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95 „Es ist, als wenn mit der weichen, ermattenden und doch erfrischenden Luft Italiens eine andere Seele einzöge, als wenn mein inneres Gemüt auch einen ewigen Frühling hervortriebe, wie er von außen um mich glänzt und schwillt und sich treibend blüht. Der Himmel hier ist fast immer heiter, alle Wolken ziehn nach Norden, so auch die Sorgen […] In Italien ist es, wo die Wollust die Vögel zum Singen antreibt, wo jeder kühle Baumschatten Liebe duftet, wo es dem Bache in den Mund gelegt ist, von Wonne zu rieseln und zu scherzen.“ Ludwig Tieck (Franz Sternbalds Wanderungen, 1798) 1 „Viele Örter auf den sonnigen Höhen oder in den dunklen Falten der Ge- birge; Burgen, Klöster und Städte wie spielend in die Luft gehoben. Eine epische Ruhe überall. Die Linien dieser Gebirge am reinsten Blau des Himmels sind so scharf und klar, daß sie das Auge bezaubern; man möchte hinüber, auf den leuchtenden Kanten und Flächen in der Frische jener hohen Olevano, die erste Künstlerkolonie Europas angela windholz

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„Es ist, als wenn mit der weichen, ermattenden und doch erfrischendenLuft Italiens eine andere Seele einzöge,als wenn mein inneres Gemüt aucheinen ewigen Frühling hervortriebe,wie er von außen um mich glänzt undschwillt und sich treibend blüht. DerHimmel hier ist fast immer heiter, alleWolken ziehn nach Norden, so auchdie Sorgen […] In Italien ist es, wo dieWollust die Vögel zum Singen antreibt,wo jeder kühle Baumschatten Liebeduftet, wo es dem Bache in den Mundgelegt ist, von Wonne zu rieseln undzu scherzen.“

Ludwig Tieck (Franz Sternbalds Wanderungen, 1798)1

„Viele Örter auf den sonnigen Höhenoder in den dunklen Falten der Ge-birge; Burgen, Klöster und Städte wiespielend in die Luft gehoben. Eine epische Ruhe überall. Die Linien dieserGebirge am reinsten Blau des Himmelssind so scharf und klar, daß sie dasAuge bezaubern; man möchte hinüber,auf den leuchtenden Kanten und Flächen in der Frische jener hohen

Olevano, die erste Künstlerkolonie

Europas angel a windholz

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Himmelszone einherzuschreiten. Überden Senkungen der Serra hebt sich hieund da ein beschneites, sanft violen-farbenes Berghaupt aus der Wildnisder Abruzzen, noch eine andere Ferneahnen lassend; im Hintergrund tau-chen aus Silbernebeln Berggipfel auf,fern und ferner, schattenhaft, vielför-mig, einige wie Obelisken, andere wieDome geformt, und sie rufen diePhantasie in die unbesuchten Gegen-den des Sandalenlandes oder an dieUfer des schönen Lirisstroms.Wer malt diese lateinische Land-

schaft, wenn alle Berge im purpurnenIrisspiel des Abends erglühen undunten die weite Talgegend dunklerund dunkler wird? Dann kriecht dieNacht langsam auf die breiten Felsen-wände der strahlenden Serra undscheint jene Städte auf den Gipfelnmit ihrer dunklen Hand zu haschen,eine nach der andern, bis sie alle inFinsternis begraben sind. Dort funkelnnoch die rosenhellen Sonnenstrahlenin den Fenstern des fernen Orts Ser-rone, dort in Rojate, jetzt drüben in Piglio; nun verlöscht eins nach dem

andern; auch das Kastell Pagliano [sic!]ist schon erblaßt; aber hinter ihm flim-mert die Abendsonne noch in denFenstern einer dunklen Stadt, die inmeilenweiter Ferne auf einem Hügelzu erkennen ist, und welche, indem sie ihn mit ihren Massen bedeckt, ansehnlicher als alle übrigen Städteder Campagna zu sein scheint.“

Ferdinand Gregorovius (Wanderjahre in Italien, 1858)2

i. ein neues landschafts-motiv für das 19. jahr-hundert

Die beiden auf antike Stadtgründungen3

zurückgehenden, mittelalterlichen Borghi,Olevano Romano und seine noch höher gelegene Fraktion Civitella (heute Bellegra),wurden samt ihrer Landschaft, ihren grünenTälern, Olivenhainen, Weinbergen, Schafs-weiden, kargen Felsen und weiten Aussichtenauf die Bergmassive Mittelitaliens im Laufedes 19. Jahrhunderts von einem Geheimtipp

entdeckungslustiger Künstler zu einem derbeliebtesten Reiseziele der Landschaftsmalerganz Europas. Auf unzähligen Leinwändenwurden die Städtchen, ihre Aussichten, dieBaum-, Fels- und Genremotive konterfeit.Der zwischen beiden Orten befindliche Eichenwald, die Serpentara – traditionellübersetzt mit Schlangenhain –, bot genaujene Gegenstände, urige Felsformationenund knorrige und wie Schlangen verschlun-gene Eichenstämme, die in den ersten Jahrendes 19. Jahrhunderts europaweit als Versatz-stücke und Landschaftsdetails zirkuliertenund die Vordergründe und Seitenstaffagenbelebten.4 Ludwig Richter, der dem Zug der Maler folgend 1824 zum ersten Mal nach Olevano kam, schrieb in seinen Lebens -erinnerungen:

„Die Serpentara, von welcher ich soviel hatte sprechen hören, ist freilichein Stück Erden, wie für den Maler besonders hergerichtet. Eine halbeStunde von Olevano erhebt sich einmit Eichen bewachsener Hügel, undzwischen seinen Klippen und zerstreu-ten Steinklötzen winden sich wildePfade auf und wieder herab, Ginster,

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Wacholder und wilde Rosen wachsenhier und da aus dem öden Gestein.Solch Terrainbildung, verbunden mitden malerisch sich gruppierendenBäumen, gibt nun freilich höchst ab-wechselnde, formenreiche Vorgründe.Von überwältigender Schönheit aberist die nähere und fernste Umgebung!“5

Der über Jahrhunderte unentdeckte Ort mit seinem Wäldchen und seiner sich weiten Blicken öffnenden Umgebung war ein New -comer unter den berühmten mittelitalieni-schen Landschaftsmotiven und traditionellenZielen der Villeggiaturawie Civita Castellana(dem Ort Claude Lorrains), Tivoli, Frascati,Albano, Ariccia, Nemi, Castelgandolfo undSubiaco.Neben den von Domenico Riccardi6

zwar schon im Werk des LandschaftsmalersCaspar Dughet identifizierten Motiven ausder Umgebung Olevanos, die auf eine erstekünstlerische Verarbeitung der Region im 17. Jahrhundert hindeuten,7 sind es erst dieLandschaftsmaler des späten 18. Jahrhun-derts, die immer weniger nach der klassischenIdeallandschaft suchten, sondern zunehmendan einer unberührten Natur interessiert waren.

Genannt seien für diese Epoche Jacob PhillipHackert, der auf der Suche auch nach un -verbrauchten Motiven durch die Abruzzenreiste;8 dann aber insbesondere JohannChristian Reinhart, Albrecht Christoph Diesund Jacob Wilhelm Mechau, die für ihr Stichwerk Malerische Prospecte aus Italien dasHinterland von Tivoli und Subiaco betraten,und die wilde, noch kaum von Fremden bereiste und einsame Gegend nach Südendurchstreiften.9 Für die letzten Jahre des 18. Jahrhunderts ist außerdem auch die Prä-senz des Franzosen Nicolas-Didier Boguet,10

des Holländers Hendrik Voogd und des Bayern Johann Georg von Dillis belegt.11

Carl Gottlob Küttner (1755–1805), einpreußischer, lange in der Schweiz ansässigerReiseschriftsteller und Publizist,12 der eben-falls in den 90er Jahren des 18. Jahrhundertsin jene abgelegenen Berggegenden vor-drang, lieferte in seinen 1796 erschienenenWanderungen durch die Niederlande, Deutsch-land, die Schweiz und Italien in den Jahren 1793und 1794 die erste zeitgenössische Reise -anleitung nach Olevano, in der sich auch eine konzise Beschreibung der Beweggründeder Künstler lesen lässt, sich für diese Ge-genden zu interessieren:13

„Schönes und Malerisches Land zwischen Tivoli, Subiaco und Palestrina –bessere Menschen zwischen Subiaco und Palestrina –[…] der ganze Strich Landes von Tivoli an bis Subiaco und von da bis Palestrina gehört, wenn man ihn mah-lerisch betrachtet, unter die schönstendie ich in Italien gesehen habe. Es ver-steht sich, daß ich nicht von See-Aus-sichten und Meerbusen rede, sondernvon einem eingeschränkten Lande,dessen Schönheiten in der Gestalt der Berge und Felsen und in den Wal-dungen bestehen. In der That enthältdieser Strich fast die einzigen großenWälder, die ich in Italien gesehenhabe. Es sind größtentheils Castanien-bäume, doch giebt es auch Ulmen undeine große Menge unserer nördlichenEichen. Auch ist dieses Land den Mahlern gar wohl bekannt, und vielestudieren hier während eines großenTheils des Sommers. Die allermehres-ten ziehen diese Gegenden der Schweizvor! Zwar füllen die Schweizer Gegen-den den Anschauer mit mehr Wunderund Erstaunen; aber jene sind mahle -

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rischer, d. h. sie sind besser für das Papier und die Leinwand calculirt. DieAlpenscenen scheinen für die Kunst zugroß zu seyn und die übrige Schweizist mehr reich, fruchtbar und gefällig,als eigentlich mahlerisch und roman-tisch; wobey es sich jedoch versteht,daß ich nicht ohne Ausnahme rede.[…] Ich wunderte mich nicht wenig,daß ich dieses bergigte waldigte undvon der übrigen Welt ent legene Landstark bewohnt und ziemlich wohl an-gebaut fand. St. Vito liegt ohngefähr in der Mitte dieser schönen Scene,zwischen Subiaco und Palestrina,durch die ich mit wahrem Vergnügengegangen bin. Auch die Menschensind gar sehr von denen verschiedene,die an den großen Landstraßen woh-nen, und schon zu Subiaco glaubt ichin einer andern Welt zu seyn, so garanders sind die Menschen hier, alsjene Italiener, mit denen ich in allenandern Theilen von Italien zu thun gehabt haben. Die Sache war mir übri-gens nichts neues, denn ich habe aufmeinen Reisen sehr oft bemerkt, daßdie Menschen allemahl in dem Maße

verdorben sind, in welchem sie mehroder weniger mit Reisenden zu thunhaben. […] Die Einwohner dieses ganzen Striches sind äußerst arm; aber niemand bettelt, während daß zuTivoli die sämmtlichen Einwohner dieBetteley als Dilettanten treiben. Es istwirklich ganz unerträglich, wenn mansieht, daß man Niemanden auf derStraße und in den Gaßen begegnenkann, der nicht seine Hand ausstreckemit einem Date mi qualche cosa! Aberkein Reisender besucht Rom, der nichtauch nach Tivoli gienge, während daßSubiaco und der noch entlegenereStrich zwischen Subiaco und Palestrinanur von solchen besucht wird, die bloßdie schöne Natur aufsuchen, auch mitBeschwerden sie aufsuchen, d.h. vonsehr wenigen.“

Tatsächlich unterstreicht das hier zitierte undfrüheste uns bekannte schriftliche Zeugniszur Entdeckung Olevanos einen der Haupt-vorteile seiner Landschaft. Sie mit derjenigender Schweiz vergleichend, die in Folge derästhetischen Entdeckung der Berge in jenenJahren zum Modereiseland geworden war,14

hebt Küttner die Einzigartigkeit der Morpho-logie des Landstrichs zwischen Subiaco undPalestrina hervor, die nämlich in der außer-gewöhnlichen Kleinproportionalität ihrerKomponenten bestünde und sich daher inbesonderer Weise zu einer malerischen Umsetzung auf die reduzierten Maße derLeinwand eigne. Von den verschiedenenAussichtspunkten Olevanos würde sichselbst in der Reduziertheit eines Bildaus-schnitts eine solche Vielheit von Motivenbieten, wie sie sich in dieser Dichte und geordneten Gestaffeltheit kaum woandersfinden ließe: Im Vordergrund die wildwüch -sigen Wurzelgeflechte, Fels- und Gesteins -bildungen der Serpentara; in der folgendenBildebene die Hügelkuppen mit weichenWeiden, Olivenhainen, Weinbergen undBaumgruppen, unterbrochen von schroffenFelsabhängen, auf hohen Felsen befestigteund von Burgruinen bekrönte Städtchen,weiterhin die kleinen Landkapellen mit ihrenGlockentürmen. In der Tiefe öffnen sichweite Ebenen bis hin zum Meer und nochdahinter erheben sich am Horizont im Dunst und Licht verblassende Bergmassivemit blauen Hängen und schneebedecktenGipfeln.

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Empfahlen die Traktate und Anleitungenzur Landschaftsmalerei des 18. Jahrhundertsden Malern bisher ihre Landschaften durcheine mühsame Zusammenstellung verschie-dener ausgewählter Details, die von man-chen Künstlern in Listen mit zugehörigenAdressen notiert wurden, und Hintereinan-derstaffelung verschiedener Veduten, dieIdeallandschaft zu komponieren,15 so hin -gegen enthob Olevano Küttner zu Folge dieMaler von der Mühe des Zusammensuchensund Kombinierens.16 Olevano bot also nichtnur die richtigen Motive, sondern auch schonihre richtige Zusammenstellung und befreitedamit die Maler von dem zunehmenden Widerspruch zwischen der Wiedergabeeiner natürlichen Landschaft und der akade-mischen Komposition einer Ideallandschaft. Einer der kulturellen Impulse, die nötig

waren, das Interesse weg von der syntheti-sierten Ideallandschaft auf die gegebene Naturlandschaft zu lenken, waren unter an-derem die Arbeiten des Zürcher Buchhänd-lers, Stechers und Dichters Salomon Gessner,der mit seinen europaweit gefeierten, rezi-tierten und imitierten Idyllen (1756) einenwahren Boom der Landliebe auslöste.17

Gessner komponierte Verse in Anlehnung

an die antike Schäferdichtung, wo Arkadiendie spröde Heimat gütiger, armer und ein -facher Bewohner war. Seinen gedichtetenIdyllen, deren Betitelung – ein aus dem Griechischen entlehntes Wort – ursprünglichdas kleine Bild meinte, stellte Gessner kleine,von ihm selbst entworfene Landschaftsbilderzur Seite, die er mit stimmungsvollen Moti-ven, wie Nymphen, Hirten und Schafen be-lebte.18 In der Schneise der Zivilisationskritikdes Genfers Jean-Jacques Rousseau schriebGessner in der Einleitung zur ersten Auflageseiner Hirtendichtungen 1756:

„Oft reiss ich mich aus der Stadt los,und fliehe in einsame Gegenden, dannentreisst die Schönheit der Naturmein Gemüth allem dem Ekel undallen den wiedrigen Eindrücken, diemich aus der Stadt verfolgt haben;ganz entzückt, ganz Empfindung überihre Schönheit, bin ich dann glücklichwie ein Hirt im goldnen Weltalter undreicher als ein König.“19

Die Wiederentdeckung eines arkadischenSchäferidylls im Zeitalter des durch französi-sche Etikette geprägten Spätfeudalismus bot

ein Gegenbild zur zunehmend als dekadentempfundenen höfischen Lebensweise. Daseinfache Leben auf dem Land galt im Ver-gleich dazu als unverdorbene, moralischüberlegene Daseinsform. Schon Albrechtvon Haller hatte in seinem philosophischenLehrgedicht Die Alpen (1732) die Schönheitdes Gebirges beschrieben und das sitten-reine und einfache Leben seiner Bewohnerder städtischen Zivilisation entgegengehalten.Seine Dichtungen leiteten ein wachsendesästhetisch-moralisches Interesse an denAlpen ein. Auch in Rousseaus BriefromanJulie oder Die neue Héloïse (1761) stehen die Alpenbewohner Modell für die herzustel-lende Harmonie von Gesellschaft und Natur. So ist im Zuge dieser Popularität der Alpen,des Interesses für Berge, für Hirten undSchafe, die Entdeckung der Berge im Hinter-land Roms nur eine logische Folge. Für dieLandschaftsmaler auf Italienreise waren dieMonti Simbruini und Prenestini jedoch nichtetwa Ersatz der Alpen in Italien, sondern, folgen wir Küttner, weit besser als die Alpen,denn, „die Alpenscenen scheinen für dieKunst zu groß zu seyn…“. Ja, die Gegendvon Olevano war in ihren beschränkten Pro-portionen geradezu das ideale Modell für

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jene kleine Landschaft, sowohl im materiel-len Sinn als Landschaft, die auf ein Bild passt,als auch im ideellen Sinne als Landschaft der Idylle.Im Unterschied zum klassizistischen

Naturverständnis, nach dem die Landschaftder Einbettung von historischen Monumen-ten und einer mythologischen, heroischenVergangenheit diente, wird die Landschaftder Hirten und armen Bauern nun zur Szene-rie eines besseren zeitgenössischen Lebens.Und tatsächlich erwähnt Küttner, treu demRousseauschen Konzept des „Edlen Wilden“,neben den rein landschaftlichen, morpho -logischen und proportionalen Vorteilen der Landschaft um Olevano auch die beson-dere Sittlichkeit und Güte ihres einfachen,ursprünglichen Menschenschlags.20

Als Alternative zur Revolution gegen die steife Herrschaft des europäischen Hochadels, gegen die Belastungen seiner dynastischen Kriege, die Perücken und Zere-monien21 fanden bürgerliche und landadeligeKreise in der „Idylle“ eine regressive Utopie.Es ist der von Achatz von Müller so passendals „simplicity turn“ bezeichnete arkadischeRausch, der Europa erfasste: Der Fluchtpunktist Griechentum, Ursprung, Natur und alles

in einem Arkadien. Die Italienreise erscheintin neuem Licht: Wo soeben noch das Erbeder Vergangenheit besonders intensiv warmit Hof, Kirche, Liturgie, Rom, Imperium undZivilisation, rückt jetzt jene Szene Italiens insBlickfeld, der die höfischen Reisenden nichtnur wegen der bekannten Räuberphobiestets auszuweichen suchten, nämlich die rurale Welt. Die kargen Berge der armenLandbevölkerung treten an die Stelle derLandschaft der Großgrundbesitzer und ge-hobenen Stände, der Villen und der Gärtenmit Wasseranlagen und antikem Skulpturen-schmuck, in denen der gebildete Adel seinenkostspieligen Sommervergnügungen nach-ging.Während die Künstler im Ancien Régime

noch mehrheitlich im Gefolge des Adels reisten und in seinem Auftrage in den Gärtender Villen oder an den touristisch bekanntenOrten wie Tivoli, das seit Claude Lorrain alsSchule der Landschaftsmaler populär war, arbeiteten, setzten die Reisen in die kargenBerggegenden eine völlig neue Organisationder Kunstreise voraus. Jene Künstler, die sichzu ihren Naturstudien vermehrt in der freienLandschaft Wind und Wetter aussetzten,waren zunächst ein solch ungewohnter An-

blick, daß manch einer als Spion verdächtigtund festgesetzt wurde.22 Neben Unannehm-lichkeiten mussten sie auch Prestigeverlust in Kauf nehmen, galt doch aus der Sicht desFeudalismus die Arbeit im Freien als Tage-lohnarbeit. In Friedenszeiten war die einzigelegitime Beschäftigung, der Personen höhe-ren Standes im Freien nachgingen, die fürstli-che Jagd. Es waren François Desportes, PierreHenri Valenciennes und Thomas Jones, dieals erste mit Portfolios in die Natur heraus -zogen, um dort nicht nur Motive zu skizzieren,sondern auch in Farbe und in Öl zu malen.23

Die Entdeckung der entlegenen Regionenprofitierte nicht zuletzt von den Fortschrit-ten der wissenschaftlichen Landvermessung,die mit der Triangulation im Laufe des 18. Jahr-hunderts immer vollständigere topografischeLandkarten auch der Berggegenden erarbei-tete. Pioniere waren auch hier die „Bauern-kartografen“ aus Tirol, Peter Anich und Blasius Hueber, die zur Erarbeitung des AtlasTyrolensis (1760–1774) ins Hochgebirge vor-drangen.

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Olevano Romano

Es trafen denn auch, fast möchte man sagennaheliegender Weise, Maler aus dem Alpen-raum als erste in Olevano ein.24 Der TirolerJoseph Anton Koch (1768, Elbigenalp – 1839,Rom), Bauernsohn und Schafhirt, der alsSympathisant der Jakobiner von der HohenCarlsschule in Stuttgart verwiesen wurdeund nach Aufenthalten in der Schweiz miteinem privaten Stipendium nach Italien reisteund immer wieder weite Strecken zu Fuß zurücklegte, kam um 1803 nach Olevano. Erbrachte die Schwaben Gottlieb Schick und1805 Christoph Friedrich Dörr mit,25 dann in den Jahren 1803–1806 die Basler JakobChristoph Miville und 1810–1812 einen derMitbegründer der Lukasbrüder, den Schwei-zer Ludwig Vogel.26 1819 folgt der Basler Hieronymus Heß den Spuren Kochs nachOlevano.27 Auch der Basler Friedrich Salathé,ebenfalls ein Sohn von Landwirten, kam 1819gemeinsam mit seinen begüterten Freunden,den Malern Samuel Birmann und Jakob Chris-toph Bischoff nach Olevano. Während jenemit dem Vetturin durch Italien reisten, undden alten Steineichenwald der Villa Chigi inAriccia den „sterilen Bergen“ von Olevano28

vorzogen und die adeligen Privatgalerien besuchten, legte Salathé aufgrund seiner beschränkten Mittel weite Strecken zu Fußzurück.29War die Fußreise Salathés einer-seits diktiert durch seine finanzielle Not, warsie, wie Johann Gottfried Seumes Spazier-gang nach Syrakus im Jahre 1802 (publiziert1803), doch andererseits auch symptoma-tisch für die neuen Reisegepflogenheiten, in denen sich die Umbrüche des 19. Jahrhun-derts ankündigten. Die bürgerliche Fußreisesetzte sich physisch wie symbolisch scharf abvon der adligen Kavalierstour in der Kutsche.Die Reiseform bedingte und lenkte daskünstlerische Interesse auf die natürlichenalltäglichen Begebenheiten. An die Stelle derWelt des Adels, seiner Paläste und Galerien,gefüllt mit den historischen Leistungen derAlten Meister, treten soziale, wirtschaftlicheund landwirtschaftliche Motive, der Gasthof,das Volk und die Berge.30

Der Zutritt zu den feudalen Kunstsamm-lungen war durch den Adel reglementiertund setzte die üblichen Prozeduren vonEmpfehlungsschreiben und Bekanntschaften,Kleiderordnung und Etikette voraus. Für die Künstler im Gefolge des Adels war diesselbstverständlich, aber einer unabhängigen

Künstlerexistenz konnten durch die Ent -fernung zu aristokratischen Kreisen unüber-brückbare Hindernisse für diese Art desKunststudiums erwachsen. Erschwert wurde das klassische Studium

der Galerien außerdem noch durch den er-bärmlichen Zustand der römischen Kunst-sammlungen, die während des napoleonischenKunstraubs (1796–1798) viele ihrer berühm-testen Kunstwerke verloren hatten.31 Außerder Galerie der Familie Doria Pamphilj, dieeinen reichen Bestand an Gemälden GaspardDughets aufwies und damit vielleicht sogarrichtungsweisend für die bevorzugten Land-schaftsmotive der ersten Künstlergenerationdes 19. Jahrhunderts gewesen sein könnte,war keine römische Galerie mehr intakt, und auch die Doria Pamphilj schlossen ihreSammlung um 1810 für Kopisten.32 Mancheder alten römischen Adelsfamilien hattennach den Verunsicherungen der napoleoni-schen Herrschaft Angst, ihre Galerien öffent-lich zugänglich zu machen, andere hattensich aus wirtschaftlichen Gründen von ihrenSammlungen trennen müssen. 1807 verkaufteCamillo Borghese, Ehemann der Paolina Bonaparte, 695 Antiken aus Familienbesitzan seinen Schwager Napoleon – ein Trauma

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für die italienische Kunstwelt. Erst 1816, mit der durch Antonio Canova und ErcoleConsalvi verhandelten Rückführung derKunstwerke nach Rom, normalisierte sich die Lage am Tiber, aber einige der alten Privat-galerien öffneten dennoch ihre Tore nichtwieder. Mittlerweile hatten die Künstler ihreMotive den äußeren Umständen und ihremsozialen Milieu angepasst.33 Die Gegend vonOlevano wurde in wenigen Jahren populär:zunächst zirkulierten Kochs Skizzen und Studien unter seinen Schülern und Bewun-derern.34 Kurz darauf schmückten die Land-schaftsbilder von Koch, Voogd und Reinhartdie Wände des berühmten Caffè Greco,35 deszentralen internationalen Künstlertreffs derEwigen Stadt.36 Es waren dies Gemälde, diedie alten, schon allzu bekannten Veduten,wie „das abgedroschene Tivoli mit seinen Guck -kasten Details“ ablösten, und welche jenen,die wie Karl Friedrich von Rumohr „längst des Porcellan- und Vedutenwesens“ satt waren,neue Motive boten.37

Den Spuren Kochs folgend erkundeten ab den 10er Jahren des 19. Jahrhunderts nichtnur unzählige Künstler Olevano, sondern auchGelehrte und Mäzene wie Karl Friedrich vonRumohr. Gleichzeitig mit Koch und dem

Schotten George Augustus Wallis weilte1806 der Maler Washington Allston als erster Amerikaner in Olevano. Er mietetevon Februar bis März ein Haus (die CasaBaldi?), wo ihn auch der englische DichterSamuel Taylor Coleridge besuchte, der sichaus Furcht vor Repressalien der Rom kontrol-lierenden Franzosen nach Olevano abgesetzthatte.38 Coleridge wiederrum wurde vondem an heftigen Gichtschmerzen leidendendeutschen Dichter Ludwig Tieck begleitet,dem Autor des viel gelesenen Künstler -

romans: Sternbalds Wanderungen. Tiecks Aufenthalt entsprangen sechs den Orten um Olevano gewidmete Gedichte, die 1823unter dem Titel „Reisegedichte eines Kran-ken“ erschienen.

OlevanoMüde bin ich angelangt,In diese Bergeinsamkeit,Umstarrt von nahen und fernen Felsen,Vor mir die dunkle kleine Stadt,Drüben am zackigen GipfelHängend die Burg.Und der VollmondLeuchtet vom klaren Himmel,Und wie ich schlummre,Tönt helles GelächterUnd Ton von ZitternUnd tanzendes GaukelnIn meinen Schlaf,Vom Vorsaal herüber.So weich, so warm, so hellWar noch keine Sommernacht,Kein Schlummer so süß,Keine Störung des SchlafesJe so erfreulich,Denn wie ich das AugeMatt halb öffne

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1 Joseph Anton Koch, Blick auf Olevano mit Hirten und Selbstbildnis, um 1823, 34,2 × 48 cm,

Feder (durchgegriffelt), Inv. Nr. 1908-294, Kupferstich-Kabinett Dresden

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Strahlt im Glanz das Gebirge,Der Mond vom reinen Himmel,Der Scherz der Mädchen undFreunde,Und lächelnd schlummr’ ich wieder ein.

