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Oxidkeramik – ein Werkstoff für extreme Anforderungen Dipl.-Ing. Alexander Heitmann, FRIATEC Aktiengesellschaft, Mannheim Nach einem allgemeinen Ausblick werden Werkstoffeigenschaften aufgezeigt, die in wesentlichem Umfang Einfluss auf die Konstruktion von Bauteilen aus Keramik nehmen. Fertigungsverfahren und deren Bedeutung für die Gestaltung werden beschrieben. Anhand einiger Anwendungsbei- spiele werden die Einsatzmöglichkeiten in den unterschiedlichen Bereichen der Technik aufge- zeigt. Anforderungen, die an Maschinenbauteile, Sondermaschinen und Serienartikel gestellt werden, steigen mit der Entwicklung technologischer Konzepte ständig. Wenn Optimierungspotenziale der Gestaltung und Konstruktion erschöpft sind, wird im Gebiet der unterschiedlichen Werkstoffeigen- schaften geforscht. Bei neuen Anwendungen werden verstärkt Keramiken eingesetzt, da diese Werkstoffe ein außergewöhnliches Eigenschaftsprofil besitzen. Häufig ermöglichen diese Eigen- schaften erst ein Konzept, das beispielsweise mit metallischen Komponenten nicht zu realisieren wäre. Die Oxidkeramik nimmt in diesen Fällen einen entscheidenden Einfluss auf die Ausführung der Konstruktion. Die in der Tabelle aufgeführten physikalischen Werkstoffdaten sind richtig zu interpretieren, damit die optimale Lösung für das entsprechende Problem gefunden wird. Die Verbindungstechnik zu den meist metallischen Komponenten einer Anlage stellt gelegentlich hohe Anforderungen an die Konstruktion. Unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten von Metall und Keramik sowie die mit der hohen Härte verbundene Sprödigkeit der Keramiken sind in die Überlegungen über die Ausführung einzubeziehen. Werkstoffeigenschaften von Oxidkeramik (Aluminiumoxid) Die herausragenden Eigenschaften der Hochleistungskeramiken, hier am Beispiel der Oxidkera- miken, sind: Verschleißfestigkeit – mechanisch hochbeanspruchte Lager laufen beispielsweise in Chemie- pumpen ausschließlich vom Medium geschmiert. Außerordentliche Härte – als Einkristall wird Aluminiumoxid mit Saphir bezeichnet, dessen Härte sich nur unwesentlich von Diamant unterscheidet. Gleitverhalten – auch ohne Fettschmierung werden hervorragende Reibwerte beispielsweise bei Hochdruckkolben erreicht. Niedrige Dichte – bei Ventilkugeln kann das geringere Gewicht im Vergleich zu einer entspre- chenden Metallkugel von entscheidender Bedeutung für die Leistung sein. Korrosionsbeständigkeit – Apparate- und Anlagenbau erfordern in der Regel äußerst korrosi- onsbeständige Werkstoffe. Hochtemperaturfestigkeit – eröffnet dem Werkstoff ein weites Feld im Ofenbau, als Tiegelma- terial sowie in der Temperaturmesstechnik. Elektrische Eigenschaften – bei hochvakuumdichten elektrischen Durchführungen, Schutzroh- ren für Thermoelemente und Chip-Trägern werden die elektrischen Isolationseigenschaften genutzt.

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Page 1: Oxidkeramik – ein Werkstoff für extreme Anforderung en ... · aus Keramik ausgeführt, wodurch jeder metallische Kontakt mit dem Mahlgut verhindert wird Oxidkeramik – ein Werkstoff

Oxidkeramik – ein Werkstoff für extreme Anforderung enDipl.-Ing. Alexander Heitmann, FRIATEC Aktiengesellschaft, Mannheim

Nach einem allgemeinen Ausblick werden Werkstoffeigenschaften aufgezeigt, die in wesentlichemUmfang Einfluss auf die Konstruktion von Bauteilen aus Keramik nehmen. Fertigungsverfahrenund deren Bedeutung für die Gestaltung werden beschrieben. Anhand einiger Anwendungsbei-spiele werden die Einsatzmöglichkeiten in den unterschiedlichen Bereichen der Technik aufge-zeigt.

