk at H igh Tempera tu re s

Summary. Transpiration and absorption of water by the roots of Piper betle L. have been measured simultaneously with intact single-leaf plants. The degree of stomatal opening has been calculated from leaf temperature, air humidity and wind speed. The roots were aerated at intervals.

In an atmosphere of unchanged composition, the stomata of Piper betle L. remain closed or only slightly open at a leaf temperature of 36-38 ~ C in the dark and at night. However, if the temperature is raised above 40 ~ C, they open rapidly after a short time lag to a degree normally met only under daylight conditions.

Opening occurs independently of the length of the preceding dark period and hour of the night. The high degree of opening in the dark does not change considerably for many hours, and is more pronounced at high air humidity. At temperatures above 40~ the degree of opening is little influenced by the change from light to dark or from dark to light.

The results give evidence that heat resistance could be strongly affected by stomatal reactions at high temperatures. The maximum temperature during the experiments did not exceed 45 ~ C. To ensure that Piper betle L. had not been damaged by the high temperature the experiments were repeated with the same plants on several consecutive days, and the same results were obtained.

Close agreement was found between the highest possible stomatal conductance derived from transpiration and that calculated from scanning electron microscopic analysis.

Einleitung und Problemstellung U m die s toma tg ren Offnungsmeehanismen besser vers tehen zu khnnen, mug

versueht werden, die Gii l t igkei tsbereiche der zugeh6rigen ]~egelkreise zu erfassen. Dies e r forder t das K o n s t a n t h a l t e n mhgliehst vieler StellgrhBen. Eine solche Stell- grhBe ist beispielsweise die kurzwell ige E ins t r ah lung un te r 3 000 nm We]len]/s Eine wesentl iche gege lg rhge bi ldet dann die B la t t empe ra tu r . Ob sie in j edem Fal le Stellgrhf3e ist, b le ib t noch zu kl~Lren. Liegt Bin temperaturabh~tngiger Regelkreis vor, so muB neben der Rege l funkt ion auch sein Gti l t igkei tsbereieh e rmi t t e ]bar sein, d.h. die Grenzen, bei deren Uberschre i ten der Regelkreis seine Funk t ions - f/~higkeit ganz oder par t ie l l einbtiBt. Bei solchen Unte r suehungen an Pf lanzen khnnen al lerdings Grenzwerte t ibersehr i t ten werden, die die Funktionsf/~higkeit des ganzen Sys tems durch ~be r seh re i t en anderer Gii l t igkei tsgrenzen, beispiels- weise ftir die Exis tenz der Pro te ine oder Enzymsys t eme , in F r a g e stellen. Diese Schwier igkei ten sind bei E x p e r i m e n t e n mi t Pf lanzen un te r hohen Tempera tu r en zu erwar ten . I n j edem Fa]le dfirfen Tempera tu ren yon 45~ n ieht i iberschr i t ten werden. Derar t ige Unte r suchungen khnnen aneh zus/~tzliehe In fo rma t ionen zum Prob lem der Hi tzeres is tenz ]iefern.

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Bei normalem CO 2- Gehalt der Luft sind die Stomata im Dunkeln weitgehend gesehlossen (Meidner und Mansfield, 1968). Naeh Louguet (1974) sind sie jedoch auch dann selten ganz zu. Sti~rkeres (~ffnen im Dunkeln ist bisher meist nur in C02-freier Luft beobachtet worden (Meidner und Mansfield, 1968) und ist dann ausgepr~gter (Sts 1962) und schneller (Louguet, 1972) bei h6herer Temperatur. Jedoch bei sehr hoher C02-Konzentration der substomat/~ren R~ume (fiber 1,5 Vol.-%, aber nachgewiesenermagen noch nicht toxiseh) sollen sich die Stomata yon intakten P e l a r g o n i u m p f i a n z e n im Dunkeln erneut 6ffnen (Louguet, 1974). Bei normalem CO~-Gehalt im Dunkeln beobaehtet Mansfield (1965) an intakten X a n t h i u m p f l a n z e n nach einer 2-stfindigen Dunkelperiode bei Erh6hung der Temperatur yon 27 auf 36~ kein deutliehes 0ffnen der Stomata. Erfolgt jedoch dieselbe Temperaturerh6hung am Ende der Naeht in einer kiinstlichen, in den Morgen hinein verli~ngerten Dunkelperiode, 6ffnen die Stomata deutlich. Im Licht beobachten t~aschke (1970) an Blattsttieken yon Z e a und Drake et al.

