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Angewandte Chemie Zuschriften Entgegen bisheriger Annahmen adsorbieren Wassermolekɒle auf Zinkoxid-OberflȨchen nicht intakt, sondern dissoziieren durch einen autokatalytischen Prozess und bilden eine komplexe Ƞberstruktur aus intakten Wassermolekɒlen und Hydroxyspezies. Einzelheiten kɆnnen der Zuschrift von B. Meyer, C. WɆll et al. auf den folgenden Seiten entnommen werden. 6809 Angew. Chem. 2004, 116, 6809 DOI: 10.1002/ange.200461696 # 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Partielle Dissoziation von Wasser führt zu stabilen Überstrukturen auf der Oberfläche von Zinkoxid

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AngewandteChemie

Zuschriften

Entgegen bisheriger Annahmen adsorbieren Wassermolek�le aufZinkoxid-Oberfl�chen nicht intakt, sondern dissoziieren durch einenautokatalytischen Prozess und bilden eine komplexe !berstruktur ausintakten Wassermolek�len und Hydroxyspezies. Einzelheiten k$nnender Zuschrift von B. Meyer, C. W$ll et al. auf den folgenden Seitenentnommen werden.

6809Angew. Chem. 2004, 116, 6809 DOI: 10.1002/ange.200461696 � 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Wasserstruktur

Partielle Dissoziation von Wasser f�hrt zustabilen �berstrukturen auf derOberfl�che von Zinkoxid**

Bernd Meyer,* Dominik Marx, Olga Dulub,Ulrike Diebold, Martin Kunat, Deler Langenberg undChristof W�ll*

Ein tieferes Verstndnis der Wechselwirkung von Wasser mitFestk�rperoberflchen ist von entscheidender Bedeutung f�rso vielfltige Gebiete wie Korrosionschutz, Katalyse, Mine-ralogie und Geologie. Aufgrund des empfindlichen Wechsel-spiels zwischen chemischer Bindung, Van-der-Waals-Krftenund Wasserstoffbr�cken werden bei der Adsorption vonWasser komplexe Phnomene wie vollstndige Dissoziation,partielle Dissoziation an Defekten, Bildung von Multilagenoder Benetzung beobachtet.[1] Vor kurzem wurde ein neuesSzenario vorgeschlagen, wonach die Wechselwirkung zwi-schen den Wassermolek�len zu einer partiellen Dissoziationdes Wassers auf perfekten, defektfreien Oberflchen und zurBildung von /berstrukturen mit weit reichender Ordnungf�hrt.[2–5] In Anbetracht m�glicher Unzulnglichkeiten gn-giger theoretischer Methoden sowie großer experimentellerSchwierigkeiten[5] wurde dieser Vorschlag zum Gegenstandeiner sehr kontroversen Debatte.[5–9] Um f�r eine gegebeneFestk�rperoberflche ein konsistentes Bild der Wasserad-sorption zu erhalten, ist der Einsatz und das Zusammenspieleines breiten Spektrums von experimentellen und theoreti-schen Methoden notwendig. Aufbauend auf einer solchenStrategie weisen wir eindeutig nach, dass Wasser eine einfa-che, ungew�hnlich stabile zweidimensionale /berstruktur aufdefektfreien Zinkoxid-Oberflchen bildet. Die Daten vonBeugungsexperimenten (He-Atomstreuung (HAS), Beugungniederenergetischer Elektronen (LEED)), Ortsraummetho-den (Rastertunnelmikroskopie (STM)) und thermodynami-schen Messungen (thermische Desorptionsspektroskopie mit

He (He-TDS)) zeigen, dass bei der Adsorption von Wassereine (2 > 1)-/berstruktur entsteht, die bis zu Temperaturennahe des Siedepunkts von Wasser existiert. TheoretischeUntersuchungen der Struktur mithilfe von Ab-initio-Simula-tionen nach Car-Parrinello[10] ergeben ein /bergitter, in demjedes zweite Wassermolek�l dissoziiert ist. Die ungew�hnli-che thermische Stabilitt dieser /berstruktur ist das Ergebniseiner strukturell sehr vorteilhaften „Schl�ssel-Schloss“-An-ordnung der Wassermolek�le in Verbindung mit der Bildungvon Wasserstoffbr�cken. Die berechneten Strukturen undBindungsenergien stimmen hervorragend mit dem Experi-ment �berein.