Anforderungen, die an Maschinenbauteile, Sondermaschinen und Serienartikel gestellt werden,steigen mit der Entwicklung technologischer Konzepte ständig. Wenn Optimierungspotenziale derGestaltung und Konstruktion erschöpft sind, wird im Gebiet der unterschiedlichen Werkstoffeigen-schaften geforscht. Bei neuen Anwendungen werden verstärkt Keramiken eingesetzt, da dieseWerkstoffe ein außergewöhnliches Eigenschaftsprofil besitzen. Häufig ermöglichen diese Eigen-schaften erst ein Konzept, das beispielsweise mit metallischen Komponenten nicht zu realisierenwäre. Die Oxidkeramik nimmt in diesen Fällen einen entscheidenden Einfluss auf die Ausführungder Konstruktion. Die in der Tabelle aufgeführten physikalischen Werkstoffdaten sind richtig zuinterpretieren, damit die optimale Lösung für das entsprechende Problem gefunden wird.

Die Verbindungstechnik zu den meist metallischen Komponenten einer Anlage stellt gelegentlichhohe Anforderungen an die Konstruktion. Unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten vonMetall und Keramik sowie die mit der hohen Härte verbundene Sprödigkeit der Keramiken sind indie Überlegungen über die Ausführung einzubeziehen.

Werkstoffeigenschaften von Oxidkeramik (Aluminiumox id)

Die herausragenden Eigenschaften der Hochleistungskeramiken, hier am Beispiel der Oxidkera-miken, sind:� Verschleißfestigkeit – mechanisch hochbeanspruchte Lager laufen beispielsweise in Chemie-

pumpen ausschließlich vom Medium geschmiert.� Außerordentliche Härte – als Einkristall wird Aluminiumoxid mit Saphir bezeichnet, dessenHärte sich nur unwesentlich von Diamant unterscheidet.� Gleitverhalten – auch ohne Fettschmierung werden hervorragende Reibwerte beispielsweisebei Hochdruckkolben erreicht.� Niedrige Dichte – bei Ventilkugeln kann das geringere Gewicht im Vergleich zu einer entspre-chenden Metallkugel von entscheidender Bedeutung für die Leistung sein.� Korrosionsbeständigkeit – Apparate- und Anlagenbau erfordern in der Regel äußerst korrosi-onsbeständige Werkstoffe.� Hochtemperaturfestigkeit – eröffnet dem Werkstoff ein weites Feld im Ofenbau, als Tiegelma-terial sowie in der Temperaturmesstechnik.� Elektrische Eigenschaften – bei hochvakuumdichten elektrischen Durchführungen, Schutzroh-ren für Thermoelemente und Chip-Trägern werden die elektrischen Isolationseigenschaftengenutzt.

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Diese Eigenschaften stehen einem erhöhten Preisniveau und der Notwendigkeit der konstruktivenAnpassung gegenüber. Auf die Kombination der Eigenschaften eines Werkstoffs kommt es an.Ein erfolgreicher Einsatz dieses vergleichsweise teuren Werkstoffs gelingt in der Regel nur beieinem vielschichtigen Anforderungsprofil. Die Anwendung muss mehrere herausragende Eigen-schaften der Keramik voraussetzen, wodurch das Angebot alternativer Werkstoffe eingeschränktwird. Gute Gleiteigenschaften, Abriebfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit sind beispielsweisebei Pumpenlagerungen in der chemischen Industrie erforderlich. Es gibt preiswerte Werkstoffe,die gute Gleiteigenschaften zeigen. Es gibt auch billige Materialien, die ausreichend korrosionsbe-ständig sind. Wenige jedoch vereinen, wie in diesem Beispiel erforderlich, hervorragende Korrosi-onsbeständigkeit mit sehr guten Gleiteigenschaften, und das auch noch bei hohen Temperaturen.Und wenn die Verbindung auch noch elektrisch isolieren soll, geht kein Weg mehr an einem Ke-ramikbauteil vorbei.

Konstruktion

Maschinenelemente aus Keramik unterscheiden sich in Form und Auslegung meist von dem ent-sprechenden Teil aus Metall. Der akribische Nachbau einer Holzbrücke aus dem Werkstoff Betonwürde den werkstoffspezifischen Eigenschaften ebenso wenig Rechnung tragen, wie die schlichteKopie eines Metallteils aus Keramik. Die Konstruktion berücksichtigt den Werkstoff schon immerin erheblichem Maße und so ist es auch bei den keramischen Werkstoffen. Da die Auslegung vonkeramikgerechten Konstruktionen für Anwender häufig Neuland bedeutet, berät der Keramikher-steller bei der Auslegung von neuen kundenspezifischen Bauteilen. Ziel ist es, eine keramikge-rechte Konstruktion zu erreichen, damit die geforderte Funktion sicher erfüllt wird und eine kos-tengünstige Herstellung des Bauteils möglich wird. So wird es für Anwendungstechniker der ke-ramischen Industrie häufig erforderlich, sich intensiv mit den Aufgabenstellungen der Kundenkon-struktion auseinander zu setzen.Die Festlegung der Toleranzen nimmt erheblichen Einfluss auf die Schleifarbeit, die für ein Bauteilaufzuwenden ist. Fertigungstoleranzen von ± 2 bis 5% sind beispielsweise ohne kostenintensiveEndbearbeitung erreichbar. Bei konsequent optimierten Konstruktionen werden Toleranzen undOberflächenanforderungen gewählt, die bei minimalem Schleifaufwand die Anforderungen derAnwendung erfüllen. Es kann durchaus lohnend sein, die Konstruktion sorgfältig auf Einsparungs-potenziale bezüglich schleifender Bearbeitung hin abzuklopfen. Der Schleifaufwand kann beihochpräzisen Teilen die Materialkosten um ein Vielfaches überschreiten.

