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Old shit. News Style. - Thor Steinar Info Nr. 2

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Datum: 2008 | Kurz-Info-Faltblatt zur, bei Rechten beliebten Marke, Thor Steinar.

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OLD SHIT. NEW STYLE.NEONAZIMARKE THOR STEINAR STOPPEN

ZWEITEAUFLAGE

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Wer die Entwicklung der extre-men Rechten in Deutschland inden letzten Jahren beobachtete,

konnte den Trend nicht übersehen –immer mehr Neonazis legen den altenSkinhead- und Braunhemd-Look beisei-te. Sie suchen sich neue, diskretere,modischere Kleidungsstile. Eine derMarken, die am erfolgreichsten inner-halb der deutschen Neonazi-Szeneboomt, ist die Marke Thor Steinar ausKönigs Wusterhausen (Brandenburg,nahe Berlin).

Diese Marke ermöglicht denextremen Rechten, sich stilvoll inhochwertiger Qualität zu kleiden,ohne auf völkische Symbolik ver-zichten zu müssen. Die Aussagensind jedoch so stark codiert, dasssie nur für SzeneanhängerInnen sofortverständlich sind. Eine Konfrontationmit antifaschistisch gesinnten Menschenwird umgangen. Die Marke mit dernordisch-germanischen Runensym-bolik trifft genau den Nerv derNeonazi-Szene und ihres (sub-)kulturellen Umfeldes undfand Einzug in die meistenLäden der extremenRechten und in diver-se Neonazi-Versän-de. Doch dieMarke schaff-te es auch,aus dem

Szeneghetto auszubrechen und un-politischere Käuferschichten zu er-schließen. Inzwischen gibt es ThorSteinar auch in vielen Army-Storesund in manchen Sportgeschäften.

ZWEIDEUTIGE ANDEUTUNGEN ...Die Symbolik, der sich Thor Steinarbedient, ist nur KennerInnen der Neo-nazi-Szene geläufig. Daher eine kurzeErläuterung: Das alte Logo von ThorSteinar bestand aus einer Kombinati-on von zwei Runen, einer so genann-

ten Binderune. Im Fall des altenThor Steinar-Logos ergaben die

beiden übereinander geleg-ten Runen bei einer leichtenSchrägstellung eine Grafik,die das Symbol der »Waffen-SS« erkennen ließ. Runen alsaltnordisch-germanischeZeichen finden in der Neo-nazi-Szene Verwendung, dasich die Neonazis durch sieauf ihre angeblichen nor-disch-germanischen Wur-zeln besinnen wollen.Runensind dabei nicht frei von po-litischer Bedeutung, sonderneindeutig völkisch aufge-laden. Sie wurden in dernationalsozialistischenSymbolik verwendet, umeine germanische, arischeTraditionslinie zu konstruieren.

Das alte Logo von Thor Steinar wur-de aus der Tyr-Rune (Todesrune)

und der Gibor-Rune (Wolf-sangel) zusammengesetzt. ImNationalsozialismus fand die-se Verwendung im Abzeichender Reichsführerschulen

und der 32.SS-Division »30. Janu-ar«.Die Wolfsangel fand Bedeutung alsvölkisches Widerstandssymbol. Siewurde u.a. von Nazi-Werwolfeinhei-ten und Sabotagegruppen in der End-phase des Zweiten Weltkrieges ver-wendet.

Auf einigen Kleidungsstücken vonThor Steinar prangte Werbung für dasschwedische Rechtsrock-Projekt »Ul-tima Thule«. In späteren Sortimentenfanden sich immer wieder T-Shirts miteindeutig zweideutigen Motiven, wel-che Rückschlüsse auf politische Inten-tionen nahe legen. Ein T-Shirt-Motivlautete zum Beispiel »Ski Heil!«,was alsAnspielung auf den Nazigruß »SiegHeil« gelesen werden kann. MancheThor Steinar-Kleidungsstücke trugenden Aufdruck »Nordmark«. Das warder Name eines Arbeitserziehungsla-ger der SS im Nationalsozialismus.