In j�ngster Zeit wurden signifikante Fortschritte beimVerstndnis der Oberflcheneigenschaften von Zinkoxiderzielt.[11–17] Diese Untersuchungen waren motiviert durchdie große Bedeutung von ZnO f�r zahlreiche Anwendungen,die von der Kosmetik und Medizin �ber Farben und Be-schichtungen bis hin zur heterogenen Katalyse reichen. Die inder vorliegenden Untersuchung gewhlte unpolare (101̄0)-Oberflche ist im Unterschied zu den polaren ZnO-Oberfl-chen[13,16] elektrostatisch stabil und als solche sehr gut ver-standen.[12] Kurz zusammengefasst ist diese Wurtzit-Oberfl-che aus leicht verkippten ZnO-„Dimeren“ aufgebaut, die ausdreifach koordinierten Zn- und O-Ionen bestehen. Die ZnO-Dimere bilden charakteristische Reihen, die durch Grbengetrennt sind (Abbildung 1). Bez�glich der Adsorption vonWasser auf dieser Oberflche liegt die Vermutung nahe, dassdie O-Atome der Wassermolek�le eine Bindung mit denkoordinativ ungesttigten Zn-Ionen an der Oberflche ein-gehen. In einer fr�heren Untersuchung mittels Photoelektro-nenspektroskopie[18] wurde in der Tat gefolgert, dass H2O anden Zn-Pltzen der ZnO(101̄0)-Oberflche chemisorbiert.Da der Abstand zwischen den Zn-Pltzen relativ groß ist(3.25 I im Vergleich zu einem H2O-Abstand von 2.78 I in

Abbildung 1. Seitenansicht und Aufsicht der atomaren Struktur dermolekular adsorbierten Wasser-Monolage mit (1�1)-Symmetrie (links)und der optimierten halbdissoziierten H2O/ZnO(101̄0)-Adsorptions-geometrie (rechts). Die Oberfl(chen-Elementarzellen sind durch gestri-chelte Linien markiert. Die Zn-, O- und H-Atome sind durch graue,rote und weiße Kugeln dargestellt, die O-Atome der Wassermolek/lesind blau. In der Aufsicht sind die Atome der zweiten Oberfl(chenlagedurch hellere Farben gekennzeichnet.

[*] Dr. B. Meyer, Prof. Dr. D. MarxLehrstuhl f/r Theoretische ChemieRuhr-Universit(t Bochum44780 Bochum (Deutschland)Fax: (+49)234-32-14045E-mail: [email protected]

Dr. M. Kunat, Dipl.-Chem. D. Langenberg, Prof. Dr. C. WEllLehrstuhl f/r Physikalische Chemie IRuhr-Universit(t Bochum44780 Bochum (Deutschland)Fax: (+49)234-32-14182E-mail: [email protected]

Dr. O. Dulub, Prof. U. DieboldDepartment of PhysicsTulane UniversityNew Orleans, LA 70118 (USA)

[**] Wir danken Prof. Volker Staemmler f/r Diskussionen und dasDurchf/hren der Coupled-Cluster-Rechnungen f/r die Wasserdi-mere. Diese Arbeit wurde gefErdert von der DFG (SFB 558), demFCI, der NSF (CHE-010908) und der NASA.

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Eis Ih), w�rde man deshalb f�r die Wasser-Monolage dieAusbildung einer einfachen (1 > 1)-Struktur erwarten.