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Die Stückzahl ist ein entscheidender Einflussfaktor für die Auswahl des Fertigungsverfahrens.Automatpressen oder Spritzguss sind Formgebungsverfahren für Stückzahlen ab 500 Stück. Rüst-und Werkzeugkosten sind bei kleineren Serien nicht rentabel. Die Formgebungsmöglichkeiten undsomit auch die konstruktive Auslegung hängen vom eingesetzten Verfahren ab. So unterscheidetsich auch bei metallischen Werkstoffen ein gegossenes Werkstück von einem gefrästen oder ge-drehten Teil. Für den Anwender bzw. Konstrukteur ist es somit wichtig, die Produktionsmöglich-keiten zu nennen, damit eine Abstimmung wirtschaftlicher Fertigungsverfahren und der vorhande-nen Anforderungen gelingt.

Fertigungsverfahren

Granulat:Aluminiumoxidpulver wird nach dem Bayer-Verfahren aus Bauxit gewonnen. Die reinen Pulverwerden beim Keramikhersteller aufgemahlen, mit organischen Bindemitteln versetzt und anschlie-ßend meist sprühgetrocknet, da für die weitere Verarbeitung in der Regel ein rieselfähiges Gra-nulat benötigt wird.

Formgebung

Trockenpressen:Oberstempel und Unterstempel verpressen in Matrizen Granulat zu einem Grünling, der kreide-ähnliche Festigkeiten hat. Meist wird der Grünling ohne weitere Bearbeitung gebrannt, wodurch erseine außerordentliche Härte erhält. Dieses Verfahren findet bei großen Serien und einfachenGeometrien für Dichtscheiben, Ringe und Platten Anwendung. Außenkonturen und Bohrungenkönnen werkzeugtechnisch frei gestaltet werden, wohingegen Hinterschneidungen mit diesemVerfahren nicht realisiert werden können. Bei der Auslegung des Bauteils ist es notwendig,presstechnische Eigenheiten zu berücksichtigen.Isostatisches Pressen:Auch hier wird ein Granulat verpresst. Das Granulat wird in einen für das gewünschte Bauteil aus-gelegten Gummibehälter gefüllt, der gut verschlossen in einen mit Flüssigkeit gefüllten Hoch-druckbehälter gegeben wird. Die Flüssigkeit überträgt über die Gummiform den Pressdruck aufdas Pulver. Große Bauteile können so gefertigt werden. Dieses Verfahren eignet sich auch für dieKleinserien- und Prototypenfertigung. Eine Nachbearbeitung im Grünzustand (grün = vor demBrennen) ist in der Regel erforderlich.Strangpressen:Das Strangpressen (Extrudieren, Ziehen) verwendet als Bindemittel organische Leime, die demPulver beigemischt werden. Es entsteht eine plastisch verformbare teigähnliche Masse, die durcheine Düse zu einem Strang gepresst wird. Der entstehende Strang wird getrocknet und gesintert(gebrannt). Rohre, Stäbe und Kapillaren werden nach diesem Verfahren hergestellt.Spritzguss:Das Verfahren entspricht weitgehend dem bekannten Spitzguss von gefüllten Kunststoffen. Nachdem Spritzen wird der Kunststoffanteil jedoch chemisch oder thermisch entfernt. Der verbleibende”Füllstoff” wird gebrannt und konsolidiert so zu einem dichten keramischen Bauteil. Dieses Verfah-ren eignet sich für die Herstellung kleiner Bauteile mit komplizierten Formen in großer Stückzahl.Schlickerguss:Das keramische Pulver wird als wässrige Suspension in eine entsprechende Gipsform gegeben.Der Gips entzieht der Suspension das Wasser und das verbleibende Pulver wird ähnlich einemFilterkuchen verdichtet und ein Bauteil entsprechend der Gipsform entsteht. Tiegel und Schiffchenfür Hochtemperaturanwendungen werden so hergestellt.Bearbeitung vor dem Brand:Nach oben beschriebenen Verfahren hergestellte Bauteile haben eine Festigkeit, die man mit dervon Kreide vergleichen kann. Eine Bearbeitung in diesem Zustand ist möglich und besonders fürdie Herstellung kleinerer Serien beliebt. Es werden aus der Metallbearbeitung bekannte spanab-hebende Verfahren wie Drehen, Fräsen und Bohren eingesetzt. Eine weitgehende Fertigstellungder endgültigen Bauteilform wird angestrebt, damit der Schleifaufwand (Bearbeitung nach demBrennen) reduziert werden kann.Sinterung (Brennen):

