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T. Arens F. Hettlich Ch. Karpfinger U. Kockelkorn K. Lichtenegger H. Stachel Mathematik Dieses vierfarbige Lehrbuch bietet in einem Band ein lebendiges Bild der „gesamten“ Mathematik für Anwender. Angehende Ingenieure und Naturwissenschaftler sowie Mathematiker finden hier die wichtigen Konzepte und Begriffe ausführlich und mit vielen Beispielen erklärt. Im Mittelpunkt stehen das Verständnis der Zusammenhänge und die Beherrschung der Rechentechniken. Herausragende Merkmale sind: p durchgängig vierfarbiges Layout mit mehr als 1000 Abbildungen p prägnant formulierte Kerngedanken bilden die Abschnittsüberschriften p Selbsttests in kurzen Abständen ermöglichen Lernkontrolle während des Lesens p farbige Merkkästen heben das Wichtigste hervor p mehr als 100 Anwendungsboxen erläutern Themen wie „Geometrie hinter dem GPS“, „Pageranking bei Google“ oder „harmonischer Oszillator“ p Vertiefungsboxen geben einen Ausblick auf weiterführende Themen p Zusammenfassungen zu jedem Kapitel sowie Übersichtsboxen p mehr als 750 Verständnisfragen, Rechenaufgaben und Anwendungsprobleme Inhaltlich spannt sich der Bogen von elementaren Grundlagen über die Analysis einer Veränderlichen, der linearen Algebra, der Analysis mehrer Veränderlicher bis hin zu fortgeschrittenen Themen der Analysis, die für die Anwendung besonders wichtig sind, wie partielle Differenzialgleichungen, Fourierreihen und Laplacetransformationen. Numerische Konzepte sind integraler Bestandteil der Kapitel. Der Wahrschein- lichkeitsrechnung und Statistik ist einer der sechs Teile des Buchs gewidmet. Auf der Website zum Buch www.matheweb.de finden Sie p Bonusmaterialien zu zahlreichen Kapiteln p Hinweise, Lösungswege und Ergebnisse zu allen Aufgaben p Zusatzmaterialien wie Maple-Worksheets zu verschiedenen Themen des Buchs p eine kommentierte Linksammlung p die Möglichkeit, zu den Kapiteln Fragen zu stellen Das Buch wird allen Anwendern der Mathematik vom Beginn des Studiums über höhere Semester bis in die Berufspraxis hinein ein langjähriger verlässlicher Begleiter sein. Ergänzend dazu: Die Bild-DVD „Die Grafiken und Aufgaben des Buchs Mathematik“ zum Lehrbuch Mathematik ermög- licht Dozenten, die mehr als 1000 Abbildungen des Buches in der Lehre zu nutzen – sei es in Form von Folien, Ausdrucken oder über einen Beamer. Die im JPG und PDF-Format gespeicherten Abbildungen sind entsprechend ihrer Nummerierung im Buch sortiert und darüber hinaus auch über die Inhalte der Bildunter- schriften recherchierbar. Zu jedem Kapitel des Buchs ist eine Power-Point-Präsentation vorbereitet, die alle Abbildungen des Kapitels enthält. Zudem enthält die DVD die Aufgaben und Lösungen sämtlicher Aufgaben des Buchs als LaTeX-Quellcode zur Übernahme in eigene Aufgabenblätter. Voraussichtlicher Erscheinungstermin: Juni 2008 € [D] 35,– / € [D] 35,29 / sFr 54,– ISBN: 978-3-8274-1957-6 Alle Rechte vorbehalten © Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2008 Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.spektrum-verlag.de LESEPROBE Leseprobe aus Arens / Hettlich / Karpfinger / Kockelkorn / Lichtenegger / Stachel Mathematik Der voraussichtliche Erscheinungstermin des Buchs ist Mai 2008 Ca. 1400 S., ca. 1200 Abb. € [D] 69,95 / € [A] 71,91 / sFr 114,– ISBN: 978-3-8274-1758-9 Werbemittel-Nr. 08350

p Mathematik p - SpringerLESEPROBE Leseprobe aus Arens / Hettlich / Karpfi nger / Kockelkorn / Lichtenegger / Stachel Mathematik Der voraussichtliche Erscheinungstermin des Buchs

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MM: van Dijk Herst: Frohberg1758 Leseprobe DAT 2c, 13.12.2007 PDF > Frohberg MailSPIESZDESIGN, Tel [email protected] 20070330 D

Buchreihe:Bildquelle: VerlagBildrechte: vorhandenÄnderung gegenüber Vorentwurf: U4-Korr, Freigabe

Kosten / _ Werbedateien Vertreter-Freigab MM. U1 Freigabe 7.12.07 van Dijk MM. U1-U4 Freigabe Herst. DAT Freigabe 12.12.07 Frohberg

LESEPROBE: 196 x 270 mm

T. Arens F. Hettlich Ch. Karpfi nger U. Kockelkorn K. Lichtenegger H. Stachel

Mathematik

Dieses vierfarbige Lehrbuch bietet in einem Band ein lebendiges Bild der „gesamten“ Mathematik für Anwender. Angehende Ingenieure und Naturwissenschaftler sowie Mathematiker fi nden hier die wichtigen Konzepte und Begriffe ausführlich und mit vielen Beispielen erklärt. Im Mittelpunkt stehen das Verständnis der Zusammenhänge und die Beherrschung der Rechentechniken.

Herausragende Merkmale sind: p durchgängig vierfarbiges Layout mit mehr als 1000 Abbildungenp prägnant formulierte Kerngedanken bilden die Abschnittsüberschriftenp Selbsttests in kurzen Abständen ermöglichen Lernkontrolle während des Lesensp farbige Merkkästen heben das Wichtigste hervorp mehr als 100 Anwendungsboxen erläutern Themen wie „Geometrie hinter dem GPS“,

„Pageranking bei Google“ oder „harmonischer Oszillator“p Vertiefungsboxen geben einen Ausblick auf weiterführende Themenp Zusammenfassungen zu jedem Kapitel sowie Übersichtsboxen p mehr als 750 Verständnisfragen, Rechenaufgaben und Anwendungsprobleme

Inhaltlich spannt sich der Bogen von elementaren Grundlagen über die Analysis einer Veränderlichen, der linearen Algebra, der Analysis mehrer Veränderlicher bis hin zu fortgeschrittenen Themen der Analysis,die für die Anwendung besonders wichtig sind, wie partielle Differenzialgleichungen, Fourierreihen und Laplacetransformationen. Numerische Konzepte sind integraler Bestandteil der Kapitel. Der Wahrschein-lichkeitsrechnung und Statistik ist einer der sechs Teile des Buchs gewidmet.

Auf der Website zum Buch www.matheweb.de fi nden Sie p Bonusmaterialien zu zahlreichen Kapiteln p Hinweise, Lösungswege und Ergebnisse zu allen Aufgaben p Zusatzmaterialien wie Maple-Worksheets zu verschiedenen Themen des Buchs p eine kommentierte Linksammlung p die Möglichkeit, zu den Kapiteln Fragen zu stellen

Das Buch wird allen Anwendern der Mathematik vom Beginn des Studiums über höhere Semester bis in die Berufspraxis hinein ein langjähriger verlässlicher Begleiter sein.

Ergänzend dazu:Die Bild-DVD „Die Grafi ken und Aufgaben des Buchs Mathematik“ zum Lehrbuch Mathematik ermög-licht Dozenten, die mehr als 1000 Abbildungen des Buches in der Lehre zu nutzen – sei es in Form von Folien, Ausdrucken oder über einen Beamer. Die im JPG und PDF-Format gespeicherten Abbildungen sind entsprechend ihrer Nummerierung im Buch sortiert und darüber hinaus auch über die Inhalte der Bildunter-schriften recherchierbar. Zu jedem Kapitel des Buchs ist eine Power-Point-Präsentation vorbereitet, die alle Abbildungen des Kapitels enthält. Zudem enthält die DVD die Aufgaben und Lösungen sämtlicher Aufgaben des Buchs als LaTeX-Quellcode zur Übernahme in eigene Aufgabenblätter.

Voraussichtlicher Erscheinungstermin: Juni 2008€ [D] 35,– / € [D] 35,29 / sFr 54,– ISBN: 978-3-8274-1957-6

Alle Rechte vorbehalten

© Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2008Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer

Aktuelle Informationen fi nden Sie im Internet unter www.spektrum-verlag.de

LESEPROBE

Leseprobe aus Arens / Hettlich / Karpfi nger / Kockelkorn / Lichtenegger / Stachel MathematikDer voraussichtliche Erscheinungstermin des Buchs ist Mai 2008Ca. 1400 S., ca. 1200 Abb. € [D] 69,95 / € [A] 71,91 / sFr 114,– ISBN: 978-3-8274-1758-9

Wer

bem

ittel

-Nr.

0835

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1758_Leseprobe 2cDAT.indd 1 13.12.2007 10:31:14 Uhr

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Kurzinhalt

Teil I: Einführung und Grundlagen

1 Mathematik – Wissenschaft und Werkzeug

2 Logik, Mengen, Abbildungen – die Spracheder Mathematik

3 Rechentechniken – die Werkzeuge derMathematik

4 Elementare Funktionen – Bausteine derAnalysis

5 Komplexe Zahlen – Rechnen mit imaginärenGrößen

Teil II: Analysis einer reellen Variablen

6 Folgen – der Weg ins Unendliche

7 Stetige Funktionen – kleine Ursachen habenkleine Wirkungen

8 Reihen – Summieren bis zum Letzten

9 Potenzreihen – Alleskönner unter denFunktionen

= Kapitelauszüge sind in dieser Leseprobe enthalten.

10 Differenzialrechnung – Veränderungenkalkulieren

11 Integrale – Vom Sammeln und Bilanzieren

12 Integrationstechniken – Tipps, Tricks undNäherungsverfahren

13 Differenzialgleichungen – Zusammenspielvon Funktionen und ihren Ableitungen

Teil III: Lineare Algebra

14 Lineare Gleichungssysteme – Grundlagender Linearen Algebra

15 Vektorräume – Schauplätze der LinearenAlgebra

16 Matrizen und Determinanten – Zahlen inReihen und Spalten

17 Lineare Abbildungen und Matrizen –abstrakte Sachverhalte in Zahlenausgedrückt

18 Eigenwerte und Eigenvektoren – oderwie man Matrizen diagonalisiert

19 Analytische Geometrie – Rechnen stattZeichnen

20 Euklidische und unitäre Vektorräume –Geometrie in höheren Dimensionen

21 Quadriken – ebenso nützlich wie dekorativ

22 Tensorrechnung – geschicktes Hantieren mitIndizes

23 Lineare Optimierung – ideale Ausnutzungvon Kapazitäten

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Teil IV: Analysis mehrerer reellerVariablen

24 Funktionen mehrerer Variablen –Differenzieren im Raum

25 Gebietsintegrale – das Ausmessen vonKörpern

26 Kurven und Flächen – von Krümmung,Torsion und Längenmessung

27 Vektoranalysis – von Quellen und Wirbeln

28 Differenzialgleichungssysteme – einallgemeiner Zugang zu Differenzial-gleichungen

29 Partielle Differenzialgleichung – Modellevon Feldern und Wellen

Teil V: Höhere Analysis

30 Fouriertheorie – von schwingenden Saiten

31 Funktionalanalysis – Operatoren wirkenauf Funktionen

= Kapitelauszüge sind in dieser Leseprobe enthalten.

32 Funktionentheorie – von komplexenZusammenhängen

33 Integraltransformationen –Multiplizieren statt Differenzieren

34 Spezielle Funktionen – nützlicheHelfer

35 Optimierung und Variationsrechnung –Suche nach dem Besten

Teil VI: Wahrscheinlichkeitsrechnungund Statistik

36 Deskriptive Statistik – wie man Datenbeschreibt

37 Wahrscheinlichkeit – die Gesetze desZufalls

38 Zufällige Variable – der Zufall betrittden R1

39 Spezielle Verteilungen – Modelle desZufalls

40 Schätz- und Testtheorie – Bewerten undEntscheiden

41 Lineare Regression – die Suche nachAbhängigkeiten

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Die Autoren

Dr. Tilo Arens und PD Dr. Frank Hettlich sind beide als Dozenten an der Fakultät für Mathema-tik der Universität Karlsruhe tätig. Für den Vorlesungszyklus Höhere Mathematik für Studierendedes Maschinenbaus und des Chemieingenieurwesens erhielten sie 2004 gemeinsam mit anderenMitgliedern ihres Instituts den Landeslehrpreis des Landes Baden-Württemberg.