Im Widerspruch zu dieser Vorhersage finden wir jedoch,dass Wasser auf einer solchen ZnO-Oberflche eine geord-nete /berstruktur mit einer (2 > 1)-Periodizitt bildet. DieWinkelverteilung der He-Atomstreuung (Abbildung 2) sowie

die LEED-Daten zeigen scharfe und wohldefinierte halbzah-lige Beugungsreflexe. Ebenso wird in hochaufl�senden STM-Messungen eine (2 > 1)-Periodizitt der Adsorbatlage beob-achtet. Im Widerspruch zur vorherigen Annahme kann damiteindeutig ausgeschlossen werden, dass Wasser auf derZnO(101̄0)-Oberflche als einfache Monolage quivalenterH2O-Molek�le adsorbiert. Eine (2 > 1)-Struktur w�rde ent-stehen, wenn Wasser nur jeden zweiten Zn-Platz mit einerGesamtbedeckung von einer halben Monolage besetzenw�rde. Bei einem Abstand der Wassermolek�le von zweiGitterkonstanten k�nnten sich dann allerdings keine Wasser-stoffbr�cken ausbilden. In den STM-Messungen wurdejedoch beobachtet, dass bei niedrigen Wasserbedeckungendie adsorbierten Molek�le geordnete zweidimensionaleInseln bilden (Abbildung 3), was auf eine starke lateraleanziehende Wechselwirkung zwischen den Wassermolek�lenschließen lsst. Zustzlich zeigt eine quantitative Bestim-mung der H2O-Bedeckung mithilfe von R�ntgen-Photoelek-tronenspektroskopie (XPS), dass bei der Sttigungsbede-ckung ein H2O-Molek�l pro Oberflchen-Zn-Ion auf derOberflche vorhanden ist, sodass eine (2 > 1)-Struktur durchAdsorption von Wasser an nur jedem zweiten Zn-Platzausgeschlossen werden kann.

Wichtige zustzliche Informationen �ber die Adsorptionvon Wasser liefert die Bindungsenergie der Molek�le auf derOberflche. F�r Metalloxidoberflchen beeintrchtigen

jedoch vorhandene Defekte oft eine zuverlssige Bestim-mung dieser Gr�ße. In der Tat beruhen die meisten Kontro-versen �ber die Frage, ob Wasser molekular oder dissoziativauf idealen Oberflchen adsorbiert, auf dem Problem, dassWasser an Defekten dissoziieren kann (insbesondere anSauerstoff-Leerstellen) und dies zum Gesamtsignal einerMessung beitrgt.[1] Um die Beitrge von Defekten auszu-schließen, haben wir die Streuung von thermischen He-Atomen angewandt, eine Technik, die speziell darauf zuge-schnitten ist, Adsorbate auf idealen, wohldefinierten Berei-chen einer Oberflche zu untersuchen. Misst man die Re-flektivitt der ZnO(101̄0)-Oberflche f�r thermische He-Atome als Funktion der Oberflchentemperatur (He-TDS),dann kann przise die Bindungsenergie von ausschließlich auffehlerfreien Bereichen der Oberflche lokalisierten Adsor-baten bestimmt werden.[13] Diese spezielle Variante derthermischen Desorptionsspektroskopie wurde bereits erfolg-reich in fr�heren Untersuchungen zur Desorption vonWasservon Oxidoberflchen wieMgO[19,20] sowie von CO undH2 vonZnO-Oberflchen[13,21] eingesetzt. Die He-TDS-Daten (Ab-bildung 2) zeigen ein scharfes, wohldefiniertes Desorptions-maximum bei einer Temperatur nahe des Siedepunkts vonWasser bei 367 K. Dies entspricht einer Bindungsenergie von1.02 eV, in hervorragender /bereinstimmung mit einemfr�her berichteten Wert.[18] Diese Desorptionstemperatur ist�berraschend hoch. Derart hohe Desorptionstemperaturenwurden nur bei einigen wenigen anderen Metalloxidoberfl-chen beobachtet, f�r die bekannt ist, dass Wasser bei derAdsorption dissoziiert, z.B. bei der Cr2O3(0001)-

