28
Forschungsstation und Naturschutzgebiet im amazonischen Regenwald PANGUANA

PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

ForschungsstationundNaturschutzgebiet

im amazonischenRegenwald

PANGUANA

Page 2: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut
Page 3: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

Wälder sind die Lebensgrundlage unseres Planeten. Sie regulieren das Klima, sie mildern Witterungsextreme wie Hitze, Frost, Trockenheit und Stürme.

Besonders in den tropischen Regenwäldern werden durch den hohen Anteil an Biomasse enorme Mengen an klimaschädlichem CO2 gespeichert, dasallerdings – bei Holzeinschlag und Brandrodung – freigesetzt wird und dann in die Atmosphäre gelangt.

Die Hofpfisterei fördert Panguana – indem sie den Zukauf von durch Brand-rodung gefährdeter Flächen ermöglicht, um mit ihnen ein vergrößertes zusammenhängendes Schutzgebiet zu schaffen und zu erhalten. So konnte bis Anfang 2013 die ursprüngliche Fläche von Panguana (187 Hektar) auf 873 Hektar erweitert werden. Das Schutzgebiet umfasst derzeit zum größten Teil unberührten Primärregenwald, gesund und großartig.

Ziel der Hofpfisterei ist es, mit diesem nachhaltigen Pilotprojekt einen Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten, gleichzeitig die Erforschung des Regen-waldes, dem vielfältigsten und komplexesten Öko-System unserer Welt, zu fördern.

Panguana könnte zu einem Vorbild für Erhaltung und langfristigen Schutz des Regenwaldes und seiner Bewohner werden. Das Engagement der Hof-pfisterei verbindet ökologische, wissenschaftliche und soziale Arbeit langfristig.

Die Ergebnisse wissenschaftlicher Berechnungen über die CO2-Speicherung in der Biomasse von Regenwäldern sind z.Zt. noch sehr unterschiedlich. Selbst bei der ungünstigsten Berechnung können wir davon ausgehen, dass die vom Firmenverbund Hofpfisterei (Mühle, Bäckerei und Metzgerei) trotzökologischer Betriebsführung noch emittierten CO2-Emissionen, durch unser Engagement für Panguana, mindestens neutralisiert sind.

Siegfried, Margaretha und Nicole Stocker

01

Page 4: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

02

Der Tanz des Paucars

Auf dem Hof einer Urwaldschule im peru -anischen Amazonas-Tiefland tanzen mit Federn und Baströcken geschmückte I n -di anerkinder rhythmisch stampfend zumKlang von Trommeln um einen als Wespeverkleideten Jungen und ein Wespennest aus Pappmaché. Unmittelbar daneben ist ein echtes Nest eines Paucars oder Stirn-vogels an einem Papayabaum aufgehängt.Plötzlich springt ein Fremder in den

Kreis und versucht, die Wespe und ihr Nestmit einer Fackel zu verbrennen, während ein als Stirnvogel kostümierter Junge mit spitzem gelben Schnabel nervös um Wespe und Papaya herumtanzt.

Die kleinen »Krieger«, die in Wirklichkeitzum Wespenvolk gehören, ziehen immer engere Kreise um den Eindringling, bedro-hen ihn mit ihren Stöcken und versuchenihn zu vertreiben und die beiden Nester zu schützen, während das Tempo der Musikschneller und schneller wird.

Dieser originelle Tanz ist eine biologische Metapher und die Asháninka-Kinder zeigenmit ihm ihr biologisches Wissen und ihreVerbundenheit mit der Natur ihrer Regen-waldheimat. Die in Familienverbänden lebenden und nur in der Neuen Welt vor- kommenden Stirnvögel bauen ihre birnen-artigen Hängenester in die Kronen großer Ur waldbäume und meist in unmittelbarer