PD Dr. Christian Karpfinger lehrt an der Technischen Universität München; 2004 erhielt erden Landeslehrpreis des Freistaates Bayern.

Ulrich Kockelkorn war bis zu seiner Pensionierung 2006 Professor für Statistik und Wirt-schaftsmathematik an der Technischen Universität Berlin und langjähriger Vorsitzender desAusbildungsausschusses der Deutschen Statistischen Gesellschaft.

Klaus Lichtenegger studierte in Graz Physik und Umweltsystemwissenschaften, er war mehrereJahre lang als Tutor und Studienassistent in der Mathematik-Lehre tätig, insbesondere im BereichAnalysis.

Hellmuth Stachel ist seit mehr als 25 Jahren Professor für Geometrie an der Technischen Uni-versität Wien und in Forschung und Lehre um Anwendungsnähe bemüht.

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6Warum überholt Achilles dieSchildkröte?

Was ist ein Grenzwert?

Wie berechnet man dieDezimaldarstellung von

√2?

Folgen – der Weg insUnendliche

6.1 Der Begriff einer Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

6.2 Elementare Eigenschaften von Zahlenfolgen . . . . . . . . . . . . . . . 141

6.3 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

6.4 Teilfolgen und Häufungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

6.5 Konvergenzkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163Le

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Kap

. 6

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Eine der wichtigsten Errungenschaften der Mathematik ist diekonkrete Beschreibung vom Unendlichen. Dadurch wurde dasUnendliche greifbar und mathematischen Aussagen zugänglich.Die Geschichte der Naturwissenschaften und Technik ist vollvon Irrtümern, die man bei dem Versuch begann, Unendlichkeitzu fassen. Sie zeigen, wie komplex eigentlich unser heutigerBegriff des „Grenzwerts“ ist.

Folgen spielen bei der Beschreibung des Unendlichen eineentscheidende Rolle und sind daher eines der wichtigsten Hand-werkszeuge in der Analysis. Zahlreiche neue, nützliche Begriffelassen sich mit ihrer Hilfe definieren und erklären. Andererseitssind Folgen Grundlage für ganz alltägliche Dinge geworden:Ständig werden in Taschenrechnern, MP3-Playern oder für Wet-tervorhersagen Folgenglieder berechnet. Hierbei geht es um dieGewinnung von Näherungslösungen von Gleichungen. Wir wer-den in diesem Kapitel exemplarisch auf eine solche Anwendungeingehen.

Die Grundlage für einen fehlerfreien Einsatz von Folgen isteine genaue Begriffsbildung. Die Erfahrung zeigt aber, dass sichviele damit zunächst schwertun. Dochmit ein wenig Routine undvielen Beispielen werden die Sachverhalte schnell überschaubar.Damit wir die späteren Anwendungen verstehen, müssen wiruns auf das abstrakte Konzept von Folgen und Grenzwerteneinlassen. Dabei werden die Konvergenz von Zahlenfolgen,also die Existenz eines Grenzwerts, und gegebenenfalls dieanalytische Berechnung solcher Werte im Vordergrund stehen.

6.1 Der Begriff einer Folge

Um ein Verständnis für den Begriff der Folge zu erhalten,werden wir uns ihm behutsam nähern. Wir tun dies anhandvon zwei Beispielen.

Bei einer Folge stehen Objekte in einerReihenfolge

Nehmen Sie einmal an, Sie haben sich ein neues Bücherregalbestellt, nicht zuletzt, um auch dieses schwere Buch irgendwoaufbewahren zu können. Nun ist das Paket eingetroffen, unddas Regal muss aufgebaut werden. Im Karton befindet sichauch der Zettel mit der mehr oder weniger detaillierten Bau-anleitung. Die einzelnen Arbeitsschritte sind üblicherweisenummeriert und Sie führen diese nacheinander aus, bis dasRegal steht.

Wir haben es hier mit einer Abfolge von Arbeitsschritten zutun. Es ist wichtig, die Schritte in der richtigen Reihenfolgenacheinander durchzuführen. Leidvolle Erfahrungen von un-geduldigen Zeitgenossen bestätigen zumindest diese These.Diesen Aspekt werden wir bei einer mathematischen Folgewiederfinden: Irgendwelche Objekte sind in einer Reihen-folge, wir können sie abzählen.

Im zweiten Beispiel werden wir einen weiteren Aspekt hin-zufügen. In der Abbildung 6.1 sehen Sie einen Börsenchart

Abbildung 6.1 Der Indexchart des DAX, wie man ihn in einer Börsenzeitschriftfindet, stellt eine Folge von Tagesschlusskursen dar.

des Aktienindex DAX für einen Zeitraum im Herbst 2006.Der Verlauf der Kurve entspricht den täglichen Schlusskur-sen dieses Index. Man sieht, wie der Aktienkurs sich geänderthat, wie er von Tag zu Tag steigt oder fällt. Eigentlich müss-ten hier diskrete isolierte Werte eingezeichnet sein, eben dieSchlusskurse der entsprechenden Tage, aber aus optischenGründen wurden diese Werte durch Strecken verbunden, so-dass eine durchgehende Line entsteht.

Auch hier haben wir es wieder mit einer Abfolge zu tun,der Folge der Aktienschlusskurse. Begriffe wie steigen oderfallen machen nur einen Sinn, wenn wir die Reihenfolge derTage einhalten.

Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zum Bücher-regal: Wir haben es hier mit einer Liste von Kurswerten zutun, für die kein Ende definiert ist. Das Diagramm gibt nureinen Ausschnitt der Abfolge aller Schlusskurse dieses Indexwieder. Es gibt zwar einen Beginn, nämlich der Tag, an demder Index an der Börse eingeführt wurde, aber sofern derIndex nicht abgeschafft wird, kommt mit jedem Handelstagein neuer Schlusskurs hinzu.

Bei einer Folge haben wir es mit unendlichvielen Objekten zu tun

Statt des Beispiels des Aktienindex hätten wir auch jedewissenschaftliche Messreihe wählen können, etwa die täg-liche Luftdruckmessung an einer Wetterstation. Natürlichkann man jetzt einwenden, dass in der Realität zu jedemfesten Zeitpunkt auch die Abfolge solcher Aktienkurse oderMesswerte endlich ist. Wir gelangen zu einer mathemati-schen Definition einer Folge, indem wir uns über diesen Ein-wand hinwegsetzen: Wir konstruieren gedanklich eine Ab-folge irgendwelcher Objekte, die unendlich fortgesetzt wird,indem wir den Objekten eine Nummerierung zuordnen.

Definition einer Folge

Eine Folge ist eine Abbildung der natürlichen Zahlen ineine Menge M , die jeder natürlichen Zahl n ∈ N einElement xn ∈ M zuordnet.

4 Leseprobe aus Kap. 6 Folgen – der Weg ins Unendliche

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Die Elemente xn werden Folgenglieder genannt und übli-cherweise mit einem Index angegeben, obwohl es sich umBilder einer Abbildung handelt, d. h., wir schreiben xn an-stelle von x(n). Die gesamte Folge wird mit (xn)∞n=1, (xn)n∈N

oder, wenn es unmissverständlich ist, einfach mit (xn) be-zeichnet. Im übrigen werden wir statt (xn) auch beliebigeandere Buchstaben verwenden, zum Beispiel (yn), (al), (zk).

xn

n10

1

2

2

3

4 6 8

Abbildung 6.2 Die ersten 10 Folgenglieder der Folge((

1 + 1n

)n)∞n=1

.

Da wir über die Menge M , aus der die Folgenglieder stam-men, keinerlei Annahme getroffen haben, können wir Folgenvon ganz beliebigen Objekten betrachten. Unten zeigen wirauch dazu einige Beispiele. Am häufigsten aber werden wires mit Zahlenfolgen zu tun haben, bei denen jedes Folgen-glied entweder eine reelle oder eine komplexe Zahl ist. Es istdann M = R oder M = C oder eine Teilmenge davon.

Beispiel

Die Folge (xn) bestehend aus den positiven geraden Zah-len bzw. aus den positiven ungeraden Zahlen ist durch

xn = 2n bzw. xn = 2n − 1

für n ∈ N gegeben.Bei der Folge (xn) mit

xn =(

1 + 1

n

)n

, n ∈ N,

ist ebenfalls jedes Folgenglied xn eine positive reelle Zahl.In der Abbildung 6.2 sind die ersten 10 Folgenglieder dar-gestellt.Durch die Definition

xn =n∑

j=1

j

erhalten wir eine Folge von Summen, ein spezieller Falleiner Zahlenfolge. Wir wissen aus Kapitel 3 (s. Seite 67),dass diese Folge auch anders beschrieben werden kann,nämlich durch

xn = n(n + 1)

2, n ∈ N.

Solche Folgen von Summen sind mathematische Objekte,die uns als Reihen im Abschnitt 7.6 wieder begegnenwerden. �

Die Definition einer Folge auf Seite 138 lässt auch Folgenzu, die nicht aus Zahlen bestehen. Für jedes n ∈ N erhaltenwir mit der Vorschrift

Gn ={(x, y) ∈ R

2 : y = n

5(x − 1)

}

eine Gerade Gn in der Ebene, insgesamt also eine Folge vonGeraden (Gn). Die ersten Glieder dieser Folge sind in derAbbildung 6.3 dargestellt. Als Menge M kann hier die Mengealler Geraden in der Ebene gewählt werden, oder sogar dieMenge aller Geraden durch (1, 0).

x

y

1

1

2

2

3

3

4

4 5

G1

G2

G3

G4

G5

G6

G7

G8

Abbildung 6.3 Die ersten 8 Folgenglieder einer Folge von Geraden.

Ein anderes Beispiel erhalten wir mit den Polynomen, mitdenen wir uns schon in Kapitel 4 beschäftigt haben. So istpn(x) := nxn ein Polynom vom Grad n, und wir erhalten dieFolge (pn), bei der jedes Folgenglied ein Polynom ist. Allge-meiner sprechen wir von einer Funktionenfolge. Dementspre-chend können wir für M die Menge aller Polynomfunktionenoder allgemeiner die Menge aller reellwertigen Funktionenwählen.

?Machen Sie sich die Reihenfolge der Folgenglieder fürjede der Folgen klar, die wir in den Beispielen vorgestellthaben!Bestimmen Sie jeweils die ersten 5–10 Folgenglieder!

Achtung: Es ist nicht unbedingt notwendig, dass die Folgemit dem Index 1 beginnt. Der Startindex kann durchaus 0 odereine andere beliebige ganze Zahl sein. Auch solche Folgenwerden uns noch begegnen. Eine verallgemeinerte Defini-tion ist hier aber nicht nötig, da mit einer Verschiebung desIndex der Zähler der Folgenglieder stets der ursprünglichenDefinition angepasst werden kann.

Leseprobe aus Kap. 6 Folgen – der Weg ins Unendliche 5

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Anwendung: Wie berechnet der Taschenrechner√2 ?

Bei einem Taschenrechner lassen sich die Grundrechenarten durch elementare elektrische Schaltelemente in einem Chiprealisieren. Aber was passiert, wenn wir das Wurzelzeichen auf einem Taschenrechner drücken?

Die Lösung wird auf hinreichend viele Stellen genähert.Das bedeutet, dass eine Folge konstruiert wird, die

√2 als

Grenzwert besitzt. Es wird dann ein Folgenglied berech-net, dass mit einer hinreichenden Genauigkeit den Grenz-wert approximiert. Für x > 0 lässt sich die Rekursion

an+1 = 1

2

(an + x

an

)

verwenden, um√

x zu approximieren. Diese Methodewird Heron-Verfahren genannt. Dass sie schon den Be-wohnern des antiken Babylon bekannt war, spricht manauch vom Babylonischen Wurzelziehen.

Die zugehörige Fixpunktgleichung,

a = 1

2

(a + x

a

),

hat nur die Lösung a = √x. Sie liefert daher, dass der

Grenzwert der Folge√

x sein muss, falls die Folge kon-vergiert. Davon müssen wir uns zunächst überzeugen.Eine Anwendung der binomischen Formel liefert

0 ≤ (an − √x)2 = a2

n − 2an

√x + x.