[22] und der(2 > 1)-a-Fe2O3(011̄2)-Oberfche.[23] Es scheint deshalb wahr-

Abbildung 2. Temperaturabh(ngigkeit der Reflektivit(t der ZnO(101̄0)-Oberfl(che f/r He-Atome (durchgezogene Kurve). Vor der Messungwurde die Oberfl(che bei 280 K mit Wasser ges(ttigt. Die Aufheizge-schwindigkeit betrug 1 Ks�1. Die gestrichelte Linie zeigt die erste Ablei-tung. Das Desorptionsmaximum bei 367 K ist deutlich erkennbar. Ein-schub: He-Atom-Beugungsmuster der sauberen (oben) und wasserge-s(ttigten ZnO(101̄0)-Oberfl(che (unten). Die Messung erfolgte entlangdes [011̄0]-Azimuths. Die (2�1)-Periodizit(t der Wasser-Adschicht istdeutlich an den intensiven halbzahligen Reflexen zu erkennen.

Abbildung 3. Links: STM-Abbildung der ZnO(101̄0)-Oberfl(che nachder Exposition von 1 Langmuir Wasser bei Raumtemperatur (Tunnelbe-dingungen: +1.6 V Probenspannung und 4.7 nA Tunnelstrom). DieWassermolek/le bilden perfekt geordnete zweidimensionale Inseln miteiner (2�1)-Periodizit(t (helle Stellen) auf dem ZnO-Substrat (dunkleStreifen). Die schwarze Linie markiert die Stelle, an der das Linienprofilaufgenommen wurde. Rechts: Berechnete STM-Abbildungen der (hy-pothetischen) molekularen Wasser-Monolage mit (1�1)-Symmetrie(oben) und der halbdissoziierten H2O/ZnO(101̄0)-Struktur (unten).Der Abstand der Tunnelspitze von der Oberfl(che steigt von Blau /berGr/n zu Rot. Energieb(nder im Bereich von 1 eV oberhalb der Bandl/-cke wurden in der Rechnung ber/cksichtigt, um eine positive Proben-spannung und Tunneln von Elektronen in das Leitungsband zu simu-lieren.

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scheinlich, dass H2O auch auf dieser ZnO-Oberflche disso-ziiert, wobei eine OH-Gruppe an ein Zn-Atom bindet undgleichzeitig ein O-Atom des Substrats hydroxyliert wird. Einesolche Dissoziation k�nnte in der Tat zu einer (2 > 1)-Strukturf�hren. Interessanterweise beobachten wir die Bildung der(2 > 1)-Phase bereits bei tiefen Temperaturen von 200 K, waseine sehr niedrige Aktivierungsenergie f�r die Dissoziationimpliziert.

Die przise Bestimmung der Bindungsenergie f�r H2Oauf defektfreien Bereichen der ZnO(101̄0)-Oberflche (dieKohrenzlnge in den He-TDS-Messungen war in der Gr�-ßenordnung von 150 I) erm�glicht es, den Wert direkt mittheoretischen Untersuchungen zu vergleichen und derenG�ltigkeit zu besttigen. Diese bilden dann im Gegenzugeine solide Grundlage, um die verschiedenen experimentellenErgebnisse zu interpretieren. Zu diesem Zweck wurdenunterschiedliche Rechnungen basierend auf der Dichtefunk-tionaltheorie (DFT) durchgef�hrt. Die Oberflchen wurdendurch periodische Slabs bestehend aus sechs bis acht ZnO-Lagen dargestellt, wobei besondere Sorgfalt auf eine elek-trostatische Entkopplung der Slabs gelegt wurde, um artifi-zielle Wechselwirkungen auszuschalten.[24] Die Verwendungvon DFT zur Beschreibung subtiler Wechselwirkungen vonMolek�len mit Festk�rperoberflchen ist oft problematischim Hinblick auf m�gliche Unzulnglichkeiten bei der Be-schreibung von Wasserstoffbr�cken und Van-der-Waals-Wechselwirkungen. Aus diesem Grund haben wir das gradi-entenkorrigierte Funktional von Perdew, Burke und Ernzer-hof (PBE), das in unseren Rechnungen in Verbindung mitUltrasoft-Pseudopotentialen und einer Abschneideenergievon 25 Rydberg f�r die ebenen Wellen verwendet wurde(weitere Details siehe Lit. [12]), sorgfltig f�r das vorliegendeSystem getestet. Es ist bekannt, dass das PBE-Funktional sehrgenaue Ergebnisse f�r die Gleichgewichtsstruktur und Bin-dungsenergie von isoliertenWasserdimeren und von Eis Ih