PANGUANABlick auf Panguanamit Lupuna-Baum,dem Wahrzeichen der Station

Page 5: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

03

Panguana

Nähe eines Wespennestes, in dem hunder -te von enorm aggressiven Wespen Wache hal ten. Die Vögel wissen genau, dass ihrNachwuchs in der Nähe der Wespen gut ge- schü tzt ist. Ihnen gegenüber verhalten dieHautflügler sich seltsamerweise stets fried-lich, doch sowie sich ein Eier- oder Jung-vogeldieb den Nestern nähert, werden dieWespenarbeiterinnen sehr zornig und stür-zen sich auf den Eindringling, um ihre eigene Brut zu verteidigen. Tukane, Affenoder Schlangen, für die Vogeleier und -kü -ken wahre Leckerbissen sind, fürchten diesehr schmerzhaften Stiche der zahlreichenAngreifer und suchen schleu nigst das Weite.

Verständnislose Menschen wollen die Wes-pen und ihre Nester oft abbrennen, dochdurch ihre Vernichtung wäre die Brut derStirnvögel vor Feinden ungeschützt, und das soll verhindert werden. Auch der Baum,an dem die Nester hängen, soll nicht gefälltwerden. Die As háninka-Kinder bekamen dieses einmalige Zusammenspiel von Insek-ten und Vögeln auf einem Schulausflug

in den Wald der fünf Kilometer entferntenbiologischen Station »Panguana« von dendort arbeitenden Naturwissenschaftlern er-klärt. Sie setzten das Gelernte dann in einenwilden Tanz um, eine für die Ureinwohnerdes Regenwaldes sehr typische Ausdrucks-form zur Verarbeitung von Erlebnissen undErfahrungen.

links: Faltenwespean ihrem Nest

hängende Nesterdes Paucars, einerStirnvogelart

unten: Tanz desPaucars in derAsháninka-Schule

Page 6: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

04

Was ist und bedeutet »Panguana«? Die Eltern von Juliane Diller, Leiterin derForschungsstation Panguana, beide deut-sche Bio logen und Ökologen, suchten 1968für ihre Erforschung der Artenvielfalt einenvöllig unberührten Primärregenwald aus.Das Gebiet im andennahen Amazonas-Tiefland liegt an einem Fluss, dem Rio Llullapichis, der in dem etwa 40 km ent-fernten und 2.400 m hohen Sira-Gebirge entspringt. Im Waldesinneren birgt esSchwarzwasser- und Weißwasserbäche, Teiche und Palmensümpfe.

Es weist viele unterschiedliche Habitate auf und ist ideal geeignet für die Erfor-schung der vielfältigen ökologischen Beziehungen von Pflanzen und Tieren. Der Name des Flusses stammt aus der alten Inkasprache Quetschua und be-deutet »lügender Fluss« (Llulla = lügen und Pichis = Fluss).

Diese Bezeichnung trägt das normaler-weise so friedliche und idyllische, 40 Meterbreite und 0,50 – 1,50 Meter tiefe Gewässer zu Recht: Wenn es im Sira-Gebirge kräftigerregnet, was sich von der Station aus nichtwirklich beobachten lässt, kann es in ganzkurzer Zeit völlig überraschend zu einemtiefen, reißenden und gefährlichen Strom anschwellen. Das haben wir immer wiederauf unseren Expeditionen erlebt. Innerhalbvon einer Dreiviertelstunde steigt das Wasserum über fünf Meter (!), verwüs tet die Uferund reißt ganze Auwälder mit sich. Der Llullapichis ist ein Nebenfluss des RioPachitea, der wiederum in den Rio Ucayalimündet, den wasserreichsten Quellfluss des Amazonas. Das auserwählte leicht hügelige Gelände in 260m Höhe war ur-sprünglich zwei Quadratkilometer groß und wurde, damit es gut untersucht werdenkonnte, mit einem 17 km langen Netzschmaler Pfade durchzogen.

Der Name der Station stammt von dem einheimischen Namen eines Steißhuhns bzw. Tinamus, eines für diese Region sehrcharakteristischen Vogels mit einem aus-drucksvollen, sanft flötenden, fast melan-cholischen Ruf. Die Panguana, zu deutsch:Wellentinamu, sieht äußerlich einem Rebhuhn recht ähnlich, ist aber nicht nähermit den Hühnervögeln verwandt, sondern gehört zu einer sehr ursprünglichen, nur in Amerika beheimateten Vogelordnung.

