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Z Rheumatol 2011 · 70:553 DOI 10.1007/s00393-011-0817-3 Online publiziert: 20. August 2011 © Springer-Verlag 2011 E. Märker-Hermann Klinik Innere Medizin IV (Rheumatologie, klinische Immunologie und Nephrologie), HSK Dr. Horst Schmidt Klinik GmbH, Wiesbaden Paraneoplastische Symptome in der Rheumatologie Eine diagnostische Herausforderung Einführung zum Thema Maligne Tumoren können mit einer Viel- zahl von paraneoplastischen Syndromen an der Haut, am zentralen und periphe- ren Nervensystem sowie an Gelenken, Knochen und Muskeln assoziiert sein. Besonders häufig präsentieren sich para- neoplastische Syndrome unter dem Bild rheumatischer Erkrankungen. Einzelne Syndrome wie die hypertrophe Osteoar- thropathie (Marie-Bamberger-Syndrom) unter dem klinischen Bild von Trom- melschlegelfingern und diffusen Kno- chenschmerzen oder die Dermato-/Poly- myositis im Erwachsenenalter lassen be- reits primär an einen zugrunde liegen- den Tumor denken. Andere, eher viel- deutige Symptome wie ein Raynaud-Syn- drom beim älteren Patienten, eine Faszii- tis, Pannikulitis, digitale Gangräne, die Erythromelalgie, das chronische Erythe- ma nodosum, nekrotisierende Vaskuliti- den und Lupus-like-Syndrome sind im Zusammenhang mit okkulten Tumoren weniger bekannt. Schließlich sollte bei der häufig vorkommenden, aber letzt- lich auch auf Ausschlussdiagnostik beru- henden Polymyalgia rheumatica mit sys- temischer Entzündung und Allgemein- symptomen sowie bei „atypischen“ Ar- thritiden (asymmetrisch, Rheumafak- tor- und CCP-Antikörper-negativ, nicht- erosiv) eine Tumorsuche erfolgen. Kli- nische Überschneidungen (Schmerzen, Muskelschwäche, Autoimmunphänome) zwischen Rheumatologie und Neurologie treten bei den Paraneoplasien des Lam- bert-Eaton-myasthenischen-Syndroms (LEMS), paraneoplastischen Myelitiden und der bereits erwähnten Polymyositis/ Dermatomyositis auf. Tumoren können durch Sekretion hormonaktiver Substan- zen wie dem PTHrP („parathyroid hor- mone-related protein“) zu Hyperkalzä- mien, Knochenschmerzen und Muskel- schwäche führen. > Paraneoplastische rheumatische Syndrome können der klinischen Manifestation eines Karzinoms vorausgehen Im hier vorliegenden Schwerpunktheft der Zeitschrift für Rheumatologie zum Leitthema „Paraneoplastische Syndro- me“ wird diese für den Rheumatologen so bedeutsame Thematik aus verschiede- nen Blickwinkeln – mit gewissen Über- schneidungen – betrachtet: Dem in As- soziation mit Karzinomen (namentlich dem nichtkleinzelligen Bronchialkarzi- nom) nahezu pathognomonischen para- neoplastischen Syndrom der hypertro- phen Osteoarthropathie wird ein eigener Artikel von B. Manger und Koautoren ge- widmet. Es folgt eine Übersicht über pa- raneoplastische Syndrome aus hämato- onkologischer und zugleich rheumato- logischer Sicht (mit einem Schwerpunkt auf dem Gebiet der hämatologischen Sys- temerkrankungen), verfasst von Kollegin M. Reuss-Borst. W.-J. Mayet fasst die Er- kenntnisse zu paraneoplastischen Syndro- men bei gastrointestinalen Tumoren zu- sammen und berücksichtigt im Rahmen seines Beitrags auch die mögliche Induk- tion maligner Tumoren im Rahmen im- munsuppressiver antirheumatischer The- rapien. Da paraneoplastische rheumatische Syndrome der klinischen Manifestation eines Karzinoms vorausgehen können und schon bei kleinen, noch nicht metas- tasierten bzw. noch nicht invasiv wach- senden Tumoren auftreten, kommt dem Rheumatologen eine wichtige Rolle in der Frühdiagnose des Malignoms zu. Wie so häufig in der Medizin gilt insbesondere bei unklaren rheumatischen Synptomen, atypischen Verläufen und mangelndem therapeutischen Ansprechen das Prinzip des „Daran-denkens“. Ihre Elisabeth Märker-Hermann Korrespondenzadresse Prof. Dr. E. Märker-Hermann Klinik Innere Medizin IV (Rheumatologie, klinische Immunologie und Nephrologie), HSK Dr. Horst Schmidt Klinik GmbH Ludwig-Erhard-Str. 100, 65199 Wiesbaden [email protected] 553 Zeitschrift für Rheumatologie 7 · 2011|