(1970) an intakten Pflanzen yon X a n t h i u m eine Zunahme des (~ffnungsgrades bei Erws Zwischen 20 und 35~ sollen sich viele Arten diesbezfiglieh in- different verhaIten (St~lfelt, 1962) oder dann soll das M~ximum des (~ffnungs- grades im Licht bei 35 ~ liegen (Hofstra und Hesketh, 1969b). Dabei sollte a]ler- dings aueh die Luftfeuehte (L~nge et al., 1971) berfieksichtigt werden. Nach Schulze et al (1973) nimmt der Diffusionswiderstand einiger ganzer Wiistenpflanzen im Licht mit zunehmender Temperatur nur bei fehlendem WasserstreB ab. Die Temperaturerh6hung hat gegenteilige Folgen bei WasserstreB. Dies gilt aueh ffir beide Fi~lle bei konstantem Fenchtegradienten.

Einen deutliehen Hinweis auf unerwartetes Regelverhalten bei Blattempera- turen fiber 40~ im Licht geben Gates et al. (1964) fiir die Wiistenpflanze M i m u -

lus cardinal i s . Sie finden wenig Zunahme des 0ffnungsgrades zwischen 15 und 39~ fiber 40~ aber ein pl6tzliches, starkes zus~tzliches 0ffnen.

Material und Methoden Bestimmung des Di]/usionsleitwertes. Nach Gates (1968) und Eller (1971) gilt:

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wobei r b der Diffusionswiderstand des Blattes fiir Wasserdampf (min cm-1), ] die absolute Feuchte der Luft bei der Temperatur T L,/.2 die S~ttigungsfeuchte (mg cm -3) des substomat~ren Raumes bei der Blattemperatur TB, E die Transpirationsintensit~t (rag cm -e min-1), D die Blattdimension (cm) in Windrichtung und v die Windgeschwindigkeit (cm s-l). Weiter gilt:

r b = r,~rJ(r i + re)

wobei r i = ver~nderlicher stomat~rer Diffusionswiderstand (rain cm -1) und r e -- cuticul~rer Widerstand.

Ffir r i ~ r c wird r b~ ri, wodurch r b dann haupts~chlich yon der ver~nderlichen Spalt- 6ffnungsweite bestimmt wird. Bei konstanten Umgebungsbedingungen ist die Transpirations- intensit~t direkt proportional dem Diffusions-Leitwert K, wobei K = 1/r b.

Versuchsanordnung. Aus Blattstecklingen yon Piper betle L. wurden im Treibhaus in normMem Tagesgang bei 25~5~ und 60~: 10% rel. Luftfeuchte bewurzelte Einblatt- pflanzen gezogen. Es hatte keinen EinfluB auf die Versuchsergebnisse, ob die Anzucht in Humus oder Hydrokultur stattgefunden hatte. Die bewurzelten Blatter wurden in beliilt- bare W~gepotometer gebracht, was die gleichzeitige Messung der Transpiration durch W~gen und der Absorption gest~ttete. Eine ausffihrlichere Beschreibung dieser W~Lgepotometer