[4,26]

liefert. Um die Zuverlssigkeit von PBE f�r die Wasser-Wasser-Wechselwirkung f�r Abstnde und Orientierungen zuuntersuchen, die in unserem System wichtig sind, haben wirdie Bindungsenergie von nchsten und �bernchsten Wasser-paaren berechnet, wie sie in der undissoziierten (1 > 1)-Monolage von Wasser auf der ZnO(101̄0)-Oberflche auf-treten (siehe unten). F�r diese Dimere mit O-O-Abstndenvon 3.25 und 5.21 I ergaben sich Bindungsenergien von 0.085bzw. 0.011 eV. Dies ist in �berraschend guter /bereinstim-mung mit den Ergebnissen von 0.085 bzw. 0.016 eVeiner sehrgenauen Coupled-Cluster-Rechnung (MC-CEPA).[25] In vor-angegangenen Untersuchungen wurde weiterhin demon-striert, dass f�r schwach gebundene Molek�le und Adatomeauf kleinen ZnO-Clustern eine hnlich hohe Genauigkeiterreicht wird.[13,14,27] Auch die Strukturen von Bulk-ZnO undniederindizierten ZnO-Oberflchen wurden bereits zuverls-sig mit der beschriebenen DFT/PBE-Methodik bestimmt.[12]

Diese Kalibrierungen lassen den Schluss zu, dass alle f�r dasvorliegende System relevanten Wechselwirkungen durch dasPBE-Funktional mit ausreichender Genauigkeit erfasstwerden.

Die Adsorptionseigenschaften von Wasser auf derZnO(101̄0)-Oberflche wurden f�r unterschiedliche Bede-ckungen untersucht (volle, halbe, viertel und sechstel Mono-

lage). In einem ersten Satz von Rechnungen wurden dazu(1 > 1)-, (2 > 1)-, (2 > 2)- und (3 > 2)-Oberflchen-Elementar-zellen verwendet, die jeweils ein Wassermolek�l enthalten.Durch die Vorgabe der Translationssymmetrie wird erzwun-gen, dass bei einer vorgegebenen Bedeckung alle Wassermo-lek�le quivalent sind. Unter dieser Nebenbedingung wurdef�r alle Bedeckungen gefunden, dass Wasser molekularadsorbiert, wobei sich jeweils sehr hnliche Orientierungender Wassermolek�le auf der Oberflche ergaben (Abbil-dung 1). Eine dissoziative Adsorption, die man aufgrund derexperimentell beobachteten hohen Desorptionstemperaturhtte erwarten k�nnen, ist unter diesen Bedingungen nichtstabil. Bei einer Bedeckung von 1=4 und 1=6 einer Monolageexistiert praktisch keine Wechselwirkung zwischen den H2O-Molek�len, und die Bindungsenergie betrgt 0.94 eV proMolek�l. F�r die halbe und die volle Monolage Bedeckungsteigt die Bindungsenergie auf 0.97 bzw. 1.03 eV. Obwohl einemolekulare Adsorption vorliegt, sind die Bindungsenergienhoch und in guter /bereinstimmung mit dem experimentel-len Wert. Diese unerwartet starke Bindung ist das Resultateiner „Schl�ssel-Schloss“-Wechselwirkung der Wassermole-k�le mit der ZnO-Oberflche. Die Wassermolek�le werdendurch drei unterschiedliche attraktive Wechselwirkungen mitdem Substrat und benachbarten Adsorbatmolek�len stabili-siert: 1) Die O-Atome der Wassermolek�le besetzen den O-Gitterplatz der ersten fehlenden ZnO-Lage oberhalb derZnO(101̄0)-Oberflche, sodass die Oberflchen-Zn-Ionenwieder ihre vierfache tetraedrische Koordination wie in derVolumenphase zur�ckerhalten. Dadurch ergibt sich einestarke Zn-O- und somit ZnO-H2O-Bindung. 2) Eines der H-Atome bildet eine Wasserstoffbr�cke �ber den „Graben“ derZnO-Oberflchenstruktur hinweg mit einem benachbartenO-Atom des Substrats. 3) Im Fall der vollen Monolage bildendie zweiten H-Atome Wasserstoffbr�cken zu benachbartenAdsorbatmolek�len. Aus diesem Grund ist der Wasserfilmbei einer vollen Monolage signifikant stabiler als bei einerhalbe Monolage, in /bereinstimmung mit den XPS- undSTM-Daten.