Der Gegensatz von Olevano zu Rom hatteTieck dazu bewogen, seinen Künstlerromanfortzuschreiben. In der Sternbaldausgabevon 1843 kündigte Tieck im Nachwort an,daß in der geplanten Fortsetzung sein Heldsich aus Rom in die Einsamkeit nach Olevanozurückziehen werde, um dort, ähnlich wieTieck, zu gesunden; aber der schriftstelleri-sche Plan blieb unvollendet. Als im Juni 1819 Freiherr von Rumohr mit

seinem Koch, Joseph König, und dem TriererMaler Johann Anton Ramboux in einem öst-lich unweit des alten Ortes auf einem Hügelgelegenen Gehöft, und zwar der Casa Baldi,weilte, ereignete sich doch tatsächlich einÜberfall von einer der zahlreichen gefürch -teten Räuberbanden, die weitgehend un -behelligt in den Bergen hausten, und demneben dem Sohn der Baldis, Giovanni, auchder am selben Abend zu Besuch gekommeneSalathé zum Opfer fiel. Während Rumohrund Ramboux entfliehen konnten, wurden

Salathé und Giovanni als Geiseln entführt.Das Geschehen fand in den Briefen der Zeitgenossen,39 in der Bayrischen National-zeitung,40 aber auch in einem Bericht, denSalathé nur einige Wochen darauf, Ende Au-gust, in der Leipziger Zeitung veröffentlichte,europaweit ein Echo und machte Olevanoauch jenen bekannt, die sich bisher nicht um das Künstlerleben in Italien gekümmert

hatten.41 Die Geschehnisse inspirierten auch zahlreiche Künstler, wie beispielsweiseBartolomeo Pinelli, der im selben Jahr miteinem Stichwerk zu den Kostümen und demRäuberleben in der Umgebung Roms be-gann.42 Im selben Sommer kam Lady Maria(Graham) Callcott, die britische Reiseschrift-stellerin, ebenfalls nach Olevano. Sie ließsich die Räubergeschichte für ihren Reise -bericht genau schildern, aus dem hervor-

2 Friedrich Nerly d. Ä., Monte Serrone bei Olevano, um 1830/31, Pinsel

in Braun und Grau, Rötel und Bleistift auf Vergé, 45,5 × 71,7 cm, bezeichnet links unten mit Feder in Schwarzbraun: F. Nerly f / a Olevano / il monte Serone / dove si rifugivano i Briganti /

dopo l’Atenta sul Barone de Rumohr / nel Casino Baldi; rechts oben mit Bleistift:

Monte Serone, Inv. Nr. 3236, Angermuseum Erfurt

3 Carl Friedrich von Rumohr, Die Casa Baldi von Süden, 1819, Feder in Braun auf gelblichem Papier, ca. 23,3 × 35,8 cm,

bezeichnet: Ansicht der Häuser von Olevano wo K. Rumohr von Räubern

überfallen ward, von ihm selbst skizziert, Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. 1915-44,

© Hamburger Kunsthalle / bpk

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geht, daß die Räuber aus Sonnino, einemRäubernest aus dem Hinterland von Terra-cina, angeheuert worden waren, das im selben Jahr auf Befehl des Kardinals ErcoleConsalvi geschliffen werden sollte.43

Zum Schutz vor den Briganten oder auch vor den Anfeindungen der Bevölkerungreisten die Künstler vermehrt in Gruppen,wobei sich die Dänen, Skandinavier und Niederländer vielfach den Deutschen an-schlossen. Von Friedrich Preller d. Ä., der den Sommer 1829 mit dem Landschafts -

maler Ferdinand Joseph Marinus aus Ant-werpen in den Bergen bei Olevano ver-brachte, wissen wir, daß er dort auch dieKünstler Theodor Weller, Ditlev ConradBlunck, Ernst Meyer, Friedrich Nerly d. Ä.44

und Johann Caspar Weidenmann traf, mitdenen er gemeinsam Ausflüge unternahm.45

Eine Zusammenstellung der Namen undWerke der Künstler in Olevano, nach Her-kunftsländern geordnet, hat Coriolano Bel-loni (1896, Olevano Romano – 1985, Rom) inden sechziger Jahren des vergangenen Jahr-hunderts erarbeitet, deren beeindruckendeZahl von über 600 Künstlern sicherlich nochweit entfernt von einer Vollständigkeit ist. Erweitert wurde die Namensliste von Dome-nico Riccardi in seinem umfassenden Katalogder deutschsprachigen Maler in Olevano von2003. Nach den Deutschen, unter denen sichalle Kleinstaaten, aber auch Österreich unddie Schweiz subsummierten, kamen der Anzahl nach die Franzosen und Dänen,46

Norweger, Schweden, Finnen, Polen, Russen,Belgier, Ungarn, Nordamerikaner und Eng-länder, wobei letzteren einer anderen abernicht dokumentierten Überlieferung nachdie Entdeckung Olevanos zugeschriebenwird.47 Schenkt man der Skizze Penry

Williams Glauben, begannen die Künstlerdamals, sich gegenseitig „auf die Füße zu treten“. Am 1. Juli 1839 scheinen sich aufeinem Felsen bei Civitella Samuel Palmer mit Hut und Brille mit seiner Frau Hannah(geborene Linnell) und Albin Martin geradezuim Weg zu stehen.48

4 Bartolomeo Pinelli, The Stagecoach Holdup, o. D., Feder in Schwarz

und Bleistift auf Vergé, 27,8 × 42,1 cm, Geschenk von Mrs. George B. Young, Inv. Nr. 1963.1847,

© The Art Institute of Chicago

5 Friedrich Preller d. Ä., Der Maler Ferdinand Joseph Marinus aus Antwerpen und Friedrich Preller d. Ä. in der Natur arbeitend, 1834, Aquarell, Feder in schwarzer Tinte und Bleistift,

Inv. Nr. 1960/446, Kunsthalle Bremen

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Die Franzosen, die in der Zusammen -stellung Bellonis die zweitgrößte Gruppedarstellen und unter denen die NamenClaude Françoise-Théodore D’Alingy, Jean-Baptiste Corot und Émile-Jean-HoraceVernet herausstechen, blieben, wie schon in Rom, so auch in Olevano, wohl eher untersich. In Ludwig Richters Erinnerungen an seinen Aufenthalt in den „Sabiner“ Bergenvon 1824 wird deutlich, daß sich Deutscheund Franzosen eher scheuten. Sie stiegenzwar im selben Gasthof ab, wo

„die Zimmer der Franzosen […] unmittelbar an die unsrigen [stießen],und obwohl sie mindestens ebensoliebenswürdige und solide Leutewaren, als wir zu sein uns schmeichel-ten, so kamen wir durchaus in keinenVerkehr miteinander. Im Gegenteilmieden wir uns mit einer Art vonScheu; denn jede Partei mochte dieandere für mezzo matti [halb verrückt]halten; die Gegensätze waren damalszu stark.“49

Es waren nicht nur die Ressentiments derNapoleonischen Ära, die die gegenseitigeScheu voreinander bedingten, sondern vorallem auch die unterschiedlichen künstleri-schen Gepflogenheiten, die Richter in dervielzitierten Passage seiner Erinnerungendrastisch charakterisierte: Während angeb-lich die Deutschen jeden noch so geringenGrashalm fleißig mit ihrem Silberstift nach-zeichneten, trugen die Franzosen eine zen -timeterdicke Ölschicht mit dicken Borsten-pinseln auf ihre Kartons.50

ii. schlafen, essen, lieben und pflegen: die gasthäuser

Casa Ranaldi

Außer den landschaftlichen machten prakti-sche Gründe die Fortuna von Olevano aus.Rom wurde in den Sommermonaten von alldenen verlassen, die es sich nur irgendwieleisten konnten, und zwar nicht nur wegender schwer erträglichen Hitze, sondern auchaus Gründen des erhöhten Malariarisikos. Damachten sich bei der Wahl des Ortes für dieSommermonate neben den Attraktionen,wie den noch lebendigen Volksbräuchen undreichen Trachten, auch wirtschaftliche Erwä-gungen bemerkbar. Die Gegend um Olevanound das Hinterland von Tivoli boten einepreiswertere Sommerfrische als die CastelliRomani und die bekannteren Ausflugsziele.Aus ähnlichen Gründen wurden auch Ortewie Cervara di Roma und Anticoli Corradohinter Tivoli im Anienetal Ende des 19. Jahr-hunderts von zahlreichen Künstlern ent-deckt,51 und auch in Subiaco eröffnete eineHerberge: Au rendez-vous des artistes.52

Für die andauernde Erfolgsgeschichte

6 Penry Williams, Civitella Gazette, Blick auf die Serpentara; eine Gruppe von Künstlern, darunterSamuel und Hannah Palmer und Albin Martin und Edward Lear, beim Zeichnen nach der Natur, 1839,

Bleistift und braune Tusche auf Papier, The British Museum © The Trustees of the British Museum London

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ausgerechnet Olevanos hatte eine ganz private Begebenheit die Weichen gestellt.Anton Joseph Koch, der um 1800 angese-henste Landschaftsmaler in Rom, verliebtesich in die Olevaneserin Cassandra Ranaldi(auch Rainaldi, 1783–1875), die älteste Tochterder Herbergsleute Loreta Greco und

Giovanni Ranaldi, die wohl als erste in ihremHaus im Zentrum von Olevano an der Piazzadegli Erbaggi (heute Piazza Benedetto Greco)den fremden Künstlern Kost und Logis anbo-ten.53 Am 1. September 1806 heiratete KochCassandra Ranaldi in Olevano.54 In einemBrief an den Freiherrn von Üxküll aus demJahr 1807 erwähnte Koch den Vorteil, den dieHeirat mit einer Olevaneserin ihm brachte:

„Bei dieser Lebensweise brauch ich für jetztweniger als zuvor, dieweil ich meine fleißigePenelope um mich habe. Auch bekomme ichMehlspeis und Öle samt anderen Früchtenaus dem Land der Herniker.“55 Koch kehrtefortan aus familiären und hauswirtschaft -lichen Gründen immer wieder nach Olevanozurück, oftmals in Begleitung befreundeterKünstler, Dichter, Gelehrter und Gesandter. 1806, als Rumohr gemeinsam mit FerdinandHausmann zum ersten Mal nach Olevanoreiste, wohnte er, sicherlich auf VermittlungKochs, ebenfalls in der Casa Ranaldi. Ranaldisbewirteten ihre Gäste so überschwänglich,daß diese sich am folgenden Tag so schlechtfühlten, daß die besorgten Wirtsleute schon nach dem Pfarrer zur letzten Ölungschickten.56

Casa Pratesi

Neben der Familie Ranaldi und später denBaldis bot auch die Familie Pratesi gastwirt-schaftliche Dienste an. Die Casa Pratesi oderauch Casa Felice, nach dem Namen der Mut-ter der Familie, lag etwas östlich vor dem

7 Joseph Anton Koch, Aus dem Porträtskizzenbuch, 1804, Bl. 62, Rom, Sammlung Margherita Contini (aus: Lutterotti 1940, Z 586,

S. 273–276), in der Mitte der zweiten Reihe: Cassandra Ranaldi. In der dritten Reihe: Costanza Ranaldi, eineSchwester der Cassandra, die am 16. September 1809 den österreichischen Bildhauer Leopold Kissling

heiratete und mit ihm nach Wien zog (vgl. Lutterotti 1940, S. 274)

8 Joseph Anton Koch, Cassandra Koch, geb. Ranaldi, Privatbesitz, Nachfahren Ottaviano Koch,

Rom (aus: Lutterotti 1940, Kat. Nr. 15, S. 203)

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alten mittelalterlichen Dorfkern, am Fuß des Westabhangs der Casa Baldi, heute ViaGaribaldi 43. Hier quartierten sich JohannChristan Reinhart, Heinrich Reinhold und Julius Schnorr von Carolsfeld im Jahr 1821,Hieronymus Hess im Jahr 1822 und Jean-Baptiste Camille Corot bei seinen Olevano-aufenthalten im April und Juli 1827 und imAugust 1828 ein. Auf einer seiner zahlreichen

Skizzen, die Corot bei diesen Aufenthaltenanfertigte, zeichnete er auch die Casa Pratesi,die er jedoch irrtümlicherweise Casa Petrosanannte.57 Begleitet war Corot von ThéodoreCorneille d’Aligny und von Léon Fleury.58

Über die Familie Pratesi sind wir besondersausführlich durch den schwäbischen DichterWilhelm Waiblinger unterrichtet, der in den20er Jahren die Sommer wiederholt bei die-ser Familie in Olevano verbrachte und durchseine hervorragenden italienischen Sprach-kenntnisse regen Anteil am Leben des Berg-städtchens nahm. Seine Schriften gehörenzu den detailliertesten und wirklichkeits-treusten Quellen zu Olevano.59 Nachdem erzum ersten Mal 1827 in die Berge gereist war,sprechen seine Briefe aus Rom wiederholtvon seiner Sehnsucht nach Olevano, wohines ihn, sobald es ihm seine Mittel erlaubten,immer wieder zurückzog, bevor auch er nur25-jährig von der Tuberkulose in Rom hin-weggerafft wurde:

„Ich habe nun eine Wanderung vondrei Wochen durch das päpstliche Ge-biet und seine paradiesischen Gebirgegemacht. Hier habe ich Dinge gesehen,

die mir eine fast unwiderstehlicheSehnsucht erwecken, unter diesemmilden Himmel zu leben und zu ster-ben. Meine Vorstellungen fand ichweit übertroffen, und ich drang zumTeil in Gegenden ein, wo wenig Rei-sende hinkommen und wo ehedemdie großen Räuberbanden hausten,zum Beispiel in den Felsgipfeln vonOlevano, wo erst noch vor einigen Jahren ein Graf gestohlen wurde. […] aber ich habe auf der andern Seiteeben in jenen wilden, unbesuchtenWaldgebirgen voll unbeschreiblicherSchönheit solch gute, liebe Leute ge-troffen und bin in Olevano mit einerFamilie namens Brattese [Pratesi] sogut und traulich geworden, dass ichnur auf einen neuen Wechsel warte,um die nun mit entsetzlicher Kraft anrückende Periode der Hitze drobenim Kreis der guten Menschen, in derUmgebung der schaurigsten, erha-bensten Natur und der gesundestenLuft zu umgehen.“60

Waiblinger fand, wie so viele andere, bei der Familie Pratesi Unterkunft, deren Haus

9 Hieronymus Hess, Zeichnung, 1822, Bleistift und Feder in Schwarz und Braun

auf braunem Trägerpapier, 22,5 × 31,5 cm, beschriftetoben rechts: La casa del signore Pratesi /

a Olevano (heute via Garibaldi), Basel Kunstmuseum, Inv. Nr. 1927. 451.39,

© Kunstmuseum Basel

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ebenfalls über eine Terrasse verfügte, vonder sich ein unverstellter Blick auf die Ebenedes Saccotales bot. Die wohl überaus lie-benswürdige und angesehene Familie hattesieben Kinder; der Vater, Domenico Pratesi, war Sattler,61 ein Onkel Müller, während derOheim der Pfarrer Olevanos war. Der Groß-onkel Don Leonardo besaß sogar eine Biblio-thek, in der, neben den üblichen erbaulichenund historischen Schriften, erstaunlicher-weise auch eine italienische Ausgabe derIdyllenGessners vorhanden war:

„… es sind uralt theologische Folian-ten, vor deren Titel mir schon das Haarzu Berge steht, Schriften über Papst,Konzilien, Ritus, Messe und etlich undzwanzig Bände Geschichte der Heiligen.Zuletzt find’ ich aber doch Horaz undVirgil, Soaves Kompendium der römi-schen und griechischen Geschichte,dessen sämtliche pädagogische undschulphilosophische Schriften, eineÜbersetzung – der Geßner’schen Idyllen und einen Band Novellen.“62

Zu der Olevanesischen Idylle gehörten nun auch weniger die religiösen Riten als

vielmehr die Szenen des einfachen Lebensim Dorf und die anmutigen Tätigkeiten derFrauen, die Ludwig Richter 1824 in ihrer Grazie beschrieb und die neben den land-schaftlichen Motiven ebenso gerne von denMalern studiert wurden:

„Am Brunnen gab es viel des Plau-derns und Scherzens und helles Lachen der Mädchen und Frauen. Ihre anmutig schönen Bewegungenbeim Aufheben der Conca (das schön-geformte kupferne Wassergefäß) aufdem Kopf, das stattliche Einherschrei-ten mit dieser Last, welches ebenso-viel Vorsicht wie elastisch gleichmäßi-gen Gang erforderte, ergötzte unsMaler.“63

Aber es blieb nicht nur beim Skizzieren derweiblichen Modelle: bei den abendlichenDorffesten bot sich Gelegenheit zum nähe-ren Kennenlernen:„Das Abendessen genossen wir ohne

den Geistlichen in Gesellschaft des ältestenSohnes und jenes schönen gra ziösen Man-nes. Dieser versprach uns die schönstenTage, wenn wir auf längere Zeit hierher

kommen, erzählte von kleinen Festino’s, wo die schönsten Frauen und Mädchen vonOlevano erscheinen, wo Musik und alleFreude zu Hause sei, und wo es ein Leichteswerde, sich mit einem Liebchen zu ver -wickeln. Zum Wein wurden wir genötigt, zur Munterkeit aufgefordert und gleichsamgezwungen; wir lachten, wir scherzten, er-zählten und gingen endlich vergnügt, wie

10 Friedrich Nerly d. Ä, Stehendes Mädchen mit Kupferkesseln, um 1829–1833,

Bleistift und Aquarell, 29,1 × 23 cm, Inv. Nr. 1952/621, Kunsthalle Bremen 64

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noch nie seit unserm Abschied von Rom zu Bette.“67

Einer der Söhne der Pratesi, Michel Angelo,wurde zudem von Waiblinger in seinen Berichten aus Olevano den zukünftigen

Besuchern besonders empfohlen, da er zu einer der wichtigen Komponenten dersommerlichen Landpartie, und zwar zu denlieblichen Töchtern des Städtchens, nicht nurZugang verschaffen konnte, sondern diesendann auch mutig gegen andere Prätendentenzu verteidigen versprach:

„Der Tag wird einzig dem Genuß derNatur und den Spaziergängen durch dieFelsentreppen der Straßen geweiht, woman das Volk und die schönen Frauenbeobachtet. Bleibt man länger hier, undwer möcht’ es nicht! Und liegt einemdaran, das Volk kennen zu lernen, sowend’ er sich nur an den RenommistenMichel Angelo [Pratesi], der den Frem-den bald einweiht und sich öffentlichrühmt, einen Messerstich auf einenFeind ausgeführt zu haben.“68

In den beiden von Waiblinger herausge -gebenen Taschenbüchern aus Italien und Griechenland für die Jahre 1829 und 1830,denen ins gesamt sechzehn Kupferstiche vonzeitgenössischen Künstlern und zugehörigeBild beschreibungen beigegeben wurden, lieferte Waiblinger unter dem Titel Mädchen

aus Olevano dem Interessierten eine Charak-terisierung der weiblichen Bewohner Ole -vanos. Physiognomie und Tracht der „römi-schen Gebirgsfrau“ werden von Waiblingerdetailliert und kenntnisreich und mit einemetwas anzüglichen Blick erläutert, wobei derDichter uns vielleicht absichtlich im Dunkelnlässt, ob er dem deutschen Leser und seinerLüsternheit ernstlich entgegenkommen will

11 Franz Theobald Horny, Italienerin, einen Korb auf dem Kopf tragend,

um 1820, Feder in Braun laviert, über Bleistift, 34,2 × 20,8 cm,

Inv. Nr. Horny SZ 1, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin65

12 Sophie Reinhard, Ein Mädchen von Olevano, Skizze 1805 (wohl 1810), Staatliche Kunsthalle

Karlsruhe 66

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oder doch nur die üblichen Klischees mit Ironie bedient.

„Sind nun die Frauen dieser Gegendenso schön, daß sie zur allgemeinen Be-wunderung der Fremden gewordenund daß sich einige sogar schon ernst-lich in Liebeshändel verstrickt, so wird

es unsern deutschen Freunden viel-leicht nicht ohne Interesse sein, wennwir ihnen das Porträt einer Olevanese-rin in ihrer Nationaltracht geben. DerKünstler, Friedrich Moosbrugger vonKonstanz, hat in ihr mehr den Charak-ter der Anmuth, als der Größe aufge-

faßt und erfreut uns mit dem Bildnißeines äußerst lieblichen Kindes, dasden schlanken gewandten Leib ebensowendet, daß wir Gelegenheit haben,die geschmackvolle Anordnung desBusentuchs und die Reize eines Nackenszu bewundern, wie ihn nur Römerinnenund römische Gebirgs-Frauen haben[…]. Aber es ist eine ernstliche Sache,mit ihnen all’amore zu spielen, denn indiesen Gegenden sind Messerstichehäufiger, als bei uns Ohrfeigen. […]“69

Karl Wilhelm Wach, der erste Preuße in Olevano, schuf mit seinem Bildnis einer Ole-vaneserin einen den höfischen Geschmack in Berlin ansprechenden Frauentyp im StileRaffaels, von welchem später Repliken unterverschiedenen Bezeichnungen kursierten.Kürzlich hat Domenico Riccardi in der Por-traitierten, nicht zuletzt anhand des Bild -hintergrunds, des Talausschnitts und derrechts im Schatten liegenden Häuserpartie,Candida Mampieri, eine wohlhabende Frauaus Olevano, identifiziert.72 Sie war wohl ein sehr beliebtes Modell; Zeichnungen derCandida Mampieri schufen auch FriedrichPreller d. Ä., wie aus dem Katalog einer Aus-

13 Johann Friedrich Bolt, Mädchen aus Olevano, Kupferstich nach einer Vorlage

von Friedrich Moosbrugger, in: Wilhelm Waiblinger, Taschenbuch aus Italien und Griechenland

auf das Jahr 1830, Taf. 5

14 Friedrich Moosbrugger, Bildnis einer Italienerin in olevanesischer Tracht,

um 1829, Bleistift, schwarze, rotbraune und weiße Kreide auf gräulich-bläulichem Papier,

25,4 × 18,1 cm, Inv. Nr. 1937-28, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe70

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stellung von Prellers Werken in Berlin von1879 hervorgeht73, und Friedrich Nerly d. Ä.74

Der Schönheit der Olevaneserinnenkonnte auch Waiblinger letztendlich nichtwiederstehen. Er verliebte sich in NazzarenaSiléi – auch für sie kehrte der Dichter immerwieder nach Olevano zurück. Das Mädchen,welchem er die Canti di Nazzarenawidmete,

wurde jedoch, nachdem die Geschichte derbeiden Liebenden aufflog, angeblich in einKloster geschickt. Waiblinger, bedroht durchdie von ihr abgewiesenen Bewerber, die ihmnach dem Leben trachteten, konnte sich nurdurch die fluchtartige Abreise nach Rom retten.75

Die zunehmenden Liebeshändel, aberauch Modelldienste zwischen den Fremdenund den Einheimischen, alarmierten schließ-lich die politischen Autoritäten. In Berichtenvom Juni 1835 des Gouverneurs von Gennaz-zano, Luigi Palazzetti, an den Monsignore Governatore di Romawurde der Niedergangder Sitten in Olevano beklagt :

„… Der Ort sollte überwacht werden.Die Jugend beiderlei Geschlechts hatsich fast gänzlich den Liderlichkeitenhingegeben und ist so unsittlich, dassauch manches der Fräulein, und nichtnur vom niedrigsten Stand, die Frech-heit hatte, sich zu entblößen und denausländischen Künstlern als Modell zu dienen, die in großer Anzahl denSommer in diesem Ort verbringen. In der Mußezeit und den nächtlichenFesten, die die Olevaneser mit den

Ausländern abgehalten haben, sind beträchtliche Skandale vorgekom-men.“

[“… Il paese merita di essere sorve-gliato. La gioventù di ambo i sessi,quasi generalmente si è data in quelComune in preda alla debosciatezza e sono in modo demoralizzati, cheanche qualche donzella, non in bassacondizione, ha avuto la sfacciatagginedi denudarsi e servire da modello agliEsteri Pittori, che in buon numero di-morano nell’estate in quel soggiorno.Nelle ricreazioni e nei Festini notturni,che si sono tenuti fra gli Olevanesi e gli esteri, si sono scoperti dei notevoliscandali.”]76

Nach der Mahnung etwas zu unternehmen,wurde auf die Herkunft der „teuflischen“, da mehrheitlich protestantischen, Künstlerhingewiesen, die alle in der Casa Baldi oderbei der Witwe Pratesi wohnten und mit derJugend fraternisierten:

„… Olevano wird von Ausländern frequentiert und insbesondere von

15 Karl WilhelmWach, Candida Mampieri, um 1830, Öl auf Leinwand, 63 × 51,5 cm, aus dänischem Privatbesitz,

Auktionshaus Villa Grisebach Berlin71

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französischen, englischen, dänischenösterreichischen, preußischen, sächsi-schen, badischen, bayrischen, schwei-zer und anderen Malern. Die meistenvon Ihnen wohnen in einem schönenAnwesen der Familie Baldi im Grünen,nicht weit vor der Stadt, bzw. in einemHaus einer gewissen Witwe Felice Pratesi. Die Fremden fraternisierensehr, insbesondere die Maler, mit derJugend von Olevano.“

[“… Olevano è frequentato dagli Es-teri e specialmente da Pittori Francesie Inglesi, Danesi, Austriaci, Prussiani,Sassoni, Badesi, Bavaresi, Svizzeri edaltri… La maggior parte di essi va a risiedere in un ameno Casino della Famiglia Baldi posto nella campagnapoco distante dall’abitato, nonché incasa di una certa vedova Felice Pratesi.Molto fraternizzano essi forestieri,specialmente la classe dei Pittori, conla gioventù di Olevano.”]77

Es war eine Tatsache, daß die Ärmlichkeit der ländlichen Lebensverhältnisse mancheder jungen Mädchen und Frauen dazu

bewog, sich gegen Bezahlung als Modelle zu ver dingen, wobei die Dienste, die diefremden Künstler in Anspruch nahmen, auchdurchaus weitere Gefälligkeiten beinhaltenkonnten.78

Die „Locanda dei forestieri“ von Don Vincenzo Mobili in Civitella

In den zwanziger Jahren erschlossen sich dieKünstler eine weitere Herberge und zwar indem noch einsameren, oberhalb von Olevanogelegenen Civitella, dem heutigen Bellegra,welches Waiblinger zufolge bei den Malernnoch größere Begeisterung entfachte alsOlevano:

„Das non plus ultra landschaftlicherSchönheit aber, meinen die enthusias-tischen Künstler, sei in Civitella zu fin-den, und besonders auf den gefeiertenFelsen der Serpentara.“79

Schon Ludwig Tieck hatte nach seinem Be-such in Civitella in seinem dem entlegenen

Ort gewidmeten Gedicht Civitella von dergroßen Scheu der Einwohner erzählt:

Mit den Gefährten Gespräche wechselnd, Wandeln wir den steilen Pfad, Den wenig betretenen Hinauf zum einsamen Städtchen des Felsens.

