50
Kapitel2 Populationen @ Lernziele Die fundamentale Gleichung der Populationsqrofle Bestimmung der Hauflqkeit einer Art Ungebremstes, logistisches und kontinuierliches Populationswachstum Altersstruktur und Lebenstafeln Evolution von Lebenszyklen Dichteregulation und Populationsschwankungen Limitierung und Regulation Stochastizitat, Zyklen und Chaos Systeme von Populationen Die Metapopulation Das Areal einer Population Als Population bezeichnet man die Summe aller Individuen einer Art, die in einem Siedlungsgebiet leben und dort miteinander in Wechselwirkung treten. Eine Popula- tion hat Eigenschaften, die nur fur die .Summe der Individuen" definiert sind (emer- gente Eigenschaften, S. 2). Dazu gehort die Populationsgrofse (Gesamtzahl der Indi- viduen im Siedlungsgebiet), die Populationsdichte (Individuen pro Placheneinheit, auch Abundanz, Individuendichte oder schlicht Dichte genannt), die raumliche Ver- teilung sowie die Altersstruktur. Die Populationsokologie versucht diese Eigen- schaften und ihre Veranderung in Zeit und Raum zu beschreiben. Dazu einige Anmer- kungen: In der Populationsokologie versteht man unter Wechselwirkungen den Wettbewerb zwischen den Individuen der Population urn Ressourcen. Im Gegensatz zum Wett- bewerb zwischen Arten (interspezifische Konkurrenz; S. 119) bezeichnet man den Wettbewerb zwischen Individuen einer Population als intraspezifische Konkur- renz.

Ökologie kompakt || Populationen

  • Upload
    roland

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ökologie kompakt || Populationen

Kapitel2

Populationen

@ Lernziele

Die fundamentale Gleichung der PopulationsqrofleBestimmung der Hauflqkeit einer ArtUngebremstes, logistisches und kontinuierliches PopulationswachstumAltersstruktur und LebenstafelnEvolution von LebenszyklenDichteregulation und PopulationsschwankungenLimitierung und RegulationStochastizitat, Zyklen und ChaosSysteme von PopulationenDie MetapopulationDas Areal einer Population

Als Population bezeichnet man die Summe aller Individuen einer Art, die in einemSiedlungsgebiet leben und dort miteinander in Wechselwirkung treten. Eine Popula-tion hat Eigenschaften, die nur fur die .Summe der Individuen" definiert sind (emer-gente Eigenschaften , S. 2). Dazu gehort die Populationsgrofse (Gesamtzahl der Indi -viduen im Siedlungsgebiet), die Populationsdichte (Individuen pro Placheneinheit,auch Abundanz, Individuendichte oder schlicht Dichte genannt), die raumliche Ver-teilung sowie die Altersstruktur. Die Populationsokologie versucht diese Eigen-schaften und ihre Veranderung in Zeit und Raum zu beschreiben. Dazu einige Anmer-kungen:

• In der Populationsokologie versteht man unterWechselwirkungen den Wettbewerbzwischen den Individuen der Population urn Ressourcen . Im Gegensatz zum Wett-bewerb zwischen Arten (interspezifische Konkurrenz; S. 119) bezeichnet man denWettbewerb zwischen Individuen einer Population als intraspezifische Konkur-renz.

Page 2: Ökologie kompakt || Populationen

46 2 Populationen

• Die Abgrenzung eines Siedlungsgebiets ist nieht immer einfach. Daher erfolgt dieraumliche Abgrenzung meist nach pragmatischen Gesichtspunkten. Die Summealler Siedlungsgebiete einer Art wird als Areal bezeiehnet (S. 33).

• Unsere Definition einer Population geht von Individuen aus. DieAbgrenzung einesIndividuums ist nicht immer eindeutig. Sind aIle Polypen eines Korallenstockes alsIndividuen zu zahlen oder die Korallenstocke selbst?

Das Beispiel Koralle verdeutlicht die Unterscheidung von unitaren und modularenOrganismen (Harper 1977). Bei unitaren Organismen sind die Individuen die rele-vanten Elemente der Population und vermehren sich sexuell oder asexuell. ModulareOrganismen konnen sich sexuell oder vegetativ vermehren, die genetisch entstande-nen Individuen werden als Genet bezeichnet, ihre vegetativen Abkornmlinge alsRamet, zusammen bilden sie einen Klon . 1m Extremfall kann eine aus einem Samengekeimte Graspflanze (Genet) durch vegetativeVermehrung eine ganze Wiese bilden(Ramet) . Die Population eines modularen Organismus kann also auf zwei Ebenenbetrachtet werden, auf der Ebene der Genets und der Ramets. Die meisten Tiere sindunitar, die meisten Pflanzen sind modular, wie auch viele sessile meist auch kolonie-bildende Tiere (Schwarnrne, HohItiere) sowie viele Pilze. In unserer Einfuhrung wer-den Populationen unitarer Organismen im Vordergrund stehen.

2.1 Die fundamentale Gleichungfur die Populationsqrolle

Ziel der Populationsokologie ist es, von einem Zeitpunkt taus die Populationsgrofsezu einem spateren Zeitpunkt t + tH oder auch t + 3tH zu erschlieBen. Dabei spielenvier primare Populationsprozesse eine Rolle:

• die Zahl an Geburten in der Population,• die Sterbefalle in der Population,• die Zuwanderung von 1ndividuen (Immigration),sowie die Abwanderung (Emigration) von Individuen zu anderen Populationen.

Daraus ergibt sich die fundamentale Gleichung:

N(t+ !:.t)= N(t) +Geburten - Sterbefalle +Zuwanderung - Abwanderung (2.1)

1m Folgenden wollen wir die fundamentale Gleichung Schritt fur Schritt ausarbeiten.Bei der Ausarbeitung unterscheidet man zwischen Parametern und Variablen. DieParameter erfassen die Annahmen und Hypothesen, die fur die Dynamik des betrach-teten Systems von Wichtigkeit sein konnen, In der Regel handeIt es sich dabei urnKonstanten, Parameter konnen aber auch veranderlich sein. Unter Variablen verstehtman dagegen die Elemente eines Modells, deren dynamisches VerhaIten man unter-suchen will. Die Populationsgrofsen N( t) bzw. N( t + tH) sind Variablen.

Page 3: Ökologie kompakt || Populationen

2.1 Die fundamentale Gleichung fUr die PopulationsgroBe 47

50Population A Populat ion B

40

10

QJ ~c:!!:0m 30c.~ 20"S0..oc..

O+-- --.-- --.-- ---.-- ----.- ----r

50

40

10 20 30 40 50Zeitschritte

Population D

o10 20 30 40 50Zeitschritte

O+-- ,---- r----,r--,- --,o

10

Population C

QJc:!!:0m 30c.g'""S0..oc..

2.1 Mogliche Zeitreihen von Populationen. Die Zeitschritte konnen je nach OrganismusTage,Wochen oder auch Jahre bedeuten. Aus dem Vergleich der mittleren Populations-groBe und der Veranderung der PopulationsgroBe mit der Zeit ergeben sich eine Reihe vonFragen, die es fur reale Populationen zu beantworten gilt. Warum ist die mittlere Popula-tionsgroBe von Population A groBer als von Population B? Warum schwankt die Popula-tionsgroBe von Population A mehr als von Population C?Warum kann Population Danscheinend unbegrenzt anwachsen?

In naturlichen Populationen ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich in einem Zeit-intervall Geburten und Zuwanderung mit Sterbefallen und Abwanderung immerexakt ausgleichen. Die Populationsgrofse N( t) verandert sich im Laufe der Zeit. Daherist es fur das Verstandnis einer Population wichtig, die Populationsgrofse in regelma-Bigen Zeitabstanden zu erfassen (Zeitreihe). Tragt man die Populationsgrofse tiberdie Zeit auf, bekommt man einen graphischen Eindruck tiber das "Auf und Ab" derPopulationsgrofse. Man spricht von der Dynamik einer Population. Abbildung 2.1zeigt einige Beispiele,wie die Dynamik naturlicher Populationen aussehen kann (eineAnalyse der Populationsdynamik der Weltbevolkerung findet sich in Kasten 2.1). DieZeitschritte wurden beliebig gewahlt, werden aber in realen Populationen von denEigenschaften des jeweiligen Organismus abhangen.

Page 4: Ökologie kompakt || Populationen

48 2 Populat ionen

- Kasten 2.1 Wachstum derWeltbevolkerung -----------..

Die Zunahme der Weltbevo lkerung von 1650bis2000. a) Iineare, b) logarithm ische Darstellung.

heit stand iq neue Ressourcen eroffnet haben, wo-bei fossile Ressourcen einen wichtigen Beitragleisten. Fossile Ressourcen werden z. B. auch ge-nutzt , um Dunqer herzustellen, was die Mog lich-keiten der Produkt ion von Nahrungsmit t el erheb-lich erweitert hat . Dennoch ist langfristig auch fOrden Menschen kein unbegrenztes Wachstumrnoqlich (~ Kasten 2.3).

I

I I

1900 2000

/•I

1800Zeit

,1700

O+-"'----- -,--- - -,--- - -.------ - -r-1600

b

7

60-

~x 5...c!l' 0 4C,C.g 3'""5a. 20c,

0a

7

0:'~

... 3c!l:2~ 2c:0'':;

'""51a.

0e:.

Abbildung a zeigt das Wachstum der Weltbevol -kerung zwischen 1650 und 2000. Dabei stieg dieWeltbevolkerung von etwa 0,5 Mi lliarden Men -schen um 1650 auf etwa sechs Mil liarden in 2000(Nentwig 2005). Tragt man die verfOgbaren Zah-len auf, sokonnte man auf den ersten Blick von ei-nem exponentiellen Populati onswachst um ausge-hen.Bei exponentie llem Wachstum sollte sich nach

Logarithmierung der Populationsqrofle ein Iinea -rer Zusammenhang zwischen (Ioga rithmierter)Populat ionsqrofse und Zeit ergeben. Die 5teigungist dabei r. Abbildung b zeigt aber nun, dass diesuber den gesamten Zeitraum zwischen 1650 und2000 nicht der Fall war. Bis 1950 ergibt sich in et-wa ein linearer Zusammenhang, ab circa 1950fand aber ein Bruch im Wachstumsmuster derWelt population statt . Die Weltbevo lkerung ist zu-mindest im Lauf des 20. Jahrhunderts iiberexpo-nentiell gewachsen .Die Ste igung der Geraden in Ab bi ldung b, be-

rechnet aus den Punkten von 1600 bis 1950, ist et-wa 0,2 %. Aus dieserWachstumsrate ergibt sich ei-ne Verdopp lungszeit von 350 Jahren (In(2) 1 r;wenn r in %, dann ist das In(2) x 100 /r und dam it7010,2 =350). Nach 1950 bet rug die Wachstumsra -te durchschnittlich 1,7 % (Verdopplungszeit etwa40 Jahre!). Eine genauere Analyse und deta illier-tere Daten zeigen , dassdie Welt bevolkerung 1970mit 2,0 % wuchs, 1990 mit 1,7 % und 2005 mit1,3 %. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwi -schen Regione n. In den lndust riela ndern lag dieWachstumsrate 2005 unter 0,1 % (in Europa sogar- 0,1 %), in den Entwicklungslandern bei 1,6 % (inAfrika sogar bei 2,3 %).

Es wurde im Lauf der Diskussion uber exponen-tie lles Wachstum immer wieder darauf hingewie-sen, dass in einer begrenzten Umwelt keine Po-pulation unbegrenzt wachsen kann. Die Mensch-heit scheint dieser logischen Notwendigkeit zuwidersprechen . Der Grund Iiegt wohl darin, dasssich mit dem technischen Fortschritt der Mensch-

Page 5: Ökologie kompakt || Populationen

2.2 Die Popu lationsg roBe

2.2 Die Populationsqrolle

Bevor man die Populationsdynamik untersuchen kann, muss die Populationsgrofsetiber mehrere Zeitschritte hinweg bestimmt werden . Am einfachsten ist das Auszah-len der Individuen in einem Siedlungsgebiet. Dies ist nur bei seltenen und groBenOrganismen praktikabel. Daher ist man in den meisten Fallen auf Schatzungen derPopulationsgrolse angewiesen. Es gibt grundsatzlich zwei Wege: Auszahlen von Pro-beflachen und Fang-Wiederfang-Methoden.Das Auszahlen von Probeflachen hat vor allem fur Ptlanzen eine lange Tradition.

Dazu werden Probeflachen angelegt und die Anzahl Individuen in diesen Probefla-chen gezahlt (~ Abb. 2.2). Die GroBe der Probeflachen orientiert sich an der unter-suchten Art, damit in einer Probeflache nicht zu viele Individuen vorkommen. IedeProbeflache ist eine Stichprobe, und aus den Stichproben berechnet man die mittlereZahl der Individuen auf den Probeflachen, Damit hat man eine Schatzung der Indivi-duendichte. 1st die Plache des Siedlungsgebiets der Population bekannt, kann diePopulation sgrofse geschatzt werden .In Abbildung 2.2 sind neben einer zufalligen Verteilung auch Beispiele fur cine

gleichmalsige und geklumpte Verteilung der Individuen dargestellt. Bei vollkommengleichmatsiger Verteilung der Individuen uber den Raum wiirden aIle Probeflachenmehr oder weniger die gleiche Anzahl von Individuen enthalten, sodass bereit s miteiner Probeflache eine brauchbare Schatzung der Populationsgrofse moglich ist. Beigeklumpter Verteilung kann dagegen die Anzahl der Individuen zwischen einzelnenProbeflachen stark schwanken, je nachdem ob eine der Probeflachen gerade in einenVerbreitungsschwerpunkt von Individuen fallt oder nicht. Dies hat Auswirkungen aufdie Schatzung der Population sdichte und -grofse.Eine Analyse der Verteilung der Individuen im Raum ist nicht nur fur die Bestim-

mung der Populationsgrofsewichtig, sondern erlaubt auch Ruckschlusse auf die Bio-logie und Umwelt der untersuchten Arten. In einer homogenen Umwelt bedeutet eine

49

• ~ ..I • I ....D·~:

• •• • • • • • • • • • •• • &.• • D ·~r D• • . ~ • • • • • • • • • •• • •• • • • • • • • • •• •• ... ..Q .•. • • • • • • • • D• • • •. . .. -.. • • • • • • • • • •• •••• • • • • • • • • • • •, • •• • • • • • • • • • • • ••••••• • ,• . Q ...... • • • • • • • • • • ' ..':1• •• • ·G· •• • • • • • • •• • ••• ••• • .. • • • • • • • • • • • ••a b c

2.2 Mogliche Verteilungsformen von Individuen im Siedlungsgebiet einer Populat ion. Die Beispiele veranschau-lichen eine zufalliqe (a), gleichmaBige (b) sowie eine geklumpte Verte ilung (c). In allen dre i Beispielen betraqtdie PopulationsgroBe 100 Individuen Gedes Individuum symbolisiert durch einen Punkt). In jedem Gebiet wurdedie Zahl der Individuen in funf quadratischen Probeflachen ausqezahlt .

Page 6: Ökologie kompakt || Populationen

50 2 Populationen

zufallige Verteilung, dass sich Interaktionen zwischen Individuen nicht auf derenraumliche Verteilung auswirken. Viele Interaktionen haben aber eine Auswirkung.Pflanzen benutzen chemische Substanzen, urn die Ansiedlung von moglichen Kon-kurrenten in einem gewissen Umkreis zu verhindern (Allelopathie, S. 124), was zueiner regelmafsigen Verteilung der Individuen fuhrt. Eine regelmafsige Verteilung derIndividuen findet man auch bei Tierarten, die Territorien verteidigen. In aridenGebieten ist Wasser in Talern besser zuganglich als an Hangen oder hoher gelegenenPlateaus. Pflanzenindividuen siedeln sich daher vor allem entlang der Taler an(kontrahierte Vegetation), was zu einer geklumpten Verteilung fuhrt. Die Verteilungder Individuen ist dabei eine Foige der Verteilung von Ressourcen im Raum.Einen im Vergleich zum Auszahlen von Probeflachen grundsatzlichanderen Ansatz

bieten Fang-Wiederfang-Methoden. Dazu werden zu einem Zeitpunkt t Individuengefangen, markiert und wieder entlassen (M). Nach einer Zeitspanne M werdenwiederum Individuen (W) gefangen, und es wird ausgezahlt, wie viele der neu gefan-genen Individuen Markierungen tragen (Wmarkiert)' Wird die Zeitspanne M so kurzgewahlt, dass in der Population keine Geburten, Sterbefalle, Immigrationen und Emi-grationen auftreten (konstante Populationsgrofse), dann sollte sich die Zahl der beimersten Termin markierten Individuen zur Populationsgrofse N(t) so verhalten wie dieZahl der beim zweiten Termin markiert wiedergefangenen Individuen zur Gesamt-zahl gefangener Individuen. Damit kann man N(t) schatzen. Die Schatzung bezeich-net man gem als N(t), urn sie von der wirklichen Populationsgrofse zu unterscheiden.Es gilt :

N(t) Wund damit (2.2)M Wmarkiert

N(t) MxW (2.3)Wmarkiert

Die Annahme einer konstanten Populationsgrofse (closed population assumption)ist sehr restriktiv. Daher wurden Fang-Wiederfang-Methoden ausgearbeitet, die nichtnur die Populationsgrofse schatzen, sondern auch Anzahl von Abgangen und Zugan-gen (Krebs 1999, McCallum 2000, Southwood und Henderson 2000).Nicht immer ist es notwendig, mit aufwendigen Verfahren die absolute Popula-

tionsgrofse zu bestimmen. 1st man nur an der Dynamik der Population interessiert,genugen relative Methoden, solange die Populationsgrofse proportional zum gewahl-ten Populationsindex ist (~Abb. 2.3):

• Haufigwird der Anteil der Flache eines Untersuchungsgebietes, der von der Popu-lation bewohnt wird (Verbreitung), erfasst. Dazu wird tiber das zu untersuchendeGebiet ein regelrnafsiges Raster gelegt. Danach werden alle Raster auf das Vorkom-men der zu erfassenden Art hin untersucht. Als Populationsindex dient der relativeAnteil an Rastern, in denen die untersuchte Art nachgewiesen wurde (Rasterfre-quenz) .

• Der Einsatz von Fallen beruht auf der Annahme, dass die in einer gegebenen Zahlvon Fallen gefangenen Individuen streng monoton mit der Populationsgrofsesteigt . Ie nach Organismus kommt eine Vielzahl von Fallentypen zum Einsatz

Page 7: Ökologie kompakt || Populationen

2.2 Die PopulationsgroBe 51

(Boden-, Licht-, Fensterfallen; Southwood und Henderson 2000). Haufigwerdendie aus dem Einsatz von Fallen abgeleiteten Indices der Populationsgrofse als Akti-vitatsdichte bezeiehnet, da sie nieht nur von der Populationsgrofse abhangen, son-dern aueh von der Aktivitat der Individuen.

