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Band 74 -] Wolff und Zeidler. Viskosit~t yon Olfarben, I. 103 Heft 1 (1936)_J der Olfarbe erhatten. Die MSglichkeit einer An- derung der Struktur der Farbe aber ist zweifellos ein Moment der Unsieherheit, das praktisch nicht belanglos ist. In der folgenden Abhandlung werden wir zeigen, dab mit den entwickelten Vorstellungen auch der Olbedarf tier Pigmente in engstem Zu- sammenhang steht. Olbedarf yon Pigmenten als Funktion der Korngr6fle und Korngestalt. II. Mitteilung. Von H. Wolff und G. Zeidler (Berlin). (EingegangenamS.Novemberl9SS,) Wie wir in der I. Mitteilung gezeigt haben, wird das viskosimetrische Verhalten der Ol- farben, um es ganz allgemein zu sagen, bedingt durch die Anordnung der Pigmentteitehen und die Olverteilung. Aus dieser Tatsache bereits kann man die Folgerung ziehen, dab auch der ,,Olbedarf" der Pigmente dutch diese Faktoren bedingt ist. Wit mfissen zun~ichst definieren, was wit unter Olbedarf verstehen wollen. Gew6hnlich bezeichnet man als Olbedarf diejenige Olmenge, die gerade ausreicht, um bet einer bestimmten Arbeitsweise die Pigmentteil- chen zu ether Art plastischer Masse zusammen- zuhalten, die weder br6ckelt noch schmiert. Es gibt abet auch einen zweiten (praktisch viel wiehtigeren) Otgehalt, bet dem Lein61- und LeinSl- firnisfarben gerade beginnen streichbar zu wer- den und der far die Eigenschaften aller Olfarben und der mit ihnen hergestellten Anstriche kri- tisch ist. Zwischen diesen beiden Olgehalten hat man frfiher eine Beziehung nicht feststellen k6n- hen, wobei wohl wesentlich die Unsicherheit der Bestimmung beider Olzahlen, besonders des zu- letzt genannten, eine Rolle spielte. Bet den Untersuchungen, die wir ausffihrten, sind die Unsicherheiten der Bestimmung weit- gehend beseitigt, so dab sich nunmehr gut repro- duzierbare und daher auch gut vergleichbare Werte ergaben. Da die Olzahlen durch dig Arbeitsweise mitbedingt sind, soll kurz (ohne Eingehen auf Einzelheiten der Bestimmungs- technik) das Wesentlichste der Methoden ge- schildert werden. Wir bezeichnen dabei im ersten Olbedarfsfalle den Olgehalt als ,,minimalen Ol- gehalt" bzw. den Pigmentgehalt in diesem Punkte als ,,maximalen Pigmentgehalt". Im zweiten Falle sprechen wir vom ,,kritischen" O1- bzw. Pigmentgehalt. Bestimmung des minimalen Olgehaltes bzw. maximalen Pigmentgehaltes. In einer glasierten, mit etwas Ol beschickten Reibschale wird unter schwachem Druck mit einem unglasierten Pistill das Ol mit soviel Pigment verrieben, dab eine etwas brOckelnde Masse entsteht. Zu dieser wird dann tropfen- weise O1 zugeffigt, bis die Masse, ohne am MSrser zu schmieren, vollst~indig am Pistill kleben bleibt (ein bis zwei Tropfen O1 mehr bewirken gewOhn- lich schon ein starkes Schmieren). Bestimmung des kritischen 01- bzw. Pigmentgehaltes. Eine auf einem Walzenstuhl gut angeriebene Farbe wird mit steigenden Mengen Ol verdfinnt und jedesmal die Viskosit/it mit dem sogenannten Turboviskosimeter yon Wolff-Hoepke gemes- sen. Die Ergebnisse werden in ein rechtwinkliges Koordinatensystem eingezeichnet, dessen Ab- szisse den Olgehalt in Gewichtsprozenten darstellt und dessen Ordinate der Turboviskositfit ent- spricht. Dabei muB die Strecke ftir die ,,Turbo- viskosit/it" I00 (= ca. I0 Poisen) gleich der Strecke ffir 10 Proz. O1 sein. Der kritische Punkt der Kurve ist dann derjenige, der die kfirzeste Verbindungslinie zu dem Punkt der Ordinate hat, der die Viskosit/it des Oles angibt (siehe Fig. 5 der vorigen Mitteilung). Wir werden in den folgenden Ausffihrungen bezeichnen mit pm den maximalen Pigment- gehalt (in Volumprozenten), pkr den kritischen Pigmentgehalt (in Volumprozenten). Um festzustellen, ob (ohne Berficksichtigung der chemischen Zusammensetzung usw.) ein Zu- sammenhang zwischen Teilehengr66e und maxi- malem Pigmentgehalt besteht, wurden ohne Rficksicht auf die Art des Pigments (nur mit Ausschlug ausgesprochen heterodimensionaler Formen, wie Bl~ittchen, Nadeln) in einem Ko- ordinatensystem die zu den mittleren Teilchen- durchmessern gehOrenden pm-Werte eingetragen. Fig. 1, die nur einen kleinen Tell unseres Materials enth~ilt, l~iBt trotz aller Streuungen deutlich erkennen, dab Pm im allgemeinen mit zunehmen- dem Teilchendurchmesser w~ichst und dag der Wert von pm einem Maximum zustrebt, das bet etwas fiber 70 Proz. zu liegen scheint.