Diese Ungleichung lösen wir nach√

x auf,

√x ≤ 1

2

(an + x

an

)= an+1.

Es gilt also für alle n ≥ 1, dass an ≥ √x ist. Zweimaliges

Anwenden dieser Abschätzung führt dann auf

an+1 = 1

2

(an + x

an

)≤ 1

2

(an + x√

x

)

= 1

2(an + √

x) ≤ an.

Die Folge (an) ist also zumindest ab dem Index 1 nachunten durch

√x beschränkt und sie fällt monoton. Die

Abbildung der Fixpunktiteration oben rechts zeigt diesesVerhalten. Damit ist die Folge nach dem Monotoniekrite-rium konvergent.

a0 a1a2 t

y

y = 12

(t +

√xt

)

√x

y = t

Damit ist sichergestellt, dass die Folgenglieder an denWert

√x approximieren (annähern). Weitere Fragen sind,

wie gut und wie schnell die Approximation von Lösungenmit dem Verfahren funktioniert.Mithilfe der Überlegung von oben lässt sich ebenfalls er-mitteln, wie schnell das Heron-Verfahren eine gewünschteGenauigkeit erzielt. Aus der Gleichung

an+1 − √x = 1

2

(an − 2

√x + x

an

)= 1

2 an(an − √

x)2

und der Beschränktheit von an folgt, dass es eine Kon-stante c > 0 gibt mit

|an+1 − √x| ≤ c|an − √

x|2 .

Dieses Verhalten der Folge nennt man quadratische Kon-vergenz. Es bedeutet zum Beispiel, wenn wir im n-tenSchritt einen Abstand |an − √

x| ≤ 1/100 erreicht haben,so ergibt sich durch Berechnen von an+1 schon eine Nähe-rung mit |an+1 − √

x| ≤ c/10000. Die Tabelle illustriertdieses Konvergenzverhalten bei a0 = 1 und x = 2.

Index Näherung Fehlern an |an − √

2|0 1.00000000 0.414213561 1.50000000 0.085786442 1.41666667 0.002453103 1.41421569 0.000002124 1.41421356 0.00000000

Die Angaben sind auf 8 Stellen gerundet. Offensichtlich istein quadratisches Konvergenzverhalten wünschenswert,da die Folge schnell gegen ihren Grenzwert konvergiert.All diese Aspekte sind Teil der Numerischen Mathematik.Wir werden einige grundlegende numerische Verfahrenund ihr Konvergenzverhalten in späteren Kapiteln nochansprechen.

Leseprobe aus Kap. 6 Folgen – der Weg ins Unendliche6

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12.3 Substitutionsmethode

Die partielle Integration ist bei vielen Integralen hilfreich,das schlagkräftigste Verfahren zum Auffinden einer Stamm-funktion ist aber die Substitution oder Variablentransfor-mation.

Diese wollen wir erst einmal anhand eines Beispiels moti-vieren, bevor wir sie als Umkehrung der Kettenregel strengrechtfertigen. Wie man mithilfe der Kettenregel sofort über-prüfen kann, gilt

d

dxesin x = esin x cos x

und damit∫

esin x cos x dx = esin x + C .

Wie kann man aber in solchen Fällen eine Stammfunktionerraten, wenn man es ohne dieses Wissen im Hinterkopf miteinem derartigen Integral zu tun hat?

Zudem hat in vielen Fällen der Integrand zwar eine Form, diedurchaus für eine Ausnutzung der Kettenregel geeignet ist –jedoch nicht ganz so offensichtlich wie in unseren Beispielen.

Daher wollen wir uns nun eine allgemeiner anwendbare Stra-tegie überlegen, mit Integralen umzugehen, in denen das Ar-gument einer Funktion eine andere Funktion ist. In unseremFall taucht der Sinus als Argument der Exponentialfunktionauf.

Um diese komplizierte Konstruktion zu vereinfachen, fas-sen wir den Sinus als neue Integrationsvariable u = sin x

auf, wir substituieren. Dabei müssen wir natürlich auch dasDifferenzial entsprechend umrechnen.

Die Regeln für das totale Differenzial sagen uns

du = du

dxdx = cos x dx.

Damit gilt aber auch

dx = du

cos x,

solange cos x �= 0 ist. Das erleichtert die Rechnung gewal-tig. Nicht nur, dass wir mithilfe dieser Umrechnung aus derIntegration über x eine über u machen können, nein, auchden Kosinus können wir kürzen

I =∫

eu cos xdu

cos x=∫

eu du = eu + C .

Im Hintergrund ist hier natürlich die Kettenregel am Werk,allerdings weniger offensichtlich als zuvor.

Wir haben nun eine integralfreie Darstellung, allerdings inder neuen Variablen u. Nun können wir aber ohne Schwie-rigkeiten wieder u = sin x setzen und erhalten

I = esin x + C.

Dass wir zwischendurch cos x �= 0 voraussetzen mussten,bedeutet keine Einschränkung mehr, da wir unser Ergebnisstetig, sogar differenzierbar auch an diesen Punkt fortsetzenkönnen.

Wären nach dem Substituieren und dem Umrechnen des Dif-ferenzials noch irgendwo Ausdrücke in der alten Variablen x

übriggeblieben, so hätten wir diese mit der Umkehrfunktionx = x(u) umrechnen müssen, in diesem Fall x = arcsin u.Dann hätten wir uns abhängig vom Integrationsbereich auchGedanken über den passenden Zweig des Arkussinus machenmüssen.

Die Substitutionsmethode folgt aus derIntegration der Kettenregel

Einen ganzen, unter Umständen komplizierten Ausdruck ein-fach als neue Integrationsvariable anzusehen, kann Integraletatsächlich vereinfachen. Dass die Kettenregel dabei die ent-scheidende Rolle spielt, haben wir bereits angedeutet, nunwollen wir unsere Vorgehensweise jedoch streng begründen.

Sehr viel Arbeit ist an dieser Stelle zwar nicht zu leisten,aber doch ein wenig mehr als etwa bei der Produktregel.Insbesondere müssen wir darauf achten, dass stets klar ist,nach welchem Argument nun abgeleitet wird.

Betrachten wir eine Funktion u, die auf dem gesamten be-trachteten Intervall [a, b], dem späteren Integrationsbereichstreng monoton und differenzierbar ist. Dann gilt natürlichu′(x) �= 0 für alle x ∈ [a, b].Nun behaupten wir: Wenn � eine Stammfunktion vonf (u) u′ ist,

�′(x) = f (u(x)) u′(x),

dann ist �(u−1) eine Stammfunktion von f . Das klingt imLichte der Kettenregel plausibel, aber beweisen müssen wires natürlich trotzdem.

Beweis: Unter der Voraussetzung u′(x) �= 0 existiertsicher die Umkehrfunktion u−1, und wir erhalten durch Ab-leiten nach der Kettenregel mit t = u(x) bzw. x = u−1(t)

(�(u−1(t)

))′ = �′(u−1(t))(u−1(t)

)′ nach Voraussetzung== f

(u(u−1(t)

))u′(u−1(t)

) (u−1(t)

)′.

Nun benötigen wir eine kleine Nebenrechnung, und zwardifferenzieren wir die Identität

u(u−1(t)

) = t

nach der Kettenregel. Das ergibt

u′(u−1(t)) (

u−1(t))′ = 1.

Dies oben eingesetzt liefert(�(u−1(t))

)′ = f(u(u−1(t)

)) = f (t),

was zu beweisen war. �

Integrationstechniken – Tipps, Tricks und NäherungsverfahrenLeseprobe aus Kap. 12 7

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Integrationstechniken – Tipps, Tricks und Näherungsverfahren

Übersicht: IntegrationstechnikenWir fassen hier noch einmal die wesentlichsten Integrationstechniken dieses Kapitels zusammen. Zudem verweisen wirauf andere Methoden, die es erlauben, manche bestimmten Integrale zu ermitteln, ohne dass man die entsprechendeStammfunktionen kennen muss.

1. Analytische Methoden mittels StammfunktionenLogarithmische Integration:

∫f ′(x)

f (x)dx = ln |f (x)| + C .

Partielle Integration (Abschnitt 12.2): Umkehrungder Produktregel.Substitutionsmethode (Abschnitt 12.3): Umkehrungder Kettenregel.Partialbruchzerlegung (Abschnitt 12.4): Zerlegungeiner rationalen Funktion in eine Summe von Brü-chen, deren Nenner jeweils ein einfaches Polynomist. Eine Übersicht über Integrale, die sich durch eineStandardsubsubstitution in rationale Form bringenlassen, findet sich auf Seite 393.Potenzreihenentwicklung (Seite 394): Der Integrandwird in eine Potenzreihe entwickelt, die gliedweiseintegriert wird. Diese Methode funktioniert auchwenn der Integrand keine Stammfunktion besitzt, diesich durch elementare Funktionen ausdrücken lässt.Umschreiben mittels Definitions- und Funktio-nalgleichungen, „Komplexifizierung“ und andereTricks können das Bestimmen von Integralen oftebenfalls deutlich erleichtern.

2. Analytische Methoden ohne Verwendung vonStammfunktionen

Mehrfachintegrale: In manchen Situationen lassensich bestimmte Integrale ermitteln, indem man meh-rere derartiger Integrale zu einem Mehrfachintegralzusammenfasst. Diese Methode wird in Kapitel 25angesprochen. Paradebeispiel ist das in vielen Berei-chen immens wichtige Integral

∫ ∞

−∞e−x2

dx = √π .

Hier steht keine elementare Stammfunktion des In-tegranden zur Verfügung.Funktionentheorie: Oft ist der Umweg über die kom-plexe Analysis der schnellste Weg zur Bestimmungeines Integrals. Mithilfe des Residuensatzes, derin Abschnitt 32.4 ausführlich diskutiert wird, las-sen sich bestimmte Typen von Integralen deutlichschneller ermitteln als über Stammfunktionen. Dasgilt insbesondere für Integrale von null bis 2π , beidenen der Integrand eine rationale Funktion in Sinus

und Kosinus ist, etwa

∫ 2π

0

dx

(a + b cos x)= 2π√

a2 + b2.

Ebenfalls leicht berechnen lassen sich Integrale derForm∫ ∞

−∞P(x)

Q(x)cos(αx)dx,

∫ ∞

−∞P(x)

Q(x)sin(αx)dx ,

wobei P und Q Polynome sind und der Grad von P

mindestens um eins kleiner ist als der von Q.

3. Numerische Integration: Die in der Praxis wichtigsteMethode, in der die Existenz einer elementaren Stamm-funktion keine Rolle spielt – sehr wohl aber allgemeineÜberlegungen zum Verhalten bzw. generell zur Exi-stenz des betrachteten Integrals.

Quadraturformeln mit äquidistanter Stützstellenver-teilung: In diese Kategorie fallen unter anderemTrapez- und Simpson-Formel sowie das Romberg-Verfahren. Diese drei Methoden werden in Abschnitt12.5 ab Seite 395 besprochen.Quadraturformeln ohne äquidistante Stützstellen-verteilung: Die effizientesten dieser Methoden (z. B.Gauß-Legendre Integration) beruhen auf Orthogo-nalpolynomen und werden in Kapitel 34 besprochen.Adaptive Verfahren: Wenn der Integrand in verschie-denen Teilen des Integrationsgebietes stark unter-schiedliches Verhalten zeigt, sind allgemeine Qua-draturformeln problematisch.Um den Integranden dort gut genug zu erfassen, woer betragsmäßig große Werte annimmt und sich zu-dem schnell ändert, ist eine sehr hohe Stützpunkt-dichte notwendig. Diese hohe Dichte ist aber fürden Großteil des Integrationsintervalls unnötig, ko-stet Rechenzeit und kann sogar zu Instabilitäten füh-ren.Hier sind adaptive Algorithmen hilfreich, bei denennur jene Teile des Integrationsbereichs viele Stütz-punkte erhalten, wo die interne Fehlerabschätzungmögliche Probleme ortet.Monte-Carlo-Integration (Seite 400): Bestimmungdes Werts eines Integrals mittels Zufallszahlen. Füreindimensionale Integrale wenig geeignet, für hoch-dimensionale Integrale die mit Abstand beste nume-rische Methode.