Durch das enge Thor geschritten, Stehn wir auf der einzigen Gasse der Stadt, Und Kinder, die hier spielen, so wie ihr Blick uns trifft,Rennen mit Geschrei in die HäuserDie sie schnell verriegeln.Die Eltern, aufgeschreckt, Schaun mit MißtraunAus den kleinen zerbrochenen Fenstern, Und messen mit Argwohn Unsre Gestalten,

Wollen nicht Antwort geben Auf Frag’ und Bitte,Als wären die Türken Ins Land gebrochen.

Doch endlich ermuthigt sich Ein starker, alter Mann, Er öffnet die ThürUnd stellt uns hin die Bank und den Tisch,

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Giebt Wein und Brod, Und dankt für Bezahlung. Wie wir uns erquickenSchaun aus der Ferne Jung und Alt Dem Wunder zu, Kaum wagt ein dreistes Kind Heranzutreten, Geschenk zu empfahn, Doch wie es die Münze Nur fühlt in der Hand,Rennt es zurück Und zeigt den Gespielen Die Gabe und zittert noch,

Im Abendlichte Wandeln wir zurück Den Empfang belächeln.O du glückliche Einsamkeit, Werdet ihr nie von müßigen Fremden, Ihr stillen Bewohner, Eurer Scheu entwöhnt.80

Noch 20 Jahre später hatte sich an der Sprö-digkeit und Verschlossenheit des Orteskaum etwas geändert. Ludwig Richter, der1825 auf dem Rückweg von Paestum durchdie Abruzzen von Tagliacozzo über Cervaradi Roma und Subiaco zum zweiten Mal nach

Rom reiste, wollte, bevor er das letzte Weg-stück nach Olevano in Angriff nahm, kurz inCivitella rasten. Auf der Suche nach einerOsteria, wo er und seine Begleiter hofften,etwas zu trinken oder zu essen zu finden,wurden sie von einer Familie im ersten Hausnach dem Torbogen, das wohl das beste undvornehmste des Ortes war, empfangen underschlossen damit eine weitere Herberge fürKünstler:

„Ein geräumiges Zimmer, ein paargroße alte Landkarten an der Wandverrieten etwas mehr Kultur, als wiehier oben erwartet hatten, und der Besitzer des Hauses, Don Vincenzo,ein Mann in mittleren Jahren, mitschlaffen Gesichtszügen, saß in einemgroßen Lehnstuhl und war damit be-schäftigt, die Daumen umeinandersich drehen zu lassen. […]Das Gespräch kam bald auf die

Casa Baldi unten in Olevano, wo imSommer schon seit mehreren Jahrendie pittori tedesci [sic!] wohnten unddie Baldis ein gut Stück Geld dabei ver-dienten. Auf unsere Anfrage, ob manvielleicht auch bei ihnen für einige

Tage ein Unterkommen finden könne,ergriff der spekulative Vincenzo so-gleich diese Gelegenheit, seine Finan-zen zu verbessern, indem er ein paarZimmer, welche oben ganz unbenutztwaren, zu diesem Zweck zur Verfügungstellen konnte. Wir besprachen diese Angelegen-

heit näher und nahmen vorläufig fürden nächsten Monat Besitz von diesenZimmern. Hier in diesem fast unzu-gänglichen, ganz originellen Nest eineZeitlang zu bleiben, ganz ungestörtmiteinander zu leben und zu arbeiten,war uns ein reizender Gedanke, undnachdem wir über die Kost und dieKosten einig geworden waren, ver-sprachen wir, in acht bis vierzehnTagen von Rom aus wieder hierher zukommen. […] Aus der Torpforte ge-treten, öffnet sich ein Ausblick, der dasHerz des Malers aufjauchzen macht.Am fernen Horizont schimmert selbstein duftig blauer Streifen des Meereszwischen den Albaner- und Volsker-bergen hervor, und der ganze Weg bisOlevano hinunter bot ein schönesLandschaftsbild um das andere.“81

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Drei Jahre später berichtete auch Waiblinger,daß ein paar Dänen bei jenem schon genann-ten Signor Vincenzo Mobili unterkamen, bei dem es sich laut Waiblinger um einenAdligen handelte, der mittlerweile in Civi-tella eine Locanda dei forestieri eröffnet hatte,deren Fixpreis bei 5 Paoli lag, deren Weinaber wohl übel war.82 Waiblinger, der sich inzwischen mit den Künstlern in Rom ent-zweit hatte, fuhr spöttelnd fort:

„Neuerdings ist das himmelhohe Civitella in Ansehn gekommen, unddie Künstler, welche bald dies baldjenes in Mode bringen, sind auf dieMeinung gekommen, dass es nichtsSchöneres auf der Welt gebe, als diesarmselige Hernikernest. Die Naturfreilich ist großartig und erhaben, aberes ist auch nicht eine Seele in Civitella,mit der man Umgang haben könnte,und die Künstler verpflanzen dasmatte Studentenleben, das sie in denrömischen Osterien bei Wein undTabak führen, bis in die Wildnisseeiner düstern Gebirgsnatur.“83

Casa Baldi

Die wohl beste Herberge in Olevano stelltedie Familie Baldi mit ihrem großen Casaleauf dem Hügel vor dem Städtchen mit Blickauf die Stadt und das Tal zur Verfügung.84

Die Baldis, wohlhabende Landwirte undViehzüchter, besaßen mehrere Häuser in und außerhalb des Ortes.85 Sie gehörtenzum einheimischen Landadel und standen

im Dienst der Borghese, von denen sie wohldie Casa Baldi übernahmen, ein ehemaligesJagd kasino, das Kardinal Scipione Borghese(1576–1633) im 17. Jahrhundert hatte errich-ten lassen – und nicht 1778, wie fälschlicher-weise Friedrich Noack behauptete.86

Als einer der ersten Gäste scheint Rumohrdas Casale, „die Wohnung der Borghese“, angemietet zu haben, um im Sommer 1817gemeinsam mit seinem Schützling, demWeimarer Maler Franz Theobald Horny, der gerade erst 19 Jahre alt war, dem Grafen

16 Julius Schnorr von Carolsfeld, Blick von der Höhe auf die Burg von Olevano (im Mittelgrund die Casa Baldi), 1821, Feder und Pinsel in Braun

über Bleistift, 22,9 × 30,1 cm, Landschaftsbuch Bl. 64,Kupferstich-Kabinett Dresden, Inv. Nr. C 1908-77687

17 Franz Theobald Horny, Bildnis Giuseppe Baldi aus Olevano, um 1820, Bleistift auf Velin, 33 × 37,9 cm, Kunstsammlungen

zu Weimar, Inv. Nr. KK 1820

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Karl von Seinsheim und Peter Cornelius dreiWochen in Olevano zu verbringen. Horny,der in zahlreichen Briefen, die zu den ergrei-fendsten und schönsten Quellen zu demLeben in Olevano und später auch der Fami-lie Baldi gehören, an die Mutter über diesenund die folgenden Landaufenthalte berich-tete, beschrieb am 16. Dezember 1818 dieCasa Baldi als ein bis dahin für 50 Jahre ver-lassenes Gehöft.

„Das ist ein wahres Zauberland, gewißeiner der schönsten und bedeutend-sten Punkte Italiens, und dennoch wirder fast von keinem Fremden, die Italienin unzähliger Menge bereisen, besucht,denn nicht einmal ein Gasthof ist imOrt; wir bewohnten daher das demHause Borghese zugehörige Kasino,wo vielleicht seit fünfzig Jahren nie-mand hingekommen ist, ganz allein,und […] wir lebten dort wie Prinzen in einem verzauberten Schloss, mitwelchem unser Kasino mit seinen altenMeublen und Bildern viel Ähn licheshat. Überhaupt ist die ganze Gegenddort so phantastisch, dass man es inDeutschland gar nicht glauben würde,wenn man Zeichnungen davon sähe.“89

Rumohr stand in besonderer Nähe zu der Familie Baldi, von deren Kindern er auchTaufpate war. Nach der Entführung GiovanniBaldis durch die Briganten im Sommer 1819hatte Rumohr die Herausgabe der Geisel, die für 1.400 Zecchinen freigekauft wurde,mitfinanziert.90 Die Baldis verließen nachdiesem schlimmen und kostspieligen Ereignisverarmt die Cascina und zogen vorerst ins

Städtchen. Die finanzielle Schuld der FamilieRumohr gegenüber erklärt auch, warumHorny, der im Jahr 1817 in Rom an Tuber -kulose erkrankt war, von seinem Protektor,nachdem sich sein Zustand verschlimmerte,in die Obhut der Baldis übergeben wurde,die seine Pflege, als Gegenleistung zwar, aberwie „für ihren eigenen Sohn“ übernahmen.Zumindest im Sommer hatte Horny je-

doch immer wieder Gesellschaft in seinem

19 Franz Theobald Horny, Bildnis Friedrich Rückert, 1817,

Inv. Nr. Horny SZ 13, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

18 Franz Theobald Horny, Bildnis Costantina Baldi aus Olevano (geb. Antonelli),

Bleistift auf Velin, 33 × 30 cm, Kunstsammlungen zu Weimar,

Inv. Nr. KK 182188

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isolierten Krankenlager. 1818 kam beispiels-weise auch der Dichter Friedrich Rückertnach Olevano, den Horny 1817 wohl noch inRom portraitiert hatte. Unter den zahlreichenauch schriftlichen Zeugnissen dieser Zeit zurCasa Baldi sei hier der Leipziger Maler JuliusSchnorr von Carolsfeld zitiert, der sich anden Sommer 1821 wie folgt erinnerte:

„… in der zweiten Hälfte Septembersging ich mit Passavant nach Olevano,und verbrachte dort zehn bis zwölfTage. Wir wohnten mit Horny in dem-selben Casino, wo Baron Rumohr vonRäubern überfallen worden war. Baldisversorgten uns mit Essen und Trinken.Nicht gar weit von uns wohnten Fabers,Reinhold und von Bergen, die den gan-zen Sommer hier zugebracht hatten.Im Verhältnis zu der Zeit, die ich inOlevano zubrachte, habe ich ziemlich

viel gezeichnet und die Zeichnungengehören zu meinen besten Landschafts-studien. Mein ganzer Aufenthalt hiergehört also zu den schönsten Zeiten,die ich erlebt habe.“92

Seine Zeichnung, Blick von der Höhe auf dieBurg von Olevano von 1821 (vgl. Abb. 16), zeigtdie Casa Baldi, wie sie spätere Postkartennoch um die Jahrhundertwende unverändertpräsentieren.

Daß Horny seiner Krankheit fern von Rom, in den abgelegenen Bergen, erliegen sollte, lag an den ehemals üblichen Vorsichtsmaß-

20 Carl Adalbert Herrmann, Rückert in Olevano am Tisch sitzend von Carl Adalbert Herrmann,

seinem Freund gezeichnet, 25.8.1818, Inv.-Nr. C II-92/2, Sammlung Rückert, Museen

und Galerien Schweinfurt91

21 Gustav Metz, Chiesa di San Rocco, um 1845, Skizzenbuch, fol. 37, Bleistift und Aquarell,

34,5 × 26,4 cm, beschriftet unten rechts: „d 5 Aug. Olevano“, Inv. Nr. V-13591-kb, Museum

im Frey Haus, Brandenburg an der Havel

22 Postkarte, Olevano Romano, „Albergo di Casa Baldi“

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nahmen: Zum einen sollte die Bergluft dieKrankheit lindern, zum andern die Anste-ckungsgefahr gemindert werden, von der die italienische Medizin bereits damals imGegensatz zur nordeuropäischen Lehrmei-nung ausging. Die einzigen medizinischenMaßnahmen gegen Schwindsucht waren damals die Ruhekur, die Höhenluft und derAderlass. Die Volksseuche des 19. Jahrhun-derts führte nicht nur zu fortschreitenderAbmagerung, Mattigkeit, Fieber und allge-meiner Auszehrung, die Angst vor Anste-ckung störte und beendete im schlimmstenFall die sozialen Kontakte zwischen Krankenund Gesunden. Tuberkulöse wurden teilweisegemieden und litten neben dem somatischenLeiden an der psychischen Belastung. Ausähnlichen Gründen war 1812 Franz Pforr mitTuberkulose im Endstadium von seinem „Lukasbruder“ Joseph Wintergerst nach Albano gebracht worden. Sie fanden imKloster San Paolo in Albano ein Kranken -zimmer, um den hoch ansteckend Erkrank-ten zu pflegen. Horny starb 1824 in Olevanoohne seine Familie und Freunde und wurdezunächst im Massengrab am neuen Friedhofhinter der Casa Baldi östlich des Ortes be-stattet. 1825 wurde sein Leichnam jedoch

umgebettet und in der Chiesa S. Rocco nichtweit der Casa Baldi bestattet.93

Auch die an Malaria erkrankten Künstler kurierten sich vorzugsweise in der Sommer-frische der Berge. Hieronymus Hess aus Baselerholte sich 1822 von dem „römischen Fieber“in Olevano.94 Auch noch in späteren Jahrensind wir von vereinzelten Todesfällen in Olevano unterrichtet. Der jugendliche MalerAnton Krauss aus Bamberg, ein Schüler vonMoritz von Schwind, der in Italien erkrankte,wurde in der Casa Baldi von Max Roman bis zu seinem Tod durch einen Blutsturz imJahr 1872 gepflegt, und, so die Überlieferung,von seinen Freunden im Olivengarten derBaldis zur Ruhe bestattet.95 Auch noch gegenEnde des 19. Jahrhunderts fand der KünstlerOtto Brandt den frühen Tod in Olevano undwurde auf dem neuen Friedhof bestattet.96

Doch weder die traurige KrankengeschichteHornys noch der Räuberüberfall scheinen dem Ruf der Herberge geschadet zu haben.Schon 1821 schien der Gastbetrieb, wie wir von Carolsfeld wissen, wieder aufgenommen worden zu sein und in den kommenden Jahrenweilten unter vielen anderen Heinrich Rein-

hold, der ebenfalls 1825 in Rom an Tuberkulosestarb, und Ludwig Richter als Sommergästebei Giuseppe Baldi. 1827 wurde die CasaBaldi wiederholt von Waiblinger erwähnt, derGiuseppe Baldi des Öfteren als „Caffewirt“ mitseiner „junonischen Frau“ bezeichnete, wobeiaber nicht klar ist, ob er den Kaffee im CasinoBaldi ausschenkte oder im Ort selbst.97

1831 mietete sich August Kestner, der königlich-hannoversche Geschäftsträger und Gesandte beim Heiligen Stuhl in Rom,zum wiederholten Male und unter ähnlichen Vorzeichen wie Rumohr bei den Baldis ein.Der Diplomat kam in Begleitung der MalerWilhelm Ahlhorn und August Lucas und sei-nes Koches und genoss die Einfachheit sowohlder Unterkunft als auch des sozialen Umgangs.„Vom Gipfel von Olevano oder der Schwelledes Paradieses“ erzählt Ahlhorn später:

„Wir lebten in einem regelrechtenMalerkloster. Kestner glückselig, trägtauch den grauen Kittel und seinenMalkasten und heißt einfach Agosto,es gibt hier nur Vornamen. Freilichhaben seinen Depeschen sein Inkog -nito verraten, aber es hat keine weite-ren Folgen gehabt.“

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Und am 17. September notiert er:

„Kestner hat eine köstliche Freude,wenn er von den bedienenden Mäd-chen schlankweg Du genannt wird,und stellt seine Fragen immer so, daßer es zu hören bekommt.“98

Der Sommeraufenthalt in der Casa Baldi warnun schon guter Brauch und das Landhausganz in der Hand der Fremden. Am 28. Au-gust zelebrierte August Kestner gemeinsammit den Künstlern, die ihn nach Olevano be-gleitet hatten, den Geburtstag Johann Wolf-gang von Goethes und schrieb aus diesemAnlass einen Brief aus der Casa Baldi an sei-nen Freund, den Maler Friedrich Preller d. Ä.,aus dem wir erfahren, daß zwei Jahre zuvorverschiedene Künstlerporträts, wie auch dasjenige von Preller, auf die Wand der Herberge gemalt worden waren:

„Ein Gruß ist schon das Datum diesesBriefes, das man in anderen Briefen zu schreiben pflegt, für dieses Mal ge-malt, vom Freund Lucas, Ihr Lieblings-ort in Ihrem Lieblingslande, gemalt andem Geburtstage unsres Wohltäters

und ihres Hauptbeschützers. […] Indemselben Zimmer, wo am 28. Augustvor zwei Jahren unter mehreren auchIhr Bildnis an die Wand gemalt wurde,ließen wir Goethe und Ihnen die Gläsererklingen. […]. Seit beynahe 14 Tagenbin ich glücklich in diesen glänzendenGipfeln, Thälern und Schatten. […]Vergessen Sie auch nicht, mir von irgend einer guten Hand eine leichteZeichnung Ihres Profils zu schicken, wieSie versprachen. Denn von der hiesigenZimmerwand kann ich diesen Mangelnicht etwa selbst ersetzen […].“99

Die Nachrichten über die Feiern der Gedenk-tage und Dichterfeste und die gemalten Bild-nisse auf den Wänden machen deutlich, daßdie Casa Baldi längst viel mehr als ein Gast-hof war. Die Baldis wollten nicht nur als Gast-wirte gesehen werden, sondern als Betreibereines ländlichen Salons und Künstlerhauses,in dem sowohl gewohnt, gefeiert und gear-beitet werden konnte: Der Hausherr ließ dazu,Noack zu Folge, die angrenzenden Stallungenzu einem Atelier mit Oberlicht umbauen. In der Folge wählte auch der preußische

Gesandte Christian Karl Josias von Bunsen,

Mitbegründer des archäologischen Institutsund des protestantischen Krankenhauses aufdem Kapitol, die Casa Baldi wiederholt als Feriendomizil. Die Ehefrau von Bunsen, die Eng -länderin Frances Waddington Bunsen, nennt1832 Costanza Baldi „eine alte Bekanntschaft“,bei der sie in Olevano leben würden wie ein-geladene Gäste.100 Im Frühjahr 1832 gingen sie

„nach Olevano, zu Fuße, wo wir vonSignora Costanza Baldi* empfangenwurden, eine alte Bekanntschaft vonvor vielen Jahren her, im Besitz einesCasinos in schönster Lage vor derStadt; kurz jede Lage jener Gegend istschön, wo die Aussicht nicht durchMauern verdeckt ist. Ich hatte viel vonder Umgegend von Olevano gehört,hatte sie mir indessen nicht halb soschön vorgestellt, wie sie ist, – solch’eine Anhäufung des schönsten Land-schaftsmaterials, so vollendet grup-

* Das reizende obschon primitive Casino – derGasthof in Olevano – einer der herrlichst gelege-nen in ganz Italien, befindet sich noch im Besitzder Familie Baldi.101

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piert, und so mannigfaltig: Berge undEbenen, kahle Hügel und waldigeHöhen, grüne Strecken und wildestesDickicht, schroffe Felsen und reiche Vegetation, Kastanienhaine, Weinbergeund Kornfelder. Und dann die zahlrei-chen Städte, entweder wie Adlernesterauf den Bergesspitzen schwebend, oderwie Taubenhäuser an einem jähen Ab-hang errichtet, oder in der Form vonAmeisenhaufen auf einem einzelne Felsen emporragend, kurz, so gelegen,als ob das Auge des Malers mehr dabeiin Betracht gezogen als die Bequem-lichkeit der Bewohner, was wohl durchden Umstand zu erklären ist, dass siealle ursprünglich Festungen waren,deren Lage absichtlich mit Rücksichtauf die Erschwerung der Erstürmunggewählt wurde. Den folgenden Tagblieben wir in Olevano, gingen amMorgen früh aus, saßen dann, als esheißer wurde, im Schatten und zeich-neten; ließen uns nach Tische von Sig-nora Constanza und Signor Giacomo,dem Organisten von Olevano, auf dieandere Seite führen, zuerst hinaus zuden Schlossruinen, dann durch die

Stadt zu der Vigna dell’Arciprete, einemschönen Fleck, den wir oft in den Skiz-zenbüchern der Maler gesehen hatten.Unterwegs bemerkten wir, dass uns dasMädchen der Signora Constanza miteinem verdeckten Korb auf dem Kopfefolgte, und bei unserer Ankunft in derVigna wurde das Nötige zu einer me-renda hergeholt, da Signora Constanzaganz betrübt darüber gewesen, dass sieuns nicht beredet habe, beim Mittag -essen so viel zu essen, wie sie für nötighielt. Auf unserem Heimweg mussteSignor Giacomo einen hohen Kirsch-baum besteigen, von welchem er ganzeZweige voll Kirschen abbrach zur gro-ßen Unterhaltung und zum Entzückender Knaben. Signor Baldi ist ein possi-dente von Olevano, der jeden Sommerseine Gastzimmer an Maler vermietet,welche die Gegend und die Gesichts-züge der Einwohner studieren wollen.Es ist ein schöner Volkstamm. – Es warein Genuß, einige von den Saltarello -tänzern zu sehen; alle oder doch diemeisten, gehören zu einer Klasse, vonder in Gedichten und Novellen oft dieRede ist, und zuweilen auch in Reise -

büchern, welche aber in Wirklichkeitselten zu sehen ist, – Landleute, dienicht reich genug sind, um Luxus zu trei-ben, aber doch wohlhabend genug, umsich Muße zum Vergnügen zu erlauben.Wir lebten in der Casa Baldi wie einge -ladene Gäste, aber die Signora erhieltfür Speise und Wohnung ein Geschenk,das an Wert einer etwaigen Ausgabe im Gasthof gleichkam, falls überhauptein solcher dort existiert hätte.“

23 Julius Schnorr von Carolsfeld, Vigna des Arciprete bei Olevano, Feder und Pinsel in Braun über Bleistift, 22,9 × 30,4 cm, bezeichnet

oben links: Vigna des Arciprete 1821, Inv. Nr. C1908-775, Kupferstich-Kabinett Dresden

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Die berühmte Köchin Donna Regina, Sora Peppina Baldi,geb. Giuseppina Ronzio

In der Familie Baldi wuchs inzwischen die fol-gende Generation heran, und ab 1840 setztedie zweite Blüte der Herberge ein. Zwischenden vergilbten Kardinalsmöbeln und demalten Portrait des Kardinals Borghese in rotemGewand, zwischen den Konterfeis zierlicherDamen seiner Zeit, die das Speisezimmerschmückten, wirtschaftete nun die junge,schöne Peppina, (Giuseppina Ronzio), die Serafino (Nino) Baldi geheiratet hatte, wäh-rend ihr Vater, Francesco Ronzio, von Fran-cesco Baldi die Casa Baldi 1852 gepachtethatte.102

Diese Peppina Baldi, präsent in unzähligenReiseberichten, war wohl mehr als eine guteKöchin. 1852 verewigte Viktor von Scheffel,der als Maler nach Italien reiste, aber dortzum Dichter konvertierte, nicht nur die Casa Baldi in Olevano, sondern insbesonderePeppina Baldi in seinem langen Gedicht Abschied von Olevano.103 In gleich in dreiStrophen feiert er ihre Gastfreundschaft und Kochkünste, insbesondere im Gegensatz

zu den liederlichen römischen TrattorienLepre und Fiano:

„Wird der Mythus von Reginas / Feiner Küche vor uns stehn: / Von denFritti – von den Trauben – / Von denHühnern, – von den Tauben / Einst-mals in Olevano. / O Regina, stolzes,dunkles / Kleinod der Sabinerberge, /Warum lebten wir nicht beide / In derZeit des Frauenraubens / Unter König Romolus?“104

Wenn man beim Weiterlesen großzügigüber das anzüglich Triefige des das Pittoreskeliebenden 19. Jahrhunderts hinwegsieht – diearme Ziegenhirtin, die des nachts bettelndan die Fenster klopft und das kleine pocken-narbige Mädchen, das mit dem Spruch „Trinkaswein alla tedesca!“ den Wein ausdem Keller nachholt – kommt ein deftigesLokalcolorit und ein jäher Wechsel von Ab-schiedssorgen und Lebensfreude zum Vor-schein. Nachdem Scheffel und Kumpanensich also an Wein und Weib gütlich getan,wird wieder der strebsame, sich zuletzt dochbesinnende Maler besungen:

„ein deutsch Gemühte / Innersten Gedankens Ausdruck / Gern im Weinesucht und findet, / […] Kummer furchteseine Stirne,/ Keinen Tropfen trank erweiter“105

Auch der erfolgreiche schwäbische, in Romansässige Bildhauer Joseph von Kopf, der imSommer 1854 mit Freunden über Frascati,Palestrina und Genazzano nach Olevanowanderte, erinnert sich der Wirtin DonnaRegina und an das hier wohl erstmals er-wähnte, heute leider verlorene Gästebuch:

„Auf einem Hügel oberhalb liegt dasWirtshaus zur Regina. Bei dieser dicken, lustigen Regina konnte mangut leben und brauchte nur wenig zu zahlen; ihr Wein war vorzüglich,was meine Person freilich nicht viel berührte, denn ich war meine Lebtagkein trinkfester Mann, und es war miram wohlsten, wenn ich Wein und Bierganz stehen ließ. Die Tischgesellschaftwar eine heitere, darunter eine Englän-derin, die mein Bild in das ausliegendeAlbum zeichnete, in dem sich späternoch viele Künstler „verewigten“. Man

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war oft ausgelassen lustig, lachte, besprach frei und erregt die Tages -ereignisse, schlief bei zerbrochenenFensterscheiben vorzüglich – kurz,man führte ein leichtsinniges, unbe-kümmertes, aber frohes und glück -liches Künstlerleben.“106

Baron Carl du Prel, der vielleicht über seineFreundschaften zu Kunsthistorikern, wieAdolf Bayersdorfer oder Robert Vischer, oderzu Malern, wie Wilhelm Trübner und HansThoma, mit Olevano bekannt wurde, schrieb1874 in der Gartenlaube einen Artikel, der mit Stichen nach den Olevanomotiven JuliusZielckes illustriert war:

„So treffen wir auch in der Casa Baldi,zu der wir von Olevano aus ansteigen,neben der ältern Tochter, die an Ge-stalt und Ansehen der Mutter gleichtund ganz den italienischen Typus ein-hält, noch jüngere Mädchen, die unsdurch blaue Augen und die Flachsfarbeihrer Haare an die besten Mädchen -typen in den deutschen Alpen erinnern,so daß man wohl versucht sein könnte,weit in die Vergangenheit zurück -

greifend, dieses Blond auf den Liebes-seufzer irgend eines Gothen oder Longobarden zurückzuführen, der dieewige Stadt zu belagern gekommenwar, schließlich aber selbst capitulirenmußte. Aber auch die Freundlichkeit,Offenheit und Heiterkeit, mit welcherder Deutsche sich hier empfangensieht, wird ihn lebhaft an die Alpenund ihre Bewohner erinnern, und umso angenehmer wird er hiervon über-rascht sein, als man in der weitausüberwiegenden Mehrzahl von Gast-häusern in Italien das Gefühl nicht los wird, daß man in die Hände der Briganten gefallen sei, welches sichdenn schließlich auch bestätigt. […]Darum genießt diese Casa Baldi unterden Künstlern Roms einen ausgezeich-neten Ruf, und die Fremdenbücher,angefüllt mit Portraits und Zeichnun-gen aller Art, sind voll des Lobes fürdie freundliche Familie. Wir finden in diesen Büchern manchen Künstler-namen auf vergilbtem Blatte, dessenTräger seither in seiner Heimath zurBerühmtheit gelangt ist; aber auchviele sind hier verzeichnet, über wel-

chen, sei es in deutscher Erde, sei esauf dem Fremdenkirchhofe in Rom bei der Pyramide des Cestius, längstder Leichenstein sich hebt.“107