• Der Fangerfolg pro Zeitaufwand ist ein relatives MaB der Populationsgrofse, undkann damit als Index fur die Populationsgrofse dienen (Zeitsammelmethoden). Zudieser Gruppe von Indices gehoren aueh Iagdstatistiken bzw. Erfassungen von Ver-kehrsopfern,

• Es ist aueh nieht immer notwendig, die Individuen selbst zu erfassen. Manehmalgenugt bereits die Zahlung von Anzeiehen der Anwesenheit (Kot, Verbiss, Nesteroder aueh Spuren; Southwood und Henderson 2000).

3 Deroceras aqreste

1980197019600,00 1 L,---.---,- - ,----

1950

10

Zeirapheradiniana

0,1

.. 1000,~

I

1985I

19751965

c.."t)

'"s:vVI

2

a Zeitschritte (Jahre) b Zeitschritte (Jahre)

150 Padicepsnigricallis

0 -'--,.-- - ,.--- -,-- - .,I

2000/01i

95/96Zeitschritte (Jagdsaisan)

91/92o.L-'~_::!!::-T----",,-

25 00

7500

10000 Nyctereutespracyanaides

.."'"v~ 5000-tlC>~

d

1970 1980 1990 2000

Zeitschritte (Jahre)

co';;;:;"'" 100~o0..e..-il 50's'6.E

c

2.3 Beispiel fur die Dynamik von Populationen im Freiland: a) Fra13schaden der Einfarbi-gen Ackerschnecke. Die Frafischaden wurden auf einer Rangskala geschatzt und stelleneinen Index fur die Populationsqrofie dar. b) Dynamik des tarchentriebwicklers. Die Ordi-nate ist logarithmisch skaliert. Die Populationsdichte wurde durch Auszahlen von Larvenauf Asten bestimmt. c) Dynamik des Schwarzhalstauchers. Auf standardisierten Exkursionendurch ein Gebiet wurden aile angetroffenen Schwarzhalstaucher gezahlt. Jeder Punktist ein Mittelwert aus mehreren Exkursionen. d) Entwicklung der Jagdstrecke des Marder-hundes in Deutschland . a) und b) nach Global Population Dynamics Databasehttp://cpbnts1.bio .ic.ac.uklgpdd, c) nach Schmidtke et al. 2001, d) nach Kraft und van derSant (2002).

Page 8: Ökologie kompakt || Populationen

52 2 Populationen

Tabelle 2.1: Beispiele fOr Individuend ichten einiger Gruppen von Organ ismen. Die ange-geben Werte sollen eine Vorstellung der GroBenordnungen vermitteln. Man beachte aber,dassinnerhalb der Gruppen die Dichten erheblich schwanken konnen , was auch durch denVergle ich der Individuendichte von Menschen in Kanada und Europa deutlich wi rd. In derersten Spalte werden die Individuendichten auf Flachen bezogen, wie sie fOr die jewei ligeGruppe bevorzugt werden . In der zweiten Spalte wu rden die Dichten auf einen gemeinsa-men Flachenbezug (hier m2) umgerechnet . Dadurch werden die Angaben vergleichbar.

Individuendichte Individuendichtepro m2

Baume 500 ha-1 0,05

Ackerunkrauter 200m-2 200

Bodenarthropoden 500000 m-2 500000

Feldrnause 50ha-I 0,005

Reh 10km-2 0,00001

Mensch (Kanada) 2 km-2 0,0000002

Mensch (Mitteleuropa) 100km-2 0,0001

Die Individu endichte kann zwischen Arten enorm schwanken. Die Angaben reichenpro Quadratmeter von Bruchteilen bis hin zu Millionen von Individuen (~ Tab. 2.1).Der Raumbezug wird meist so gewahlt, dass die Individuendichte Werte grofser als 1erreicht. Bei tierischen Organismen fallt die Dichte mit zunehmendem Korperge-wicht: IegroBer eine Art, umso geringer ist die Populationsdichte. Bei Insek ten miteinem Korpergewicht von etwa 1 mg = 10-6 kg hat man Individuendichten von etwa106 bis 108 Individuen pro km 2 geschatzt. Bei Saugetieren mit einem Korpergewichtvon etwa 1 kg ist auf einem km2 mit nur 30 Individuen zu rechnen. Diese Beziehungzwischen Korpergewicht und Populationsdichte (bzw. bei gleichem SiedlungsgebietPopulationsgrofse) gilt auch innerhalb von Organismengruppen (Vogel in Abb. 2.4).1mVergleich zum Korpergewicht spielen andere biologische Eigenschaften der Orga-nismen oft nur eine untergeordnete Rolle. So ist in Abbildung 2.4 die Pop ulations-dichte unabhangig von der Nah ru ngsnische.

100

Q)~ 10_ N.c '.!::! E'0 -"'" c:c: Q)

0,1.9 :::I-'0-3 :;E 0,010.'0o c:"'v

0,001

0,0001

•..", .• •• •• • •••: -.I., •.

"""'...1' •• ••......... .. _....... · , l - #'! •......,. ... ...... .... ":t- I ••.. ", ..• ....~•• • •• • •. ..•

0,01 0,1 1 10Kiirpergewicht (kg)

2.4 Beziehung zwischen Populat ions-dichte und KorpergroBe fOr die BrutvoqelOstdeutschlands (Daten aus Nicolai 1993,Abszisse und Ordinate logarithmisch ska-liert ), Die Dichte wurde durch Division derPopulationsqrofie durch die Gesarntflachedes Kart ierungsgebietes berechnet(108333 km2) . Vogel, die vorzugsweisegroBere Nahrungstiere erbeuten (z. B.Greifvoqel: schwarz gefOllte Symbole.lhaben zwar im Mittel eine groBere Kor-perq rofie, aber die Dichte unterscheidetsich nicht von anderen Vogelartengleicher KorpergroBe.

Page 9: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsdynamik

2.3 Populationsdynamik

Bestimmt man die Populationsgrofse bzw. -dichte uber einen langeren Zeitraum,dann ergibt sich eine Zeitreihe ( ~Abb. 2.3). Dabei stellt sich die Frage, welche Mus­ter in einer Population uberhaupt zu erwarten sind. Wir gehen dabei von unsererGrundgleichung aus und machen zunachst einige vereinfachende Annahmen.

2.3.1 Ungebremstes Populationswachstum

Wir betrachten eine Population, bei der es keine Ein- und Auswanderung gibt:

53

N(t+ M) = N(t) + Geburten - Sterbefalle (2.4)

Zur weiteren Vereinfachung betrachten wir eine Art, die sich in diskreten Zeit­schritten (z, B. Jahresschritten) fortpflanzt. Dann ist es gunstig, die Zeit in Generati­onen tzu betrachten. N(t) sei dann die Populationsgrofse in der Generation t, N(t+ I)in der folgenden Generation und damit

N( t + I) = N( t) + Geburten - Sterbefalle (2.5)

(2.7)

Geburten und Sterbefalle beziehen sich auf den gewahlten Zeitschritt. Aus dieserGleichung lassen sich zwei weitere GroBen ableiten, die fur das Verstandnis der Dyna­mik von Populationen wichtig sind : die Wachstumsrate der Population sowie dieWachstumsrate pro Individuum (Pro -Kopf-Wachstumsrate, relative Netto-Wachs­tumsrate oder auch individuelle Wachstumsrate). Die Wachstumsrate der Popula­tion ist die Veranderung der Populationsgrolse wahrend eines Zeitschrittes, also von tnach t + 1:

Wachstumsrate der Population = N( t + 1) - N( t) = Geburten - Sterbefalle (2.6)

Man beachte, dass auch negative Wachstumsraten auftreten konnen (die Zahl derSterbefalle ist grofser als die Zahl der Geburten). Die Populationsgrofse wird dann vont nach t + 1 abnehmen. Die individuelle Wachstumsrate ergibt sich aus der Wachs­tumsrate der Population geteilt durch die Populationsgrofse zur Ausgangszeit:

. divid II W h t t - WachstumsratederPopulation - N(t+1)-N(t)III IVI ue e ac s umsra e - I ' "0 - N( )Popu ationsgrotse t

Geburten - Sterbefalle Geburten SterbefallePopulationsgrofse N(t) N(t)

Die individuelle Wachstumsrate ergibt sich aus der Differenz Geburten minus Ster­befalle pro Individuum. Man bezeichnet diese Parameter als Pro-Kopf-Geburtenratebzw. Sterberate, die wir mit g und 5 symbolisieren. Man beachte, dass g und 5 von derLange des gewahlten Zeitschrittes abhangen, 1m einfachsten Fall sind diese ParameterKonstanten und von Zeitschritt zu Zeitschritt gleich. Biologisch bedeutet dies, dass g

Page 10: Ökologie kompakt || Populationen

54 2 Populationen

und 5 weder durch Umweltfaktoren noch durch andere Prozesse in der Populationbeeinflusst werden. Die absolute Zahl an Geburten in einem Zeitschritt ergibt sichdann aus dem Produkt von g und der Populationsgrofse. Die Pro-Kopf-Sterberate istdie Wahrscheinlichkeit, mit der ein Individuum wahrend eines Zeitschrittes stirbt.Multipliziert man diese Wahrscheinlichkeit 5 wiederum mit der Populationsgrofse,ergibt sich die Zahl der Sterbefalle. Aus den Uberlegungen ergibt sich dann folgendeGleichung zur Veranderung der Populationsgrofse von Zeitschritt zu Zeitschritt:

N(t+ I) = N(t) +gN(t) - 5 N(t)N(t+ 1) = N(t) + (g- 5) N(t)N(t+ 1) = N(t) + RN(t) = (l + R) N(t)

(2.8)(2.9)(2.10)

Die Differenz g- 5 ist die individuelle Wachstumsrate und wird mit R symbolisiert.Die Wachstumsrate der Population ergibt sich zu N( t+ 1) - N( t) = R N( t) und steigtdamit linear mit der Populationsgrofse an (~ Abb. 2.5) . R ist unabhangig von derPopulationsgrofse,Letztlich interessiert uns die Dynamik der Population, also die Entwicklung der

Populationsgrofse mit der Zeit . Dazu ware es angebracht, wenn man die Populations-groBe bei Kenntnis von R fur jede beliebige Zahl von Zeitschritten aus einer anfang-lichen Populationsgrofse N(O) berechnen konnte. Die Population im nachsten Zeit-schritt t = 1 ist dann

N(l) = (l + R) N(O)

Zur Vereinfachung setzen wir (1 + R) = A:

N(l) = AN(O)N(2) = AN(l) = AAN(O) = ).} N(O)

3~e R= 2E 2E *5.c R= 1,2

~~us 1 :> :>_Q.

.S! '" 0.J::C>.-.; u:> ~~-0 0.;;

R= -0,5'C.s- 1

a Populationsqrofse

>~ R= - 0,5g>c:

b Populationsqrolse

(2.1 I)

(2.12)(2.13)

2.5 Exponentielles Wachstum der Population: Individuelle Wachstumsrate (a) und Wachs-tumsrate der Population (b) in Abhangigkeit von der PopulationsgroBe. Man beachte, dassdie individuelle Wachstumsrate von der PopulationsgroBe unabhangig ist, aber die Wachs-tumsrate der Population linear mit der Populationsqrofle ansteigt (positive individuelleWachstumsrate) bzw. abfallt (negative individuelle Wachstumsrate). Die individuelleWachstumsrate kann nicht kleiner als -1 werden.

Page 11: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsdynamik 55

N(3 )=AN(2) =1..1..2 N(O) =1..3 N(O )N(T) =AT N(O) =(l + R)TN(O )

(2.14)(2.15)

Wir haben damit ein Modell, mit dem die Populationsgrofse nach beliebigen Zeit-schritten t = Taus der anfanglichen Populationsgrofse und der individuellen Wachs-tumsrate errechnet werden kann. Unser Modell hat nur einen Parameter, namlich Rbzw. A. Abezeichnet man auch als Wachstumsfaktor, da Asich aus dem VerhaltnisN(t + 1) zu N(t) ergibt. Abbildung 2.6 zeigt die Dynamik von Modellpopulationenmit unterschiedlichem R uber 10 Zeitschritte. In jedem Beispiel war die Populations-groBe N(O) = 20 Ind ividuen. Aus Abbildung 2.6 ergeben sich eine Reihe wichtigerSchlussfolgerungen:

• Fur A> 1 (und damit R>0) wachst die Populationsgrofse unaufhaltsam und ohneGrenzen an.

• Fur A=1 (R=0) bleibt die Popul ationsgrofse konstant.

1000

800 10000'"~ '"'0 ~

~ 600 :ec sr 1000.Q c:

"' 0400 '';:;

"3 '"Q. "30 Q. 100c,

200 0c,

0 10a b

30

1I

10~'" '"~ R=O ~

'0 '0e;, 20 ~C c: 0,1g .Q

'" "'"3 "3 0,01Q. 10 Q.

0 0"- c,

0,001

00 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 10

c Zeitschritte d Zeitschritte

2.6 Exponentielles Wachstum der Population: Beispiele fur die Entwicklung der Popula-tionsqrofie fOr verschiedene ind ividuelle Wachstumsraten (a) und (c). Aile Berechnungenwurden mit N(O) =20 begonnen. FOr R > 0 ergibt sich ein ungebremster Anstieg der Popu-lationsgroBe (a), fOr - 1 < R < 0 ergibt sich eine steter Abfall der PopulationsgroBe (c). Nurfur R=0 bleibt die PopulationsgroBe konstant (c). Tragt man die PopulationsgroBe loga-rithmisch auf (b), (d), dann ergibt sich ein mit der Zeit linearer Verlauf. Die Steigung dieserGeraden ist logO..) =10g(1 + R).

Page 12: Ökologie kompakt || Populationen

56 2 Populationen

• Fur 0 < A< 1 (-1 <R< 0) verringert sich die Populationsgrofse unaufhaltsam.• Transformiert man die Ordinate logarithmisch, dann ergibt sich ein linearerAnstieg mit der Steigung log(A) = log(l +R).Man spricht daher von exponentiel-lem Populationswachstum. Urn zu verstehen, warum die Steigung log(A) betragt,muss man sich zunachst vergegenwartigen, dass eine Gerade durch die Gleichungy= a+ bx beschrieben wird; a symbolisiert den Achsenabschnitt fur x = 0 und bdieSteigung. Logarithmiert man N(t) so ergibt sich: log(N(t)) = log(N(O) At). Aus denRechenregeln fur Logarithmen folgt: log(N(t)) =log(N(O)) + log(At)=log(N(O)) +log(A) t. Vergleicht man diese Gleichung mit der allgemeinen Gleichung einerGerade, so ergibt sich a=log(N(O)), x = tund fur die Steigung b=log(A).

• Eine wichtige Eigenschaft des exponentiellen Wachstums ist, dass sich die Popula-tion unabhangig von der Populationsgrofse in einer festen Zeitspanne urn einenfesten Faktor verandert (bei der Zeitspanne 1 urn den Faktor A).Das fuhrt unab-hangig von der Populationsgrofse zu einer Verdopplungszeit D, die nur von Aabhangt: N(D) =2N =NAD•Durch Kurzen von N und Logarithmieren beider Sei-ten ergibt sich fur die Verdopplungszeit D = In(2)/ln(A).

Man beachte, dass A nicht einfach durch einen Faktor auf andere Zeitschritte hinumgerechnet werden kann. Greifen wir eine Population aus Abbildung 2.6 heraus,z. B. fur A= 1,5 (R = 0,5).Verkurzen wir nun die Zeitschritte auf die Halfte, so konnteman dem Gedanken verfallen, A ebenfalls durch 2 zu teilen. Dies wiirde zu einem1.. 112 Zeitschritt = 0,75 fuhren. Dass dies nicht richtig sein kann, ergibt sich aus der obendargelegten Regel, die besagt, dass die Population mit A< 1 unaufhaltsam abnimmt.Der richtige Weg fur die Umrechnung wird auf Seite 62 beschrieben.Im Laufe der Ableitung haben wir eine Reihe von Annahmen getroffen, die noch-

mals betont werden mussen (Gotelli 2001):

• Wir betrachten eine Population ohne Ein- und Auswanderung.• Unsere Population wachst in diskreten Zeitschritten.• R und dam it die Pro-Kopf-Geburten- und Sterberaten wurden als konstant ange-nommen. Damit sind die fur die Population notigen Ressourcen unbegrenzt ver-fugbar bzw.werden unbegrenzt nachgeliefert.

• Unser Modell macht auch eine Reihe von Annahmen, die aus der Gleichung nichtoffensichtlich sind . So sind alle Individuen gleich. Wir vernachlassigen dam it dieAltersstruktur und genetische Unterschiede zwischen Individuen.

• Eine Schwache des Modells zeigt sich bei R < O. Die Population wird zwar unauf-haltsam kleiner, eine Populationsgrofse von 0wird aber nie erreicht (asymptotischeAnnahrung an 0). Ganz offensichtlich kann das Aussterben einer Population nichtdurch unsere Gleichung beschrieben werden.

2.3.2 Logistisches Populationswachstum

Eine wesentliche Annahme fur ungebremstes Populationswachstum war der unver-anderliche Wert von A = 1 + R (~ Abb. 2.5). Zweifelsohne verbrauchen IndividuenRessourcen, was nicht ohne Riickwirkung auf die Population und dam it R bleiben

Page 13: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsdynamik

kann. Wir schreiben daher R(N) statt R,und wir verstehen darunter die in einer Popu-lation mit der GroBe N realisierte individuelle Wachstumsrate. Ie groBer die Popula-tion, umso knapper werden die verfugbaren Ressourcen. Das wird auf Sterblichkeitund Geburten zuruckwirken. Betrachten wir die in Abbildung 2.7 skizzierte Moglich -keit. Dazu benutzen wir ein Achsenkreuz, in dem wir R(N) gegen die Populations-groBe auftragen. Solange die Populationsgrofse recht klein ist (Nnahe 0, bzw. zur Ver-einfachung N = 0) sollte R(N) maximal sein. Wir wollen diese maximale individuelleWachstumsrate R(O) mit Rm bezeichnen. Mit zunehmender Populationsgrofse neh-men die Ressourcen ab, und R(N) sollte ebenfalls abnehmen. Bei einem Wert N = Ksoll gelten R(K) = O. Die einfachste Form, diese Abnahme zu beschreiben, ist eineGerade, die durch die zwei Punkte R(O) = Rm und R(K)= 0 eindeutig bestimmt ist.Eine Gerade ergibt sich aus dem Achsenabschnitt (in unserem Fall Rm) und der Stei-gung . Die Steigung ergibt sich aus dem Verhaltnis von Rm zu K und somit:

57

R(N)=R - Rm N(t)m K (2.16)

Setzt man dieseGleichung in die Gleichung fur das Populationswachstum N(t+ 1) =(l + R) N(t) ein, wobei wir fur R nun R(N) verwenden, dann ergibt sich fur dieBerechnung der Populationsgrofse im Zeitschritt t + 1 aus der Populationsgrofse zumZeitschritt t:

~ .~~ .~E R (0) =Rm *5 Q.