Leseprobe aus Kap. 128

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Differenzialgleichungen – Zusammenspiel von Funktionen und ihren Ableitungen

Diese Rechnung können wir für jeden beliebigen Punkt (x, y)

durchführen. Geht der Graph einer Lösung durch den Punkt,so ist der Wert f (x, y) gerade die Steigung der Tangente. Esist anschaulicher, statt der Steigung der Tangente ihre Rich-tung anzugeben. Grafisch kann dies dadurch geschehen, dassein kurzer Abschnitt der Geraden gezeichnet wird. Die so er-haltene Abbildung, die jedem Punkt der Ebene die Richtungder zugehörigen Tangente zuweist, wird das Richtungsfeldder Differenzialgleichung genannt.

In der Abbildung 13.15 ist das Richtungsfeld für die Diffe-renzialgleichung aus dem Beispiel sowie die Lösungskurvedurch (1, 0) abgebildet. Schon allein aus der Grafik des Rich-tungsfeldes könnte man den Verlauf dieser Lösungskurve er-raten.

x

y

(1, 0)

Abbildung 13.15 Das Richtungsfeld für die Differenzialgleichung y′(x) =(1 − y(x)2)/(1 + x2) und die Lösung durch den Punkt (1, 0).

Ein wichtiger Aspekt beim Richtungsfeld ist, dass möglicheSingularitäten in der Lösung sofort erkennbar sind. Betrach-ten wir das Richtungsfeld der Differenzialgleichung

y′(x) = 2x y(x)

1 − x2

in Abbildung 13.16. An den senkrechten Richtungspfeilenbei x = ±1 wird sofort klar, dass die Lösung für x → ±1eine Singularität besitzen muss. Sie kann also niemals überdas Intervall (−1, 1) hinaus stetig differenzierbar fortgesetztwerden. Die Abbildung zeigt auch eine Lösung dieser Diffe-renzialgleichung nämlich

y(x) = 1

2

1

1 − x2, x ∈ (−1, 1),

die dem Anfangswert y(0) = 1/2 genügt.

In Zeiten der alltäglichen Anwendung von Computern be-deutet es keinerlei Aufwand, ein Richtungsfeld selbst fürkomplizierte Differenzialgleichungen abzubilden. Man er-hält so eine schnelle qualitative Vorstellung vom Verlauf derLösung.

x

y

−1 1

3

Abbildung 13.16 Im Richtungsfeld kann man Singularitäten in der Lösung ansenkrechten Richtungspfeilen, wie hier bei ±1, deutlich erkennen.

13.2 NumerischeLösungsmethoden

Es ist in diesem Kapitel schon mehrfach angeklungen: Fürlängst nicht jedes Anfangswertproblem lässt sich die Lösungexplizit angeben. Darüber hinaus ist ein Anwender häufigüberhaupt nicht an einer expliziten Darstellung der Lösunginteressiert, sondern an einer schnellen qualitativen Aussageüber Gestalt und Verhalten der Lösung. Gegebenenfalls mussein Problem für viele verschiedene Werte von Parameterngelöst werden, um einen Eindruck vom Einfluss dieser Pa-rameter zu erhalten. In all diesen Fällen ist eine Lösung mitdem Computer sinnvoll.

Es gibt eine Vielzahl von Softwarepaketen, die Lösungen vonDifferenzialgleichungen bestimmen. Auf der einen Seite ste-hen die Computeralgebrasysteme, die in der Lage sind, fürgroße Klassen von Differenzialgleichungen explizite Lösun-gen zu bestimmen.

Auf der anderen Seite, und davon soll in diesem Abschnitt vorallem die Rede sein, gibt es numerische Lösungsverfahren.Statt einer Formel für die Lösung werden hier Näherungenfür die Funktionswerte der Lösung an gewissen Punkten be-rechnet. Dadurch kann man sowohl mit den so gewonnenenWerten weitere Rechnungen durchführen als auch eine Ab-bildung des Graphen der Lösung erstellen.

Für Anfangswertprobleme der verschiedensten Typen gibt esausgefeilte Lösungsverfahren, die oft auch kommerziell ver-trieben werden. Die einfachsten Verfahren aber können schonmit grundlegenden Programmierkenntnissen implementiertwerden. Auch wenn man selbst kein Interesse daran hat, ein-mal ein Lösungsverfahren zu programmieren, ist eine Kennt-nis der zugrunde liegenden mathematischen Verfahren aberunerlässlich. Nur sie ermöglicht es, richtig vorzugehen, wennein trickreiches Problem bei der Anwendung eines Lösungs-verfahrens für Schwierigkeiten sorgt.

In diesem Abschnitt werden wir stets ein Anfangswertpro-blem für eine Differenzialgleichung erster Ordnung auf dem

9Leseprobe aus Kap. 13

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endlichen Intervall [x0, x0 + b] betrachten. Als Formel gehtes also um das Problem

y′(x) = f (x, y(x)), x ∈ (x0, x0 + b)

y(x0) = y0.(13.1)

Zudem wollen wir annehmen, dass y und f reellwertig sind.Dies stellt keine wirkliche Einschränkung dar, da die Ver-fahren genauso bei komplexwertigen Funktionen angewandtwerden können, erleichtert uns aber die Illustration.

Die Lösungsverfahren berechnen Näherungen für die Funk-tionswerte vony an einzelnen Stellen im Intervall [x0, x0+b].Dafür gibt man sich eine natürliche Zahl N vor und definiertdie Schrittweite

h = b

N.

Indem man, ausgehend von x0, jeweils um die Schrittweiteh weiter voranschreitet, erhält man ein Gitter, das aus denStellen

xj = x0 + jh, j = 0, . . . , N

besteht. Insbesondere ist xN = x0 + b. In der Abbil-dung 13.17 ist dieses Gitter dargestellt.

x0 x1 x2 xn−1 xN = x0 + bhhh

Abbildung 13.17 Das Gitter, das in den Näherungsverfahren verwendet wird.Benachbarte Gitterpunkte haben jeweils die Schrittweite h als Abstand.

Ein solches Gitter stellt den einfachsten Fall einer Diskreti-sierung des Lösungsgebietes dar. Bei fast allen numerischenVerfahren werden solche Diskretisierungen eingesetzt, umvon einem kontinuierlichen Problem zu einem Problem zukommen, bei dem nur endlich viele Größen zu bestimmensind. In unserem Fall sind es Näherungswerte für die Lösungin den Gitterpunkten.

Es ist das fundamentale Problem bei jedem numerischen Ver-fahren, die Qualität des Verfahrens zu bewerten. Welcher Zu-sammenhang besteht zwischen der tatsächlichen Lösung undder berechneten Näherung und welchen Einfluss hat die Wahlder Diskretisierung hierauf?

Im Fall unseres einfachen Gitters enthält der Parameter h

bereits die volle Information über die Diskretisierung. ZurBewertung der Qualität betrachtet man den globalen Fehler

Eh := maxj=0,...,N

|y(xj ) − yj |,

zwischen den tatsächlichen Funktionswerten y(xj ) in denGitterpunkten und den berechneten Näherungen yj .

Meist kann man Eh nicht explizit berechnen, da ja die tat-sächliche Lösung nicht bekannt ist. Aufgrund analytischerÜberlegungen gelingt es aber häufig, Schranken für Eh an-zugeben. Kann man Eh → 0 für h → 0 sicherstellen, so

nennt man das Verfahren konvergent. Gilt mit einer Kon-stanten C eine Abschätzung der Form

Eh ≤ C hp, also Eh = O(hp) (h → 0),

so spricht man von der Konvergenzordnung p. Zur Erinne-rung: Das O(hp) ist die in Abschnitt 8.4 eingeführt Landau-Symbolik.

Das Euler-Verfahren nutzt das Richtungsfeld

Das einfachste numerische Verfahren zur Lösung von (13.1)geht auf den Mathematiker Leonard Euler (1707–1783) zu-rück, nach dem auch die Euler’sche Zahl und die Euler’scheFormel benannt sind. Die Idee liegt in der Anwendung derTaylor-Formel (siehe Abschnitt 10.4). Wenn wir annehmen,dass die Lösung des Anfangswertproblems zweimal stetigdifferenzierbar ist, so erhalten wir

y(xj+1) = y(xj + h) = y(xj ) + hy′(xj ) + 1

2y′′(ξ) h2.

Dabei ist ξ irgendeine Stelle im Intervall (xj , xj+1). Die ersteAbleitung von y können wir durch die Differenzialgleichungausdrücken,

y(xj+1) = y(xj ) + h f (xj , y(xj )) + 1

2y′′(ξ) h2.

Unbekannt auf der rechten Seite ist also nur die zweite Ab-leitung von y und die Stelle ξ . Da y aber als zweimal stetigdifferenzierbar angenommen wurde, ist y′′ auf [a, b] stetigund besitzt dort ein Maximum. Anders formuliert können wireine Schranke für den letzten Summanden angeben,

∣∣∣∣1

2y′′(ξ) h2

∣∣∣∣ ≤ h2

2max

η∈[x0,x0+b] |y′′(η)|.

Das Maximum kennen wir zwar nicht, aber es ist eine Kon-stante. Für kleine h ist daher zu erwarten, dass dieser Sum-mand deutlich kleiner ist, als die anderen Terme in der For-mel.

Man erhält das Euler-Verfahren, indem man den letzten Sum-manden einfach unter den Tisch fallen lässt. Ausgehend vomAnfangswert y0 an der Stelle a = x0 können dann mit die-ser Formel iterativ Näherungen für die Werte y(xj ) gewon-nen werden. Der Ablauf des Verfahrens ist in der Abbil-dung 13.18 als Flussdiagramm dargestellt. Als Ergebnis desVerfahrens erhalten wir also eine endliche Abfolge von Paa-ren (xj , yj ) die Nährungen an die Punkte (xj , y(xj )) aufdem Graphen der Lösung darstellen.

Anschaulich kann man sich das Verfahren auch als ein Aus-nutzen des Richtungsfeldes interpretieren: Ausgehend vondem Punkt (x0, y0) wird mit der Steigung f (x0, y0) um h

nach rechts gegangen, um den Punkt (x1, y1) zu erhalten.Dieser Vorgang wird dann immer weiter wiederholt, sieheAbbildung 13.19. Wir wollen das Verfahren in der Praxiserproben.

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Starte mit y0 = a

und j = 0

Setze

yj+1 = yj + h f (xj , yj )

Erhöhe j um 1

Ist j = N ?ja

nein

fertig

Abbildung 13.18 Der Algorithmus des Euler-Verfahrens als Flussdiagramm.

x

y

(x0, y0)

(x1, y(x1))

(x2, y(x2))

(x1, y1)

(x2, y2)

hh

Abbildung 13.19 Die ersten zwei Schritte bei einem Euler-Verfahren. DiePunkte (xj , yj ) bilden Approximationen von (xj , y(xj )).

Beispiel Eine Näherung für die Lösung des Anfangswert-problems

y′(x) = (x − 1)2

x2 + 1y(x), x > 0,

y(0) = 1,

soll mithilfe des Euler-Verfahrens auf dem Intervall [0, 1]berechnet werden. In der Abbildung 13.20 ist die tatsächlicheLösung rot eingezeichnet. Sie ist übrigens

y(x) = exp(x)

1 + x2, x > 0.

Ebenfalls zu sehen sind die mit dem Euler-Verfahren berech-neten Näherungslösungen für N = 4, 8, 16, 32, 64. Für

x

y(x)

0.25 0.5 0.75 1.0

1.0

1.2

1.4

exp(x)

1+x2

Abbildung 13.20 Näherungslösungen, die mit dem Euler-Verfahren für ver-schiedene Werte vonN berechnet wurden. Die richtige Lösung ist die rote Kurve.Bei den niedrigenWerten fürN markieren die Kringel die tatsächlich berechnetenWerte.

die ersten drei Werte von N sind die tatsächlich berechne-ten Punkte durch Kringel markiert, diese Punkte sind durchStrecken verbunden.