Paraneoplastische Symptome in der Rheumatologie

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Z Rheumatol 2011 · 70:553DOI 10.1007/s00393-011-0817-3Online publiziert: 20. August 2011© Springer-Verlag 2011

E. Märker-HermannKlinik Innere Medizin IV (Rheumatologie, klinische Immunologie und Nephrologie), HSK Dr. Horst Schmidt Klinik GmbH, Wiesbaden

Paraneoplastische Symptome in der RheumatologieEine diagnostische Herausforderung

Einführung zum Thema

Maligne Tumoren können mit einer Viel-zahl von paraneoplastischen Syndromen an der Haut, am zentralen und periphe-ren Nervensystem sowie an Gelenken, Knochen und Muskeln assoziiert sein. Besonders häufig präsentieren sich para-neoplastische Syndrome unter dem Bild rheumatischer Erkrankungen. Einzelne Syndrome wie die hypertrophe Osteoar-thropathie (Marie-Bamberger-Syndrom) unter dem klinischen Bild von Trom-melschlegelfingern und diffusen Kno-chenschmerzen oder die Dermato-/Poly-myositis im Erwachsenenalter lassen be-reits primär an einen zugrunde liegen-den Tumor denken. Andere, eher viel-deutige Symptome wie ein Raynaud-Syn-drom beim älteren Patienten, eine Faszii-tis, Pannikulitis, digitale Gangräne, die Erythromelalgie, das chronische Erythe-ma nodosum, nekrotisierende Vaskuliti-den und Lupus-like-Syndrome sind im Zusammenhang mit okkulten Tumoren weniger bekannt. Schließlich sollte bei der häufig vorkommenden, aber letzt-lich auch auf Ausschlussdiagnostik beru-henden Polymyalgia rheumatica mit sys-temischer Entzündung und Allgemein-symptomen sowie bei „atypischen“ Ar-thritiden (asymmetrisch, Rheumafak-tor- und CCP-Antikörper-negativ, nicht-erosiv) eine Tumorsuche erfolgen. Kli-nische Überschneidungen (Schmerzen, Muskelschwäche, Autoimmunphänome) zwischen Rheumatologie und Neurologie treten bei den Paraneoplasien des Lam-

bert-Eaton-myasthenischen-Syndroms (LEMS), paraneoplastischen Myelitiden und der bereits erwähnten Polymyositis/Dermatomyositis auf. Tumoren können durch Sekretion hormonaktiver Substan-zen wie dem PTHrP („parathyroid hor-mone-related protein“) zu Hyperkalzä-mien, Knochenschmerzen und Muskel-schwäche führen.

> Paraneoplastische rheumatische Syndrome können der klinischen Manifestation eines Karzinoms vorausgehen

Im hier vorliegenden Schwerpunktheft der Zeitschrift für Rheumatologie zum Leitthema „Paraneoplastische Syndro-me“ wird diese für den Rheumatologen so bedeutsame Thematik aus verschiede-nen Blickwinkeln – mit gewissen Über-schneidungen – betrachtet: Dem in As-soziation mit Karzinomen (namentlich dem nichtkleinzelligen Bronchialkarzi-nom) nahezu pathognomonischen para-neoplastischen Syndrom der hypertro-phen Osteoarthropathie wird ein eigener Artikel von B. Manger und Koautoren ge-widmet. Es folgt eine Übersicht über pa-raneoplastische Syndrome aus hämato-onkologischer und zugleich rheumato-logischer Sicht (mit einem Schwerpunkt auf dem Gebiet der hämatologischen Sys-temerkrankungen), verfasst von Kollegin M. Reuss-Borst. W.-J. Mayet fasst die Er-

kenntnisse zu paraneoplastischen Syndro-men bei gastrointestinalen Tumoren zu-sammen und berücksichtigt im Rahmen seines Beitrags auch die mögliche Induk-tion maligner Tumoren im Rahmen im-munsuppressiver antirheumatischer The-rapien.

Da paraneoplastische rheumatische Syndrome der klinischen Manifestation eines Karzinoms vorausgehen können und schon bei kleinen, noch nicht metas-tasierten bzw. noch nicht invasiv wach-senden Tumoren auftreten, kommt dem Rheumatologen eine wichtige Rolle in der Frühdiagnose des Malignoms zu. Wie so häufig in der Medizin gilt insbesondere bei unklaren rheumatischen Synptomen, atypischen Verläufen und mangelndem therapeutischen Ansprechen das Prinzip des „Daran-denkens“.Ihre

Elisabeth Märker-Hermann

KorrespondenzadresseProf. Dr. E. Märker-HermannKlinik Innere Medizin IV (Rheumatologie, klinische Immunologie und Nephrologie), HSK Dr. Horst Schmidt Klinik GmbHLudwig-Erhard-Str. 100, 65199 [email protected]

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