Ölbedarf von Pigmenten als Funktion der Korngröße und Korngestalt

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Page 1: Ölbedarf von Pigmenten als Funktion der Korngröße und Korngestalt

Band 74 -] Wolff und Zeidler. Viskosit~t yon Olfarben, I. 103 Hef t 1 (1936)_J

der Olfarbe erhatten. Die MSglichkeit einer An- derung der Struktur der Farbe aber ist zweifellos ein Moment der Unsieherheit, das praktisch nicht belanglos ist.

In der folgenden Abhandlung werden wir zeigen, dab mit den entwickelten Vorstellungen auch der Olbedarf tier Pigmente in engstem Zu- sammenhang steht.

Olbedarf yon Pigmenten als Funktion der Korngr6fle und Korngestalt. II. Mitteilung.

Von H. W o l f f und G. Zeid ler (Berlin). (EingegangenamS.Novemberl9SS,)

Wie wir in der I. Mitteilung gezeigt haben, wird das viskosimetrische Verhalten der Ol- farben, um es ganz allgemein zu sagen, bedingt durch die Anordnung der Pigmentteitehen und die Olverteilung. Aus dieser Tatsache bereits kann man die Folgerung ziehen, dab auch der ,,Olbedarf" der Pigmente dutch diese Faktoren bedingt ist. Wit mfissen zun~ichst definieren, was wit unter Olbedarf verstehen wollen.

Gew6hnlich bezeichnet man als Olbedarf diejenige Olmenge, die gerade ausreicht, um bet einer bestimmten Arbeitsweise die Pigmentteil- chen zu ether Art plastischer Masse zusammen- zuhalten, die weder br6ckelt noch schmiert. Es gibt abet auch einen zweiten (praktisch viel wiehtigeren) Otgehalt, bet dem Lein61- und LeinSl- firnisfarben gerade beginnen streichbar zu wer- den und der far die Eigenschaften aller Olfarben und der mit ihnen hergestellten Anstriche kri- tisch ist. Zwischen diesen beiden Olgehalten hat man frfiher eine Beziehung nicht feststellen k6n- hen, wobei wohl wesentlich die Unsicherheit der Bestimmung beider Olzahlen, besonders des zu- letzt genannten, eine Rolle spielte.

Bet den Untersuchungen, die wir ausffihrten, sind die Unsicherheiten der Bestimmung weit- gehend beseitigt, so dab sich nunmehr gut repro- duzierbare und daher auch gut vergleichbare Werte ergaben. Da die Olzahlen durch dig Arbeitsweise mitbedingt sind, soll kurz (ohne Eingehen auf Einzelheiten der Bestimmungs- technik) das Wesentlichste der Methoden ge- schildert werden. Wir bezeichnen dabei im ersten Olbedarfsfalle den Olgehalt als ,,minimalen Ol- gehalt" bzw. den Pigmentgehalt in diesem Punkte als ,,maximalen Pigmentgehalt". Im zweiten Falle sprechen wir vom ,,kritischen" O1- bzw. Pigmentgehalt.

B e s t i m m u n g des m i n i m a l e n Olgeha l t e s bzw. m a x i m a l e n P i g m e n t g e h a l t e s .