Die „Schl�ssel-Schloss“-Konfiguration der vollen Mono-lage von Wassermolek�len ist zwar eine stabile Struktur undstellt ein Energieminimum dar, sie weist aber nicht die (2 > 1)-Symmetrie auf, die im Experiment beobachtet wurde. Des-halb wurde in einem zweiten Satz von Rechnungen dieM�glichkeit getestet, dass unterschiedlich orientierte Was-sermolek�le die Ursache f�r die (2 > 1)-Struktur sind. Dazuwurden zwei Wassermolek�le zufllig in einer (2 > 1)-Ober-flchen-Elementarzelle verschoben und die Struktur erneutrelaxiert. In allen Fllen wanderten die Wassermolek�lezur�ck in ihre Ausgangsposition, und es bildete sich wiederdie urspr�ngliche (1 > 1)-Struktur. F�r keine der Modifika-tionen wurde eine niedrigere Energie pro Wassermolek�l alsf�r die (1 > 1)-Konfiguration gefundenen.

Dieses Bild nderte sich, als wir explizit die Dynamik derWassermolek�le mithilfe von Ab-initio-Molekulardynamik-simulationen nach Car-Parrinello (CPMD)[10] in Betrachtzogen. Ein solcher Zugang erm�glicht dem System, sichrelativ unvoreingenommen in Richtung einer stabilerenStruktur zu entwickeln, falls eine solche existiert. Die Simu-lationen wurden f�r Slabs mit (3 > 2)- und (4> 2)-Oberfl-

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chen-Elementarzellen und sechs bzw. acht adsorbierten Was-sermolek�len durchgef�hrt. Als Startkonfiguration wurde dievollstndig relaxierte Struktur der Wasser-Monolage mit(1 > 1)-Symmetrie gewhlt. Bei der gewhlten Simulations-temperatur von 300 K beobachteten wir die spontane Disso-ziation eines Teils der Wassermolek�le. Nach dieser erstenDissoziation waren die Strukturen sehr stabil, und es tratenkeine weiteren Protonen�bertragungen mehr auf. Da dieDissoziation einzelner Wassermolek�le sehr schnell nachBeginn der CPMD-Simulationen erfolgte, muss die Aktivie-rungsenergie f�r diesen Prozess sehr niedrig sein. Dieserklrt, warum die (2 > 1)-Phase im Experiment bereits beisehr niedrigen Temperaturen unterhalb von 200 K beobachtetwird.