Offensichtlich wird die Approximation mit zunehmendemN besser. Wir wollen uns dies in einer Tabelle für den WertxN = 1 genauer anschauen. Aufgelistet sind jeweils N ,der berechnete Wert yN und der Fehler zum korrekten Werty(1) = e/2:

N yN Fehler

4 1.50108 0.141938 1.42929 0.0701516 1.39400 0.0348632 1.37652 0.0173864 1.36781 0.00867

Offensichtlich führt eine Verdopplung von N , also eineHalbierung der Schrittweise, ziemlich genau auch zu einerHalbierung des Fehlers. Man kann tatsächlich zeigen, dassdies der Fall sein muss. Mit dieser Frage wollen wir uns imKapitel 28 noch im Detail beschäftigen. �

Es mag zunächst überraschen, dass der Fehler im Euler-Verfahren sich wie h verhält, obwohl wir doch bei der Her-leitung der Näherungsformel einen Term der Größenordnungh2 weggelassen haben. Den Grund erkennt man in der Abbil-dung 13.19: Die Fehler aus den einzelnen Schritten kumulie-ren, sodass man in der Summe eine Größenordnung verliert.

Im Beispiel oben kennen wir bereits die richtige Lösung undkönnen dadurch das Konvergenzverhalten des Verfahrens ge-nau untersuchen. Dadurch ist auch sofort überprüfbar, dass inunserem Computerprogramm kein Fehler steckt. Hätten wireinen Programmierfehler gemacht, schlägt sich das sofortauf das Konvergenzverhalten nieder: Entweder konvergiertdas Verfahren gar nicht mehr oder es weist eine unerwartetschlechte Konvergenzordnung auf.

Im Allgemeinen ist die korrekte Lösung jedoch nicht be-kannt. Wie erkennt man dann, ob der Rechner richtige Zah-lenwerte liefert? Es gibt dazu eine Reihe von Möglichkeiten:

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Beispiel: Mehrfache Nullstellen des Charakteristischen PolynomsBestimmen Sie die allgemeine Lösung der linearen Differenzialgleichung mit konstanten Koeffizienten

y′′′(x) − 3y′′(x) + 3y′(x) − y(x) = 0.

Problemanalyse und Strategie: Das charakteristische Polynom besitzt nur eine einzige Nullstelle. Daher liefert derExponentialansatz nur eine einzige Lösungsfunktion, obwohl bei einer Differenzialgleichung 3. Ordnung drei solcheFunktionen zu erwarten sind. Durch einen neuen Ansatz werden auch diese Lösungen gefunden.

Lösung:Für diese Differenzialgleichung lautet das charakteristi-sche Polynom

λ3 − 3λ2 + 3λ − 1 oder äquivalent (λ − 1)3.

Es gibt daher nur eine einzige Nullstelle λ = 1. Der Expo-nentialansatz liefert daher ebenfalls nur eine einzige Lö-sung, die Funktion

y1(x) = c1 exp(x).

Wie können weitere Lösungen bestimmt werden? Dazumacht man einen Ansatz der Form

y(x) = v(x) y1(x).

Diese Methode, die Reduktion der Ordnung genanntwird, kann sehr allgemein bei linearen Differenzialglei-chungen angewandt werden: Ist eine Lösung y1 einer ho-mogenen linearen Differenzialgleichung n-ter Ordnungbekannt, so erhält man durch den obigen Ansatz eine li-neare Differenzialgleichung der Ordnung n − 1 für v′.Das sieht man so: Die Ableitungen von y werden nachder Produktregel bestimmt. Genau die Terme, in denen v

nicht abgeleitet wird, ergeben in der Summe null, da jay1 Lösung der homogenen Differenzialgleichung ist. Üb-rig bleiben also nur Ableitungen von v von den Graden1 bis n.Für das Beispiel sieht das so aus: Die Ableitungen von y

sind

y(x) = v(x) exp(x),

y′(x) = (v(x) + v′(x)) exp(x),

y′′(x) = (v(x) + 2v′(x) + v′′(x)) exp(x),

y′′′(x) = (v(x) + 3v′(x) + 3v′′(x) + v′′′(x)) exp(x).

Wir setzen diese in die Differenzialgleichung ein und er-halten

0 = (v(x) + 3v′(x) + 3v′′(x) + v′′′(x)) exp(x)

− 3 (v(x) + 2v′(x) + v′′(x)) exp(x)

+ 3( v(x) + v′(x)) exp(x) − v(x) exp(x)

= v′′′(x) exp(x).

In diesem einfachen Beispiel hebt sich nicht nur die Funk-tion v heraus, sondern auch ihre erste und zweite Ablei-tung. Es bleibt eine Differenzialgleichung 2. Ordnung fürv′. Der Name Reduktion der Ordnung ist also gerecht-fertigt, auch wenn noch immer eine dritte Ableitung auf-taucht.Da die Exponentialfunktion niemals null wird, bleibt nurdie Gleichung

v′′′(x) = 0.

Dies bedeutet, dass v ein Polynom zweiten Grades ist, also

v(x) = c1 + c2 x + c3 x2.

Dies setzen wir wieder in unseren Ansatz ein, und erhalten

y(x) = c1 exp(x) + c2 x exp(x) + c3 x2 exp(x).

Ein Wort zur Konstante c1, die schon in der Funktion y1vorgekommen ist: Wir haben sie hier streng genommen fürzwei verschiedene Konstanten verwendet, aber die Pro-dukte von beliebigen Konstanten sind wieder beliebigeKonstanten. Dies darf man, und das ist bei Differenzial-gleichungen üblich, großzügig ausnutzen.In der Funktion y haben wir also die ursprüngliche Lösungy1 wiedergefunden, daneben aber zwei neue Lösungen

y2(x) = x exp(x) und y3(x) = x2 exp(x).

Kommentar: Man kann allgemein zeigen, dass bei m-fachen Auftreten einer Nullstelle λ des charakteristischen Poly-noms die weiteren Lösungen einer homogenen linearen Differenzialgleichung durch Multiplikation des Exponentialan-satzes mit den Monomen xp für p = 1, . . . , m − 1 bestimmt sind:

exp(λ x), x exp(λ x), x2 exp(λ x), . . . xp−1 exp(λ x)

Doch statt dieses Ergebnis auswendig zu lernen, ist es für das Verständnis viel besser, die Reduktion der Ordnungnachzuvollziehen. Dann erhält man diese Lösungen stets von selbst.

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und bei λ > 0 liegen a und y auf derselben Seite von bc . �

ist somit gleich der Menge aller Punkte der abgeschlossenenDreiecksscheibe, also der Punkte, die bei λ, μ, ν > 0 imDreiecksinneren und sonst auf dem Rand liegen.

Beispiel Nach dem obigen Beispiel auf Seite 628 bildendie vier Punkte

a =⎛⎝

1−2

1

⎞⎠, b =

⎛⎝

433

⎞⎠, c =

⎛⎝

342

⎞⎠, d =

⎛⎝

0−1

0

⎞⎠

ein Parallelogramm. Berechnen Sie dessen Mittelpunkt m.

Der Mittelpunkt m der Diagonale ac hat die Eigenschaft m−a = c−m, also 2m = a+c . Wir erhalten daraus die spezielleKonvexkombinationen

m = 12 (a + c) = 1

2 (b + d),

nachdem a + c = b + d kennzeichnend ist für das Paral-lelogramm abcd . Durch Einsetzen der obigen Koordinatenfolgt

m = 1

2

⎛⎝

423

⎞⎠ =

⎛⎝

2132

⎞⎠. �

?Welche der folgenden Aussagen ist richtig ?

Liegt der Punkt x auf der Verbindungsgeraden von a undb, so ist x eine Linearkombination von a und b .Jede Linearkombination von a und b stellt einen Punktder Verbindungsgeraden ab dar.

?Gegeben sind drei Punkte a, b, c . Deren arithmetisches Mit-tel s = 1

3 (a + b + c) ist der Schwerpunkt des Punktetripels.

Angenommen, die drei Punkte a, b, c bilden ein Dreieck.Warum liegt s stets im Inneren dieses Dreiecks ?Zeigen Sie, dass s auf der Verbindungsgeraden von c mitdem Mittelpunkt von a und b liegt.

Im Anschauungsraum ist zwischen Rechts- undLinkssystemen zu unterscheiden

Auf dem Weg, unsere physikalische Welt mathematisch zubeschreiben, setzen wir voraus, dass wir Distanzen undWinkel messen können. Was wir schon bisher stillschwei-gend angenommen haben, soll nun besonders betont werden:Wir verwenden im Folgenden ausschließlich ein Koordina-tensystem (o; B) (siehe Kapitel 18), dessen Basisvektoren{b1, b2, b3} orthonormiert, d. h. paarweise orthogonal undvon der Länge 1 sind. Derartige Koordinatensysteme heißennach René Descartes kartesisch.

0

b1

b2

b3

+90◦

Abbildung 19.7 Ein orthonormiertes Rechtskoordinatensystem.

Zudem fordern wir, dass die Basisvektoren in der Reihen-folge (b1, b2, b3) ein Rechtssystem bilden, d. h. sich ihreRichtungen der Reihe nach durch den Daumen, Zeigefin-ger und Mittelfinger der rechten Hand angeben lassen. Manspricht dann auch von einem kartesischen Rechtssystem.Häufig werden wir uns den dritten Basisvektor und damitdie dritte Koordinatenachse lotrecht, und zwar nach obenweisend vorstellen. Dann liegen b1 und b2 horizontal. Vonoben gesehen erfolgt die Drehung von b1 nach b2 durch90◦ im mathematisch positiven Sinn (siehe Abbildung 19.7).Spiegelbildlich zu einem Rechtssystem ist ein Linkssystem.Hier folgen die drei Basisvektoren aufeinander wie Daumen,Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand (siehe Abbil-dung 19.8).

b1

b2

b3

b1

b2

b3

Abbildung 19.8 Merkregel für die Anordnung der Basisvektoren:b1 =Daumen,b2 = Zeigefinger, b3 = Mittelfinger – wie wenn man mit den Fingern „1,2,3“zählt. Die rechte Hand bestimmt ein Rechtssystem, die linke ein Linkssystem.

Wir werden die Bezeichnung Rechtssystem später auch aus-dehnen auf drei Vektoren, die nicht paarweise orthogo-nal sind, die aber trotzdem der Rechten-Hand-Regel fol-gen. Dabei dürfen wir voraussetzen, dass die von zweiFingern eingeschlossenen Winkel zwischen 0◦ und 180◦liegen.

?Angenommen, wir stellen ein Rechtssystem „auf den Kopf“,d. h., wir verdrehen es derart, dass der dritte Basisvektor nachunten weist. Wird das Rechtssystem dadurch zu einem Links-system ?

13Leseprobe aus Kap. 19 Analytische Geometrie – Rechnen statt Zeichnen

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Anwendung: Die Geometrie hinter dem Global Positioning System (GPS)Das Global Positioning System (GPS) hat die Aufgabe, jedem Benutzer, der über ein Empfangsgerät verfügt, dessen genauePosition auf der Erde mitzuteilen, wo auch immer er sich befindet. In der gegenwärtigen Form beruht das GPS auf 29 Satelliten,welche die Erde ständig umkreisen und derart verteilt sind, dass mit Ausnahme der polnahen Gebiete für jeden Punkt der Erdestets mindestens vier Satelliten über dem Horizont liegen. Jeder Satellit Si , i ∈ {1, 2, . . . }, kennt zu jedem Zeitpunkt seinegenaue Raumposition si und teilt diese laufend den Empfängern per Funk mit.Andererseits kann das Empfangsgerät die Distanz di zwischen seiner Position x und der augenblicklichen Satellitenposition si

messen – und zwar erstaunlicherweise anhand der Dauer, welche das Funksignal vom Satelliten zum Empfänger braucht. Das istvereinfacht so zu sehen: Der Satellit in der Position si funkt die Zeitansage 8:00 Uhr, und diese trifft beim Empfänger x gemäßdessen Uhr mit einer gewissen Zeitverzögerung ti ein, woraus durch Multiplikation mit der Lichtgeschwindigkeit c die Distanz‖si − x‖ = di = c ti folgt. Dabei ist allerdings eine wesentliche Fehlerquelle zu beachten: Während die Atomuhren in denSatelliten sehr genau synchronisiert sind, ist dies bei den Empfängeruhren technisch nicht möglich. Geht etwa die Empfängeruhrum t0 vor, so erscheinen alle Distanzen um dasselbe d0 = c t0 vergrößert.