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(}ffnen der Stomata bei hoher Temperatur 295

erfolgt an anderer Stelle. Die Messungen wurden in einer geschlossenen Pflanzenwuehs- kammer (Weiss) mit einer Armstulpenwand durchgefiihrt. Experimente im Licht erfolgten bei 0.2 cal cm -2 min -1 kurzwelliger Strahlung (Wellenlfi.nge unter 3000 nm) mit hauptsgch- lichem Strahlungsanteil im sichtbaren Bereieh. Der Mel3wert in Lux war 50000. Die Blatt- temperatur wurde differentieil mit einem Infrarotthermometer (Pl%T 10, Barnes) mit 0,2 ~ C AuflSsung gemessen. Die Einstellung des Nullwertes erfolgte durch Vergleich mit einem sehwar- zen t{ohlk6rper als I~eferenz (Perrier, 1970). Die Bliitter wurden mit einem Laminargebl/ise konstant bewindet und die Windgesehwindigkeit zwisehen Blatt und Gebl~se mit einem Hitzdraht-Anemometer (Fuess) bestimmt. Die Luft wurde zwischen Blatt und GeblKse abgesaugt und einem Hyron-Feuehtefiihler (Rotronie) sowie einem Pt 100 Widerstands- thermometer zugefiihrt. Gleichzeitig wurden Temperatur und Feuchte yon kammereigenen Fiihlern (Pt 100 und Lithiumehlorid) erfaBt. Die Gewichtsver~nderung der Wggepotometer wurde auf einer Mettlerwaage mit Wirbelstromd~mpfung (P 163 N) auf mg genau ermittelt.

Ergebnisse ErhSht man bei Piper betle L. die Blattemperatur im Licht yon 27 auf 43~

so ver~ndert sich der Diffusions-Leitwert des Blattes nur wenig (Abb. 1). Erh6ht man aber die Temperatur im Dunkeln unter denselben Bedingungen, in normaler Atmosphs yon 36 auf 40 ~ C, so 5ffnen sich die bis dahin ann~hernd gesehlossenen Stomata bis zu normalerweise nur im Licht angetroffenen Werten (Abb. 2, 3).

Die Transpiration nimmt nicht unmittelbar naeh der wirksamen Temperatur- erh6huug zu, sondern mit etwa 10 rain Verzug. Als guter zus/~tzlieher Indikator ~tir diese Verz6gerung und Kontrolle der Transpiration dient dabei die Differenz Luft-Blattemperatur (Abb. 2). Solange die Transpiration im Dunkeln noch gering ist, ist keine Differenz rnegbar, sobald aber die Verdunstung einsetzt, wird das Blatt merklich, aber insgesamt h5chstens etwa 2--3~ unter die Lufttemperatur abgektihlt (Abb. 2). Dies ist uin so signifikanter Ms bei fehlender kurzwelliger Einstrahlung sieh die EnergiebiIanz vereinfaeht.

Das zeitliche Nachhinken der Absorption gegeniiber der Transpiration 15A3t sich genau festhalten (Abb. 2). Die Absorption kann sich ers~ verst/~rken, wenn die Saugspannung, bedingt dureh den Wasserverlust, ansteigt. Ist die Absorption ungentigend, so kann der Leitwert voriibergehend teilweise absinken, um sich nach Auffiillen des Wasserdefizits erneut zu erh6hen. Die so ausgel6sten zyklischen Sehwingungen des Leitwertes (Abb. 2, 3) entstehen bei Piper betle vermutlieh nur in solchen StreBsituationen. Die Dauer der Schwingungen bei sehr hohen Temperaturen betr~tgt etwa 30 40 min und ihre Amplitude 20--30 % der mitt- leren Transpirationsintensit&t (Abb. 3).

Um zu priifen, ob das 0ffnen der Stomata im Dunkeln bei tIitzestrel3 nut vorfibergehend sei, wurden einzeIne Pflanzen w/~hrend einer ganzen Naeht Tempe- raturen yon 40 43~ ausgesetzt (Abb. 3). Der Leitwert nimmt nach anfSmg- liehem Uberschiegen nur unwesentlich ab im Laufe yon 8 h u n d kann am folgenden Morgen durch zus/~tzliehes Licht nur wenig erhSht werden (Abb. 3C). Fiir die langsame Erniedrigung im Laufe der Naeht kSnnte man den fallenden O~-Partial- druck im Absorptionssystem verantwortlieh machen.