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Hier erfolgt die eigentliche Verdichtung bei einer Temperaturbehandlung unterhalb des Schmelz-punktes des Pulvers bei ca. 1600 – 1800°C. Der Sinterpr ozess ist mit einem Volumenschwundvon 30 – 50% verbunden. Die Schwindung ist von Brenntemperatur, Brandführung, Vorverdich-tung und der Zusammensetzung des Granulates abhängig. Die Vorausberechnungen gelingen miteiner Genauigkeit von ± 2 – 5%.Nachbearbeitung:Mit der Sinterung ist die Herstellung des oxidkeramischen Bauteils zunächst abgeschlossen. Fürviele Anwendungen in der Technik werden jedoch Teile benötigt, deren Anforderungen an Ge-nauigkeit und Oberflächenbeschaffenheit ohne Nachbearbeitung nicht erfüllt werden. Für dieHartwerkstoffe stehen Verfahren wie Schleifen, Läppen, Honen und Polieren zur Verfügung. Dadie Nachbearbeitung zeit- und kostenintensiv ist, wird versucht, endformnah zu brennen.

Anwendungsbeispiele

Mini-Mühle mit großer Wirkung

Das Mahlgut wird mit Wasser und Mahlperlen (aus Keramik) in den Mahlbecher eingefüllt, dergerade einmal das Format einer Kaffeetasse hat. Ein Keramik-Zylinder rotiert dann mit bis zu10.000 min-l in diesem Becher. Durch die entstehende Reibung wird das Mahlgut zerkleinert. Fürverschiedene Anwendungsfälle arbeitet man an der Herstellung von extrem feinen Pulvern undStoffsystemen. Bei Neuentwicklungen stehen häufig nur geringste Mengen an aufwendig herge-stelltem Mahlgut zur Verfügung und entsprechend kleine Mühlen werden dann gebraucht. Bei die-sen kleinen Mengen ist jeder Abrieb, der im Aggregat durch Abrasion entsteht, besonders lästigund kann leicht Einfluss auf das Untersuchungsergebnis haben. Für viele Versuche ist der in ge-ringem Maß auftretende keramische Abrieb ohne jeden Einfluss auf das Versuchsergebnis. Dieproduktberührten Teile wurden hier komplett aus Keramik gefertigt. Aufgrund der größeren me-chanischen Festigkeit wurde der schnelllaufende Rotor in Zirkonoxid ausgeführt. Der Mahlbecherhingegen wurde wegen der erforderlichen Wärmeleitfähigkeit aus Aluminiumoxid gefertigt.

Abb. 1: Kleinstperlmühle für den Laborbedarf. Rotor, gekühlter Mahlbehälter und Deckel wurdenaus Keramik ausgeführt, wodurch jeder metallische Kontakt mit dem Mahlgut verhindert wird

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Metall-Keramik-Verbundkonstruktion

Metall hat eine hohe Zähigkeit und Keramik ist hart und korrosionsbeständig. Anspruchsvolle An-wendungen verlangen all diese Eigenschaften jedoch von einem Werkstoff. Mit Verbundbauteilenwerden diese eigentlich gegensätzlichen Eigenschaften in einem Bauteil vereint. Das Metall-Keramik-Verbundbauteil zeigt in dieser Kombination deutlich bessere Eigenschaften als jeder derverwendeten Werkstoffe für sich. Dies wird durch eine dem Eignungsprofil des Materials entspre-chende Beanspruchung möglich.