Später vertrieb Thor Steinar übri-gens eine Kapuzenjacke mit dem Ti-tel »No Inquisition«.Das Rückenmo-tiv dieser Kapuzenjacke ist mit ei-nem Bild versehen, auf dem ein Ad-

ler mit seinen Klauen einen »christli-

OLD SHIT. NEW STYLE.NEONAZIMARKE THOR STEINAR STOPPEN

◆ »Was soll den Thor Steinar mit Nazis zu tun haben?«Thor Steinar ist eine Kleidungsmarke, die aus dem Umfeld derNazi-Szene produziert und vertrieben wird, die sich völkischerSymbolik mit NS-Bezug bedient und vor allem von Neonazis getra-gen wird.◆ »Thor Steinar, gibts doch überall zu kaufen«Thor Steinar gibt es überwiegend in Naziversänden oder Läden.Al-lerdings finden sich auch immer wieder »normale« Sportgeschäfte,die entweder nicht wissen, was sie verkaufen, oder denen esschlicht egal ist, mit was sie ihr Geld verdienen. Man sollte es je-doch immer auf einen Versuch ankommen lassen, mit den Betreibe-rInnen zu sprechen.

ARGUMENTATIONSHILFE:

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chen Fisch« greift. Dieses Motiv hatsich die neonazistische Vereinigung»Die Artgemeinschaft – GermanischeGlaubensGemeinschaft wesensgemä-ßer Lebensgestaltung e.V.« im Januar2003 durch ihren Vorsitzenden undRechtsanwalt Jürgen Rieger, beimDeutschen Patent – und Markenamt si-chern lassen. Der neonazistische Mul-ti-Funktionär war auch Funktionär derNPD und der inzwischen verbotenen»Wiking-Jugend e.V.«

... KOMMEN ANDie »Bravo« der Neonazi-Skinheads,das Rechtsrock-Blatt RockNord schrieb2004 in dem Artikel »Kleider machenLeute«: Als neue und noch weitestge-hend unbekannte Marke schickt sich»Thor Steinar« ins Rennen um patrio-tische Käufer […] hinsichtlich speziel-ler Bedeutung kann man hier si-cherlich von »patriotischer Klei-dung« mit nordischer Attitüdesprechen.«1 So ist es nur logisch,dass zahlreiche Neonazi-VersändeThor Steinar im Sortiment haben undNeonazis in Internetforen Thor Stein-ar als »ihre« Marke bezeichnen.

DIE PERSONEN DAHINTERAm 9.Oktober 2002 ließ sich Axel Ko-pelke aus Königs Wusterhausen (Bran-denburg) die Marke Thor Steinar unddas dazugehörige alte Runen-Logo in-ternational registrieren. Geschäftsfüh-rer der MediaTex GmbH (dem ThorSteinar-Vertrieb) wurden Axel Kopel-ke und Uwe Meusel. Kopelke wurdenvon lokalen AntifaschistInnen Verbin-dungen zur rechten Szene nachgesagt.So wurde er in der Vergangenheit beivölkischen Sonnenwendfeiern, bei ei-

nem Liederabend mit dem Neonazi-Barden Frank Rennicke und bei einerNPD-Reichsgründungsfeier im Jahr2000 in Friedersdorf gesehen. Er ver-fügte auch über Kontakte zu dem

überregional bekannten früherenNeonazi-Kader und Geheimdienst-V-Mann Carsten Szczepanski. Seinegeschäftlichen Ambitionen begann

Kopelke 1997, als er in den Laden»Explosiv« in der Bahnhofstrasse inKönigs Wusterhausen einstieg.Dieserentwickelte sich zu einem Anlauf-punkt der regionalen Jugendszene derextremen Rechten.Als kaum ein Zu-fall kann hierbei der Umstand ange-sehen werden, dass in diesem Ladenvor allem rechte Jugendliche ihreSchulpraktika absolvierten.2 »Es gibtRechtsextremisten, die der Firma an-gehören«, erklärte sogar der Bran-denburger Verfassungsschutz zeitwei-lig.3 Uwe Meusel selbst erklärte aufAnfrage zu seiner eigenen Haltungzum Rechtsextremismus nur: »Ichmuss mich hier nirgendwo distanzie-

ren.«4 Über die Adresse der MediaTexGmbH wurde von Udo Siegmund (Nie-derlehme/Brandenburg) die Homepa-ge von Thor Steinar angemeldet, sodass ein Online-Handel mit Thor Stein-ar-Produkten übers Internet abgewik-kelt werden konnte.5 Dieser (frühere)Mitarbeiter von Thor Steinar fiel imZusammenhang mit ei-nem RechtsRock-Kon-zert in Schweden auf.Mittlerweile scheint dasThor-Steinar-Team nachdem Motto »bei Geldhört die Kameradschaft auf« zuverfahren.Udo Sigmund tritt seit Som-mer 2007 mit der neuen Marke Erik &Sons in Konkurrenz zu Thor Steinar.Axel Kopelke verließ die Geschäftsfüh-rung von Thor Steinar und verzog sichmit einer neuen Firma in die Schweiz.Uwe Meusel tritt neuerdings mit einerFirma namens Protex GmbH für ThorSteinar auf.