Es gibt vier Unbekannte, nämlich die drei Koordinatenx1, x2, x3 von x und den durch die mangelnde Synchro-nisation der Empfängeruhr entstehenden Distanzfehlerd0 ∈ R . Stehen vier Satellitenpositionen si , i = 1, . . . , 4 ,samt zugehörigen Distanzen di = ‖si −x‖ zur Verfügung,so müssen die vier Unbekannten die vier quadratischenGleichungen

qi(x, d0) = (si − x)2 − (di − d0)2 = 0

oder ausführlich

x ·x − 2(si ·x)+ si · si − d20 + 2did0 − d2

i = 0 (19.13)

erfüllen. Wir zeigen, dass sich dieses nichtlineare Glei-chungssystem auf drei lineare und eine einzige quadrati-sche Gleichung zurückführen lässt.Wir subtrahieren von der ersten Gleichung die Gleichun-gen 2, 3 und 4 und erhalten

qj (x, d0) − q1(x, d0) = 2(sj − s1) · x−−2(dj − d1)d0 − d2

1 + d2j + ‖s1‖2 − ‖sj‖2 = 0

(19.14)

ss1

ss2s3

s4

xx

GPS: Es werden die Distanzen von 4 oder mehr Satelliten si zumEmpfänger x gemessen.

für j = 2, 3, 4 . Dies sind drei lineare Gleichungen. Wennfür eine Lösung dieses linearen Systems neben

q1(x, d0) = q2(x, d0) = q3(x, d0) = q4(x, d0)

auch noch q1(x, d0) = 0 gilt, so sind alle vier quadrati-schen Gleichungen aus (19.13) erfüllt.Sind die drei linearen Gleichungen in (19.14) linear un-abhängig, so gibt es eine einparametrige Lösung, diewir mithilfe eines Parameters t ansetzen können in derForm

(x

d0

)=(

d̃0

)+ t

(u

v

)bei t ∈ R .

Dabei schreiben wir abkürzend ein Vektorsymbol anstelledes Koordinatentripels.Wir setzen diese Lösung in die quadratische Gleichungq1(x, d0) = 0 ein und erhalten als Bedingung für t

‖x̃‖2 + 2(̃x · u)t + ‖u‖2t2 − 2(s1 · x̃) − 2(s1 · u)t ++ ‖s1‖2 = d̃2

0 + 2d̃0vt + v2t2 − 2d1d̃0 − 2d1vt + d21 .

Nach Potenzen der verbleibenden Unbekannten t geordnetlautet diese quadratische Gleichung

[‖u‖2 − v2]t2 + 2

[(̃x ·u) − (s1 ·u) + d1v − d̃0v

]t +

[‖x̃‖2 − 2(s1 ·x̃) + ‖s1‖2 − d̃20 + 2d1d̃0 − d2

1

] = 0 .

Die zwei Lösungen t1 und t2 dieser Gleichungen sind anstellet in der obigen Parameterdarstellung einzusetzen und ergebenzwei mögliche Positionen x1 und x2 des Empfängers. Dierichtige Lösung ist in der Regel leicht zu identifizieren, weilgrobe Näherungswerte für x vorliegen. Zumeist wird bereitsdie Information ausreichen, dass sich der Empfänger auf derErdoberfläche aufhält.

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Die Normalprojektion auf eine Ebene und dieSpiegelung an dieser Ebene hängen engzusammen

Für das Spiegelbild x′ von x bezüglich der Ebene E mit demnormierten Normalvektor n gilt (siehe Abbildung 19.23)

12 (x + x′) = xn, also x′ = 2 xn − x .

In Matrizenschreibweise bedeutet dies

x′ = 2k n + 2(E3 − N) x − x

mit N als dyadischem Quadrat von n .

Darstellung der Spiegelung an einer Ebene

Die Spiegelung an der Ebene E mit der Hesse’schen Nor-malform n · x − k = 0 lautet

x �→ x′ = 2k n + (E3 − 2N) x (19.22)

mit N = n nT .

?Warum ist die bei der Spiegelung auftretende Matrix selbst-invers, d. h., warum gilt (E3 − 2N)−1 = (E3 − 2N) ?

Kommentar: Die Spiegelung an E und ebenso die Nor-malprojektion auf E sind bei k �= 0 keine linearen Abbil-dungen mehr, denn ihre Koordinatendarstellungen sind vonder Art x �→ x′ = a + A · x mit a �= 0 . Dieser zusätzlicheSummand bewirkt, dass das Bild von y = λx bei λ �= 1verschieden ist von λx′, zumal

y′ = a + A λx �= λ (a + A x) .

Und auch das Bild einer Summe (x + y) ist verschieden vonder Summe (x′ + y′) der Bilder.

Punktabbildungen mit einer Darstellung x′ = a+A x heißenübrigens affin.

Abstände von Geraden sind mittelsVektorprodukt zu berechnen

Angenommen, es sind die Gerade G = p + Ru und derPunkt a außerhalb von G gegeben. Zur Berechnung des Ab-standes d des Punktes a von der Geraden G bestimmen wirzuerst einen Normalvektor der Verbindungsebene aG, näm-lich (siehe Abbildung 19.25)

n = (a − p) × u .

G

d

aa − p

p u

u × (a−p)

Abbildung 19.25 Der Abstand des Punktes a von der Geraden G.

Dann ist ‖n‖ gleich dem Inhalt des von u und a − p auf-gespannten Parallelogramms. Die Höhe dieses Parallelo-gramms gegenüberu ist gleich der gesuchten Distanz, worausunmittelbar die Formel folgt.

Abstand Punkt–Gerade im R3

Für den Abstand d des Punktes a von der GeradenG = p + Ru gilt

d = ‖(a − p) × u‖‖u‖ .

Zu je zwei Geraden G = p + Ru und H = q + Rv gibt esein Gemeinlot N , also eine Gerade, welche G und H unterrechtem Winkel schneidet (siehe Abbildung 19.26). Sind G

und H nicht parallel, also deren Richtungsvektoren u und v

linear unabhängig, so ist die gemeinsame Normale eindeutig.Wir zeigen im Folgenden, wie dieses Gemeinlot N berechnetwerden kann.

n = u × v ist ein Richtungsvektor der gemeinsamen Nor-malen N . Es seien a bzw. b die auf G bzw. H gelegenenFußpunkte von N , d. h.

a = p + λu, b = q + μv und b − a = ν n .

Dann definiert d = ‖νn‖ = |ν| ‖n‖ den Abstand zwischenden Geraden G und H .

G

H

a

b

x

yN

ϕ

d

Abbildung 19.26 Die gemeinsame Normale N der Geraden G und H .

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Vertiefung: Der Existenzsatz von PeanoDer Satz von Picard-Lindelöf garantiert eine eindeutige Lösung eines Anfangswertproblems, sofern die Funktion der rechtenSeite einer Reihe von Bedingungen genügt: Sie muss stetig und beschränkt sein, ferner lipschitz-stetig bezüglich ihres zweitenArguments. Es stellt sich die Frage, welche Aussagen noch möglich sind, falls die Voraussetzungen abgeschwächt werden.

Die stärkste Voraussetzung beim Satz von Picard-Lindelöfist die Lipschitz-Bedingung bezüglich des zweiten Argu-ments. Es liegt daher nahe zu untersuchen, welche Aus-sagen noch möglich sind, falls diese Bedingung verletztist.

Wir betrachten als erstes Beispiel das Anfangswertpro-blem

y′(x) = √y(x), x ∈ [−a, a],

y(0) = 0.

Hierbei ist a irgendeine positive Zahl.

Man erkennt sofort, dass die Nullfunktion eine Lösungdieses Anfangswertproblems ist. Eine weitere Lösung er-halten wir aber durch Trennung der Veränderlichen. Esgilt

y′(x)√y(x)

= 1,

2√

y(x) = x − c,

y(x) =(

x − c

2

)2

.

Durch Kombination der Nullfunktion mit dieser Funk-tion für x > c bzw. x < c kann man unendlich vieleverschiedene Lösungen des Anfangswertproblems kon-struieren. Die Abbildung zeigt die beiden Lösungszweigey(x) = x2/4 und die Nullfunktion, sowie die weitere Lö-sung

y(x) ={

(x − 1)2/4, x > 1

0, x ≤ 1.

Jede dieser Lösungen ist auf R stetig differenzierbar. Ana-log können beliebig viele weitere konstruiert werden.

y(x)

xa−a

x2

4

(x−1)2

4

0c = 1

Die Eindeutigkeit der Lösung geht verloren, da die Funk-tion auf der rechten Seite der Differenzialgleichung keinerLipschitz-Bedingung genügt. Allerdings ist sie stetig undauf jedem Rechteck [−a, a] × [0, b] auch beschränkt.

An diesem einfachen Beispiel erkennen wir also, dass dieLipschitz-Bedingung im Satz von Picard-Lindelöf für die

Eindeutigkeit der Lösung entscheidend ist. Bloße Stetig-keit der Funktion der rechten Seite ist dafür nicht ausrei-chend. Allerdings bleibt die Frage, ob denn wenigstens dieExistenz einer oder mehrerer Lösungen garantiert ist.

Dies ist in der Tat richtig. Der Satz, der diese Aussagemacht, heißt Existenzsatz von Peano nach dem italieni-schen Mathematiker Giuseppe Peano (1858–1932). SeinBeweis ist vom Prinzip her dem Beweis des Satzes vonPicard-Lindelöf ähnlich. Allerdings findet statt dem Ba-nach’schen Fixpunktsatz der Fixpunktsatz von SchauderAnwendung. Der entscheidende Punkt hierbei ist, dass derdurch Gleichung (28.4) definierte Operator kompakt ist.Eine Definition dieser Eigenschaft von Operatoren und

über Funktionalanalysis betrachten.

√1 − x2

1−1

Ein weiteres, klassisches Beispiel für eine Differenzial-gleichung, bei der es bei Anfangswertproblemen mehrereLösungen geben kann, ist die Clairaut’sche Differenzial-gleichung, die wir in Aufgabe 13.4 vorgestellt haben. Be-trachten wir etwa das Anfangswertproblem

y(x) = x y′(x) +√

1 + y′(x)2, x ∈ (−1, 1),

y(0) = 1,

so ist sowohl die Einhüllende

y(x) =√

1 − x2

als auch jede ihrer Tangenten, zum Beispiel die Gerade

y(x) = 1,

eine Lösung. Für Anfangswerte y(0) = y0 mit y0 > 1gibt es zwei Lösungen, die Tangenten an die Einhüllendesind, für 0 < y0 < 1 existieren keine Lösungen.

einige Konsequenzen davon werden wir im Kapitel 31

Differenzialgleichungssysteme – ein allgemeiner Zugang zu DifferenzialgleichungenLeseprobe aus Kap. 2816

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Anwendung: Gekoppelte PendelIn vielen physikalischen Systemen hat man es mit Schwingungsvorgängen zu tun, die einander beeinflussen. Der einfachste Fallzweier harmonischer Oszillatoren, die durch eine Feder gekoppelt sind, ist ein klassisches Problem der mathematischen Physik.Er lässt sich durch ein System von linearen Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten beschreiben.

Bei einem Fadenpendel ist eine Masse m an einem Fa-den der Länge L aufgehängt. Wird die Masse aus ihrerRuhelage ausgelenkt, so beginnt sie zu schwingen. Diemathematische Gleichung hierfür hatten wir schon in derAnwendung auf Seite 812 hergeleitet. Sie lautet

ϕ′′(t) + g

Lsin(ϕ(t)) = 0,

wobei ϕ(t) den Winkel bezeichnet, um den das Pendelzum Zeitpunkt t aus der Ruhelage ausgelenkt ist.Geht man davon aus, dass die Auslenkungen nur kleinsind, so kann man die Differenzialgleichung linearisieren.Sie lautet dann

ϕ′′(t) + g

Lϕ(t) = 0,

also einfach die Gleichung des harmonischen Oszillators.