Es blieb dabei, die Chronisten trafen auf dieblonden Kinder und suchten nach Gründenin mehr oder weniger zurückliegenden Zeiten; in der Mehrzahl ging das Feuilletonjedoch davon aus, daß Peppina den fremdenKünstlern angeblich ihre Zuneigung schenkte.So berichtete Friedrich Noack 1912:

„Daneben brachte Peppina noch eine ganze Schar blonder, rotbackigerKinder zur Welt, eines hübscher undfrischer als das andere, die wiederumein Weilchen mit den jungen Künst-lern sangen und tanzten, ihnen dasFrühstück zur Serpentara brachtenund sich von ihnen malen ließen.“108

und Albert Zacher 1903:

„Böse Zungen behaupten freilich, alle diese Freunde von Olevano, Viktor von Scheffel mit einbegriffen,hätten nicht bloß landschaftlich

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geschwelgt, auch der Wein von Olevano und die schönen Augen der Herrin von Casa Baldi hätten’sihnen angetan …“109

In strengem Gegensatz zum Schwärmen derKünstler und ihrer feuchtfröhlichen Sausesteht die Nüchternheit einiger Gelehrter und Historiker. Ferdinand Gregorovius weilteim August 1857 bei Peppina Baldi, aber ihm

behagte Olevano, dessen dünne Luft ihm zuschaffen machte, überhaupt nicht:

„Am 3. Juli nahm ich hier Wohnung beider Donna Regina. Bis heute lebte ichhier – die ersten drei Wochen heiß,träge und geistlos. Ich las viel spanisch,griechisch etc. Die Muse verachtetemich. Das Elend in diesem zertrümmer-

ten Ort ist grenzenlos. Um S. Lorenzoverwüstete Hagel die Weinberge, und im Wildwasser ertrank ein armesWeib. Mit tropischer Heftigkeit ent -laden sich Gewitter am Nachmittage.Ich erhielt in dieser Einsamkeit die Korrekturbogen des Gedichts „Eupho-rion“. Geschrieben habe ich hier dieGeschichte des Klosters Subiaco. ImGanzen war es die schlechteste Artvon Stilleben. Es ist nichts um michher und in mir vorgegangen.“110

Der Historiker, von dem eine der wunder-barsten Beschreibungen der Campagna Romana stammte,111 kehrte 20 Jahre später,während eines seiner Romaufenthalte, noch-mal nach Olevano zurück. Er wohnte mit

seinen Begleitern, den Freunden RaffaeleMariano, dem neapolitanischen Kirchen -historiker und Übersetzer der „Wanderjahre“,und Carlo Guernici Gonzaga wiederum inder Casa Baldi:

„Alle diese Orte in den Bergen sind im Verfall; der Schmutz Olevanos erschreckte mich; das Haus Baldi hatnicht die geringsten Fortschritte in derKultur gemacht, alles ist dort primitivgeblieben. Wir sahen auch die Serpen-tara, den jetzt der deutschen Regie-rung von einigen Künstlern geschenk-ten Eichenwald; er ist der einzige FleckErde, welchen das deutsche Reich inItalien besitzt.“112

Auch der Kunsthistoriker Carl Justi schautenicht, wie so viele andere, über die Schatten-seiten des Idylls hinweg. In einem Brief anseinen Bruder aus Rom vom 10. April 1867schilderte er seinen Schrecken über dasElend, das er bei seinem Ausflug nachSubiaco antraf:

„Die Männer sehen aus wie Briganten(wie es denn auch in der Nähe eine

24 Ernst (Ahron, Aaron) Meyer, Italienerin mit ihrem Kind, Olevano, Aquarell, beschriftet in Feder und brauner Tinte,

21,5 × 27,0 cm, Inv. Nr. D848, Thorvaldsen Museum Kopenhagen

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Bande von 60 Mann giebt), die Weibersind zuweilen von hoher antiker Schön-heit. […] Ein anderer Schatten ist dieBettelei und die Krüppel und Kranken,die sich überall dem Anblick darbieten,um die Barmherzigkeit und Almosenherauszufordern. Ich habe Dinge ge sehen, von deren Existenz ich nieeine Ahnung gehabt habe, und einmalwurde uns ein Mädchen ent gegen ge -führt, bei dessen Anblick ich beinaheumgefallen wäre vor Entsetzen, dieBeschreibung will ich verschweigen.“113

Casa Baldi, ein historischer Gasthof

Seit 1862 erreichte die Eisenbahn den OrtValmontone im nahegelegenen Tal undbrachte vermehrt Touristen in die östlichvon Rom gelegenen Berggegenden. Der viktorianische Reiseschriftsteller Augustus J. C. Hare, der 1874 Olevano besuchte, gab in seinem Reisebuch zur Umgebung Romsauch Reisehinweise zum Country Inn CasaBaldi in Olevano:

“At Olevano there is an excellentcountry inn, kept by Nino and PepinaBaldi, much frequented by artists, whoreside here for months in summer.The charges for pension, includingeverything, are five francs a day, orfour francs if for a long time. A carriagemay be obtained from Olevano tomeet the train at the Valmontone Station by writing beforehand to Casa Baldi.”114

Es folgt die Beschreibung von Olevano undder Casa Baldi als traditionsreiche Künstler-herberge, mit einigen Hinweisen zur erhal -tenen Einrichtung, wie dem alten Kardinals-stuhl, und den vielen von den Künstlern zurückgelassen Werken an den Wänden.Auch die Gästebücher mit Einträgen ausganz Europa werden als besondere Attrak-tion erwähnt:

“[the] most picturesque place of thiswonderful district. Passing from therough stone houses with their crumb-ling staircases of rock, and from thestony ways full of pigs and children, agate admits us to a high olive garden,

full of beans and corn, where a wind -ing path leads us to a kind of largefarm-house at the top of the hill, withan outside loggia and staircase. Andthis is the famous inn of Olevano, theAlbergo degli Artisti. It is a perfect artist’s paradise. Its rooms are homely,but are cleanliness itself. They all de-bouch from a common sitting-room,surrounded by queer old portraits andwith a grand old chair, which may havebeen that of Cardinal Scipio Borghese,whose picture hangs over the fire-place.The pleasant honest mistress, PepinaBaldi, with her husband Nino, are reallycharming specimens of respectablewell-to-do Italians of the lower orders,full of simple kindnesses and courtesies,and frankness and openness itself.Their handsome boys and girls haveserved as voluntary models to half theartists in Rome when they have beenstaying here; and many sketches of thefamily by famous hands, which wouldfetch enormous prices in Paris or Lon-don, hang upon the walls, where theyhave been left as thank-offerings withthe mother. For the entertainment of

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guests too we have a collection of Albums, which any sovereign mightenvy and than which few possess anymore valuable, for every artist who has stayed here has left his portrait, by his own hand or that of a friend,and the collection is really wonderful,of the natives of every country inEurope, from the delicate hand of ourEnglish Leighton to that of the leastknown student of the Via Margutta.But still the greatest charm of CasaBaldi is its view.”115

Zwei Jahrzehnte später, als der eifrigsteChronist des Künstlerlebens in Rom, Fried-rich Noack, seine Aufzeichnungen zur CasaBaldi zusammentrug, waren in dem Hausnoch immer verschiedene Familienbildnisse,eine kleine Bibliothek – darunter die WerkeScheffels – und die alten Möbel verwahrt,auch der des Öfteren als Kardinalstuhl bezeichnete „altfränkische Sessel mit ver-schnörkelten Rücken- und Armelehnen“.116

Die Wände waren noch immer mit Portraits gefüllt, neben einem Kardinalsportrait, zweiin Öl gemalte Rokokodamen aus der FamilieBorghese, ein Portrait der mittlerweile von

Noack als Witwe bezeichneten Peppina Baldials Jugendliche in Olevaneser Tracht, einesihrer Schwester Matilde Baldi und eines ihresGemahls Serafino Baldi und der Kinder. Des weiteren nannte Friedrich Noack eine

Ansicht der Serpentara von Julius Zielcke, einAquarell (Seestück) von Rudolf Müller, einGeschenk Robert von Keudells 1878, der seit1873 als Gesandter beim Quirinal in Rom undinfolge einer Aufwertung der Gesandtschaftzur Botschaft von 1876 bis 1887 DeutscherBotschafter in Italien war. Er war auch aufden ebenfalls die Wände schmückenden Fotografien der Künstlerfeste in der Serpen-tara wiederholt zu sehen. Weitere Foto -grafien zeigten Karl Heinrich Bernhard vonBülow, seit 1876 als Attaché an der DeutschenBotschaft in Rom und später Botschafter undReichskanzler, bei der Enthüllung des Kaiser-denkmals am 2. Juni 1895 in der Serpentara;die italienische Königsfamilie und den 1887verstorbenen Ministerpräsidenten AgostinoDepretis, der oft nach Olevano kam. Überdem Sofa hingegen waren Bildnisse vonKoch und Reinhart aus der Serie der 6-Blatt-Folge Bildnisse der berühmtesten Künstler unserer Zeit,117 die Carl Gotthelf Küchler 1836in Rom gestochen hatte, angebracht.

25, 26 Carl Gotthelf Küchler, Bildnis Anton Joseph Koch und

Johann Christian Reinhart, 1836, aus: 6-Blatt-Folge „Bildnisse der berühmtesten Künstler

unserer Zeit“, G.G. Lange, Darmstadt 1839

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Außer den gerahmten Bildern an den Wän-den hatten die Künstler auch direkte Spurenin dem Haus hinterlassen. So waren dieTüren mit Improvisationen oder Trompel’oeuils der Aussichten, die sich von der CasaBaldi boten, bemalt. Auch die Zimmerwändeund Decken waren teilweise von Künstlernmit heiteren Himmeln oder Wolkenbrüchendekoriert worden. Über die direkt auf dieWände gemalten Künstlerbildnisse, die August Kestner 1831 erwähnt hatte, berichtetNoack jedoch nichts mehr.Von den erwähnten Gästebüchern, die

seit circa 1850 geführt wurden, konnte Noackhingegen nur noch Teile in Augenschein nehmen und beschreiben.118 Unter den zahl-reichen Einträgen119 nannte er auch Bildnisse,die Anton von Werner gezeichnet hat wiediejenigen von Viktor Paul Mohn und Ed-mund Kanoldt, die vielleicht mit der heute in Karlsruhe verwahrten Portraitskizze zuidentifizieren ist.Am 16. November 1873 trugen Edmund

Kanoldt, ein Herr Wedekind, (um welchenWedekind aus der hannoverschen, in Romansässigen Bankiersfamilie es sich handelt, ist nicht sicher zu ermitteln; ein A. Wede-kind war Mitglied des Deutschen Künstler-

vereins),120 Edward Falkner Murphy und einHerr Taylor ein, daß am 25. September 1873die Serpentara als Eigentum der deutschenKünstler vom Notar der deutschen Botschaftin Rom angekauft worden war.121 Einer derletzten Einträge stammte wohl von Antonvon Werner, der, nachdem er bereits 1868–69Olevano besucht hatte, nochmals um 1900das Album bereicherte.122

Im Jahr 1906 waren die Gästebücher be-reits nicht mehr vollständig, da die Besitzer

wohl einzelne Blätter an Autografenjäger ver-äußert hatten und insbesondere die Einträgeder frühen Jahre mit Zeichnungen Scheffels, Kanoldts und A. v. Werners waren schon verschollen.123 Reste der Gästebücher, dienur den Zeitraum von 1866 bis 1887 abdeck-ten, wurden 1907 von Lichtenberg und Jaffé,nur auszugsweise und nur deutsche undösterreichische Künstler aufnehmend, zitiert.Was die Künstler anderer Nationen betrifft,muss die Überlieferung leider als komplettverloren gelten,124 da die Nachfahren der Baldis nach Argentinien emigriert sind unddie Reste der Gästebücher angeblich mit -genommen haben. Aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahr-

hunderts sind keine weiteren Nachweiseüber einen Betrieb der Casa Baldi als Gast-haus bekannt, außer denn die Postkarte(siehe Abb. 22), sie war in diesen Jahrendurch die hinterlassenen Zeugnisse derKünstler wohl vielmehr ein kleines Kultur-museum, zu der auch Sora Peppina, strickendunter dem Türbogen, als „lebendige Chronikdes olevanesischen Künstlerheims“ gehörte.125

27 Anton von Werner, Bildnisse der Maler Viktor Paul Mohn und

Edmund Kanoldt, 1869, Bleistift 271 × 391 cm, Bezeichnet u. r. AvW. Olevana [sic!] 30 Juni 1869 und Namensbezeichnungen, Inv. Nr. 1970-7,

Kupferstichkabinett, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

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Albergo Roma …Venite Villeggianti all’aria Fina …

Cartolina

Olevano RomanoAltitudine M. 571 Stazione climaticaFerrovie VicinaliFesta patronali 20 luglio e 1° domenica ottobreAlberghi e PensioniTulli – Baldi – Mirti e ZonniniMercati 1° giovedì di ogni meseOspidalità eccellente – Vino buonoAcqua Saluberima del Simbrivio quella Santa “Antera”Venite Villeggianti all’aria Fina ….

In wenigen Jahrzehnten waren Reisen ohneKutsche in die Berge von Olevano auch zumadeligen Zeitvertreib geworden. Der Wegvon Tivoli nach Subiaco und von dort zu Fuß,das Gepäck auf Eselsrücken verstaut, überOlevano zumMonte Cavo und dem Lago diNemiwar zu einer beliebten Wanderrouteauch derjenigen geworden, die sich gut einebequemere Fortbewegungsart erlaubendurften, wie beispielsweise der SchriftstellerGraf Adolf Friedrich von Schack, der dieReise 1835 unternahm.126 Für diese durchaus

noch abenteuerlustigen Reisenden bot dieCasa Baldi über Jahrzehnte eine einfache,aber akzeptable Unterkunft. Als jedoch seit den sechziger Jahren die Eisenbahn das Tal erreichte, waren dem Tourismus immodernen Sinn und seinen Ansprüchen anBequemlichkeit Tor und Tür geöffnet. Die Familie Zonnino aus Olevano hatte den Rufder Zeit verstanden und baute in den frühensiebziger Jahren ein Hotel an der Hauptstraßenach Olevano. Das dem Augenschein nachrasch gebaute, aus Bruch- und Ziegelsteingemauerte, und wie vormals auch heute un-verputzte, dreigeschossige Gebäude stehtcirca 2 km vor dem alten Ortseingang amViale Vittorio Veneto, Nr. 73, heute inmitten

der modernen Ortserweiterung. Vormalsverfügte das Hotel jedoch über einen eige-nen Weinberg und lauschigen Garten undbot Zimmer nach Süden mit dem berühm-ten Ausblick auf das Saccotal und die Monti Lepini. Über die Gäste, die im Albergo Roma bei

den Zonninos abstiegen, sind wir genaues-

28 Postkarte Albergo Roma

29 Gästebuch Albergo Roma, Der Postwagen, Archiv Familie Zonnino

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tens informiert. Im Gegensatz zum Gäste-buch der Casa Baldi haben sich die Alben des Albergo Roma über die gesamte Zeit des Hotelbetriebs vollständig erhalten. Eshandelt sich um fünf Bücher, die von 1871 bis 1974 ununterbrochen geführt wurden.Jedes Buch hat einen Umfang von ungefähr500–700 Seiten, die jeweils mit durchschnitt-lich 15–20 Unterschriften pro Seite und kleinenZeichnungen und Karikaturen gefüllt sind.Beim Blättern durch die Alben entsteht

in Tausenden und Abertausenden von Auto-grafen ein Jahrhundertmosaik der europäi-schen und römischen Bildungselite. Die seitden siebziger Jahren immer zahlreicher nach

Olevano strömenden Gäste, darunter vieleder bekannteren Künstler, Gelehrte, Histori-ker, Archäologen, Politiker, Schriftsteller,Aristokraten und Gesandte, stiegen nun imAlbergo Roma ab, nicht nur angezogen durchden Ruhm des Künstlerzentrums, sonderndurch das Klima, den Wein und die Küche.

Insbesondere in den Sommermonatenrissen die Gästeeinträge nicht ab. Es sind die Namen der akademischen Oberschicht, zu der unter vielen anderen auch der hoch -dekorierte Archäologe Wolfgang Helbig undseine russische Frau, die Prinzessin und

31 Gästebuch Albergo Roma, 1906, Widmung von Arishima Mibuma,

Archiv Familie Zonnino127

32 Gästebuch Albergo Roma, 1911, Unterschriften von Walter Rathenau und des Chemikers Dr. Martin Henze von der Stazione

Zoologica Anton Dohrns in Neapel, Archiv Familie Zonnino

30 Gästebuch Albergo Roma, 1905, Die Reise auf den Eselsrücken, Archiv Familie Zonnino

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Pianistin Nadejda Schakowskoy (Nadja) Hel-big, wie auch die Signorellis, Olga SignorelliMestrovic,129 die Frau des römischen ArztesSignorelli, zählten. Die Ehepaare betriebendie berühmtesten Salons der Città Eterna umdie Jahrhundertwende. Neben Namen wiedes Romanciers Antonio Fogazzaro, des Ma-

lers Onorato Carlandi und des ArchitektenMarcello Piacentini, sind es auch Schrift -steller wie Viktor Hugo, die das transversaleAnziehungspotential Olevanos bezeugen.In den unzähligen Zeichnungen der Gäste-

bücher wurden einerseits die Erlebnisse der Anreise humorvoll geschildert: manchekamen noch auf Eseln über Subiaco, nachdrei Tagen Regen völlig durchnässt, anderenahmen bereits den Wagen am Bahnhof von Valmontone oder Palestrina im Tal undließen sich nach Olevano hochkutschieren. Andere Zeichnungen konterfeien die Gäste,den Wein, das Essen und die Dorfbewohner.Bei Festen und Jubiläen des deutschenKünstlervereins in der Serpentara wurde nun im Hotel fein zu Abend gegessen undbequem genächtigt. Das Albergo Roma tratalso seit den siebziger Jahren als komforta-belste Unterkunft in Olevano zur Casa Baldiin Konkurrenz. Reisende aus Amerika, Japan,England, Frankreich, Norwegen, Belgien,Holland, Österreich, Japan, Südafrika, Russ-land und viele Römer suchten in Olevanoden Charme der Geselligkeit des Künstler-zentrums, die Sommerfrische, gute Luft undgesundes Wasser. Der Stadt gelang es, sichgut zu vermarkten: Auf Postkarten bezeich-

nete sich die Stadt als stazione climatica (Luft-kurort), und bewarb sogar eine Heilquelle,die Sorgente Acqua Santa, in deren Ausbauund Zufahrt wohl eine gewisse Investitiongeflossen sein muss. Einer leider undatiertenPostkarte zufolge muss um die Jahrhundert-wende in Olevano das Hotelwesen geradezufloriert haben, denn außer dem Gasthof Baldi,dem Albergo Roma der Familie Zonnino, gabes inzwischen auch die Pensionen Mirti undTulli.130

Das Albergo Roma florierte noch in denfünfziger Jahren, bis in eine Epoche also, inwelcher, bedingt durch die Rückständigkeit

33 Gästebuch Albergo Roma, Unterschriften der Künstlerfamilie der Sohn-Rethels:Rethel Carli Sohn, Maler; Else Sohn geb. Rethel; Otto Sohn Rethel; Mira Sohn; Karli Sohn,

Archiv Familie Zonnino128

34 Postkarte Olevano, Sorgente dell'Acqua Santa

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des ländlichen Italiens, die Lebensumständeund damit auch Landschaft und Stadtansich-ten von Olevano denen der vorhergehendenJahrhunderte kaum zu unterscheiden waren.Bis in die siebziger Jahre war das Hotel un -unterbrochen geöffnet. In den Wochenend-ausgaben der römischen Zeitungen wurde es als Ziel der empfehlenswerten Landpar-tien vorgestellt und auch die Gästebücherwurden erwähnt:

“Ai Tavoli della vecchia locanda“Roma” siedono spesso comitive distudioso e artisti scandinavi, tedeschi,inglesi. Qui è tradizione mangiare

tagliatelle, bere il rosso “Cesanese diAffile” o “del Piglio” oppure il dolce“Olevano” e sfogliare i venerandi albumcarichi di migliaio di firme, versi, schizzi,ricordi di spensierate escursioni d’altreepoche.”131

Villa Murphy

Um die Liste der Olevanesischen Gasthäuserzu vervollständigen, sei noch auf das 1864 imOrtsteil Colle di Giano von dem dänischen Di-plomaten und Maler Edward Falkner Murphy(1813–1895) und seiner Frau Elisabeth Hall errichtete Haus hingewiesen. 132 Die VillaMurphy, ein wenig östlich und oberhalb vomAlbergo Roma auch am Viale Vittorio Venetogelegen, wurde ebenfalls zu einem beliebtenAnlaufpunkt. Elisabeth Murphy war Englän-derin und gehörte zu den Mitbegründerinnender theosophischen Gesellschaft in Italien.Sie arbeitete zusammen mit dem MailänderArzt Luigi Barbieri de Introini und dem Tessi-ner Philosophen Alfredo Pioda, eine der zen-tralen Figuren der frühen theosophischenBewegung in Ascona, aus der dann das Zen-

trum des Monte Verità entstand. Tatsächlichwurde 1894 als der erste Sitz der Theoso -phischen Gesellschaft in Italien Olevano Romano angegeben, noch vor der Gründungeiner Bibliothek und Loge in Rom.133

Doch viele Jahre zuvor, am 7. November1867, musste auch Murphy einen Raubüberfalldurch die Briganten am eigenen Leib erfahren.Die Braccianti, die besitzlosen Tagelöhnerund Landarbeiter, die sich um die Aussichtauf eine Landreform betrogen sahen, warenin den Bergen untergetaucht und lauertendort immer wieder Adeligen und Großgrund-besitzern auf. So auch dem Dänen Murphy,

35 Postkarte Olevano, Pensione Tulli (Villa Garbini)

36 Peter Christian Skovgaard, Bjerglandskab med oliventræer, Olevano 1869,

im Hintergrund die Villa Murphy, Skoovgard Museet Viborg

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der allerdings selbst be waffnet war und dieBriganten in die Flucht schlagen konnte.134

Der Vorfall zeugt von dem anhaltenden so-zialen Elend, das auch während des Risorgi-mento, der italienischen Einigungsbewegung,weiterhin einer Lösung harrte.

iii. die rettung des motivs

Naturschutz und Patriotismus in der Serpentara

Die ausgedehnten Wälder der Aequer Berge,die Küttner zum Ende des 18. Jahrhundertsnoch bewundernd beschrieben hatte, warenim Laufe des 19. Jahrhunderts auch zugunstendes Baus der Eisenbahn dezimiert worden.Der beliebte kleine Steineichenwald Serpen-tara mit den karstigen Kalkfelsen oberhalbvon Olevano am Weg nach Civitella wurdedadurch umso mehr zu einer landschaft -lichen Ausnahme erscheinung:

„Heut war ich auf der Serpentara […]Es ist dieses ein langer Felsrücken,

der vom Fuße des Felsens, auf demOlevano liegt, aus einem allerliebstenTälchen voll Oliven, Weintrauben, Fei-gen und Pappeln sich in einer wildenrauhen Linie nördlich gegen Civitellahinaufgruppiert. Der Reichtum derNaturansichten auf diesem Spazier-gange von etlichen Miglien ist unsäg-lich, und bot den römischen Malern,die bis hier gedrungen, eine uner-schöpfliche Fülle von Bildern und Studien dar. […] Von allen Bergketten,die ich in meinem unruhigen Lebengesehen, ist doch diese göttliche Linieder Volskergebirge von hier aus diereizendste. Je nach der Luftbeleuch-tung, nach Wetter und Tageszeit trittsie näher und ferner, wird grösser undkleiner, sanfter und wilder, verduftetbald im lieblichsten Himmelblau, undschwillt in durchsichtigsten Violett,bald, besonders früh des morgens,klärt sie ihre reinen tausendfaltigenFormen in den lautersten Konturenauf…. Ist nun gar der Vordergrund von so frischer Farbe, von so hohemCharakter, wie hier auf der Serpentaraund fast allenthalben auf den Ölhügeln

um Olevano herum, so gibt das Bilder,auf die ich nur hindeuten, und derenSchilderung ich dem Pinsel eines Rein-hold’s überlassen muss.“135

Dieser kleine steineichenbewachsene Hügelmit dem großen Panorama geriet jedoch in Gefahr abgeholzt zu werden. Im Juni 1873 erreichte den Karlsruher LandschaftsmalerEdmund Kanoldt in Terracina ein Brief ausOlevano vom Wiener Maler Karl Schuch, der ihm berichtete, daß er, wenn er die Serpentara noch einmal sehen wolle, sofortnach Olevano kommen müsse, da die Be -sitzer, zwei Bauern aus Civitella, den Wald zur Herstellung von Eisenbahnschwellen verkaufen wollten.Kanoldt eilte nach Olevano und setzte

alle ihm bekannten und irgendwie mit Olevano verbundenen Künstler von der drohenden Abholzung in Kenntnis, sie um finanzielle Spenden bittend, um gemeinsamden Ankauf des Grundstückes zu stemmen.136

Im Rückblick schrieb Kanoldt an den damali-gen Gesandten in Rom, Robert von Keudell:

„Mit wahrer Todesangst schrieb ichTag und Nacht hindurch Bettelbriefe

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an meine Freunde und Bekannten inDeutschland, sie um Geldbeiträge fürdie Erhaltung der Serpentara ange-hend, begab mich aber danach gleichnach Olevano, um von der vernichten-den Wahrheit jener Hiobspost mich zu überzeugen. Leider war sie nur zuwahr! Freund Schuch war abgereist,ich musste also direct mit den Bauernzu verhandeln suchen. Aber schon aufdem Wege nach Civitella kamen siemir entgegen und fragten, ob ich derBevollmächtigte sei, die Bäume derSerpentara zu kaufen. Jetzt galt es vor-sichtig sein, denn hätten jene meineinnere Hast bemerkt, mit der ich dasGeschäft abzuschließen wünschte, wirwären nicht so billigen Kaufes davongekommen, konnte ich doch überhauptbis zu jener Stunde das ganze Geschäftals ein sehr fragliches ansehen, da ichnoch keinen Centesimo Geld erhalten.Mit dem Versprechen, dass die Besit-zer mit jenem Holzagenten vorläufignicht weiter vorgehen wollten, kehrteich nach Rom zurück und fand daselbstaus Leipzig von dortigen Kunstfreun-den 200 Thaler zur Erhaltung der