Zur Kontrolle eventueller Sehgdigungen dureh die Hoehtemperaturbehand- lung im Dunkeln wurde die gleiehe Pflanze mehrere Tage hintereinander den gleiehen Bedingungen ausgesetzt (Abb. 4). Die Hoehtemperaturbehandlung war dann je yon kurzer Dauer (1--2 h). Dureh t/~gliehes mehrstiindiges Beliiften der

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Abb. 1 A--D. StomatS~res Verhalten bei TemperaturerhShung im Licht. Offenbleiben in an- schliegender Dunkelperiode. Piper betle, bewurzelte Einblattpflanze in W~gepo~ometer; Wind: 1 m ~1; (A und B) Siittigungsdefizit und Temperatur erhOht; (C) SS, ttigungsdefizit verdoi0pelt bei gleiehbleibender Temperatur, Transpiration wenig erh6ht, da Leitwert fallend; (D) Lieht aus, sonst unvergndert; sehwarzes Band: Dunkelheit; Zahlen im Koptband: 3lit~lere

Blattemperatur

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Abb. 2. ErhShung der Lufttemperatur (A), Verlauf des Transpir~tionsanstieges und der n~ch- folgenden Absorption sowie der Blattemperatur. Piper betle, Einblattpflanze in W~igepoto-

meter; Wind: 1 m s-l; punktierte Fl~Lehe: Unterkiihlung des Bl~ttes

im W~gepotometer in Hydrokultur belassenen Pflanze konnte diese wghrend mehr als einer Woche fiir Versuche intakt gehMten werden. Die stomatgren Reaktionen an aufeinanderfolgenden Tagen waren praktiseh gleich (Abb. 4:).

Der sowoM im Licht als auch im Dunkeln bei Hochtemperatur maximal erreichbare Leitwert yon ungefghr l0 cm rain -1 stimmt mit demjenigen iiberein, der unter Verwendung der Bereehnungsmethoden yon Bange (1953) mid eigener rasterelektronenmikroskopischer Aufnahmen der Stomata (Brunner und Eller, 1973) erhalten wurde.

Diskussion der Ergebnisse

W~hrend bei Temperaturen unter 40~ das Licht einen starken Einflu[~ auf das 0ffnungsverhMten austibt (Abb. 3, 4A), hat ein Wechsel yon Licht zu Dunkel und umgekehrt bei Temperaturen fiber 40~ keinen groBen Einflul~ mehr (Abb. 3C, 1D). Unter der Einwirkung der natiirlichen GlobMstrahlung, mit einer Energie yon 1--1,5 ca] cm -z rain -1 und einem groi~en Anteil im kurzwelligen Infrarot unter 3 ~tm Wellenls kSnnen Bls so stark uufgeheizt werden, dM~ es schwierig ist, zu entscheiden, ob die erhShte Blattemperatur oder die Einwir- kung des sichtbaren Lichtes ffir das 0ffnungsverhMten verantwor~licb ist.

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Abb. 3A--C. Offenbleiben der Stom~t~ wghrend einer gunzen Nacht im Dunkeln. (A) Licht aus, Temper~tur und Sgttigungsdefizit unver~ndert ; (B) Temperatur und Sgttigungsdefizit im Dunkeln erhSht; (C) zus~tzliches Licht gm Morgen; Wind: 1 m s -1; Piper betle, bewurzelte

Einbl~ttpfl~nze in W~gepotometer

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Abb. 4 A - - E . Gleiches stomat~res Verhalten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Pipet betle, bewurzelte Einblattpflanze in W~gepotometer; Wind: 1 m s-l ; (A und C) Licht aus, sonst unver~ndert; (B und D) Temperatur und Si~ttigungsdefizit erh6ht im Dunkeln; (E)