In einer glasierten, mit etwas Ol beschickten Reibschale wird unter schwachem Druck mit einem unglasierten Pistill das Ol mit soviel

Pigment verrieben, dab eine etwas brOckelnde Masse entsteht. Zu dieser wird dann tropfen- weise O1 zugeffigt, bis die Masse, ohne am MSrser zu schmieren, vollst~indig am Pistill kleben bleibt (ein bis zwei Tropfen O1 mehr bewirken gewOhn- lich schon ein starkes Schmieren).

B e s t i m m u n g des k r i t i s c h e n 01- bzw. P i g m e n t g e h a l t e s .

Eine auf einem Walzenstuhl gut angeriebene Farbe wird mit steigenden Mengen Ol verdfinnt und jedesmal die Viskosit/it mit dem sogenannten Turboviskosimeter yon W o l f f - H o e p k e gemes- sen. Die Ergebnisse werden in ein rechtwinkliges Koordinatensystem eingezeichnet, dessen Ab- szisse den Olgehalt in Gewichtsprozenten darstellt und dessen Ordinate der Turboviskositfit ent- spricht. Dabei muB die Strecke ftir die ,,Turbo- viskosit/it" I00 (= ca. I0 Poisen) gleich der Strecke ffir 10 Proz. O1 sein. Der kritische Punkt der Kurve ist dann derjenige, der die kfirzeste Verbindungslinie zu dem Punkt der Ordinate hat, der die Viskosit/it des Oles angibt (siehe Fig. 5 der vorigen Mitteilung).

Wir werden in den folgenden Ausffihrungen bezeichnen mit pm den maximalen Pigment- gehalt (in Volumprozenten), pkr den kritischen Pigmentgehalt (in Volumprozenten).

Um festzustellen, ob (ohne Berficksichtigung der chemischen Zusammensetzung usw.) ein Zu- sammenhang zwischen Teilehengr66e und maxi- malem Pigmentgehalt besteht, wurden ohne Rficksicht auf die Art des Pigments (nur mit Ausschlug ausgesprochen heterodimensionaler Formen, wie Bl~ittchen, Nadeln) in einem Ko- ordinatensystem die zu den mittleren Teilchen- durchmessern gehOrenden pm-Werte eingetragen. Fig. 1, die nur einen kleinen Tell unseres Materials enth~ilt, l~iBt trotz aller Streuungen deutlich erkennen, dab Pm im allgemeinen mit zunehmen- dem Teilchendurchmesser w~ichst und dag der Wert von pm einem Maximum zustrebt, das bet etwas fiber 70 Proz. zu liegen scheint.

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104 Wolff und Zeidler, 01bedarf von Pigmenten, II. [- Kolloid- 1_ Z e i t s c h r i f t

P m

0% 2O

o o

o o o o o

o o o o

o o o

o

o

Fig. 1

Ganz das gleiche Bild ergab fibrigens auch eine gleichartige Darstellung des kritischen Pig- mentgehaltes, nur dab das Maximum dabei etwas fiber 50 Proz. zu suchen war.

Da ersichtlich ein Maximum besteht und dieses bei sehr grogen Teilchen zu finden sein mugte, wurden einige Modellversnehe angestellt durch Bestimmung der beiden Olzahlen an Stof- fen yon verh~ltnism~igig hoher Teilchengr6Be bei mOglichster Kugelform und Isodispersit~it: Glas- kfigelchen yon 80---250 Mikron Durchmesser and Sandfraktionen his zu 20 Mikron hinab.

Die Bestimmung yon p~ war hier zwar nicht mit der sonst m6glichen Genauigkeit ausffihrbar, jedoch lagen alle Werte zwischen rund 72 und 78 Proz., bei einem Mittelwert yon rund 75 Proz.

Der kritische Pigmentgehalt konnte auch hier genau ermittelt werden, und zwar zu 50,5 bis 53,5 Proz., im Mittel zu 52,6 Proz.

Bei diesen Versuchen waren alo die Werte yon Pm und Pkr unabhfingig yon der Teilchen- gr0ge und entsprachen den Stoffvolumina bei 12er bzw. 6er Packung nach Manegold 'scher Definition (tetraedrische und kubische Lagerung), bei der der Stoffgehalt theoretisch 74,0 bzw. 52,4 Proz. betrfigt.