JURISTISCHE QUERELENIm November 2004 erlebte die Mode-marke Thor Steinar ihre vorläufig größ-te Niederlage. Die Polizei durchsuch-te die Geschäftsräume in Zeesen. Eswurden Thor-Steinar-Produkte be-schlagnahmt und das Lager versiegelt.MediaTex stellte nach Ansicht der An-klagebehörde Produkte mit einem ver-fassungswidrigen Logo her.

Die Brandenburger Justiz hatte imNovember 2004 die Beschlagnahmungvon Kleidung mit dem Runen-LogoThor Steinar verfügt.

Jedem, der zu diesem Zeitpunkt öf-fentlich Thor Steinar-Kleidungsstücketrug, drohte ein Strafverfahren wegendes Verwendens von Kennzeichen ver-fassungswidriger Organisationen.

Allein der Firmenname, so die Poli-

THOR STEINAR vs. NAZISYMBOLE

altes Logo:Thor Steinar

neues Logo:Thor Steinar

»Ultima Thule«(Thor Steinar)

»Ultima Thule«(Nazi-CD)

»No Inquisation«(Thor Steinar)

Neonazisymbolvon Jürgen Rieger

Logo von Nazis:»Thule-Seminar«

Tyr-Rune Sig-Rune Logo der verbotenen»Kameradschaft Treptow«

◆ »Ist jemand, der Thor Steinar trägt ein Nazi?«Jede/R der oder die solche Klamotten kauft und anzieht, unterstütztdamit direkt Neonazis in ihrem Bestreben, ihre Inhalte und Symbolein die Gesellschaft zu tragen.Die Motive haben eindeutig zweideutige Aussagen, die rechtes Ge-dankengut transportieren sollen.◆ »Was kann ich gegen Thor Steinar machen?«Auf der Homepage www.stop-thorsteinar.de.vu findest Du Infoma-terial und Downloads. Du kannst Flugblätter ausdrucken, kopierenund verteilen. Bei Festivals und Partys ist es sinnvoll, Leute aufzuklä-ren was hinter der Marke steckt.Wenn Du eine eigene Internetseitehast, verlinke die Kampagnenseite und werde aktiv.

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zei in einem internen Bericht,sei eine unverhohlene Anspie-lung auf den ehemaligen SS-Gene-ral Steiner.6 Auch in Tschechienwurde die Kleidermarke ThorSteinar verboten, erklärte einSprecher der Polizei Pilsen. Die tsche-chische Polizei hatte schon im Sommerin zahlreichen Städten Kleider der Mar-ke beschlagnahmt.7

NEUANFANGIn Deutschland änderte Thor Steinar inReaktion auf den juristischen Drucksein Logo um. Frühere Szene-Insiderberichteten dem Antifaschistischen Info-blatt, dass ausgerechnet führende Neo-nazis aus der Berliner Kameradschafts-Szene von Thor Steinar dafür bezahltworden sein sollen, das alte Logo vonKleidungsstücken abzutrennen. Dochbereits nach einigen Monaten juristi-scher Auseinandersetzun-gen hob das brandenburgi-sche Oberlandesgericht dasVerbot des alten »Thor-Steinar«-Logos wieder auf.

VIEL GELD ZU HOLEN ...Welchen breiten Absatz die Marke ThorSteinar findet und wie viel Geld die Fir-men um Thor Steinar abwerfen ist be-ängstigend. Die enormen Profitratenbelegen u.a. Materialien, die einem In-formanten des Antifaschistischen Info-blattes anonym zugespielt wurden. ImWeihnachtsgeschäft Mitte Dezember2003 konnte die Firma MediatexGmbH einen Kontostand von etwa

45.000 Euro verzeichnen. Der akku-mulierte Umsatz (Haben) betrug fürzwölf Tage über 95.000 Euro.Dass diehohen Preise für die Thor Steinar-Produkte zumindestens nicht auf diereinen Materialkosten zurückzufüh-

ren waren, zeigten beispielhaft diedurchschnittlichen Ausgaben für Mate-rial-Importe aus der Türkei.8 Im Jahr2005 gab die Mediatex GmbH ihren of-

fiziellen Jahresumsatz mit zweiMillionen Euro an.