~ / ~ .-.c EBu

~:> :> 0_ Q..., 0

~ .co.0; u ~

:> ~~ .~ maximaIe" 0 '" Wachstumsrate'S: Ol15 ....s c:

N=O N=K N=O N=K/2 N=Ka Populationsqrofse b Popula tionsqrofse

(2.17)

2.7 LogistischesWachstum der Population: Individuelle Wachstumsrate (a) und Wachs-tumsrate der Population (b) in Abhangigkeit von der PopulationsgroBe. 1m Gegensatz zumexponentiellen Wachstum geht man von einer linearen Abnahme der in der Populationrealisierten individuellen Wachstumsrate mit der PopulationsgroBe aus (a). Bei einer Popu-lationsgroBe nahe 0 ist die individuelle Wachstumsrate maximal, bei der KapazltatsqrenzeK dagegen O. 1st die PopulationsgroBe groBer als die Kapazitatsqrenze K, haben wir einenegative individuelle Wachstumsrate. FOr die Wachstumsrate der Population ergibt sichdaraus eine Parabel mit einer maximalen Wachstumsrate der Population fur eine Popula-tionsgroBe K12.

Page 14: Ökologie kompakt || Populationen

58 2 Populationen

Die Wachstumsrate der Population ist dann:

N(t+l) - N(t)=(Rm- Rm;(t)) N(t) (2.18)

Zu diesen Gleichungen sind folgende Anmerkungen wichtig:• Dieses Modell des Populationswachstums hat im Vergleich zum exponentiellenWachstum zwei Parameter (Rm, K), die das dynamische Verhalten der Populationbestimmen.

• Die in einer Population realisierte individuelle Wachsturns rate R(N) sinkt linearmit der Populationsgrofse (~ Abb. 2.7). Dies bezeichnet man als Dichteabhangig-keit. Dichteabhangigkeit ist der Schlussel fur das Verstandnis der Regulation (S.82)von Populationen. Nahezu jeder Prozess in einer Population kann dichteabhangigsein. Die Dichteabhangigkeit muss aber nieht linear verlaufen.

• R(N) ist die Differenz aus der Pro-Kopf-Geburten- und Sterberate. Urn eine linearenegative Beziehung zwischen R(N) und Populationsgrofse zu bekommen, musszumindest die Pro-Kopf-Geburtenrate mit der Populationsgrofse linear abnehmenbzw. die Pro- Kopf-Sterberate mit der Populationsgrofse linear zunehmen.

• Die lineare Abnahme von R(N) mit N(t) fuhrt zu einer quadratischen Gleichungfur die Beziehung zwischen der Wachstumsrate der Population und der Popula-tionsgrofse (~Abb. 2.7). Der quadratische Term hat ein negatives Vorzeichen unddamit ist der Graph eine nach unten geoffnete Parabel. Das Maximum der Wachs-tumsrate der Population liegt bei K/2 ( ~Abb. 2.7b).

• Die Dynamik der Population steigt aufgrund dieser Eigenschaften des Popula-tionswachstums nicht mehr ungebremst an, sondern schwenkt im Laufe der Zeitauf K ein (asymptotische Annaherung an K). K bezeichnet man als Kapazitats-grenze (carrying capacity) (~ Abb. 2.8) und das Svformige Populationswachstumals logistisches Populationswachstum. Ist die Kapazitatsgrenze erreicht, steht diePopulation im Gleichgewicht mit ihrer Umwelt.

• Wir konnen keine Form der Gleichung angeben, mit der die Populationsgrofse fureine beliebige Zahl von Zeitschritten taus der Populationsgrofse zu Beginn berech-net werden kann.Man ist gezwungen, die Populationsgrolse von Zeitschritt zu Zeit-schritt auszurechnen.

Gegenuber dem exponentiellen Wachstum haben wir nur eine Annahme geandert:Die individuelleWachstumsrate ist nicht mehr konstant. Dadurch werden aber impli-zit andere Annahmen notig. So mussen wir fur unser logistisches Modell annehmen,dass nun Rm und K unveranderlich sind . Zudem hat das Modell eine "eingebaute"Zeitverzogerung, Die Dichteabhangigkeit wirkt zum Zeitpunkt t, das Populations-wachstum findet aber von t nach t+ 1 statt.Betrachtet man die Zeitreihen in Abbildung 2.3, so kann man keine Zeitreihe aus-

machen, die einen dem logistischen Wachstum ahnlichen Ssformigen Verlauf zeigt.Den S-formigen Verlauf findet man nur; wenn die Zeitreihe bis hin zu den .Anfangen"der Population zuruckreicht. Dennoch gibt es eine Moglichkeit zu prufen, ob einePopulation sich gernafs dem logistischen Wachstum verhalt, Eine grundlegendeAnnahme der Wachstumsgleichung war ja, dass die realisierte individuelle Wachs-turnsrate mit der Populationsgrofse abnimmt. Diese Rate kann man aus jeder Zeit-

Page 15: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsdynamik 59

100<II~

'00, 75C.2~ 50:;a.oc..

25

K= 100----K= 50

100

<II 50~

'00,'"co

.~

:;a. 5oc..

0-'-"=-- - - - - - - -a b

151051+-- - -,--- - -,--- - ,-o

<II 50~

'00,C.2 10~:;a. 5oc..

100

15105o~~~~=_._-__,_o

100<II~

'0~ 75c.g-S 50a.oc.. 25

c Zeitschritte d Zeitschritte

2.8 LogistischesWachstum der Population: Beispiele fOr logistischesWachstum (in allenBeispielen N{O) = 2) fur verschiedene Kombinationen der Parameter Rm und K (a und c; ent-sprechende logarithmische Auftragung in b, und d). Die PopulationsgroBe ubersteiqt nie-rnaIsdie Kapazitatsqrenze K. JegroBer Rm, umso schneller nahert sich die Population ihreKapazitatsqrenze. In einer logarithmischen Auftragung steigt die PopulationsgroBe an-fanglich linear mit der Zeit an, d. h. zuerst wachst die Population annahernd exponentiell.

reihe berechnen: (N(t + 1) - N(t))/N(t). Eine negative Beziehung zwischen der sogeschatzten individuellen Wachstumsrate und der Populationsgrofse N( t) ware einZeichen fur Dichteabhangigkeit, also fur ein wesentliches Element des logistischenWachstums (~Abb. 2.9).Haufig mussen Populationen eine gewisse Mindestgrofse annehmen, damit z. B.

Paarung oder Balzgeordnet ablaufen konnen. Das gilt besonders bei Organismen mitSozialstruktur. Ein kleines Lowenrudel ist bei der Iagd sicherlich nicht so erfolgreichwie ein Rudel mit vielen Tieren . Damit wird die individuelle Wachstumsrate anfang-lich mit der Population ansteigen und erst nach einem bestimmten Maximalwert wie-der abfallen (Allee-Effekt; ~ Abb. 2.10; Courchamp et al. 1999, Stephens und Suther-land 1999). Dieser Allee-Effekt fuhrt zu einer nichtlinearen Beziehung zwischen R(N)und der Populationsgrofse N, wobei es mitunter zwei Schnittpunkte mit der Abszisse(Populationsgrofse) geben kann (Pfeile in Abb. 2.l0a). Damit existieren fur einePopulation zwei Populationsgrolsen Kl und K2 mit R(N) = O. Beide Zustande stellenwiederum Gleichgewichte dar, die Eigenschaften dieser Gleichgewichte unterschei-

Page 16: Ökologie kompakt || Populationen

60 2 Populationen

Podiceps nigricollis2

~~I

::::-+ 0

~

-10

••

25 50 75 100

Populationsqrofse

2.9 Test aut Dichteabhangigkeit fur die Zeitreihedes Schwarzhalstauchers (.-Abb. 2.3c). FOr dielogistische Wachstumsgleichung wird eine IineareAbnahme der individuellen Wachstumsrate mit derPopulationsgroBe angenommen. Diese Rate lasstsich aus der Zeitreihe schatzen, indem man die Dif-ferenz zwischen zwei aufeinander folgenden Wer-ten auf die PopulationsgroBe bezieht:

N(t+ 1) - N(t)N(t)

den sich aber grundlegend. Betrachten wir dieWachstumsrate der Population (.- Abb.2.10b) . Der Graph dieser Rate gegen die Populatlon sgrofse kann in drei Bereichegegliedert werden: Bereich 1 mit Populationsgrofsen < K1, Bereich II mit Popula-tionsgrofsen K1 <N < K2 und Bereich III mit Populationsgrofsen > K2. Im Bereich IIist die Wachstumsrate der Population > 0 (.- Abb. 2.lOb) . Damit wird die Populationanwachsen, sobald sich die Populationsgrofse in diesem Bereich befindet. Wachst diePopulation tiber K2 hinaus, dann befinden wir uns im Bereich III mit negativerWachstumsrate der Population, was bedeutet, dass die Populationsgrofse wieder mitder Zeit sinken wird. Die Populationsgrofse pendelt sich demnach auf K2 ein. K2 istein stabiles Gleichgewicht. Das kann man daran erkennen, dass die Pfeile fur dieRichtung des Populationswachstums an diesem Punkt aufeinander zeigen. Ein nach

- - - --~ :~~

E 0Qj C 0-

~ "' 0s: ~~u

~ 0 ::l ::l 0_0-'" 0

~ .<: ...OJ u ~

~~ >::l .;:;"tl II>'s g>:c.S c

N =Kl N = K2 N =Kl N = K2

a Popu lationsqrolse b Populationsqrorle

2.10 Beispiel fur eine nichtlineare Beziehung zwischen realisierter individueller Wachs-tumsrate und PopulationsgroBe (Allee-Effekt) (a). Aus der nichtlinearen Beziehung zwi -schen individueller Wachstumsrate und PopulationsgroBe ergibt sich eine Wachstumsrateder Population, die in drei Bereiche zerfallt (b). Bereich I mit einer Abnahme der Popula-tion, Bereich II mit Wachstum der Population und wiederum Bereich III mit einer Abnahmeder Population. Zunahme und Abnahme sind durch die Pfeile Ober der Abbildung symboli-siert . Man beachte, dassbei Kl Bereiche aufeinander treffen, bei denen die pfeile desPopulationswachstum voneinander wegzeigen (Iabiles Gleichgewicht), bei K2 aber Berei-che mit aufeinander zu zeigenden pfeilen (stabiles Gleichgewicht).

Page 17: Ökologie kompakt || Populationen

(2.19)

2.3 Populat ionsdynamik

rechts weisender Pfeil steht fur einen Anstieg der Populationsgrofse, ein nach linksweisender dagegen fur eine Abnahme (Pfeile in Abb. 2.lOb). K1 ist dagegen ein labi-les Gleichgewicht (die Pfeile zeigen vom Gleichgewicht weg). Hat eine Populationgenau die PopulationsgrofseK1) so bleibt die Populationsgrofse unverandert . Dochbereits kleinste Abweichungen fuhren je nach Richtung der Abweichung zu einerunterschiedlichen Richtung des Populationswachstums. Ist eine Population erst ein-mal im BereichI, wird sie weiter unaufhaltsam abnehmen. In einer realen Populationfuhrt das zwangslaufig zum Aussterben.Wird die Population etwas grofser als K1,fuhrt das zu einem Anwachsen in Richtung K2.Die Beobachtung, dass viele populationsdynamische Prozesse in kleinen Popula-

tionen nicht geordnet ablaufen, ist von besonderer Wichtigkeit fur deren Erhalt. FurPflanzenpopulationen konnte gezeigtwerden, dass Samenansatz und Samenqualitateinzelner Individuen mit der Populationsgrofse ansteigt.Sokonnten Fischerund Mat-thies (1998) fur den Deutschen EnzianGentianella germanica zeigen,dassdie Zahl derFruchte pro Pflanze,der Samen pro Frucht und somit die Gesamtzahl der Samen proPflanze mit der Populationsgrotie zunahm. Aufgrund von Experimenten konntezudem nachgewiesen werden, dass diese Korrelation nicht von der Habitatqualitatabhing. Alsmogliche Faktoren kommen Inzucht aber auch Bestauber in Frage.

2.3.3 Kontinuierliches Populationswachstum

BishererfolgtedasWachstumder Population in diskreten Zeitschritten. DieWertederParameter waren von der Dauer des gewahltenZeitschrittes abhangig.VieleOrganis-men (z. B. Bakterien,Menschen) haben iiberlappende Generationen (kontinuierli-ches Populationswachstum). Zur Beschreibung des kontinuierlichen Populations-wachstums berucksichtigen wir zunachst wieder die Lange des Zeitschrittes. DieWachstumsrate der Population in einem Zeitschritt !:.tergibt sich zu

N(t+t:..t)-N(t)~t

Wir betrachten nun dieseWachsturnsrate der Population bei immer kleiner wer-denden Zeitschritten. Der Differenzenquotient

61

~N(t) h d . . O'f'C . I . dN(t) lib-----;;:t ge t ann m emen I rerenzia quotienten~ u er. (2.20)

Fur exponentiellesWachstum mit diskreten Generationen war die Wachstumsrateder Population R N(t), also proportional zur Populationsgrofse. Ganz entsprechendsolI beim kontinuierlichen Populationswachstum die Wachstumsrate der Populationproportional zu N( t) sein.BeimdiskretenWachstumwar die individuelleWachstums-rate Rein Proportionalitatsfaktor, der von der Langedes Zeitschrittes abhing und derden Beitragjedes Individuums am Populationswachstum beschrieb. Fur das kontinu-ierlicheWachstumbrauchen wir ebenfalls einen Proportionalitatsfaktor, den wir mit rbezeichnenwollen, da er sich auf kleineZeitschritte bezieht. Oann ergibt sich:

dN(t) =r N(t)dt

(2.21)

Page 18: Ökologie kompakt || Populationen

62 2 Populationen

Fur eine explizite Darstellung wird diese Differenzialgleichung integriert:

N(t) = N(O) eT/ (2.22)

Damit konnen wir fur jede beliebige Zeit t die Populationsgrofse aus der anfang-lichen Populationsgrofse sowie dem Parameter r berechnen (die Uberfuhrung der dis-kreten Gleichung fur exponentielles Wachstum in die kontinuierliche Form findetsich in Case 2000). r hat die Einheit Individuen pro Zeit und kann daher aufbeliebigeZeitschritte umgerechnet werden. Vergleicht man die Gleichungen fur exponentiellesWachstum im diskreten und kontinuierlichen Fall, so kann man die Beziehung zwi-schen Aund r ableiten , wobei Tim diskreten Fall die Anzahl der Zeitschritte ist. Daman die kontinuierliche Gleichung fur beliebige Zeitschritte benutzen kann gilt:

N(T) =AT N(O) =N(O) erTAT = erTTln(A) = rTIn(A) =r bzw. A=er

(2.23)(2.24)(2.25)(2.26)

Entsprechend kann man auch ein kontinuierliches Populationswachstum mit Dich-teabhangigkeit ableiten, indem man r linear mit N abnehmen lasst. Ganz entspre-chend wie fur R ergibt sich:

dN(t) =r N (t )(l- N(t ))dt m K

Die integrierte Form der Gleichung lautet:

N (t)= K1+K-N(O ) -rmt

N(O) e

(2.27)

(2.28)

Meist (zu Ausnahmen kommen wir etwas sparer) ergeben die Modelle fur logisti-schesWachstum in der diskreten oder kontinuierlichen Form eine ahnliche Dynamikder Populationsgrofse, sodass wir die kontinuierlichen Gleichungen nicht weiter dis-kutieren mussen, Die Annahmen entsprechen sich ebenfalls, mit zwei Ausnahmen:Zum einen wurden die diskreten Zeitschritte aufgegeben, zum anderen wirkt dieDichteregulation ohne Zeitverzogerung.

2.3.4 Populationswachstum und Altersstruktur

Nahezu aIle physiologischen Phanomene verandern sich in geordneterWeisemit demAlter eines Individuums (S. 37 und ~ Kasten 2.2). Zudem unterscheidet sich dieLebensgeschichte der Individuen in einer Population (z. B.wann das erste Mal lung-tiere geboren werden; in welchen Intervallen ein Individuum Nachkommen hat ).Lebenstafeln (life history tables) erfassen dies in Tabellenform. Wir betrachtenzunachst eine Insektenart, die sich uber mehrere Larvenstadien in diskreten Genera-tionen entwickelt (~ Tab. 2.2).Wir bezeichnen aIle Individuen, die in einem gewissen

Page 19: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populat ionsdynamik 63

Tabelle 2.2: Beispieleiner Lebenstafel fur eine Kohorte von Individuen mit diskreten Larvenstadien.Bei diesemBeispielhandelt essichum die Heuschrecke Chorthippus brunneus. Vereinfacht nach Richards und Waloff (1954).FOr die Erklarung der Spalten sieheText.

Spaltel Spalte 2 Spalte 3 Spalte 4 Spalte 5 Spalte 6 Spalte 7 Spalte 8 Spalte 9 Spalte 10Stadium x a, I, d, q, k, F, m, I,m,

Eier 44000 1,000 0,920 0,920 1,099

Larven I 2 3500 0,080 0,023 0,286 0,146

Larven II 3 2500 0,057 0,014 0,240 0,119

Larven III 4 1900 0,043 0,011 0,263 0,133

Larven IV 5 1400 0,032 0,002 0,071 0,032

Imago 6 1300 0,030 0,030 1,000 22000 16,9 0,50

Zeitraum geboren werden, als Kohorte. Die Individuen einer Kohorte durchlebenSchritt fur Schritt die einzelnen Lebensstadien, in unserem Fall Larvenstadien. InTabelle 2.2 sind nun in einzelnen Spalten die wichtigen Kennzahlen einer Kohorte furdie verschiedenen Larvenstadien zusammengefasst. Eigentlich enthalten nur zweiSpalten erhobene Daten . Die anderen Spalten wahlen nur einen anderen Betrach-tungspunkt, sodass die in den Daten enthaltene Information je nach Fragestellungmoglichst offensichtlich wird:

• Spalte 1 benennt die Entwicklungsstadien. Spalte 2 nummeriert diese Stadien vonI (Eier) bis 6 (Imagines). Wir kennzeichnen diese Stadien oder auch Altersklassenmit x.Beide Spalten sind wichtig fur die Buchfuhrung.

• Spalte 3 enthalt einen Teil der Freilanddaten, namlich die Anzahl von Individuender Kohorte, die bis zum jeweiligen Stadium x uberlebt haben (aJ.