S~ttigungsdefizit erh6ht, sieh verringernder Leitwert im Dunkeln

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Bekanntlieh soll sieh der stomatgre 0ffnungsgrad in einem weiten Bereieh des Blatt-Wasserpotentials h u (relativer Wassergehalt des Blattes 80--95%) wenig /~ndern und soll erst unterhalb yon einera bestimmten, je naeh Spezies versehie- denen Weft yon ~ plStzlieh kleiner werden (Hsiao, 1973). Dieser Weft seheint bei den Hoehteraperaturversuehen rait Piper betle nieht dauernd untersehritten worden sein, sonst h/~tte das selbst bei sehr tiefen Luftfeuehten (Abb. 1 D) so lange andauernde Offenbleiben im Dunkeln nicht beobaehtet werden k6nnen.

Andererseits sollen sieh die Stomata, innerhalb gewisser artspezifischer Grenzen unabh/tngig vom Wasserpotential, bei h6herer Luftfeuchte 5ffnen und bei tieferer Feuchte sehlieBen (Lange et al., 1971; Sehulze et al., 1972). Bei Erh6hung der Temperatur ira Dunkeln fiberlagern sieh somit die Einflfisse der Teraperatnr, des CQ-Partialdrueks, des Wasserpotentials nnd der Luftfeuehte.

Das Regelsystem fiir den StoraaSffnungszustand hat also ira Dunkeln inner- halb des biologiseh wesentliehen Teraperaturbereiehs zumindest diese 4 Stell- gr613en.

Trotz gleiehzeitiger Erh6hung des Sgttigungsdefizites der Luft nimmt der Leitwert bei Teraperaturerh6hung yon 36 auf 43~ im Dunkeln deutlieh zu (Abb. 3B, 4B). Bei allen getesteten Temperaturen, insbesondere bei fiber 40~ im Dunkeln antworten die Stomata yon Piper betle auf eine drastisehe Feuchte- erniedrigung mit einem dentliehen partiellen SehlieBen, so dab sieh die Transpira- tion nut vorfibergehend erhSht, dann abet auf einem ghnlichen Niveau wie vor- her einpendelt (Abb. 4E, 1 C). Die SpaltSffnungen yon Piper betle bleiben selbst bei 43~ und 20--24~% rel. Feuehte (Sgttigungsdefizit der Luft 45--50 g H20 ra -s) ira Dnnkeln fiber mehrere Stunden geSffnet (Abb. 1).

Der bei Piper betle wirksarae Schwellenwert der 6ffnenden Naehttemperatur stiramt genau mit jenem von Gates et aI. (1964a) ffir Mimulus fiberein. Wie eingangs erw~hnt, 6ffnen sieh die Stomata yon Xanthium bei Mansfield (1965) erst am Morgen in kfinstlieh verl/~ngerter Dunkelzeit, w&hrend hier gezeigt wurde, dab bei Piper betle das t3ffnen zu jeder beliebigen Naehtzeit, aueh sehon naeh einer kurzen Dnnkelperiode, die gerade erst zura Sehlief]en gereieht hat, erfolgen kann. Mansfield arbeitete in Lieht yon nur 1500 Lx. und erhShte die Temperatur in der ansehlieBenden Dnnkelperiode yon 27 auf nur 36 ~ C, womit noch unbekannt bleibt, wie sich Xanthium bei fiber 40~ verhalten wfirde.

Bei Piper betle 5ffnen sich die Stomata ira Dunkeln bei 43 ~ C bis zu den Werten in Starklieht, w/~hrend Mansfield (1965) diese erst in COs-freier Luft erreieht.