FORSCHUNGSSTATION UND SCHUTZGEBIETPANGUANA IN PERU

Panguana, einTinamu oder Steiß huhn, das der Station denNamen gab

(Aquarell von Maria Koepcke,1959, der Mutter von Juliane Diller)

Page 7: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

Blick auf denfriedlichen RíoLlullapichis

Page 8: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

06

Panguana

Flüsse sind dieStraßen des Regen-waldes, hier zweiAsháninka auf demRío Llullapichis

Page 9: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

07

Panguana

Die Reise nach Panguana – ein Abenteuer

Panguana ist von Europa aus gesehen un-endlich weit entfernt und auch heute nochnur schwer zu erreichen, was den Schutz-bestrebungen der an Panguana beteiligtenund interessierten Personen natürlich sehrentgegenkommt.

Nach dem langen, 13 stün digen Flug nachLima, der Hauptstadt von Peru, fliegt manweitere 50 Minuten in eine lärmgeschwän-gerte Provinzmetropole. Verursacht wird der Krach durch Hunderte knatternde Motor- rad-Taxis, sogenannte Motocars. Von dortgeht es ca. acht Stunden mit einem Pick-upauf einer manchmal fast unpassierbarenSchotter- und Lehmpiste zu einem 180 kmentfernten kleinen Dorf am Ufer des breitenRio Pachitea. Nach dessen Über querung mit einem Motorboot hat man noch eineStunde Fußmarsch vor sich, teilweise überunbeschattete Viehweiden, also in prallerSonne und bei etwa 35 Grad Hitze.

Nach langer strapaziöser und oft gefähr-licher Anreise ist es doch sehr beruhigendund zufriedenstellend, wenn in der Abend-sonne am Horizont das Wahrzeichen vonPanguana erahnt werden kann: ein 50 Meterhoher Lupuna-Baum, dessen pilzförmigeKrone das Urwalddach majestätisch über-ragt. Nach kurzer Zeit werden dann auch die Stationshäuser auf dem Hochufer desFlusses sichtbar. Sollte man Glück haben und der Llullapichis führt genügend Wasser,kann man auch bequemer mit dem Boot zur Urwaldstation fahren, doch dies ist sel-ten der Fall.

abenteuerliche Fahrtnach Panguana

unten: Krone einesUrwaldriesen, derLupuna-Baum vonPanguana

Page 10: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

08

Ursprünglich bestand die Station aus einerauf Pfählen stehenden, alten Indianerhüttemit für den Regenwald typischem Palm-wedeldach und einer zusätzlichen kleinenKüchenhütte. Diese Gebäude taten immer-hin beinahe 30 Jahre ihren Dienst. Inzwischen wurden ein größeres, stabiles

Haus mit Wellblechdach und vor kurzem ein zweites Gebäude mit Laborraum errich-tet. Nun können bis zu 10 Wissenschaftlergleichzeitig dort wohnen und forschen. Dies tun seit längerem mehrere Gruppenvon Biologen, regelmäßig über das Jahr ver-teilt und aus unterschiedlichen Nationenstammend.

Panguana hat sich mittlerweile zu einer international bekannten Forschungsstätte für vielerlei wissenschaftliche Studien ent-wickelt. Mehr als 150 Publikationen erschie-nen im Laufe des 44-jährigen Bestehens der Station, darunter zahlreiche Diplom- und Doktorarbeiten.

Das Leben in der Wildnis

Um sich zu waschen, musste man täglichmehrmals in den Fluss steigen, zu Piranhas,Kaimanen und den gefährlichen Stech-rochen mit ihrem giftigen Schwanz-Stachel.