Kasten 2.2 Altersaufbau einer menschlichen Population --------Die menschliche Population besteht aus rund 100Jahrgangsklassen und zwei Geschlechtern. Obli -cherweise wird dies in Alterspyramiden aufgetra-gen, bei denen die JOngsten zuunterst und die AI -testen zuoberst , Frauen rechts, Manner links dar -gestellt werden.SolchePyramiden spiegeln wichtige biologische

und soziale Aspekte einer Bev61kerung wider. DerAltersaufbau der deutschen Bev61kerung vorn31.12.2000 (Abbi ldung oben) zeigt, dass es in derjOngeren Halfte der Bev61kerung einen Manner-Oberschuss gab (weil mehr mannl iche als weibli -che Kinder geboren werden) und in der alterenHalfte einen FrauenOberschuss (wei l die Frauen ei-ne geringere Sterblichkeit haben) . H6here Morta-litatsraten wahrend der beiden Weltkriege zeigensich zweifach: Ais reduzierte Jahrgangsstarke und

spater als Geburtenausfall. Eine starke Abnahmeder Jahrgangssta rke ab etwa 1965 ist auf ein ver-andertes Reprodukt ionsverhalten und auf ein da-mals breit verfOgbares neues VerhOtungsmittel(die Pille) zurOckzufOhren (Pillenknick).Die Veranderung desAltersaufbaus im 20. Jahr-

hundert zeigt, dass zu Beginn ein pyramidenart i-ger Aufbau bestand (Abbildung unten), d. h. dieBev61kerung du rch eine hohe Geburtenrate undhohe Mortal itat gekennzeichnet war. Dies ent-spricht weitgehend dem fur ein heutiges Entwick-lungsland typischen Aufbau. Die fo lgenden Ab-bildungen zeigen, dass die Mortalitat abnimmtund die Lebenserwartung steigt. Die beiden Welt-kriege verzerren jedoch den ehemals regelmal3i -gen Aufbau der Alterspyramide.

Page 20: Ökologie kompakt || Populationen

64 2 Popu lationen

MannlichAlter in )ahren

100Weibllch

.-----.----(''--- .----+ 0

Mann er iiberschuss --

800

'\ Pillenknick

Fraueniiberschu ss

Geburt enausfall wahrend~ der Wirtschaftskrise

um 1932

~ Geburt enausfallim 1. Weltkrieg

200 400 600Tausend je Altersjahr

o

20

30

10

40

50

70

80

60

90

o

Geburtenausfallim 1. Weltk rieg

800 600 400 200Tausend je Altersjahr

Geburtenausfa llwah rend derWirtschaftskriseum 1932

Gefallene des2. Weltkriegs

/Pillenknick

GeburtenausfallEnde des2.Weltkriegs

1983

10 5 0 5 1010 5 0 5 10

19611939

10 5 0 5 10

1925

10 5 0 5 10

1910100 Manner Frauen80

~s: 60'"~... 40~

< 20

010 5 0 5 10

Promille

Oben: Au fbau der Bevolkeru nq Deutschlands am 31.12.2000. Nach www.destat is.de.; unten: Aufbau derBevolkerunq in Deutschland zu fOnf Zeitpunkten von 1910 bis 1983. a) erster Weltkrieg, b) zweiter Welt -kr ieg. c) Pillenknick. Nach Birg (1989).

Page 21: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsdynamik

• Die Angaben von Spalte 3 werden naturlich von Untersuchung zu Untersuchungschwanken, sodass ein Vergleich von Lebenstafeln nur schwer moglich ist. Spalte 4stellt eine Vergleichsbasis her, indem die Eintrage von Spalte 3 auf eine feste Aus-gangszahl in der Klasse x = 1 bezogen werden . Meist wahlt man dazu den Wert 1(manchmal auch 1000). Dieser Wert sei /1 ' Dann ergibt sich:

/ = Ilax •Fur / = 1 folgt I = ~ (2.29)x a

lI x a

l

Mit /1 = 1 kann jeder Eintrag in Spalte 4 alsWahrscheinlichkeit aufgefasst werden,mit der ein Individuum von der Altersklasse 1 bis hin zur Klasse x uberlebt CUber-lebensrate; wir werden im Weiteren immer von II = 1 ausgehen). Man tragt haufigdie Werte von /x gegen x auf und erhalt so eine Uberlebenskurve (.. Abb. 2.11).

• In Spalte 5 wird nun der Anteil von Individuen dxerrechnet, der wahrend cines Ent-wicklungsstadiums stirbt: dx = /x-/x+I ' Jemehr Individuen in einem Stadium leben,umso mehr Individuen sterben auch, was einen Vergleich von Lebenstafelnerschwert. Man ist daher am Anteil der Individuen interessiert, die wahrend einesStadiums sterben, und bezieht die im Stadium x sterbenden Individuen auf dieGesamtzahl an Individuen in x (altersspezifische Mortalitatsrate qx; Spalte 6):

65

Da / =ax und damit a = a j / folgtx at x x

(2.30)

(2.31)

(2.32)

Wie man sieht, kann die altersspezifische Mortalitatsrate aus verschiedenen Spaltender Lebenstafel errechnet werden.

• 1m Gegensatz zu den dx-Werten konnen die qx-Werte nicht einfach aufsummiertwerden. So ergibt sich die Mortalitatsrate fur die gesamte Larvenperiode nicht ein-fach aus der Summe %+ q3 + q4 + qs' Dies wird durch Spalte 7 erreicht. Diese Spalteberechnet die so genannten killing power kx mit kx = log(a) -log(ax + I)' Da ax =a l Ix und damit nach den Rechenregeln fur Logarithmen log(a l l) = log(a l ) +

1,0

2 0,1Qj

~ 0,01CQj

0.001..0Qj-.::Qj..0 0,0001'::::l

0,00001

0,0000011 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Altersklassen

2.11 Oberlebenskurven. Auf derAbszisse werden die Altersklassen,auf der Ordinate die Oberlebens-rate ', abgetragen. Die Oberle-bensrate wird dabei meist loga-rithmisch transformiert. Die Datenfur die beiden Beispiele wurdenTabelle 2.2 und Tabelle 2.3 ent-nommen.

Page 22: Ökologie kompakt || Populationen

66 2 Populat ionen

log(l) folgt kx = log(l) - log(Ix + I)' Die kx-Werte durfen aufsummiert werden,sodass sich der kx-Wert fur die Larvenperiode aus k2 + k, + k4 + k; ergibt.

• Damit sind aIle wichtigen Spalten, die das Uberleben der Individuen betreffen,besprochen, und wir wenden uns dem Nachwuchs zu (Spalte 8). Diese Spalte ent-halt wie Spalte 3 Freilanddaten. Insekten legen nur als Imagines Eier, sodass ein Ein-trag nur fur das letzte Stadium moglich ist. Man findet dort die Summe aller ineiner Altersklasse gelegten Eier bzw. produzierten Iungtiere. In Spalte 9 wird dieseAngabe auf die Imagines bezogen: mx= Fx/ ax' Somit ist mxdie mittlere Zahl geleg-ter Eier pro Imago. Da sich die Eizahl pro Individuum mit dem Alter andem kann,spricht man von altersspezifischer Fekunditat.

Aus einer Lebenstafel lasst sich die Populationsdynamik ableiten. Dazu nehmen wirwieder an, dass es sich um eine Population ohne Zu- und Abwanderung handelt. Wirmussen noch zusatzlich festlegen, welches Stadium wir fur die Populationsdynamikbetrachten wollen. Es liegt nahe, dass wir uns fur die Imagines entscheiden. Nach derfundamentalen Gleichung ergibt sich N(t+ 1) = N(t) +Geburten - Sterbefalle. Da inunserem speziellen Beispiel keine Imagines von einer Generation zur anderen uberle-ben und so zur Populationsgrofle der nachsten Generation beitragen, ergibt sich diePopulationsgrofse N( t + 1) aus der Anzahl der gelegten Eier, die sich bis hin zumImago entwickeln konnen. Damit ist N( t + 1) gleich der Anzahl durch die Imaginesder Generation t produzierten Nachkommen abzuglich der Zahl an Nachkommen,die wahrend ihrer Entwicklung zum Imago sterben. Die Zahl der Geburten ergibt sich

6

aus der Summe aller Eintrage in Spalte 8 (Llx; im Fall unserer speziellen Lebensta-x=1

fel hat diese Summe nur einen Summanden gro6er 0,F6 ) . Die Sterbefalle ergeben sichaus der Summe aller Geburten multipliziert mit dem Anteil aller Individuen, die vomEi bis hin zum letzten Larvenstadium sterben:

sLA = (II - 16) = (l - 16) ,x=1

Macht man sich zudem klar, dass N(t) = a6, so folgt:

(2.33)

6 6 6N(t+ 1)=Llx -(l-16)~)X =:6 Ll x

1 1 1 I6

Llx 6 6 6R = _ I - ='" Fx='" mxax ="'1 mo a L. a L. a L. x x

I 1 I 1 1 1

= ~N(t) (2.34)

(2.35)

~ bezeichnet man als Vermehrungsrate (oder Nettoreproduktionsrate) . Fur unse-ren Fall ist Ro= A(man vergleiche das exponentielle Wachstum im diskreten Fall mitobiger Gleichung) . Spalte 10 wurde eingefuhrt, um die Nettoreproduktionsrate ein-

Page 23: Ökologie kompakt || Populationen

(2.37)

2.3 Po pu la t io nsdynam ik

fach bestimmen zu konnen. Ro hat zwei unterschiedliche Bedeutungen. Erstensbeschreibt Ra die mittlere Anzahl von Nachkommen, die ein durchschnittliches Indi-viduum im Laufe seines Lebens hervorbringt, und zweitens beschreibt Ra auch denWachstumsfaktor (5. 55) der Population von Generation zu Generation.Die Lebenstafel in Tabelle 2.2 ist ein spezieller Fall, bei dem die Generationen klar

getrennt waren. Viele Arten haben aber uberlappende Generationen. Generell ergibtsich die Interpretation dieser Lebenstafel aus den Erfahrungen von Tabelle 2.3 (dieUberlebenskurve fur Tabelle 2.3 findet sich in Abbildung 2.11). Etwas schwieriger istnur die Interpretation von Ro'Wie in Tabelle 2.2 ist auch im vorliegenden Fall Rodiemittlere Anzahl von Nachkornrnen, die durch ein Individuum im Laufe seines Lebenshervorgebracht wird. Aber welche Bedeutung hat dieses Rofur das Populationswachs-tum, also in welcher Beziehung stehen Round r (die Seepocke zeigt ein kontinuierli-ches Wachstum)? 1m Faile der Heuschrecke konnte die Population im Laufe einesZeitschrittes urn den Faktor Ro= Aanwachsen . Ein Zeitschritt entsprach einer Gene-ration. Ro beschreibt also das Populationswachstum in Schritten von Generationenund bezieht sich daher auf die mittlere Dauer T einer Generation. Nach einer Zeit vonTgilt N(T) = RoNo sowie N(D = N(O) erT und damit

r = IniRo). (2.36)

Man kann aus den Angaben in einer Lebenstafel eine Naherung fur die Generations-dauer ableiten:

k

Lx1xrnxy", _l,-;-_ _

k

L1xrnxI

k steht fur die maximale Zahl an Alterklassen.

Tabelle 2.3: Lebenstafel fur die Seepocke Balanus glandula. Nach Connell (1970). 1mGegensatz zu Tabelle 2.2 handelt es sich bei diesem Beispiel aber um eine Art, bei der dieIndividuen lanqer als eine Generation Oberleben (Oberlappende Generationen). DieLebensgeschichte der Individuen wird daher nicht nach Stadien sondern nach dem Lebens-alter (in Jahren) erfasst. FOrdie Erklarunq der Spalten siehe Text.

x a, I, d, q, k, m, I,m,

1 1000000 1,0 0,999938 1,000 4,208 0 02 62 0,000062 0,000028 0,452 0,261 4600 0,2853 34 0,000034 0,000014 0,412 0,097 1600 0,2964 20 0,000020 0.000004 0,200 0,163 11600 0,3205 16 0,000016 0,000005 0,313 0,163 12700 0,2036 11 0,000011 0,000004 0,364 0,196 12700 0,1407 7 0,000007 0,000005 0,714 0,544 12700 0,0898 2 0,000002 0,000000 0,000 0,000 12700 0,0259 2 0,000002 0.000002 1,000 12700 0,025

67

Page 24: Ökologie kompakt || Populationen

68 2 Populationen

In unseren beiden Beispielen haben wir aile Individuen gleich bewertet. BeiSeepo-cken macht das Sinn, da diese Organismen Zwitter sind, also aile Individuen Nach-kommen produzieren. Bei den meisten Tierarten gibt es aber Mannchen und Weib-chen, die eine ganz unterschiedliche Lebensgeschichte haben konnen, So sind dieUberlebenskurven fur Mannchen und Weibchen haufig recht unterschiedlich, da aufbeide Geschlechter unterschiedliche Faktoren wirken (z. B.Risiko der Balzbei Mann-chen und Risiko der Brutpflege beiWeibchen; ~ Abb. 2.12c). Man kann Lebenstafelnfur mannliche und weibliche Individuen getrennt ersteilen. Naturlich entfailen Fx undmx fur Mannchen, sodass auch Roeigentlich nur fur Weibchen definiert ist. Im Bei-spiel der Heuschrecken haben wir nicht zwischen Mannchen und Weibchen unter-schieden. mx ist dabei ein Mittelwert tiber aile Individuen, also Mannchen und Weib-chen.Uberlebenskurven lassen sich in drei Typen einteilen (~ Abb. 2.12a). Beim Typ I

sterben die meisten Individuen an Altersschwache, sodass die Uberlebenskurve erstbei den hohen Altersklassen stark abfallt. Beim Typ II ist die Mortalitatsrate fur aileAltersklassen gleich, sodass sich bei einer logarithmischen Auftragung der Oberle-benskurve eine Gerade ergibt . Beim Typ III sterben die meisten Individuen in den

0,001 +--.---r---,--r--.---.---,---.o 2 4 6 8 10 12 14 16

Altersklassen (jahre)