Wir k6nnen alas Ergebnis dieser Modell- versuche aueh so ausdr~icken, dab wir sagen: Die Verh~ltnisse sind so, als ob die Teilehen beim maximalen Pigmentgehalt in 12er Packung und beim kritischen in 6er Packung gelagert sind. (Die sogenannte reale Packung ergab sich auch bei unseren Versuchen in Ubereinstimmung mit anderen Autoren zn 62--64 Proz.)

Die UnabMngigkeit des Olbedarfs yon der Teilchengr6Be bei nnseren Modellversuchen scheint im ersten Augenblick den aus Fig. 1 zu entneh- menden Zusammenh/ingen zu widersprechen. Der Widerspruch besteht aber nicht, wenn man bedenkt, dab es sich bier um sehr groge Teilchen

handelt. Nehmen wir an, dab die ,,Olh~lle", die wir um die Teilchen annehmen mfissen, den Olbedarf wesentlich mitbestimmt, so wfirde eine Hfille yon der Dicke 0,1 Mikron (wie wit sie spfiter wahrscheinlich machen werden) bei einem Pigmentteilehen-Durchmesser yon 1 Mikron ein Volumen haben yon 33,1 Proz. des Pigment- volumens. Bei einem Durchmesser yon 2 Mikron wfirde alas Hfillenvolumen noch 21,3 Proz. des Pigmentvolumens betragen, bei einem Durch- messer yon 5 Mikron bereits nur mehr 6,1 Proz. und einem Dnrchmesser yon 10 Mil~ron gar nur noch 0,03 Proz.

Die Olhfille kann also mengenm/igig fiber- haupt nur bei Dimensionen yon wenigen Mikron in Erscheinung treten, wie wir sie ja bei den eigentlichen Pigmenten vor uns haben. Auf Grund des Befundes bei den Modellversuchen stellten wir zunfichst die Hypothese auf, dab bei den Olfarben die Verhfiltnisse beim maximalen und kritischen Pigmentgehalt so liegen, als ob die Teilchen bei sich gerade berfihrenden Ol- hfillen in 12er bzw. 6er Packung gelagert sind (womit natfirlich nicht gemeint sein kann, dab diese Lagerungen als statische tats~ichlich be- stehen).

Diese Hypothese wfirde nun zwar mit jedem beliebigen Wert yon pm oder Pkr vereinbar sein, sie wfirde aber auch fordern, dab der Quotient PMPk~ konstant, und zwar gleich ca. 1,4 ist.

Eine Untersuchnng an sehr groBem Material ergab nun abet, dal3 dieser Quotient nur sehr selten auftritt, fileichzeitig aber ergab sich, dab unter den vielen Quotienten, die zwischen 1,4 und defn h6chsten (nur.zweimal gefnndenen) yon 4,5 gewisse Werte eine ganz auffallende Hfiufung zeigten. So kam tier Quotient 1,9 fast in der H~ilfte der untersnchten fiber 150 Ffille vor. Fast mit gleicher H~iufung traten (je ca. 20 Proz.) die Quotienten 1,6 und ca. 2,6 auf. Dann war noch eine Hfiufung nahe 3,5 zu bemerken.

Zieht man in Betracht, dal~ die Olbedarfs- verhfiltnisse yon vielen verschiedenen Eigen- schaften der Pigmente abh~ngig sein dfirften, so muB es auffallen, dab trotzdem bevorzugte Verhfiltniszahlen auftreten, insbesondere ein so bevorzugter wie 1,9. Diesem m6chte man daher wohl eine besondere Bedeutung znschreiben k6nnen. Die Hypothese, dab ffir die beiden charakteristischen Olzahlen als-ob-Lagerung in tetraedrischer bzw. kubischer Packung vorliegt, ist mit diesem Quotienten nattirlich nnvereinbar. Wir engten deshalb die Hypothese dahin ein, dab sie zun~ichst nur ffir den kritischen Pigment- gehalt gelten solle, bei dem dann das Stoff-

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Band 73 "] Wolff und Zeidler, Olbedarf yon Pigmenten, II. 105 Heft 3 (1935)_J

volumen also 52,4 Proz. betragen wtirde. Bei dem Quotienten 1,9 wtirde dann das Stoffvolu- men im maximalen Pigmentgehalt = 52,4.119 = 100 sein.