In nachfolgenden Strukturoptimierungen wurde als sta-bilste Konfiguration eine Struktur gefunden, in der jedeszweite Wassermolek�l dissoziiert ist, wodurch sich eine(2 > 1)-/berstruktur ergibt (Abbildung 1). In dieser Strukturnehmen interessanterweise die nichtdissoziierten Wassermo-lek�le die gleiche „Schl�ssel-Schloss“-Position ein, die f�r diemolekulare (1 > 1)-Struktur ermittelt wurde. Die Molek�leneigen sich etwas weiter zur Oberflche hin und strkendadurch die Wasserstoffbr�cke zu ihrem Nachbarmolek�l. Injedem zweiten Wassermolek�l wird eine OH-Bindung ge-spalten und das H-Atom auf ein O-Atom des Substrats�bertragen. Dadurch entstehen zwei Hydroxygruppen: die anein Zn-Ion gebundene OH-Gruppe des dissoziierten Wasser-molek�ls und das hydroxylierte O-Atom des Substrats. DieBindungsenergie f�r diese halbdissoziierte (2 > 1)-Struktur istmit 1.13 eV pro H2O-Molek�l geringf�gig, aber signifikanth�her als der f�r die molekulare (1 > 1)-Struktur berechneteWert von 1.03 eV. Dies ist eine der h�chsten Bindungsener-gien f�r Wasser auf strukturell wohldefinierten Festk�rper-oberflchen.[1] Eine interessante Beobachtung ist, dass dieWechselwirkung zwischen den Wassermolek�len selbst denDissoziationprozess „katalysiert“. Wie weiter oben beschrie-ben, findet f�r isolierte Wassermolek�le auf der ZnO(101̄0)-Oberflche keine Dissoziation statt. Setzt man jedoch einzweites Wassermolek�l auf einen benachbarten Gitterplatz,dann zeigen DFT-Rechnungen, dass dieses zweite Molek�lbereits ausreicht, um die Dissoziation auszul�sen. Zwischenden beiden Wassermolek�len bildet sich eine Wasserstoff-br�cke, die die bereits aktivierte OH-Bindung des Acceptor-molek�ls, die �ber den ZnO-Graben gerichtet ist, weiterschwcht. Die OH-Bindung wird instabil, und das Protonwird nach /berwindung einer nur sehr niedrigen Aktivie-rungsbarriere auf ein O-Atom des Substrats �bertragen.

Um zu �berpr�fen, ob die partiell dissoziierte Wasser-struktur auch im Einklang mit den Ergebnissen der STM-Experimente ist, haben wir mithilfe der Tersoff-Hamann-Nherung[28] die STM-Abbildungen f�r die partiell-dissozi-ierte (2 > 1)- und f�r die molekulare (1 > 1)-Struktur berech-net. Das experimentelle STM-Bild in Abbildung 3 wurde miteiner positiven Probenspannung aufgenommen, d.h. unterBedingungen, bei denen Elektronen in das Leitungsband(LUMO) der Oberflche tunneln. Unter diesen Aufnahme-bedingungen ist die saubere ZnO(101̄0)-Oberflche durchschwache Streifen charakterisiert, die auf die ZnO-Dimerezur�ckgehen (Abbildung 1). Die hellen Stellen in der (2 > 1)-

/berstruktur der H2O-Inseln sind kommensurabel mit diesenStreifen. Die berechneten STM-Bilder in Abbildung 3 f�r diebeiden Adsorbatstrukturen weisen sehr deutliche Unterschie-de auf. Das Muster f�r die partiell dissoziierte /berstrukturstimmtmit der experimentellen STM-Abbildung �berein, wasf�r die molekulare Adsorptionsstruktur klar nicht der Fall ist.Die hellen Strukturen im Bild der partiell dissoziiertenWasserstruktur werden durch die OH-Gruppen der dissozi-ierten Wassermolek�le verursacht, wobei der beobachteteKontrast �berwiegend geometrischer Natur ist.