~

~~sc:¢I.0~0;.0'::::l

a

1,0

~

~~ 0,1sc¢I.0¢I-.::: 0,01¢I.0:::::l

b

Ciconia ciconia 1,0

~~~c:¢I.0¢I-.:::¢I 0,1.0:::::l

co 5 10 15 20 25

Altersklassen (zwei Wachen)

2.12 Die drei qrundsatzlichen Typen von Oberlebenskurven (a) sowie Beispiele tOr realeOberlebenskurven vom WeiBstorch (b) und einer amerikanischen Eidechsenart (c). BeimWeiBstorch ist die Gerade tOr eine konstante Mortalitatsrate eingezeichnet. Beachte, dasskeine der realen Oberlebenskurven den idealisierten Typen entspricht. Daten tOr (b) nachBairlein und Zink (1979), fur (c) nach Tinkle (1967).

Page 25: Ökologie kompakt || Populationen

2.3 Populationsd ynam ik

jungen Altersklassen. Die Uberlebenskurve fallt in den jungen Altersklassen sehr starkabo Die beiden von uns beispielhaft analysierten Lebenstafeln entsprechen Typ III (vgl.Abb. 2.11 mit 2.12a), wahrend fur Typ I Grofssauger, aber auch der Mensch Beispielesind. RealeUberlebenskurven entsprechen aber selten den in Abbildung 2.12a darge-stellten Idealisierungen. Vielmehr sind sie Versatzstiicke aus den drei Grundtypen. Soergibt sich beim WeiBstorch fur die mittleren Altersklassen ein linearer Verlauf (TypII; mit dem Alter konstante Mortalitatsrate; ~ Abb. 2.12b). Fur die junge Alterklasseund die beiden hochsten Altersklassen ergeben sich jedoch Abweichungen.Man kann ~, T und davon abgeleitet r benutzen, urn das Wachstum der gesamten

Population naherungsweise zu beschreiben. Da wir keine Riickkopplungen der Popu-lationsdichte auf Geburten und Sterbefalle eingebaut haben, ist das Wachstum derPopulation exponentiell, solange die Lebenstafel fur den betrachteten Zeitraumreprasentativ ist. Die Dynamik der gesamten Population sagt aber noch wenig uberdie Dynamik der einzelnen Altersklassen und damit der Alterstruktur aus. Man kanndie Dynamik der einzelnen Altersklassen aus der Lebenstafelleicht mithilfe eines Pro-gramms fur Tabellenkalkulation errechnen (~Abb. 2.13). Die Anzahl Individuen inder Altersklasse x = 1zum Schritt t+ 1ergibt sich aus der Summe der alterspezifischenFekunditaten, multipliziert mit der jeweiligen Individuenzahl der Altersklasse. DieIndividuenzahl in Altersklasse x = 2 ergibt sich aus (I - q,) a" in der Altersklasse 3 zu(1 - q) a2 uSW. qx ist die Mortalitatsrate und damit ist natiirlich 1 - qx der Anteil anIndividuen, der von x nach x + 1 iiberlebt. Beachte den Unterschied zwischen 1 - qxund Ix: Ixgibt die Uberlebenswahrscheinlichkeit von der ersten Altersklasse bis zurAlterklasse x an, wahrend 1 - qxdie Wahrsche inlichkeit des Uberlebens von einer zurnachsten Altersklasse angibt. In Abbildung 2.14 wurde die Berechnung mit einerextremen Altersverteilung gcstartet: 100 Individuen in Altersklasse 1 (N,(O) = 100);man benotigt neben der Zeit nun noch einen weiteren Index, urn auch die Altersklas-

Nl(l + 1) =1 N2(1)+ 2 N3(1)+ 1 N4(1)

I I I

N l(1) N2(1) N 3(1) N4(1)

N2(I + 1) =0,8 N~ 0,5 N~ 0,25 N~

N l (1 + 1) N2(1+ 1) N3(1+ 1) N4 1+ 1

2.13 Populationswachstum mit Altersklassen. DasSchemazeigt das qrundsatzliche Vorge-hen tOr vier Altersklassen. Die Oberlebensraten betragen 0,8, 0,5 und 0,25 fOr den Ober-gang von Altersklasse 1 zu 2, von 2 zu 3 bzw. von 3 zu 4. Danach sterben aile Individuen.Junge werden nur von den Altersklassen 2 bis 4 hervorgebracht und zwar pro Individuumein, zwei bzw. ein Jungtier.

69

Page 26: Ökologie kompakt || Populationen

70 2 Populationen

sen spezifizieren zu konnen und keine Individuen in allen anderen Altersklassen. DieIndividuenzahlen fur die einzelnen Altersklassen wurden gegen die Zeit aufgetragen,wobei die Ordinate logarithmisch transformiert wurde. Falls das Wachstum expo-nentiell ist, sollten sich Geraden ergeben.

• Nach wenigen Zeitschritten zeigen die Individuenzahlen in allen Altersklasseneinen linearen Verlauf. Damit wachst unsere Population exponentiell.

20

40

a

103 1 2

..fi;. /./..",'". -I

i ~1 .~~~4 -3-2 -1-==-__4 -I3-•2-;-1-_

40

bo

•5 10

Zeitsch ritte15 20

4 _

H~4 - 203 -21-= = __4-13-.2 '_1-__

I I0,5

Haufigke it (%)

2.14 Populationswachstum mit Altersklassen fOr die Population in Abbildung 2.13. In (a)wurde die Population mit 100 Individuen in Altersklasse 1 gestartet (N1(0) = 100,N2(0) =N3(0) = N4(0) = 0) und dann fur aile folgenden Zeitschritte die PopulationsgrOBe entspre-chend dem Schema berechnet. Damit ergibt sich die Zahl der Individuen in Altersklasse 2zur Zeit t + 1 mit N/f + 1)=0,8 N,(t). Die Individuenzahl in Altersklasse 1 ist die Summe derJungtiere, die von den Altersklassen 2 bis 4 hervorgebracht werden. Beachte, dassnachanfanqllchen Schwankungen sich eine Gerade ergibt (Ordinate logarithmisch transfor-miert). Damit wachst die Population exponentiell. Die kleinen Abbildungen zeigen dieAltersstruktur (relative Haufiqkeit der Altersklassen 1 bis 4 zu Beginn sowie nach 20 und 40Zeitschritten, also auch nach einer Zeit, die in (a) und (b) nicht mehr dargestellt ist).Beachte die Altersstruktur ist nach 20 und 40 Zeitschritten gleich. Startet man die Berech-nungen mit 100 Individuen in Altersklasse 4 (N4(0) =100;N,(O) =N2(0) =N3(0) =0), sindzwar die anfanglichen Schwankungen etwas anders, aber esstellt sich ein identischesPopulationswachstum sowie dieselbe Altersstruktur ein (b). Da in (a) und (b) die Populati-onen mit einer extremen Altersverteilung gestartet wurde, kommt esvor, dasseinzelneAltersklassen mit keinem Individuum besetzt sind. Daher kann fur diese Altersklassen keinLogarithmus berechnet werden. Urn dies zu verdeutlichen, sind dann die zeitlich aufeinan-der folgenden Werte nicht durch Striche verbunden.

Page 27: Ökologie kompakt || Populationen

2.4 Evolution von Lebenszyklen

• Die Individuenzahlen fur die einzelnen Altersklassen verlaufen parallel. Damit hatsich eine stabile Altersverteilung eingestellt .

• Startet man die Population mit einer ganzlich anderen Altersklassenverteilung(z. B.alle Individuen in der hochsten Altersklasse N/O) = 100; ~Abb. 2.14b), dannstellt sich nach wenigen Zeitschritten das gleiche Populationswachstum und diegleiche Altersverteilung ein.

• Durch Veranderungen der Eintrage in die Lebenstafel kann man deren Auswirkungauf die Altersverteilung leicht untersuchen. Fur A> 1muss bei stabiler Altersstruk-tur der Anteil der Altersklasse an der Gesamtpopulation mit dem Alter abnehmen(~Abb. 2.14). Mit zunehmendem Asteigt der relative Anteil der Individuen in denunteren Altersklassen . Allein aus der Altersstruktur einer Population kann mangewisse Aussagen uber den Zustand der Population treffen . Sind z. B. hohe Alters-klassen haufiger als jungere Altersklassen, kann es sich nicht urn eine wachsendePopulation handeln ( ~Kasten 2.3).

Die Lebensaufserungen von Pflanzen hangen meist mehr von der GroBe ab als vomAlter. So muss bei vielen Pflanzen z. B. die Blattrosette eine Mindestgrolse erreichen,bevor Bluten angesetzt werden. Unter ungunstigen Bedingungen kann sogar diePflanze wieder kleiner werden. Solche komplexen Lebenszyklen kann man mit ganzahnlichen Methoden, wie im Falle der Altersklassen beschrieben, bearbeiten, nurbenutzt man hier nicht Alterklassen sondern z.B.Grofsenklassen . Individuen rnussennicht zwangslaufig von einer Klasse zur nachsten vorrucken, sondern konnen in einerGroBenklasse verharren bzw. sogar eine oder mehrere Klassen zuruckgestuft werden.Die Wahrscheinlichkeiten fur die Ubergange eines Individuums zwischen den ver-schiedenen Klassen kann man durch detaillierte Freilandbeobachtungen erfassen undin einer Obergangsmatrix zusammenfassen. Damit lasst sich dann entsprechend wiein Abbildung 2.13 die Dynamik der Pflanzenpopulation beschreiben

2.4 Evolution von LebenszyklenUnter einem Lebenszyklus verstehen wir die Summe aller im Laufe eines Lebens mog-lichen Lebensaufserungen eines Individuums und deren okologische Auswirkungen.Lebenszyklen unterscheiden sich zwischen Arten. Ein extremes Beispiel sind iteropareund semelpare Arten. Die meisten Organismen reproduzieren sich im Laufe ihresLebens mehrmals (iteropare Arten). Es gibt aber auch Arten, die nur einmal, dannmeist am Ende ihres Lebens, zur Fortpflanzung schreiten. Derartige semelpare Artenfinden sich vor allem bei Pflanzen. Viele einjahrige Pflanzen setzen nur einmal Blutenan. Manchmal muss eine Art Iahrzehnte alt werden, bevor Nachkommen produziertwerden und das Individuum dann abstirbt (z. B. Bambusarten). Semelpare Tierarten(z. B. manche Spinnen, Lachs) treten vergleichsweise weniger haufig auf als semelparePflanzenarten.Unterschiede im Lebenszyklus beruhen auf Evolution. Durch die Evolution veran-

dern sich immer dann Merkmale (in unserem Fall Elemente des Lebenszyklus), wenndie Auspragung der Merkmale erblich ist, zwischen Individuen genetisch bedingteVariation in der Auspragung der Merkmale auftritt und die Merkmale der Selektion

71

Page 28: Ökologie kompakt || Populationen

72 2 Populationen

- Kasten 2.3 Der demographische Obergang

2000

2000

1950

19501900

1850 1900)ahr

1850

Industrielander I

Sterberate

1800

1800

IEntwicklungslanderI

0 +---,.- -,-- ,--,-- .,--,-- -,---,.- -,---.1750

Gebu rtenrate

30

gang ist daher dort noch lange nicht abgeschlos-sen (untere Abbildung) .Die Bevolkerunq in den Industriestaaten wachst

daher heute nicht mehr, in den Entwicklungslan-dern weist sie aber imme r noch einen starken Zu-wachs auf. NatOrlich gibt esvon Staat zu Staat be-deutende Unterschiede. Nach Nentwig (2005) undwww.dsw-online.de.

20

10

40

50 pro 1000

10

pro 1000 Mio.35 , 5

30 425

20 3

15 210

t:5 1Bevolkerunq

0 ,Zeit

50 pro 1000

40

30

20

Aus Kasten 2.1 geht hervor, dass die menschli-che Bevolkerunq exponentielle und Oberexpo-nent ielle Wachstumsphasen aufweist. Gleichzei -t ig wird festgestellt, dassWachstum nicht unbe-grenzt andauern kann und dassdie Zuwachsratenin den Indust riest aaten bzw. in den Entwicklungs-landern verschieden sind. Dem Iiegen zwar diegleichen zentralen demographischen Parametervon Geburten- und Sterberate zugrunde, beideParameter sind jedoch nicht konstant, und sie ver-andern sich in beiden Teilen der Welt unter-schiedlich.Die Pro-Kopf-Sterberate nimmt ab, wenn sich

die Ernahrunqssltuation und die hygienischen Le-bensbedingungen verbessern bzw. eine gute ge-sundheitliche Versorgung qewahrlelstet ist. Hier-durch wird das Oberleben berechenbarer und Fa-milien konnen gezielter geplant werden. WennKenntnisse und Mittel zur EmpfangnisverhOtungvorhanden sind und Kinder wegen stabiler Sozial-und Rentensysteme nicht als billige Arbe itskrafteoder zur Altersvorsorge benotiqt werden, sinktdie Geburtenrate. Verbesserte Ausbi ldungschan-cen fOr Frauen senken ebenfalls den Kinder -wunsch; traditionelle Gesellschaften, in denenKindern (oder mann lichen Nachkommen) Status-wert zukommt, erhohen ihn .DieserWechsel von einem Niveau hohe r Gebur-

ten- und Sterberate zu einem niedrigen Niveauwird als demographischer Obergang bezeichnet.Da in der Mitte des Obergangs die Nettozuwachs-rate am grol3ten ist, ist dieser Obergang gleich-zeitig der Wechsel von einer niedrigen zu einerhohen Bevolkerunqsqrofse (obere Abbildung) .In Europa und anderen Industriestaaten hatteder demographische Obergang spatestens im19. Jahrhundert begonnen und ist inzwischen fastOberall abgeschlossen (mittlere Abbildung). Inden Entwicklunqslandern mussten die techni-schen und sozialen Errungenschaften weitgehendimporti ert werden, sie hatten z. 1. MOhe, sichdurchzusetzen, und sind bis heute nicht vollstan-dig implement iert. Der demographische Ober-

Page 29: Ökologie kompakt || Populationen

2.4 Evolution von Lebenszyklen 73

unterliegen. Fur viele Elemente des Lebenszyklus ist bekannt, dass sie erblich sind. Dasich in der Evolution immer diejenigen Organismen durchsetzen, die in einerbestimmten Umwelt das hochste Vermehrungspotenzial haben, also

(2.38)max

L)xmx=[

maximieren, sind von einem naiven Standpunkt aus die wesentIich en Elemente fureinen erfolgreichen Lebenszyklus eigentIich klar : Die Organismen sollten geringeMortalitatsraten haben, damit sie ein hohes Lebensalter erreichen und ein groBesVer-mehrungspotenzial besitzen. Dass diese naive Vorstellung in der Natur nicht erfulltist, zeigt bereits ein fluchtiger Blick auf das Pflanzen- bzw. Tierreich. Wie kann mandie Evolut ion der Vielfalt an Lebenszyklen erklarenrDie Energie, die ein Individuum im Laufe seines Lebens aufwenden kann, ist

zwangslaufig begrenzt. Dam it steht Energie, die fur eine Aktivitat verbraucht wurde,fur andere Aktivitaten nicht mehr zur Verfugung. Grundsatzlich kann sie in Nach-kommen oder Korperreserven umgesetzt werden. Die Produktion von Nachkommenerhoht zwar kurzfristig die Reproduktion, aber auch zwangslaufig die Mortalitatsrate(~ Abb. 2.15). Derart ige gegenlaufige Auswirkungen einzelner Aktivitaten im Lebens-zyklus bezeichnet man als trade-off(~ Abb. 2.15).Welche der vielen mogl ichen Stra-tegien uber die gesamte Lebenszeit eines Ind ividuums hinweg zu mehr Nachkommenfuhrt, hangt von der Umwelt aboIrn Laufe der Evolution haben sich je nach Selek-

120 . Pseudo/suga meruiesii"OJ' 110Olc:

E .~:> ~ 100_.J:.'" ....J:.-u ~

... 01 903:"0s'iii 2.15 Beispiele fur trade-offse 80

zwischen Elementen des Lebens-70 zyklus . a) Trade-off zwischen

° 500 1000 1500 2000 Reproduktion und Zuwachs furZapIen pro Baum eine Baumart. Jeder Punkt in der

a Abbildung symbolis iert ein Baum-individuum. Je mehr Zapfen ein

0,5 Individuum produziert, destoCervus etaphusweniger Zuwachsleistung zeigt. 0,4 dieses Individuum. Die Zuwachs-

.g leistung wurde anhand der~s 0,3 Baumringe geschatzt. b) Trade-

mit Klilbern off zwischen Oberleben und~~;;; 0,2 Reproduktion fur weibliche Rot-t:: hirsche . Fur aile Altersklassen ist0::a: 0,1 die Mortalitatsrate von Altt ieren

mit Kalbern groBer als fur Alt-0,0 tiere ohne Kalber, a) nach Eis et

5 10 al. (1965), b) nach Clutton-Brockb Altersklassen (jahre) et al. (1983).

Page 30: Ökologie kompakt || Populationen

74 2 Populatione n

tionsregime der Umwelt bestimmte Strategien herausgebildet. Entscheidend ist dabeidie Reproduktionsleistung eines Individuums im Laufe seines gesamten Lebens (Fit-ness) .Stellen wir uns eine Art mit einem trade-offzwischen Korpergrofse und Anzahl von

[ungtieren vor: Ie grolser das Individuum beim Eintritt in das Reproduktionsalter ist,desto mehr Nachkommen kann dann das Individuum in jedem Iahr produzieren.Aber urn eine bestimmte Korpergrofse zu erreichen, braucht es eine gewisse Zeit,sodass grofsere Individuen erst spater mit der Produktion von Nachkommen begin-nen konnen (~ Tab. 2.4). Nehmen wir fur unser Beispiel an, dass fur jedes zusatzlicheIahr, das fur den Aufbau der Korpergrofie genutzt wird, in den Folgejahren pro Iahr10 Iungtiere zusatzlich zur Welt gebracht werden konnen. Beginnt ein Individuum imersten Iahr mit der Reproduktion, so hat es nach einem Iahr 10, nach zwei Iahren 20und nach sechs Iahren insgesamt 60 [ungtiere hervorgebracht. Beginnt ein Tier erstim dritten Iahr, dann hat es nach ein oder zwei Iahren noch kein Iungtier erzeugt, nachdrei, vier und mehr Iahren aber 30, 60 usw. Iungtiere. Iede Spalte in der Tabelle gibtdamit die gesamte Reproduktionsleistung bis zum entsprechenden Alter fur verschie-dene LebenszykIen an. Vergleichen wir nun zwei Umwelten: eine Umwelt, in der einIndividuum aufgrund harter Bedingungen nur drei Jahre alt werden kann, und eineUmwelt, in der ein Individuum funf Jahre uberleben kann. Untersucht man nun dieSpalten fur drei und funf Jahre, so findet man, dass sich die fur die jeweiligen Umwel-ten besten Lebenszyklen, d. h. die LebenszykIen mit der grofsten Fitness, unterschei-

Tabelle 2.4: Gedankenexperiment zur Bedeutung von trade-offs fur die Evolution vonLebensstrategien in unterschiedlichen Umwelten. Jede Zeile zeigt eine unterschiedlicheLebensstrategie. Bei Strategie I beginnt ein Individuum bereits im ersten Jahr mit derReproduktion, wobei die KorpergroBe aber nur die Produktion von zehn Jungtieren proJahr erlaubt. Mit zunehmendem Alter steigt damit die Oberdie gesamte Lebenszeit produ-zierte Zahl von Jungtieren um jeweils zehn. Beginnt ein Individuum aber erst im drittenJahr mit der Produktion dann erreicht diesesIndividuum eine GroBe, die die Produktionvon 30 Jungtieren erlaubt. Vergleichen wir nun zwei Umwelten, die durch Fettdruck undSchattierung hervorgehoben sind. Diesebeiden Umwelten unterscheiden sich darin, dassdie Organismen unterschiedlich alt werden und sich so die Reproduktionsleistung je nachStrategie unterscheidet. Zur Verdeutlichung nimmt die GroBe der Reproduktionsleistungmit dunkler werdender Schattierung zu. Wenn ein Individuum ein Alter von nur drei Jah-ren erreichen kann, dann ist die effektivste Strategie (= die Strategie mit der im Laufe desLebensdie meisten Jungtiere hervorgebracht werden konnen) im 2. Jahr mit der Reproduk-tion zu beginnen. Erlaubt die Umwelt ein Alter von sieben Jahren, dann ist die effektivsteStrategie im 4. Jahr mit der Reproduktion zu beginnen.

Strategie Alter

2 3 4 5 6