Das wfirde aber nichts anderes bedeuten, als dag beim maximalen Pigmentgehalt aber- haupt kein ,,freies O1" zugegen ist, sondern nur Pigment und ,,Hfillengl". Bei starren Hfillen w~ire das zwar unmOglich; stellen wit uns aber die Hfillen wie leicht deformierbare Lyosphfiren vor, dann bietet dieses Ergebnis keine besondere Vorstellungsschwierigkeit. Modellm~igig kgnnen wir dann sagen:

Beim Quotienten Pm/Pk~ = 1,9 tiegen die Verh~iltnisse so, als ob beim maximalen Pigment- gehalt die Pigmentteilchen gerade ihre Lyosphfire ausgebildet haben. Der kritische Punkt wird dann erreicht, wenn zu dem beim maximalen Pigmentgehalt vorhandenen Ol noch so viel O1 hinzukommt, dag eine Umlagerung der Teilchen bei sich berflhrenden Lyosph~iren in kubische Packung gerade erfolgen kann, so dag die Poren zwischen den Olumhfillten Teilchen mit ,,freiem 01" erftillt sind. (Wenn man will, kann man for den Faktor 1,6, tier ja auch eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit ,,a posteriori" hat, annehmen, dag statt der kubischen Lagerung sich diereaR einstellt, da 100/1,6 das r ea r Stoffvolumen von 62,5 Proz. ergibt.)

Diese Vorstellung ist allerdings nur dann er- ffillbar, wenn die Menge des ,,HfillenOles" fiber- haupt so grog ist, dab sie ausreicht, um bei der engstm6glichen Lagerung (der tetraedrischen) gerade die Poren auszuffillen, was ja erst der Fall ist, wenn die Menge des Hfillen61es gleich etwa 1/a der Pigmentmenge ist. Ist weniger Hfillen61 vorhanden, so mug ja auch, um engste Packung ziJstande kommen zu lassen noch freies O1 hinzukommen, um den Porenbedarf zu be- friedigen. Der Quotient pm/pkr wfirde dann also nicht mehr allein durch das Hfillen61 bedingt werden ffir den Wert von pro, der zu niedrig gefunden wfirde.

Es ist nun klar, dag bei kleinen Hfillen auch kleine pk~-Werte zu erwarten sind, so dab man einen niedrigen Quotienten bei sehr hohem pkr finden mfigte. Das trifft aber nur bei guter Dispersion kugeliger Teilchen zu. Bei Aggrega- ten und sperrigen Teilchen ist der Porenbedarf ungemein grog und kann selbst bei groBen Hfillen nicht immer durch das Hfillen61 gedeckt werden. In solchen F~llen werden wir also auch bei kleinem pm und Pkr kleine Quotienten haben mfissen. In der Tat finden sich solehe F~lle auch vor:

Ein Chromgelb mit nadelfgrmigen Teilchen hatte bei einem Pkr yon 18,7 einen Quotienten yon 1,4. Dagegen hatte ein Zinkweig yon etwas hgherem Pkr (24,0 Proz.) einen Quotienten von 1,92 und ein solches yon ein wenig geringerem pkr (18,1) sogar 2,60. Bei guter Dispersion aber ist im allgemeinen der Quotient pro/per um So kleiner, je kleiner der kritische Olgehalt ist. Sehr anschaulich zeigt dies eine Untersuchung tier in der I. Mitteilung erw~ihnten Zinkweige (siehe dort, Tabelle III).

T a b e l l e I. K r i t i s c h e O l g e h a l t e und Quo- t i e n t e n von Z inkweig .

Durchmesser der Zinkoxydteilchen Pkr Pm/Pkr

1,25 0,87 0,54 0,40

29,6 24,0 18,1 14,7

1,52 1,92 2,60 3,45

Diese Verh~ltnisse stimmen gut fiberein mit den Folgerungen aus der Lagerungshypthese. Sie machen es auch erklfirlich, und dies erscheint uns besonders wichtig, weshalb Viskositfitsver- hfiltnisse und Olbedar.I in so engem Zusammen- hange stehen, da beides ja auf die gleichen Ur- sachen: Anordnung des Pigmentes und Ver- teilung des ORs zurfickzuffihren ist.