Serpentara vor und vom Maler Kloseaus Karlsruhe 1000 Frcs …“137

Drei Monate später hatte Kanoldt das nötigeGeld zusammen und am 25. Septemberkonnte er die Serpentara, bzw. ein Landstückvon 28040 qm mit einem Baumbestand von98 alten Eichen, für 2350 Lire durch den Ge-sandtschaftsnotar Cavaliere Bachetti von Be-nedetto Spoletini in Civitella, dessen Elterndie Besitzer der Serpentara waren, abkaufen.Unter den Spendern war zum Beispiel auchder Kunsthistoriker Max Jordan, der spätereDirektor der Berliner Königlichen National-galerie, der Kanoldt am 3. Oktober 1873 aus Leipzig gratulierte, das „Heiligtum derKunst“ gerettet zu haben. Daraufhin sandteKanoldt Jordan eine Zeichnung von der Serpentara, mit der stolzen Aufschrift: „Eigenthum der deutschen Künstler“Das Grundstück wurde zunächst auf den

Namen des Bankiers Wedekind angekauftund sollte dann dem deutschen Künstler -verein in Rom überschrieben werden. Daaber in dem Künstlerverein langfristig kein sicherer Eigentümer gegeben war, wurde dieSerpentara durch Geschenk an den Kaiser,der die Stiftung an das Deutsche Reich weiter-

leitete, Reichsbesitz. Als solcher, und damiterste Reichsimmobilie in Italien, wurde dieSerpentara unter den Schutz der DeutschenBotschaft in Rom gestellt. Im Reichshaushalttauchte nun jährlich der Posten von 200 Markzur Erhaltung auf. Dieser Schachzug verliehdem kleinen Waldgrundstück ein institutio-nelles Gepräge, welches dem Prestige, als öffentliches Gut und Erinnerungsort derLandschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts zufungieren, entsprechen sollte.139

Die Botschaft übertrug die Überwachungdes Grundstückes vor Ort zunächst dem

37 Edmund Friedrich Kanoldt, Die Serpentara in Olevano – Eigenthum der deutschen Künstler,

Rom 1873, Bleistift auf Karton, Inv. Nr. FK 40, aus dem Besitz von Max Jordan,

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 138

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Maler Otto Brandt, und nach dessen Tod imJahr 1892 dem Bildhauer Professor HeinrichGerhardt aus Kassel, dem Patriarchen derdeutschen Kolonie in Rom.140 Für die vomDeutschen Reich zur Verfügung gestellten200 Reichsmark bestellte die Deutsche Bot-schaft einen ansässigen Winzer, der unter derWeisung Gerhardts das Terrain einfriedeteund Schafe und Ziegen fernhalten sollte.Gerhardt lebte seit 1844 ununterbrochen in der Ewigen Stadt, er hatte noch viele dereinst berühmten Künstler persönlich ge-kannt und war um 1845 Mitbegründer desDeutschen Künstlervereins.141 Außerdem betreute er seit 1893, nach dem Tod des Bild-hauers Robert Cauers d. Ä., die Stipendiatender Preußischen Akademie in Rom, die inden Ateliers der Villa Strohl-Fern wohntenund arbeiteten.142 Die Serpentara diente ab1873 als beliebtes Ausflugsziel des DeutschenKünstlervereins, der sich im Lauf der Jahre voneiner ursprünglich internationalen Künstler-gesellschaft zu einer immer mehr patriotischePlattform der Deutschen Kolonie in Romentwickelt hatte. Der Verein nahm Olevanound die Serpentara nun zum Ziel seiner Jahresfeiern und Frühlingsfeste, an derenSpitze sich gerne die Botschafter, erst Robert

von Keudell (1873–1887), dann Bernhard v. Bülow (1893–1897) und schließlich der Botschafter Anton Saurma von der Jeltsch(1897–1899) stellten. Im Beisein Bülows wurdeam 2. Juli 1895 das von Heinrich Gerhardtmodellierte und in den natür lichen Kalk -felsen gemeißelte Bildnis Kaiser Wilhelms II.enthüllt. Die Anwesenden waren mit der Eisenbahn bis nach Palestrina gefahren unddann mit dem Wagen vier Stunden nachOlevano hochkutschiert worden. Zu diesem

Anlass komponierte Achille Strani den Militär-marsch: L’Effigie dell’Imperatore Guglielmo IIalla „Serpentara“ di Olevano Romano.143 Aufdie Anbringung des Kaiserdenkmals florierteder Denkmaleifer: Bronzemedaillons mit Bild-nissen von Joseph Anton Koch und HeinrichDreber wurden ebenfalls an den Felsen be-festigt. Zwei Jahre später, am 2. Mai 1897,weihte der deutsche Dramatiker und Roman-cier Hermann Sudermann mit dem Künstler-verein und Karlsruher Freunden von Viktorvon Scheffel, darunter der begüterte Kunst-maler Wilhelm Klose, das von Adolf Heer ge-schaffene Bronzemedaillon des patriotischenDichters ein.144 Folgen sollten in Kürze noch

38 Heinrich Gerhardt, Fotografie von Camille Ruf, Inv. Nr. D80263, Fotothek, Bibliotheca Hertziana Rom

39 Edmund Friedrich Kanoldt, aus Jaffé 1907

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die Medaillons der Kaiser Wilhelm I. undFriedrich III.Gerhardt, der als Betreuer der Preußischen

Rompreis-Stipendiaten in engem Kontaktmit der Königlich Preußischen Akademie inBerlin stand, hatte nun vor, auf dem Grund-stück ein Atelier für die Künstler, die in Ole-vano Landschaftsstudien machen wollten, zu errichten.145 Um den Bau des Hauses zufin anzieren, plante er die Herausgabe eines Serpentara-Albums und ließ von dem Foto-grafen Augusto Fabbri, der sein Atelier in der Via Condotti 18–19 hatte,146 Fotografien(Fototypien) herstellen, die teilweise ineinem Artikel zur Serpentara von E. Fischerin Velhagen und Klasings Monatshefte er-schienen, während das Album Gerhardts jedoch wohl nicht zu Stande kam.147

Der Kult um und in diesem Wald hatte zu Beginn eine nicht zu leugnende nationalis-tische Färbung angenommen, die beispiels-weise in der zeitgenössischen Historiografiedie Entdeckung des Ortes nur noch dendeutschen Künstlern zuschrieb. Tatsächlichhatten vor allem deutsche Künstler Olevanonicht nur gemalt, sondern es in der Verherr -lichung seiner Volkssitten, seines einfachenLebens, seiner Natürlichkeit, seiner alther -

gebrachten Bräuche zur Kompensation fürdie behinderte deutsche nationale Einigungherangezogen und als Sehnsuchtsort roman-tischer Ideen immer mehr vereinnahmt. Ausder Perspektive des etablierten Kaiserreichswird schließlich rückblickend die mittelalter-liche Reichsidee auf die Malerei der Deut-schen Künstler in Olevano gemünzt: Ein Erinnerungsbuch zur Rettung der Serpentara,der Kunsthistoriker Reinhold von Lichtenbergund Ernst P. Jaffé, das auch die erste histori-sche Aufarbeitung zur Landschafts malerei inOlevano darstellt, titelte bezeichnenderweisemit dem bizarren Begriff Deutsch römischeLandschaftsmalerei. In der nationalen Verein-nahmung konnte die tatsächliche Bedeutungdes Ortes für die europäische Kunstgeschichtenur missverstanden werden:

„So wurde mitten im Herzen Italiens inschroffem Felsengebirge die Serpen-tara, ein zwar kleines, aber höchst ro-mantisches Stückchen Erde mit ihrendeutschen Eichen, nachdem sie schonlange der Wallfahrtsort deutscherKünstler gewesen, nun auch wirklichEigentum, des Deutschen Reiches. Dereinsame Wanderer, der von Olevano

nach Subiaco zieht, erblickt nun hiermitten in der Einöde plötzlich dicht ander Straße eine große Tafel, von derihm der deutsche Aar stolz entgegen-blickt. Dieser Aar ist der Hüter des Einganges in dieses Stück Deutschlandin der Fremde. Möge es sich der Wan-derer nicht verdrießen lassen, durchdas Pförtchen einzutreten und einStündchen in der Serpentara zu ver-weilen. Er wird es sicherlich nicht be-reuen, denn hegt auch diese deutscheKolonie keine Einwohner in sich, sowird er, wenn er historischen undkünstlerischen Sinn hat, sich doch inder besten Gesellschaft befinden. […]Ein Hauch echt deutscher Poesie undMärchenstimmung umfängt hier denempfindsamen Besucher, und auch derGedanke, hier ferne von der Heimatdennoch auf deutschem Grund undBoden zu stehen, und zwar auf einemBoden, der keinem anderen Zwecke alsdem der Kunst und Schönheit dienensoll, wird ihn gewiss mit herzlicherFreude erfüllen und mit Dankbarkeitgegen den, der dies ideale Rettungswerkvollbrachte, gegen Meister Kanoldt.“148

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Als Kanoldt 1897, also 20 Jahre nach seinerRettungsaktion, nach Olevano zurück-kehrte, um die Serpentara wiederzusehen,traute er jedoch seinen Augen nicht. Er fandsein Landschaftsmotiv nicht mehr wieder.Durch die Einfriedung und dem damit wir-kungsvoll erfolgten Ausschluss der Hirtenmit ihren Schafen und Ziegen aus demWäldchen, war das Unterholz ungehinderthochgeschossen. Keiner der alten knorrigenEichenbäume war mehr in seiner Gestalt zu

erkennen, die Ausblicke in die Umgebungund in die Ferne der Täler und Bergkettenwaren zugewachsen. Die Felsen waren entweder von Laub oder, noch schlimmer,von Kaiserköpfen und Portraitmedaillonsbedeckt.Nachdem Lichtenberg und Jaffé noch

herablassend von der italienischen Forst -kultur berichtet hatten –

„Aber wie in ganz Italien mit verwüs-tender Hand in die Wald- und Baum-vegetation eingegriffen wird, und keinumsichtiger und vorsorglicher Vaterfür Enkel und Urenkel pflanzt, wo dieForstkultur noch tief im argen liegtund einer gründlichen Aufbesserungbedarf – so sollten auch die herrlichenBäume der Serpentara der Axt ver -fallen und an die Eisenbahn als Bahn-schwellen geliefert werden“149

– war es tatsächlich verfrüht, von der Ret-tung des Motivs durch deutsche Waldliebezu sprechen.150 Am 30. November 1897schrieb Kanoldt, mittlerweile ordentlicherProfessor an der Akademie in Karlsruhe, andie Kaiserliche Botschaft in Rom, das ganzeUn- und Gedenkwesen, das mit dem Waldgetrieben wurde, anklagend. Kanoldt mahntedie Botschaft einzuschreiten, man sollte sofortdamit beginnen, das Unterholz zu entfernen,und zwar mit Hilfe von Künstlern, die dieSerpentara noch in ihrer ehemaligen kargenDefiniertheit kannten. Die Schafs- und Ziegen-herden waren wieder zuzulassen, und dieMeißelei in die Felsen zu unterbinden. Außer-dem sprach er sich vehement gegen den Plan

40 Einweihungsfest der Serpentara unter Führung des Botschafters Robert von Keudell. Dieser selbst in der Mitte mit dem schwarzen Hut

und dem hellen Schirm; zu seinen Füssen seine Ehefrau Alexandra, geb. v. Grünhoff, 1877,

Fotografie: Mazzantini

41 Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Reliefs von Heinrich Gerhardt in der Serpentara 1895.

In der Mitte der deutsche Botschafter Bernhard von Bülow

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Heinrich Gerhardts aus, auf dem Grundstückdas bereits erwähnte Atelierhaus zu errichten,da in Olevano schon zwei funktionierendeund preiswerte Unterkünfte existierten, dieCasa Baldi und das Albergo Roma. Die Botschaft in Rom folgte der Argumen-

tation Kanoldts und verfügte, daß der Waldunter seiner Anleitung ausgeholzt werdensollte. Der Ziegenhirt erhielt erneut die Er-laubnis, seine Herden in der Serpentara wei-den zu lassen. Außerdem wurde der BauplanGerhardts, in dem Wald eine „Schutzhütte“für die Besucher zu errichten, vereitelt. Mitte Juni 1898 zogen Kanoldt mit Julius

Zielke und dem Berliner AkademieprofessorHans Meyer nach Olevano, um nach Repro-duktionen von alten Zeichnungen, Gemäl-den und Originalfotografien die Bäume undFelsen wieder freizulegen. Mit dabei warenauch die bereits erwähnten KunsthistorikerJaffé und Lichtenberg und Frau Alberta vonFreydorf aus Karlsruhe.151 Am Abend nachgetaner Arbeit wurde in der Casa Baldi mitder Deklamation von Scheffels schon zitier-tem Gedicht Abschied von Olevano gefeiert.Aus Anlass der Säuberung ließ Lichtenbergerneut Fotografien der nun zum zweiten Mal„geretteten“ Serpentara anfertigen, auch

um den zukünftigen Erhalt des Landschafts-motivs zu garantieren. Vielleicht handelte essich bei diesen Aufnahmen auch um jene Fotografien, die unter dem Namen Kanoldtsals Postkarten ediert wurden. Solche Post-karten schickte beispielsweise der ZoologeErnst Haeckel 1899 aus Olevano an seine Geliebte Frida von Uslar-Gleichen und anseine Tochter.152 Unter den Fotografen, dieum die Jahrhundertwende nach Olevanokamen, war auch der Aktfotograf WilhelmPlüschow, ein Cousin von Wilhelm von

Gloeden, der die Serpentara als faunischesSetting interpretierte. Doch nicht nur Kanoldts Brief an die Bot-

schaft, dessen Inhalt als eine frühe Analyseder Fehler einerseits und Maßnahmen zumLandschaftserhalt andererseits gelten kann,noch bevor ein Bewußtsein eines solchesKonzepts entwickelt war, ist hoch interes-sant.154 Denn aus denen im Archiv der Akademie der Künste in Berlin verwahrtenDokumenten geht hervor, daß der Erhalt der Serpentara eine andauernd schwierige

42 Giacomo Brogi, Eichen und Felsen der Serpentara, Archivio Alinari Florenz

43 Wilhelm Plüschow, recto bezeichnet: Olevano Romano, Serpentina [sic!], Virtual Catalogue of Wilhelm von Plueschow’s images, Kat. Nr. 7941153

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Aufgabe war. Noch 1935 suchte die Akademie,bemüht um Hilfe, die bei der Ausholzungvon 1898 anwesenden Künstler wieder aus-findig zu machen, wie neben anderen Rein-hold Freiherr von Lichtenberg, der jedochschon 1927 gestorben war.155 Im Herbst des-selben Jahres wurde Alexander Amersdorffer,der Erste Ständige Sekretär der Akademieder Künste in Berlin, von Max Neumann, der in der Serpentara als Stipendiat weilte,informiert, daß die Kronen der Bäume abge-storben seien. Amersdorffer empfahl einenerneuten Baumschnitt und Ausholzung, umdas Wachstum wieder anzuregen.156 1937wurden von Jean Paul Schmitz aus OlevanoProben toter Schädlinge nach Berlin geschickt,woraufhin ein Gutachten der BiologischenReichsanstalt für Land- und Forstwirtschafterstellt wurde, das den Eichenbock Cerambyxcerdo I. identifizierte, für dessen Bekämpfunges indes keine große Hoffnungen gab. 1938meldete ebenfalls wieder Paul Schmitz nachBerlin, daß die Serpentara vor den Anwoh-nern aus der Umgebung zu schützen sei, dasie in ihr ungehindert auf Vögel schossen.157

Insgesamt scheint es sich bei den Bemü-hungen um den Erhalt der Serpentara umeines der frühesten Beispiele für einen prak-

tizierten Landschaftsschutz zu handeln, denndie Definition von Landschaft als erhaltens-wertes Kulturzeugnis wurde erstmals mit derWeimarer Verfassung von 1919, die den Schutzder Naturdenkmäler zur Staatsaufgabe er-klärte (Art. 150 Abs. 1 WRV), eingeführt.158

Doch kehren wir zurück: Gerhardt gab sichnicht geschlagen und nachdem ihm die Bot-schaft untersagt hatte, seine Baupläne aufdem Reichsbesitz zu verwirklichen, erwarber nun aus eigenen Mitteln ein angrenzendesGrundstück von 4720 qm samt kleinemWeinberg, auf dem er sein Haus, bestehendin erster Linie aus zwei Ateliers und zweiweiteren Räumen, nach Plänen der Münch-ner Architekten Hofrath (?) erbaute und am3. Juni 1906 in Gegenwart von Ludwig Justieinweihte, dem Ersten Ständigen Sekretärder Akademie, den die Akademie zu diesemAnlass nach Olevano entsandt hatte. Auf Anraten des Prinzen von Mecklenburg, mit dem Gerhardt bei einem Galadiner des Deutschen Künstlervereins in Rom am 12. März 1906 eine Unterredung hatte, wurdedas Haus nicht dem Deutschen Künstler -verein in Rom, sondern der Akademie derKünste in Berlin testamentarisch vermacht.159

Zwischen den Weltkriegen in Olevano Romano

Tatsächlich hatte das „Sommerstudienhaus“vor dem Ersten Weltkrieg kaum Gäste ge -sehen und beim Erdbeben im Jahr 1915 hat es beträchtliche Schäden erlitten; es wurde,wie alle anderen deutschen Besitztümer,nach Kriegsende, genauer 1921 sequestriert.Nach vier Jahren Rückgabeverhandlungen,

44 Filippo de Pisis, Pilze und ein Stich nach Poussin

(Funghi con stampa di Poussin), 1927, Öl auf Karton, Geschenk von Alberto Della Ragione,

Museo del 900, Florenz

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während derer unter anderen der BildhauerKurt Kroner in der Villa lebte,160 wurde am 4. Januar 1925 durch königliches Dekret dieRückgabe der Serpentara an die BerlinerAkademie verkündet. Wilhelm Steinhausen,ein in Rom ansässiger Architekt, schätzte1926 die mittlerweile anfälligen Reparaturenauf 15.000 Lire. Mit den wenigen Mitteln, dieder Akademie in den zwanziger Jahren zurVerfügung standen, wurde das Studienhaus,wie aus Grundrissen und Inventaren in ihremArchiv hervorgeht, auf das einfachste wieder-eingerichtet. Die Situation war so spartanisch,daß dem Aufenthalt insbesondere weiblicherKünstler nur zögerlich zugestimmt wurdeund nur mit der Zusicherung, den Extrem -bedingungen standzuhalten.161

So sind es in den zwanziger Jahren zu-nächst italienische Künstler, die in Olevanoarbeiten. Filippo De Pisis wurde durch seinerömischen Freunde, das Ehepaar Signorelli,nach Olevano geführt, er weilte 1923 in Cave, einem Ort zwischen Olevano und Palestrina in der Villetta Hortensia.162 1924folgte Alexander Kanoldt den Spuren seinesVaters nach Olevano. Er malte die steinernenHäuserkuben Olevanos in jäher Härte undabweisend, in einer eher melancholischen

als „sachlichen“ Interpretation der Stadt. In der beängstigenden Einsamkeit und Leblosigkeit, die sein Blick vermitteln, kün-digt sich schon sein späteres „aseptisches“Weltbild an, als er sich von der Malerei verabschiedet und den Nationalsozialistenanschließen sollte. 1928 ist Antonietta Raphaël Mafai (Antoinette de Simon Raphaël) in Olevano. Ende der dreißigerJahre hat Gino Severini mehrere Bilder der Mädchen und Jungen von Olevano

gemalt und 1940 in der Galleria Il Millionein Mailand ausgestellt. Emanuel Fohn, ein aus Klagenfurt stam-

mender Maler, der seit 1933 mit seiner wohl-habenden Frau Sofie, ebenfalls Malerin, inRom ansässig und mit den Künstlern Filippode Pisis, Alberto Savinio und Giorgio de Chirico befreundet war, arbeitete ebenfalls in Olevano. Vor allem aber begann er eineKunstsammlung mit Werken der damalswenig beach teten, nordischen Landschafts-

45 Gino Severini, Mädchen aus Olevano, 1939, Öl auf Holz, 35 x 25 cm,

Auktionshaus Christies 2013

46 Gino Severini, Junge aus Olevano, 1939, Öl auf Holz, 35 x 25 cm,

Kunstmarkt

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maler des 19. Jahrhunderts, darunter vieleGemälde aus Olevano, zusammenzutragen.163

Im Herbst 1934 mietete Emanuel Fohn das Kastell der Colonna in Olevano, wo erein der „deutsch-römischen“ Landschafts-malerei gewidmetes Museum einzurichtentrachtete, und wo er vor allem Werke der -jenigen Künstler versammeln wollte, die inOlevano gearbeitet hatten und arbeiteten.Zu der Ausstellung mit Gemälden, Zeich-nungen und Grafiken und biografischem Material, die am 21. Juli 1935 eingeweiht wurde,hatte beispielsweise auch Filippo de Pisis aus Paris eines seiner Bilder als Geschenk geschickt: „Ich hab mich bewegen lassen und habe dem guten Aquarellisten (Fohn,Anm. d. Verf.) mein Stilleleben mit Pilzenüberlassen“ [“mi sono lasciato commuoveree ò [sic!] consegnato al bravo acquarellistaNatura morta con funghi.”] 164

Doch nicht nur Fohn hatte sich mit demGedanken einer Museumsgründung beschäf-tigt. Aus Dokumenten der Akademie in Berlin geht hervor, daß sich zuvor schon derBildhauer Willi Ernst Schade, der 1932–34das Gerhardtsche Haus bei der Serpentarabewohnt hatte,165 um eine historische Re-konstruktion der Olevaneser Kunstgeschichte

bemüht und mit dem Bürgermeister vonOlevano Museumspläne gefasst hatte, fürdessen Sitz auch das Serpentara-Häuschenangedacht war, was die Akademie jedoch ablehnte. Es sollten auch Werke aus Frank-reich, wie z. B. von Camille Corot, aus Öster-reich und der Schweiz und Volkstrachten indem Museum vereint werden.166 In Rund-schreiben hatte Schade die Gründung desMuseums beworben und Künstler kontaktiert,deren Namen er noch dem heute verschol -lenen Gästebuch der Casa Baldi entnahm. Erst später sei Fohn auf den Plan getretenund habe das Museumsprojekt gemeinsammit dem Grafen Salvoni an sich gerissen.Zwischen Schade und Fohn, von dem auchbehauptet wurde, daß er die politische An-näherung Österreichs an Italien ausnutzenwollte, um eine Österreichische Akademie in Rom zu gründen, kam es zum Zerwürfnis.Die Akademie, die die Konflikte mit Ab-stand aus Berlin verfolgte, befürwortete dieMuseums pläne, da sie sie längst aus demBlick winkel einer nationalsozialistischen Kulturpropaganda bewertete. In diesemSinne unterrichtete Amersdorffer im Dezember 1935 Max Neumann in Olevanoüber die Details der Planung und teilte ihm

mit, daß man es in Berlin begrüßen würde,wenn neben dem Österreicher Fohn auchein deutscher Künstler in dem Museums -komitee vertreten wäre. Beim Abwägen derin Frage kommenden Personen, fiel auch derName Friedrich Stahls, als einer der wenigenin Rom ansässigen deutschen Künstler, wäh-rend man den „Mann mit dem Monokel“ absolut außen vor lassen müsse.167 – Solltedamit auf Herbert Gericke, den Direktor derDeutschen Akademie in Rom Villa Massimo,angespielt worden sein, waren sicher anti -semitische Motive im Spiel.