Stationshaus in Panguana

Page 11: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

09

Panguana

Diese Tiere ließen sich durch Stochern miteinem Stecken im trüben Wasser leicht aufAbstand halten. Jedoch kam es gelegentlichvor, dass auf einen Stechrochen getretenwurde, der dann zur Abwehr seinen Stachelin den Fuß schlug. Die Folgen waren großeSchmerzen und lang anhaltende Entzün-dungen mit Fieber, denn beim Stechen löstsich die Haut des Stachels ab, die mit Ver-unreinigungen und bösartigen Keimen übersät ist.

Die fünf Kilometer entfernt in unmittelbarerNachbarschaft von Panguana lebenden Ur-einwohner, das Volk der Asháninka, habenein Jahrhunderte altes, umfassendes Wissenüber viele hilfreiche Heilpflanzen, die im Re genwald gedeihen. Sie extrahieren aucheinen Lianensaft, der die Schmerzen einessolchen Stiches lindert und eine schnelle Hei lung bewirkt.

durch einen Rochen-stich geschwollene Hand, mit demorangefarbenen Saft einer Pflanze behandelt

Asháninka mitHeilpflanzen im benachbarten Dorf

Wie alles begann:ursprüngliches,indianisches Stationshaus inPanguana 1971

unten: Keilkopf-Glattstirnkaiman, ein Waldkrokodil

Page 12: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

10

Inzwischen ist es nun nicht mehr nötig, imFluss zu baden, denn es gibt jetzt eine für Urwaldverhältnisse moderne Dusche, in derman sich mit Flusswasser den in Strömenrinnenden Schweiß mehrmals am Tage ab-spülen kann – bei fast 40 Grad Hitze und oft bis zu 90 Prozent Luftfeuchtigkeit ist daseine unvorstellbare Wohltat.

Die Jahresniederschläge betragen in diesemWald bei rund 180 Regentagen bis zu 3.000mm. Die Regenzeit erstreckt sich meist vonOktober bis April, gefolgt von einer relativenTrockenzeit, doch es bleibt eigentlich immerfeucht und heiß. Betreut und beaufsichtigt wird Panguana

von der auf der Station wohnenden Fami-lie eines einheimischen Verwalters, Carlos Vásquez Módena, der aber überall nur

»Moro« genannt wird. Moro achtet darauf,dass die Waldgebiete nicht durch Holzdiebegeschändet werden und dass dort niemand illegal jagt. Er pflegt die Beobachtungspfade,führt einheimische Schulklassen durch denWald und erklärt ihnen die Bedeutung desÖkosystems Regenwald. Seine Frau kochtund wäscht und kümmert sich um die Sta-tionshäuser. Gleichzeitig betreiben sie einekleine Rinderfarm, die an die Forschungs-station angrenzt. Um die Ausbreitung der Wildtiere nicht

zu behindern und um Schatten für das Vieh zu spenden, ist das Weideland parkartig mitRestbeständen des ur sprünglichen Waldesdurchzogen. Ent lang des Flusses wird es voneinem sehr breiten, botanisch artenreichenund von vielen Vögeln gern besiedelten Au-wald abgelöst.

Page 13: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

11

Panguana

links: Zigeunerhühner oder Hoatzins

durch Palmenwedelgefiltertes Sonnenlicht

Rinder auf der benachbarten Farm des Verwalters

unten: Klassenausflugin den Wald vonPanguana, Moro(Mitte) erklärt denKindern das Ökosystem

Page 14: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

12

Panguana

Das Ökosystem des Regenwaldes

Das Klima entlang des Äquators ermöglichtein ganzjähriges Pflanzenwachstum, doch die dortigen Böden sind extrem nährstoff-arm. Bodenlebewesen wie Pilze und Bakte-rien bauen anfallende, tote Biomasse sehrrasch ab. Die Wurzeln der Bäume nehmendie Abfallprodukte sofort auf und verwen-den sie für ihr Wachstum. In den gemäßig-ten Zonen werden diese Stoffe in Humusumgewandelt, doch in den Tropen ist die Humusschicht fast nicht vorhanden. AlleNährstoffe befinden sich in den Pflanzen und Tieren des Waldes. Werden diese Wäl-der abgeholzt, so können die Böden nur kurzfristig genutzt werden und dies auch

nur durch die bei der Brandrodung anfal-lenden geringen Nährstoffmengen in denAscheresten des Holzes. So bringt die Zer-störung des Regenwaldes nur einen unge-mein kurzfristigen Profit und zieht immerweitere Brandrodungen nach sich.