ϕ1ϕ2

Die Abbildung zeigt nun die Situation, in der zwei Faden-pendel mit gleicher Masse m und gleicher Fadenlänge L

nebeneinander aufgehängt und durch eine Feder mitein-ander verbunden sind. Dabei soll ϕ1 die Auslenkung deslinken und ϕ2 die Auslenkung des rechten Pendels bedeu-ten. Durch die Kopplung verschiebt sich die Ruhelage desSystems ein wenig aus der Position, in der beide Pendelsenkrecht herabhängen. Da wir jedoch ein Linearisierungdes Systems um diese Ruhelage betrachten, bereitet dieskeine Schwierigkeiten. Zu beachten ist aber, dass die Grö-ßen ϕj stets die Auslenkungen der Pendel aus der Ru-helage bezeichnen, wie dies in der Abbildung – plakativübertrieben – dargestellt ist.Durch die Feder wirkt eine zusätzliche Kraft auf die bei-den Massen. Wiederum im Fall kleiner Auslenkungen, indem die Linearisierung eine gute Approximation ist, istdiese Kraft proportional zur Differenz der beiden Auslen-

kungen. Wir erhalten das System

ϕ′′1 (t) = − g

Lϕ1(t) − D

m(ϕ1(t) − ϕ2(t)),

ϕ′′2 (t) = − g

Lϕ2(t) + D

m(ϕ1(t) − ϕ2(t)).

Mit der Substitution y(t) = (ϕ1(t), ϕ′1(t), ϕ2(t), ϕ

′2(t))

erhalten wir ein Differenzialgleichungssystem erster Ord-nung mit konstanten Koeffizienten,

y′(t) =

⎛⎜⎜⎝

0 1 0 0a 0 b 00 0 0 1b 0 a 0

⎞⎟⎟⎠ y(t),

mit

a = − g

L− D

mund b = D

m.

Wir haben genau diese Anwendung schon einmal im Kapi-tel 18 auf Seite 610 betrachtet. Dort wurden die Eigenwerteund Eigenvektoren der Matrix bestimmt. Die Eigenwertesind ±i

√g/L und ±i

√g/L + 2D/m. Es treten also har-

monische Schwingungen von zwei unterschiedlichen Fre-quenzen auf. Die zugehörigen Eigenvektoren beschreibendie Schwingung der beiden Pendel in Phase und in entge-gengesetzter Phase. Die Frequenz

√g/L bei der Schwin-

gung in Phase ist genau die Frequenz eines einzelnen Pen-dels. In diesem Fall schwingen beide Pendel synchron undspüren die koppelnde Feder daher nicht.

t

ϕ(t)

4 8

−0.1

0.1

ϕ1(t)ϕ2(t)

Ein besonders interessanter Fall tritt bei sehr schwacherKopplung auf, wenn also g/L deutlich größer ist als D/m.Die beiden Eigenwerte sind dann vom Betrag her nahezugleich groß. Wird nun nur ein Pendel ausgelenkt, so tretenSchwebungen auf: Die Bewegungsenergie wandert voneinem Pendel zum anderen und wird wieder zurück über-tragen. Die Abbildung zeigt eine Illustration für die Werteg = 10 m/s2, L = 0.2 m, m = 0.2 kg und D = 1 N/m.

Differenzialgleichungssysteme – ein allgemeiner Zugang zu DifferenzialgleichungenLeseprobe aus Kap. 28 17

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Übersicht: Numerische Verfahren (kapitelübergreifend)Für die praktische Lösung vieler Problemstellungen nimmt die numerische Mathematik eine zunehmend wichtige Stellung ein.Ihr Aufgabenfeld ist die Beschreibung und Analyse von Verfahren zur Lösung mathematischer Probleme durch den Computer.Zu vielen realen Problemen aus Naturwissenschaften und Technik lassen sich die gesuchten Antworten nicht mit analytischenMethoden bestimmen, sondern es kann nur auf numerischem Weg eine Lösung gefunden werden. Dabei ist für die Praxis einehinreichend genaue Näherung meist genauso aussagekräftig wie die mathematisch exakte Lösung. Anstelle der numerischenMathematik ein eigenes Kapitel zu widmen, wurden relevante numerische Verfahren an verschiedenen Stellen des Buchesbeschrieben.

DefinitionUnter einem numerischen Verfahren verstehen wir eineVorschrift, in einer endlichen Anzahl von Rechenschrittenaus gegebenen Daten zu numerischen Werten zu gelangen.Diese stellen im Allgemeinen eine Näherung an die Lö-sung der ursprünglichen mathematischen Aufgabe da. Einsolches, nach endlich vielen Schritten beendet Verfahren,wird auch Algorithmus genannt.

Beispiele für numerische VerfahrenDezimaldarstellungen irrationaler ZahlenMan sucht die ersten n Stellen der exakten Dezimal-darstellung einer irrationaler Zahl. Mit dem Heron-Verfahren (siehe Seite 155) können zum Beispiel Nä-herungen an Quadratwurzeln bestimmt werden.Lösung von GleichungenKann eine Gleichung nicht explizit aufgelöst werden,kann man ein Näherungsverfahren zur Berechnungder Lösung einsetzen. Ein Beispiel ist das Newton-Verfahren (siehe Seite 282).InterpolationEs soll eine Funktion gefunden werden, die durch eineendliche Zahl von Punkten verläuft. Wir haben die In-terpolation durch Polynome (siehe Seite 90) und durchSplines (Abschnitt 10.5) kennengelernt.QuadraturDie näherungsweise Berechnung von Integralen erfolgtüber Quadraturformeln (siehe Abschnitt 12.5)Lineare GleichungssystemeZur Lösung großer linearer Gleichungssysteme setztman den Computer ein. Der Gauß-Algorithmus wird alsdie LR-Zerlegung implementiert (siehe Seite 531). Da-neben gibt es iterative Verfahren, wie das Gauß-Seidel-Verfahren (Seite 472) oder das CG-Verfahren (Seite684). Auch die Singulärwertzerlegung (Abschnitt 21.4)kann zur numerischen Lösung linearer Gleichungssy-steme verwendet werden.Gewöhnliche DifferenzialgleichungenBei gewöhnlichen Differenzialgleichungen haben wirin den Abschnitten 13.2 und 28.5 Einzelschrittver-fahren für Anfangswertprobleme beschrieben. Im Ab-schnitt 28.6 wurden verschiedene Verfahren für Rand-wertprobleme vorgestellt, etwa Differenzenverfahrenund die Methode der finiten Elemente.Partielle DifferenzialgleichungenViele Anwendungsprobleme lassen sich durch partielleDifferenzialgleichungen beschreiben. Je nach dem Typ

der Gleichung kommen unterschiedliche numerischeVerfahren zum Einsatz (Abschnitt 29.5).

DiskretisierungenEine Funktion kann in einem numerischen Verfahren imAllgemeinen nicht exakt dargestellt werden, da nur end-lich viele Funktionswerte verwendet werden können. Da-her verwendet man Diskretisierungen: Der Definitions-bereich wird mit einem Gitter diskreter Punkte überzo-gen und so in endlich viele Bereiche zerlegt. Beispielesind die Interpolationspunkte bei der Interpolation, Qua-draturpunkte bei den Quadraturformeln oder die Gitterbei den Einzelschrittverfahren für Anfangswertprobleme.Den Abstand zwischen den Punkten der Diskretisierungnennt man auch Schrittweite.

KonvergenzEin numerisches Verfahren enthält oft einen oder mehrereParameter, der die Dauer der Berechnung aber auch dieGenauigkeit der Approximation steuert. Ein Beispiel istdie Schrittweite der gewählten Diskretisierung: Ein feine-res Gitter bedeutet mehr Aufwand, aber eben hoffentlichauch eine bessere Approximation. Bei iterativen Verfah-ren wie dem CG-Verfahren für lineare Gleichungssystemeoder dem Newton-Verfahren spielt die Anzahl der Itera-tionen die Rolle dieses Parameters.Falls die numerische Lösung sich der exakten Lösung beientsprechender Wahl der Parameter beliebig gut annähert,spricht man von einem konvergenten Verfahren. DieKonvergenzordnung beschreibt die Geschwindigkeit, inder die Konvergenz erfolgt.

Fehler und StabilitätBei numerischen Verfahren wird an vielen Stellen appro-ximiert. Dadurch entstehen Fehler. Durch die Diskretisie-rung werden Funktionen nicht exakt dargestellt, man er-hält Diskretisierungsfehler. Gegebenenfalls sind die Ein-angsdaten durch eine Messung bestimmt und daher miteinem Datenfehler behaftet. Durch die Darstellung al-ler Zahlen im Computer entstehen darüber hinaus Run-dungsfehler. Bei einem gutartigen Verfahren haben kleineFehler auch immer nur geringe Auswirkungen auf die Nä-herungslösung. Solche Verfahren nennt man stabil. Bei-spiele für Verfahren mit Stabilitätsproblemen sind die Ein-zelschrittverfahren für Anfangswertprobleme bei steifenDifferenzialgleichungen (Abschnitt 28.5) und das Schieß-verfahren für Randwertprobleme (ab Seite 839).

18 Differenzialgleichungssysteme – ein allgemeiner Zugang zu DifferenzialgleichungenLeseprobe aus Kap. 28

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Zusammenfassung

In diesem Kapitel wird der Begriff der Wahrscheinlichkeiteingeführt.

Ereignisse lassen sich als Teilmengen einerObermenge beschreiben

In Analogie zu Flächenberechnungen werden Ereignisse alsElemente einer σ -Ereignisalgebra eingeführt. Damit könnenalle elementaren Operationen der Mengenlehre abzählbar un-

Endergebnis wieder Ereignisse. So wie man Flächen einenInhalt zuordnet, werden Ereignissen Wahrscheinlichkeitenzugeordnet.

Die drei Axiome von Kolmogoroff bilden dasFundament der Wahrscheinlichkeitstheorie

Die Axiome von Kolmogoroff legen die Regeln fest, deneneine „Wahrscheinlichkeit“ zu gehorchen hat. Dabei bleibt derBegriff „Wahrscheinlichkeit“ selbst inhaltlich offen.

Die drei Axiome von Kolmogoroff

Ist � eine Obermenge und S eine σ -Algebra von Teil-mengen von �. Eine Abbildung P von S nach R heißtWahrscheinlichkeit, Wahrscheinlichkeitsfunktion oderWahrscheinlichkeitsmaß, wenn P die folgenden drei Ei-genschaften besitzt:1. Axiom: Für alle A ∈ S ist 0 ≤ P (A) ≤ 1.

2. Axiom: P (�) = 1.

3. Axiom: Für jede abzählbare Folge von disjunktenMengen Ai ∈ S gilt

P

( ∞⋃i=1

Ai

)=

∞∑i=1

P (Ai) . (37.7)

Ein vollständiges Ereignisfeld ist eineabzählbare Familie von disjunktenEreignissen, von denen eines mit Sicherheiteintreten muss

Ein intuitiver Zugang zum Verständnis von Wahrscheinlich-keit bieten Laplace-Experimente, bei denen nur endlich vielegleichwahrscheinliche, sich paarweise auschließende Ereig-nisse betrachtet werden, von denen aber genau eines eintretenmuss. Umgangsprachliche Begriffe wie der „faire Würfel“,das „gut gemischte“ Kartenspiel, das „ideale“ Roulette lassensich so im Rahmen der Kolmogoroff-Axiomatik einbettenund neu definieren.

Die Laplace-Regel

eignisfeld aus n Ereignissen ist die Wahrscheinlichkeiteines Ereignisses B

P (B) = Anzahl der für B günstigen Ereignisse

n.

Bedingtheit und Unabhängigkeit

Die Wahrscheinlichkeitstheorie unterscheidet sich von dermathematischen Maßtheorie durch zwei zentrale Begriffe,nämlich Bedingtheit und Unabhängigkeit.

Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit

Sind A und B zwei zufällige Ereignisse und ist P (B) �=0, so wird die bedingte Wahrscheinlichkeit von A unterder Bedingung B definiert als

P (A| B) = P (A ∩ B)

P (B).

Dabei lässt sich die bedingte Wahrscheinlichkeit P (A| B)

objektivistisch interpretieren als relative Häufigkeit der Er-eignisse A in der Gesamtheit der Ereignisse, in denen B ein-getreten ist. Subjektiv kann ich P (A|B) interpretieren als

eingetreten ist.

Der Satz der totalen Wahrscheinlichkeit erlaubt es, aus derGesamtheit der bedingten Wahrscheinlichkeiten die unbe-dingte Wahrscheinlichkeit zu bestimmen.