47 Fest zugunsten des von Emanuel Fohn in Olevano eingerichteten Museums, Olevano 1935168

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Ein Jahr später überführten Fohns die fürdas Museum in Olevano zusammengetrage-nen Werke nach Rom, da sich die Burgruinenicht wirklich als ein angemessener Ort fürihre Konservierung herausgestellt hatte. Siewurden in das Römische Stadtmuseum, da-mals noch im Palazzo dei Musei, dem ehema-ligen Pastificio Pantanella in der Via dei Cerchibei Santa Maria in Cosmedin überführt. Hierveranstaltete Emmauel Fohn vom 30. April –15. Juni 1936 die zweite Ausstellung: Mostra di pittori dell’800 a Olevano Romano.169 Sieversammelte Werke von Blechen, Böcklin,Cornelius, Corot, Dillis, Feuerbach, Fohr,Koch, Marées, Overbeck, Reinhart, Richter,Rottmann, Schnorr von Carolsfeld, Schwindund Winterthaler. Viele der Werke stamm-ten aus römischem Privatbesitz, so vomCommendatoreOttaviano Koch, dem Urur-enkel und Erbe von Joseph Anton Koch, undErnesto Koch und aus Fohns eigener Samm-lung. Ebenso wurde das Künstleralbum desDeutschen Künstlervereins in Rom (heuteCasa di Goethe)170 ausgestellt, das als römi-sches Pendant zum verlorenen Album derCasa Baldi Olevanos gelten darf und sich damals im Besitz der Deutschen Vereinigungin Rom befand, die 1926 als Nachfolge des

Deutschen Künstlervereins gegründet wor-den war,171 und von ihr zur Verfügung gestelltwurde. Die Ausstellung erfuhr reges Interesseund einige der Werke wurden der Stadt Rom überlassen, die die Sammlung nachdem Zweiten Weltkrieg in zwei Sälen derGalleria Comunale d’Arte Moderna im PalazzoBraschi einrichtete. In Deutschland erschienin der Zeitschrift für Kunstgeschichte eine Ausstellungs-Rezension von dem jungenKunsthistoriker Bernhardt Degenhart, derdamals als Stipendiat des KunsthistorischenInstituts in Florenz auf eine Assistentenstellean der Bibliotheca Hertziana in Rom wech-selte.172 Gemeinsam mit der Hertziana hat-ten Emanuel und Sofie Fohn schon 1934 im römischen Casino Massimo Lancelotti am Lateran eine Ausstellung zur WürdigungJosef Anton Kochs und der Künstler, die inden 20er Jahren des 19. Jahrhunderts an derAusfreskierung des Casinos mitgewirkt hat-ten, organisiert173 und dabei auch die Freskenrestauriert.174

iv. die wiederbelebung des motivs

Doch während die Kunstgeschichte in dendreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts daskünstlerische Erbe des Motivs Olevano zuresümieren begann, sah es gleichzeitig inund um Olevano weniger gut aus: Die CasaBaldi wurde 1938 endgültig geschlossen,wobei nicht einmal bekannt ist, ob sie bisdahin noch Gäste beherbergte, – zumindestsind bisher keine weiteren Zeugnisse ausden ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhundertsbekannt. Durch Emanuel Fohn, der sich imZuge seiner Museumsinitiative in Olevanoauch um die Rettung der verwahrlostenGrabstätte von Franz Horny in der Kirche S. Rocco kümmerte, erfuhren verschiedeneStellen sowohl in Rom als auch in Berlin, daß die alte Künstlerherberge Casa Baldi zurVersteigerung stand.175

Am 25. April 1939 wurde das ehemaligeGasthaus Casa Baldi dann durch den NSDAP-Parteifunktionär und Kunsthistoriker WernerHoppenstedt, der seit 1933 als Leiter der kulturwissenschaftlichen Abteilung der Bibliotheca Hertziana die nationalsozialisti-

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sche Kulturpropaganda in Rom und Italien zu etablieren suchte, für das „Dritte Reich“angekauft. Der Ankauf geschah im Auftragvon Adolph Ziegler, seit 1936 Präsident derReichskammer der Bildenden Künste, denFohn wiederum noch aus seiner MünchnerZeit kannte, wo er und Ziegler Studienkolle-gen an der Münchner Akademie gewesenwaren. Die vermittelnde Rolle Fohns im Hintergrund des Ankaufs wurde 1940 in dernationalsozialistischen MonatszeitschriftWille und Macht lobend erwähnt, wo er be-merkenswerter Weise, nach dem AnschlussÖsterreichs zwar politisch korrekt, aber ebenauch in der nunmehr bekannten nationali -stischen Art, mit der Geschichte Olevanos zu verfahren, inzwischen eben nicht mehr als Österreicher, sondern als Deutscher be-zeichnet wurde.176

Ziegler war kurz vor seiner Ernennungzum Präsidenten der Reichskulturkammer in Rom zu Gast bei Hoppenstedt gewesen.1938, zwei Jahre später, rühmte sich Hoppen-stedt bei ihm angeblich mit der ZustimmungHitlers 15.000 RM locker gemacht zu haben,um damit die Casa Baldi zu ersteigern.177 Am13. September 1939 schrieb Hoppenstedt,wie er die „wunderbare Schönheit des

Ortes“ (Olevano) mit der Genugtuung ge-nossen hatte, daß an dem Haus nun „nebender italienischen die Hakenkreuzfahne“178

wehe. Nochmal fünf Jahre später, 1944, ver-gaßen die Nazis schändlicher Weise den„deutsch-römischen“ Gedanken, deutscheSoldaten nutzten die Casa Baldi als Quartier,und es kam auch in Olevano zu Razziengegen Juden und damit zum Tiefpunkt derdeutschen Präsenz in Olevano. ZwischenFebruar und März 1944, kurz vor Ankunft der Alliierten, wurden bei der Razzia in derVigna degli Aceto Alberto di Nepi, Mario Pratesi und in den folgenden Tagen Ugo Milano, Tullio Milano, Boris Landessman undOlga Pontecorvo festgenommen. Di Nepi,die Brüder Milano und Landessman wurdenins römische Gefängnis Regina Coeli gebrachtund kurz darauf bei der Massenhinrichtungin den Fosse Ardeatine umgebracht. OlgaPontecorvo, die Mutter der Brüder Milano,wurde von Regina Coeli nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.179

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Casa Baldi und die Serpentara wurdenwie die anderen Immobilien der deutschenEinrichtungen in Italien von den Alliierten alsFeindeseigentum sequestriert. Im Friedens-vertrag zwischen Italien und den Alliiertenund im folgenden Einverständnis-Memoran-dum von Washington zwischen Italien,Frankreich, Großbritannien und den USAvom 14. August 1947 verpflichtete sich Italien,die sequestrierten öffentlichen als auch pri-vaten deutschen Güter zu liquidieren undden Gewinn zu gleichen Anteilen unter denAlliierten zu verteilen. Nur unter besonderenAusnahmebedingungen sollte von diesemVerfahren Abstand genommen werden. Alssolche Ausnahmen wurden nach und nachdie renommierten deutschen wissenschaft -lichen Einrichtungen und ihre Bibliothekenanerkannt. Zu ihrer zukünftigen Verwaltungwurde ein internationaler Verein, die UnioneInternazionale degli Istituti di Archeologia eStoria dell’Arte di Roma, gegründet, dem dieAlliierten die Schirmherrschaft über diedeutschen Bibliotheken anvertrauten.180

Während sich für die wissenschaftlichenInstitute bei der Bundesrepublik ein besorg-

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tes Interesse regte, bestand für die Kunst -akademien und Künstlerhäuser wie die VillaMassimo, die Villa Romana in Florenz und für die beiden Häuser in Olevano, die VillaGerhardts bei der Serpentara und die CasaBaldi, keine Priorität bei den Rückgabever-handlungen. Die Kommission der Alliiertenbeschloss jedoch im Laufe des Sommers 1953,daß sowohl die wissenschaftlichen Instituteals auch das Eigentum der Deutschen Aka -demien in Italien an Westdeutschland resti-tuiert werden sollte unter der Bedingung,daß private Träger die Rechtsnachfolge derehemaligen Besitzer anträten. Am 27. Feb-ruar 1953 unterschrieben Alcide De Gasperiund Konrad Adenauer einen Notenwechselüber die Rückgabe der wissenschaftlichen Institute an die Bundesrepublik.181 Es solltenoch zwei Jahre dauern, bis die Frage derRechtsnachfolge Preußens, bzw. der Preußi-schen Akademie der Künste für die VillaMassimo und die Villa Serpentara, die desDeutschen Reiches für die Serpentara unddie der Reichskulturkammer für die CasaBaldi juristisch und politisch geklärt waren.182

Am 8. Februar 1956 unterzeichneten Italienund die Bundesrepublik schließlich das bilaterale Kulturabkommen, dem im Laufe

des Jahres 1956 die definitiven Rückgabebe-schlüsse folgten.Während seines Staatsbesuchs in Rom

1957 reiste der Präsident der BundesrepublikTheodor Heuss am 21. November auch nachOlevano, wo er bereits im Jahr 1914 als Stu-dent gewesen war und im Albergo Roma derFamilie Zonnino gewohnt hatte.183 Er stelltebefriedigt fest, daß das Stadtbild noch un -versehrt und sich wie auf den Aquarellen seiner Studentenzeit darbot.184 Der Besuchgab den Anlass, die Wiederinbetriebnahme und Restaurierungsarbeiten der Casa Baldianzugehen,185 deren baulicher Zustand undstatische Sicherheit durch Krieg und Verwit-terung stark beeinträchtigt war. Unter derAufsicht des Direktors der Deutschen Aka-demie in Rom Herbert Gericke wurde dasalte Haus renoviert, ohne seine alte Patina zu zerstören, und neue Türen und Fenstereingesetzt.186 Die Wiedereinweihung derCasa Baldi am 30. Juni 1960 vollzog sich unterTeilnahme des deutschen Botschafters Man-fred Klaiber187 und wurde von einer Rede Gerickes begleitet, in der er den persönlichenEinsatz von Dietmar Sattler, Freiherr vonRummel, Erich Minwegen (Minister im Ruhe-stand, Mitglied der dt.-ital. Kommission für

die Rückgabe von Kulturgut) und Erich Bendheim, einem deutschen Emigranten,der in Rom der Deutschen Botschaft inRechtsfragen beistand, erwähnte. Auf Seitender Stadt Olevanos hob er die Hilfe des be-reits mehrfach erwähnten und daselbst ge-borenen römischen Finanzassessors Corio-lano Belloni hervor, der sich mittlerweile alsder beste Kenner der Künstler geschichteOlevanos auswies. Belloni hatte im Oktober1953 den Freundesverein Amici di Olevanogegründet, der, die Museumsidee weiter -verfolgend und an die vorhergehenden Aus-stellungen Emanuel Fohns anknüpfend, imJuli 1954 in den Sälen des Museo di Roma im Palazzo Braschi an der Piazza Navona die Ausstellung Mostra di artisti dell’Ottocento ad Olevano organisiert hatte.188

Auch das Haus der Akademie der Künste beider Serpentara war, wie die Casa Baldi, seitdem Krieg von niemandem mehr betretenworden. Vom West-Berliner Kultursenator,der zwischenzeitlich die Treuhänderschaftder Serpentara für die West-Berliner Akade-mie ausübte, wurde Schülern der DeutschenSchule in Rom, die einen Ausflug nach Ole-vano planten, zweimal ein kategorisches

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Verbot ausgesprochen und der Zutritt zumWald untersagt.189 1960 war die Trägerschaftdes Gerhardtschen Hauses an der Serpentarajedoch wieder an die West-Berliner Akade-mie übergeben worden und erste Gäste berichteten, daß die Unterkunft von AgnesMaria, der Ehefrau des Generalsekretärs derAkademie Herbert Freiherr von Buttlar, prak-tisch eingerichtet worden war.190 Doch trotzder neuen Einrichtung ähnelten die Umständedes Aufenthalts in der Villa Serpentara dersechziger Jahre denen um die Jahrhundert-wende. Die Bequemlichkeiten der modernenZivilisation hatten Olevano noch nicht er-reicht. Es gab weder fließend Wasser nochStrom und Heizung, die Reise in den Südenentpuppte sich zu einer Reise in die Vergan-genheit: „Das Wasser zum Waschen schöp-fen wir aus der Zisterne, Trinkwasser bringtPasquale, der Bauer, der die Villa und denBosco della Serpentara betreut, im Kanister“, sodie Aufzeichnungen von Helga Kliemann, derFrau des Berliner Malers Karl Heinz Kliemann.Auch vor Skorpionen und Schlangen müssensich die Künstler immer in Acht nehmen:

„Wir sind am Ziel, von Buttlars emp-fangen und in der Villa Serpentara

und geben uns wichtige Tipps undHinweise für das Leben ohne fließen-des Wasser, mit Gaslicht und vielenSkorpionen als Hausgenossen. AlleUnbequemlichkeiten übersehen wirbeim herrlichen Blick von der Terrassehinauf zur Burgruine und auf die imSonnenlicht märchenhaft verzauberteLandschaft.“ 191

Es mag erstaunen, aber der Zauber war wieder da, und auch die mündliche Über -lieferung über die alten Zeiten war noch äußerst lebendig. Noch immer wurden denfremden Gästen – vielleicht auch, um vonden nur 16 Jahre zurückliegenden, wirklichenSchrecknissen abzusehen und als hätten siesich erst gestern zugetragen –, die Banditen-geschichten der Casa Baldi von den Einwoh-nern erzählt. Helga Kliemann musste sichMut machen und vergewissern, daß sie dochtrotz der Einsamkeit „weitab jeder Hilfe“192

keine Angst hätten.In Olevano trafen die Kliemanns bei

jedem ihrer in den nächsten Jahren wieder-holten Aufenthalte auch mit den Gästen derVilla Massimo zusammen, für die die CasaBaldi ab der Wiederinbetriebnahme 1960

als Sommer refugium zur Verfügung stand,darunter mit Ingrid Bachér, die 1960 als eineder ersten Stipendiatinnen der Villa Massimonach Olevano kam, mit Uwe Johnson, der1962 in der Villa Massimo weilte, und mitTankred Dorst und Rolf Szymanski. Im Mai 1964 machte sich durch verschie-

dene Veränderungen ein Epochenwechselspürbar: Es fehlte nicht nur der antike Marmor-torso, der schon immer den Eingang zur Serpentara geschmückt hatte, sondern auchdie Geräusche aus den umliegenden Wein-bergen veränderten sich; noch zwei Jahrezuvor hörten die Kliemanns den melodiösenSprachfluss der Bauern, die sich über ihreFelder hin bei der Arbeit Neuigkeiten aus-tauschten oder ihre alten Lieder anstimmten.Nun wurden die Rufe, das Singen und dasGelächter, die rhythmischen Geräusche derArbeit, das Hacken der Erde und Schneidender Reben immer öfter von dem eintönigenWummern der Motorgeräte abgelöst, dasdie menschlichen Stimmen übertönte.

„Die etwa fünfzig Jahre, die Italien ineinigen Bereichen anderen europäi-schen Ländern gegenüber zurück war,werden durch einen rasanten Wandel

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vom Agrarland zum Industriestaat aufgeholt, das bringt in die kargenBergdörfer spürbare Umwälzungen.Die Menschen hier, so scheint mir,sind darüber eher ratlos als beglückt.Die zunehmende Motorisierung rücktdie Orte einander näher. Die jüngerenLeute fahren zur Arbeit oft bis nachRom und bringen neue Gewohnheitenund Ansprüche mit oder wandernganz ab. Der Familienzusammenhaltbröckelt auseinander, neue Problemeentstehen. Pasquale, Kustode der Ser-pentara, Wein- und Olivenbauer, kamvor zwei Jahren sichtlich gerne seinenObliegenheiten für Haus und Geländenach, war freundlich und hilfsbereit,erzählte voller Stolz, schon sein Groß-vater und Vater hätten die Serpentarabetreut. In diesem Jahr jammert ertäglich über die viele Arbeit, dabei arbeitet er nicht mehr als früher. Politi-sche Propaganda und kommerzielleWerbung weisen nicht nur auf berech-tigte verbesserte Lebensbedingungenhin, sie gaukeln auch Bedürfnisse vor,die gar nicht vorhanden sind.“193

Während das, was Gregorovius in seinenWanderjahren in Italien über die Gegend umRom und die römische Campagna schrieb,um 1960 noch fast uneingeschränkt geltenkonnte, waren sich Kliemanns bei ihrem drit-ten Aufenthalt 1966 sicher, daß der Verkehrund der Bauboom die Landschaft und die Lebensart grundlegend verändert hatten.

„Aber beim Blick auf den Hügel vonSermoneta und über das Meer zu denvorgelagerten Inseln, die Küste entlangvon Circeo bis Ostia sehen wir nichtmehr, wie Gregorovius, am Meer ent-lang von Ostia über Ardea, Nettuno,Cisterna bis Terracina Wälder sich an-einanderreihen, sondern Ferienhaus-siedlungen, in den Himmel ragendeBetonhochhäuser, die sich zu größe-ren und kleineren Stadtgebilden formieren.“194

Was für die gesamte Region Latium festzustel-len war, wurde auch im Kleinen beobachtet:

„Durch die fertiggestellte AutostradaRoma Salerno hat sich seit unseremersten Aufenthalt 1962 viel verändert.

Die Straße, die an der Serpentara vor-bei in engen, steilen Serpentinen direktdurch den Ort hinter ins Tal führt, istzur stark befahrenen, entsprechendlauten und stinkenden Zufahrtsstraßefür alle Vehikel geworden, die aus denBergen zwischen Subiaco, S. Vito undBellegra kommen. Früher war jedesdurchfahrende Auto eine Sensation,jetzt werden die Bewohner der an derStraße gelegenen Häuser, weil sich ein großer Teil ihres Alltags vor ihremHaus auf der Straße abspielt, durchden starken Autoverkehr in ihrem persönlichen Lebensbereich gestört.Wenn sich zwei Autos begegnen –was immer häufiger vorkommt – ,müssen sie aufpassen, beim Gemüse-putzen, Stricken oder Kartenspielnicht unter die Räder zu kommen. Daist es gut, dass dieses Jahr mit dem Baueines Tunnels durch den Berg begon-nen wurde. Ein Tunnel entlastet dieDorfstraße, ohne die Silhouette derStadt zu verändern. Wenn er fertig ist,wird es mit der Abgeschiedenheit undder dadurch bedingten Rückständig-keit der kleinen Bergstädte vorbei sein.

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Bis zu unserem Aufenthalt vor fünfJahren waren viele Häuser, Plätze undAusblicke so erhalten, wie die Künstlersie im 19. Jahrhundert in ihren Zeich-nungen und Bildern dargestellt haben,für uns ein besonderer Reiz, für dieEinheimischen sicher eine Plage. Wirverstehen, dass sie in bequemen modernen Häusern wohnen wollen,sie leben heute und nicht in einemMuseum.“195

Die Straßen ermöglichen auch, dem hartenund immer weniger einträglichen Land lebenzu entkommen und fern der Berge in derStadt nach Arbeit zu suchen. Die neuen Einkünfte erlaubten die Verbesserung derLebensstandards und nährten die Nachfragenach neuem Wohnraum. Bei allem Verständnis für die schwierigen

Lebensbedingungen und sozialen Bedürf-nisse war mancherorts die Zersiedelung dermittelitalienischen Landschaft – ein nicht zuübersehendes Beispiel ist die Ortserweite-rung Olevanos – Ergebnis einer nicht vor-handenen Planungskultur, Legislative undKorruption. 1974 drehte Pasolini für das italie-nische Fernsehen einen kurzen Film „Über

die Form der Stadt“, indem er am Beispielvon Orte, einer anderen Stadt im Latium,fast um Worte ringend, die Hässlichkeit derNeubauten am Stadtrand kommentierte.196

Es sind dann auch vor allem die Schrift-stellergäste der Casa Baldi, wie HermannPeter Piwitt oder Uwe Friesel, die in den sieb-ziger Jahren versuchen, die wirtschaftlichenund sozialen Verschiebungen der GegenwartOlevanos nachzuzeichnen.197

Zum Jahreswechsel 1972/73 schien RolfDieter Brinkmann in seinen Aufzeichnungenzu Olevano in seinem Buch Rom, Blicke (1979)an die topographischen und anthropologi-schen Beobachtungen Wilhelm Waiblingersanzuknüpfen. Auch er – wie Waiblinger einan Rom leidendes enfant terrible – suchte inOlevano Zuflucht nach einer kaum glücklichzu nennenden Zeit in der Villa Massimo inGesellschaft der Stipendiaten. Er begann denOrt in seinen schroffen Gegensätzen, mitdem unsagbaren Licht- und Himmelsraum,aber auch in seiner engen Schäbigkeit, zumögen und in allen seinen, teils deprimieren-den, teils erhebenden Einzelheiten seismo-graphisch aufzuzeichnen: „Struppiges zer -fasertes, ausgebleichtes als Kulisse ringsum,krüppelige Eichenbüsche, zerfetzte Land-

schaft, (Müllkippen), (Thema: Die Land-schaft als öffentliche Müllkippe, der Zwangdes 20. Jahrhunderts, das zu Ende geht, dahilft auch kein romantisch vergammelterBlick mehr!).“ Und tatsächlich hatte seineperzeptive Hochspannung im Erleben desLichtes mit vergammeltem Romantizismusnichts zu tun: „22. Dez. 72: Zuerst das Licht!Ich habe lange hingesehen über das Tal hinweg, die ansteigenden Häuser, in die Wolkenschichten, durch die gelblich-weißesLicht wanderte.“ „Winterlicht, 24. Dezember-Licht: Landschaften, Weite, unbegangen und unzersiedelt, die weit draußen im Raumentsteht, ungeschichtlich, unmenschlich, das bricht durch und herein in meine Augen,während ich dasitze.“ Die Beobachtungender wechselnden Wolkenformationen undLichtverhältnisse rissen den Dichter immerwieder aus seinen Grübeleien. In Olevanofand Brinkmann eine für ihn fruchtbare Arbeitsatmosphäre nach der schwierigenZeit in Rom, er stellte geradezu überraschtfest, daß es ihm gut ging: „klare frische Luft,kaltes kühles Wasser, einen großen Schreib-raum, eine kleine Schlafkammer, hinter mirein zischender Wasserkessel“. „Wieder fälltmir auf (und gefällt mir), daß die Tage hier

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sehr lang sind und ebenso die Abende, es ist hier noch Zeit vorhanden eine Qualität,die in der beschleunigten Rotation der Groß-stadt verloren geht. (zumindest hat man das Empfinden – das macht nachdenklich. –hier kann ich schreiben, lesen, Besorgungenmachen, mich umschauen, und der Nachmit-tag ist noch immer nicht vorbei.“ Es gefielihm so gut, daß er trotz der spartanischenEinrichtung länger blieb, als eigentlich vorge-sehen war198 und plante, seine Frau Maleenund seinen Sohn zu sich zu holen. Er schrieban Maleen: „… vielleicht wollten wir nur inOlevano bleiben – es ist viel interessanter alsRom, in dem abgetakelten Künstler-Gehegewie’n abgewrackter staatlicher Künstler-Zoo,wo alle 10 Monate die räudigen Tiere wech-seln, räudig wohl im Kopf, na, da nehme ichmich aber schwer aus, – fühle ich mich dennda bisher wohl? Nee! Du weißt es.“199

„[…]Weit weg düsterte Westdeutschland dahin, der

Albtraum, zusammengefallen, rauchendeIndustrie,

Schlacke, atemloses Land, zog man die Industrie

ab, was blieb dann davon? Kein Gedankedaran,

als wir vorübergingen, abwärts, wo die Frauen mit den Bündeln trockener Ranken gingen auf dem Kopf, für das Herd

Feuer, in dem versteinerten Ort, mit denTreppen. […] und es ist gut, sich gut zu fühlen.

In questa Solitudine. Ludwig Tieck Anfang März in Olevano“200

Ausblick

Noch heute dient die Casa Baldi den bundes-weit durch die „Villa-Massimo-Jury“ ausge-zeichneten Künstlern als exklusiver Arbeits-ort. Die zwei Wohnungen in der Casa Baldiund das anliegende Atelier werden jeweils fürein Vierteljahr an Bildende Künstler, Schrift-steller, Musiker oder Architekten vergeben.Für das Atelierhaus Villa Serpentara der Aka-demie der Künste in Berlin hingegen werdenvorrangig in Berlin arbeitende Künstler durch

eine Jury von Akademiemitgliedern allerKunst-Sektionen für dreimonatige Arbeits -aufenthalte bestimmt. Die Arbeitsaufenthalteund ihre Ergebnisse werden sowohl von derJungen Akademie Berlin als auch durch dieVilla Massimo betreut und in den jeweiligenVeranstaltungsprogrammen vor Ort und inBerlin präsentiert.Der atemberaubende Weitblick auf

Himmel, Täler und Berge, die Ruhe zumSchreiben, Gedanken fließen lassen, Plänefassen, von der Arbeit ausruhen, Abstandnehmen, Neues sehen, Teilnehmen amLeben eines authentischen italienischenBergstädtchens, die Nähe zu Rom und die institutionelle Anbindung an die Villa Mas-simo bieten einen wachsenden Anreiz undstellen sicher, daß der Rückzug nach Olevanonur solange wie gewollt andauert. In den letzten Jahren haben sich die

Kontakte zwischen den fremden Gästen und Olevano intensiviert, man erweist denKünstler häusern großes Entgegenkommen,kümmert sich mit großer Sympathie um dieGastkünstler und bezieht sie immer wiederin Veranstaltungen ein. An den Lesungen,Ausstellungen und Konzerten in der CasaBaldi und der Serpentara wird mit zuneh-

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mendem Interesse und großer Freude teil -genommen. Ein besonderer Moment desZusammenwirkens war das Kirchenbaupro-jekt für Olevano, das aus den gemeinsamenÜberlegungen von den 2007 in der Villa Massimo weilenden Künstlern, dem MalerMatthias Weischer, dem Bildhauer StefanMauck, dem Licht- und Tonkünstler CarstenNicolai und dem Architekten Rudolf Finster-walder hervorgegangen war. Ihre römischenDebatten über Formstrenge und ästhetischenReichtum, über das Heilige und das Profane,mündeten in einem konkreten Plan zum Baueiner Kirche in Olevano, für die sich auchKardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des päpstlichen Kulturrates, interessierte.201

Man ist sich in Olevano des kulturellenHumus, den die Künstlerhäuser generieren,bewusst und stolz auf das weltweite künst -lerische Erbe, das die lange Kunstgeschichtedes Ortes gebildet hat, es stiftet einen gutenTeil der Identität des Ortes. Es sind jetzt, nachdem Anton Joseph

Koch und seine Freunde in Olevano ihr Arkadien fanden, 200 Jahre vergangen und es lässt sich wohl zurecht von einer unver-gleichlichen, schier an ein Wunder grenzen-den Kontinuität der Künstlerhaufenthalte

in Olevano, aber eben auch der Reflexiongenau über dieses Phänomen sprechen. FürJan Wagner, der 2007 ein Vierteljahr in derCasa Baldi verbrachte, zählt die Geschichtedieses Phänomens mindestens ebenso mitzum Faszinosum Olevanos, wie sein außer-gewöhnliches Landschafts- und Stadtgefüge:

„Vielleicht gibt es kaum einen anderenOrt, an dem es sich so gut über Näheund Ferne nachdenken ließe, wie indieser latinischen Kleinstadt im Hügel-land südöstlich von Rom, von der ausich seit drei Monaten über die Ebeneblicke, tagsüber die kleinen Rauchfah-nen der Winzer und Obstbauern sehe,die Zweige und trockene Gräser ver-brennen, abends die Feuerwerkezähle, die mal näher, mal weiter ent-fernt von einem Dorffest künden, später in der Nacht dann einen Wald-brand hier und da. Doch nicht alleindie Aussicht ist es, die Olevano Ro-mano so geeignet erscheinen läßt fürderartige Über legungen, nicht seineLage auf der Hügelkuppe, an der es zu kleben scheint, an die seine labyrin-thische Altstadt wie mit kühnen

Spachtel hieben modelliert ist, einearchitek tonische Mischung aus Zufallund Gelegenheit, ein sanftes Chaos,ein Gewirr von Gassen, über- undinein andergebauten Häusern, die nurdurch Wäscheleinen und ein schmalesStück Himmel weit oben zwischenden Regenrinnen zusammengehaltenwerden; nein, es ist die besondereRolle, die das Städtchen in der Kunst-geschichte spielen durfte.“202

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1 Ludwig Tieck, Franz Sternbalds Wanderungen. Eine altdeutsche Geschichte, hrsg. von AlfredAnger, Stuttgart 1979, S. 371.

2 Ferdinand Gregorovius, Wanderjahre in Italien, Figuren, Geschichte, Leben und Szenerie aus Italien,Köln 1953, S. 175.

3 Eine der frühen archäologischen Würdigungendes Ortes bei Wilhelm (Guglielmo) Abeken, Viaggio a Olevano, in: Bullettino dell’Instituto di corrispondenza archeologica, Nr. 5, Mai 1841, S. 49–55. Er vergleicht die poligonalen, grob behauenen Mauerreste Olevanos mit denen vonRosselle, Arpino und Aurunca (aus dem 6. Jh. vor Chr.).

4 Domenico Riccardi, Joseph Anton Koch e Olevano.Analisi di un rapporto preferenziale, in: Römischehistorische Mitteilungen, hrsg. vom Öster -reichischen Kulturinstitut in Rom und der Öster-reichischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 34/35, Wien 1993, S. 205–222.

5 Ludwig Richter, Lebenserinnerungen eines deut-schen Malers, erweitert um einen Auszug aus denErgänzungen von der Hand des Sohnes HeinrichRichter.Mit Wiedergaben aus dem graphischenund dem malerischen Werk, hrsg. von Karl Wagner, Berlin (Ost) 19844, S. 101.

6 Domenico Riccardi hat die Erfolgsgeschichte desMotivs Olevano in verschiedenen Publikationenausführlich rekonstruiert, es seien in Auswahl genannt: Domenico Riccardi, Preußische Maler inder Landschaft von Olevano, in: Italien in Preußen,Preußen in Italien, hrsg. von der Winckelmann-Gesellschaft, Schriften der Winckelmann-

Gesellschaft, Nr. 25, Stendal 2006, S. 146–152; id.,Olevano e i suoi pittori. Gli artisti di lingua tedesca(Germania, Austria, Svizzera) dalla fine del sette-cento al 1850 nei luoghi dei monti degli Equi: Ole-vano, Genazzano, S. Vito, Civitella/Bellegra, RoccaSanto Stefano, Roiate, Subiaco, Canterano, RoccaCanterano, Cervara, Rom 20042; Ausst.-Kat. Gli artisti romantici tedeschi del primo Ottocento a Olevano. Deutsche romantische Künstler des frühen19. Jahrhunderts in Olevano Romano, Villa De Pisa,Museo Centro-Studi sulla Pittura di PaesaggioEuropea del Lazio, Olevano Romano, 7.–28. Sep-tember 1997, hrsg. von Domenico Riccardi, Mailand 1997; id., I pittori tedeschi di Olevano tra romanticismo e realismo nella prima metà delXIX secolo, in: Artisti e scrittori europei a Roma e nel Lazio. Dal grand tour ai romantici, atti del con-vegno, hrsg. von Angelo D’Alessandro, Rom 1984,S. 87–102. Unter den älteren Publikationen zumThema sind zu nennen: Reinhold von Lichtenbergund P. Ernst Jaffé, Hundert Jahre deutsch-römischerLandschaftsmalerei, Berlin 1907; Quintino Carletti,Olevano Romano, nella tradizione, nella storia,nell’arte, Rom 1964 und Coriolano Belloni, I pittoridi Olevano, Istituto di studi romani, Rom 1970.