Der ständige, rasche Wechsel von Leben undTod fördert massiv das Wachstum der Pflan-zen und Bäume im tropischen Regenwald, die dann mit Hilfe des Lichtes Kohlendioxid(CO2) binden und Sauerstoff freigeben.

Die Biosphäre benötigt das ungestörte Zu-sammenspiel aller Organismen, das ein an-haltendes, gesundes Leben und ein stabilesWeltklima erhält.

Blick auf das 40 km entfernte Sira-Gebirge

Worin liegt das Interesse der Hofpfisterei –von Siegfried, Margaretha und Nicole Stocker an Panguana?

Es hängt mit ihrer seit Jahrzehnten gelebten ökologischen Grundeinstellung zusammen: eine biologisch gesunde Natur mit einem komplexen Ökosystem im Zusammenspiel von Fauna und Flora mit dem Menschen für die Zukunft nachhaltig zu bewahren.

Page 15: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut
Page 16: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

14

Bei Zerstörung der tropischen Wälder ent-weicht der dort zuvor in der Biomasse gespei cherte Kohlenstoff als CO2 in die At -mosphäre. Das sind durch die ausgedehn-ten, unverantwortlichen Brandrodungen des Regenwaldes viele, viele Milliarden Tonnen, dazu werden noch weitere schäd-liche Gase zusätzlich freigesetzt.

Gleichzeitig wird die Lebensgrund lage derunbeschreiblich artenreichen Kleinstlebe-we sen im Boden beeinträchtigt und verän-dert; die meisten kennen wir bis heute nochnicht einmal mit Namen. Die ursprüng-liche Biomasse des Bodens bildet ein gigan-

tisches, vitales Ökosystem mit Bakterien, Pilzen, Würmern und vielen Mikroorga-nismen, die fundamental wichtig für dasWachs tum des Regenwaldes sind.

Die durch Abholzung verödeten, ohnehinnährstoffarmen Böden können sich bei Re gen – bedingt durch das Fehlen des Wal des mit seinem Wurzelgeflecht – nicht mehr vollsaugen und trocknen aus. Das Wasser fließt zu schnell ab, die ge-ringe Hu musschicht wird in die Flüsse geschwem mt, und es kommt verstärkt zu Erosion und beträchtlichen, die Vege-tation schädigenden Hochwassern.

Page 17: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

15

Panguana

Panguana besteht aus einem bis heute natürlich erhaltenen Primärregenwaldgebiet.Wegen seiner Unberührtheit und durch seine zahlreichen großen Bäume werden dort sehr große Mengen CO2 gespeichert.

Dieses Ökosystem ist besonders in heutigerZeit ein nicht hoch genug einzuschätzendes,unwiederbringliches Gut, dessen nach-haltiger Schutz mit zum Engagement der Hof pfis terei für Panguana zählt. Dazu gehört auch, dass Panguana um

weitere Waldgebiete erweitert werden konnte, um das Schutzareal zu vergrößern und umPufferzonen gegen den Siedlungsdruck der umgebenden Bevölkerung zu schaffen. So umfasst das ursprüng lich nur zwei Quadratkilometer große Gelände nun bereitsüber acht.

oben: blühendeBobinsana amFlussufer, eineMedizinalpflanze der Asháninka

links: Gelbbürzel-kassike, ein Stirn-vogel mit leuchtendhimmelblauen Augen

rechts: Hochwasserdes Llullapichis, das zahlreicheUferbäume mitreisst

Page 18: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut
Page 19: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

17

Panguana

Hotspot der Artenvielfalt

In Panguana wird seit über vierzig Jahren die Tier- und Pflanzenwelt mit ihrem öko-logischen Beziehungsgefüge erforscht. Der dortige Regenwald und seine weitereUmgebung sind ein wahrer Hotspot der Artenvielfalt.