10 20 30 40 50 60

II 0 20 40 60 80 100

III 0 0 30 60 90 120

IV 0 0 0 40 80 120V 0 0 0 0 50 100

VI 0 0 0 0 0 60

7

70

120

120

8

80140180200200240

9

90160210240250360

Page 31: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen

den. [e harter die Umwelt, desto fruher sollte man zur Reproduktion schreiten. Fitnessist ein relativesKonzept. Nur im Vergleichvon zwei Umwelten kann entschieden wer-den, welcher Lebenszyklus zu einer hoheren Fitness fuhrt, 1m Laufe der Evolutionkann ein Organismus nicht immer den fur eine Umwelt optimalen Lebenszyklus ver-wirklichen. Es gibt Sachzwange, die Kompromisse erzwingen. Ein offensichtl icherSachzwang besteht zwischen Korpergrofse und Generationszeit. [e groBer eine Art ,desto langer muss die Iugendentwicklung sein, urn die endgultige Korpergrofse zuerreichen. Das erfordert zwangslaufig eine hohere Lebensdauer und damit eine Ian-gere Generationszeit.Ie nach Umwelt, trade-offs und Sachzwangen ergibt sich die Vielfalt an Lebensstra-

tegien , die wir im Pflanzen- und Tierreich beobachten konnen. Die Vielfalt lasst sichin eine gewisse Ordnung bringen. Vergleichen wir eine stabile mit einer instabilenUmwelt. Eine stabile Umwelt sei eine Umwelt mit wenig unvorhersagbaren Schwan-kungen (z. B. Tiefsee). Eine instabile Umwelt ist dagegen eine Umwelt, in der standignichtvorhersagbare Veranderungen auftreten. In unseren Breiten treten ausgepragteVeranderungen von Temperatur und Niederschlag im Iahreszyklus auf. Diese Veran-derungen sind aber vorhersagbar, da sie Iahr fur Iahr in etwa gleicher Weise wieder-kehren. Auf derartige Schwankungen konnen sich die Organismen durch Evolutioneinstellen. In einer stabilen Umwelt kann die Population ihre Kapazitatsgrenze errei-chen. Das fuhrt zu intraspezifischer Konkurrenz zwischen den Individuen. Es werdensich dann Individuen durchsetzen, die eine hohe Konkurrenzkraft besitzen bzw. kon-kurrenzkraftige Iungtiere hervorbringen. Konkurrenzkraftiger sind die grofserenIungtiere, was mitunter Brutpflege erfordert. In einer stabilen Umwelt sollten sichdemnach aile Elemente des Lebenszyklus auf Konkurrenzfahigkeit hin ausrichten. Ineiner instabilen Umwelt muss ein Organismus jede Gelegenheit fur die Vermehrungnutzen. Es kommt daher mehr auf die Menge, denn auf die Qualitat an. Ie nachdem,ob man wenige groBe oder viele kleine lungtiere hervorbringt, ergeben sich Merk-malskombinationen (Merkmalssyndrom), die mit einer stabilen bzw. instabilenUmwelt korreliert sind . In einer stabilen Umwelt sind vor allem Merkmale gefragt, diees erlauben, die Kapazitat K des Lebensraumes auszufullen, in einer instabilenUmwelt dagegen vor allem Merkmale, die ein moglich st schnelles Wachstum derPopulation errnoglichen.Man spricht auch von r-Selektion bzw.K-Selektion (~Abb.

2.16). Man beachte aber, dass es sich bei reiner r-Selektion bzw. reiner K-Selektion urndie Endpunkte eines Kontinuums handelt (Pianka 1970).

2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen

2.5.1 Intraspezifische Konkurrenz

Dichteabhangigkeit ist eine Notwendigkeit, damit Populationen in einer stabilenUmwelt nicht ohne Grenzen anwachsen . Wir gingen bisher einfach davon aus, dassmit zunehmender Populationsgrofse die intraspezifische Konkurrenz ansteigt unddiese auf die Geburten- bzw. Sterberate gewisseAuswirkungen hat :Mit zunehmenderintraspezifischer Konkurrenz steigt die Sterblichkeit (z. B.Unterernahrung, Anfallig-

75

Page 32: Ökologie kompakt || Populationen

76 2 Populationen

Umwelt und Selektionsreglme

-

a

Umwelt und Selektionsregime

-

b

-Merkmalssyndrom

[ahrllche Reprodukt ions-leistung ger ing

wenig JungtiereBrutpflege moglich

-Merkmalssyndrom

[ahrliche Reproduktions-leistung grol!

-

K-Selektion

Lang-lebigkeit

wen ige, grol!eNachkommen

r-Selektion

Kurz-lebigkeit

viele, klein eNachkommen

2.16 Zusammenhang zwischen Umwelt, Selektionsregime und Merkmalssyndrom fOrK- und r-Selektion.

keit fur Krankheiten) bzw. sinkt die Geburtenrate. Intraspezifische Konkurrenz urnknappe Ressourcen kann zwei unterschiedliche Formen ann ehmen, die man mit Aus-beutungskonkurrenz (scramble competition) bzw. Konkurrenz durch gegenseitigeBeeintrachtigung (interference competition) umschreibt.Bei der Ausbeutungskonkurrenz (scramble competition) kommt es zu keiner

direkten Interaktion zwischen den Organismen. Vielmehr reduziert der Verbrauch

Page 33: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen 77

einer Ressource durch ein Individuum passiv die Verfugbarkeit dieser Ressource furandere Individuen in der Population. So kann es in einer Herde nebeneinander gra-sender Zebras intraspezifische Konkurrenz geben. Gras, das durch ein Individuumgefressen wird, ist nicht mehr fur andere Individuen verfugbar. Dies fuhrt dazu, dassaile Individuen fur die Nahrungssuche weitere Strecken zurucklegen mussen. DieseMehraufwendungen schlagen sich letztlich auf die Kondition der Individuen nieder.Eine schlechte Kondition erhoht die Anfalligkeit fur Krankheiten, erhoht das Risiko,Raubern zum Opfer zu fallen bzw. fuhrt im Extremfall zum Hungertod oder dass einWeibchen weniger Junge zur Welt bringt.Die wichtigste Ressource fur festsitzende Organismen wie Pflanzen ist der Raum.

Hat ein Individuum einen freien Raum erobert, steht dieser nicht mehr fur andereIndividuen zur Verfugung (eine Form der Ausbeutungskonkurrenz). Steigt die Dichtean Individuen, sinkt der verfugbare Raum fur ein Individuum. Pflanzen konnen aufintraspezifische Konkurrenz besonders flexibel reagieren (Schmid 1991). Das zeigtsich deutlich in Experimenten, bei denen Pflanzen in unterschiedlichen Dichten aus-gesat werden. Solange die Keimlinge noch klein sind, kommt es zu keiner Interaktionzwischen Individuen. Erst ab einer gewissen Individuengrofse werden zunehmendIndividuen aus der Population eliminiert. Diesen Prozess bezeichnet man bei einerKohorte als Selbstausdunnung, Pflanzen haben aber neben der Selbstausdiinnungnoch eine andere Option, urn auf intraspezifische Konkurrenz zu reagieren: Reduk-tion der Zahl der Module pro Genet. Damit wird nicht die Individuenzahl in einerPopulation konstant gehalten, sondern deren Biomasse, eine Beobachtung die man als"Gesetz" vom konstanten Ertrag bezeichnet hat (~ Abb. 2.17). Unabhangig von derAusgangsdichte ausgebrachter Samen ist der Ernteertrag in etwa immer gleich. Beigeringer Ausgangsdichte hat man wenige, aber groBe Individuen, bei groBer Dichteviele, aber kleine Individuen.Bei Konkurrenz durch gegenseitige Beeintrachtigung (interference competition)

kommt es im Gegensatz zur Ausbeutungskonkurrenz zur direkten Interaktion zwi-

71ha-1

Zeomays

8

00~ 6x~,'" 4s:Cl~Cle 2t::w

00 100000 200000

Individuen (ha-1)

2.17 "Gesetz" vom konstanten Endertrag fur Mais. Ab einer bestimmten Dichte (etwa30000 Individuen pro ha, vertikaler Strich) bleibt der Ertrag gemessen an Biomasse pro hatrotz zunehmender Individuendichte etwa gleich (7 t ha"). Der Ertrag ergibt sich als Pro-dukt ausDichte mal mittlerer Biomasse eines Individuums . Damit mussdie mittlere GroBeeines Individuums mit der Dichte abnehmen. NachDaten aus Donald (1963).

Page 34: Ökologie kompakt || Populationen

78 2 Populationen

schen den Individuen einer Population. Raum kann nieht nur passiv besetzt werden,sondern wird von vielen Tierarten (z, B.Singvogel) aktiv verteidigt (Territorien). Beisteigender Populationsgrofse konnen nicht mehr alle Individuen Territorien besetzenbzw. mussen mit Territorien minderer Qualitat vorlieb nehmen. Das schlagt sich inder Sterblichkeit und/oder der Reproduktionsleistung nieder. BeiVogeln konnte manwiederholt nachweisen, dass Inhaber von Territorien eine geringere Mortalitatsratehaben als Individuen ohne festes Territorium. Territorialitat fuhrt zu einer regelma-EigenVerteilung der Individuen im Raum ( ~Abb. 2.2).

2.5.2 Regulation und Limitierung

Die Regulation der Populationsgrofse beruht auf dichteabhangigen Prozessen. AlsLimitierung bezeichnet man dagegen Prozesse, die das Gleichgewieht selbst beein-flussen. Limitierende Prozesse konnen, mussen aber nicht regulierend wirken.Betrachten wir den Fall einer dichteabhangigen Pro-Kopf-Geburtenrate g(N) undeiner von der Populationsgrofse unabhangigen Pro-Kopf-Mortalitatsrate 5 (~ Abb.2.18). Vergleichen wir zwei Gebiete mit unterschiedlichen Mortalitatsraten 51 und 52'

so ergibt sich, dass K von der Hohe der Mortalitatsrate abhangt: Die Mortalitatsratewirkt limitierend. Natiirlich konnen auch dichteabhangige Prozesse limitierend wir-ken.Nach unseren bisherigen Uberlegungen sollte die Populationsdichte immer einem

festenWert zustreben. Dies ist aber in natiirlichen Systemen nie der Fall.Populationenschwanken nahezu immer (~ Abb. 2.3). Zumindest in Ansatzen kann man Unter-schiede in der Variabilitat der Populationsgrofse (~ Abb. 2.1) zwischen Populationen

--->0,..------- 52

----1-~~--- 5 1

Populationsqro fke

2.18 Limitierung und Regulation: Die individuelle Wachstumsrate setzt sich aus (Pro-Kopf-) Geburten- und -Sterberate zusammen. Eine lineare Abnahme der individuellenWachstumsrate mit der PopulationsgreBe ergibt sich immer dann, wenn zumindest dieGeburtenrate mit der PopulationsgreBe abnimmt bzw. die Sterberate mit der Populations-greBe zunimmt. 1m gezeigten Beispiel ist nur die Geburtenrate g{N) dichteabhangig, dieSterberate sdichteunabhanqiq. Der dichteabhangige Prozess reguliert die Population. Derdichteunabhangige Prozess beeinflusst dennoch die Gleichgewichtsdichte. So ist im darge-stellten Beispiel in Umwelt 2 die Sterberate groBer als in Umwelt 1. Daher ist auch dieGleichgewichtsdichte in Umwelt 2 kleiner als in Umwelt 1 (K2 < K,). Der dichteunabhangigeFaktor wirkt in diesem Fall limitierend.

Page 35: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dicht eregulat ion und Populat ionsschwankungen

ebenfalls mit einem graphischen Modell von dichteabhangigen und dichteunabhan-gigen Prozessen erklaren. Dabei solI die Dichteabhangigkeit der Pro-Kopf-Sterbe-und Geburtenrate nicht meh r streng einer Geraden folgen, sondern vielmehr einemBand (~Abb. 2.19). Man bezeichnet dies auch als unscharf dichteabhangig (densityvague, Strong 1986). Damit ergibt sich kein eindeutiger Schnittpunkt meh r, sondernein ganzer Bereich, in dem die Pro-Kopf-Sterbe- und Geburtenraten etwa gleich sind.Damit gibt es auch keinen Gleichgewichtspunkt mehr, sondern vielmehr einenGleichgewichtsbereich. Ie nach Umwelt, Schwankungen der Umwelt bzw. Empfind-lichkeit einer Art oder Population aufUmweltschwankungen wird das Band verschie-den breit sein bzw. die Starke der Dichteabhangigkeit ebenfalls von Art zu Art bzw.von Population zu Population schwanken. Dabei ergeben sich verschiedene Kombi-nationsmoglichkeiten, die zu zwei Kernaussagen fuhren :

• Ein Anstieg der Umweltvariabilitat fuhrt zu einem Anstieg der Variabil itat derPopulationsgrofse (~ Abb. 2.19a, b).

79

~e41.0OiVi

~.0C:.41t:::::J.0OJo

a

~r:OJ.0OiVi

~.0

COJt:::::J.0OJU

c Populationsgriill.e

b

-d Populationsgriill.e

2.19 In naturlichen Systemenfolgt die (Pro-Kopf-) Geburten- bzw. -Sterberate nicht unbe-dingt einer Gerade. Es gibt sicherlich Schwankungen, die in den Beispielen durch ein schat-tiertes Band symbolisiert sind. DieseSchwankungen fUhren dazu, dasseskeinen eindeuti-gen Schnittpunkt mehr zwischen Geburten - und Sterberate gibt, sondern vielmehr diePopulat ionsgroBe in einem gewissen Bereich schwanken kann (Doppelpfei le). Dabei sinddie rnoqlichen Schwankungen der Populationsqrofle umso groBer, je groBer die Ungenau -igkeit der Regulation ist, vergleiche (a) mit (b), und je schwacher die Regulation ist , verglei-che (c) mit (d).

Page 36: Ökologie kompakt || Populationen

80 2 Populationen

• Mit zunehmender Starke der Regulation verringert sich die Variabilitat der Popula-tionsgrofse ( ~Abb. 2.19c, d).

Nach diesen beiden Aussagen sollte es systematische Unterschiede in der Variabilitatder Populationsgrofsen bzw. -dichten zwischen Organismen mit unterschiedlicherLebensstrategie geben. r-Strategen sollten grofsereVariabilitat zeigen als K-Strategen.r-Strategen sind klein, und dam it wirken sich bereits geringere Umweltschwankungenstarker aus als bei groBen Arten, die schon allein aufgrund ihrer KorpergrofseSchwankungen besser abpuffern. So konnen grofsere Saugetiere durchaus tiber einelangere Zeit hungern, wahrend kleine Spitzmause nahezu andauernd fressen mussen(~ Abb. 5.6). Schoener (1986) verglich die Variabilitat von Zeitreihen der Popula-tionsgrofse von Wirbeltieren (mehr K-Strategen) mit der Variabilitat von Arthropo-den (mehr r-Strategen). Entsprechend der Erwartung ergab sich, dass Arthropodenausgepragtere Populationsschwankungen zeigen, also nach Abbildung 2.1 mehrPopulation A als Population B oder C ahneln.

2.5.3 Stochastizitat

Ganz offensichtlich fuhren unvorhersagbare Umweltschwankungen zu Schwankun-gen der Populationsgrofse. Man fasst diese Einflusse auf die Populationsgrofse alsUmweltstochastizitat zusammen. Diese Schwankungen konnen im Extremfall zumAussterben einer Population fuhren. Dabei steigt das Risiko des Aussterbens mit sin-kender Populationsgrofse (~ Abb. 2.20). Die mathematische Behandlung von Sto-chastizitat verlangt nach anspruchsvollen mathematischen Methoden, auf die hiernicht weiter eingegangen werden soll (Roughgarden 1979,Nisbet und Gurney 1982).Die grundlegenden Ergebnisse sind aber leicht verstandlich und konnen im Compu-ter simuliert werden (Case 2000).Wir wollen in einer Simulation das Risiko des Aussterbens naher untersuchen. Die

aktuelle Populationsgrofse liegt dabei weit unter der Kapazitatsgrenze. Daher ist esunnotig, dichteabhangige Prozesse zu berucksichtigen. Wir verwenden daher dasModell fur (diskretes) exponentielles Wachstum. Dazu werden nun Zeitreihenerzeugt, wobei von Zeitschritt zu Zeitschritt der Wachstumsfaktor Anicht mehr kons-tant ist, vielmehr wird A zufallig aus einem Wertebereich gezogen. Man startet diePopulation mit 50 Individuen und zieht fur jeden Zeitschritt Aaus einem Bereich zwi-schen 0,9 und 1,1,wobei jeder mogliche Wert von Amit gleicher Wahrscheinlichkeitauftritt. Dann ist Aim Mittel 1 (Case 2000). Nach den bisherigen Erkenntnissen ausdem exponentiellen Wachstum sollte die Populationsgrofse mit A= 1 im Mittel kon-stant bleiben. Urn das zu prufen, wurden viele derartige Zeitreihen berechnet und furjeden Zeitschritt die Verteilung der Populationsgrofsen tiber die Zeitreihen erzeugt( ~Abb. 2.20a). Bereits nach 20 Zeitschritten treten in einzelnen Zeitreihen hin undwieder Werte unter 20 oder auch tiber 70 auf. Der Mittelwert der Verteilung, dieerwartete Populationsgrofse, bleibt wie vermutet immer 50, nur einzelne Zeitreihenkonnen erheblich von dieser Erwartung abweichen. Statistisch bedeutet dies, dass mitder Zeit die Varianz zunimmt. Diese zufalligen Populationsschwankungen fuhrenletztlich bis zum Aussterben (~ Abb. 2.20b).

Page 37: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen 81

a

b

0,10

0,05

0,00

1,0

o.><.;;;-cOJ-e 0,5~:;<C

5 10 50Popu lat ionsqrofse

, ,500 1000

2.20 Computersimulation zuUmweltstochastizitat, Populations-schwankungen und Aussterberi-siko. In (a) wurde eine Populationmit 50 Individuen gestartet (N(O) =50). Dann wurde uber 30 Zeit-schritte mit dem Modell des expo-nentiellen Wachstums die Popula-tionsqrofse fur N(1), N(2) usw.schrittweise berechnet, nur dassnun der Wachstumsfaktor "A. nichtkonstant war, sondern aus einemBereich von 0,9 bis 1,1 zufalliggezogen wurde. Dieser Vorgangwurde wiederholt und uber vieleWiederholungen wurde die Hau-figkeitsverteilung der Populations-groBen fur jeden Zeitschrittbestimmt. Beachte, dassim laufeder Zeit die Verteilung eine immergroBere Spannweite von Popula-tionsgroBen umfasst. In (b) wirddasAussterberisiko fOr Populati-onen mit N(O) = 5, 10, 50, 500 und1000 Individuen Ober 100 Zeit-schritte berechnet, wobei "A. nunaus einem groBeren Intervall gezo-gen wurde (0,5 bis 1,5). Beachte,dassdasAussterberisiko mit stei-gender PopulationsgroBe ab-nimmt. Kleine Populationen habenauch bei einer Wachstumsrate ("A.)> 1 ein erhebliches Aussterberisiko .

Das exponentielle Modell ist nicht ideal fur derartige Untersuchungen, da diePopulationsgrofse beliebigeWerte annehmen kann. Fur die Abschatzung des Ausster-berisikos wurde nach jedem Zeitschritt die Populationsgrofse auf ganze Zahlen gerun-det. Die Populationen wurden uber 100 Zeitschritte beobachtet. Sobald die Popula-tionsgrofse den Wert 1 unterschritt, wurde die Population als ausgestorben gewertet.Das Aussterberisiko ergibt sich dann aus dem Verhaltnis von ausgestorbenen Modell-populationen zur Gesamtzahl simulierter Populationen. Bereits derart einfacheUntersuchungen zeigen, dass kleine Populationen selbst bei einem A> 1 ein erhebli-ches Aussterberisiko haben. Wichtig ist, dass man beim Aussterberisiko stets angibt,fur welchen Zeitraum es gelten soll (in unserem Beispiel 100 Generationen). AusAbbildung 2.20a geht hervor, dass mit der Zeit nicht nur die Schwankungsbreite derPopulationsgrofsen steigt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Popula-tionsgrofse kleiner als 1 wird: Das Aussterberisiko steigt zwangslaufig mit der Zeit!Betrachtet man sehr lange Zeitraume, dann hat jede Population ein Aussterberisikovon nahezu 100%. Damit ergeben sich folgende Kernaussagen:

Page 38: Ökologie kompakt || Populationen

82 2 Popu lat ionen

• Das Aussterberisiko steigt mit der Zeit .• Das Aussterberisiko steigt mit sinkender Populationsgrofse,• Das Aussterberisiko steigt mit zunehmender Stochastizitat.

Neben der Umweltstochastizitat gibt es aber noch eine weitere Form von Zufallsproz-essen, die als demographische Stochastizitat bezeichnet wird . Darunter verstehtman, dass Individuen selbst bei konstanter Umwelt nieht immer absolut dieselbenLebensaufserungen zeigen. Die Eintrage in einer Lebenstafel waren immer mittlereEigenschaften der Individuen. Mittelwerte konnen beliebige Zahlen annehmen. Ineiner realen Population werden aber manche Weibchen keine Iungen, andere ein Iun-ges oder zwei Iungtiere hervorbringen. Die Zahl der Iungtiere ist zwangslaufig immereine ganze Zahl. Solange wir mittlere Eigenschaften betrachten und tiber eine hinrei-chend groBe Menge an Individuen mitteln, spielt dieses Problem keine Rolle. Aber inkleinen Populationen kann dies zu erheblichen Populationsschwankungen bis hinzum Aussterben fuhren, Man braucht sich dazu nur eine Population von drei schwan-geren Weibchen vorzustellen. Iedes Weibchen kann kein, ein oder zwei Iungtiere her-vorbringen. Bringen aIle drei Weibchen zwei Iungtiere zur Welt, dann haben wir in dernachsten Generation eine Populationsgrotse von sechs (falls die Weibchen nach derReproduktion sterben). Bringt keines der Weibchen ein Iungtier zur Welt, fuhrt daszum Aussterben. Dazwischen konnen aIle anderen Populationsgrofsen mit einerbestimmten Wahrscheinlichkeit verwirklicht sein. Bereits ohne Umweltschwankun-gen kann es in kleinen Populationen zu erheblichen Schwankungen der Populations-groBe kommen. Kleine Populationen sind demnach durch demographische Stochas-tizitat und Umweltstochastizitat in ihrem Bestand gefahrdet, groBe Populationen vorallem durch Umweltstochastizitat,

2.5.4 Dichteregulation in naturllchen Populationen

Populationen werden durch dichteabhangige Prozesse reguliert. Bisher haben wirintraspezifische Konkurrenz als wiehtigen Prozess betrachtet, der zu dichteabhangi-gen Geburten- bzw. Sterberaten fuhrt. Aber auch andere Prozesse in Populationenkonnen dichteabhangig sein. GroBe Populationen sind das Ziel von Fressfeinden, diedichteabhangig reagieren konnen, sodass die Mortalitatsrate mit zunehmenderDichte ansteigt. Gleiehes gilt fur Krankheiten, die sieh in dichten Populationen besserausbreiten konnen. Es ist fur das Verstandnis von Populationen und deren Dynamikwiehtig, dass man dichteabhangige und damit regulierende Prozesse genau kennt.Dazu bedarf es genauer Untersuchungen, da man aus der Dynamik der Populationnur einen generellen Hinwei s auf dichteabhangige Prozesse ableiten kann (~ Abb.2.9) . Fur eine detaillierte Untersuchung kann man mit Lebenstafeln tiber einen Ian-geren Zeitraum hinweg die Schwankung der Geburten- bzw. Sterberate fur verschie-dene Altersklassen untersuchen. Durch Auftragen dieser Raten oder auch abgeleiteterGroBen (k-Werte;~ Tab. 2.2) gegen die Populationsgrofse ergeben sich Hinweise da-rauf, welche Prozesse regulierend wirken.Leider ist der Nachweis dichteabhangiger Prozesse aus verschiedenen Grunden

nicht sehr einfach, sodass mehrfach angezweifelt wurde, ob reale Populationen uber-

Page 39: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dichteregulation und Populationsschwankungen

Tabelle 2.5: Vorkommen dichteabhanqiqer Prozesse bei verschiedenen Tiergruppen. NachSinclair (1989). Jeder Eintrag gibt an, in wieviel Prozent der untersuchten PopulationenDichteabhangigkeit fur Fertllltat und Mortalitat verschiedener Altersklassen nachgewiesenwerden konnte. Alterklasse I umfasst junge Larvenstadien bzw. bei Wirbeltieren Nestlinge.Altersklasse II bezieht sich auf spatere Larvenstadien bzw. groBere Jungtiere. Bei Voqelnsind dies bereits selbststandiqe Individuen nach dem Verlassen des Nestes. Da in einerPopulation mehrere Stadien reguliert sein konnen, Obersteigen die Summen den Prozent-wert 100.

Gruppen Anzahl Fertilitat Mortalitat Mortalitat Mortalitatuntersuchter Eiproduktion AltersklasseI AltersklasseII AdultePopulationen

Insekten 47 30 40 28 13

Fische 35 6 94 0 0

Vogel 19 26 32 74 21

Kleinsauger 13 0 0 92 8

GroBsauger 72 68 49 17

marine5auger 41 83 24 0 2

haupt reguliert werden. Vielmehr wurde behauptet, dass die allgegenwartigenUmweitschwankungen es den Populationen nie erlauben, sich der Kapazitatsgrenzezu nahern, Theoretische Okologen waren dagegen immer iiberzeugt, dass es Regula-tion geben muss. Die Bedeutung dichteabhangiger Prozesse wird aber auch durchZusammenstellungen empirischer Befunde unterstrichen, die zeigen, dass Regulationeher die Regel als die Ausnahme ist. Tiergruppen unterscheiden sich aber erheblichdarin, auf welche Lebensstadien dichteabhangige Prozesse wirken o- Tab. 2.5) bzw.welche Griinde diese Dichteabhangigkeit hat (~Tab. 2.6).Bei vielen Tiergruppen sindvor allem Larven bzw. Iungtiere von dichteabhangigen Prozessen betroffen. Ausnah-men stellen viele Vogel und Kleinsauger dar, bei denen die Populationen vor allemdurch dichteabhangige Mortalitat alterer Iungtiere reguliert werden. Mogliche

83

Tabelle 2.6: Ursachen der Dichteabhangigkeit fOr verschiedene Tiergruppen. Nach Sinclair (1989). Jeder Eintraggibt an, in wieviel Prozent der untersuchten Populationen der jeweilige Faktor den dichteabhangigen Prozessbestimmte. Da in einer Population mehrere Faktoren wirken konnen, Obersteigt die Summe der Prozentwerte100.

Gruppen Anzahl Raum Nahrung Rauber Parasiten Krankheiten Soziale GriindeuntersuchterPopulationen

Insekten 51 0 45 39 37 10 8

Vogel 15 33 53 0 6 0 47

Kleinsauqer 21 67 24 19 0 0 67

GroBsauger 72 99 0 0 3 0

marineSauger 10 0 60 40 0 0 0

Page 40: Ökologie kompakt || Populationen

84 2 Populat ionen

Griinde der Dichteabhangigkeit reichen von der Nahrung bis hin zur sozialen Inter-aktion. Rauber und Krankheiten spielen vor allem bei Insekten eine wichtige Rolle.

2.5.5 Zyklen und Chaos

Natiirliche Populationen zeigen neben unregelmafligen Populationsschwankungenauch regelmafsigwiederkehrende Schwankungen ( ~Abb. 2.3b) .

• Bei vielen Saugetieren in arktischen Gebieten gibt es Zyklen von etwa 10 Iahren(z, B. Luchs, Schneeschuhhase).

• Bei kleineren Nagetieren (z. B. Lemmingen) gibt es in arktischen Gebieten Zyklenvon 3 bis 4 Iahren.

• Einige Forstschadlinge (z. B.Larchentriebwickler) zeigen Zyklen von 8 bis 10 Iah-reno

Damit stellt sich die Frage nach den Ursachen solcher Zyklen. Die bisher besproche-nen Modelle geben dazu noch keinen direkten Hinweis .Wir benotigen fur eine Erkla-rung der Zyklen zusatzliche Annahmen und Prozesse:

• Zumindest theoretisch konnen regelmafsige Schwankungen der Populationsgrofsedurch regelmafsige Schwankungen der Kapazitatsgrenze bedingt sein. 1m Iahres-verlauf treten regelmafsigeVeranderungen von Temperatur oder Niederschlag auf,die die Kapazitatsgrenze der Organismen beeinflussen. Das erklart aber nichtZyklen mit Perioden von mehreren Iahren, Die Zyklen des Schneeschuhhasen hatman mit Zyklen von Sonnenflecken in Verbindung gebracht. Sonnenflecken beein-flussen die Sonneneinstrahlung, diese wiederum die Primarproduktion und dam itletztlich die Nahrungsressource (Sinclair et al. 1993).

• RegelmafsigePopulationsschwankungen treten aber auch dann auf, wenn die dich-teabhangigen Prozesse nicht sofort, sondern mit gewisser Zeitverzogerung wirken

150150..

~ ..'0 100 ~

0. '0~ ~ 100.2 c:~ .2:i ~Co 50 :;0 Co 50"- 0

ZeitverzOgerung "-2 Zeitschri tte Zeitverzoqerunq

3 Zeitschritte010 20 30 40 50

0 10 20 30 40 50a Zeitschritte

b Zeitschritte

2.21 Baut man in die Gleichung fOr diskretes logistischesWachstum eine weitere Zeitver-zogerung ein, dann kommt eszu (hier gedampften) zyklischen Schwankungen der Popula-tionsqrofle, die mit der Lange der Zeitverzogerung zunehmen.

Page 41: Ökologie kompakt || Populationen

2.5 Dichteregulation und Popul at ionsschwankungen 85

( ~Abb. 2.21). Die Lange des Zyklus, den eine Population durchlauft, steigt mit derDauer der Zeitverzogerung, Zeitverzogerungen spielen in vielen Populationen eineRolle, die in saisonalen Klimaten leben. So beeinflusst die Reproduktion in einemIahr die Populationsgrofse und davon abhangige dichteabhangige Prozesse (z. B.Gebur ten) im nachsten Iahr,Wenn man eine Zeitverzogerung in die kontinuierli-che logist ischeWachstumsgleichung einbaut , entstehen ebenfalls zyklische Popula-tionsschwankungen urn K, wobei die Periode das Vierfache der Zeitverzogerungbetragt (May 1981). Das konnte zumindest die Zyklen der arktischen Kleinsaugererklaren (Gotelli 2001). In die diskrete logistische Wachstumsgleichung ist eineZeitverzogerung von einem Zeitschritt bereits eingebaut . Die Populationsgrofsezum Schritt t wirkt auf die Populationsgrofse im nachsten Zeitschritt t + 1. DieseZeitverzogerung hat noch einen iiberr aschenden Effekt, der auftritt , wenn man Rmzu hoherenWerten hin verandert ( ~Abb. 2.22). Sobald Rm den Wert 2 erreicht, fin-det man einen Zwei-Punkt-Zyklus: Die Population schwankt regelrnaisig zwischenzweiWerten.Wahlt man noch gro fsereWerte fur Rm, entstehen komplexere Zyklen.Ab Rm = 2,57 erscheint die Dynamik ohne wiederkehrendes Muster. Wahlt manden absolut gleichen Startpunkt, so ergibt die Gleichung die gleiche Dynamik. Aber

150 150

.. ..c<l c<l 100:e 100 '0

~ ~c cs .2.. :u:; 50

:; 50Co Co0 0c, "-

0 0a b

150 150

.. ..c<l 100 c<l'0 ' 0 100e;,

~c: c.2 .2:u :u:; 50 :; 50Co Co0 0e, e,

i i

5 20 15 20Zeitschritte d Zeitschritte

2.22 DasModell fur diskretes logistischesWachstum zeigt mit zunehmenden Rm ein Ober-raschendesdynamischesVerhalten mit Schwankungen zwischen zwei Werten (Zwei-Punkt-Zyklen) (a), Schwankungen zwischen vier Werten (Vier-Punkt-Zyklen) (b) oder auch chaoti -scheDynamik (c) und (d). 1m Faile der chaotischen Dynamik ist die Zeitre ihe bei sonst iden-t ischen Parametern von den Antangsbedingungen abhangig. FOr die gezeigten Beispielewurden die Berechnungen mit gleichen Rm einmal mit zwei Individuen (c) das andere Malmit drei Individuen gestartet.

Page 42: Ökologie kompakt || Populationen

86 2 Popu lationen

bereits kleinste Abweichungen der Anfangsbedingungen fuhren zu einer ganzlichunterschiedlichen Dynamik der Populationsgrofse (~ Abb. 2.22). Diese Abhangig-keit von den Anfangsbedingungen bezeichnet man als chaotisch. Die kontinuierli-che Version des logistischen Wachstums hat keine eingebaute Zeitverzogerung undzeigt dam it auch nicht das reiche dynamische Verhalten der diskreten Version. Dain realen Populationen immer auch stochastische Fluktuationen auftreten, ist dieAnalyse von Zeitreihen recht kompliziert (Turchin 2003). Es ist daher derzeit nochunklar, ob in realen Populationen uberhaupt chaotische Dynamik auftritt.

• ZyklischeSchwankungen der Populationsgrofse entstehen auch bei Interaktion mitanderen Organismen (Rauber-Beute-Zyklen: S. 127). So hat man die zyklischenSchwankungen von Luchs und Schneeschuhhase auf Rauber-Beute-Zyklen zuruck-gefuhrt. Ein weiterer Erklarungsansatz verlagert die Argumentationsebene auf dieBeziehung zwischen dem Schneeschuhhasen und seinen Nahrungspflanzen. Beihohem Prafsdruck lagern Pflanzen zur Abwehr von Frafsschaden sekundare Pflan-zeninhaltsstoffe ein (S. Ill). Dadurch werden die Pflanzen als Futter ungeeignet,was zu einem Ruckgang der Hasendichte fuhrt, 1stder FraBdruck dann gering, wirddie Pflanze keine Stoffe mehr einlagern, da die Produktion sekundarer Pflanzen-inhaltsstoffe Kosten verursacht. Die Nahrungsgrundlage verbessert sich wieder,und die Populationsgrofse der Hasen kann wieder zunehmen. Populationszyklenergeben sich auch bei der Interaktion mit Krankheiten und Parasiten (S. 115).

2.6 Systeme von PopulationenBisher gingen wir bei unseren Betrachtungen immer von einer Population ohne Ein-und Auswanderung aus. Einzelne Populationen sind aber immer in ein System vonPopulationen eingebunden, zwischen denen ein gewisser Austausch besteht. Letztlichergibt sich aus der Ausdehnung aller Populationen in der Flache das Areal einer Art(Brown und Lomolino 1998).

2.6.1 Immigration und Emigration

Die Grundgleichung fur das Populationswachstum beinhaltet neben Geburten- undSterbefallen auch noch Ein- undAuswanderung. Diese Prozesse hatten wir bisher ver-nachlassigt, Die meisten Arten umfassen ein System von Populationen unterschied-licher Ausdehnung und Populationsgrofse . Iede dieser Populationen zeigt eine Dyna-mik, die nicht nur durch lokale Prozesse beeinflusst wird, sondern auch durch regi-onale. Regionale Prozesse sind Prozesse, die nur in einem System von Populationenund damit im raumlichen Kontext von mehreren Populationen einen Sinn ergeben,eben Einwanderung (Immigration) und Auswanderung (Emigration). EinzelneIndividuen konnen im Laufe ihres Lebens von einer Population zur nachsten wan-dern. Das beeinflusst naturlich die Dynamik der Population, von der die Individuenabwandern, aber auch der Population, zu denen die Individuen wandern. Wir hattenfestgestellt, dass allein durch Zufallsereignisse kleine Populationen in ihrem Sied-lungsgebiet aussterben konnen, In einem System von mehreren Populationen kann

Page 43: Ökologie kompakt || Populationen

2.6 Systeme von Populat ionen

eine lokale Population durch zugewanderte Individuen vom lokalen Aussterbenbewahrt werden (Absicherungseffekt, rescue effect).Die Distanz spielt fur den Austausch zwischen Populationen eine wichtige Rolle. le

weiter zwei Populationen voneinander entfernt sind , umso geringer ist die Chance,dass zwischen diesen Populationen Individuen ausgetauscht werden. Fiir einfacheOberlegungen betrachten wir ein System von aneinander grenzenden Siedlungsgebie-ten (~ Abb. 2.23a). In diesem speziellen Beispiel sind dies 17 Siedlungsgebiete. Wirnehmen weiterhin an, dass in jedem Siedlungsgebiet das Populationswachstum expo-nentiell ist und ein Austausch von Individuen nur zwischen benachbarten Populati-onen erfolgt (Pfeile in Abbildung 2.23a).Wir nehmen weiterhin an, dass jedes Indivi-duum unabhangig von der Populationsgrofse die gleiche Wahrscheinlichkeit e hat,auszuwandern. Damit ergibt sich die Zahl der zum Zeitpunkt t abwandernden Indi-viduen aus eNj ( t).Wir brauchen hier zwei Indices, t fur die Zeit und i fur die Popula-tion. Da die Populationen sukzessive durchnummeriert wurden (z. B. von links nachrechts) wird durch i auch gleichzeitig die Position einer Population erfasst. Die Popu-lation i ist nun nicht nur Geber, sondern auch Nehmer und zwar von den benachbar-ten Populationen, also den Populationen i-I und i + 1. Die von i + 1 nach i wan-dernde Zahl an Individuen ergibt sich zu 0,5 eNj + I (r).Wir gehen also davon aus, dassje die Halfte der abwandernden Individuen in einer der beiden benachbarten Popula-tionen ankommt (keine Sterblichkeit wahrend der Abwanderung). Damit ist diePopulationsgrofse zum Zeitpunkt t+ 1:

87

(2.39)

Aj beschreibt das Wachstum der Population i.Ware \ fur aile Populationen gleich,konnte man aile Populationen zusammenfassen und es ergabe sich kein Unterschiedzum exponentiellen Populationswachstum. Aj soll daher zwischen den Siedlungsge-bieten variieren. 1m Beispiel von Abbildung 2.23 haben die dunkel markierten Popu-lationen ein Aj von 1,05,bei allen anderen Populationen betrage der Wert 0,95. Beidenzentralen Populationen ist A> 1, und damit wachsen die Populationen exponentiell,bei allen anderen Populationen nehmen die Populationsgrofsen exponentiell abo DasModellsystem starten wir mit jeweils 10 Individuen in den dunkel markierten Sied-lungsgebieten (Komplikationen am Rande des Populationssystems werden nicht wei-ter beriicksich tigt).Ein Vergleich der beiden Beispielrechnungen mit den Wahrscheinlichkeiten e= 0,2

und e = 0,6 zeigt, dass die Abwanderung das Wachstum in einer lokalen Populationerheblich behindern kann. Weiterhin zeigt sich, dass sich auch in einigen der hell mar-kierten Siedlungsgebieten eine Population etabliert hat, die auch anwachst, und zwarumso deutlicher, je naher diese Population an den begiinstigteren Populationen legt.Dieses Populationswachstum wird ganzlich durch zuwandernde Individuen getragen.Man bezeichnet Populationen, die netto Individuen an weniger begiinstigte Popula-tionen abgeben, als source-Populationen und aile Populationen, die netto Individuenaufnehmen, als sink-Populationen (source sink-Dynamik). Daraus ergeben sichmehrere Riickschliisse:

Page 44: Ökologie kompakt || Populationen

88 2 Populationen

a

e= 0,6

e = 0,2