7 Gaspard Dughet, Mitarbeiter und Schwager vonNicolas Poussin, scheint höchstwahrscheinlichdas Saccotal mehrfach besucht zu haben, auchseine Mutter stammte aus der Gegend, nämlichaus Paliano. Ein gut zu identifizierendes Motiv istbeispielsweise der 6 km von Olevano entfernteMonte La Morra Vallea, der im Landschafts -hintergrund seines Freskos mit der Geschichtevon Elia und Eliseo in der Kirche SS. Silvestro e

Martino ai Monti in Rom (1646–1651), einem derwichtigsten Freskenzyklen des 17. Jahrhunderts,gut zu erkennen ist; vgl. Marie Nicole Boisclair,Gaspard Dughet à St-Martin des Monts, in: Storiadell’arte, Jg. 53, Bd. 198, S. 87–102.

8 Hackert unternahm 1793 (so Claudia Nordhoff2012) bzw. 1772 (so Thomas Weidner 1998) eine„malerische Wanderung“ durch Latium und dieAbruzzen, die ihn über Isola di Sora, Anitrella,Cassino und Balsorano nach Avezzano führte.Goethe erwähnte in seiner Hackert-Biografie eineReise von Licenza über Subiaco nach Palestrina,welche naheliegenderweise über Olevano hätte führen müssen, für die aber die neuere Forschung keinen Nachweis gefunden hat.

9 Mahlerisch radirte Prospecte aus Italien. Collectionde vues pittoresques de l’Italie dessinées d’après nature et gravées à l’eau-forte à Rome, von JohannChristian Reinhart, Albert Christoph Dies undJacob Wilhelm Mechau, Nürnberg 1799.

10 I paesaggi di Nicolas-Didier Boguet e i luoghi tibulliani, hrsg. von Giulia Fusconi, Rom 1984,Kat.-Nr. 31–34 und 72 und Clare Hornsby, Nicolas-Didier Boguet. Landscapes of SuburbanRome. Disegni dei Contorni di Roma, Rom 2002.

11 Riccardi 2003, S. 50–51, er liefert im Weiteren dievollständigste Zusammenstellung der frühestenLandschaftszeichnungen von Olevano und Um-gebung.

12 Felix Friedrich, Carl Gottlob Kuttner. Ein Beitragzur Geschichte der Geographie und des deutschenGeisteslebens am Ausgange des 18. Jahrhunderts,Dissertation, Universität Leipzig 1903.

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13 Carl Gottlob Küttner, Wanderungen durch die Niederlande, Deutschland, die Schweiz und Italien in den Jahren 1793 und 1794, 2 Bde., Leipzig 1796,Bd. 2, S. 270–272.

14 Uwe Hentschel, Mythos Schweiz. Zum deutschenliterarischen Philhelvetismus zwischen 1700 und1850, Studien und Texte zur Sozialgeschichte derLiteratur, Bd. 90, Tübingen 2002.

15 So z.B. bei Johann Daniel Preissler, Gründliche Anleitung, welcher man sich im Nachzeichnen schö-ner Landschaften oder Prospecten bedienen kann,Nürnberg 1759 (Zürich, Museum für Gestaltung),und Joshua Reynolds in seiner vierten Vorlesungvon 1771 als Londoner Akademiedirektor über die vorbildliche Kompositionspraxis von Claude Lorrain, vgl. Sir Joshua Reynold’s discourses on art,hrsg. von Edward Gilpin Johnson, Chicago 1891, S. 116, oder auch Alexander Cozens, The VariousSpecies of Composition of Landscape in Nature(London, British Museum).

16 Oskar Bätschmann, Entfernung der Natur. Land-schaftsmalerei 1750–1920, Köln 1989, S. 21–27.

17 Uwe Hentschel, Salomon Geßners Idyllen und ihredeutsche Rezeption im 18. und beginnenden 19. Jahr-hundert, in: Orbis Litterarum, Bd. 54, Nr. 5, 1999, S. 332–349.

18 Ausst.-Kat. Idyllen in gesperrter Landschaft. Zeichnungen und Gouachen von Salomon Gessner(1730–1788), mit Beiträgen von Bernhard vonWaldkirch und Wiebke Röben de Alencar Xavier,Kunsthaus Zürich, 26. Februar – 16. Mai 2010,München 2010 und Salomon Gessner als euro -päisches Phänomen. Spielarten des Idyllischen, hrsg. von Maurizio Pirro, Heidelberg 2012.

19 Salomon Gessner, Idyllen, von dem Verfasser desDaphnis, Zürich bei Gessner 1756, S. 6.

20 Ausst.-Kat. Die Verzauberung der Landschaft zurZeit von Jean-Jacques Rousseau. Enchantement dupaysage au temps de Jean-Jacques Rousseau, hrsg.von Christian Rümelin, Musée Rath, 28. Juni –16. September 2012, Genf 2012.

21 Achatz von Müller, Erinnerung, Idyll, Konflikt, Utopie, in: Europa Arkadien, Jakob Philipp Hackertund die Imagination Europas um 1800, hrsg. von Andreas Beyer, Lucas Burkart, Achatz vonMüller und Gregor Vogt-Spira, Göttingen 2008, S. 363–372.

22 Thomas Weidner, Jakob Philipp Hackert. Land-schaftsmaler im 18. Jahrhundert, Berlin 1998, S. 31.

23 Werner Busch, Die autonome Ölskizze in der Landschaftsmalerei, in: Pantheon, Heft 43, 1983, S. 126–133 und Peter Galassi, Corot in Italy. Open-Air Painting and the Classical-Landscape Tradition,Yale University, New Haven 1991, 1. Kapitel.

24 Riccardi 2003, S 45–65.25 Belloni 1970, S. 32.26 Belloni 1970, S. 32 und Paul Wescher, Nazarener-

tum und Schweizerzunft, in: Schweizer Monats-hefte. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft, Kultur, Bd. 23, (1943–1944), Heft 8, S. 456–464, S. 458.

27 Johann Jakob Im Hof, Der Historienmaler Hierony-mus Heß von Basel. Geschichte seines Lebens undVerzeichnis seiner Werke, Basel 1887.

28 Richter Lebenserinnerungen, S. 155 bzw. S. 146.

29 Ausst.-Kat. Friedrich Salathé, 1793–1858. Ein Zeichner der Romantik, Kunstmuseum Basel, 13. Februar – 4. April 1988, Museum für Kunstund Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, 17. April – 26. Juni 1988, Staatsgalerie Stuttgart,22. Oktober – 11. Dezember 1988, Basel 1988, S. 12und Arnold und Doris Esch, Die römischen Jahredes Basler Landschaftsmalers Samuel Birmann(1815–17), in: Zeitschrift für schweizerische Archäo -logie und Kunstgeschichte, Bd. 43, Heft 1, 1986, S. 151–166.

30 Wolfgang Kaschuba, Die Fußreise. Von der Arbeits-wanderung zur bürgerlichen Bildungsbewegung, in: Reisekultur. Von der Pilgerfahrt zum modernenTourismus, hrsg. von Hermann Bausinger, KlausBeyrer und Gottfried Korff, München 1991, S. 165–173.

31 Paul Wescher, Kunstraub unter Napoleon, Berlin1977.

32 Elinoor Bergvelt, Gli élèves-pensionnaires di ReLuigi Napoleone. Problemi inerenti al perfeziona-mento a Parigi e a Roma di una formazione artisticaconseguita in Olanda (1807–1813), in: Ausst.-Kat.Reizen naar Rome, Italië als Leerschool voor Neder-landese Kunstenaars Omstreeeks 1800. Paesaggistied altri artisti olandesi a Roma intorno al 1800, Teylers Museum Haarlem, 8. September –28. Oktober 1984; Istituto Olandese di Roma, 9. November – 9. Dezember 1984, Rom 1984, S. 62.

33 Golo Maurer, Viaggiatori e pittori tedeschi in Italianell’Ottocento. La “scoperta” della Campagna Romana, in: Ausst.-Kat. Oltre Roma. Nei Colli Albani e Prenestini al tempo del Grand Tour, hrsg.

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von Isabella Salvagni und Margherita Fratar -cangeli, Comunità Montana Castelli Romani ePrenestini, 21. Januar – 25. März 2012, Rom 2012,und id. Italien als Erlebnis und Vorstellung. Land-schaftswahrnehmung deutscher Künstler und Reisender 1760–1870, Regensburg 2015, S. 57–119.

34 Joseph Anton Koch, Skizzenbuch mit 34 Blättern,Ansichten von Rom und Umgebung, von 1803,München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv. Nr. (1930:67), vgl. Otto R. von Lutterotti, Joseph Anton Koch 1786–1839, Berlin 1940, S. 269.

35 Ausst.-Kat. Reizen naar Rome …, 1984, S. 81.36 Tamara Hufschmidt, Antico Caffè Greco. Storia,

ambienti, collezioni, Rom 1989.37 Zitiert nach Gerhard Kegel, Carl Friedrich von

Rumohr als Mäzen deutscher Künstler in Italien, in: Ausst.-Kat. Gli artisti romantici tedeschi 1997…,S. 91.

38 John R. Welsh, An Anglo-American Friendship. Allston and Coleridge, in: Journal of American Studies, Bd. 5, Nr. 1, 1971, S. 81–91, S. 83. Von Coleridge stammt auch eine sehr treffende Beschreibung der Olevaneser Landschaft, vgl. The Notebooks of Samuel Taylor Coleridge, hrsg.von Kathleen Coburn, 3 Bde., London 1957, 2. Bd.,1804–1808, Notes: 2791, 2796 und 2816–2818. Vgl.auch Lina Unali, Samuel Taylor Coleridge a OlevanoRomano (dai Notebooks), in: Roma e la campagnaromana nel Grand Tour, atti del convegno inter -disciplinare, Monte Porzio Catone, Rom 17. –18. Mai 2008, hrsg. von Marina Formica, Bari2009, S. 159–173.

39 Franziska Caspers, eine Freundin Thorwaldsens,am 3. August 1819 an Charlotte Thierry: „In Romsind vor kurzem einige Maler von den Räubern,welche die Gegenden beunruhigen, ins Gebirgegeschleppt worden. Diese Räuber sind mit ächtenPerlen u Corallen behangen, tragen DiamanteneRinge u Gürtel mit reichen Dolchen – scharlachenHosen u Veste – offene Brust – Der Maler Salathemusste sie zeichnen – Der Hauptmann trägt dasCrucifix – u küsst es immer in dem er es seinenbuon Dio nennt .“ Archiv Thorvaldsen Museum,m30A, Nr. 92,5.

40 Bayrische Nationalzeitung, Nichtpolitische Nach-richten, Räubergeschichte, Rom am 21. Juni, 13. Jg., 1. Bd., Januar – Juni 1819, S. 620–621.

41 Der Maler Salathé von Räubern entführt – ein Vor-fall aus den letztverflossenen Tagen, in: Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Nr. 165, 167 und 169,23., 26. und 28. August 1819. Dieser Text wurdevon Heinrich Zschokke unter dem Titel, Aus Italien, Die Schicksale des Malers Salathé unter denRäuberbanden in den Appenninen, von ihm selbst erzählt, in: Überlieferungen zur Geschichte unsererZeit, April 1820, übernommen. Vgl. auch DanielBurckhardt-Werthemann, Das Abenteuer einesBasler Malers, in: Basler Jahrbuch, 1905, S. 175–196; Wilhelm Müller, Rom Römer Römerinnen, Berlin1820, S. 310–316, Louise Seidler in ihren Erinne-rungen, hrsg. von Germann Uhde, Berlin, o. J.(1922), S. 192 ff. Ein Echo dieses Ereignisses findetsich sogar im Tagebuch des damals in Rom wei-lenden Franz Grillparzers, in: Sämtliche Werke, Bd. 19., Berlin o. J., S. 46, (Grillparzer verwechseltOlevano mit Albano). Frei erzählt mit irriger

Datumsangabe auch bei Friedrich Noack, DasDeutsche Rom, Rom 1912, S. 234.

42 Nuova raccolta di cinquanta costumi de’ contorni di Roma compresi diversi fatti di briganti cominciatil’anno 1819, compiti nel 1822, disegnati ed incisiall’acqua forte da Bartolomeo Pinelli, Rom 1823.

43 Maria Graham, Three months passed in the moun-tains east of Rome, during the year 1819, London1820, S. 94.

44 Ausst.-Kat. Friedrich Nerly und die Künstler um Carl Friedrich von Rumohr, bearbeitet von ThomasGädeke, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum,Kloster Cismar, 17. März – 9. Juni 1991 und Landes -museum Mainz, 14. Juli – 1. September, Schleswig1991.

45 Ina Weinrautner, Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878).Leben und Werk, Münster 1997, S. 21.

46 Vgl. auch Ausst.-Kat. Gli artisti danesi ad OlevanoRomano e dintorni dall’Età dell’Oro fin dentro il XXIsecolo, hrsg. von Jytte W. Keldborg, AssociazioneAmici del Museo di Olevano Romano e MuseoCentro-Studi sulla Pittura di Paesaggio Europeodel Lazio, Olevano Romano 2011 und Jens PeterMunk, I paesaggi di Olevano Romano e dintorni, in: Ausst.-Kat. 800 Danese, Architettura di Roma e paesaggi di Olevano Romano, Complesso del Vit-toriano, 18. Mai – 4. Juni 2006, Rom 2006, S. 78,80 und Artisti danesi ad Olevano – Una tradizionedi duecento anni. Tre articoli di Jytte Keldborg eSerafino Mampieri pubblicati nel 2014 dalla rivistad’Arte Danese „Kunstmagasinet Janus“, edito per il 25° anniversario dell’Associazione Amici delMuseo di Olevano Romano, Museo Centro-Studi

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sulla Pittura di Paesaggio Europea del Lazio –Museo Civico d’Arte O.M.R. 2011.

47 Norman Douglas, Alone, London 1921, S. 163–165.48 Ausst.-Kat. Samuel Palmer (1805–1881). Vision and

Landscape, hrsg. von William Vaughan, ElisabethE. Barker und Colin Harrison, British MuseumLondon, 21. Oktober – 22. Januar 2006 und TheMetropolitan Museum of Art, New York, 7. März –28. Mai 2006, London 2005, S. 179–180.

49 Richter Lebenserinnerungen, S. 99 und Maurer2015, S. 112.

50 Richter Lebenserinnerungen, S. 99.51 Mariarita Pocino, Anticoli Corrado e i pittori

dell’Ottocento. Il paese delle modelle, in: Lazio ieri eoggi, Bd. 49, Rom 2013, S. 583 und 172 und AmatoOrazio, Artisti romani ad Anticoli Corrado, in:Strenna dei Romanisti, Bd. 9, Rom 1948, S. 79–85.

52 Nicola Cariello, Pittori russi a Subiaco, in: Aequa, Bd. 13, Nr. 45, Rom 2011, S. 61–69 und Ausst.-Kat.Viaggio in Italia. La veduta italiana nella pitturarussa dell’800, hrsg. von Goldovskij, Grigorij, Palazzo delle Esposizioni 24. Juni – 30. August1993, Mailand 1993, S. 121.

53 Quintino Carletti, Olevano Romano. Nella tradizione,nella storia, nell’arte, Rom (1963) 19922, S. 61.

54 August Kestner, Römische Studien, Berlin 1850, S. 100.

55 Rom am 21. März 1807, zitiert nach: A. v. Schnei-der, Die Briefe Joseph Anton Kochs an den FreiherrnKarl Friedrich von Uexküll, in: Jahrbuch der Preußi-schen Kunstsammlungen, Preußische Kunstsamm-lungen, Bd. 59, Berlin 1938, S. 186–208, 258–278und 202.

56 Carl Friedrich von Rumohr, Drey Reisen nach Ita-lien. Erinnerungen, Leipzig 1832, S. 121 und Riccardi2003, S. 85.

57 Alfred Robaut, L’oeuvre de Corot. Catalogue rai-sonne et illustre, precede de l’histoire de Corot et deses oeuvres par Etienne Moreau-Nelaton, Paris 1905, 4. Bd., S. 22, Kat. Nr. 2567.

58 Lorenza Rocchi, I Francesi a Olevano Romano, in:Artisti e scrittori europei a Roma e nel Lazio. Dalgrand tour ai romantici, hrsg. von Angelo D’Ales-sandro, Rom 1984, S. 71–77 und S. 75–76; Peter Galassi, Corot in Italy. Open-Air Painting and theClassical-Landscape Tradition, Yale University,New Haven 1991, S. 123 ff und André et Renée Julien, Corot dans les montagnes de la Sabine, in:Extrait de la Gazette des beaux arts, Juni 1984, S. 179–193.

59 Es handelt sich insbesondere um seine Reise -schilderungen der Jahre 1827 bis 1830: Der Frühlingin den Gebirgen Latiums – Wanderung ins Sabiner-land, (8./9. Brief, Olevano) – Aus einem Tagebuchein Olevano, Briefe an Kraukling – Wanderung vonOlevano nach Rom – Sommer-Ausflug nach Ole-vano – Skizze eines Wegweisers durch die Umgebun-gen Roms …, alle in: Wilhelm Waiblinger, Werkeund Briefe, Textkritische und kommentierte Aus-gabe in fünf Bänden, hrsg. von Hans Königer, Bd. 4: Reisebilder aus Italien, Veröffentlichungender Deutschen Schillergesellschaft Bd. 37, Stutt-gart 1988.

60 Brief an den Vater aus Rom, 2. Juli 1827, zitiertnach: Wilhelm Waiblinger, Mein flüchtiges Glück,Tagebücher, Briefe, Prosa, hrsg. von WolfgangHartwig, Berlin 1991, S. 179.

61 Wilhelm Waiblinger, Wanderung ins Sabinerlandund Aus einem Tagebuche in Olevano, in: WilhelmWaiblinger, Werke und Briefe 1988, S. 248–251, S. 299.

62 Wilhelm Waiblinger, Aus einem Tagebuche in Olevano, in: Wilhelm Waiblinger, Werke undBriefe 1988, S. 274.

63 Richter Lebenserinnerungen, S. 96.64 Aus: Ausst.-Kat. Lass Dich von der Natur anwehen.

Landschaftszeichnung der Romantik und Gegenwart,hrsg. von Anne Buschhoff, Kunsthalle Bremen 7. September 2013 – 12. Januar 2014, StädtischeGalerie Bietigheim-Bissingen 25. Oktober 2014 –11. Januar 2015, Bielefeld-Berlin 2013, S. 208.

65 Aus: Ausst.-Kat. Franz Theobald Horny, Ein Roman-tiker im Lichte Italiens, hrsg. von Hannah Pohl,Kunstsammlungen zu Weimar 11. Oktober –29. November 1998, Hamburger Kunsthalle 11. Dezember 1998 – 14. Februar 1999, Berlin 1998,Kat. Nr. 33.

66 Horst Vey, Die Sammlung des Freiherrn von Üxküll(1755–1832) und ihre späteren Geschicke, in: Jahrbuchder Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Würt-temberg, Bd. 42, Berlin-München 2005, S. 83–115,S. 88.

67 Wilhelm Waiblinger, Wanderung ins Sabinerland,9. Brief, in: Wilhelm Waiblinger, Werke undBriefe 1988, S. 253.

68 Wilhelm Waiblinger, Skizze eines Wegweisersdurch die Umgebungen Roms …, in: WilhelmWaiblinger, Werke und Briefe 1988, S. 445.

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69 Zitiert nach der Erklärung der Kupfer, Taschenbuchaus Italien und Griechenland auf das Jahr 1830, hrsg.von Wilhelm Waiblinger 1830, Taf. 5.

70 Aus: Ausst.-Kat. Viaggio in Italia. Künstler auf Reisen 1770–1880. Werke aus der Sammlung derStaatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Staatliche Kunst-halle Karlsruhe, 11. September – 28. November2010, Berlin-München 2010, S. 214.

71 Florian Illies im Auktionskatalog der Villa Grise-bach Berlin, Kunst des 19. Jahrhunderts, 25. No-vember 2015, Lot 153.

72 Irmgard Wirth, Berliner Malerei im 19. Jahrhundertvon der Zeit Friedrichs des Großen bis zum ErstenWeltkrieg, Berlin 1990, S. 61 und 67 und DomenicoRiccardi, Preußische Maler in der Landschaft vonOlevano, in: Italien in Preußen, Preußen in Italien,Schriften der Winckelmann-Gesellschaft, Bd. 25,hrsg. von Max Kunze, Stendal 2006, S. 146–152, S. 147.

73 Ausstellung von Werken des Professors Friedrich Preller (1804–1878),National-Galerie Berlin, Berlin1879, heute Privatsammlung, abgebildet bei Riccardi 2003, S. 185, Nr. 246.

74 Bremen Kunsthalle, Inv. Nr. 52/616, vgl. Riccardi2003, S. 184–185.

75 Wilhelm Waiblinger, Mein flüchtiges Glück, Tage-bücher, Briefe, Prosa, hrsg. von Wolfgang Hartwig,Berlin 1991, S. 484 und Kommentar, S. 584 undWilhelm Waiblinger, Werke und Briefe 1988, S. 278 f., 286, 310, 312, 316 ff., 327, 340, 391, 411 f.,417, 427 und 695.

76 Lorenza Rocchi, I Francesi a Olevano Romano,in: Artisti e scrittori europei a Roma e nel Lazio. Dal grand tour ai romantici, hrsg. von AngeloD’Alessandro, Rom 1984, S. 71–77.

77 Der Gouverneur von Gennazzano, Luigi Palaz-zetti, an den Monsignore Governatore di Roma,zitiert nach: Rocchi 1984, S. 71–77.

78 Vgl. zur Sozialgeschichte der Modelle in Rom im 19. Jahrhundert Ginevra Diletta Tonini Masella, In viaggio per il lavoro. Modelle dal contado a Romanell’Ottocento, in: Storia della Donne, Bd. 9, Flo-renz 2003, S. 117–134; Jorgen Birkedal Hartmann,Artisti d’oltralpe e modelli laziali, in: Strenna deiRomanisti, Bd. 38, Rom 1977, S. 183; Augusto Jandolo, Studi e modelli di via Margutta, Mailand1953.

79 Wilhelm Waiblinger, Skizze eines Wegweisersdurch die Umgebungen Roms …, in: WilhelmWaiblinger, Werke und Briefe 1988, S. 441.

80 Ludwig Tieck, Civitella (1806), in: Tiecks Werke,hrsg. von Gotthold Ludwig Klee, 1. Bd., Die Gedichte, Leipzig und Wien 1892.

81 Richter Lebenserinnerungen, S. 134–135.82 Wilhelm Waiblinger, Aus einem Tagebuche in

Olevano, in: Wilhelm Waiblinger, Werke undBriefe 1988, S. 390, S. 392, S. 417 und S. 444 f.

83 Wilhelm Waiblinger, Skizze eines Wegweisersdurch die Umgebungen Roms…, in: WilhelmWaiblinger, Werke und Briefe 1988, S. 440.

84 Zu den verschiedenen Familienmitgliedern der Baldis vgl. Friedrich Noack, Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters, 2 Bde.

Stuttgart-Berlin-Leipzig 1927, 2. Bd., S. 74, Giuseppe Baldi, Witwer von Francesca Rocchi,heiratete am 26. September 1813 Maria Costanza(Costantina) Antonelli, Gevatterin Rumohrs. AufGiuseppe B., gest. am 26. Dezember 1838, folgtesein Sohn Francesco, geb. am 30. Juli 1801, gest. 7. Oktober 1850, vermählt mit Margherita Pace.

85 Olevano, Parnaso dei Pittori. Serpentara e CasaBaldi, hrsg. von E.P.T. Roma Associazione Pro-Loco Olevano Romano, Tipografia Oliviero Marcelli, Cave 1983, S. 23.

86 Volker Reinhardt, Kardinal Scipione Borghese(1605–1633), Tübingen 1984, S. 55, 63 und Noack1927, Bd. 1, S. 74.

87 Aus: Ausst.-Kat. „… Ein Land der Verheissung“ Julius Schnorr von Carolsfeld zeichnet Italien, hrsg.von Petra Kuhlmann-Hodick und Kupferstich-Kabinett Dresden, Haus der Kunst München 31. Mai – 6. August 2000, Kupferstich-KabinettDresden, Albertinum, 28. Januar – 1. April 2001,Köln 2000, S. 173.

88 Aus: Ausst.-Kat. Franz Theobald Horny, Ein Roman-tiker im Lichte Italiens, hrsg. von Hannah Pohl,Kunstsammlungen zu Weimar 11. Oktober –29. November 1998, Hamburger Kunsthalle 11. Dezember 1998 – 14. Februar 1999, Berlin 1998,Kat. Nr. 24 und 25.

89 Horny an die Mutter, Rom 2 Tage nach St. Peterund Paul, zitiert nach: Der Maler Franz Horny.Briefe und Zeugnisse, hrsg. von Ernst LudwigSchellenberg, Berlin o. J. (1925), S. 69.

90 Vgl. den Brief Hornys an seine Mutter, Olevanoim Juni 1819, Schellenberg (1925), S. 107–122.

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91 Die Sammlung Rückert. Handzeichnungen, Gemälde. Ein Beispiel zur Entstehung einer Samm-lung und zum Kunstverständnis des 19. Jahrhun-derts, hrsg. von Erich Schneider und GabrieleHeitsch, Städtische Sammlungen Schweinfurt,Schweinfurt 1988, S. 32.

92 Julius Schnorr von Carolsfeld zitiert nach: Ausst.-Kat. „… Ein Land der Verheissung“ Julius Schnorrvon Carolsfeld zeichnet Italien Köln 2000, S. 230.

93 Die Grabinschrift lautet: Qui giace / FrancescoTheobaldo Horny / nato in Weimar di Sassonia li 23 di novembre 1798 / morto in Olevano li 23 giugno 1824 / lontano dai suoi / carissimo aquelle anime generose fralle quali / nel fiore dellaetà sua /dolcemente spirò // Sia pace alla animasua, vgl. auch Schellenberg (1925), S. 14–17.

94 Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Basel1970, Bd. 119–122, S. 105.

95 Jaffé 1907, S. 197 und Hyacinth Holland, Anton Kraus, in: Allgemeine Deutsche Bio-graphie 17 (1883), S. 66 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd136438148.html?anchor=adb (Mai 2016).

96 „Der Friedhof in Olevano birgt die irdische Hülledes unvergesslichen, liebenswürdigen KünstlersOtto Brand, eines Berliner Kindes. Brand, derbald nach mir nach Rom gekommen war, und imSommer 1892 in Olevano gestorben ist, war eingroßer Künstler.“ Joseph von Kopf, Lebenserinne-rungen eines Bildhauers, Stuttgart 1899, S. 89.