Wenn auch, wie wir gezeigt haben, das Auf- treten niedrigerer Quotienten als 1,9 eine einfache und zwanglose Deutung zul~igt, so ist die Deutung tier hgheren Quotienten recht schwierig und un- sicher. Man kann mit gleichem Recht annehmen, dab bier Lagerung in weitere Packungen bei gleich- bleibender Hfillendicke stattfindet als auch dab die kubische Lagerung (als als-ob-Lagerung) erhalten bleibt, aber Quellung, d.h. Hfillenver- grggerung eintritt.

Far den hfiufigsten Quotienten 1,9 und die niedrigeren kgnnen wir aber zunfichst die Lage- rungshypothese als zutreffend unterstellen. Dann kOnnen wir aus dem kritischen Pigmentgehalt leicht die Hfillendicke berechnen. Bezeichnen wir mit S den Stoffgehalt der zutreffenden Packung und mit d die relative Hfillendicke (d. h. den Quotienten aus absoluter Hfillendicke durch L~inge des Radius), dann ist:

8 d = ~S/pkr--l. (1)

Voraussetzung ffir diese Berechnung ist allerdings, dab die Teilchen weder sperrig noch aggregiert sind. Ob das abet zutrifft, ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, wie wir in

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106 Wolff und Zeidler, 01bedarf yon Pigmenten, II. [- Kolloid- kZeitschrift

der vorigen Mitteilung zeigten, aus der Or0ge dab man mit guter Dispersion und annfihernd der Viskositfitskonstanten a zu entnehmen, kugeligen Teilchen rechnen kann. (Das letztere

Wir ffihren in der folgenden Tabelle (II) wurde dutch die mikroskopisehe Untersuchung einige Farben an, die ein niedriges a haben, so auch bestfitigt.)

T a b e l l e II. V i s k o s i t ~ i t s k o n s t a n t e n und H f i l l e n d i c k e n e in ige r m i t Lein01 a n g e r i e b e n e n P i g m e n t e .

Mittlerer Art des Pigmentes Durchmesser a b Pkr d d ' r

Bleimennige . . . . . . . . . . . . 2 Bleiweil3 (Tabelle IC) . . . . . . . . ~ - - Eisenoxydrot . . . . . . . . . . . I 4 Zinkweifi (Tabelle I) . . . . . . . . i 1,25 Zinkweifi (Tabelle I) . . . . . . . . ! 0,87

b,0419 0,0485 0,0445 0,0446 0,0468

- - 0,1996 --0,1118 - - 0,4501 4- 0,19 + 0,46

35,6 31,2 42,7 29,4 24,0

0,137 0,19 0,07 0,21 0,30

0,137 "

0,14 0,132 0,131

Trotz des. recht verschiedenen ,,Olbedarfs" und der Unterschiede der relativen Hfillendicken d ergibt sich ffir die absolute Hfillendicke [ d - r (Radius)] praktisch der gleiche Weft, der bei einer Molekfillfinge yon rund 20 A einer Hfillen- dicke yon etwa 60 Molekfilen entsprechen wfirde ~.

Es ist nun interessant, dab man auf annfihernd gleichen, jedenfalls grOgenordnungsm~gig glei- chen, Wert auch bei den beiden feineren Zink- weigen der Tabelle I kommt, wenn man aueh bier (wo der Quotient 2,6 bzw. 3,45 war) kubi- sche Lagerung annimmt. Eine erhebliche Aggre- gation kann man auch bier bei dem noeh ver- hfiltnism~il3ig niedrigen a nicht annehmen.

T a b e l l e III . K r i t i s c h e r P i g m e n t g e h a l t und Hf i l l en-

d i c k e n f e i n e r e r Z i n k w e i g s o r t e n .

Durchmesser des Pigmentteilchens

0,54 0,40

Pkr d d �9 r

18,1 0,425 0,115 14,7 0,528 0,105

Ahnliche GrOgenordnungen fanden wit auch bei einer ganzen Zahl der verschiedensten Pig- mente, so dab man von" einem Zufall kaum mehr sprechen kann. Man wird also zwangslfiufig zu der Annahme gef~ihrt, dab beim kritischen Olgehalt (unter Ausschlug der FNIe sperriger Teilchen und stfirkerer Aggregation) die Olhfillen so liegen, als ob die 6er Packung vorhanden ist bei Be- rfihrung der Olhfillen. Und weiter folgert, dab die Hfillendicke weitgehend unabh/ingig yon tier TeilchengrSge ist, wie auch v o n d e r chemischen Beschaffenheit.