Auf den ursprünglichen zwei Quadrat-kilometern konnten allein 500 Baum- und etwa 15 Palmenarten festgestellt werden. Über 600 verschiedene Wirbeltiere leben dort: 353 Vogel- und 111 Säugetierarten sowie rund 70 verschiedene Amphibien und genauso viele Reptilien. Zum Vergleich: in ganz Deutschland

sind lediglich 253 Brutvögel nachgewiesen! Die Fische sind noch kaum untersucht, jedoch ebenfalls sehr artenreich.

oben: Forscher amLeuchttuch, dasnachts zahlreicheInsekten anlockt

rechts: Studium derunendlich vielenTierarten

links: Schmetterlingeauf einer Sandbank (Segelfalter, vorne ein Passions-blumenfalter)

Page 20: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

Panguana

Brillenblattnase im Stationshaus,eine fruchtfressendeFledermausart

Juliane Diller, Leiterin der Station, erforschtein den 1980er Jahren die Fledermäuse vonPanguana und ihre ökologische Einnisch -ung. Es waren bis vor kurzem 52, nun kom-men noch 6 weitere Arten hinzu, daruntereine, die bisher in ganz Peru noch nie nach-gewiesen wurde. Im viel größeren Europagibt es nur 27 Fledermausarten! Auch diesesBeispiel mag die beeindruckende Vielfalt des amazonischen Regenwaldes im Allge-meinen und die von Panguana im Speziellenbeleuchten.

Die Insektenfauna ist unüberschaubar arten-reich und erst ansatzweise bekannt – immerwieder werden für die Wissenschaft neueSpezies entdeckt und beschrieben. So ließensich allein über 500 Ameisenarten, die

wahren Beherrscher des Regenwaldes, inPanguana feststellen; in Deutschland sind esauf etwa 3,5 Millionen Quadratkilometer nur 111. Etwa 250 Arten tagfliegenderSchmetter linge konnten bisher registriertwerden.

Die Individuendichte und Biomasse der Insekten lässt sich nur vage erahnen, wennman bedenkt, dass allein ein einzelnes Volkder dort häufigen Blattschneiderameisen Millionen von Tieren umfasst. Wer auf denBeobachtungspfaden durch den Urwald geht, ist eingehüllt und beeindruckt von einer gewaltigen Klangfülle verschiedensterTöne, die von Insekten herrühren, die in großer Menge und Vielfalt umherschwirren,und von den vielen dort lebenden Vögeln und Fröschen.

links: Arakanga (auch Hellroter Ara),zählt zu den beliebtesten Haus-genossen der Ureinwohner

Page 21: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

19

Panguana

oben: metallischschimmernder, großer Prachtkäfer

Weißschwanz-Trogon, ein typischer Vogel der amazo-nischen Wälder

der Krallendorn, Uña de Gato, ist eine berühmteMedizinalpflanze der Ureinwohner

mitte, links: Hundskopfboa, selten und harmlos

mitte, rechts: kleiner Laubfrosch

links: Laternen-träger sind großeZikaden und mythische Tiere der Asháninka

Page 22: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

20

giftige Raupe einesMonarchfalters

Page 23: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

21

Panguana

Diese Artenvielfalt eines einmaligen, faszi-nierenden Ökosystems zu erhalten, die un-geheuer vielfältige Tier- und Pflanzenwelt zu er forschen, sie in eine systematische Ord-nung zu bringen sowie die Fauna und Floradann in wissenschaftlichen Publikationen zu beschreiben und mit einem Namen zu dokumentieren – das ist ein großes Anliegender Hofpfisterei.