Der Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit

Es sei {Ai : i ∈ I } ein vollständiges Ereignisfeld, das

i sind disjunkt mit⋃

i∈I Ai = �.

B sei ein beliebiges Ereignis mit den bedingten Wahr-scheinlichkeiten P (B| Ai). Dann ist die Wahrschein-lichkeit von B gegeben durch

P (B) =∑i∈I

P (Ai) P (B| Ai) .

Aus diesem Satz und der Definition der bedingten Wahr-scheinlichkeit wird der Satz von Bayes abgeleitet. Er be-schreibt, wie wir aus Beobachtungen lernen können.

Der Satz von Bayes

Ist {Ai : i ∈ I } ein vollständiges Ereignisfeld, B ein(B) �= 0, so ist

P(Aj

∣∣B) = P(B| Aj

)∑

i∈I P (B| Ai) P (Ai)P(Aj

).

Im Laplace-Experiment über einem vollständigen Er-

19Leseprobe aus Kap. 37 Wahrscheinlichkeit – Die Gesetze des Zufalls

meine Einschätzung, dass A eintritt, wenn ich weiß, dass B

weiteres zufälliges Ereignis mit P

heißt, die A

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endlich oft auf Ereignisse angewandt werden und liefern im

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Leseprobe aus Kap. 37 Wahrscheinlichkeit – Die Gesetze des Zufalls20

AufgabenDie Aufgaben gliedern sich in drei Kategorien: Anhand der Verständnisfragen können Sie prüfen, ob Sie die Begriffe undzentralen Aussagen verstanden haben, mit den Rechenaufgaben üben Sie Ihre technischen Fertigkeiten und die Anwendungs-probleme geben Ihnen Gelegenheit, das Gelernte an praktischen Fragestellungen auszuprobieren.

Ein Punktesystem unterscheidet leichte Aufgaben •, mittelschwere •• und anspruchsvolle • • • Aufgaben. Lösungshinweiseam Ende des Buches helfen Ihnen, falls Sie bei einer Aufgabe partout nicht weiterkommen. Dort finden Sie auch die Lösungen– betrügen Sie sich aber nicht selbst und schlagen Sie erst nach, wenn Sie selber zu einer Lösung gekommen sind. Aus-

Viel Spaß und Erfolg bei den Aufgaben!

Verständnisfragen

37.1 • Zeige:∞⋃i=1

Ai = {alle x, die in mindestens einem Ai liegen}∞⋂i=1

Ai = {alle x, die in allen Ai liegen}∞⋂i=1

∞⋃k=i

Ai = {alle x, die in unendlich vielen Ai liegen}∞⋃i=1

∞⋂k=i

Ai = {alle x, die in fast allen Ai liegen}

37.2 • Eine Münze wird zweimal hintereinander ge-worfen. Dabei kann jeweils Kopf oder Zahl geworfen werden.

a) Aus wie vielen Elementen besteht die von allen möglichenElementarereignissen erzeugte σ -Ereignisalgebra S0?

b) Aus welchen Ereignissen besteht die von den EreignissenA = „Der erste Wurf ist Kopf“ und B = „Es wurde min-destens einmal Kopf geworfen“ erzeugte σ -EreignisalgebraS1? Enthält S1 auch: C = „Der zweite Wurf ist Kopf“?

37.3 • Sind bei einem idealen Kartenspiel mit jeweils8 Karten in den vier Farben: „Herz“, „Karo“, „Pik“ und„Kreuz“ (insgesamt 32 Karten) die Ereignisse: „Herz“ und„10“ von einander stochastisch unabhängig?

37.4 •• Zeige: Sind A und B unabhängig, dann sindauch A und BC unabhängig, ebenso B und AC, AC und BC

37.5 ••• Scheich Abdul hat einen zauberhaften Ring, derdie Gabe besitzt, in der Schlacht unverwundbar zu machen.Er hat aber auch drei Söhne, Mechmed, Hassan und Sulei-man, die er alle drei gleich liebt. Da er nicht einen vor demanderen vorziehen will, überlässt er Allah die Entscheidung,wer von den dreien den Schutzring erben soll. Er lässt vombesten Goldschmied des Landes zwei Kopien des Rings her-stellen, so dass am Ende alle drei Ringe äußerlich nicht zuunterscheiden sind. Nun verlost er die drei Ringe an seine dreiSöhne, die auch sofort die Ringe aufsetzen und nie wiederabnehmen.

Nach seinem Tod überfällt der böse Feind mit seinen Trup-pen das Land und alle Brüder wollen in den Krieg ziehen.

Leider hat Hassan Schnupfen, liegt im Bett und kann nichtmitkommen. Die Schlacht wird auch ohne ihn gewonnen.Leider aber ist Suleiman in der Schlacht gefallen. Mechmedbesucht Hassan im Krankenzimmer und erzählt. Da äußert

med tauschen. Nach langem Zögern und Verhandeln willigtMechmed ein, aber nur unter einer Bedingung: Er möchteHassan Lieblingssklavin Suleika dazu haben. Hassans wil-ligt ein, die Ringe werden getauscht. Da fragt Hassan: Sagmal, warum wolltest Du ausgerechnet Suleika haben? Da ge-steht Mechmed: Weißt Du, ich war gar nicht in der Schlacht,ich war die ganze Zeit bei Suleika.

ständnis?

37.6 ••• Vater Martin, Mutter Silke, die Kinder Anjaund Dirk sowie Opa Arnold gehen gemeinsam zum Picknickim Wald spazieren. Auf dem Nachhauseweg bemerken dieKinder plötzlich, dass der Opa nicht mehr da ist. Es gibt dreiMöglichkeiten:

(H): Opa ist schon zuhause und sitzt gemütlich in seinemSessel

( )

jungen Mädchen.

(W): Opa ist in den nahegelegenen Wald gegangen und suchtPilze.

Aufgrund der Gewohnheiten des Opas kennt man die Wahr-scheinlichkeiten für das Eintreten der Ereignisse H, M undW:

P(H) = 15 %; P(M) = 80 %; P(W) = 5 %

Anja wird zurück zum Picknick-Platz und Dirk zum Wald-rand geschickt, um den Opa zu suchen. Wenn Opa auf demPicknick-Platz ist, findet ihn Anja mit 90 %-iger Wahrschein-lichkeit, läuft er aber im Wald herum, wird ihn Dirk mit einerWahrscheinlichkeit von nur 50 % finden.

1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Anja den Opafindet?

2. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eines der Kinderden Opa finden wird?

3. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, den Opa beiRückkehr zuhause in seinem Sessel sitzend anzutreffen, fallsdie Kinder ihn nicht finden sollten?

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führliche Lösungswege, Beweise und Abbildungen finden Sie auf der Website zum Buch.

Hassans eine Bitte: Er will seinen Ring mit dem von Mech-

Frage: Wie bewerten Sie den Tausch vor und nach dem Ge-

M : Opa ist noch auf dem Picknick-Platz und flirtet mit

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Leseprobe aus Kap. 37 Wahrscheinlichkeit – Die Gesetze des Zufalls

Rechenaufgaben

37.9 • 1. An der Frankfurter Börse wurde eine Gruppevon 70 Wertpapierbesitzern befragt. Es stellte sich heraus,dass 50 von ihnen Aktien und 40 Pfandbriefe besitzen. Wieviele der Befragten besitzen sowohl Aktien als auch Pfand-briefe?

2. Aus einer zweiten Umfrage unter allen Rechtsanwälten inFrankfurt wurde bekannt, dass 60 % der Anwälte ein Hausund 80 % ein Auto besitzen. 20 % der Anwälte sind Mitgliedeiner Partei.Von allen Befragten sind 40 % Auto- und Hausbesitzer, 10 %Autobesitzer und Mitglied einer Partei und 15 % Hausbe-sitzer und Mitglied einer Partei. Wie viel Prozent besitzensowohl eine Auto als auch ein Haus und sind Mitglied einerPartei?

37.10 • Wie viele k-stellige Zahlen lassen sich aus denZiffern von 1 bis 9 bilden?

37.11 •• Wie viele verschiedene Arbeitsgruppen mitjeweils 4 Personen kann man aus einer Belegschaft von 9Personen bilden?

37.12 •• An einem Wettkampf beteiligen sich 10 Sport-ler. Sie wollen die drei Medaillengewinner voraussagen. Wieviel Tipps müsssen Sie abgeben, damit Sie mit Sicherheit a)die drei Gewinner dabei haben? Wie viele Tipps brauchenSie, wenn b) auch noch die Rangfolge – Gold, Silber Bronze– stimmen soll?

37.13 • Wie viele verschiedene – nicht notwendigsinnvolle – Worte kann man aus allen Buchstaben der fol-genden Worte bilden? a) dort, b) gelesen, c) Ruderregatta

37.14 ••• Wie viele Arten gibt es, 8 Türme auf ein sonstleeres Schachbrett zu stellen, sodass sie sich nicht schlagenkönnen?

37.15 • Ein Autokennzeichen bestehe aus ein bis dreiBuchstaben gefolgt von 4 Ziffern. Wie viele verschiedeneKennzeichen können so erzeugt werden?

37.16 •• In einem Büro mit 3 Angestellten sind 4 Te-lefonate zu erledigen. Wie viele Möglichkeiten gibt es, diese4 Aufgaben auf die drei Personen zu verteilen?

37.17 •• Zu einer Feier wollen Ihre Gäste Weißweintrinken. Sie haben von drei Sorten jeweils 12 Flaschen imKeller und wollen einige Flaschen im Kühlschrank kaltstel-len. Der Kühlschrank fasst aber nur 6 Flaschen. Wie groß istdie Anzahl der Möglichkeiten, 6 Flaschen auszuwählen undim Kühlschrank zu verstauen?

37.18 •• a) Auf wie viele verschiedene Arten lassensich m verschiedene Kugeln auf n verschiedene Schubladenaufteilen? b) Auf wie viele verschiedene Arten lassen sich m

gleiche Kugeln auf n verschiedene Schubladen aufteilen?

Anwendungsprobleme

37.24 •• Der zerstreute Professor verliert mitunterseine Schlüssel. Nun kommt er abends nach Hause und suchtwieder einmal den Schlüssel. Er weiß, dass er mit gleicherWahrscheinlichkeit in jeder seiner 10 Taschen stecken kann.Neun Taschen hat er bereits erfolglos durchsucht. Er fragtsich, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Schlüs-sel in der letzten Tasche steckt, wenn er weiß, dass er aufdem Heimweg mit 5% Wahrscheinlichkeit seine Schlüsselverliert.

37.25 ••• Die Fußballmannschaften der Länder A, B,C, D stehen im Halbfinale. Hier wird A gegen B und C ge-gen D kämpfen. Die Sieger der Spiele (A : B) und (C : D)

kämpfen im Finale um den Sieg. Nehmen wir weiter an, dassim Spiel der Sieg unabhängig davon ist, wie die Mannschaf-ten früher gespielt haben und wie die anderen spielen. Auslangjähriger Erfahrung kennt man die Wahrscheinlichkeit,mit der eine Mannschaft gegen eine andere gewinnt. DieseWahrscheinlichkeiten mit der die Zeilenmannschaft gegendie Spaltenmannschaft siegt, sind in der folgenden Tabellewiedergegeben:

A B C D

A − 0.7 0.2 0.4B − 0.8 0.6C − 0.1

Zum Beispiel gewinnt A gegen B, mit Wahrscheinlichkeit0.7, im Symbol P (A � B) = 0.7

a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit siegt D im Finale?

b) Mit welcher Wahrscheinlichkeit spielt D im Finale gegenA?

37.26 ••• Ein Labor hat einen Alkoholtest entworfen.Aus den bisherigen Erfahrungen weiß man, dass 60 % dervon der Polizei kontrollierten Personen tatsächlich betrunkensind. Bezüglich der Funktionsweise des Tests wurde ermit-telt, dass in 95 % der Fälle der Test positiv reagiert, wenn diePerson tatsächlich betrunken ist, in 97 % der Fälle der Testnegativ reagiert, wenn die Person nicht betrunken ist.

1. Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Person ein negativesTestergebnis hat und trotzdem betrunken ist?

2. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Test positiv ausfällt?

3. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person be-trunken ist, wenn der Test positiv reagiert?

Verwenden Sie die Symbole A für „Person ist betrunken“und T für „der Test ist positiv“.

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