Damit ist natfirlich nicht gesagt, dab die chemische Beschaffenheit g~inzlich belanglos ist. Sie wird sich sicher auswirken bei dem Zustande-

kommen der ersien Adsorptionshfille, die ja nach D r o s t e aus Fetts/iuren besteht. Und diese Tatsache wfirde es auch ohne weiteres verst~ind- lich machen, dab die Dispersion bei basischen Pigmenten, wie Bleimennige, Bleiweigen und Zinkweig so leicht erfolgt und so vollstfindig verlfiuft (kleine a-Werte!). Die ffir das gesamte Verhalten so wichtige weitere ,,Hfillenbildung" ist dann aber nut mehr indirekt durch das Pig- ment bedingt und wesentlich eine Folge der Polarit~it der Molekfile der primfiren Hfille. Das Pigment organisiert gewissermagen nut die Ordnung und Richtung der Otmolekfile tier wei- teren Hfillenzonen, so dab die Hfillenbildung schlieglich mehr yon der Art des Oles als der des Pigmentes abhfingt. Es ist so leicht erkl~rlich, dab eine verh~iltnismfigig weitgehende Unab- hfingigkeit der HfillengrOge yon der Pigment- beschaffenheit besteht.

Diese Verh~iltnisse sind denen nicht ganz un~ihnlich, die W e b e r bei Wandschichten- dicken bei Kapillaren land, die ebenfalls einen konstanten Wert hatten (10 .4 cm gegenfiber einer GrOgenordnung bei den Hfillen yon 10 -5 cm, wie wir bier annehmen massen).

Die Tatsache, dab man zur gleichen GrOgen- ordnung der Hfillendicken kom. mt, wenn man auch bei pm/pkr abet 1,9 die 6er Packung an- nimmt, wfirde dann welter dazu ffihren, dab man annehmen sollte, dab die hOheren Quotienten nicht dutch Umlagerung in andere weitere Pak- kungsarten zustandekommen, sondern durch Quellung. Eine Entscheidung kann man wohl aber kaum treffen, denn man kommt zu folgen- der Antinomie:

Nimmt man die Quellung an, so nimmt man dem Auftreten tier gleichen Werte yon d . r den Zufallscharakter, es ist aber schwer vorstellbar, weshalb dann bevorzugte Quotienten bestehen.

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B a n d 74 "] Wolff und Zeidler, (31bedarf von Pigmenten, II. 107 Heft 1 (1936)3

Bei einer Quellung mfil~te ja jeder beliebige Quotient zustande kommen k6nnen. Nimmt man aber wiederum weitere Packungsart an, so wird das Auftreten bevorzugter Quotienten leicht vor- stellbar, daffir aber wieder die relativ gute Kon- stanz yon d �9 r schwer erkl~irbar. Theorien ad hoc hier zu bilden, erscheint uns aber nicht nfitzlich.

Wichtig ist abet die Folgerung, die sich aus den Tatsachen ergeben. Wir sehen, dab hoher Olbedarf zustande kommen kann dutch Bildung groBer Hfillen (relativ zum Pigmentdurchmesser), ferner durch Aggregation und durch sperrige Pigmentteilchen, oder wenn wit uns der Aus- drueksweise vom Schluf5 unserer vorigen Mit- teilung bedienen wollen, sowohl durch grol~e wahre Hfillen, als aueh durch groBe Scheinhfillen. In allen diesen F/illen aber mfissen wir, wie sich aus der vorigen Mitteilung ergab, mit hoher Viskosit/it und hoher FlieBfestigkeit rechnen gegenfiber den F/illen kleiner Hfillenbildung bei guter Dispersion rundlicher Teilchen und damit geringen Olbedarfs (besser kritischen Olgehaltes).