97 Wilhelm Waiblinger, Aus einem Tagebuche in Olevano, in: Wilhelm Waiblinger, Werke undBriefe, 1988, S. 293 und 317.

98 Ingeborg Magnussen, Des Malers Wilhelm Ahlhorn Lebensschicksale von ihm selbst erzählt,Vechta (Oldenburg) 1935, S. 133 ff. und AugustKestner und seine Zeit, 1777–1853. Das glücklicheLeben des Diplomaten, Kunstsammlers und Mäzensin Hannover und Rom. Aus Briefen und Tage -büchern zusammengestellt von Marie Jorns, Hannover 1964, S. 233–234.

99 Ein Brief A. Kestners und anderer römischer Freundean Friedrich Preller aus Olevano, mitgetheilt vonFritz Schöll, in: Goethe-Jahrbuch, hrsg. von L. Geiger,24. Jg., Frankfurt am Main 1903, S. 107–110.

100 Noack 1927, 1. Bd., S. 482–483 und Wolf C. Ludwig Stein, Pellegrinaggi d’arte, La Serpentara,in: La Tribuna, Rom, 18. Februar 1922.

101 Freifrau von Bunsen, Ein Lebensbild, aus ihren Briefen zusammengestellt von Augustus J. C. Hare,Deutsche Ausgabe von Hans Charau, 2 Bde.,Gotha 1881, Bd. 1, S. 258–261.

102 Sigmund Münz, Aus dem modernen Italien. Stu-dien, Skizzen und Briefe, Frankfurt am Main 1889,S. 219–226.

103 Erstmals publiziert in der Sammlung der Studen-ten- und Trinklieder „Gaudeamus“, die in einervon Anton von Werner illustrierten Ausgabe1869 erschienen, vgl. Joseph Viktor von Scheffel.Kritische Ausgabe in 4 Bänden, Leipzig-Wien 1917,1. Bd., S. 84–90.

104 Wie oben.105 Wie oben.106 Joseph von Kopf, Lebenserinnerungen eines Bild -

hauers, Stuttgart 1899, S. 89–90.

107 Karl du Prel, Eine deutsche Malerherberge im Sabinergebirge, in: Die Gartenlaube, Leipzig 1874,Heft 10, S. 165–168.

108 Noack 1912, S. 237.109 Albert Zacher, Was die Campagna erzählt, (Zwei-

ter Teil), Albanergebirge – Lateinische Küste –Sabinergebirge, Frankfurt am Main 1903, S. 332.

110 Ferdinand Gregorovius, Römische Tagebücher,München 1991, im Kapitel: Römische Tagebücher1852–1874, S. 67.

111 Ferdinand Gregorovius. Wanderjahre in Italien,Köln 1953, S. 175 und S. 230–231.

112 Ferdinand Gregorovius, Römische Tagebücher,München 1991, Kapitel: Das Nachrömische Tage-buch 1875–1889, S. 402.

113 Carl Justi, Briefe aus Italien, Bonn 1925, S. 13.114 Augustus J. C. Hare, Days near Rome, London

1875, Bd. 1, S. 282.115 Augustus J. C. Hare, Days near Rome, London

1875, Bd. 1, S. 290.116 Noack 1900, S. 51–56.117 Darmstadt, G.G. Lange, 1839.118 Noack 1900, S. 51–56, nennt u.a. die Portraits von

Friedrich Preller d. J., seinem Freund Ernst Hemken,des Darmstädters August Lucas, von Heinrich Hof-mann, August Noack und des Gothaers RichardFreitag aus den 50er Jahren; aus den 60er Jahren diePortraits des Stuttgarters G. Kloss, des Deutsch-russen R. von Deutsch und Alfred Metzener; ausden 70er Jahren sind Zeichnungen von AlbertFranz Venus, ein Selbstportrait von Albert Hertel,

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von H. Knackfuss, H. Meyer, Wilhelm Rosenstand,Hermione von Preuschen und von L. Dawison vor-handen. 1875 hat Christian Klaus launige Darstel-lungen und Karikaturen hinzugefügt, weiterhinfanden sich mehrere Stiche von Friedrich Prellerd. J. von 1872. Namenseinträge stammen u.a. vonFranz Dreber um 1850, E. Rietschel und Schievel-bein 1856, H. Hasselhorst 1860, Adolf Kiessling1862, Anselm Feuerbach, Reinhold Begas, Her-mann Ende, Gustav Sprangenberg, HermannSchlösser, Ludwig Knaus 1863; Rudolf Schick,Nath. Sichel, Ludwig Seitz, Corrodi, Joseph Kopf1865, Hugo Oehmichen, Theodor Grosse 1866, vondem Berliner Bildhauer Schaper, Eduard Hübner,Karl Begas und Ludwig Pietsch 1873–1875.

119 Diese Bücher waren vergleichbar mit der „Samm-lung von Bildnissen deutscher Künstler in Rom“,gestiftet 1832 und geführt von der Ponte MolleGesellschaft in Rom. Das Album, welches an dieabgereisten Künstler erinnern sollte, wurde unterder Obhut von Johann Martin von Wagner in der„Bibliothek der Deutschen Künstler“ in der VillaMalta in Rom aufbewahrt. Später kam das Albummit dem Nachlass des Deutschen Künstlervereinsin den Besitz der Bibliotheca Hertziana, die es2013 als Dauerleihgabe an die Casa di Goethe(beide Rom) gegeben hat, vgl. Ausst.-Kat. Porträtsdeutscher Künstler in Rom zur Zeit der Romantik,mit Texten von Beate Schroedter, Winckelmann-Museum 17. März – 25. Mai 2008, hrsg. von MaxKunze im Auftrag der Winckelmann-Gesellschaft,Ruhpolding und Mainz 2008.

120 Noack 1927, 2. Bd., S. 631. Ein Karl Wedekind war Mäzen und Sammler von Werken Arnold

Böcklins, vgl. Christoph Heilmann, ‚In uns selbst liegt Italien‘ – Die Kunst der Deutsch-Römer,München 1987, S. 120, 178, 234 f. und 384.

121 Noack 1900, S. 45 ff. 122 Jaffé 1907, S. 20.123 Jaffé 1907, S. 20.124 Jaffé 1907, S. 205–208.125 Noack 1900, S. 46.126 Adolf Friedrich Graf von Schack, Ein halbes Jahr-

hundert. Erinnerungen und Aufzeichnungen in dreiBänden, 2 Bde. Stuttgart Leipzig Berlin Wien,18892, 1. Bd., S. 84.

127 Arishima Mibuma (eigentl. Arishima Ikuma)(1882–1974) hatte in Tokyo Italianistik studiertbevor er sich der Kunst zuwandte. In Rom lernteer unter anderen den Schweizer Künstler Wil-fried Buchmann kennen, der ihn, wie aus Briefenin die Schweiz hervorgeht, in Olevano besuchenwollte, vgl. René Specht, Arishima Takeo undArishima Ikuma und ihre Schweizer Künstler-freunde, in: Asiatische Studien. Zeitschrift derSchweizerischen Asiengesellschaft, Bd. 55 (2001)Heft 1. Die Schweiz in der modernen japanischenLiteratur, S. 37–50. S. 43.

128 Carli Sohn Rethel, der sich später den Ischia-Malern anschloss, war 1906–1911 als Stipendiat in der Villa Strohl-Fern in Rom und hatte wohl mit seiner Familie einen Ausflug nach Olevanogemacht.

129 Daniela Rizzi, Olga Signorelli nella storia culturaleitaliana della prima metà del novecento, in: ArchivioRusso-Italiano VI., Olga Signorelli e la cultura del suo

tempo, hrsg. von Elda Garetto und Daniela Rizzi,Salerno 2010, S. 31.

130 Kathleen Coburn, In pursuit of Coleridge, Toronto1977: “[…] some irises growing in the unweededgarden, warned me to beware of the donkey’shind legs, and intimated where I should stay if Iwere spending the night in Olevano — at the Al-bergo Tulli, not di Roma. Tulli would be cheaperand better. As I passed the door of Albergo Tulli Iwished I were staying there and vowed to go backto that splendid landscape, where the villagesperch, as Coleridge said, like eagles’ nest andwhere the vino (Coleridge twice noted it down) –Vino rossi di Affile (Affile is only a few miles fromOlevano) — is superb.” Vgl. auch GiuseppeOrioli, Moving Along: Just a Diary. The journal of a walking tour through southern Italy, London1934: “We put up at Tulli’s inn. He at once mo bi -lized his wife and five daughters to arrange bed -rooms for us and some food; sending one ofthem to the chemist to buy a certain […] Onemust be at Olevano in the evening before dusk in order to see that interminable procession ofmules and donkeys coming in from their field-work down below, with the rider half buried between two huge bundles […].” S. 235. “Then to bed at the Albergo Posta […]. Next day, atOlevano, Tulli gave us an excellent lunch: chickensstewed together with sweet Peppers and toma-toes what they call peperonata alla romana hereabouts. We spent the time wandering aboutOlevano and climbing up, in the late afternoon,to the Serpentara, a piece of woodland which be-longs to some […]” S. 242. Auch der FlorentinerBuchhändler Giuseppe „Pino“ Orioli (1884–1942)

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erwähnte die Pension Tulli in den Aufzeichnun-gen über seine Reisen in Süditalien.

131 Pretesti di Viaggio, A Olevano e a Bellegra, in: Il Giornale d’Italia, 28.–29. April 1967.

132 Coriolano Belloni, La Villa dei Murphy in OlevanoRomano, in: L’Urbe. N.S., Bd. 39, 1976, S. 72–74 und Augusto Setti, Villa Murphy, in: Illustrazioneitaliana, 21. Juni 1861, S. 387.

133 Marco Pasi, Teosofia e antroposofia nell’Italia del primo Novecento, in: Storia d’Italia. Annali 25. Esoterismo, hrsg. von Gian Mario Cazzaniga, Torino 2010, S. 569–598.

134 Zum Raubüberfall vgl. Anton von Werner, Jugend -erinnerungen (1843–1870), hrsg. von Dominik Bart-mann, komm. von Karin Schrader, Berlin 1994, S. 239. Murphy wird auch erwähnt in: Anton vonWerner, Capri, Aus meinem italienischen Skizzen-buch (Schluss), in: Die Gegenwart, Wochenschriftfür Literatur, Kunst und öffentliches Leben, hrsg.von Theophil Zolling, Bd. 53, Ausgabe 1–26, Berlin1898, S. 165–167.

135 Wilhelm Waiblinger, Aus einem Tagebuche in Olevano, in: Werke und Briefe 1988, S. 275–277.

136 Die Briefe Kanoldts, die Adressatenlisten undderen Antworten sind im Archiv der Akademieder Künste in Berlin verwahrt, vgl. z.B. die Briefevon Karl Schuch aus Olevano vom 4., 11., und 17. Juni 1874, in: Archiv der Akademie der Künstein Berlin , im Folgenden: Pr AdK, 1/294, fol. 47–53.

137 Zitiert nach Jaffé 1907, S. 181–182.138 Aus: Ausst.-Kat. Viaggio in Italia. Künstler auf

Reisen 1770–1880. Werke aus der Sammlung der

Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Staatliche Kunst-halle Karlsruhe, 11. September – 28. November2010, Berlin-München 2010, S. 248 und 255.

139 Karl du Prel, Eine deutsche Malerherberge im Sabinergebirge, in: Die Gartenlaube, Leipzig 1874,Heft 10, S. 165–168; E. Fischer, Unter deutsche Eichen in Italien, in: Velhagen & Klasings Monats-hefte, 1897/98, S. 317–322 und Jaffé 1907, S. 181.

140 Allgemeines Künstlerlexikon Saur, s. v. HeinrichGerhardt und Schedarium Friedrich Noack, Bibliotheca Hertziana.

141 Zur Gründung des Künstlervereins, vgl. Noack1907, S. 211, 265; Otto Harnack, Der DeutscheKünstlerverein zu Rom in seinem fünfzigjährigen Bestehen,Weimar 1895; Jahresberichte, DeutscherKünstlerverein Rom, Bericht über das Vereinsjahr,Rom, Pallotta 1891–1912, Peter Springer, Societàamatori e cultori di belle arti, in: Vom realen Nutzenidealer Bilder, hrsg. von Peter Gerlach, Aachen1994, S. 75–90 und Ludwig Pollack, Römische Memoiren. Künstler, Kunstliebhaber und Gelehrte,1893–1943, hrsg. von Margarete Merkel Guldan,Rom 1994.

142 Pollack 1994, S. 61–62.143 L’Effigie dell’Imperatore Guglielmo II alla „Serpen-

tara“ di Olevano Romano, Militärmarsch, Klavier-auszug komponiert von Achille Strani, [s. l.], G. Spellani, Partitur, Biblioteca und Archivio musicale dell’Accademia nazionale di S. Cecilia,Rom, Fondo accademico B 30/79.

144 Hermann Sudermann, Zur Enthüllung des Scheffel-Denkmals. Festrede gehalten zu Olevano in den Sabinerbergen am 1. Mai 1897, in: Cosmopolis. An

International Monthly Review, hrsg. von F[ernand]Ortmans [Baron de Sénéchal]. Bd. 10, 1898, S. 259–264. Vgl. auch die ausführliche Schilderungder Feierlichkeiten bei Zacher 1903, S. 330–340.

145 Undatierter Brief von Gerhardt (1903?) in dem errückblickend von seinen Plänen berichtet. Angeb-lich machte man sich Sorgen, daß bei einem er-hofften Besuch des Kronprinzen und des Kaisersin der Serpentara (Jahr?) diese keinen Schutz bei einem Unwetter finden würden, PrAdK 731, fol. 71–71a.

146 Piero Becchetti, La fotografia a Roma dalle originial 1915, Rom 1983, S. 304.

147 E. Fischer, Unter deutsche Eichen in Italien, in: Velhagen & Klasings Monatshefte, 1897/98, S. 317–322, S. 322.

148 Jaffé 1907, S. 185–186.149 Jaffé 1907, S. 20. 150 Zur deutschen Waldliebe und Baumverehrung

sei die Lektüre von Thea Dorn und Richard Wagner, Die deutsche Seele, München 2011, undhier insbesondere die Kapitel „Bruder Baum“ und„Waldeinsamkeit“ empfohlen.

151 Jaffé 1907, S. 191–192.152 Das ungelöste Welträtsel, Frida von Uslar-Gleichen

und Ernst Haeckel. Briefe und Tagebücher 1900–1903, hrsg. von Norbert Elsner, Göttingen 2000, S. 313.

153 Wikimedia Commons: Vgl. auch Silvia Paoli undAlessandro Oldani, Il fondo von Gloeden-Plüschowconservato al Civico archivio fotografico di Milano,in: Wilhelm von Gloeden. Fotografie, nudi, paesaggi,

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scene di genere, hrsg. von Monica Maffioli, SilviaPaoli und Alessandro Oldani, Mailand 2008.

154 Brief von Edmundt Kanold an die Hohe Kaiser -liche Botschaft zu Rom, 30. November 1897, Pr AdK 1/294, fol. 5–8 und die Eingabe von Wil-helm Klose, Pr AdK, 1/294, fol. 9.

155 Brief der Akademie der Künste vom 15. März 1935an Alexander Kanoldt, den Sohn Edmund Kanoldtsmit der Bitte nach der Adresse von Reinhold Frei-herr von Lichtenberg.

156 Brief von Amersdorffer an Max Neumann vom 19. Dezember 1935, in: Pr AdK 1264, fol. 42–44a.

157 Brief von Schmitz an Amersdorffer vom 28. Au-gust 1938, in: Pr AdK 1/284, fol. 60.

158 Salvatore Settis, Paessaggio, Costituzione cemento.La battaglia per l’ambiente contro il degrado civile,Torino 2012.

159 Noack 1927, Bd. 1, S. 610 und Beglaubigte Abschriftdes Testaments des Professors Heinrich Gerhardt undden dazu gehörigen Verhandlungen, Pr AdK, 1263, fol. 177. Ein Brief von Ludwig Justi vom 11. Juli 1906bestärkte die Akademie in dem Plan, die Schen-kung anzunehmen, vgl. Pr AdK, 731, fol. 142–145.

160 Pr AdK, 0732, fol. 292–293.161 Pr AdK, 1263, fol. 124. Bericht des in Rom ansäs -

sigen Architekten Wilhelm Steinhausen, der dieAkademie vor Ort vertrat, über den baulichenZustand des Sommerstudienhauses, 13. März1926 und Korrespondenz mit Marta CharlotteSteinbart, München, 1936, Pr AdK 1264, fol. 1–9,12–15 und 22–30.

162 Filippo De Pisis, Passeggiate nel Lazio, hrsg. vonBona De Pisis und Sandro Zanotto, Rom 1993. De Pisis war auch befreundet mit Alberto Neppi,dessen Bibliothek mit 20.000 Bänden heute imCastello Colonna in Olevano Romano aufbe-wahrt wird.

163 Die Sammlung Sofie und Emanuel Fohn, hrsg. vonCarla Schulz-Hoffmann mit Beiträgen von HansMichael Herzog u.a., Künstler und Werke, Nr. 11,Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Mün-chen 1990.

164 Nicolo F. Mancuso, Visita alla casa-studio di rueServandoni, presso Saint-Sulpice, in: L’Ora, Palermo,9. November 1934 und Filippo De Pisis, Lettere diDe Pisis 1924–1952, hrsg. von Demetrio Bouglia,Lerici 1966, S. 45–46.

165 Pr AdK 1264, fol. 82.166 Pr AdK 1264, fol. 44, 48–59, 61–64, 70–72, 77,

81–85, 89 f., 91–93, 108, 118, 124 und 141 f.167 Brief von Amersdorffer an Max Neumann vom

19. Dezember 1935, in: Pr AdK 1264, fol. 42–44a.168 Aus: Die Sammlung Sofie und Emanuel Fohn 1990.169 Emanuel Fohn, Mostra di pittori dell’800 a Olevano

romano, organizzatore pittore Emanuele Fohn, o. O.(Rom?), Tipografia F. Centenari, 1936.

170 Heute mit dem Nachlass des Deutschen Künstler -vereins im Besitz der Bibliotheca Hertziana alsDauerleihgabe in der Casa di Goethe, Rom, vgl.auch Ausst.-Kat. Porträts deutscher Künstler in Romzur Zeit der Romantik, mit Texten von BeateSchroedter, Winckelmann-Museum 17. März –25. Mai 2008, hrsg. von Max Kunze im Auftrag

der Winckelmann-Gesellschaft, Ruhpolding undMainz 2008.

171 Alois Hudal, Die deutsche Kulturarbeit in Italien, in: Deutschtum und Ausland, Bde. 55–58, Münster1934, S. 268.

172 Bernhard Degenhart, “Mostra di pittori dell’800 aOlevano Romano” im Museo di Roma, in: Zeitschriftfür Kunstgeschichte, Bd. 5, Heft 2/3 (1936), S. 150–158.

173 Kurt Gerstenberg, Die Wandgemälde der deut-schen Romantiker im Casino Massimo zu Rom, (Jahresgabe des Deutschen Vereines für Kunst-wissenschaft) Deutscher Verein für Kunstwissen-schaft, Berlin 1934 und Leo Bruhns, Kaiser Wilhelm-Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft Biblio-theca Hertziana in Rom, in: 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Gesellschaft: Zur Förderung der Wissenschaften, 3. Band, Die Geisteswissenschaften, hrsg. von MaxPlanck, Berlin 1937, S. 4.

174 Die Sammlung Sofie und Emanuel Fohn 1990, S. 21. 175 Die Sammlung Sofie und Emanuel Fohn 1990, S. 21.176 Wille und Macht, hrsg. von Baldur von Schirach,

Band 8, Ausgaben 13–24, 1940, S. 188. Später sollten Fohns über ihre Kontakte zu Ziegler ihreSammlung von Werken der Deutschen Roman -tiker gegen einige der aus Deutschen Museen beschlagnahmten und zum stillschweigendenVerkauf ins Ausland in Sammelstellen nach Berlinverbrachten Werke „entarteter“ Kunst eintau-schen und damit durch den Krieg bringen. Sietauschten 25 Gemälde deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts gegen 30 Gemälde, 220 Zeich-nungen, Aquarelle und Gouachen und 120 druck-

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grafische und 10 Mappenwerke der „entarteten“Kunst, vgl. Annegret Janda, Werke von JosephAnton Koch im Tausch gegen „entartete“ Kunst. Ausder Geschichte der Nationalgalerie, in: Ausst.-Kat.Asmus Jacob Carstens und Joseph Anton Koch. ZweiZeitgenossen der französischen Revolution,National-galerie, Staatliche Museen zu Berlin (Ost), 14. De-zember 1989 – 25. Februar 1990, S. 16–19.

177 Wolfgang Schieder, Werner Hoppenstedt in der Bibliotheca Hertziana, Perversion von Kulturwissen-schaft im Nationalsozialismus (1933–1945), in: 100Jahre Bibliotheca Hertziana Max-Planck-Institut fürKunstgeschichte, 2 Bde., München 2013, Bd. 1, DieGeschichte des Instituts 1913–2013, hrsg. von SybilleEbert-Schifferer unter Mitarbeit von Marieke vonBernstorff, S. 90–115 und 109.

178 Schieder 2013, S. 110 und Anm. 177–178.179 Vgl. die Erinnerungstafel beim Monumento ai

Caduti in Olevano Romano, und die Seite des offiziellen Internetportals der Stadt Olevano Romano: http://www.comune.olevanoromano.rm.it/pagina.asp?id=935 (Mai 2016).

180 Maddalena Guiotto, Italia e Germania occidentalenel Dopoguerra, in: Italia – Germania. Deutschland –Italien 1948–1958. Riavvicinamenti – Wiederannähe-rungen, mit Beiträgen von Maddalena Guiotti undJohannes Lill, Villa Vigoni Studi Italo-tedeschi 6,Florenz 1997, S. 73–83.

181 Zur Rückgabe der Akademien und Künstlerhäuservgl. Joachmin Blüher und Angela Windholz, ‚Zurück in Arkadien!‘ Der kalte Krieg um die VillaMassimo und ihre Übergabe an die BundesrepublikDeutschland im Jahr 1956, in: Deutsche Forschungs-

und Kulturinstitute in Rom in der Nachkriegszeit,hrsg. von Michael Matheus, Deutsche Bibliothekdes Deutschen Historischen Instituts in Rom, 112,Tübingen 2006, S. 193–210, hier S. 197–199.

182 Tatsächlich wurde die Casa Baldi zunächst denLandesverbänden Bildender Künstler übereignet,vgl. Italien gibt die Villen in Olevano zurück, in:Weltkunst, Jg. 24, Nr. 15, 1954, S. 8.

183 Il Presidente Heuss a Palestrina e Olevano, Zeitungs-ausschnitt, November 1957, in: Archiv Villa Massimo.

184 Uwe Friesel, ,Olevano – graue Raupe aus Stein‘. EinWallfahrtsort deutscher Künstler im Süden Roms, in: Kritische Berichte,Mitteilungsorgan des UlmerVereins, Bd. 9, Nr. 4/5, Ulm 1981, S. 63–66.

185 Olevano, Parnaso dei Pittori. Serpentara e CasaBaldi, hrsg. von E.P.T. Roma Associazione Pro-LocoOlevano Romano, Tipografia Oliviero Marcelli,Cave 1983, S. 37.

186 Joseph Schmitz van Vorst, Rückkehr nach Olevano,in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. August 1960.

187 Joseph Schmitz van Vorst, Rückkehr nach Olevano,in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. August 1960.

188 Ausst.-Kat. Mostra di artisti dell’Ottocento ad Olevano Romano. Dipinti, disegni, incisioni, hrsg.von Amici di Olevano e sotto gli auspici del comune di Roma e dell’Ente Provinciale per il Turismo). Museo di Roma, Palazzo Braschi, Juli1954, Rom, Ente Provinciale per il Turismo, 1954(Tip. U. Quintily). Das Museum in Olevano sollteerst 1983 in dem neuen Gebäude der Grund-schule eingeweiht werden, vgl. Coriolano Belloni,

Il Museo di Olevano Romano, in: L’Urbe, Jg. 47, N.S.,Nr. 5, 1984, S. 196–199.

189 Vgl. Joseph Schmitz van Vorst, Rückkehr nach Olevano, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. August 1960.

190 Herbert Freiherr von Buttlar, Generalsekretär derAkademie der Künste, Berlin (West), seit Februar1956.

191 Auf Wellen und Wegen. Ein Törn durch die Zeit. CarlHeinz Kliemann, Skizzen aus Zeichenblöcken. HelgaKliemann, Tagebuchnotizen 1940–1995, Berlin –München 2008, Tagebuch vom 15. August 1962, S. 76.

192 Auf Wellen und Wegen 2008, S. 77. 193 Auf Wellen und Wegen 2008, S. 96.194 Auf Wellen und Wegen 2008, S. 105–106.195 Auf Wellen und Wegen 2008, S. 106.196 Die vollständige Transkription der Sendung

in: Anna Zanoli, Io e … Pasolini e “La forma dellacittà”. Memoria e ricerca intorno a una trasmissionetelevisiva, in: Paragone Arte, Nr. 95, Januar 2011, S. 8–44.

197 Hermann Peter Piwitt, Notizen aus Latium, in:Frankfurter Rundschau, 12. Juli 1975 und Uwe Friesel, ,Olevano – graue Raupe aus Stein‘. Ein Wallfahrtsort deutscher Künstler im Süden Roms, in: Kritische Berichte, Mitteilungsorgan des UlmerVereins, Bd. 9, Nr. 4/5, Ulm 1981, S. 63–66.

198 Die Casa Baldi sollte erst im Anschluss an die großen Renovierungsarbeiten der Villa Massimo1980 renoviert und für zwei Studiengäste aus -

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gebaut werden, vgl. Das Kunstwerk, Bd. 32, 1979:„Auf Vorschlag von Bundesminister [des Innern]Gerhart Baum, der bei Wiedereröffnung derDeutschen Akademie nach der Restaurierungauch nach Olevano fuhr [Oktober 1978], wird derBund die verfallene Casa Baldi restaurieren undals ständige Wohn- und Arbeitsstätte für zweiweitere Studiengäste ausbauen.“ Zum Besuchdes Ministers des Innern vgl. auch Bundesarchiv,BArch, B 106/59166 und Uwe Friesel, ,Olevano –graue Raupe aus Stein‘. Ein Wallfahrtsort deutscherKünstler im Süden Roms, in: Kritische Berichte, Mit-teilungsorgan des Ulmer Vereins, Bd. 9, Nr. 4/5,Ulm 1981, S. 63–66.

199 Rolf Dieter Brinkmann, Rom, Blicke, Reinbek beiHamburg 1979, S. 370, 373, 374, 375 und 393.

200 Die Zeilen stammen aus dem sehr viel längerenGedicht Canelloni in Olevano von Rolf DieterBrinkmann. in: Westwärts 1 & 2. Gedichte, Ham-burg 1975, S. 91–94; vgl. auch Rolf Dieter Brink-mann. Seine Gedichte in Einzelinterpretationen,hrsg. von Jan Röhnert und Gunter Geduld, Berlin2012.

201 Vgl. Niklas Maak, Moderner Kirchenbau. Die Kunstdes Glaubens, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,25. Dezember 2008.

202 Jan Wagner, Die Sandale des Propheten. BeiläufigeProsa, Berlin 2011, Kap. Notizen vom Punkt jen-seits der Karte, S. 227–228.