Ergänzend zum Ge-schäft im Internet und über Zwischen-händler eröffnete Thor Steinar in Ber-lin einen Laden namens »Tønsberg«.Das Geschäft scheint sich zu lohnen,denn weitere Geschäfte in Leipzig,Magdeburg und Dresden folgten. Er-freulicherweise gibt es an allendiesen Orten auch – teils sehr er-folgreiche – Proteste von Antifa-schistInnen.

VERTRIEB IM AUSLAND ...Bei so viel Gewinn wird natürlich auchin anderen Ländern versucht, in dasGeschäft mit Thor Steinar-Produkteneinzusteigen.Hierbei treten auch mehroder weniger offen neonazistische Ak-tivistInnen auf den Plan.Für Schweden,Norwegen und Dänemark wurden sol-che Bestrebungen von AntifaschistIn-nen bereits aufgedeckt und dokumen-tiert. In der Schweiz trat langjährige derAktivist der neonazistischen Ham-merskins Adrian Segessenmann insBlickfeld der Öffentlichkeit, als er be-gann über die Website »Thor Steinar –

Division Schweiz« ausschließlich Klei-der der Marke Thor Steinar aus Bran-denburg zu verkaufen.

FAZITAuch wenn eine antifaschistische Kam-pagne und das Vorgehen der Justiz derunpolitischen Legende von Thor Steinarein Ende setzen konnte, ist dies leidernoch lange nicht das Ende eines Einbre-chens rechten Lifestyles in die Mitte derGesellschaft. Im Gegenteil, das Geschäftläuft trotz aller Kritik immer besser und

Thor Steinar erobert nach

wie vor öffentlichen Raum.Als erfolgreichsten hat sich in den

vergangenen Jahren eine kontinuierlicheantifaschistische Aufklärung und Inter-vention erwiesen.

NAZIKLEIDUNG STINKT! WEG MIT THOR STEINAR!

THOR STEINAR STOPPEN - DIE KAMPAGNE:

WWW.STOP-THORSTEINAR.DE.VU

Die Kampagne »Stop Thor Steinar« gründete sich bereits imFrühjahr 2004.Mit dem verstärkten Auftreten der Marke ThorSteinar in der Öffentlichkeit, beschlossen antifaschistische In-itiativen Ladenbetreiber,Versandhändler und die Presse auf-zuklären, was hinter diesem Produkt steckt. Mit einer großenAuflage von Flugblättern, Plakaten, Aufklebern und einer re-gelmäßig aktualisierten Internetpräsenz ging man in die Of-fensive. Es wurde durch eine massive Presse- und Öffentlich-keitsarbeit eine große Aufmerksamkeit geschaffen.Träger der

Marke können sich mittlerweile nur schwer rausreden, nichtzu wissen, was sie tragen. Und fast überall, wo die Marke auf-taucht gibt es vehemente Proteste von AntifaschistInnen – dasist wichtig und gut so.

Infos und Unterstützung für Aktionen gegen Naziklamot-ten bekommt Ihr auf der Homepage der Kampagne »StopThor Steinar«:

Fussnoten:1| RockNORD 92/92, »Kleider machen Leute: Gibt es ei-nen ‚rechten Kleidungsstil’?«2| Siehe: www.stop-thorsteinar.de.vu3| Märkische Allgemeine, »Noch ein Thor – Eine märkischeModemarke steckt Rechte in Designerklamotten«,5.10.20044| Der Tagesspiegel, »Gericht geht gegen Kultkleidung derrechten Szene vor«, 12.11.20045| Mittlerweile ist die Homepage auf Mirko Schroeder, Fa.Mediatex GmbH (Zeesen) registriert6| Die Welt, »Gericht verbietet Symbole der rechten Kult-Marke Thor Steinar«,13.11.20047| Berliner Morgenpost, »Tschechische Kleidermarke ver-boten«, 19.11.20048| Nicht alle Kleidungsstücke stammtenaus der Türkei. Ein Großteil der Produk-te wird in Südost-Asien produziert.