Das heiBt nichts anderes, als dab hoher O1- bedarf bei LeinOlfarben stets verbunden ist mit sehlechtem. Farbenverlauf. Da die relative Hfillen- dicke w/iehst bei kleiner werdendem Teilchen- durchmesser, wird man notwendig mit den Vor- teilen der Verkleinerung der Teilchen (z. B. Ver- besserung der Deckf/ihigkeit) auch den Nachteil sehlechteren Verlaufs in Kauf nehmen mfissen. Dieser Nachteil kann minimal sein, wo die gute Dispersion durch gute Benetzung gew/ihrleistet wird (Bleimennige, BleiweiB) oder wo man durch die Wahl des Bindemittels den Verlauf durch Dispersionserh6hung verbessert (Stand61 oder Stand61zusatz). Jedenfalls aber ist Olbedarf, Viskosit/it und FlieBfestigkeit als Folgen gleicher

Ursachen (Pigmentanordnung und Olverteilung) zwangsl~iufig miteinander verbunden. Biszu einem gewissen und oft sehr hohen Wahrscheinlichkeits- grad sind diese ganzen Verh~iltnisse darstellbar (und daher auch aus ihnen abzulesen) durch zwei Viskosit~itskonstanten.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Bei kugligen oder ann~ihernd kugligen Pig- mentteilchen steigt der ,,maximale" bzw. ,,kri- tische" Pigmentgehalt bei Olfarben mit dem Durchmesser. Der ,,maximale" Pigmentgehalt n~ihert sich dabei einem Maximum von rund 75 Vol.-Proz., der ,,kritische" einem solchen yon rund 52Vol.-Proz. Bei sehr groben Teilchen (Sand, Glaskfigelchen) entspricht der maximale Pigmentgehalt dem Stoffgehalt bei tetraedrischer Lagerung, der kritische dem Stoffgehalt bei ku- bischer Lagerung. Nimmt man an, dab die Verh~ltnisse beim kritischen Pigmentgehalt so sind, als ob die yon Olhfillen umgebenen Pigment- teilehen bei Hfillenberfihrung kubisch gelagert sind, so ergibt sich aus dem f/Jr etwa die H~ilfte aller F~ille zutreffenden Quotienten 1,9 aus maxi- malem durch kritischen Pigmentgehalt, dab beim maximahn Pigmentgehalt nur Pigment und ,,Hfillen61", jedoch nicht ,,freies 01" zugegen ist.

Niedrigere Faktoren als 1,9 deuten bei hohem Olbedarf darauf bin, daf5 Aggregation stattfindet oder die Teilchen sperrige Gestalt haben. Sta- tistisch ergibt sich auch, dal~ zwei Quotienten fiber 1,9 auffallend h~iufig vorkommen (ca. 2,6 und 3,4), deren Deutung jedoch zur Zeit unsicher ist.

Alle diese Tatsachen stehen mit den Viskosi- t~itsverh~iltnissen der Farben in engstem Zu- sammenhang.

Referate. I. Grenzschichtforschung

( P h y s i k und Chemie der Grenzsch ich ten , Kapillarit~t, Adsorpt ion, h e t e r o g e n e

Kata lyse usw.). R y a n , L. W., W. D. H a r k i n s und D. M.

G an s, Floekenbiidung (,,flocculation"), Dispersion und Absitzen yon Farbpigmenten im Verh~iltnis zur Adsorption. (Ind. eng. Chem. 24, 1288, 1933.)

An reinen Flfissigkeiten wurden diese Verh~ilt- nisse mit verschiedenen weiBen Farbpigmenten unter- sucht; alle diese verhielten sich analog, soweit nicht chemische Reaktionen gelegentlich (bei ZnO oder ZnS) auftraten.

Die Untersuchungen der B e n e t z u n g s w ~i r m e

als MaB der B e n e t z b a r k e i t ffihrte zu keinen klaren Ergebnissen. Immerhin zeigte sich, dab je ausgesprochener eine Flflssigkeit einseitig polar ist, desto gr6fAer die Benetzungsw/~rme ist. Spuren von Wasser in einer unpolaren Flfissigkeit erh~ihten die Benetzungsw~irme betr~ichtlich.

Ffir die Hauptversuche wurden sorgf~iltigst trok- ken destillierte Flfissigkeiten bereitet und die Arbeiten unter v611igem LuftausschluB durchgeffihrt; ebenso war es mit der Trocknung der Pigmente im Hoch- vakuum. Die fibrigen Versuche wurden in einem be- sonderen Trockenkasten vorgenommen.

B e i s p i e 1: Ein v611ig trockenes Pigment (TiO2) in v611ig reinem C6H~ gibt eine lockere f 1 o c kig e A u f s e h w e m m u n g. Zusatz yon soviel Ols~iure als erforderlich ist, eine monomolekulare Haut an der