2.23 Modell fur die Auswirkungvon Immigration und Emigrationauf die lokale Populationsdichte.Dazu wurden 17 Siedlungsgebieteaneinander gelegt. In jedem Sied-lungsgebiet 5011 exponentiellesWachstum rnoqlich sein. In denfunf mittleren Siedlungsgebieten(dunkel markiert) sei It. = 1,1 inallen anderen dagegen 0,9. Damitkann eine Population eigentlichnur in den funf mittleren Sied-lungsgebieten langfristig existie-reno Wenn aber nun Austauschvon Individuen zwischen benach-barten Gebieten stattfindet (e =Anteil von Individuen eines Sied-lungsgebietes, die emigrieren;b) e = 0,2; c) e = 0,6), findet inden Siedlungsgebieten, die an diegunstigen Gebiete angrenzen,ebenfalls exponentielles Wachs-tum statt, das durch einwan-dernde Individuen getragen wird.Der Vergleich von (b) und (c)zeigt, dassje mehr Individuenauswandern, zum einen daslokale Wachstum in den gunsti-gen Gebieten langsamer ablauft,zum anderen, dasssich mitzunehmender Abwanderung dieIndividuen auch in unqunstiqeGebiete ausbreiten.

5040

3020 -t

- 10o

60

60

OJ

~N

.s 40~:e~Co'';:;

'""5c-o0.

c

b

• Nicht uberall, wo man Individuen einer Art vorfindet, muss en fur diese Art Bedin-gungen herrschen, die ein positives Populationswachstum erlauben.

• Mobile Arten, also Arten mit einem groBen e, kann man langfri stig nicht in wenigoptimalen Siedlungsgebieten halten. Eine Abwanderung der Individuen in wenigergeeignete Gebiete ist fur die source-Population immer ein Verlust.

• Da durch Emigration Individuen fur eine Population verloren gehen konnen, wer-den im Rahmen der Evolution naturlich Strategien der Emigration bevorzugt, diedie Balance zwischen Vorteilen (z. B.Absicherungseffekt, rescueeffect) und Nach-teilen (eventuell Mortalitat wahrend der Abwanderung) herstellen. Wo dieseBalance liegt, hangt aber von der entsprechenden Art und ihrer Umwelt abo

Page 45: Ökologie kompakt || Populationen

2.6 Systeme von Populationen

• Mankann dasBeispiel inAbbildung2.23auch alsModellfur ein biogeographischesArealauffassen. Eigentlich sind nur die dunkel markierten Bereiche die Kernberei-che desAreals. Dann ergibt sich aus Abbildung2.23,dass in diesen Kernbereichendie Dichte immer grofser sein sollte als in Randbereichen.

2.6.2 Die Metapopulation

Falls ein System von Populationen vorliegt, konnen einzelnePopulationen jederzeitineinemSiedlungsgebiet aussterben, konnen aber auch jederzeitneu gegrundetwerden.Man spricht hier von einer Metapopulation (Hanski und Simberloff 1997), einemSystem von Populationen, bei dem sich durch Aussterben einer lokaler Populationsowie deren Neubegrundung durch Immigration ein standiger Wandel der raum-lichen Verbreitung einer Art uber die potenziellen Siedlungsgebiete hinweg ergibt( ~Abb. 2.24).Man kann eineMetapopulation auf zwei Ebenenbetrachten: auf der Ebeneder ein-

zelnen Populationen (lokal) und auf der Ebene der gesamtenMetapopulation (regi-onal). Eine Variable fur die Beschreibung der regionalen Dynamik ware z. B. dieSumme der lokalen Populationsgrofsen, Bereits das Modell in Abbildung 2.23a warrecht kompliziert.Willman die lokaleDynamik einzelnerPopulationen mit Stochas-tizitat, Dichteabhangigkeit usw. im Detailmodellieren,wurde sich ein recht unuber-sichtliches Bild ergeben. Es gibt aber einen einfachen Ausweg. Betrachten wir eineMetapopulation als ein Ensemble von potenziellenSiedlungsgebieten (~ Abb. 2.24).In jedem Gebiet kann prinzipiell eine Population existieren. Eine erste Beschreibungder Metapopulation ist dann der relative Anteil von Siedlungsgebieten, in denen diePopulationsgrofse > 0 ist. Wir wollen diesen Anteil mit p bezeichnen.Aufgabe ist esnun, p aus lokalen und regionalen Prozessen vorherzusagen. Dazu einigeVereinfa-chungen:

89

•• •• •• • •• •• •• •

••

Zeit (I)p(t) = 4/8 = 0,5

Zeit (I + 1)p(! +1) =4/8 =0,5

2.24 Um eine Metapopulation zu beschreiben, benutzt man alsVariable den Anteil vonSiedlungsgebieten, in der eine Population zu einem Zeitpunkt existiert (symbolisiert durchblau gefallte Kreise). Von einem Zeitschritt zum nachsten konnen manche der Gebieteohne Population besiedelt werden bzw. in einigen Siedlungsgebieten sterben die Popula-tionen lokal aus. Damit kann zwar der Anteil besiedelter Gebiet mit der Zeit konstant blei-ben, das raumliche Muster besiedelter Gebiete andert sich jedoch standiq (dynamischesGleichgewicht).

Page 46: Ökologie kompakt || Populationen

90 2 Populationen

• AIle potenziellen Siedlungsgebiete seien gleich grofs, haben also gleiches K. DieGebiete bleiben prinzipiell uber den interessierenden Zeitraum bestehen undandern ihr Ressourcenangebot fur die lokalePopulation nicht. DiessolIauch bein-halten, dass dasAusmaB der Umweltschwankungen fur aIle GebietegleichgroBist;aber die Umweltschwankungen sollen in den einzelnenGebieten unabhangig auf-treten.

• Die lokaleDynamik vollziehtsich viel schneller als die regionaleDynamik.Sobaldein potenziellesSiedlungsgebiet erreicht wird, entwickeltsich in kurzester Zeit diePopulationsgrofse hin zur Kapazitatsgrenze. Damit mussen wir fur die Beschrei-bung der Metapopulation bei den lokalen Populationen nur zwei Zustande unter-scheiden: unbesetzt (lokale Populationsgrolse = 0) und besetzt (lokale Popula-tionsgrofse = K).

• Die bisher beschriebenenAnnahmen haben eine weitere Konsequenz: DieWahr-scheinlichkeit, mit der eine lokale Population ausstirbt, ist fur aIle Populationengleich. AIle Gebietehaben ja dasselbe Ressourcenangebot, zeigen gleiche, aber nichtgleichzeitige, Umweltschwankungen, und aIle lokalen Populationen haben immerdie Populationsgrofse K.DadasAussterberisiko von der Populationsgrofse abhangtund aIle lokalen Populationen immer bei K sind, ergibt sich zwangslaufig, dass furaIle Populationen das gleicheAussterberisiko existiert.

• Weiterhin nehmen wir an, dass fur Austauschprozesse zwischen Populationen dieraumliche Lage der Populationen keineRolle spielt.Wir vernachlassigen damit dieGeometrie des Ensemblesvon potenziellenSiedlungsgebieten. Biologisch bedeutetdies, dass ein Individuum, das aus einer lokalen Population auswandert, mitgleicherWahrscheinlichkeit jedesandere Gebieterreichenkann.DerartigeModellefur Metapopulationen bezeichnetman als raumlich implizit.

Wir betrachten dieVeranderungvon p fur kleine Zeitraume tH.Wird tH immer klei-ner, haben wir einen Differenzialquotienten

dpdt' (2.40)

(2.41)

DieVeranderungin der Zeit wird entsprechend unsererAnnahmen von zweiProzes-sen beeinflusst: Der relativen Anzahlvon unbesiedeltenGebieten,die im Zeitintervallbesiedeltwerden (1), sowiedemAnteil an besiedeltenGebieten, in denen die lokalenPopulationen im Zeitintervallaussterben (E):

dp=1-Edt

Man beachte, dass dieseGleichungin der Struktur der Gleichungfur exponentiel-lesWachstummit uberlappenden Generationenentspricht.Wirmussennun fur 1undE annehmbare Beschreibungen finden. Wenden wir uns zunachst 1 zu. Die relativeAnzahlzu besiedelnderGebieteist I - p.Nehmenwir zunachst an, dasswir stetsgenu-gend Immigranten haben, also die Wahrscheinlichkeit, dass eine lokale Populationvon mindestenseinem reproduktionsfahigenImmigranten erreichtwird, unabhangigvon der GroBe der Metapopulation selbst ist (also von p). Dann ergib sich 1 zui (l - p),wobei i die Besiedlungswahrscheinlichkeit angibt. Iede Population hat die

Page 47: Ökologie kompakt || Populationen

2.6 Systeme von Populationen

gleiche Aussterbewahrscheinlichkeit e.Damit ist E das Produkt ep. Insgesamt ergibtsich:

91

dp =i(l- p)-epdt

(2.42)

Ein Gleichgewicht p* ist dann erreicht, wenn es in der Zeit keine Veranderung vonpmehr gibt,

also ~ =0 und damit: (2.43)

o= i (l - p*) - ev:p" = .L.

l+e

(2.44)

(2.45)

Wir haben damit ein einfaches Modell fur eine Metapopulation entworfen. r istimmer> 0, solange i> 0 gilt. p"ist ein stabiles Gleichgewicht, das zudem noch dyna-misch ist. Dynamisches Gleichgewicht deswegen, weil p zwar konstant bleibt, sichaber das Besiedlungsmuster standig andert (~Abb. 2.24). i und esind Konstanten diedas Gleichgewicht spezifizieren und die von den Eigenschaften sowohl der Art alsauch der Umwelt abhangen. Das kann man sich z. B. im Fall von i dadurch klarmachen, dass i zum einen mit der Ausbreitungsfahigkeit der jeweiligen Art ansteigenwird. Zum anderen beeinflusst naturlich auch die mittlere Distanz zwischen denpotenziellen Siedlungsgebieten i. le weiter die Siedlungsgebiete auseinander liegen,desto kleiner wird i.Dieser theoretische Ansatz lasst sich beliebig erweitern, indem man die vereinfa-

chenden Annahmen sukzessive aufgibt. Restriktiv ist vor allem die Annahme, dassstets eine ausreichende Anzahl von Immigranten verfugbar ist. Daher wird obigesModell auch gem als Festland-Insel-Modell (mainland islandmodel) bezeichnet, daes sehr gut der Vorstellung entspricht, dass die Immigranten fur dieWiederbesiedlungaus einer stets groBen Population (Festland, mainland) kommen, von dem aus diebetrachteten Siedlungsgebiete (lnseln, islands) besiedelt werden (~ Abb. 2.25). Den

a

•• • ••• b

• .:1•I_ I\.r----.....·~7·

2.25 Grundkonzept der Metapopulation. EineMetapopulation besteht aus einem Systemvon diskreten Siedlungsgebieten. In jedem Siedlungsgebiet kann eine Population existie-ren, kann aber lokal aussterben. Die Wiederbesiedlung unbesiedelter Gebiete erfolgt ent-weder (a) von einem von der Metapopulation unabhanqiqen Quelle (das so genannte Fest-land-Insel-Modell) oder die Individuen stammen aus der Metapopulation selbst (b), dasklassische Modell.

Page 48: Ökologie kompakt || Populationen

92 2 Populationen

Begriff Insel sollte man nicht zu wortlich nehmen. Man kann sich darunter jede Artvon Habitat in einem ansonsten lebensfeindlichen Umfeld vorstellen. Ein Beispielwaren waldbewohnende Insektenarten, die auch auf isolierten Baumen bzw. Heckenin der Agrarlandschaft vorkommen.Geben wir diese Annahme eines Festlands auf, dann mussen wir berucksichtigen,

dass i keine Konstante mehr ist, sondern von der Anzahl bereits besiedelter Gebieteabhangen wird. Im einfachsten Fall ist i(p) proportional zu p: i(p) = cp; cist dabei eineneue Konstante. Setzt man diese Beziehung ein, fuhrt das im Gleichgewicht zu

c-ev:> --c

(2.46)

Ein p* > 0 ergibt sich in diesem Fall im Gegensatz zum Festland-Insel-Modell nurdann, wenn c > e. Somit mussen gewisse Bedingungen erfullt sein, damit eine Art ineinem Ensemble von Siedlungsgebieten als Metapopulation uberhaupt existierenkann. Dieses klassische Metapopulationsmodell zeigt damit ein Schwellenverhalten.Daher ist zu erwarten, dass es Systeme von potenziellen Siedlungsgebieten gibt, indenen eine Art nicht existieren kann.

2.6.3 Das Areal

Die Flache, in der aIle Populationen einer Art vorkomrnen, bezeichnet man als Areal.Die Struktur und Dynamik von Arealen ist Forschungsgebiet der Biogeographie(S. 209, Brown und Lomolino 1998, Gaston 2003). Fur einen Okologen ist das Arealeine Konstruktion aus einzelnen Populationen, die tiber Individuenaustausch in Ver-bindung stehen oder standen. Die Populationsdichte in einem Areal kann dabei rechtkomplexe Muster zeigen (.- Abb. 2.26), die durch lokale und regionale Populations-prozesse, aber auch Interaktionen mit anderen Arten bestimmt werden (Brown undLomolino 1998). Naturlich ist das Areal einer Art nicht nur das Ergebnis okologischerProzesse, sondern auch von erdgeschichtlichen Ereignissen (Brown und Lomolino1998).Betrachtet man die Areale von Arten, so fallt auf, dass Lage, Form und GroBe von

Arealen selbst zwischen verwandten Arten stark schwanken konnen. So ist z. B. derRotmilan (Milvus milvus) aufTeilevon Europa begrenzt, wahrend der nah verwandteSchwarzmilan (Milvus migrans) ein Areal hat, dass (aufser Amerika) nahezu diegesamte Erde umfasst . Was bedingt diesen Unterschied in der Arealgrofse! Urn zuerklaren, warum manche Arten ein grofses, andere dagegen ein kleines Areal haben,gibt es mehrere Hypothesen:

• Die GroBe des Areals hangt naturlich vom verfugbaren Raum abo Areale in derPalaearktis konnen zwangslaufig grolser sein alsAreal aufMadagaskar. Zudem fin-det man fur eine Reihe von Taxa eine Zunahme der Arealgrofsemit dem Breiten-grad (Rapoport'sche "Regel"; Stevens 1989), was mit der zunehmenden klimati-schen Variabilitat hoherer Breiten erklart wird. Dadurch sind Organismen an ver-schiedene klimatischeVerhaltnisse angepasst und konnen so grofsereGebiete besie-deln (fur alternative Erklarungen siehe auch Gaston and Blackburn 2000).

Page 49: Ökologie kompakt || Populationen

-- Grenze desBeobachlungsgebiets

0 < 1D 2 -3_ 4 - 10_ 11 - 30

> 31

2.6 Systeme von Populationen

2.26 Karte der Dichteverteilung des Blauhahers uber Nordamerika . Vereinfacht nachhttp://www.mbr-pwrc.usgs.gov/bbslhtmg6/htmra/ra4770.html. Hierbei handelt essich umrelative Dichteangaben, die etwa der Anzahl an Individuen entsprechen, die man innerhalbvon 2,5 Stunden entlang von Wegen beobachten kann. Blauhaherzeichnunq von R.Pfeifer.

• Die GroBe des Areals hangt vom Alter der Art abo[e alter aus evolutionsbiologischerSicht eine Art ist, desto grolser sollte die besiedelte Gesamtflache sein, da genugendZeit zur Verfugung stand, alle prinzipiell geeigneten Gebiete zu besiedeln (Alter-Areal-Hypothese, agearea hypothesis;Willis 1922).

• Naturlich sollte der Ausbreitungsprozess umso schneller ablaufen, je grofser dieAusbreitungskapazitat einer Art ist. Damit sollten ausbreitungsfahige Arten eingroBeres Areal besitzen als Arten mit beschrankter Ausbreitungsfahigkeit. In gro-ben Zugen ist das auch erfullt, haben doch Arten mit sehr ausbreitungsfahigenDauerstadien (z. B. Rotatorien, Tardigraden) haufig kosmopolitische Areale.

• Eine Art kann natiirlich nor dort vorkommen, wo es die fur diese Art notwendigenRessourcen gibt. Unmittelbar einsichtig ist das bei einem spezialisierten phytopha-gen Insekt . Das Vorkommen der Futterpflanze ist Voraussetzung dafur, dass einenor auf dieser Pflanze vorkommende Insektenart sich uberhaupt ansiedeln kann.Viele monophage Insekten haben aber ein Areal, das kleiner ist als das Areal derFutterpflanze.

• Arten, die eine breite Nische besetzen (S. 38), sind naturlich erheblich flexibler inder Nutzung vorhandener Moglichkeiten. Damit sollte es eine positive Beziehungzwischen der Nischenbreite und der Arealgrofse geben (Nischenbreite-Hypothese,nichebreadth hypothesis). Bei phytophagen Insekten ist die Zahl von Pflanzenarten,

93

Page 50: Ökologie kompakt || Populationen

94

7 Fragen•

2 Populationen

die als Wirte dienen, ein einfaches MaB fur die Nischenbreite entlang der Ressour-cenachse Nahrung und entsprechend der Nischenbreite-Hypothese ist die Areal-groBe von Schmetterlingen mit der Zahl von Futterpflanzen korreliert (Brandle etal. 2002).

1. Eine TIerart lebt nur einen Sommer und jedes Weibchen bringt immer vier Junge zur Welt.Falls es keine Begrenzung der Ressourcen qibt, nach wie vielen Sommern harte die Populationeine GroBe von mehr als 50 Individuen erreicht, wenn die Population zu Beginn aus nur einembefruchteten Weibchen besteht (das Geschlechterverhaltnis sei 1:1)? 0

2. Eine Pflanzenpopulation besteht aus 300 Pflanzen. Nach sechsJahren hat die Anzahl Pflanzenauf 250 abgenommen. Wie groB war die mittlere Wachstumsrate der Population pro Jahr? 0

3. Eine Population von 25 Individuen wachst mit einer individuellen Wachstumsrate von 3 % proJahr. Wie graB wOrde die Population bei ungebremstem Wachstum nach 200 Jahren sein? 0

4. Eine Insektenpopulation nimmt innerhalb von fOnf Jahren von 200 auf 1400 Individuen zu.In welchem Zeitraum verdoppelt sich die Anzahllndividuen? 0

S. Bei welcher Populationsqrofle hat eine logistisch wachsende Population die hochste Wachs-tumsrate? Leiten Sie dies mathematisch aboHinweis: Bedenken Sie, dass bei Extremwertendie Ableitung null ist. 0

6. Zeichnen Sie die drei Grundtypen von Oberlebenskurven auf. Beschriften Sie die Achsen.Bei welchen Organismen findet man die jeweiligen Oberlebenskurven? 0

7. Ein Limnologe verfolgt die Entwicklungsstadien einer Kocherfliegenart in einem TOmpelund findet 1000000 Eier, 1000 Larven, 100 Puppen und 10 geflOgelte TIere. Berechnen Siedie k-Werte. 0

8. Erklaren Sie an einem Beispiel den Unterschied zwischen einem lab ilen und einem stabilenGleichgewicht. 0

9. Welche Beziehungen bestehen zwischen KorpergroBe einer TIerart sowie Populationsdichte.Alter und int ri nsischer Wachstumsrate? 0

10. Art A ist relat iv klein und bringt viele Junge zur Welt. Art B ist groB und hat nur aile zweiJahre einen Nachkommen. Charakterisieren Sie die Habitate, in denen die beiden Arten vor-kommen konnten. 0

11 . Erklaren Sie den Unterschied zwischen .Llmitierunq" und "Regulation". Welche Faktorenwirken regulierend? 0

12. Warum hangt die Wirkung eines dichteunabhangigen Faktors von den Eigenschaften desdichteabhangigen Faktors abo Erklaren Sie dies anhand einer Skizze. 0

13. Bei der Diskussion mit einem Kollegen erkennen Sie, dasses recht schwierig ist, die Nischen-breite-Hypothese Oberzeugend zu testen. Welchen Grund konnte das haben? 0

Die Auflosungen der Fragen sind im Internet zu finden (http://www.oekologiebuch.unibe.ch) .