Pressmatrizen

Gegenläufige Stempel verpressen in Hülsen (Matrizen) unter hohem Druck Pulver zu Tabletten.Die Wandreibung im Inneren der Matrize führt durch ein Zusammenwirken von Korrosion undAbrasion zu einem starken Verschleiß an der Matrizenbohrung. Dem Reibverschleiß und chemi-schen Angriff widersteht Zirkonoxid deutlich besser als metallische Werkstoffe. Durch den hohenInnendruck tritt jedoch eine Spengkraft auf, die für eine rein keramische Hülse problematisch wer-den kann. Die Lösung liegt hier in der Verbundkonstruktion. Eine eingeschrumpfte Keramikhülseminimiert den Reibverschleiß und den korrosiven Angriff, wohingegen der hohe Innendruck durcheine aufgeschrumpfte Metallbuchse aufgenommen wird. Erfolgreich hat sich diese partnerschaftli-che Aufgabenteilung von Metall und Keramik bereits bei der Batterieherstellung durchgesetzt.Weitere Anwendungsgebiete in der pharmazeutischen sowie in der Lebensmittelindustrie werdenuntersucht.

Abb. 2: Pressmatrizen für das Verpressen von Pulvern unter hohem Druck zu Festkörpern

Pinzette

Pinzetten aus Hochleistungskeramik werden in der Technik und auch in der Medizin aufgrundherausragender Eigenschaften verstärkt eingesetzt. Der Mediziner kann mit dieser Pinzette immagnetischen Feld des Tomographen arbeiten, ohne die störenden Begleiterscheinungen der

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metallischen Werkstoffe. Es treten keine magnetischen Kräfte auf, da der kristalline Keramikwerk-stoff völlig unmagnetisch ist. Zudem ist das Material im Gegensatz zu den verwendeten metalli-schen Werkstoffen nickelfrei. Die befürchteten Nickelallergien treten beim Einsatz von Keramiksomit nicht auf. Der Elektroniker schätzt dieses Material bei Arbeiten an Leiterplatten. ElektrischeStröme und Felder werden nicht gestört, wodurch auch sensible Einstellarbeiten durchgeführtwerden können.

Gleitring

Für Wellenabdichtungen werden heute als Standard Gleitringdichtungen mit keramischem Gleit-ring eingesetzt. Wie die Rotorwelle der Laugenpumpe einer Waschmaschine werden auch Rüh-rer- und Pumpenwellen in der chemischen Industrie sowie Speisewasserpumpen von Kraftwerkenmit Gleitringdichtungen aus Keramik-Ringen abgedichtet. Über Federkraft wird ein rotierenderKohlering angepresst. Die geläppten Dichtflächen gleiten aufeinander und sollten produktge-schmiert sein. Eine geringe Tropfleckage ist so unvermeidbar.

Spalttopf

Eine aufwendigere aber weitgehend wartungs- und leckagefreie Wellendichtung ermöglicht diemagnetische Kupplung. Das Drehmoment wird über Magnete, die durch einen Spalttopf aus Ke-ramik getrennt werden, übertragen. Das Gehäuse ist hermetisch abgeriegelt.

Kolben / Zylindereinheiten

Für das Fördern, Pumpen und Dosieren von Lebensmitteln, Reinigungsmitteln, Parfüms undPharmazeutika werden Kolben / Zylindereinheiten in den unterschiedlichsten Ausführungen undGrößen aus Keramik gefertigt. Die Kolben werden quasi spielfrei in Zylinder – die ebenfalls ausKeramik sind – eingepasst. So sind alle produktberührten Verschleißteile aus Keramik und eineKontamination mit toxischem Abrieb ist ausgeschlossen. Aufgrund der Temperatur- und Korrosi-onsfestigkeit der Keramik ist eine Reinigung mit Dampf und den entsprechenden Chemikalien inmontierter Position möglich. Ein Verzug der hochpräzisen Bauteile erfolgt genau so wenig wieKorrosion oder Abrieb.

Abb. 3: Kolben / Zylinder quasi dichtungsloseingepasst für Lebensmittel und Pharmazie.Reinigung und Sterilisation der Abfüllanlagenwird durch die Materialeigenschaften möglich

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Zusammenfassung

Die diskutierten Anwendungsbeispiele zeigen eine kleine Auswahl aus den unzähligen Anwen-dungsfällen, für die Hochleistungskeramik der Problemlöser ist. Für viele Problemstellungen bietetdie Keramik eine sinnvolle und auch wirtschaftliche Lösung. Meist ist eine anwendungsbezogeneBauteilkonstruktion erforderlich. Kenntnisse über das zu lösende Problem, den keramischenWerkstoff sowie die Herstellungsmethoden der Keramik werden für die optimale Konstruktion be-nötigt. Das Zusammenspiel von Anwender, Konstrukteur und Keramikhersteller ist Voraussetzungfür das Gelingen von Unternehmungen in Keramik.