Je mehr wir über die uns umgebende Natur erfahren, umso besser können wir die mit-einander verwobenen, komplizierten biolo-gischen Abläufe verstehen, diesen einzigar-tigen Lebensraum schützen und den tropi-schen Regen wald angemessen würdigen.

farbenprächtigerEdelfalter Panguanas

junge Mussurana, eine ungiftigeSchlange

neugieriger Marmorreiher

Page 24: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

22

Es ist nahezu unmöglich, den gesamten riesengroßen Urwald zu erforschen, doch die langjährige und heute wie auch zu-künftig weitergeführte Erfassung der Arten-vielfalt eines überschaubaren, begrenzten Regenwaldes hat Panguana inzwischen Modellcharakter verliehen. Die dort gewonnenen Erkenntnisse lassen

sich auf andere Regionen übertragen und dienen zudem als Beispiel für eine klein-räumige Nutzung der Land schaft durch den

Menschen bei gleichzeitiger Schonung großer ursprünglicher Urwaldflächen.Konti nuierliche wissenschaft liche Arbeit hilft dabei, die Struktur dieses unglaub-lichen Öko sys tems für uns Menschen begreifbar zu machen.

Entscheidender Faktor für den Schutz einesRegenwaldgebietes ist nicht zuletzt, die in der Nachbarschaft lebenden Menschen in alle Aktivitäten mit einzubeziehen.

Page 25: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

Panguana

Dies fördert die Einsicht, dass der Erhalt ihrer Umwelt vorteilhafter ist, als ein kurz-fristiger Gewinn durch Jagd, Goldwäscherei,Holzverkauf oder Brandrodung für Vieh-weiden, die aufgrund schlechter und aus-trocknender Böden sowieso nur kurze Zeitgenügend Nahrung für die Rinder bieten.Hinzu kommt auch noch, dass das Vieh das dort wachsende Gras nur sehr ungernfrisst, ohne teures Zusatzfutter klapperdürrbleibt und daher nur mit Verlust verkauft werden kann.

Mit der durch die Hofpfisterei erfolgten För derung von Panguana sowie der Schulenim nahe gelegenen Dorf und in der benach-barten Asháninka-Gemeinde wird gleich-zeitig ein Beitrag zum nachhaltigen Ausbauder traditionellen Infrastruktur im Zentral-dorf der Ureinwohner geleistet. Dank dieses Engagements akzeptiert dieBevölkerung inzwischen, dass der Erhalt und Schutz des Regenwaldes von Panguanafür ihre Lebens- und Zukunfts qualität vongrößter Bedeutung ist.

Das peruanische Umweltministerium erklärte diese älteste biologische Station von Peru am 22. Dezember 2011 zum privaten Naturschutzgebiet.

Dr. Juliane Diller(Leiterin der Forschungsstation und des Naturchutzgebietes Panguana)

oben:am Brunnen derAsháninka-Gemeinde

Unterricht in einer Asháninka-Klasse

rechts: Panguana wird Naturschutzgebiet!Übergabe der Dokumentean J. Diller durch denperuanischen Umwelt-minister (April 2012)

23

Page 26: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

HERAUSGEBER:Ludwig Stocker Hofpfisterei GmbHKreittmayrstraße 580335 München

TEXT UND FOTOGRAFIEN:Dr. Juliane Diller,München

REDAKTION:Dr. Caroline Ebertshäuser,München

GESTALTUNG:Henning Bornemann,München

DRUCK:Johann Collingro,Mammendorf

© Ludwig StockerHofpfisterei GmbH,München 2013

Dr. Juliane Diller

Juliane Diller wurde 1954 in Lima geboren undwuchs in Peru auf. Nach dem Biologiestudium in Kiel und München schrieb sie ihre Doktorarbeit über die Ökologie amazonischer Fledermäuse.

Heute leitet sie die biologische Forschungsstation»Panguana« im peruanischen Tieflandregenwaldsowie die große Fachbibliothek der ZoologischenStaatssammlung München, an der sie zugleich stellvertretende Direktorin ist.

24

Page 27: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut
Page 28: PANGUANA · 03 Panguana Nähe eines Wespennestes, in dem hunder-te von enorm aggressiven Wespen Wache halten. Die Vögel wissen genau, dass ihr Nachwuchs in der Nähe der Wespen gut

Ludwig Stocker Hofpfisterei GmbH Kreittmayrstraße 580335 München Tel. 089/5202-0E-Mail: [email protected] www.hofpfisterei.de

Stan

d: 04/

13