Die Summe all dieser konsistenten Indizien lsst die�berzeugende Schlussfolgerung zu, dass Wasser auf derperfekten, defektfreien ZnO(101̄0)-Oberflche eine wohlde-finierte (2 > 1)-/berstruktur bildet, in der jedes zweite Was-sermolek�l dissoziiert ist. Diese /berstruktur ist gekenn-zeichnet durch ihre weitreichende Ordnung und ihre struk-turelle Einfachheit, aber insbesondere durch ihren unge-w�hnlich weiten Stabilittsbereich, der von 200 K bis zumSiedepunkt von fl�ssigem Wasser reicht. /bertragen aufallgemeinere Situationen implizieren diese Resultate, dass beider Wechselwirkung von Wasser mit ionischen Materialienwie Mineralen sowohl im Experiment als auch in der Theorieimmer mit der M�glichkeit der „Autodissoziation“ vonWasser gerechnet werden muss, auch wenn keine Defektevorhanden sind! Dies ist insbesondere wichtig f�r die hete-rogene Katalyse, sodass eine Vielzahl von Reaktionen, ein-schließlich der Methanolsynthese an ZnO oder Cu/ZnO, beider Wasser als ein Nebenprodukt auftritt, neu bewertetwerden m�ssen.

ExperimentellesDie Messungen wurden in einem Ultrahochvakuum(UHV)-Moleku-larstrahlsystem durchgef�hrt, das im Detail in Lit. [21] beschriebenist. Die gemischtterminierten ZnO(101̄0)-Substrate wurden mit einerGenauigkeit von 0.28 orientiert und anschließend mechanisch poliert.Nach dem Einbau in die UHV-Kammer wurden die Proben zuerstdurch Sputterzyklen mit Ar+ (800 V, � 1 mA, 4–12 h, T= 650 K)gereinigt. Nach etwa 20 Prparationszyklen wiesen die XP-SpektrenVerunreinigungskonzentrationen von weniger als 0.05 ML f�r koh-lenstoffhaltige Spezies auf, und die Oberflchen zeigten (1 > 1)-Beugungsmuster in HAS und LEED. Die Adsorption von Wassererfolgte durch Begasung, entweder durch Einlassen von Wasser-dampf �ber ein Dosierventil in die UHV-Kammer oder mit einerKapillare, die ungefhr 5 cm vor dem ZnO-Substrat endet.

Die STM-Experimente wurden in einer separatenUHV-Kammerdurchgef�hrt, die mit Instrumenten zur Streuung niederenergetischerHe+-Ionen, LEED und einem bei Zimmertemperatur betriebenenSTM ausgestattet ist. Die Prparation und Reinigung der Substrateerfolgte durch mehrere Zyklen von Ionenzerstubung (1 keV Ar+,30 min) und Ausheilen (1000 K, 15 min). Die Begasung mit Wassererfolgte durch Einlassen in die UHV-Kammer.

Die Wasserbedeckung wurde bestimmt, indem das XPS-O1s-Signal einer H2O-Monolage (533.5 eV) mit dem Signal einer (2 > 1)-CO2-Monolage ins Verhltnis gesetzt wurde. Im Fall der CO2-Monolage enthlt jede (2 > 1)-Elementarzelle ein einziges CO2-Molek�l. Das O1sOH/O1sCO2

-Intensittsverhltnis war konsistent mitder Anwesenheit von jeweils drei OH-Spezies oder einem CO2-Molek�l pro (2 > 1)-Elementarzelle. Die Aktivierungsenergie f�r dieDesorption wurde unter Verwendung der Redhead-Formel f�r eineexperimentelle Aufheizgeschwindigkeit von 1 Ks�1 bestimmt. Bei der

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Analyse wurde eine Desorption erster Ordnung mit einem prexpo-nentiellen Faktor von 1013 > 1s�1 angenommen.

Eingegangen am 18. August 2004

.Stichw�rter: Ab-initio-Rechnungen · Oberfl(chen ·Wasserstruktur · Zinkoxid

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Zuschriften

6814 � 2004 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.angewandte.de Angew. Chem. 2004, 116, 6810 –6814