Naeh Chibber (1912) klettert Piper betle L. rait Adventivwurzeln ira indo- malayisehen Regenwald bis in jene Wipfelregionen, wo sehr starke Einstrahlung nnd im Gegensatz zum Innern des Regenwaldes 5,uBerst weehselhafte Evapora- tionsbedingungen herrsehen kSnnen. Obige Resultate verwundern ans dieser Sieht nieht. Xeromorphe Merkmale wie hypodermale Speieherzellen (Chibber, 1912; Brunner und Eller, 1973) lassen, zusamraen rait dem bei Kletterpflanzen hohen Leitwert des Xylems eine beaehtliehe gesistenz gegen Hitze und Wasser- verlust erwarten.

Ira Dauerversuch ist die obere Grenze der tlitzeresistenz selten fiber 45~ (Larcher, 1973), infolge der Atmungsverluste und der bereits verringerten Photo- synthese sogar raeist tiefer. Die Resultate yon Piper betle zeigen, dab jede genaue Bestimmung der tIitzeresistenz aueh die Kontrolle des storaatg~ren Regelver-

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haltens, beziehungsweise des Wasserhaushaltes bei der betreftenden Temperatur erfordert.

~hnliche Versuche mit andern Pflanzen (CoHea arabica, Hibiscus) zeigen, dab zwar ein 0ffnen dureh hohe Temperaturen im Dunkeln bei verschiedenen Spezies erfolgen kann, sofern die Wasserversorgung geniigend ist und die Pflanzen intakt sind. Deren Stomata brauehen aber nicht lange often zu bleiben im Dunkeln. Die bei Piper betle gut abgesicherten Resultate lassen sieh nicht unbesehen auf weniger hitzeresistente Arten iibertragen.

Angesichts der Wiederholbarkeit an derselben Pflanze, der auftretenden Zyk- len und der Voransberechenbarkeit des Leitwertes aufgrund von Raster-Elek- tronenmikroskop-Bildern ist es unglaubhaft, dab etwas anderes als der 'Spalt- 5ftnungsapparat die hohen Leitwerte im Dunkeln verursaeht. Zur Erkl/irung des beobaehteten 0ffnungsverhaltens kann nieht C02-Armut der Luft herangezogen werden, zumal die Blattatmung gesteigert war (Hofstra und Hesketh, 1969 a). In starker O2-Armut sind das SehlieBen und noeh mehr das 0ffnen gehemmt (Lou- guet, 1974). Nieht ausgesehlossen scheint indessen, dab eine sehr hohe CO~- Konzentration in den substomat/~ren R/~umen, bedingt durch gesteigerte Atmung das 0ffnen erzeugt (Louguet, 1974). Diese veri~nderten Gaskonzentrationen miiBten aber aueh bei ge6ftneten Stomata fiir l~ngere Zeit erhalten bleiben (Ab- bildung 3), was bei den beobachteten hohen Leitwerten unwahrseheinlich scheint.

Unklar bleibt, ob das rasche 0ffnen der Stomata Folge eines Regelvorganges ist, bei dem die Blattemperatur als StellgrSBe direkt das 0ftnen erzeugt, oder ob diese Blattemperatur lediglieh als Istwert eines Regelkreises mit unbekannter StellgrSBe fin Vergleich mit einem physiologischen Temperaturoptimalwert (---- Sollwert) auf den 0ffnungszustand einwirkt. Die hSchsten bei 43 ~ C und m/iBi- ger Feuehte im Dunkeln beobachteten Leitwerte werden aueh in Starklicht nieht iiberschritten (Abb. 1). Angesichts des erreiehten hSchsten 0ffnungszustandes ist das System nieht fi~hig, die Blattemperatur zu physiologiseh giinstigeren, tieferen Werten hin zu regeln. Der maximal mSgliehe 0ftnungsgrad der Stomata wird dana als Randbedingung der Regelfunktion fiir den Transpirationsregel- kreis wirksam.

Die vorliegende Arbeit wurde durch den Schweizerischen Nationalfonds, Gesueh 3.745.72 unterstiitzt.

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